Einführung in die Problematik der historisch-kritischen Theologie
Neues Testament, an dem ein großer Teil der namhaften deutschsprachigen evangelikalen Neutestamentler mitgewirkt hat. Als ich es durcharbeitete, wurde mir schmerzlich bewusst, mit welcher Selbstverständlichkeit diese Autoren Literarkritik, Quellenkritik, Formgeschichte und Redaktionsgeschichte als das Fundament hinstellen.
Diese sogenannten Methoden, die von der historisch-kritischen Theologie zur Grundlage der Exegese gemacht wurden, werden Studenten gelehrt, die sich unter großen Opfern für eine bibeltreue Ausbildungsstätte entschieden haben. Dabei ist es nicht von Belang, dass man Abstriche macht und sich bemüht, Extreme zu vermeiden – das falsche Fundament ist gelegt.
Eigentlich hätte ich darauf gefasst sein sollen, denn das in seinem Wert schwer zu überschätzende Buch The Jesus Crisis von Thomas and Farnell hatte bereits 1998 auf dieses Problem bei den Evangelikalen in den USA hingewiesen. Es ist jedoch nicht so leicht, sich einzugestehen, dass abgesehen von den Siebentausend, die dem Herrn bekannt sind, die evangelikale Theologie auf das falsche Fundament gebaut hat.
Bei allen zugestandenen Unterschieden zur historisch-kritischen Theologie und aller Entschiedenheit, deren Extreme zu vermeiden, richtet sie sich auf deren Grundlagen ein, als ob es ihre eigenen sein könnten. Literarkritik, Formgeschichte und Redaktionsgeschichte werden für wissenschaftliche Methoden gehalten, auf die man nicht verzichten kann, auch wenn man entschieden ist, die Extreme in der Anwendung durch die historisch-kritische Theologie zu vermeiden.
Man sieht nicht, dass es sich keineswegs um neutrale Methoden handelt, sondern um Arbeitsweisen, die auf Voraussetzungen beruhen, die in ausdrücklichem Widerspruch zur Autorität der Bibel als Gottes inspiriertes Wort stehen. Wer sich auf diesen Boden stellt, wird in den Widerspruch hineingezogen, ob er es will oder nicht.
Das geschieht auch dann, wenn es ihm nicht bewusst ist, weil er ausdrücklich die Inspiration der Bibel vertritt. Damit dieser Sachverhalt endlich unübersehbar deutlich wird, ist es nötig, die Voraussetzungen der sogenannten Methoden in einem weiteren Aspekt zu erheben – über das hinaus, was von Thomas und Farnell bereits geleistet worden ist.
Geschichte als Evolution – die Voraussetzung der historisch-kritischen Theologie.
Die geschichtsphilosophische Grundlage der historisch-kritischen Theologie
Lessings Einfluss auf das Geschichtsverständnis
Erstens: Gotthold Ephraim Lessing verbindet im Erziehungsgedanken den Begriff der Entwicklung mit Geschichte. Mit Recht hat man die Grundlagen der historisch-kritischen Theologie im Humanismus, der Aufklärungsphilosophie und bei Kant herausgestellt. Vernachlässigt wurde jedoch bei den Evangelikalen die Bedeutung Gotthold Ephraim Lessings.
Gelegentlich wird Lessing im Rahmen der Aufklärungsphilosophie erwähnt. Der Einfluss, den er durch die Herausgabe der Reimarus-Fragmente auf spätere Theologen ausübte, bleibt ebenso unvergessen wie seine Initiierung des synoptischen Problems. Übersehen wird jedoch, dass Lessing durch seine Konzeption von Geschichte erst das Fundament gelegt hat – zwar nicht für die Bibelkritik, wohl aber für die historisch-kritische Theologie.
Die Reimarus-Fragmente aus den Jahren 1774 bis 1778 waren Pflichtlektüre für alle, die bei Bultmann studierten – und wahrscheinlich nicht nur für diese. Sie haben ihren Einfluss auch noch auf die Schüler seiner Schüler ausgeübt. Nach meiner Erinnerung wurde der Glaube noch stärker erschüttert durch die in Lessings Schrift „Über den Beweis des Geistes und der Kraft“ enthaltene Aussage, dass zufällige Geschichtswahrheiten, zu denen der überwiegende Teil des Inhalts der Bibel gerechnet wurde, keine Bedeutung für ewige Vernunftwahrheiten haben.
Die ewigen Vernunftwahrheiten wurden zwar stillschweigend durch einen angemessener erscheinenden Begriff ersetzt, doch der historische Inhalt der Bibel war fortan als belanglos für den Glauben diskreditiert. Das war es, was durch Lessing fixiert wurde und was widerspruchslos von den Theologen übernommen wurde: Der historische Inhalt der Bibel war fortan als belanglos für den Glauben diskreditiert. Man hat sich über die Evangelikalen lustig gemacht, die merkwürdigerweise gerade auf das Historische so großen Wert legten – das weiß ich noch aus meiner Studienzeit.
Lessings Schrift „Neue Hypothese über die Evangelisten“, die 1778 verfasst, aber erst postum 1784 veröffentlicht wurde, wird in einer Einleitung zum Neuen Testament als „Beginn der wirklich wissenschaftlichen Erforschung des synoptischen Problems“ gewertet. Nach Lessing schreiben die Evangelisten rein menschliche Geschichte ohne Bezug zu Gott. Gottes Offenbarung in der Geschichte wird ebenso geleugnet wie die Inspiration der Heiligen Schrift.
Das macht nach dem Urteil der historisch-kritischen Theologen den Beginn der wirklich wissenschaftlichen Erforschung aus – also die Leugnung von Gottes Offenbarung in der Geschichte und der Inspiration der Heiligen Schrift. Die Bibel wird zu einem Buch, das von Menschen einer längst vergangenen Epoche nach Maßgabe ihrer begrenzten Fähigkeiten für ihre damaligen Adressaten verfasst wurde und das man deshalb nach Belieben kritisieren kann.
Kein Wunder, dass Lessing das Axiom aufstellt, die christliche Religion könne ohne die Bibel bestehen, bestünde sie bereits und werde auch künftig bestehen.
Lessings Geschichtsphilosophie und die Vorstellung von Entwicklung
Die entscheidende Grundlage für die historisch-kritische Theologie ist jedoch Lessings Geschichtsphilosophie, die er 1780 in der Schrift „Die Erziehung des Menschengeschlechtes“ veröffentlichte. Mit den Gedanken zur Erziehung des Menschengeschlechtes wird zugleich die Vorstellung seiner Entwicklung eingeführt. Erziehung gibt dem Menschen nichts, was er nicht aus sich selbst haben könnte – nur schneller und leichter.
Die Vorstellung, dass die gegenwärtige Generation allen früheren weit überlegen ist, ist heute Teil des allgemeinen Zeitgeistes. Sie stützt sich auf den rasanten wissenschaftlichen und technischen Fortschritt. Diese Idee wurde jedoch schon lange vor dem tatsächlichen Fortschritt in die Welt gesetzt. Den Gedanken der Evolution entwickelte Lessing bereits, lange bevor Darwin ihm in „Die Entstehung der Arten“ eine allgemeinere Bedeutung gab.
Im ersten Satz seiner Schrift behauptet Lessing, was die Erziehung beim einzelnen Menschen ist, ist die Offenbarung beim ganzen Menschengeschlechte. Im Unterschied zu anderen Aufklärungsphilosophen verwendet Lessing scheinbar fromm den Begriff der Offenbarung. Tatsächlich hat er den Begriff völlig umdefiniert und seiner ursprünglichen Bedeutung entleert. Offenbarung ist bei Lessing keine Selbstoffenbarung Gottes. Sie gibt dem Menschen nicht, was er nur durch Gottes Mitteilung empfangen kann (vgl. Johannes 1,18).
Stattdessen gibt sie dem Menschengeschlechte nichts, worauf die menschliche Vernunft nicht auch von sich aus kommen würde. Sie gibt ihm lediglich die wichtigsten Dinge früher. Nach Lessings Definition begründet Offenbarung keine Gottesbeziehung. Sie ist zwar von Vorteil, aber verzichtbar. Ihr Inhalt ist begrenzt. Zudem wird der Erziehungsprozess durch die Offenbarung ebenso wie der natürliche als vorübergehend angesehen.
Das bedeutet, die Offenbarung hat lediglich die Funktion, in einem vorübergehenden Erziehungsprozess des Menschengeschlechtes nützlich zu sein. Sie ist in diesem Prozess hilfreich, aber nicht zwingend notwendig, da sich das Menschengeschlecht diese Dinge in seiner Entwicklung auch selbst aneignen könnte – nur eben langsamer.
Der Erziehungsprozess erfolgt in Stufen. Das Alte Testament wird als das erste Elementarbuch für Kinder gewertet. Diese Einordnung ist wichtig. „Ein besserer Pädagoge muss kommen“, sagt Lessing, der den Kindern das erschöpfte Elementarbuch „aus den Händen reißen“ wird: Christus kam.
Nach Lessing ist aus Erfahrung klar, dass die neutestamentlichen Schriften das zweite, bessere Elementarbuch für das Menschengeschlecht abgegeben haben und weiterhin abgeben. Doch nicht nur das Alte Testament ist überholt wie eine Schulfibel, die man nicht mehr braucht, wenn man die Lektionen darin gelernt hat. Das Neue Testament soll es nicht besser gehen, da es nach Lessing in das Knabenalter des Menschengeschlechtes gehört.
Denn die höchste Stufe der Aufklärung und Reinheit wird noch kommen: die Zeit der Vollendung, die Zeit des neuen, ewigen Evangeliums, die uns selbst in den Elementarbüchern des Neuen Bundes versprochen wird.
Ein Mensch, Gottes Geschöpf, erhalten durch seine Gnade und Barmherzigkeit, wagt es, Gottes Offenbarung des Alten und Neuen Bundes für überholt und erledigt zu erklären. Er schämt sich nicht einmal, zur Rechtfertigung die Lüge zu bemühen, dass er damit der Verheißung des neuen Bundes entspreche.
Lessings kleine, fast vergessene Schrift entfaltet ihre Wirkung bis in unsere Gegenwart. Viel stärker als die Ausgrenzung der Bibel in einen Bereich der Frömmigkeit jenseits des Denkens, die allgemein in der Aufklärungsphilosophie geschah – wir sprachen gestern davon – wirkte Lessings Werk „Anweisung für die Heilige Schrift“ als das Werk einer vergangenen Epoche, dem zwar ein für jene nicht unerheblicher Wert zugestanden wird, das aber zugleich als geschichtlich überholt erklärt wird.
Das ist das Entscheidende: Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments wird von Lessing für geschichtlich überholt erklärt. Wer heute behauptet, die Bibel sei nur ein antikes Buch und habe für den modernen Menschen keine Bedeutung, ist von Lessing beeinflusst, auch wenn er dessen Namen nicht kennt.
Das Aufklärungsbewusstsein und seine Folgen
Das Überlegenheitsgefühl der Aufklärung – das fragwürdige Bewusstsein, nun endlich den vollen Gebrauch der menschlichen Vernunft erreicht zu haben, wie es später Kant in der Aufforderung formulierte, aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit herauszutreten – bemächtigte sich bei Lessing der Geschichte.
Während die allgemeine Geschichtswissenschaft dieses Gefühl längst hinter sich gelassen hat, beherrscht es bis heute die historisch-kritische Theologie.
Die Durchdringung des Geschichtsbegriffs in die Theologie
Johann Jakob Griesbach und die Benutzungshypothese
Zweitens dringt der Geschichtsbegriff der Aufklärung in die Theologie ein. Das aufklärerische Geschichtsverständnis, das davon ausgeht, dass die gegenwärtige Generation den früheren überlegen und fortgeschrittener ist, zeigte sich meines Wissens erstmals in der Theologie bei Johann Jakob Griesbach (1745–1812).
Im Bewusstsein, mit Lessing im Geiste einer echten historischen Betrachtung zu folgen, entwickelte Griesbach seine Benutzungshypothese. Er behauptete: „Während die Tradition in Bezug auf die Verfasser der Evangelien allen modernen Hypothesen vorzuziehen sei, sollen alle darüber hinausgehenden Nachrichten des kirchlichen Altertums zur Entstehung der Evangelien wertlose Farbeleien sein.“
Diese Behauptung, mit der Griesbach seine Hypothese davor schützte, im klaren Licht der altkirchlichen Überlieferungen beurteilt zu werden, wurde zu einem der Axiome der historisch-kritischen Theologie.
Als ich im Proseminar war, mussten wir die altkirchlichen Zeugnisse über die Evangelien lesen. Danach wurde uns gesagt, dass wir diese Informationen wieder vergessen könnten, da sie nicht mehr wert seien als Märchen. Dabei war man damals immerhin noch erheblich näher an den Ereignissen und konnte mehr darüber sagen, als es sich heute jemand aus seinem eigenen Kopf zusammenreimen kann.
In der Regel wird den Studenten bereits im ersten Semester mitgeteilt, dass die Informationen über die Geschichte des Urchristentums, die wir der alten Kirche verdanken, wertlos seien. Sie brauchen diese altkirchlichen Traditionen nicht zu berücksichtigen.
Lediglich in solchen Fällen, in denen sich das, was darin verlautbart wurde, mehr oder weniger mit historisch-kritischen Positionen deckt, wird es ungeprüft angenommen. Dies gilt sogar dann, wenn die Quelle von einem Theologen stammt, den die Kirche verurteilt hat, etwa einem Häretiker oder gar einem Feind des christlichen Glaubens.
Die Debatte um das synoptische Problem und die literarkritische Methode
In der Debatte um das synoptische Problem, die bis 1863 in lebhaften Wechselspielen unterschiedliche Hypothesen literarischer Abhängigkeit hervorgebracht hat, ging es ursprünglich nicht um eine literarkritische, sondern um eine historische Frage. Das ist heute selbst bei den historisch-kritischen Theologen weithin in Vergessenheit geraten und den Evangelikalen zumeist nicht bekannt.
Da die führenden Köpfe der Theologen die Grundideen der Aufklärungsphilosophie in sich aufgenommen hatten und besonders Spinoza von ihnen respektiert wurde wie ein Kirchenvater, war ihnen alles Transzendente in den Evangelien, das von einem Eingreifen Gottes in die Geschichte redete, suspekt geworden. Sie waren nicht mehr bereit, die Evangelien als Schriften zu respektieren, die von Augenzeugen verfasst waren oder direkt von Augenzeugen erhaltene Mitteilungen enthielten.
Man begann, die Evangelien zu hinterfragen. Zunächst wurde die Frage nach dem ältesten Evangelium gestellt. Dasjenige, welches die wenigsten supranaturalen Bestandteile enthielt, hatte unter kritischen Theologen die besten Aussichten, als solches anerkannt zu werden. Diesem Trend entsprechend setzte sich am Ende die sogenannte Markus-Priorität durch.
Entscheidend ist jedoch nicht, dass man gegen die Berichte der alten Kirche Markus anstelle von Matthäus für das älteste Evangelium erklärte. Entscheidend ist, dass durch die Einführung der sogenannten Literarkritik der Blick auf die Geschichte verstellt wurde. Das ist nicht der Methode der Literarkritik anzulasten, sondern ihrer Anwendung, wo sie nicht am Platze ist.
Die Evangelien berichten nach eigener Aussage und nach dem Zeugnis der alten Kirche, was Jesus gesagt und getan hat. Ihre Berichte sind von Augenzeugen verfasst oder gehen direkt auf Augenzeugen zurück. Sie sind nicht Literatur, sondern Geschichte. Das ist das Wichtigste, das wir uns wirklich klar machen sollten: Die Evangelien sind keine Literatur, sondern Geschichtsberichte.
Deshalb sind die Kriterien der Literarkritik nicht auf sie anwendbar. Die Anwendung der Literarkritik auf die synoptischen Evangelien verleugnet die Augenzeugen und entfernt die Evangelien von der Geschichte. Sie wurde vollzogen, weil das aufklärerische Geschichtsverständnis aufgrund seines antisupranaturalen Vorurteils den Inhalt der Evangelien nicht als Geschichte gelten ließ.
Möge doch jeder evangelikale Theologe begreifen: Mit der Anwendung der Literarkritik auf die synoptischen Evangelien hat man keinen Beitrag zu ihrer wissenschaftlichen Erforschung geleistet. Man hat sich stattdessen entschieden, einem Vorurteil Rechnung zu tragen, das den Zugang zu den Evangelien verstellt.
Das ist so wichtig, dass ich es wiederholen möchte: Mit der Anwendung der Literarkritik auf die synoptischen Evangelien hat man keinen Beitrag zu ihrer wissenschaftlichen Erforschung geleistet. Man hat sich stattdessen entschieden, einem Vorurteil Rechnung zu tragen, das den Zugang zu den Evangelien verstellt.
Die Folgen des aufklärerischen Geschichtsverständnisses für die Evangelienforschung
Das aufklärerische Geschichtsverständnis zeigte sich in der Debatte um das synoptische Problem auch darin, dass jeder Theologe, der eine Hypothese zur Lösung dieses angeblichen Problems aufstellte, damit zugleich einen Entwurf der Geschichte des Urchristentums lieferte.
Nachdem die vorhandenen Geschichtsquellen als wertlos deklariert worden waren, unterstellte man nach eigenem Gutdünken den Verlauf dieser Geschichte, anstatt ihn zu erforschen.
Im Jahr 1847 bemühte sich Ferdinand Christian Bauer, der Willkür und dem Wechselspiel der unterschiedlichen Hypothesen zu den synoptischen Evangelien ein Ende zu setzen. Er griff dabei jedoch auf ein philosophisches System zurück und konstruierte die Geschichte nach dem Dreischritt der hegelischen Dialektik als Abfolge von These, Antithese und Synthese – und zwar nicht weniger eigenmächtig.
Die romantische Volksdichtung als Vorbild für die Formgeschichte
Die Sammlung und Theorie der Volkslieder und Märchen
Das romantische Konzept der Volksdichtung als Wurzelgrund der Formgeschichte
Achim von Armin und Clemens Brentano (1778 bis 1842) sammelten deutsche Volkslieder, die sie nicht aus bereits vorhandenen Liederbüchern, sondern unmittelbar aus der Volksüberlieferung schöpften. Sie veröffentlichten diese von 1805 bis 1808 unter dem Titel "Des Knaben Wunderhorn".
Die Brüder Jakob Grimm (1785 bis 1863) und Wilhelm Grimm (1786 bis 1859) wurden durch Achim von Arnim angeregt und veröffentlichten 1812 den ersten und 1815 den zweiten Band der "Kinder- und Hausmärchen". Ihre endgültige Fassung erhielten diese jedoch erst nach 1819, durch die sprachliche Bearbeitung Wilhelms Grimm. Zwischen 1816 und 1818 gaben sie zudem die deutschen Sagen heraus.
Besonders Jakob Grimm entwickelte eine Theorie in Bezug auf dieses von den Romantikern herausgegebene Sammelgut. Er vertrat die Ansicht, dass das Volkslied und das Volksepos aus der stillen Kraft des Ganzen leise hervorgehen. Den Anteil des Einzelnen war er geneigt, möglichst gering anzuschlagen. Diese Theorie der kreativen Gemeinschaft ist jedoch fragwürdig und nie bewiesen.
Geistiges Schaffen ist Sache des Einzelnen, auch wenn dieser mit seinem Denken und seiner Sprache in einer Gemeinschaft verwurzelt ist. Die Frage ist vielmehr, ob die Gemeinschaft dem Verfasser Aufmerksamkeit schenkt oder sich lediglich das Verfasste zu eigen macht.
Ursprünglich waren in verschiedenen Regionen durch mündliche Überlieferung unterschiedliche Lieder und Märchen verbreitet. Erst in dem Maße, wie sie durch den Druck der Sammelwerke Verbreitung fanden, konnten sie allgemein bekannt werden. Der Begriff Volkslied oder Volksmärchen setzt diese Bekanntheit voraus. In diesem Umfang waren sie zuvor nie verbreitet.
Durch die Kultur des Bürgerhauses wurden sie als Bildungsgut gepflegt, und auch die Schulen nahmen sich ihrer an. Volkslieder und Volksmärchen waren also nicht von Anfang an allgemeines, unveräußerliches Volksgut, sondern wurden es erst im 19. Jahrhundert. Anfangs galten sie auch nicht für das gesamte Volk, sondern für jene Schichten, die nicht gezwungen waren, alle Wachstunden des Tages für die Beschaffung des zum Überleben Notwendigen zu nutzen.
Liest man zum Beispiel ein altes Buch wie Friede Sintjens Lebenslauf, erkennt man, wie das Leben der einfachen Leute aussah. Für Märchenbücher und Liederbücher war damals überhaupt kein Platz.
Die Vorstellung vom kreativen Volk ist nicht nur vor dem Hintergrund der Geniekultur zu verstehen, die mit dem Sturm und Drang begonnen hatte. Die Person des Künstlers, sein Werden und die Art seines Schaffens wurden in den Mittelpunkt gestellt. Deshalb konnte man sich nicht vorstellen, dass in vergangenen Epochen die Künstler in Vergessenheit gerieten, während ihr Werk lebendig blieb.
Das kreative Volk hat es nie gegeben, doch die Vorstellung davon hat sich gehalten. Sie wurde zur Grundlage für die Annahme der produktiven Gemeinde in der Formgeschichte, die je nach ihren Bedürfnissen Legenden, Geschichtserzählungen, Wundergeschichten, Logien und Apophthegmata (kurze, prägnante Aussprüche) hervorbrachte.
Aus derselben Quelle übernahm die Formgeschichte die Idee, dass anfänglich einzelne Überlieferungsstücke weitergegeben und erst später gesammelt wurden. Die Gegebenheiten der Märchenforschung der Gebrüder Grimm und der Volksliedsammlung von Arnim und Brentano wurden jedoch blindlings auf die Evangelien übertragen. Der Unterschied zwischen den Evangelien und den Sammlungen des Volksguts wurde dabei nicht beachtet.
Die Evangelien liegen als Ganzes vor; Einzeltraditionen sind nicht nachweisbar. Die Märchensammlungen hingegen entstanden erst aus Einzelüberlieferungen und gelegentlich aus dem Repertoire einzelner Erzählerinnen.
Das Dogma der Formgeschichte, dass am Anfang isolierte Einzeltraditionen standen, findet an den Evangelien keinen Anhaltspunkt. Es kam dadurch zustande, dass Unvereinbares einander zugeordnet wurde. Wie das geschehen konnte, werden wir besser verstehen, nachdem wir uns mit Hegel befasst haben.
Auch die Definition von Märchen und Sage durch die Gebrüder Grimm hat auf die Formgeschichte eingewirkt. Wilhelm Grimm definierte das Märchen als zeitlos und ortlos. Das ist zwar zutreffend, berechtigte aber nicht dazu, wie es in der Folgezeit geschah, das Merkmal "zeitlos und ortlos" unreflektiert als Kennzeichen des Unhistorischen in Anspruch zu nehmen.
Das Zeitlose und Ortslose ist ebenso ein Kennzeichen einer Kultur, in der eine ortsfeste Bevölkerung keiner geordneten überregionalen Administration unterworfen ist. Sei es, dass es eine solche noch nicht gibt, sei es, dass sie erst in groben Zügen entwickelt ist oder dass abgelegene Gegenden noch nicht erreicht sind.
Nach 1945 konnte man älteren deutschen Flüchtlingen begegnen, die aus Gebieten jenseits der deutschen Reichsgrenzen im Osten stammten und nicht in der Lage waren, ihr Geburtsjahr in Jahreszahlen anzugeben. Sie nannten es zum Beispiel „das Jahr, in dem der kalte Winter war“ oder „das Jahr, bevor der große Regen fiel“. Für die ortsfeste Bevölkerung reichte das zur Identifizierung völlig aus; man wusste, wann das gewesen war.
Als Karl Ludwig Schmidt (1891 bis 1956) in seinem Buch "Der Rahmen der Geschichte Jesu" (1919) gezeigt hatte, dass die sogenannten Ein- oder Überleitungsverse in den Evangelien keine exakten Orts- und Zeitangaben enthielten, wurde unberechtigterweise daraus der Schluss gezogen, dass sie unhistorisch seien. Man setzte nämlich gleich: Wo es zeitlos und ortlos ist, da hat man es nicht mit Geschichte zu tun, sondern mit Märchen.
In den Evangelien heißt es zum Beispiel: „Und er ging in die Synagoge“, „und er ging an den Strand“, „und er ging auf den Berg“ usw. Zeitlos und ortlos – also bitte nicht historisch. Doch das ist ein Fehlschluss.
Ich habe das noch ganz praktisch in Indonesien erlebt, wo ich den Namen des Berges erfahren wollte, der von jeder Ecke des Ortes zu sehen war. Die Antwort lautete von verschiedenen Personen: „Berch“, also man nannte das indonesische Wort für „Berg“. Die Holländer hatten dem Namen gegeben, aber für die Leute vor Ort war das eben „der Berg“. Er war ganz klar definiert durch den Ort, in dem sie lebten, und weitere Bedürfnisse zur Definition hatten sie gar nicht.
Im Unterschied zum Märchen haftet nach Wilhelm Grimm die Sage an bestimmten Orten oder historischen Personen. Jakob Grimm unterscheidet in der Sage ein faktisches und ein nicht faktisches Element, das Letztere nennt er mythisch.
Welchen Einfluss das auf die historisch-göttliche Theologie im Allgemeinen und auf die Formgeschichte im Besonderen gehabt hat, liegt auf der Hand. Man versteht nun besser, warum Bultmann auch den sogenannten Geschichtserzählungen keinen historischen Wert mehr beimaß, sondern sie als Anekdoten ansah, und woher die Behauptung des mythischen Charakters der Evangelien stammt.
Man mag die Berechtigung der grimmschen Definition in Frage stellen oder auch nicht. Klar ist jedoch, dass es nicht gerechtfertigt war, sie auf die Berichte der Evangelien zu übertragen. Das war nicht das Ergebnis wissenschaftlicher Arbeit, sondern die Einbürgerung eines Vorurteils.
Es ist höchste Zeit, dieses Vorurteil zu revidieren. An der Formgeschichte als Ergebnis wissenschaftlicher Arbeit festzuhalten, ist nicht zu verantworten.
Und dann gibt es noch evangelikale Theologen, die sagen: Ja, aber wir brauchen doch die Formgeschichte, um zu wissen, wie die Evangelien entstanden sind.
Jakob Grimm war geneigt, alle Volksüberlieferungen als eine unterste geologische Schicht zu betrachten, welche durch alle Jahrhunderte hindurch verhältnismäßig treu bewahrt sei. Diese Einordnung findet sich gleichfalls in Hegels "Phänomenologie des Geistes" und ist auch in die Formgeschichte eingegangen.
Wenn die skandinavische Schule es sich angelegen sein lässt, die Treue in der Überlieferung zu betonen, dann geht auch sie von der falschen Voraussetzung aus, dass die Evangelien aus Einzeltraditionen entstanden sind.
Wilhelm Grimm entwickelte die Vorstellung, dass die Erzähler in der Märchenüberlieferung aus eigenem Hinzutun Veränderungen vornahmen. Die Formgeschichte nahm diese Vorstellung auf, bemühte sich aber, die Unterschiede der Fassungen nicht auf die Eigenmächtigkeit des Tradenten zurückzuführen, sondern auf Gesetzmäßigkeiten in der Geschichte der synoptischen Tradition.
Wilhelm Grimm nahm sich das Recht heraus, den sehr unterschiedlichen Märchen ein gemeinsames Gepräge zu geben. Wenn man sich an die Märchenbücher erinnert, gibt es wirklich große Gemeinsamkeiten im Tonfall und in der Art der einzelnen Märchen. Diese Gemeinsamkeiten hatten sie ursprünglich nicht, sondern das ist der erzählerische Stempel, den Wilhelm Grimm ihnen aufprägte.
Er sagte: Warum soll aber bei volkstümlichen Prosaerzählungen, die jedem gehören, der gebetene Erzähler auf ein Recht verzichten, das er dem zufälligen letzten ungebetenen Erzähler seiner Quelle notwendig einräumen muss, weil er ihn nicht kontrollieren kann?
Dementsprechend rechnete man in der Literarkritik mit der redaktionellen Bearbeitung der Vorlagen in den Evangelien. Wie Wilhelm Grimm die Märchen den Interessen der kindlichen Leser entsprechend gestaltete, schrieb man den Verfassern der Evangelien zu. Sie hätten mit der Gestalt, die sie der synoptischen Tradition gegeben haben, den jeweiligen Bedürfnissen ihrer Gemeinde entsprochen – ein Gedanke, der in der Redaktionsgeschichte entwickelt wurde.
Der Umgang mit den Evangelien entsprach also nicht dem, was man durch ihre Erforschung und durch die Berücksichtigung der Nachrichten aus der alten Kirche wissen konnte, sondern einem Vorurteil, das man an ungeeignetem Vergleichsmaterial gewonnen hatte. Dieses Vorurteil besagte, dass ursprünglich Einzelstücke vorlagen, die im Laufe ihrer Überlieferung verändert wurden. Auch nachdem sie zusammengefügt waren, unterlagen sie Veränderungen, die nach bestimmten Tendenzen erfolgten. All dies übernahm man aus der Märchentheorie der Gebrüder Grimm.
Die Formgeschichte verdankt somit ein weiteres Element Jakob Grimm. Er fasste die altdeutsche Poesie als die Geschichte der Sage auf und meinte, es liege weniger daran zu wissen, in welcher Sprache oder Form etwa ein Gedicht nachgebildet sei oder welchen Urheber es gehabt habe, sofern dies nicht dazu beitrage, über Alter und Gestalt der Sage selbst Aufschluss zu geben.
Vielmehr komme es darauf an, die Ursprünglichkeit der Sache oder ihre Veränderung samt dem Verhältnis zum Ursprung klar zu werden.
Man vergleiche damit Bultmanns Definition der Formgeschichte: Mit M. Dibelius ist er ganz darin einig, dass die formgeschichtliche Arbeit weder in einem ästhetischen Betrachten noch in einem deskriptiven und klassifizierenden Verfahren besteht. Also nicht darin, dass man die einzelnen Stücke der Überlieferung nach ästhetischen oder anderen Merkmalen lediglich beschreibt und in bestimmte Gattungen einordnet.
Vielmehr ist es die Aufgabe, Entstehung und Geschichte dieser Einzelstücke zu rekonstruieren und somit die Geschichte der vorliterarischen Überlieferung aufzuhalten.
Geistesgeschichte als Evolution.
Die geistesgeschichtliche Entwicklung als Evolution
Hegels Phänomenologie des Geistes
Der Geschichtsbegriff der Aufklärung wird ausgeführt im Idealismus Hegels in seiner Phänomenologie des Geistes. Lessings Idee der Geschichte als Entwicklung des Menschengeschlechtes wurde aufgenommen von Johann Gottfried Herder, der in den Jahren 1784 bis 1803 seine Gedanken zur Philosophie der Geschichte der Menschheit verfasste.
Diese Gedanken wurden zur Vollendung gebracht durch den Philosophen des deutschen Idealismus Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) in seiner 1807 veröffentlichten Phänomenologie des Geistes. Darin hat er nicht nur, wie Lessing, die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments, sondern die gesamte sprachliche Hinterlassenschaft der Menschheit in ihre Entwicklung einbezogen.
Für Hegel ist die Geschichte, einschließlich der Geistesgeschichte, die Geschichte des absoluten Geistes, die dialektische Vermittlung Gottes mit sich selbst. Gott gilt nicht mehr als Lenker der Geschichte, sondern ist selbst der Geschichte unterworfen. Die Offenbarung ist nicht mehr der den Heiligen ein für allemal überlieferte Glaube (vgl. Judas 3), sondern das jeweilige Endergebnis des geistesgeschichtlichen Entwicklungsprozesses.
Diesen Gedanken hat der Theologe und Selbstdenker unter Missbrauch frommen Vokabulars als Leugnung Gottes als Schöpfer, Erhalter, Regierer, Offenbarer und Erlöser formuliert. Übrig bleibt eine fromme Chiffre, die es nicht mehr erlaubt, Gott und die Welt zu unterscheiden, und die für die Kinder in der Märchenphase der Liebe Gott darstellt.
Der undefinierbare Gott der Fortschrittsideologie wird sehr schnell entbehrlich, denn diese Ideologie bedarf seiner nicht. Den Philosophen Hegel könnte man vergessen, und er würde kaum noch eine Rolle spielen, hätte die historisch-kritische Theologie nicht seinen Geschichtsbegriff als grundlegendes Element in die sogenannte wissenschaftliche Arbeit aller ihrer Disziplinen aufgenommen.
Diese Theologie wird nicht bestimmt durch den Rückbezug auf die ein für allemal geschehene Offenbarung, sondern durch die Ausrichtung auf den jeweils modernen Menschen. Dieser zeigt sich in seinen neuesten Kulturbestrebungen und Geisteserzeugnissen, aber auch in seinem technischen Fortschritt.
Dieser systemimmanente Fortschrittsglaube macht jeden historisch-kritischen Theologen zum Hegelianer, selbst wenn er Hegel ausdrücklich bekämpft, wie Bultmann es tat. Wir Evangelikalen sollten uns deshalb prüfen, ob wir uns nicht an diesem Fortschrittsglauben infiziert haben.
Wenn wir zum Beispiel meinen, wir könnten nicht zurückgehen hinter den Gebrauch von Quellenkritik, Formgeschichte und Redaktionsgeschichte, wenngleich wir selbstverständlich die Extreme zu vermeiden haben, vergessen wir Hegels Idee, dass Geschichte die dialektische Vermittlung Gottes in sich selbst ist.
Seine Vorstellung, dass sich der Fortschritt in der Geschichte der Menschheit im Dreischritt aus These, Antithese und Synthese vollzieht, spielt nur noch im Marxismus und den von ihm beeinflussten Theologien eine Rolle. Der Gedanke Hegels, dass die Geistesgeschichte die Entwicklung der Menschheit widerspiegelt, hat sich dagegen bis heute gehalten.
Er ist zum Bestandteil des allgemeinen Zeitgeistes geworden und wirkt sich besonders in der historisch-kritischen Theologie aus. Die Bibel wird eingegrenzt als antike Schrift, die wie andere antike Schriften von den Voraussetzungen ihres Zeitalters her verstanden werden muss.
Als Schrift des Altertums wird sie der Kindheit der Menschheit zugeordnet, für die Märchen, Mythen und Sagen angemessen sind. Sie gehört in das Zeitalter des Mythos, während der Theologe, der sie interpretiert, sich selbst dem Zeitalter des Logos zurechnet.
Er ist deshalb in der Lage, sie kritisch zu beurteilen, um damit besser zu verstehen als der naive Leser, der sie wortwörtlich nimmt. Dieser Grundsatz der Entmythologisierung geht auf Hegel zurück.
Demjenigen, der in der Lage ist, einen Bibelabschnitt in seinen geistesgeschichtlichen Zusammenhang einzuordnen, gelingt es, von den positiven Aussagen zum tieferen geistlichen Verständnis vorzudringen. Er ist befähigt, ihn so zu interpretieren, dass er dem Verstand einleuchtet.
Die Unterscheidung zwischen Gesagtem und Gemeintem, durch die der historisch-kritische Theologe die Bibel besser versteht als der naive Pietist, ist schon bei Hegel angelegt.
Kann jemand, der den aufklärerisch-idealistischen Geschichtsbegriff übernimmt, Geschichte sei die...
David Friedrich Strauss und die Entstehung der historisch-kritischen Theologie
David Friedrich Strauss, einer der Schüler Hegels, widmete sich seinem Lehrer auch darin, dass er 1835 ein Leben Jesu schrieb. Hier wurde der Grundstein für die historisch-kritische Theologie gelegt, wenngleich sie sich stets ausdrücklich von Strauss distanzierte.
In dieser kritischen Betrachtung des Lebens Jesu wandte er Hegels Philosophie auf die Analyse der Evangelien an und prägte den Begriff des Mythos. Dieser wurde definiert als eine Idee, die sich in eine Form von Geschichte kleidet. Der Mythosbegriff wurde in das Konzept der Entmythologisierung übernommen.
Durch die Ablösung der Mythen von dem, was er noch für historisch hielt, gelangte Strauss zu dem historischen Jesus. Der Mensch gewordene Gott wurde entleuchtet, übrig blieb eine verehrungswürdige Persönlichkeit. Der Absolutheitsanspruch wurde aufgegeben.
Für Strauss war es eine elementare historische Erkenntnis, dass der Anfangspunkt einer Entwicklung nicht schon das Größte in der Reihe sein könne. Eine Erkenntnis ist das freilich nicht. Hier wurde lediglich das Dogma der aufklärerisch-idealistischen Geschichtsphilosophie etabliert, das fortan die historisch-kritische Theologie beherrschte.
Wir wissen es besser, als man es damals schon wissen konnte – das atmet jede Zeile, die von dieser Theologie geschrieben ist. Dies wirkte sich besonders in der religionsgeschichtlichen Schule aus und wurde noch in Bultmanns Buch „Das Urchristentum im Rahmen der antiken Religionen“ augenfällig dokumentiert.
Die kritische Analyse der Evangelien hatte zur Folge, dass man fortan nicht nur die Evangelien als Ganzes auf ihre historische Glaubwürdigkeit untersuchte, sondern an jeden einzelnen Abschnitt die Echtheitsfrage stellte. Mit dieser Isolierung der sogenannten Einzeltradition war eine wesentliche Voraussetzung der Formgeschichte geschaffen.
Es war keine Rede mehr von Augenzeugen, die glaubwürdig überliefert haben, was Jesus gesagt und getan hat. Was in den Evangelien geschrieben steht, wurde nicht länger als Gottes maßgebliche Offenbarung gesehen. Es wurde zum bloßen Material, anhand dessen sich jeder kritische Theologe sein eigenes Bild machte, um nach seinem Gutdünken ein Leben Jesu zu konstruieren.
Da jeder dieser Theologen selbst festlegte, was als Grundlage für die Erfassung des Lebens Jesu anzusehen sei, spiegelte sich in diesem sogenannten Leben Jesu nur der eigene Geist dieser Theologen wider. Diese Willkür lief sich schließlich tot in völliger Resignation.
Dies zeigt sich bei Albert Schweitzer in seiner Geschichte der Leben-Jesu-Forschung. Bei aller Kritik, die Strauss auch von Seiten der historisch-göttlichen Theologie fand, wurde sein Mythosbegriff – der ja schon von Jakob Grimm vorgeprägt war – unkritisch weiterverwendet. Die Echtheitsfrage in Bezug auf die Einzelabschnitte der Evangelien war seit Strauss etabliert.
So entstand die Formgeschichte als Entfernung der Bibel von der Geschichte. Es ist wichtig, dass wir erkennen: Die Formgeschichte bedeutet eine Entfernung der Bibel von der Geschichte.
Die Formgeschichte im Alten und Neuen Testament
Die Formgeschichte des Alten Testaments
Erstens: Die Formgeschichte des Alten Testaments – die Interpretation des Alten Testaments als Sammelwerk der Literatur des Volkes Israel.
Hermann Gunkel (1862–1932) wandte den idealistischen Geschichtsbegriff auf das Alte Testament an und machte dabei umfassend Gebrauch von den Vorstellungen der Brüder Grimm bezüglich der Volksliteratur. Er behandelte das Alte Testament als ein Sammelwerk der israelischen Literatur. Dies war ein willkürlicher Akt. Das Alte Testament enthält Gottes Offenbarung in der Geschichte. Indem man es als Literaturwerk erklärte, entfernte man es von der Geschichte und ließ seinen Offenbarungsanspruch nicht mehr gelten.
Gunkel war ein Vertreter der regionsgeschichtlichen Schule, in der die verschiedenen Regionen samt ihren heiligen Schriften auf einer Ebene miteinander verglichen wurden. Die Bibel, so sagt er, ist keine Offenbarung Gottes, sie ist Literatur und hat keinen direkten Bezug zur Geschichte. Das sind die Denkvoraussetzungen der Formgeschichte, von denen man sie nicht lösen kann. Die Bibel ist Literatur. Für einen Theologen, der bibeltreu sein will, sollte es sich deshalb verbieten, diese sogenannte Methode zu übernehmen.
Keine Anstrengung, Extreme zu vermeiden oder Abstriche vorzunehmen, kann einen Theologen, der sich auf die Formgeschichte einlässt, aus diesen Denkvoraussetzungen befreien und vor ihren Konsequenzen bewahren. Gunkel griff auf die Brüder Grimm zurück, die Volkslieder, Volksmärchen und Sagen als den ältesten Bestand der Literatur betrachteten. Dieses Vorurteil war die Grundlage für seinen Umgang mit dem Alten Testament.
Die Berichte über die Erzväter wurden von ihm als Sagen definiert. Damit wies er sie dem Bereich des Unhistorischen zu, da ja die Sage nach den Brüdern Grimm ein faktisches und ein nicht-faktisches Element enthält. Fortan wurden die biblischen Berichte über Abraham, Isaak und Jakob in das mythische Dunkel einer Vorgeschichte abgeschoben, in der man mündlich überlieferte, weil man des Schreibens und Lesens noch nicht mächtig war.
Die Theologen machten sich nicht die Mühe, die historischen Gegebenheiten zu erforschen. Man war so frei, die Annahmen, die in Bezug auf Märchen und Sagen möglicherweise richtig gewesen waren, für die Berichte über die Erzväter billig sein zu lassen. Heutzutage ist durch archäologische Funde bewiesen, dass man in den Tagen der Erzväter mit Lesen und Schreiben vertraut war; ganze Bibliotheken wurden entdeckt.
Dennoch hält man an den falschen Vorstellungen der Formgeschichte fest. Die angeblich wissenschaftliche Theologie erweist sich als unreformierbar und ist nicht in der Lage, längst erkannte Irrtümer preiszugeben. Noch immer hält sie die Erzvätergeschichten für Geschichtchen, die man an den Lagerfeuern israelischer Nomaden erfunden und ausgeschmückt hat.
Aus diesen Vorstellungen entstand das Grunddogma der Formgeschichte: Am Anfang war die Einzeltradition. Gunkel nahm an, dass unabhängig voneinander einzelne Sagen entstanden, deren Gemeinsamkeit darin bestand, dass sie sich um denselben Erzvater rankten. Er sah die Erzväter als Typen an, nicht als historische Personen.
Die Sagen wurden nach Gunkel später zu Sagengrenzen verbunden, in deren Mittelpunkt jeweils einer der Erzväter stand, um am Ende zusammengefasst zu werden zur Urgeschichte, die als der älteste Bestandteil des Alten Testaments galt. Abraham, Isaak und Jakob wurden erst durch die Vereinigung der drei Sagengrenzen zu Gliedern einer Familie gemacht.
Die Formgeschichte des Alten Testaments erklärt die historischen Nachrichten über die Erzväter zu Phantasieprodukten und Gottes fortschreitende Offenbarung an Abraham, Isaak und Jakob zu einer Fiktion. Dies geschieht mit dem Instrument der Unterstellung der Hypothese. Eine Unterstellung, für die man den Beweis schuldig bleibt, ist eine Behauptung. Eine Behauptung, die nicht den Tatsachen entspricht, ist eine Lüge.
Die lügenhaften Unterstellungen der Formgeschichte werden bis heute an den theologischen Fakultäten gelehrt, als wären sie wissenschaftliche Ergebnisse.
Zweitens: Die Formgeschichte des Neuen Testaments
Die neutestamentliche Formgeschichte wurde innerhalb von drei Jahren durch drei Bücher etabliert: Karl Ludwig Schmidt (1898–1956) mit „Der Rahmen der Geschichte Jesu“ (1919), Martin Dibelius mit „Die Formgeschichte der Evangelien“ (1919) und Rudolf Bultmann mit „Die Geschichte der synoptischen Tradition“ (1921).
Die Gedanken der Brüder Grimm, der Denkansatz von David Friedrich Strauss und die Konzeptionen der alttestamentlichen Formgeschichte Hermann Gunkels sind in die Formgeschichte eingegangen. Der aufklärerisch-idealistische Geschichtsbegriff hat sie mit seiner Evolutionsvorstellung geprägt.
Das ist offensichtlich, wenngleich die Kanäle, durch die dieses Gedankengut geflossen ist, meines Wissens noch nicht erforscht sind.
Wie Gunkel die fünf Bücher Mose erklärte, so erklärten die neutestamentlichen Formgeschichtler die vier Evangelien zu Sammelwerken. Was er für die Vätergeschichte behauptete, stellten sie für die Evangelien als Dogma auf: Jeder einzelne Abschnitt sei isoliert entstanden, am Anfang war die Einzeltradition.
Diese durchlief eine Überlieferungsgeschichte, in der sie Veränderungen erfuhr, wurde gesammelt, nach unterschiedlichen Gesichtspunkten zu Gruppen zusammengefasst und am Ende in die Evangelien eingebaut.
Für die Entstehung der Evangelien aus bisher isolierten und teilweise gruppierten Einzeltraditionen gibt es keinen Beleg. Sie ist kein Forschungsergebnis, sondern eine Unterstellung, das heißt eine noch immer unbewiesene Behauptung.
Dafür kann man auch den Lukasprolog nicht in Anspruch nehmen, der ohnehin nur über dieses Evangelium und nicht über die drei übrigen Aufschluss geben könnte. Lukas spricht nicht von der Sammlung isoliert umlaufender Einzeltraditionen, sondern von der Befragung der Augenzeugen, vornehmlich der Diener des Wortes.
Für die angeblich gesetzmäßig verlaufende Veränderung der Einzeltraditionen in der Geschichte ihrer Überlieferung fehlen ebenfalls die Beweise. Die angeblichen Traditionsstücke liegen uns nur als Abschnitte der Evangelien vor.
Dieselben Unterschiede in den Parallelperikopen, die von der Formgeschichte als Ausführung der Gesetzmäßigkeiten der synoptischen Tradition gesehen werden, werden in der Literarkritik auf die Redaktionsarbeit der Evangelienverfasser zurückgeführt und in der Redaktionsgeschichte auf ihre theologische Interpretation.
Wer den Evangelien und den altkirchlichen Zeugnissen Glauben schenkt, sieht sie dagegen in der Unterschiedlichkeit der Augenzeugen begründet.
Der sogenannte Sitz im Leben, von Gunkel bereits für die alttestamentliche Formgeschichte postuliert, wurde niemals zufriedenstellend nachgewiesen. Man hat sich bemüht, ihn an Einzelbeispielen zu demonstrieren. Ein Forschungsergebnis ist er aber nicht; diese Einzelbeispiele haben nur eine Alibifunktion.
Die absurde Annahme, dass die christliche Gemeinde sich eigenmächtig Worte und Taten ihres Herrn und Heilandes ausgedacht hat, wird durch die scheinbare Gesetzmäßigkeit, mit der derartiges angeblich geschieht, als etwas Normales dargestellt.
In der kreativen Gemeinde feiert das inzwischen längst in Frage gestellte kreative Volk des Volksliedes und der Volksmärchen fröhliche Urständ.
Nur für den, der bereit ist, Behauptungen als Beweise gelten zu lassen, gibt die Formgeschichte des Neuen Testaments darüber Aufschluss, wie die Evangelien entstanden sind.
Drittens: Die Formgeschichte hat den Boden der Geschichte unter den Füßen verloren.
Jeder Verfasser der Evangelien schrieb unter der Inspiration des Heiligen Geistes das Ganze der Geschichte Jesu so, wie es ihm zugänglich war, aus unmittelbarer Erinnerung oder aus direkt von Augenzeugen übermittelter Kenntnis.
Die Worte, Taten und Leiden Jesu bilden darin einen geschlossenen Zusammenhang.
Durch die unbeweisbare Behauptung, die Evangelien seien aus ursprünglich isolierten Traditionsstücken zusammengesetzt worden, hat die Formgeschichte die Evangelien zum redaktionellen Rahmen erklärt, dem man historische Kenntnisse nicht entnehmen kann.
Wer das trotzdem versucht, wird als unerlaubte Historisierung angesehen.
Es ist zwar legitim, für jede isolierte Einzeltradition durch bloße Spekulation ihren sogenannten Sitz im Leben zu ermitteln, aber es wird als illegitim gebrandmarkt, aufgrund historischer Überlegungen aus der Abfolge der Worte und Taten Jesu in den Evangelien Kenntnisse zu erheben, weil man damit gegen das Dogma der Formgeschichte verstößt.
Die Fragwürdigkeit der formgeschichtlichen Isolierung der Einzeltraditionen wird an der Stelle deutlich, wo Formgeschichte versucht, den Folgen ihrer eigenen Voraussetzungen zu entgehen.
Für die Passionsgeschichte bestand Bultmann auf dem Gegebensein eines alten Berichtes, den er aus den Einleitungsversen der einzelnen Perikopen der Passionsgeschichte konstruierte.
Ohne diese Einleitungsverse hätten diese aber niemals überliefert werden können. Ich konnte nicht umhin zu bemerken, dass Bultmann aufgrund seiner eigenen formgeschichtlichen Voraussetzungen nachweisen wollte.
Die Formgeschichte verliert den Boden der Geschichte unter den Füßen selbst da, wo sie sich auf ihn stellen möchte.
Durch die Behauptung, die Traditionsstücke seien isoliert überliefert worden, gewann die historisch-kritische Theologie die Möglichkeit, sie einzeln auf ihre Echtheit zu untersuchen.
Der Anteil der Jesusworte, die man für echt hält, ist derzeit auf fünfzehn Prozent geschrumpft.
Das findet natürlich nicht die Zustimmung der Evangelikalen. Wenn sie aber die Formgeschichte als Methode anerkennen, können sie der Konsequenz nicht ausweichen, dass an die sogenannten Einzeltraditionen die Echtheitsfrage zu stellen ist – egal, ob sie negativ oder positiv beantwortet wird.
Die Echtheitsfrage ist mit dem Glauben an die Inspiration der Heiligen Schrift nicht vereinbar, denn sie stellt ihre Irrtumslosigkeit in Frage.
Ist eine so fundamentale Kritik legitim? Darf ein Mensch als Barbar und Bilderstürmer zweieinhalb Jahrhunderte Geschichte gleichsam mit dem Bulldozer beiseite räumen? Darf man ihn dabei gewähren lassen oder muss man ihm den Platz zuweisen, der den Unvernünftigen, den Irren zukommt?
Wenn es die Geschichte gäbe, müsste man das ernsthaft erwägen. Aber die Linie des Geschichtsverlaufs kommt dadurch zustande, dass man vom Ausgangspunkt einer Geschichtsphilosophie her die einzelnen Geschichtslinien als divergent oder konvergent betrachtet.
Die aufklärerisch-idealistische Geschichtskonstruktion hat nahezu zweieinhalb Jahrhunderte geherrscht, wenn auch ihre Herrschaft im letzten halben Jahrhundert nur in der Theologie noch ungebrochen war.
Es ist höchste Zeit, aus ihrem Bann herauszutreten. Es ist so leicht, wie man aus einem Kreidekreis heraustreten kann, obwohl es Menschen gibt, die sich auf Gedeih und Verderb an ihn gebunden wissen.
Die aufklärerisch-idealistische Geschichtskonstruktion war das falsche Fundament, auf dem die historisch-kritische Theologie mit Anstrengung und Eifer ihre Gebäude errichtet hat: Literarkritik, Formgeschichte und Redaktionsgeschichte.
Eine evangelikale Theologie, die es übernimmt, diese Gebäude auszubessern, indem sie bauliche Veränderungen durchführt, hier etwas abreißen will und dort etwas hinzuzufügen versucht, handelt töricht.
Stattdessen sollte sie endlich das falsche Fundament verlassen. Es wird Zeit, von den Vorstellungen zurückzukehren zu den Fakten.
Sie bilden zwar kein umfangreiches, dafür aber ein verlässliches Fundament.
Jesus, unser Herr, hat öffentlich geredet und gehandelt. Von dem, was er gesagt und getan hat, gab es Augenzeugen, die sich daran erinnerten und es berichteten.
Auf diese gehen direkt oder indirekt unsere vier Evangelien zurück.
Also sicher fordert das einiges ab, und wir können auch gerne Rückfragen stellen.
Ich habe gleich eine Frage: Es wurden öfter auch die Evangelikalen erwähnt. Wo ist denn da die Bibelkritik eingedrungen, und wie sieht es mit der Frage der Irrtumslosigkeit aus? Können Sie da Beispiele nennen?
Ja, wenn wir zum Beispiel das Buch „Studium des Neuen Testaments“ von Heinz Werner Neudorff und Eckhart Schnabel nehmen, die zwei Bände, dann hält Armin Baum eindeutig an der Literarkritik fest.
Wenngleich er offensichtlich, wenn auch nicht ganz deutlich, meint, dass vielleicht Lukas nicht abhängig sei, steht er im Grunde genommen auf diesem historisch-kritischen Boden.
In diesem Buch wird die Formgeschichte für unverzichtbar erklärt, die Redaktionsgeschichte ebenso, und man durchschaut gar nicht, was da läuft.
Man krallt sich fest am synoptischen Problem, obwohl dieses synoptische Problem überhaupt nicht gegeben ist.
Es besteht darin, dass zwischen den Evangelien sowohl Übereinstimmungen als auch Unterschiede bestehen, die bis in den Wortlaut und Satzbau hineinreichen.
Bei Augenzeugen ist das ein völlig normaler Befund. Wenn Augenzeugen Worte überliefern, die jemand gesagt hat, dann ist doch ganz klar, dass das nur Sinn macht, wenn das wenigstens in den entscheidenden Formulierungen wortwörtlich ist. Anders kann das gar nicht sein.
Aber diese evangelikalen Theologen machen nicht ernst damit, dass die Evangelien auf Augenzeugen zurückgehen.
Sie rechnen mit dem Gedächtnis, nicht etwa bei den Augenzeugen, sondern damit, dass vielleicht nachher in der Überlieferung die Leute so ein gutes Gedächtnis hatten, dass sie ein ganzes Evangelium auswendig behalten konnten.
Aber das war doch nicht die Sache. Matthäus war ein Jünger Jesu; nach evangelischer und altkirchlicher Tradition ist er eindeutig der Verfasser des Matthäusevangeliums.
Von Markus hören wir in der alten Kirche, dass er aufgeschrieben hat, was er von Petrus gehört hat, als er diesen übersetzte. Dabei muss man beachten, dass das in Rom geschah, als Petrus in Rom war und natürlich auf den Übersetzer ins Lateinische angewiesen war. Koine-Griechisch konnte er selbst.
Von Lukas sagt dieser selbst, wie er dazu gekommen ist, indem er die Augenzeugen befragt hat, ganz besonders die Diener des Wortes.
Wir haben hier direkten Zugang zu dem, was der Herr Jesus gesagt und getan hat.
Wenn ich meine, da hat einer vom anderen abgeschrieben, dann wird diese Grundlage durch die Augenzeugen erleuchtet.
Dann versinkt das alles in irgendeiner unbekannten Vorzeit, und wir haben es nur vom Hörensagen.
Im Religionsunterricht wird das dann mitgeteilt: im Telefonspiel, man lässt sich alle in einen Kreis setzen, der Erste flüstert dem Zweiten etwas ins Ohr, und am Ende weiß man nicht mehr, was da herausgekommen ist.
So sagt man dann den Schülern: So ist Tradition, nicht?
Ich möchte mal eins sagen, wenn ich das jetzt mal in ganz kurzen Worten zusammenfasse: Wenn ich also höre, ja, da ist die Bibel, und die Augenzeugengerichte werden grundsätzlich abgelehnt, das ist mal Grundannahme, die vorausgesetzt wird, und wenn ich dann sage, na ja, die Bibel ist den Grimmschen Märchen nicht ganz unähnlich, dann hätte ich eine neue Aufgabe für die Theologen.
Dann könnten wir eigentlich die Grimmschen Märchen gleich in die Bibel einarbeiten.
Ja, dass Sie das noch nicht fertig gekriegt haben, das wundert mich da.
Dann müsste man ja sagen, das passt ja alles zusammen, dann kann man ja die Grimmschen Märchen da hineinholen.
Das ist ja nicht weit weg. Das hat dann nur einen anderen Traditionsursprung, und das lässt man dann lieber getrennt, wie man auch die Märchen der Völker unterscheidet.
Da gibt es ja die ganze Sammlung „Märchen der Föhrer“.
Aber in der Tat: Wenn heute jemand sagt, die Bibel sei ein Märchenbuch, dann wissen wir, woher der Ursprung kommt.
Weil man eben diese Ideen, die da mal entstanden sind, darauf angewendet hat, ohne zu respektieren, dass wir es hier a) mit Geschichte zu tun haben und b) mit Gottes Offenbarung in der Geschichte.
Nun, da hat man sich ja noch ein bisschen weiter wegbewegt, als man es hier schon bei den Brüdern getan hat, die jetzt diese Methodenbände verfasst haben, und fühlt sich verpflichtet, seinen Bibelschülern reichlich historisch-kritische Theologie zu vermitteln, während man ihnen vorenthält, was an Bestreitung dieser historisch-kritischen Hypothesen da geschrieben ist.
Also so ein Buch wie mein Buch „Es gibt ein synoptisches Problem“ wird man in deren Bibliotheken vergeblich suchen.
Sollte es doch da sein, was ich für unwahrscheinlich halte, dann wird man ihnen aber sagen, na ja, also das könnte er vergessen und müsste dann nicht lesen.
Was mich noch besonders ärgert, ist, dass man dann von den staatlichen Geldern bezahlt gar nicht geprüfte Märchenerzähler erzieht, die also Milliarden kosten, wenn man das alles zusammenrechnet, auch die Folgen der Erzogenen dort, hier dann auch wieder Pastoren und auch wieder Märchenerzähler.
Wenn sie sich dann irgendwann mal bekehren, dann haben wir also eine weitere Generation Schattenhüter für Märchenerzähler.
Die brauchen wir dann fürs Wurzeln-Sonntag.
Ja. Und wenn man sich das anhört, ist das auch ein Schmerz.
Und Offenbarung gibt es danach natürlich nicht.
Man versucht dann, die entscheidenden Stellen aus dem Neuen Testament irgendwie wegzuerklären.
Der Staat richtet sich ja nach der Kirche, und unter Kirche versteht er eben nur die großen Kircheninstitutionen, und er sagt, na ja, wenn die sagen, das brauchen wir nicht, dann wird das entsprechend geduldet.
Und da ja nun die theologische Fakultät zu den ältesten Fakultäten der Universitäten gehört, hat man auch da seine Tradition, und da würde man nicht eingreifen.
Aber das alles bekümmert mich herzlich wenig.
Was mich bekümmert, ist, dass Leute, die nun wirklich an unseren Bibelschulen lehren und an den wenigen anderen Institutionen, die wir da haben, meinen, dass so etwas wie Literarkritik, Formgeschichte und Redaktionsgeschichte unverzichtbar sei.
Da versucht man dann sogar zu sagen: Ja, aber doch, Luther hat schon, Augustin hat schon.
Und damit versucht man, jeden Kritikgedanken bei den Studenten gleich von vornherein zu unterdrücken, denn wenn doch schließlich diese guten Leute da so Ähnliches schon gedacht haben, dann kann doch nichts Verkehrtes reinkommen.
Die Schafe, die dieses Futter nicht fressen wollen, werden an dieser Leine denn doch zu der Grippe geführt.
Das ist das, was mich bekümmert.
Und wenn jemandem das nicht passt, da ist die Tür.
Das wurde also auch bei Seminaren oder in anderen Bereichen gesagt: Wer dem das nicht passt, der kann ja gehen, da ist die Tür.
Das ist die Kritik, die von vornherein schon mal total abgewürgt wird.
Und wenn man das überhaupt nicht akzeptieren will, dann ist man eben ein Fundamentalist.
Und nach dem heutigen Verständnis ist das ja fast so gut, als würde Oma von jemandem sagen, er wäre ein Terrorist.
Soweit ich sehe, ist Basel noch in Ordnung.
Also Breckerfeld auch.
Ja, also ich meine, ich bin hier nicht auf breiter Ebene orientiert.
Ich meine, Gießen scheint auch schon so ein bisschen durchwachsen zu sein, leider.
Wir wollen jetzt nicht über Einzelbibliotheken diskutieren, das ist ohnehin ein unangenehmes, trauriges Thema.
Jetzt hatte einer Pallner auch eine Frage.
Wo Sie Wessing erwähnt haben, da ist mir eine dumme Frage gekommen: War der gläubig?
Wessing?
Ja, er hätte sich beinahe bekehrt. Er saß in Hamburg lieber in der Kirche von Götze, der ein klares Evangelium verkündigte.
Aber dann kamen diese ganzen Diskussionen, und er hat sich eben nicht bekehrt, und fing an, dagegen zu kämpfen.
Der nächste Versuch, Bultmann, war der Gläubige.
Ach, Bultmann, muss man wissen, der wurde ja noch im 18. Jahrhundert geboren und fast im gleichen Jahr wie meine Mutter.
Damals war es ja im 19. Jahrhundert, ja, Entschuldigung.
Da hatte man noch an sechs Tagen in der Woche jeden Morgen die erste Stunde Religionsunterricht.
Da war man natürlich sattelfest in Bibel und Gesangbuch und so weiter.
Aber ich habe den Eindruck, dass Bultmann sich nie wirklich bekehrt hat.
Möglicherweise hatte Barth sich mal bekehrt, aber das war dann, na ja, und dann kam die Philosophie, Kant und Ähnliches, und das war es dann.
Geht ihr nicht dazu über, mit Ungläubigen an einem fremden Joch zu ziehen?
Genau! Was haben wir denn damit zu tun, mit solchen Leuten?
Eben. Und trotzdem bringen sie den Studenten und Bibelschülern in diesen Methodenbüchern bei, ihr habt euch aber bitteschön schön gefälligst diese sogenannten Methoden anzueignen.
Es ist so fürchterlich, dass man eigentlich nur heulen kann.
Anzueignen oder nur anzuhören?
Nee, wenn es nur anzuhören wäre, klar, muss man informiert sein, dagegen wäre nichts einzuwenden.
Das würde ich schon sagen, dass selbst ein Bibelschüler was davon wissen muss.
Aber es ist so: Man gibt ihnen die Methoden und hält die Kritik an den Methoden fern von ihnen.
Das ist es ja.
Nicht sowas hier, das darf man da natürlich nicht sagen.
Das ist jetzt nicht ganz so wichtig, das Zeichen.
Ich würde vor allem das jüngste Mal erfassen, warum gerade die deutschen Theologen darauf gewartet haben, solche Methoden zu benutzen.
Da müssen doch vorher schon irgendwo die Nachsträge verschoben gewesen sein, dass man zum Beispiel dann Methoden der Brüder Grimm übernommen hat und meinte, die mit einbauen zu müssen, um Theologen auszufinden oder um bessere Zugänge zum Wort Gottes zu finden.
Da muss doch vorher schon etwas geschehen sein.
Ja, einiges ging schon schief, als Melanchthon einen ganz schönen großen Einfluss hatte.
Denn da kam wieder die Philosophie rein, die Philosophie kam in die Theologenausbildung.
Der Pietismus hatte selbst in Halle nur eine kurze Lebensdauer.
Dann kam die Aufklärungsphilosophie, und es war ja so, dass man für den Pastor das akademische Studium vorgesehen hatte.
Da ist die Weichenstellung: Ohne akademisches Studium konnte man kein Pastor werden.
Dazu gehörte natürlich die ganze Philosophie und die Vorstellung der akademischen Lehre.
Und das muss natürlich das Neueste sein und so, man darf ja nicht einfach bloß das Alte nehmen und einfach bloß sagen, was in der Bibel steht.
Das wäre keine Wissenschaft und so.
Und da hat sich das also durch die Akademisierung des Studiums durchgesetzt und dann auch natürlich die allgemeine Geistesgeschichte.
Welche Rolle spielte Lessing jetzt im Zusammenhang mit der deutschen Klassik und den anderen Philosophen?
Dann kam Kant.
Die Rolle von Kant ist überhaupt nicht zu unterschätzen.
Das war damals praktisch die Philosophie.
Vor allen Dingen Goethe hat die kantischen Ideen verbreitet.
Er sprach davon: „Gestern, nicht? Zum Jenseits ist der Ausblick uns verrammelt, ein Tor, wer dort in seine Augen blinzelt und richtet.“
Das ist die kantische Philosophie in ihrer Auswirkung für Glauben und Gottesfrage in einen Satz gebracht.
Wer das geschluckt hat, der schluckte nachher auch die historisch-kritische Theologie.
Dann Semler, diese ganzen Bibelkritiker.
Die Linie von Spinoza: Spinoza wurde ja von diesen intelligenten Pastoren gefressen.
Die waren klug genug, um sich so einen Philosophen einzuverleiben und waren dann stolz darauf, das entsprechend einzubauen in ihre Theologie.
Ohne jetzt jemandem nahetreten zu wollen: Das hängt ja alles zusammen.
Wenn es um Pastoren geht, die eine Hochschulausbildung haben sollen oder zumindest mal eine Bibelschule.
Für so ein System brauche ich nämlich auch noch ein System, um das aufzusetzen.
Das ist die Institutionalisierung oder Systematisierung und der Konstrukt von diesem ganzen Apparat, der sich heute Kirche nennt, katholisch, protestantisch oder evangelisch.
Das ist das Hemmnis noch stärker.
Ich brauche ja dieses System, damit ich sagen kann, es müssen Studierte zusammenstehen.
Damit nirgends in der Bibel steht.
Ich glaube, das ist das Hauptproblem, das gehört zum Problem dazu.
In Deutschland gibt es eben ein Monopol auf die Bibelkritik, das ist das Problem.
Das Ganze ist ja eine Entwicklung.
Sie haben ja verschiedene Namen genannt und wie sich die Philosophien die Hand geben und wie die Türen die Hand geben und immer noch etwas draufsetzen.
Das sieht aus wie eine Entwicklung, die nur die Studierten verstehen.
Es wird nur an den Hochschulen hauptsächlich gelehrt.
Im normalen Gemeindealltag spricht ja keiner von den Becken oder sonstigen Philosophien.
Und das fällt irgendwie zusammen mit dem Gemeindezerfall.
Wir sehen das in großen Kirchen, wo die Kirchen geleitet sind, aber auch in freien evangelikalen, strukturierten Gemeinden, Baptisten usw.
Das alles sehe ich als einen Abwärtstrend, eine Entwicklung der Gemeinde überhaupt.
Es geht nicht um den Herrn und die Schrift, sondern um die Entwicklung der Gemeinde.
Wer war zuerst gefragt?
Ganz zentral, das war mein Bezirk im Oberthaler Studium.
Och, also Reut, ich muss gestehen, ich habe mich eigentlich nicht mit ihr befasst.
Nachdem ich mich bekehrt hatte und sich das herumsprach, machten sie mir das Angebot, ich könnte die doch haben und zum halben Preis.
Ich bin darauf eingegangen, also die Neudorff-Bände.
Dann war es einfach so: Wenn man Gottes Wort wortwörtlich nimmt, dann hat man ja wenig Bedürfnis nach irgendeinem Kommentar.
Vielleicht, wenn man vor der Notwendigkeit steht, Sonntag für Sonntag zu predigen, ist das vielleicht größer.
Das kann ich nicht beurteilen, weil ich nicht in dieser Situation stehe.
Und wenn es mal so war, weil ich irgendeine Frage nach dem geschichtlichen Hintergrund hatte, wie war das denn damals eigentlich, und habe so etwas hergekriegt, dann war ich immer enttäuscht.
Oder wenn ich wissen wollte, ja, aber wie war das nun mit dem Griechischen, muss man das so verstehen oder sollte man das besser so verstehen?
Na ja, das ist da sowieso nicht.
Es war immer das, was mich mal interessiert hätte, wozu ich vielleicht mal die Hilfe von so einem Buch gesucht hätte, das fand ich in den Dingen nicht.
Ich meine, die ist schon konservativ, die Hubert-Harr-Studie im Bibelbereich, aber sie ist manches Aufzeichnen bedingt.
Nein, das ist schon besser als die, wir müssen auch Leben feiern.
Ja, logisch, besser als die NTD ist sie natürlich.
Aber ich habe auch gelegentlich mal meinen Satz daraus zitiert.
Ich wollte damit nur sagen, ich bin nicht in der Lage, sie zu beurteilen, weil ich keinen wirklichen Gebrauch von ihr gemacht habe.
Ich kenne sie vielleicht ein bisschen.
Gerade in der Johannesoffenbarung ist vieles auch sehr interpretationsbedürftig, wie bei allen Auslegungen.
Grünzweig hat wieder eine andere Sicht; er deutet vieles rein symbolisch.
Jeder hat seine Schwerpunkte.
Wir müssen bei allen Kommentaren berücksichtigen, dass wir immer zum Wort direkt zurückmüssen letztendlich.
Ihr dürft nicht vergessen, dass das Wort uns selbst sagt: „Ihr bedürft niemandem, euch zu lehren, die Salbung wird euch selbst lehren.“
An die Schrift gehen und den Herrn bitten, dass er es einem eröffnet.
Dann kriege ich im Endeffekt, was ich gemerkt habe: Die gleichen Erkenntnisse, die andere durch irgendwelche Studiererei vielleicht auch gekriegt haben, kriege ich auch direkt durch den Herrn, durch das lebendige Lesen.
Hm, also die beiden, die beiden, beide.
Moment, kann ich etwas dazu sagen?
Ja, das ist okay.
Aber ist es nicht so, dass es manchmal schon Hilfe sein kann?
Warum soll man sich nicht dafür interessieren, was andere Menschen, die sich ernsthaft Gedanken gemacht haben, sagen?
Ich habe sogar die Skopje-Bibel seit meiner Bekehrung.
Da sind unendlich viele Hinweise, da wird die Bibel mit sich selbst verglichen, und das ist eine ganz gute Sache.
Bestimmte Schule dahinter, das weiß ich nicht.
Aber sie wird ja auf die Schriftverweise hinweisen.
Das waren Gelehrte, die Skopje-Bibel gab es von neun oder zehn Gelehrten, die sich auch Gedanken gemacht haben um Gottes Wort.
Warum soll man das nicht differenzieren, prüfen, nebeneinander stellen, verschiedene Auslegungen?
Ich denke, das sind keine Auslegungen, sondern man weiß am Rand, aha, zu dieser Stelle sollte man heranziehen und so was.
Das geht ein bisschen weiter, weil das ist schon eine bestimmte Schule.
Ach so, nee, ich, ich, ich, ich, Oberthaler ist wieder eine andere.
Aber wichtig ist eben einfach, dass man die Bibel mit sich selbst interpretiert.
Dazu braucht man eine anständige Konkordanz.
Das braucht jeder.
Ich würde mal sagen, das braucht man auch als einfaches Gemeindeglied: eine Konkordanz.
Wir arbeiten auch mit Bibel, Konkordanz, Parallelstellenverzeichnis.
Was eine gute Hilfe ist, um kritische Thesen zu entmythologisieren, ist Morgenthalers Statistik des neutestamentlichen Wortschatzes.
Aber vergessen Sie nicht, was an Text drinsteht.
Nehmen Sie also nur das, was wirklich da ist.
Denn in diesem Text gibt es auch kritische Stellen.
Das ist eine kritische Überlegung.
Ja, ich meine, vom Geheimbund, das ist natürlich schwer nachzuweisen.
Aber er wollte nicht an Gott, den Schöpfer, glauben.
Ich würde das auch selbst, wenn die dazugehören, als die Gesamttendenz sehen.
Aber ich glaube nicht, dass es da so eine freimaurerische Leitung gäbe, die das alles im Vorweg übersehen hat.
Sondern es ist einfach ein Geist, na ja, wir wissen ja, was dahintersteckt, der sich durchgesetzt hat, überall da, wo man offen dafür war.
Nämlich: Erste Mose 3 sollte Gott gesagt haben, das ist doch die Wurzel.
Ja, genau.
Das ist in der Tat so, und dass man eben antitheistisch war, man erkannte Gottes Offenbarung nicht an.
Das finden wir in der Philosophie, wir finden es auch bei Darwin ganz genau so.
Wir haben ja auch diesen Evolutionsgedanken.
Bei Darwin haben wir etwas später, da ist sozusagen hier in dieser Geschichtsphilosophie noch früher als bei Darwin.
Möglicherweise ist Darwin auch schon von dieser Geschichtsphilosophie geprägt, ich kenne seine Biografie nicht genug, um das zu wissen.
Aber es ist genau dasselbe.
Und alles stürzt sich auf Hypothesen.
Die Formgeschichte verliert den Bezug zur Geschichte
Drittens hat die Formgeschichte den Boden der Geschichte unter den Füßen verloren. Jeder Verfasser der Evangelien schrieb unter der Inspiration des Heiligen Geistes das gesamte Leben Jesu so auf, wie es ihm zugänglich war – entweder aus unmittelbarer Erinnerung oder aus direkt von Augenzeugen übermittelter Kenntnis. Die Worte, Taten und Leiden Jesu bilden darin einen geschlossenen Zusammenhang.
Durch die unbelegte und unbeweisbare Behauptung, die Evangelien seien aus ursprünglich isolierten Traditionsstücken zusammengesetzt worden, hat die Formgeschichte die Evangelien zu einem redaktionellen Rahmen erklärt, aus dem man keine historischen Kenntnisse gewinnen kann. Wer dennoch versucht, dies zu tun, wird als unerlaubte Historisierung angesehen.
Es gilt zwar als legitim, für jede isolierte Einzeltradition durch bloße Spekulation ihren sogenannten Sitz im Leben zu ermitteln. Doch es wird als illegitim gebrandmarkt, aufgrund historischer Überlegungen aus der Abfolge der Worte und Taten Jesu in den Evangelien Erkenntnisse zu gewinnen. Dies gilt als Verstoß gegen das Dogma der Formgeschichte.
Die Fragwürdigkeit der formgeschichtlichen Isolierung der Einzeltraditionen wird besonders deutlich, wenn die Formgeschichte versucht, den Folgen ihrer eigenen Voraussetzungen zu entgehen. Für die Passionsgeschichte bestand Bultmann auf dem Vorhandensein eines alten Berichtes, den er aus den Einleitungsversen der einzelnen Perikopen der Passionsgeschichte konstruierte. Ohne diese Einleitungsverse hätten die Passionsgeschichten aber niemals überliefert werden können. So konnte ich nicht umhin, nachzuweisen, dass Bultmann aufgrund seiner eigenen formgeschichtlichen Voraussetzungen argumentierte.
Die Formgeschichte verliert den Boden der Geschichte unter den Füßen selbst dort, wo sie sich darauf zu stützen versucht. Durch die Behauptung, die Traditionsstücke seien isoliert überliefert worden, erhielt die historisch-kritische Theologie die Möglichkeit, sie einzeln auf ihre Echtheit zu untersuchen. Der Anteil der Jesusworte, die man für echt hält, ist derzeit auf fünfzehn Prozent geschrumpft. Das findet natürlich keine Zustimmung bei den Evangelikalen.
Wenn sie aber die Formgeschichte als Methode anerkennen, können sie der Konsequenz nicht entgehen, dass an die sogenannten Einzeltraditionen die Echtheitsfrage zu stellen ist – egal, ob sie negativ oder positiv beantwortet wird. Die Echtheitsfrage ist mit dem Glauben an die Inspiration der Heiligen Schrift nicht vereinbar, denn sie stellt deren Irrtumslosigkeit infrage.
Ist eine so fundamentale Kritik legitim? Darf ein Mensch als Barbar und Bilderstürmer zweieinhalb Jahrhunderte Geschichte gleichsam mit dem Bulldozer beiseiteschieben? Darf man ihn dabei gewähren lassen, oder muss man ihm den Platz zuweisen, der den Unvernünftigen und Irren zukommt?
Wenn es die Geschichte gäbe, müsste man das ernsthaft erwägen. Doch die Linie des Geschichtsverlaufs entsteht dadurch, dass man von dem Ausgangspunkt einer Geschichtsphilosophie aus die einzelnen Geschichtslinien als divergent oder konvergent betrachtet. Die aufklärerisch-idealistische Geschichtskonstruktion hat nahezu zweieinhalb Jahrhunderte geherrscht, wenn auch ihre Herrschaft im letzten halben Jahrhundert nur in der Theologie noch ungebrochen war.
Es ist höchste Zeit, aus ihrem Bann herauszutreten. Das ist so leicht, wie man aus einem Kreidekreis heraustreten kann – obwohl es Menschen gibt, die sich auf Gedeih und Verderb an ihn gebunden wissen.
Die aufklärerisch-idealistische Geschichtskonstruktion war das falsche Fundament, auf dem die historisch-kritische Theologie mit Anstrengung und Eifer ihre Gebäude errichtet hat: Literarkritik, Formgeschichte und Redaktionsgeschichte. Eine evangelikale Theologie, die versucht, diese Gebäude auszubessern, indem sie bauliche Veränderungen durchführt, hier etwas abreißen will und dort etwas hinzuzufügen versucht, handelt töricht.
Stattdessen sollte sie endlich das falsche Fundament verlassen. Es wird Zeit, von den Vorstellungen zurückzukehren zu den Fakten. Diese bilden zwar kein umfangreiches, dafür aber ein verlässliches Fundament.
Jesus, unser Herr, hat öffentlich geredet und gehandelt. Von dem, was er gesagt und getan hat, gab es Augenzeugen, die sich daran erinnerten und es berichteten. Auf diese gehen direkt oder indirekt unsere vier Evangelien zurück. Sicher verlangt das einiges ab, und Rückfragen sind gerne möglich. Ich habe gleich eine Frage.
Diskussion um die Bibelkritik und die Irrtumslosigkeit in evangelikalen Kreisen
Es wurden öfter auch die Evangelikalen erwähnt. Wo ist denn da die Bibelkritik eingedrungen, und wie sieht es mit der Frage der Irrtumslosigkeit aus? Können Sie da Beispiele nennen?
Ja, wenn wir zum Beispiel dieses Buch nehmen: „Eine“ von Heinz Werner Neudorff und Eckhart Schnabel, das Studium des Neuen Testamentes in zwei Bänden, dann hält Armin Baum eindeutig an der Literarkritik fest. Wenngleich er offensichtlich, wenn auch nicht ganz deutlich sagt, meint, dass vielleicht Lukas nicht abhängig sei, steht er im Grunde genommen auf diesem historisch-kritischen Boden.
In diesem Buch wird die Formgeschichte für unverzichtbar erklärt, ebenso die Redaktionsgeschichte. Man durchschaut gar nicht, was da läuft. Man kreist sich fest am synoptischen Problem, obwohl dieses synoptische Problem überhaupt nicht gegeben ist. Es besteht darin, dass zwischen den Evangelien sowohl Übereinstimmungen als auch Unterschiede bestehen, die bis in den Wortlaut und Satzbau hineinreichen.
Bei Augenzeugen ist das ein völlig normaler Befund. Wenn Augenzeugen Worte überliefern, die jemand gesagt hat, dann macht das doch nur Sinn, wenn das wenigstens in den entscheidenden Formulierungen wortwörtlich ist. Anders kann das gar nicht sein.
Aber diese evangelikalen Theologen machen nicht ernst damit, dass die Evangelien auf Augenzeugen zurückgehen. Sie rechnen mit dem Gedächtnis, nicht etwa bei den Augenzeugen, sondern damit, dass vielleicht nachher in der Überlieferung die Leute so ein gutes Gedächtnis hatten, dass sie ein ganzes Evangelium auswendig behalten konnten.
Doch das war nicht die Sache. Matthäus war ein Jünger Jesu. Nach evangelischer und altkirchlicher Tradition ist er eindeutig der Verfasser des Matthäusevangeliums. Von Markus hören wir in der alten Kirche, dass er aufgeschrieben hat, was er von Petrus gehört hat, als er diesen übersetzte. Dabei muss man den Zusammenhang beachten, dass das in Rom geschah, als Petrus in Rom war und natürlich auf den Übersetzer ins Lateinische angewiesen war. Koine-Griechisch konnte er selbst.
Von Lukas sagt dieser selbst, wie er dazu gekommen ist, indem er die Augenzeugen befragt hat, und ganz besonders die Diener des Wortes. Wir haben hier direkten Zugang zu dem, was der Herr Jesus gesagt und getan hat.
Wenn ich meine, da habe einer vom anderen abgeschrieben, dann wird diese Grundlage durch die Augenzeugen, die wird geleuchtet. Dann versinkt das alles in irgendeiner unbekannten Vorzeit, und wir haben es nur von Hörensagen.
Im Religionsunterricht wird das dann mitgeteilt im Telefonspiel: Man lässt sich alle in einen Kreis setzen, der Erste flüstert dem Zweiten etwas ins Ohr, und am Ende weiß man dann, was herausgekommen ist. So sagt man dann den Schülern: So ist Tradition, nicht?
Ich möchte mal eins sagen, wenn ich das jetzt mal in ganz kurzen Worten zusammenfasse: Wenn ich also höre, ja, da ist die Bibel, die Augenzeugenberichte werden grundsätzlich abgelehnt, das ist mal Grundannahme, das wird vorausgesetzt. Wenn ich dann sage, na ja, die Bibel ist den Grimmschen Märchen nicht ganz unähnlich, dann hätte ich eine neue Aufgabe für die Theologen.
Dann könnten wir eigentlich die Grimmschen Märchen gleich in die Bibel einarbeiten. Dass Sie das noch nicht fertig gekriegt haben, das wundert mich da. Dann müsste man ja sagen, das passt ja alles zusammen, dann kann man ja die Grimmschen Märchen da hineinholen. Das ist ja nicht weit weg. Es hat nur einen anderen Traditionsursprung, und das lässt man dann lieber getrennt, so wie man auch die Märchen der Völker unterscheidet. Da gibt es ja die ganze Sammlung Märchen der Föhrer.
Aber in der Tat, wenn heute jemand sagt, die Bibel sei ein Märchenbuch, dann wissen wir, woher der Ursprung kommt. Weil man eben diese Ideen, die da mal entstanden sind, darauf angewendet hat, ohne zu respektieren, dass wir es hier a) mit Geschichte zu tun haben und b) mit Gottesoffenbarung in der Geschichte.
Nun, da hat man sich ja noch ein bisschen weiter wegbewegt, als man es hier schon bei diesen Brüdern getan hat, die jetzt diese Methodenbände verfasst haben, und fühlt sich verpflichtet, seinen Bibelschülern reichlich historisch-kritische Theologie zu lesen zu geben, während man ihnen vorenthält, was an Bestreitung dieser historisch-kritischen Hypothesen da geschrieben ist.
Also so ein Buch wie mein Buch „Gibt es ein synoptisches Problem?“ wird man in deren Bibliotheken vergeblich suchen. Sollte es doch da sein, was ich für unwahrscheinlich halte, dann wird man ihnen aber sagen: Na ja, also das könnte er vergessen und müsste dann nicht lesen.
Was mich noch besonders erfüllt, ist, dass man dann von den staatlichen Geldern bezahlt, gar nicht geprüfte Märchenerzähler erzieht, die also Milliarden kosten, wenn man das alles zusammenrechnet, auch die Folgen derer, die dort erzogen werden. Hier dann auch wieder Pastoren und auch wieder Märchenerzähler. Wenn sie sich dann irgendwann mal bekehren, dann haben wir also eine weitere Generation Schattenhüter für Märchenerzähler.
Die brauchen wir dann fürs Wurzeln-Sonntag.
Ja, und wenn man sich das anhört, ist das auch ein Schmerz. Und Offenbarung gibt es danach natürlich nicht. Man versucht dann, die entscheidenden Stellen aus dem Neuen Testament irgendwie wegzuerklären.
Der Staat richtet sich ja nach der Kirche, und unter Kirche versteht er eben nur die großen Kircheninstitutionen. Und er sagt: Na ja, wenn die sagen, das brauchen wir nicht, dann wird das entsprechend geduldet. Und da ja nun die theologische Fakultät zu den ältesten Fakultäten der Universitäten gehört, hat man auch da seine Tradition, und da würde man nicht eingreifen.
Aber das alles bekümmert mich herzlich wenig. Was mich bekümmert, ist, dass Leute, die nun wirklich an unseren Bibelschulen lehren und an den wenigen anderen Institutionen, die wir da haben, meinen, dass so etwas wie Literarkritik, Formgeschichte und Redaktionsgeschichte unverzichtbar sei.
Da versucht man dann sogar zu sagen: Ja, aber doch, Luther hat schon, Augustin hat schon. Und damit versucht man, jeden Kritikgedanken bei den Studenten gleich von vornherein zu unterdrücken. Denn wenn doch schließlich diese guten Leute da so Ähnliches schon gedacht haben, dann kann doch nichts Verkehrtes reinkommen.
Die Schafe, die dieses Futter nicht fressen wollen, werden an dieser Leine denn doch zu der Grippe geführt. Das ist das, was mich bekümmert. Und wenn jemandem das nicht passt, da ist die Tür.
Das wurde also auch bei Seminaren oder in anderen Bereichen gesagt: Wer dem das nicht passt, der kann ja gehen, da ist die Tür. Die Kritik wird von vornherein schon mal total abgewürgt. Und wenn man das überhaupt nicht akzeptieren will, dann ist man eben ein Fundamentalist.
Nach dem heutigen Verständnis ist das ja fast so, als würde Oma von jemandem sagen, er wäre ein Terrorist. Soweit ich sehe, ist Basel noch in Ordnung. Also Breckerfeld auch.
Ja, also ich meine, ich bin hier nicht auf breiter Ebene orientiert. Ich meine, Gießen scheint auch schon so ein bisschen durchwachsen zu sein, leider. Wir wollen jetzt nicht über Einzelbibliotheken diskutieren, das ist ohnehin ein unangenehmes, ein trauriges Thema.
Jetzt hatte einer Pallner auch eine Frage. Wo Sie Wessing erwähnt haben, da ist mir eine dumme Frage gekommen: War der gläubig? Wessing?
Ja, er hätte sich beinahe bekehrt. Er saß in Hamburg lieber in der Kirche von Götze, der ein klares Evangelium verkündigte. Aber dann kamen ja diese ganzen Diskussionen, und er hat sich eben nicht bekehrt und fing an, dagegen zu kämpfen.
Der nächste Versuch: Bultmann. War der Gläubige?
Ach, Bultmann, muss man wissen, der war ja noch im 18. Jahrhundert geboren, fast im gleichen Geburtsjahr wie meine Mutter. Damals war es ja im 19. Jahrhundert, ja, Entschuldigung.
Da hatte man noch an sechs Tagen in der Woche jeden Morgen die erste Stunde Religionsunterricht. Da war man natürlich sattelfest in Bibel und Gesangbuch und so weiter.
Aber ich habe den Eindruck, dass Bultmann sich nie bekehrt hat. Möglicherweise hatte Barth sich mal bekehrt, aber das war dann, na ja, und dann kam die Philosophie, Kant und Ähnliches — und das war es dann.
Geht es euch nicht dazu her, mit Ungläubigen an einem fremden Joch zu ziehen?
Genau! Was haben wir denn damit zu tun, mit solchen Leuten?
Eben. Und trotzdem bringen die den Studenten und Bibelschülern in diesen Methodenbüchern bei: Ihr habt euch aber bitteschön schön gefälligst diese sogenannten Methoden anzueignen.
Es ist so fürchterlich, dass man eigentlich nur heulen kann.
Ja, anzueignen oder nur anzuhören?
Nee, wenn es nur anzuhören wäre, klar, muss man informiert sein, dagegen wäre nichts einzuwenden. Und das würde ich schon sagen, dass selbst ein Bibelschüler was davon wissen muss.
Aber es ist so: Man gibt ihnen die Methoden und hält die Kritik an den Methoden fern von ihnen, das ist es ja.
Nicht so etwas hier, das darf man da natürlich nicht sagen.
Das ist jetzt nicht ganz so wichtig, das Zeichen.
Ich würde vor allem das jüngste Mal erfassen, warum gerade die deutschen Theologen darauf gewartet haben, solche Methoden zu benutzen.
Da müssen doch vorher schon irgendwo die Nachträge verschoben gewesen sein, dass man zum Beispiel dann Methoden der Gebrüder Kring übernommen hat und gemeint hat, die mit einbauen zu müssen, um Theologen auszubilden oder um bessere Zugänge zum Wort Gottes zu finden.
Da muss doch vorher schon etwas geschehen sein.
Ja, einiges ging schon schief, als Melanchthon einen ganz schönen großen Einfluss hatte. Denn da kam wieder die Philosophie rein, die Philosophie kam in die Theologenausbildung rein, und der Pietismus hatte selbst in Halle nur eine kurze Lebensdauer.
Dann kam die Aufklärungsphilosophie, und es war so, dass man für den Pastor das akademische Studium vorgesehen hatte. Da ist die Weichenstellung: Ohne akademisches Studium konnte man kein Pastor werden.
Dazu gehörte natürlich die ganze Philosophie und die Vorstellung der akademischen Lehre. Und das muss natürlich das Neueste sein und so, und man darf ja nicht einfach bloß das Alte nehmen und bloß sagen, was in der Bibel steht. Das wäre keine Wissenschaft, nicht und so.
Und da hat sich das also durch die Akademisierung des Studiums durchgesetzt und dann auch natürlich die allgemeine Geistesgeschichte.
Welche Rolle spielte Lessing jetzt im Zusammenhang mit der deutschen Klassik und den anderen Philosophen?
Dann kam Kant. Die Rolle von Kant ist überhaupt nicht zu unterschätzen. Das war damals praktisch die Philosophie.
Vor allem Goethe hat die kantischen Ideen verbreitet. Er sprach davon gestern, nicht? „Zum Jenseits ist der Ausblick uns verrammelt, ein Tor, wer dort in seine Augen blinzelt und richtet.“ Das ist die kantische Philosophie in ihrer Auswirkung für Glauben und Gottesfrage in einem Satz zusammengefasst.
Wer das geschluckt hat, der schluckte nachher auch die historisch-kritische Theologie.
Und dann Semler, diese ganzen Bibelkritiker, die Linie von Spinoza. Spinoza wurde von diesen intelligenten Pastoren gefressen, die waren klug genug, um sich so einen Philosophen einzuverleiben und waren dann stolz darauf, das entsprechend einzubauen in ihre Theologie.
Ohne jetzt jemandem nahetreten zu wollen: Das hängt ja alles zusammen, wenn es um die Pastoren geht, die eine Hochschulausbildung haben sollen oder zumindest mal eine Bibelschule.
Für so ein System brauche ich nämlich auch noch ein System, um das aufzusetzen. Das ist die Institutionalisierung oder Systematisierung und Konstruktion von diesem ganzen Apparat, der sich heute Kirche nennt — katholisch, protestantisch oder evangelisch.
Das ist das Hemmnis noch stärker. Ich brauche ja dieses System, damit ich sagen kann, es müssen Studierte zusammenstehen, damit nirgends in der Bibel steht.
Ich glaube, dass das das Hauptproblem ist. Das gehört zum Problem dazu.
In Deutschland gibt es eben ein Monopol auf die Bibelkritik. Das ist das Problem.
Das Ganze ist ja eine Entwicklung. Sie haben ja verschiedene Namen genannt und wie sich die Philosophien die Hand geben und wie die Türen die Hand geben und immer noch etwas draufsetzen, noch etwas draufsetzen, dass das auch so aussieht wie eine Entwicklung.
Das können wieder nur die Studierten verstehen. Es wird nur an den Hochschulen hauptsächlich gelehrt. Im normalen Gemeindealltag spricht ja keiner von den Becken oder sonstigen Philosophien.
Und das fällt irgendwie zusammen, als sich das Gemeindesystem verfällt.
Wir sehen das in großen Kirchen, wo die Kirchen geblendet sind, aber auch in freien evangelikalen, strukturierten Gemeinden, Baptisten usw.
Das alles sehe ich als einen Niedergang, eine Entwicklung der Gemeinde überhaupt.
Es geht nicht um den Herrn und die Schrift, sondern um die Entwicklung der Gemeinde.
Wer war zuerst gefragt?
Ganz zentral, das war mein Bezirk im Obertaler Studium.
Och, also Reut, ich muss gestehen, ich habe mich eigentlich nicht mit ihr befasst.
Nachdem ich mich bekehrt hatte und sich das rumsprach, machten die mir das Angebot, ich könnte die doch haben und zum halben Preis.
Und ich bin darauf eingegangen, also die Neudestamente, bin darauf eingegangen.
Und dann war es einfach so: Wenn man Gottes Wort wortwörtlich nimmt, dann hat man ja wenig Bedürfnis nach irgendeinem Kommentar.
Vielleicht, wenn man vor der Notwendigkeit steht, zu predigen, Sonntag für Sonntag für Sonntag, ist das vielleicht größer. Das kannst du nicht beurteilen, weil ich nicht in dieser Situation stehe.
Und dann, wenn es mal so war, weil ich irgendeine Frage nach dem geschichtlichen Hintergrund hatte — wie war das denn damals eigentlich? — und habe dann so etwas hergekriegt, war ich immer enttäuscht.
Oder wenn ich wissen wollte: Ja, aber wie war das nun mit dem Griechischen? Muss man das so verstehen oder sollte man das besser so verstehen?
Na ja, das ist da sowieso nicht.
Es war immer das, was mich mal interessiert hätte, wozu ich vielleicht mal die Hilfe von so einem Buch gesucht hätte, das fand ich in den Dingen nicht.
Ich meine, die ist schon konservativ, die Hubert-Harr-Studie im Bibel, aber sie ist manches Aufzeichnen bedingt.
Nein, das ist schon besser als die, wir müssen auch Leben feiern.
Ja, logisch, besser als die NTD ist sie natürlich, aber ich habe auch gelegentlich mal meinen Satz daraus zitiert.
Aber ich wollte damit nur sagen, ich bin nicht in der Lage, sie zu beurteilen, weil ich keinen wirklichen Gebrauch von ihr gemacht habe.
Ich kenne sie vielleicht ein bisschen.
Gerade in der Johannesoffenbarung ist vieles auch sehr interpretationsbedürftig, wie bei allen Auslegungen.
Grünzweig hat wieder eine andere Sicht. Er deutet vieles symbolisch, rein symbolisch, und zwar hat jeder seine Schwerpunkte.
Wir müssen bei allen Kommentaren berücksichtigen, dass wir immer zum Wort direkt zurück müssen, letztendlich.
Ihr dürft mal nicht vergessen, dass das Wort uns selbst sagt: Ihr bedürft niemandem, euch zu lehren, die Salbung wird euch selbst gehen.
An die Schrift gehen und den Herrn bitten, dass er mir das Geheime offenbart, dass er es mir eröffnet.
Ja, dann kriege ich im Endeffekt, was ich gemerkt habe: die gleichen Erkenntnisse, die andere durch irgendwelche Studiererei vielleicht auch gekriegt haben, die kriege ich auch direkt durch den Herrn, durch das lebendige Lesen.
Hm, also die beiden, die beiden, beide.
Moment, kann ich etwas dazu sagen?
Ja, das ist okay, aber ist es nicht so, dass es manchmal schon Hilfe sein kann? Warum soll man sich nicht dafür interessieren, was andere Menschen, die sich genauere Gedanken gemacht haben?
Ich habe sogar die Skopje-Bibel seit meiner Bekehrung.
Ja, da sind ja unendlich viele Hinweise. Da wird ja die Bibel mit sich selbst verglichen, und das ist eine ganz gute Sache.
Bestimmte Schule dahinter, das weiß ich nicht, aber sie wird ja auf die, wir haben ja die Schriftverweise.
Das waren aber auch Gelehrte, die Skopje-Bibel gab es von neun oder zehn Gelehrten, die sich auch Gedanken gemacht haben, um Gottes Wort.
Und warum soll man das nicht differenzieren, prüfen, nebeneinander stellen, verschiedene Auslegungen?
Also ich denke, das sind nicht Auslegungen, ich denke, dass man weiß am Rand: Aha, zu dieser Stelle sollte man ranziehen und so was.
Das geht ein bisschen weiter, weil das ist schon eine bestimmte Schule.
Ach so, nee, ich, ich, ich, Oberthaler ist wieder eine andere.
Aber wichtig ist eben einfach, dass man die Bibel mit sich selbst interpretiert, und dazu braucht man eine anständige Konkordanz.
Das braucht jeder.
Ich würde mal sagen, das braucht man auch als einfaches Gemeindeglied: eine Konkordanz.
Also wir arbeiten auch mit Bibel, Konkordanz, Parallelstellenverzeichnis.
Was eine gute Hilfe ist, um so kritische Thesen zu entmythologisieren, das ist Morgenthalers Statistik des neutestamentlichen Wortschatzes.
Aber vergessen Sie das, was an Text drinsteht, nehmen Sie also nur das, was wirklich da ausgerechnet ist.
Denn in diesem Text gibt es auch Kritisches.
Das ist eine kritische Überlegung.
Ja, ich meine, vom Geheimbund, das ist natürlich schwer nachzuweisen, aber er wollte nicht an Gott, den Schöpfer, glauben.
Also ich würde das auch selbst, wenn die dazugehören, als die Gesamttendenz sehen.
Aber ich glaube nicht, dass es da so eine freimaurerische Leitung wäre, die das alles im Vorweg übersehen hat, sondern es ist einfach ein Geist.
Na ja, wir wissen ja, was dahintersteckt, der sich durchgesetzt hat, überall da, wo man offen dafür war.
Nämlich Erste Mose 3 sollte Gott gesagt haben, das ist doch die Wurzel.
Ja, genau, das ist in der Tat so.
Dass man eben antitheistisch war, man erkannte Gottes Offenbarung nicht an.
Und das finden wir in der Philosophie, wir finden es auch bei Darwin ganz genau so.
Wir haben ja auch diesen Evolutionsgedanken.
Bei Darwin haben wir etwas später, da ist sozusagen hier in dieser Geschichtsphilosophie noch früher als bei Darwin.
Möglicherweise ist Darwin auch schon von dieser Geschichtsphilosophie geprägt, also kenne ich seine Biografie nicht genug, um das zu wissen.
Aber es ist genau das Gleiche.
Und alles stürzt sich auf Hypothesen.
