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1. Kraftstoff, den jeder braucht

18.01.2015Römer 3,21-28

Einführung in das Thema und Bibeltext

Möge es so sein, möge der Herr zu uns sprechen durch sein Wort. Kilian hat es gesagt: Im Vorfeld der eigentlich erst nächste Woche beginnenden Predigtserie „Kraftstoff“ habe ich mir gedacht, wir machen heute schon mal so einen kleinen Appetithappen.

Heute früh hat Siege Winkler hier gepredigt und ich in seiner Gemeinde. Dabei ging es jeweils um das Gebet. Heute Abend wollen wir uns schon mal ein bisschen einstimmen auf das Thema „Kraftstoff“, auf das uns Leben gebende Evangelium.

Ich möchte dazu unseren Bibeltext betrachten, der dies auf sehr eindringliche Weise tut. Es sind Verse aus dem Römerbrief. Über diese hat einst Martin Luther gesagt, sie seien der Hauptpunkt und die zentrale Aussage der gesamten Epistel, also des Römerbriefs. Dann hat er ergänzt, sie seien sogar die zentrale Aussage der gesamten Bibel.

Das heißt, die Verse, die ich uns jetzt lesen möchte, sind laut Martin Luther der Hauptpunkt und die zentrale Aussage der Bibel, von Gottes Wort. Lasst uns also hören, auf Gottes Wort. Möge er zu uns sprechen und tief in unsere Herzen eindringen.

Ich lese uns Römer 3, die Verse 21 bis 28:

„Nun aber ist ohne Zutun des Gesetzes die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, offenbart, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. Ich rede aber von der Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben. Denn es ist hier kein Unterschied: Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten, und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist. Den hat Gott für den Glauben hingestellt als Sühne in seinem Blut, zum Erweis seiner Gerechtigkeit, indem er die Sünden vergibt, die früher begangen wurden in der Zeit seiner Geduld, um nun in dieser Zeit seine Gerechtigkeit zu erweisen, dass er selbst gerecht ist und gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus. Wo bleibt nun das Rühmen? Es ist ausgeschlossen. Durch welches Gesetz? Durch das Gesetz der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens. So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.“

Lieber Vater, hilf mir, diese wunderbaren Worte mit so viel Inhalt auf eine Art und Weise zu verkündigen, dass sie tief in unsere Herzen eindringen. Herr, du weißt, dass ich mit meiner Botschaft heute gar keine großen Ziele verfolge – außer nur das eine: dass wir diese Botschaft vielleicht zum ersten Mal, vielleicht einfach wieder so klar vor Augen haben, dass unsere Herzen höher schlagen, dass wir uns ganz neu deiner Gnade anbefehlen und froh in diese Woche hineinziehen als Menschen, die wissen, was du für uns getan hast.

Herr, so mach du uns froh und dankbar durch dein Wort. Darum bitte ich dich in Jesu Namen, Amen!

Die Notwendigkeit des Kraftstoffs: Unser Problem vor Gott

Die Predigt heute hat eine ganz einfache Struktur: zwei Punkte.

Zuerst möchte ich uns zu dem Kraftstoff hinführen, den jeder braucht. Dabei will ich deutlich machen, warum wir ihn brauchen. Dazu betrachten wir alles, was vor den Versen steht.

Anschließend wollen wir gemeinsam diese Verse betrachten und überlegen, was genau dieser Kraftstoff ist und wie wir ihn bekommen können.

Wenn wir unseren Text anschauen, sehen wir gleich zu Beginn in Vers 21 die Worte „Nun aber“. Das zeigt, dass das, was ich gerade gelesen habe, in gewisser Weise im Kontrast zu allem steht, was davor kommt. Es besteht ein Spannungsverhältnis zu allem, was in den ersten zweieinhalb Kapiteln des Römerbriefs vorkommt.

Denn die ersten zweieinhalb Kapitel des Römerbriefs, wenn ihr den Römerbrief schon einmal gelesen habt, enthalten keine gute Nachricht für uns. Sie sind eigentlich ziemlich niederschmetternd. Allein wären sie sehr bedrückend, doch dann folgen eben diese Worte „nun aber“.

Nach einer langen Einleitung und einer ersten Kurzzusammenfassung des Evangeliums in Kapitel 1, Vers 16 und 17, folgt ein Abschnitt, der uns zeigt, dass wir alle ein Problem haben: Wir leben an unserer Bestimmung vorbei.

Gott hat uns Menschen geschaffen, damit wir uns an ihm erfreuen und ihm zur Ehre leben – wie es in der Jahreslosung so schön heißt, damit wir etwas sein können zu seinem Lobe. Doch so sind wir nicht. Wir alle rebellieren gegen Gott, weil wir keinen Gott haben wollen.

Das war bei den ersten Menschen so: Adam und Eva lebten so. Sie wurden versucht, weil die Schlange, das Kriechtier, ihnen sagte, dass sie sein könnten wie Gott. Das heißt, sie müssten Gott nicht mehr als Gott anerkennen, sondern könnten ihre eigenen Götter sein.

Das war die Versuchung, der sie nachgegeben haben. Und das ist die Versuchung, der wir alle nachgegeben haben. Wir wollen von Natur aus unser eigener Gott sein; wir brauchen keinen Herrn.

Doch Paulus erklärt im Fortgang, dass Gott sichtbar ist. Es ist nicht so, dass wir Menschen nicht wissen, dass es ihn gibt. Nein, aus seiner Kraft, seiner Gottheit und seiner Kreativität – alles, was wir wahrnehmen können, was jeder Mensch wahrnehmen kann – sollte uns eigentlich dazu bringen, zu wissen, dass es Gott gibt.

Das Problem ist nicht ein Mangel an Kenntnis, sondern dass wir diese Wahrheit unterdrücken. Ich glaube, das kennen wir alle: Wie man eine unliebsame Botschaft, etwas, das dem widerspricht, was wir wollen, ausblendet oder wegdrückt.

Ich habe immer wunderbare Beispiele, die mir zuhause helfen, Dinge über mich selbst und über Gottes Wort zu verstehen. Ich habe zwei so niedliche Mädchen bei mir zu Hause, Anna Maria und Christy Rose. Die beiden verdeutlichen das sehr gut.

Sie sind nämlich ganz gut darin, Botschaften aufzunehmen und scheinbar nie gehört zu haben. Zum Beispiel habe ich ihnen gesagt: „Räumt eure Zimmer auf, geht mal fünf Minuten hoch und räumt eure Zimmer auf. Das sieht aus wie ein Saustall.“

Fünf Minuten später komme ich hoch, und die beiden spielen wunderbar. Die Zimmer sind noch unordentlicher als zuvor. Da sage ich: „Ich habe euch doch gesagt, ihr sollt aufräumen.“ Sie antworten: „Das haben wir nicht gehört.“ Christi Rose fragt: „Hast du das gehört? Ich glaube nicht, dass Papa das gesagt hat.“ So ist das bei mir zu Hause.

Und ich denke, bei dir zu Hause ist das ganz anders auch nicht. Wir alle funktionieren so, oder? Es gibt Botschaften, die ignorieren wir einfach. Die angeblich nie angekommene E-Mail oder SMS, der weggedrückte Anruf, die Behauptung vielleicht, dass der Professor nie genau gesagt hat, wie viele Seiten du wirklich schreiben musst, oder der Lehrer, der auf gar keinen Fall gesagt hat, dass die Aufgabe schon morgen fertig sein muss.

Oder eben vielleicht beim Autofahren die Verkehrsschilder, die man wirklich nicht gesehen haben konnte – da war bestimmt ein Busch davor gewachsen – und die Geschwindigkeitsbeschränkung. Wir blenden die Dinge aus, die uns einfach nicht in den Kram passen.

So sind wir Menschen. Ich bin zumindest so, und ich schätze, du auch. Und so ist das eben auch hier. So ist es auch mit Gott.

Menschen, auch wenn sie wissen, dass es Gott gibt, blenden ihn aus. Du hast vorhin so schön gesagt, du warst Moslem, aber eigentlich Atheist. Aber einen wirklichen Atheisten gibt es ja gar nicht.

Wer wirklich weiß, dass es Gott nicht gibt – das kann man gar nicht wissen. Im Gegenteil, wir können alle wissen, dass es Gott gibt. Das sagt uns die Bibel ganz deutlich.

Und Gott ist das nicht egal, wenn wir ihn ignorieren. Gott kann man nicht einfach so wegdrücken wie einen unliebsamen Anruf. Nein, Gott sagt uns – und das sagt er uns auch in unserem Text –, dass es Konsequenzen hat, wenn wir ihn ignorieren.

So heißt es in Kapitel 1, Vers 18 schon, dass Gottes Zorn vom Himmel her offenbart ist. Gott ist zornig über die Gottlosigkeit dieser Welt, über dieses Ignorieren seiner Person.

In Kapitel 2 des Römerbriefs macht Paulus deutlich, dass das nicht nur auf die zutrifft, die angeblich noch nie etwas von Gott gehört haben, die Heiden. Es betrifft Juden und Heiden zugleich.

Die Juden wissen, dass es Gott gibt, weil sie das Gesetz haben. Wir haben gerade das Gesetz gehört, weil Gott sich ihnen offenbart hat, weil sie Gottes Volk sind.

Das Problem ist nur, dass sie nicht tun, was Gott sagt, sondern ihren Weg drum herum suchen.

Mit den Heiden ist es genau das Gleiche. Gott hat ihnen ein Gewissen gegeben, so lesen wir in Kapitel 2. Sie haben ein Gewissen und wissen eigentlich, weil Gott es ihnen deutlich gemacht hat, weil Gott es uns allen aufs Herz geschrieben hat, dass es Dinge gibt, die richtig sind, und Dinge, die falsch sind.

Das Problem ist bei dir sicherlich ganz selten, dass du nicht weißt, was richtig ist. Das Problem ist, dass wir es manchmal einfach nicht tun wollen. Wir rebellieren gegen Gott.

Egal, ob wir jetzt im christlichen Elternhaus aufgewachsen sind und viel von Gott wissen oder relativ wenig über ihn wissen – wir alle wissen genug, um zu wissen, dass wir Rebellen sind.

Und das fasst Paulus dann in Kapitel 3 ab Vers 10 zusammen, in Worten, die sehr hart klingen. Ich lese uns Kapitel 3, Verse 10 bis 18:

„Wie geschrieben steht: Da ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer. Da ist keiner, der verständig ist, da ist keiner, der nach Gott fragt. Sie sind alle abgewichen und allesamt verdorben. Da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer. Ihr Rachen ist ein offenes Grab, mit ihren Zungen betrügen sie, Otterngift ist unter ihren Lippen, ihr Mund ist voller Fluch und Bitterkeit. Ihre Füße eilen, Blut zu vergießen. Auf ihren Wegen ist lauter Schaden und Jammer, und den Weg des Friedens kennen sie nicht. Es ist keine Gottesfurcht bei ihnen.“

In anderen Worten: Die Menschen sind von Natur aus alle Sünder.

In unserem Predigttext wird das dann nochmal aufgegriffen und zusammengefasst im Vers 23: „Da ist kein Unterschied“, heißt es dort. Sie sind allesamt Sünder und haben den Ruhm verloren, den sie bei Gott haben sollten.

Das ist eine schlechte Nachricht – eine schlechte Nachricht, die auf alle Menschen zutrifft. Keiner von uns bringt Gott den Ruhm, den er durch uns bekommen sollte.

Deshalb werden wir aus eigener Kraft nie ans Ziel kommen, nie an das Ziel unserer Bestimmung, nie an das Ziel, zu dem Gott uns gemacht hat: nämlich in seine herrliche Gegenwart zu kommen.

Da können wir nicht hinkommen.

Bevor ich jetzt zu unseren Versen komme, möchte ich fragen: Hast du das erkannt? Hast du erkannt, dass du aus dir heraus, aus eigener Kraft, niemals vor Gott bestehen wirst? Hast du schon kapituliert und anerkannt, dass du Hilfe brauchst, dass du Kraftstoff brauchst, um weiterkommen zu können, um so leben zu können, wie es Gott gefällt?

Nicht selten wollen wir das nicht wahrhaben. Es ist ganz oft so, dass wir im Leben nicht wahrhaben wollen, dass es Dinge gibt, die wir nicht aus eigener Kraft können.

Ich habe das im letzten Jahr auf schmerzhafte Weise erleben müssen – manche von euch haben das mitbekommen.

Ich war im Prinzip schon auf dem Weg zurück von meinem Urlaub, wollte aus Seattle zurückfliegen, hier nach München. Am Tag vor dem Abflug hatte ich auf einmal fürchterliche Schmerzen. Es war ein Blinddarm, der musste sofort raus.

OP in den USA. Meine Familie ist ohne mich nach Hause geflogen. Und das gute amerikanische Gesundheitssystem hat mich nicht mal 40 US-Dollar gekostet. Das muss man sich vorstellen. Ich hoffe, die Versicherung zahlt das, ist aber immer noch nicht geklärt.

40 US-Dollar für keine 48 Stunden im Krankenhaus.

Dann haben sie gesagt: „Herr Lohmann, die Operation ist gut verlaufen, Sie können jetzt nach Hause fliegen. Der Flug ist umgebucht.“

Ich weiß nicht, ich könnte euch jetzt die Narbe zeigen. Ich habe so eine Narbe hier. Das Ding war porös, das war keine minimalinvasive Geschichte mehr, also haben sie mich richtig aufgeschnitten.

Es war der Tag nach der OP. Ich war einen Tag im Krankenhaus, dann die OP, und am nächsten Tag entlassen und im Flieger.

Am Flughafen angekommen, wurde ich hingefahren, und es ging gar nichts. Ich konnte nichts tragen. Die Dame am Schalter hat mich schon so traurig angeschaut, und ich durfte sogar mein Handgepäck noch einchecken, obwohl das ja sonst was kostet. Das hat sie einfach so gemacht.

Dann hat sie gesagt: „Okay, ich rufe Ihnen jemanden.“ Und dann kam eine Dame, die mich durch den Flughafen geschoben hat.

Das war schon echt übel. Mein Stolz war gebrochen.

Dann Umsteigen in Washington D.C. Der Flughafen in Washington D.C. ist riesig. Falls ihr den schon mal gesehen habt, da gibt es unheimlich lange Wege.

Wenn man von einem Terminal in ein anderes muss, gibt es keinen Zug, sondern Space Shuttle Busse. Die fahren und halten dann im Terminal B ganz außen. Ich musste einmal ganz rüber zu meinem Gate.

Dann haben sie eine kleine alte Frau mit hispanischem Hintergrund gerufen. Die kam und hat mich geschoben. Es ging teilweise ein bisschen rauf und runter, und sie hat gestöhnt.

Irgendwann dachte ich, jetzt muss sie sich mal ausruhen, und ich schiebe sie. Aber es ging nicht. Es ging gar nichts.

Ich musste einfach kapitulieren und sagen: Das ist die einzige Hilfe, die ich kriegen kann. Ich brauche diese Hilfe.

Das war eine schmerzhafte Erkenntnis.

So ist das mit dem Evangelium. Wir müssen dahin kommen, zu erkennen: Wir sind so wie Matthias da im Rollstuhl mit der alten Frau dahinter. Nur zum Glück ist unsere „alte Frau“ ein großer, mächtiger Gott.

Das heißt, du musst kapitulieren. Du musst erkennen, dass du Hilfe brauchst. Das brauchen wir alle.

Unser Text beginnt folgend auf die Verse 19 und 20, in denen uns deutlich gemacht wird, dass wir absolut hoffnungslos verloren wären.

 Römer 3, Verse 19 und 20: „Wir wissen aber, was das Gesetz sagt, da sagt es denen, die unter dem Gesetz sind, damit allen der Mund gestopft werde und alle Welt vor Gott schuldig sei, weil kein Mensch durch die Werke des Gesetzes vor ihm gerecht sein kann; denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde.“

Wenn wir das verstanden haben, bekommen die beiden ersten Worte aus Vers 21 einen ganz anderen Klang: „Nun aber“.

Nun aber – Hilfe ist da. Nun aber! Hier sehen wir jetzt, dass wir nicht selbst irgendwie ein Ziel erreichen müssen, nicht durch unsere Werke. Das schaffen wir nicht, das können wir nicht.

Sondern Hilfe ist gekommen.

Die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes in Jesus Christus

Und so kommen wir nun zum zweiten Punkt der Predigt, zu dem Kraftstoff, den wir alle brauchen. Vers 21 sagt direkt dazu: Nun aber ist ohne Zutun des Gesetzes die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, offenbart.

Die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, wird auch besser übersetzt mit Gerechtigkeit Gottes. Diese Gerechtigkeit Gottes ist uns offenbart, und zwar ohne Zutun des Gesetzes. Das heißt, nicht durch irgendwelche Werke, die wir entsprechend des Gesetzes vollbringen könnten oder müssten. Nein, eine Gerechtigkeit Gottes ist uns offenbart, und diese Gerechtigkeit gilt auch vor Gott.

Wie ist sie uns offenbart worden? Sie ist offenbart worden in einer Person, in Jesus Christus. Jesus Christus hat das gerechte Leben gelebt, wie wir hätten leben sollen. Er hat der Gerechtigkeit Gottes Genüge getan und sie vollbracht. In Jesus Christus ist uns die Gerechtigkeit Gottes offenbart worden. In ihm ist die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, sichtbar geworden für uns.

Das bringt uns auch schon zum nächsten Punkt. Über diese Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, heißt es weiter, dass sie nicht nur uns jetzt offenbart ist, sondern auch schon bezeugt wurde durch das Gesetz und die Propheten. Das ist eine typische Kurzform, um das Alte Testament zusammenzufassen.

Das Gesetz und die Propheten sind zwei von drei Schriftgattungen im Alten Testament bei den Juden. Diese beiden werden oft verwendet, um das ganze Alte Testament zusammenzufassen. Paulus sagt uns hier also, dass das, was uns Christus offenbart hat, auch schon im Alten Testament bezeugt wurde.

Das sollte uns gar nicht so überraschen, denn in Kapitel 3, Vers 10, den Versen, die ich uns gelesen habe, über unseren Mangel an Gerechtigkeit und unsere Hilflosigkeit, sind zahlreiche Bibelstellen aus dem Alten Testament angegeben. Das sind Zitate, die uns zeigen, wie sehr das Alte Testament uns schon den Bedarf an einem Retter vor Augen führt.

Das Alte Testament offenbart uns im Gesetz, in den Propheten und in den Schriften überall, dass Gott einen Retter senden wird. Wir haben in der Adventszeit darüber nachgedacht, dass ein Prophet wie Mose kommen wird, ein Nachkomme Abrahams, der Nachkomme der Frau. Auf vielerlei Weise wird uns deutlich gemacht, dass Gott uns einen Retter senden wird.

Dieser Retter wurde also schon im Gesetz und in den Propheten offenbart und bezeugt, und später wurde er uns in Jesus Christus offenbar.

Die Frage ist: Liest du deine Bibel so? Ich möchte ermutigen, die Bibel Christus-zentriert zu lesen. Das heißt, lies die Bibel immer mit einem Blick auf Jesus. Auch wenn du das Alte Testament liest, frage dich: Was lehrt mich die jeweilige Passage über das Evangelium, über den Kraftstoff, den wir brauchen?

Zeigt sie dir vielleicht deine Unfähigkeit, vor Gott zu bestehen, und macht dir damit deutlich, dass du einen Retter brauchst? Kündigt sie dir vielleicht diesen Retter auf irgendeine Weise an, vielleicht schattenhaft durch eine Person des Alten Testaments? Verkündet dir die Schrift im Alten Testament vielleicht schon die Gnade Gottes?

Lies das Alte Testament immer mit einem Blick auf Christus. Verstehe das Alte Testament vom Neuen Testament her kommend. Dann liest du das Alte Testament so, dass du die Hintergrundinformationen hast, die dir helfen, das Neue Testament noch klarer zu verstehen.

Das nur als Nebenbemerkung: Das Alte Testament, das Gesetz und die Propheten, bezeugen uns den Christus, der uns die Gerechtigkeit Gottes gebracht hat, weil er selbst Gottes Gerechtigkeit ist.

Die Gerechtigkeit durch Glauben und die persönliche Entscheidung

Wie kommt diese Gerechtigkeit nun zu uns? Das ist es, was Paulus im weiteren Verlauf erklärt. Ab Vers 22 lesen wir: „Denn es ist hier kein Unterschied, sie sind allesamt Sünder, ein Mangel des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten, und werden ohne Verdienst gerecht.“ Entschuldigung, ich bin schon etwas vorausgegangen. Vers 22 lautet eigentlich: „Ich rede aber von der Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den Glauben.“ Das heißt, die Gerechtigkeit kommt zu uns durch den Glauben.

Die Gerechtigkeit, die wir brauchen, ist keine, die wir uns erarbeiten müssen. Es ist nicht so, dass Gott uns befähigt, gut genug zu sein. Manchmal kann sich bei Christen der Gedanke einschleichen, dass der Heilige Geist sie so verändert, dass sie nun gut genug für Gott sind und deshalb vor ihm Annahme finden. Wenn du gute Freunde hast, können sie dir sicherlich ehrlich sagen, dass das nicht funktioniert. Keiner von uns ist gut genug.

Die Gerechtigkeit kommt nicht durch deine Werke oder durch das Gesetz, sondern allein durch den Glauben. Dabei ist entscheidend, an wen oder an was du glaubst. Sie kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben. Das heißt, sie kommt nur zu denen, die wirklich glauben.

Diese Gerechtigkeit wird uns Menschen zugerechnet, wenn wir unseren Glauben auf Jesus Christus setzen. Auf den, der das vollkommen gerechte Leben gelebt hat, das wir hätten leben sollen. Auf den, der unsere Schuld auf sich genommen hat. Auf den, der uns ruft, unser Vertrauen in ihn zu setzen.

Das war Jesu große Botschaft: Tut Buße! Wendet euch ab von eurem alten Leben und glaubt. Glaubt an das Evangelium, an die gute Nachricht, dass in Jesus Christus die Gerechtigkeit Gottes zu uns gekommen ist.

Dieser Glaube an Jesus ist umfassend. Er bedeutet nicht nur, Jesus in Erwägung zu ziehen, sondern ihm wirklich zu vertrauen, ihn zu lieben und ihm zu gehorchen. Dieser Glaube ist nicht nur intellektuell, sondern auch emotional. Es ist beides: emotional und intellektuell. Es ist ein wirkliches Vertrauen zu Jesus und eine echte Liebe zu ihm.

Es ist die entscheidende Frage, die sich jeder von uns stellen sollte: Glaubst du an Jesus Christus? Ist er dein Retter, ist er der Herr deines Lebens? Vertraust du ihm? Weißt du, dass er dich so sehr liebt, dass er dir nichts auftragen wird, was nicht letztendlich gut für dich ist? Weißt du, dass der Gehorsam gegenüber Christus immer besser ist als zu sündigen, selbst wenn die Sünde im ersten Moment leichter oder attraktiver erscheint?

Du darfst ihm vertrauen.

Für mich ist heute ein besonderer Tag. Der 11. Januar ist mein Geburtstag. Am 11. Januar 1998 durfte ich zum ersten Mal diesen Glauben haben. Genau 17 Jahre ist das her. Ich werde es nie vergessen.

Ich war jemand, der immer dachte, er glaube ja schon irgendwie an Gott. Ich glaubte an viele Dinge, die ich nicht genau wusste. Nach und nach wurde mir klar, dass ich Gott zwar in Erwägung gezogen hatte – ich war ganz sicher kein Atheist – aber er in meinem Leben keine Rolle spielte. Mein Glaube bedeutete nur, dass ich Gott für einen guten Mann hielt. Aber ich lebte mein Leben für mich. Ich war der Herr meines Lebens.

Nach und nach wurde mir durch die Hilfe von Menschen, die bereit waren, mit mir über den Glauben zu reden, deutlich, dass ich Jesus nicht als den Herrn meines Lebens hatte. Dass ich ihm nicht wirklich geglaubt hatte. Dann durfte ich meinen Glauben auf Jesus setzen.

Am 11. Januar bin ich von Braunschweig, meiner Heimatstadt, nach München umgezogen, um meine erste Arbeitsstelle bei Siemens zu beginnen. Ich fuhr von zuhause los, vollgepackt, in meinem kleinen Golf II. Dabei merkte ich, dass da noch etwas war, das ich unbedingt klären musste.

Ich fuhr nicht ganz aus Braunschweig heraus, sondern noch einmal zu einem guten Freund, einem älteren Mentor für mich. Ich klingelte an seiner Tür. Ich muss zugeben, ich war eine Zeit lang ziemlich in seine Tochter verliebt. Die Mutter öffnete die Tür und dachte, ich wolle zu der Tochter. Sie sagte: „Es tut mir leid, Katharina ist nicht da.“ Ich antwortete: „Ich will nicht zu Katharina, ich will zu deinem Mann.“ „Was willst du denn von ihm?“ fragte sie. „Ich will mit ihm beten, weil ich meinen Glauben auf Jesus setzen will.“

Dann durften wir beten. Ich durfte Buße tun, meine Sünden ihm bringen und Gott sagen: „Ich möchte heute ein neues Leben mit dir beginnen.“ Danach fuhr ich nach München. Sechs Stunden lang, oder wie lange es auch war, betete ich durchgehend und sang Lobpreislieder – mit meiner fürchterlichen Stimme. Ich hatte Freude im Herzen, weil ich ein neues Leben hatte.

Das wünsche ich dir heute auch. Wenn du diesen Schritt noch nicht getan hast, wenn du bisher nur Gott in Erwägung ziehst, aber er nicht wirklich der Herr deines Lebens ist, dann fang heute an. Der 11. Januar ist ein toller Geburtstag, um dein Vertrauen in Jesus zu setzen.

Das ist es, was Paulus uns hier lehrt: Die Gerechtigkeit kommt zu uns durch den Glauben. Dieser Glaube ist nicht unser Werk, keine Leistung, die wir vollbringen. Ich weiß, dass ich vor 17 Jahren nicht einfach eine kluge Idee hatte und mein Intellekt mich dazu geführt hat. Nein, ich weiß, Gott hat mich beschenkt. Er hat mir Erkenntnis geschenkt und sein mächtiges Wort gebraucht, um bei mir ein Licht anzuschalten.

So durfte ich erfahren, dass Christus der Anfänger und Vollender meines Glaubens ist.

Das heißt: Wenn du heute hier sitzt als Christ, als jemand, der sagt, Jesus ist mein Herr, dann bedenke eins: Es ist alles Gnade. Du hast nichts, worauf du stolz sein musst, aber du hast viel, wofür du dankbar sein darfst. Das ist das, was ich erleben durfte: dass Gott mein Herz angerührt und mir Glauben geschenkt hat.

Die Gnade Gottes und die Konsequenz für unser Leben

Das ist das, was Paulus dann erklärt, insbesondere in Vers 24. Er sagt, dass wir ohne Verdienst gerecht werden, allein aus seiner Gnade. Es ist Gottes Gnade, die uns gerecht macht.

Das wirft im Prinzip eine Frage auf: Wie kann das sein? Wie kann Gott einerseits gerecht sein – darum geht es hier die ganze Zeit, um die Gerechtigkeit Gottes – und gleichzeitig gnädig? Wie passt das zusammen?

Genau das erklärt Paulus im weiteren Verlauf. Wir werden gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist. Gott hat ihn für den Glauben hingestellt als Sühne in seinem Blut.

Das heißt auf gut Deutsch: Jesus Christus ist von Gott in diese Welt gesandt worden, um der Gerechtigkeit Gottes Genüge zu tun. Er hat nicht nur das gerechte Leben gelebt, das wir alle hätten leben sollen. Er hat auch die Schuld von Menschen wie dir und mir, von allen, die im Glauben zu ihm kommen, auf sich genommen. Am Kreuz hat er sein Blut vergossen, sein Leib wurde für uns gebrochen, damit Gott gleichzeitig gerecht sein kann und jede Sünde straft – und uns gnädig sein kann, so dass wir vor Gott bestehen können.

So fährt Paulus hier fort: Gott hat Jesus für den Glauben hingestellt als Sühnopfer in seinem Blut, zum Erweis seiner Gerechtigkeit. Er zeigt seine Gerechtigkeit, indem er die Sünden vergibt, die früher begangen wurden – in der Zeit seiner Geduld. Nun aber erweist er seine Gerechtigkeit, indem er selbst gerecht ist und gerecht macht den, der aus dem Glauben an Jesus ist.

Diese etwas ungewöhnliche Formulierung „die Sünden, die früher begangen wurden“ meint, dass die Menschen im Alten Testament, die vorausschauend auf Jesus geglaubt haben, deren Schuld Jesus am Kreuz auf sich genommen hat. Und genauso funktioniert es auch andersherum: Die Schuld, die du heute begehst, hat Jesus am Kreuz bereits bezahlt. Das Werk, das er am Kreuz vollbracht hat, geschah zwar in Raum und Zeit, ist aber für alle Zeit gültig.

Gott ist also absolut gerecht – und preist den Herrn, dass er gerecht ist! Was für ein Trost für uns, wenn wir Unrecht erleben: Wir müssen uns nicht selbst rächen. Gott ist gerecht, er weiß alles, er sieht jedes Unrecht und wird es strafen. Entweder indem er den, der das Unrecht begangen hat, dafür straft – oder, wenn dieser Mensch sich Jesus im Glauben zuwendet, indem Jesus diese Schuld auf sich nimmt am Kreuz.

Gott ist gerecht und gleichzeitig gnädig. Und was für ein Trost das ist! Menschen wie du und ich können vor dem heiligen Gott bestehen, weil Jesus uns seine perfekte Gerechtigkeit zurechnet. Gott schaut dich an und sieht dich als heilig. Du bist umkleidet mit Jesu Gerechtigkeit. Er sieht in dir keinen Fleck. In seinem Gericht wirst du bestehen können – aufgrund von Gottes Gnade.

Das ist das, was uns Paulus hier vor Augen führt. In den Versen 27 und 28 lehrt er dann die Konsequenz daraus: Es bleibt kein Raum, uns zu rühmen. Wir haben keinen Grund dafür.

Er stellt die Frage: Wo bleibt nun das Rühmen? „Hey, vor 17 Jahren habe ich, kluger Kerl, die Entscheidung getroffen.“ Nein, ausgeschlossen! Durch welches Gesetz? Durch das Gesetz der Werke? „Ich war gut genug für Gott.“ Nein, warst du nicht, Matthias! Nicht durch das Gesetz der Werke – das verdammt dich. Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens. Und dadurch ist es eben ausgeschlossen.

So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.

Ich weiß, wie es dir geht. Wir Menschen wollen uns typischerweise rühmen, wir wollen stolz sein auf etwas. Stolz, Deutscher zu sein. Stolz, Bayern-Fan zu sein. Stolz, dass wir so gut dastehen. Stolz, dass du heute Volker Kauder getroffen hast. Stolz, dass ich als Christ hier stehe. Das ist ausgeschlossen.

Wenn ich darauf stolz sein will, dann habe ich nichts, weil ich aus mir heraus hier nicht stehen könnte. Ich lebe allein aus Gnade.

Was bleibt uns dann? Es bleibt uns der wunderbare Weg, dass wir gar nicht mehr uns selbst rühmen müssen, weil wir einen neuen Herrn haben, für den wir leben dürfen. Mit Gottes Hilfe, mit der Hilfe des Heiligen Geistes, der in uns wohnt, können wir jetzt so leben, wie die Jahreslosung es sagt: Gott zum Lobe.

Wir können ihm den Ruhm bringen, der ansonsten komplett ermangelt. Wir müssen uns nicht mehr um uns selbst drehen. Wir dürfen uns auf ihn verlassen.

Vielleicht denkst du, die ganze Botschaft heute war ja nicht für dich. Doch sie ist gerade für dich. Sie ist gerade für uns Christen, weil auch wir Christen immer wieder anfangen, auf uns selbst zu schauen.

Ich weiß nicht, was du zuletzt versucht hast, aus eigener Kraft zu tun. Aber ich weiß, wir alle haben die Tendenz dazu, eine bestimmte Sünde aus eigener Kraft zu bekämpfen, ein Problem mit unserer Weisheit zu lösen.

Ich weiß nicht, was es in deinem Leben ist. Vielleicht ist es dir sogar gelungen und du bist stolz, weil du denkst: „Hey, ich habe es gepackt.“ Aber früher oder später wirst du damit Schiffbruch erleiden. Dein Kraftstoff reicht nicht aus.

Gott aber hat die Kraft für dich, mit der du ans Ziel kommst.

Da gibt es nichts zum Rühmen, aber viel zum Loben. Gott können wir loben, ihn dürfen wir rühmen – nur nicht uns selbst.

Einladung zum Gebet und Abschluss

Und so möchte ich zum Abschluss dieser Predigt uns einladen, gerade auch in dieser Gebetswoche zum Thron der Gnade zu kommen und uns Jesus zuzuwenden. Wenn du es noch nie getan hast, dann tue es heute zum ersten Mal.

Für all diejenigen unter uns, die Jesus Christus als ihren Retter und Herrn kennen, lasst uns jetzt im Gebet vor Gott treten. Tun wir Buße über die Bereiche in unserem Leben, in denen wir unsere eigenen Wege gegangen sind und versucht haben, alleine zurechtzukommen.

Lasst uns uns neu darauf besinnen, dass unsere Kraft nicht in uns selbst liegt, sondern in dem, der uns mächtig macht: Jesus Christus. Und lasst uns Gott dafür danken, dass er uns die Kraft gibt, die wir brauchen, sowie die Gerechtigkeit, durch die allein wir vor Gott bestehen können.

So möchte ich nun mit uns beten:

Himmlischer Vater, danke, danke, danke für diese Worte. Danke, dass du dort hineingekommen bist, wo wir hoffnungslos verloren wären. Danke, dass sich die Gerechtigkeit Gottes uns offenbart hat, weil du deinen eingeborenen Sohn Jesus Christus in diese Welt gesandt hast, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat.

Herr, ich danke dir ganz persönlich, dass ich das vor 17 Jahren erkennen durfte. Ich danke Burkhard und der ganzen Familie, die damals treue Evangeliumszeugen waren und es nicht gescheut haben, mir zu zeigen, dass ich ohne dich verloren bin. Sie haben mir den Weg zum Heil gezeigt.

Danke, Herr, dass du mein Herz geöffnet hast und mir Glauben geschenkt hast. Das war allein dein Werk, dir gebührt alle Ehre dafür. Herr, ich danke dir für jeden Bruder und jede Schwester, die hier sitzt und das erleben durfte. Danke für deine Gnade.

Herr, jetzt hilf uns, nicht zu versuchen, das, was du begonnen hast, allein zu vollenden. Hilf uns, uns immer wieder neu auf dich zu werfen. So bete ich für uns, dass du uns vergibst, wo wir unsere eigenen Wege gegangen sind und versucht haben, Dinge aus eigener Kraft zu tun.

Herr, mach uns wieder neu zu Menschen, die in Abhängigkeit von dir wandeln, die im Gebet deine Hilfe und deine Nähe suchen und ihr Leben zu deiner Ehre leben. Dir allein gebührt aller Ruhm, alle Ehre und aller Lobpreis.

So loben und preisen wir dich in Jesu Namen. Amen.