Persönliche Erfahrungen mit fehlender Freude
Ich war letzten Sonntag in Augsburg, wo der Abschlussgottesdienst für die Allianz-Gebetswoche stattfand. Das Thema, das mir gegeben wurde, war Freude.
Beim Vorbereiten dieses Themas fiel es mir gar nicht so leicht, denn ich muss ehrlich sagen: In den letzten Wochen oder Monaten habe ich zwar funktioniert. Ich habe getan, was man so tun muss. Aber so viel Freude habe ich nicht verspürt. Man tut oft seine Pflicht, ist auch nicht deprimiert oder frustriert, aber von einer Freude am Herrn würde ich nicht unbedingt sprechen.
Eher würde ich sagen, ich habe eine Hoffnung im Herrn, aber nicht die Freude. Es gibt ja auch Zeiten, in denen wir körperlich krank sind, zum Beispiel eine Grippe haben – das ist momentan auch in Österreich wieder der Fall. Wir kennen das alle. Wenn man körperlich krank ist, will man raus, will etwas tun, kann es aber nicht. Das ist manchmal, besonders wenn man ungeduldig ist wie ich, extrem frustrierend. Aber wenigstens kann man es einordnen: Ich bin halt krank, deshalb geht es nicht.
Manchmal, wenn ich mein Leben anschaue, ist nicht mein Körper krank, sondern meine Seele. Das ist ein ganz komischer Zustand. Ich bin körperlich gesund und fühle mich wohl. Meine Frau ist auch gesund, und die Kinder sind es von meiner Seite aus auch. Die Beziehung zu meiner Frau ist ebenfalls okay, vielleicht nicht gerade prickelnd, aber okay.
Ich habe Arbeit, die ich durchaus gerne mache. Ich arbeite auch nicht zu viel, es besteht keine Gefahr für ein Burn-out-Syndrom oder Ähnliches. Finanziell ist alles in Ordnung, keine großen Schulden. Der Schnee ist auch noch dazu schön. Es geht eigentlich alles gut, aber mir geht es nicht gut – und ich weiß nicht warum.
In solchen Zeiten denke ich oft an den Psalmisten. In Psalm 42 fragt er sich selbst: „Was bist du so aufgelöst, meine Seele, und warum stöhnst du in mir?“ (Psalm 42,6). Warum bist du so aufgelöst, meine Seele? Ich weiß nicht, was mit meiner Seele los ist. Ich weiß nur, dass es mir nicht gut geht. Ich finde keine vernünftige Antwort und kenne mich selbst irgendwie nicht.
Die Bedeutung der Freude am Herrn in Nehemia 8
Als ich letzte Woche das Bibelwort vorbereiten musste, das Sie mir gegeben haben, war es im Nehemia Kapitel 8. Das ist ein bekannter Vers, der unter Christen, glaube ich, relativ bekannt ist.
Ich lese nur kurz vor: Im Nehemia 8, Vers 10 heißt es im zweiten Teil: „Die Freude am Herrn ist meine Stärke.“ Dann steht dort: „Und die Leviten beruhigten das ganze Volk, indem sie sagten: Seid still, denn der Tag ist heilig, seid nicht bekümmert, seid nicht traurig.“
Das ganze Volk ging daraufhin hin, um zu essen und zu trinken, Anteile zu versenden und ein großes Freudenfest zu begehen. Denn sie hatten die Worte verstanden, die man ihnen mitgeteilt hatte.
Es ist interessant: Diese Israeliten, zu denen das gesagt wurde, waren jahrzehntelang in der Gefangenschaft in Babylon. Die Bibel hatten sie irgendwie vergessen oder verloren. Dann wurde ihnen aus der Bibel vorgelesen. Im Vers 8 lesen sie aus dem Buch des Gesetzes Gottes abschnittsweise vor. Sie erklärten den Sinn, damit man das Vorgelesene verstehen konnte.
Die Menschen konnten verstehen, was in der Bibel gesagt wurde, und sie waren traurig darüber. Sie waren betrübt über ihre eigene Gleichgültigkeit. Dann sagten ihnen Esra und Nehemia, die das vorgelesen hatten: „Seid nicht traurig! Die Freude am Herrn ist eure Stärke.“
Seht ihr, sehr oft, auch in der Woche am Tauernhof, kann es gut sein, dass man viel hört. Das bedeutet aber nicht, dass wir es auch verstehen. Ich habe schon so viel gehört in meinem Leben, verstanden habe ich, glaube ich, relativ wenig.
Man kann auch viel sehen, aber wie viel nehmen wir wirklich wahr? Die Leute hier haben das Wort Gottes verstanden. Und was haben sie dann gemacht? Sie haben gefeiert.
Ich glaube, wenn ein Mensch das Wort Gottes versteht, beginnt er zu feiern. Sie haben sich süße Getränke gekauft, das heißt Alkohol. Im Dauernhof sind wir da ein bisschen nachlässig. Sie haben gegessen und ein Freudenfest gefeiert. Das passiert, wenn man das Wort Gottes versteht.
Die Suche nach Freude am falschen Ort
Und bei mir muss ich immer wieder feststellen, dass ich meine Freude am falschen Ort suche. Ich suche Freude in der Ehebeziehung, im Sport oder in Erfolgen – was auch immer gerade dein Ding oder mein Ding ist. Oft suchen wir Freude bei Menschen, obwohl nur Gott sie geben kann.
Man müsste bei einer Hochzeit eigentlich auch gleich sagen: „Ja, ich will“, aber auch hinzufügen: „Ich bin nicht der Messias.“ Sehr oft erwartet man vom Ehepartner etwas, das nur Gott geben kann. Das führt gerade in der Ehe zu großer Frustration.
Der Apostel Paulus erinnert die Christen im Neuen Testament daran, die Freude am richtigen Ort zu suchen. In Philipper 4,4-7 geht es um die Freude im Herrn. In Philipper 4,14 lesen wir auch von Paulus, der sich im Gefängnis befindet. Dort schreibt er: „Doch habt ihr wohl daran getan, dass ihr an meiner Bedrängnis teilgenommen habt.“
Paulus war bedrängt. Das bedeutet, unter ständigem Druck zu leben. Warum war er bedrängt? Erstens, weil er im Gefängnis war – ein Grund, bedrängt zu sein. Epaphroditus, ein Christ, brachte ihm Lebensmittel, damit er zu essen hatte. Paulus hatte dreißig Jahre treu gedient und wurde durch Intrigen verhaftet.
Er lebte mit unerfüllten Wünschen. Er wollte immer nach Spanien reisen, ist aber wahrscheinlich nie hingekommen. Paulus schreibt traurig: „Niemand kam zu meiner Verteidigung, kein einziger.“ Alle haben ihn allein gelassen.
Was noch schlimmer war: Andere Prediger nutzten die Gelegenheit, weil Paulus im Gefängnis war, um ihn schlechtzumachen. Im 2. Timotheus 4 lesen wir, dass Paulus einsam war, ihm kalt war und er sich langweilte.
Wenn wir diesen Brief lesen, müssen wir uns vor Augen halten: Dieser Mann, der den Brief schrieb, war einsam, bedrängt, lebte mit unerfüllten Wünschen und konnte nichts dagegen tun.
Du musst nicht Paulus heißen, um so etwas zu erleben. Ich bin mir fast sicher, dass in diesem Raum gerade einige Frauen sitzen, die Bedrängnis haben. Einige sind einsam, andere möchten gerne verheiratet sein und sind es nicht. Vielleicht gibt es auch Verheiratete, die es lieber nicht wären – ich weiß es nicht.
Vielleicht ist es gerade eine Zeit, in der du mit Verleumdungen lebst, in der Menschen etwas über dich sagen, was eine Lüge ist, und du nichts dagegen tun kannst.
Paulus’ Umgang mit Bedrängnis und Freude
Was mich jetzt interessiert, ist, wie Paulus in dieser Situation damit umgegangen ist. Wie hat er das gehandhabt?
Wir lesen dazu die Verse im Philipper 4,4-7:
"Freut euch im Herrn allezeit! Und abermals sage ich: Freut euch! Eure Milde soll allen Menschen bekannt werden. Der Herr ist nahe. Seid um nichts besorgt, sondern in allem sollen durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden."
Ich möchte auf drei Dinge kurz eingehen. Das dauert nur zehn Minuten. Ihr habt eine lange Fahrt hinter euch, einige von euch sind müde, aber ich möchte drei kurze Punkte ansprechen.
Erstens: Paulus hat eine Entscheidung getroffen. Das betrifft seinen Willen.
Mitten in Bedrängnis und Verleumdung hat Paulus sich entschieden: Ich werde mich freuen. Er sagt hier: „Freut euch im Herrn allezeit! Und falls du es nicht verstanden hast, sage ich es nochmal: Freut euch!“
Vielleicht denkst du jetzt: „Ja, aber ich fühle mich nicht danach, Freude zu haben. Ich spüre keine Freude.“ Überraschung: Paulus auch nicht. Ich glaube nicht, dass Paulus in der Bedrängnis und Einsamkeit Freude gespürt hat. Sich zu freuen war für Paulus zuerst kein Gefühl, sondern ein Willensakt, eine Entscheidung.
Die Lektion für mich ist: Freude ist nicht zuerst ein passives Gefühl, das über mich kommt. Es ist zuerst eine aktive Entscheidung.
Jetzt könntest du sagen: „Ja, aber ich kann mich doch nur an etwas freuen, wenn ich einen Grund zur Freude habe. Ich kann mich nicht grundlos freuen.“
Das stimmt hundertprozentig. Darum schreibt Paulus im Vers 4: „Freut euch im Herrn“, also in Jesus. Das ist der Grund seiner Freude. Die Umstände gaben ihm keinen Grund zur Freude. Sein Ehepartner auch nicht, denn er hatte keinen.
Was war der Grund seiner Freude? Die Freude im Herrn.
Ein Beispiel kindlicher Freude und Vertrauen
Ich habe vor zwei Jahren, glaube ich, einen Artikel in einer Zeitschrift gefunden. Ein Mitarbeiter hatte ihn vorgelesen. Es war ein Bericht von einer Mutter namens Wiebke Topf aus Nürnberg, wo sie anscheinend wohnt.
Sie schrieb, dass ihr Sohn Josie ohne Arme und mit verkrüppelten Beinen geboren wurde. Nach verschiedenen Operationen kann er heute laufen, allerdings sind seine Beine völlig steif.
Eines Morgens, als Josie etwa vier Jahre alt war, kam er zu ihr und erzählte, dass er von Jesus geträumt habe. Jesus sei zu ihm gekommen und sie hätten über seine steifen Beine gesprochen. Die Mutter wurde ganz aufgeregt und fragte ihn, was Jesus gesagt habe. Innerlich hoffte sie, dass Jesus ihm Heilung versprochen hatte oder Ähnliches.
Mit Freude in den Augen antwortete Josie: „Ich habe Jesus alles erzählt, und Jesus sagte, dass er es mit Gott besprechen wird.“ Josie schien mit diesem Gespräch vollkommen zufrieden zu sein. Die Mutter hingegen nicht. Sie fragte: „Ja, und was ist jetzt?“
Die Antwort ihres Sohnes wird sie nie vergessen: „Ja, Gott weiß Bescheid darüber, und das ist genug.“
Wisst ihr, was Paulus hier sagt? „Freuet euch im Herrn allewege; abermals sage ich: Freuet euch! Eure Milde soll allen Menschen bekannt werden. Der Herr ist nahe.“
Das ist meine Freude: Er weiß Bescheid.
(Philipper 4,4-5)Umgang mit Sorgen und Ängsten
Vielleicht sagt jemand, beispielsweise Johann oder Peter: „Ich weiß schon, dass Gott bei mir ist, das glaube ich auch von ganzem Herzen. Aber wie gehe ich mit meinen Gefühlen um? Ich bin ja innerlich zerrissen, und diese Gefühle sind ja auch real. Ich kann ja nicht nur mit meinem Denken meine Freude bestimmen. Was ist mit meinen Gefühlen?“
Das ist absolut richtig. Wie geht Paulus mit seinen Gefühlen um? In Vers 4, ach, besser in Vers 6, sagt er: „Seid um nichts besorgt.“ Dieses Wort „besorgt sein“ hat nichts mit Fürsorge zu tun. Fürsorge ist absolut richtig und wichtig. Das Wort „seid um nichts besorgt“ meint vielmehr, dass ich nicht in Panik geraten soll. Es bedeutet, dass ich mich nicht übermäßig sorgen oder zersorgen soll – weder über diesen Umstand, noch über eine Beziehung oder meine Krankheit.
Oft ist es die Angst vor der Zukunft. Man baut Brücken, bevor man am Fluss ist, oder man macht sich fertig wegen der Vergangenheit. Menschen sagen dann: „Hätte ich doch nur“, „Wenn ich doch nur“, und sie zersorgen sich. Paulus sagt: „Tu es nicht, sei um nichts besorgt.“ Sogar Jesus hat in der Bergpredigt gesagt: „Sorget euch nicht um morgen.“
Was meint Jesus mit diesem Satz? Ich glaube, er meint, dass du dich nicht um morgen sorgen sollst. Das hat er wahrscheinlich so gemeint.
Mein Einwurf ist jetzt: „Ja, Herr Jesus“ oder „Ja, Paulus“, der schreibt ja dasselbe. Aber wenn das nur so einfach wäre! Du kommst und sagst: „Sorge dich nicht um morgen.“ Ja, super! Wenn ich mich sorge, dann soll ich es einfach lassen? Geht das so einfach?
Wenn du zu viel trinkst und jemand kommt zu dir und sagt: „Hör einfach auf zu trinken“, ist das kein Problem? Wenn du rauchst, sagt jemand: „Hör einfach auf damit.“ Kannst du wirklich so einfach aufhören? Wenn wir etwas aufhören sollen, egal wie sinnvoll oder sinnlos das ist, was wir aufhören sollen, dann fehlt uns erst einmal etwas. Egal, was es ist.
Und wenn ich mit etwas aufhöre, dann muss ich es mit etwas anderem kompensieren.
Ein Beispiel: Wenn du einen Hund hast – wie viele von euch haben einen Hund? Ein paar, wenige, drei, vier? Wenn dein Hund einen trockenen Knochen zwischen den Zähnen hat, der nichts mehr wert ist, und du willst ihm den Knochen aus dem Mund reißen, hast du wahrscheinlich nicht viel Glück. Der Hund hält an dem trockenen Knochen fest, auch wenn nichts mehr dran ist und er wertlos ist.
Wenn du versuchst, den Knochen herauszureißen, wirst du deine Probleme bekommen. Er wird ihn nicht einfach loslassen. Es ist so: Wenn du Menschen etwas wegnehmen willst, egal wie sinnlos es ist, werden sie es nicht hergeben – so wie der Hund den Knochen nicht hergibt, obwohl er trocken ist.
Hunde sind eben auch nur Menschen.
Was musst du tun, damit der Hund den Knochen loslässt? Du musst nur ein Steak nehmen und mit dem Steak wedeln. Dann schaust du, nimmst das Wasser zusammen, und der Hund lässt den Knochen los. Wahrscheinlich nimmt er dann das Steak.
Übrigens...
Die Verkündigung des Evangeliums als Angebot der Freude
Übrigens besteht in der Verkündigung des Evangeliums oft eine große Gefahr. Wir sagen den Menschen, dass Geld, Sex, Macht, Erfolg und Ähnliches sie nicht wirklich befriedigen können.
Wir predigen Sünde und die furchtbaren Folgen von Sünde. Dabei versuchen wir ständig, den „Knochen“, den der Mensch im Mund hat, wegzunehmen. Doch das ist nicht sinnvoll. Denn die Menschen, die Kinder dieser Welt, haben nur die Welt. Und wenn wir ihnen nun auch noch alles nehmen, was die Welt uns bietet, was bleibt dann?
Darum müssen wir den Menschen das Evangelium predigen, die gute Botschaft. Wir müssen ihnen das „Steak“ vorhalten. Wenn Menschen sehen, wie schön Jesus ist, werden sie den „Knochen“ fallen lassen.
Wichtig ist, dass wir die Tatsache predigen, dass Jesus die Menschen liebt, dass er Gemeinschaft mit dir haben will und für dich gekommen ist. Er ist heute da und lebt. Ein Gott, der seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, um dich zu erlösen – das ist das „Steak“.
Wenn Menschen das erfahren, verändert das alles. Ich habe gerade vorgestern mit jemandem gesprochen, der noch nicht Christ ist. Er sagte, dass seine Eltern ihm gesagt haben, er sei ein Unfall gewesen. Sie wissen nicht genau, ob sie ihn wirklich gewollt haben. Vielleicht wissen sie es selbst nicht einmal genau. Aber eins weiß er: Er ist von Gott gewollt. Das ist ganz entscheidend.
Gebet als Alternative zur Sorge
Paulus zeigt uns hier das Steak, die Alternative zum Sorgen, in Vers 6: „Seid um nichts besorgt.“
Doch dann gibt er uns die Alternative. Paulus sagt nicht einfach: „Sorge dich nicht.“ Das wäre sinnlos, denn ich muss ja irgendetwas tun. Deshalb sagt er: „Seid um nichts besorgt, sondern...“
Womit sollen wir die Sorge nun ersetzen? Paulus sagt: „In allem, in allem, das beinhaltet wirklich alles, sollen durch Gebet und Flehen und Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden.“
Gebet bedeutet, ehrlich mit Gott zu sein. Sage Gott, was dich bewegt. Vergiss deine evangelikalen Redewendungen. Rede einfach ehrlich mit Gott über das, was dir am Herzen liegt. Was immer es heute ist, sage es ihm.
Es ist egal, wie gemein oder hochtrabend es ist – Gott ist nie enttäuscht. Übrigens, wusstest du, dass du Gott nie enttäuschen kannst? Es geht gar nicht. Denn damit Gott sich in dir enttäuschen könnte, müsste er sich vorher in dir getäuscht haben. Aber das tut Gott nie. Er hat sich noch nie in dir getäuscht, darum ist er nie enttäuscht.
Enttäuscht sind nur Menschen, weil wir nicht ehrlich sind und weil wir den anderen nicht lesen können. Gott ist nie enttäuscht. Du kannst ehrlich sein in deinem Gebet.
In Psalm 55 ist ein Gebet von David aufgeschrieben, das eigentlich gar nicht in der Bibel stehen dürfte. Denn dort sagt David: „Wenn meine Feinde gegen mich kämpfen, damit kann ich umgehen, das wäre nicht das Problem. Aber meine Freunde, mit denen ich ins Gotteshaus ging, die sind gegen mich.“
Dann sagt er: „Gott, hau sie nieder, hau sie ins Grab, bring sie alle um.“ Das steht tatsächlich in der Bibel. David ist ehrlich, und es ist so gut, ehrlich zu sein.
Ich glaube gar nicht, dass David es wirklich so gemeint hat, aber in dem Moment hat er sich so gefühlt. Du kannst das nachlesen in Psalm 55,13-16.
Flehen und Danksagung als Ausdruck des Vertrauens
Dann sagt Paulus zweitens zu ihm: in Gebet und Flehen. Was bedeutet Flehen? Flehen heißt, Gott mit deinen Anliegen zu belästigen.
Als Erwachsene haben wir ein Sprichwort, das sagt: „Ich will dich nicht belästigen.“ Leider wenden wir das oft auch auf Gott an und sagen: „Ich will dich nicht belästigen.“ Das ist aber unbiblisch. Wir sollen Gott belästigen.
Ich erinnere mich, als unsere Kinder kleiner waren – jetzt als Erwachsene belästigen sie uns auch ab und zu. Aber als sie klein waren, hatten sie überhaupt keine Skrupel. Ob beim Tobi oder beim Johnny, die kleinen Kinder wissen das genau.
Meine Frau zum Beispiel hatte in einer Hand den Kochtopf, in der anderen das Telefon. Und dann war bei dem Kleinen das Schuhband offen. Für ihn ging die Welt zugrunde, weil das Schuhband offen war. Er schrie und hing sich an ihre Falte. Er belästigte die Mutter, egal wie viele Dinge sie in der Hand hatte.
Das heißt: flehen bedeutet, Gott zu belästigen – egal, worum es geht. Wenn etwas groß genug ist, um sich Sorgen zu machen, dann ist es auch groß genug, um Gott damit zu belästigen.
Flehen – das ist das Wort.
Drittens sagt Paulus: in Gebet und Flehen und Danksagung, in allem Gott zu danken. Jemand hat einmal über die Selbsttäuschung gesagt: Wenn ich mich nicht danach fühle, zu danken, und es trotzdem tue – nein, das ist es nicht. Es ist sogar extrem psychohygienisch, wenn du Gott dankst, obwohl du dich nicht danach fühlst.
Denn damit drückst du aus: „Gott, ich verstehe die Situation nicht, ich kann sie nicht ertragen, ich finde sie furchtbar. Aber Gott, ich vertraue dir trotzdem. Darum danke ich dir – nicht, weil ich mich danach fühle, sondern weil ich dir vertraue.“
Bei einem traurigen Begräbnis, vor ein paar Jahren aus unserer Nachbarschaft, haben Eltern ihren zweiten Sohn bei einem Traktorunfall verloren. Er war erst 17 Jahre alt.
Am Sarg dieses Jungen stand: „Herr, wir verstehen dich nicht, aber wir vertrauen dir.“ Das hat mich sehr beeindruckt. Dass Eltern so etwas schreiben, finde ich bemerkenswert. Ich könnte das niemandem empfehlen, aber es hat mich beeindruckt, dass jemand in so einer Situation das so ausdrückt.
Gedanken lenken und bewahren
Und nach einem kurzen Gedanken: Was ist nun mit unserem Willen? Wir entscheiden uns zur Freude – zur Freude am Herrn, die wir durch Jesus Christus erfahren.
Zweitens: Wie gehen wir mit unseren Gefühlen um? Sei ehrlich mit Gott, belästige ihn, danke ihm, auch wenn du es nicht verstehst.
Drittens: Was tue ich jetzt mit meinen Gedanken? Paulus schreibt dazu im Vers 8 als letzten kurzen Gedanken über die Gedanken:
„Übrigens, Brüder, alles, was wahr ist, alles, was ehrbar ist, alles, was gerecht ist, alles, was rein ist, alles, was liebenswert ist, alles, was wohltuend ist, wenn es irgendeine Tugend gibt und wenn es irgendein Lob gibt, daran denkt oder das erwägt.“
Das heißt eigentlich: „Denkt an solche Dinge“ – so steht es in der englischen Bibel („Think about such things“).
Warum muss Paulus uns das sagen? Weil, wenn ich mich sorge oder in Bedrängnis bin, drehen sich meine Gedanken oft nur im Kreis. Nachts liege ich stundenlang wach, und alle zwei Minuten wiederholt sich genau dasselbe. Das ist Sorgen, das ist Zersorgen.
Darum sagt Paulus in dieser Situation ganz bewusst: Denke an das, was gerecht, liebenswert und wohltuend ist. Daran denke!
Deshalb brauche ich Jesus so sehr. Er ist letztlich der Grund meiner Freude, auch wenn ich das immer wieder vergesse. Bei ihm allein bin ich geborgen – das weiß ich. Darum muss ich mich nicht zersorgen, und ich darf ihn belästigen.
Wenn wir das in diesem Leben erleben, wird auch Vers 7 Wahrheit in unserem Leben:
„Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken bewahren in Christus Jesus.“ (Philipper 4,7)
Das ist der Kanzelfriedensgruß.
Einladung zur Freude und zum Feiern
Diese Woche möge dazu dienen, dass dein Herz und dein Denken bewahrt bleiben. Dass du Gott nicht den Rücken kehrst, nur weil es schwer ist, sondern dich ehrlich und mit Flehen zu Gott wendest.
Wenn es dir gut geht, dann freue dich. Ich glaube, wenn wir verstehen, was hier gesagt wird, dann geschieht das, was in Nehemia 8 beschrieben ist. Wir werden feiern.
Die Woche am Dauernhof ist für viele Menschen wie ein Fest Israels. Die Israeliten mussten ja dreimal im Jahr nach Jerusalem ziehen, um zu feiern. Sie hatten drei Pflichtfeste, bei denen sie jedes Mal feierten, tranken und aßen. Ski gefahren sind sie nicht, aber sie haben andere schöne Dinge gemacht.
Darum habt ihr Urlaub. Seht diese Woche als ein Fest Israels, bei dem ihr feiert, miteinander ausgeht und es genießt. Nutzt die Zeit auch, um innezuhalten, euch vielleicht neu zu orientieren und euch zu fragen: Gott, was willst du jetzt an diesem Punkt meines Lebens von mir? Wo willst du mich haben?
Möge das Wunder geschehen, dass wir seine Stimme hören. Er ist treu, und das wünsche ich uns auch für diese Tage.
Schlussgebet und Segen
Ich bete noch, lieber Vater. Es ist so ein Vorrecht, dich zu kennen, Herr. Wir müssen uns nicht zersorgen, sondern dürfen in allem mit Flehen, Gebet und Danksagung vor dich kommen. Wir haben einen Grund zur Freude, nämlich dich selbst.
Du bist nahe, du weißt Bescheid, und darum dürfen wir Freude haben. Vater, verzeih, wenn wir immer wieder am falschen Ort nach Freude suchen. Wenn wir von Menschen Dinge erwarten, die sie nie erfüllen können – Dinge, die nur du in deiner Gnade als Gott geben kannst.
Ich bete, dass du unser Herz und unsere Gedanken bewahrst. Danke, dass du das tust. Und ich bete, dass diese Woche eine große Ermutigung sein kann für die, die traurig sind; eine Ermutigung für die, die Freude empfinden; vielleicht auch eine Korrektur für den einen oder anderen, um den Weg zu korrigieren und sich neu an dir und deinem Wort zu orientieren.
Möge das Wort, die gute Nachricht, das Evangelium, entdeckt und verstanden werden – das uns Grund gibt zum Feiern. Herr, das wünsche ich mir im Namen unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi. Amen.
