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Bibelarbeit über Philipper 2, 5-11

27.02.1996Philipper 2,5-11

 Philipper 2,5-11:

Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war:
Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein.
Vielmehr entäußerte er sich selbst und nahm die Gestalt eines Knechtes an, wurde den Menschen gleich und in seinem Wesen als Mensch erkannt.
Er erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz.

Darum hat ihn auch Gott über alle Maßen erhöht und ihm den Namen gegeben, der über allen Namen ist,
damit in dem Namen Jesu sich alle Knie beugen, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind,
und alle Zungen bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.

Bedeutung der persönlichen Bibellese für den Tagesbeginn

Ich hoffe, dass jeder von Ihnen Zeit für die persönliche Bibellese findet. Ich weiß nicht, wie Ihre menschliche Natur beschaffen ist, aber bei mir ist es so: Wenn man morgens keine Stille zum Gotteswort findet, findet man sie später oft überhaupt nicht mehr.

Dann beginnt der Tag einfach falsch, und man merkt es im Laufe des Tages, wenn man aus den Fugen gerät. Deshalb ist es wichtig, den Tag mit der Bibellese zu beginnen und auch in diesem Geist Zeit dafür einzuplanen.

Der Eidlinger Bibellese-Zettel ist dabei eine gute Hilfe, um eine bestimmte Ordnung einzuhalten. Sie können aber auch eine andere Methode wählen, wenn Sie das bevorzugen. Eine große Unterstützung ist es auch, eine Auslegung zur Bibellese hinzuzunehmen. Dadurch gewinnt man viel, und ich selbst habe immer sehr davon profitiert.

Einführung in den Predigttext und Kontextualisierung

Man kann es vergessen, Ihnen zu sagen, dass heute ein Einweihungsfest ist. Das ist ja nicht bemerkt worden, die Tischsinnerei. Ach so! Aber Sie haben es jetzt auch gar nicht mehr gesehen.

Die Gestelle waren so gut, obwohl sie zwanzig Jahre alt sind – oder vielleicht gerade weil sie zwanzig Jahre alt sind. Sie sind so gut, dass die Fabrik gesagt hat: „Da machen wir bloß neue Platten drauf.“ Und die haben jetzt auch bessere Umleimer, sodass sie nicht mehr so angestoßen werden. Das sieht wieder schön aus, appetitlich. Ich hätte ja gerade Vesper auf dem schönen Tisch anbieten müssen.

So, jetzt lesen wir Philipper 2,5-11:

Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht. Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an. Er wurde den Menschen gleich und erschien als Mensch.

Er erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist.

Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen alle Knie, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.

Die Herausforderung, nicht von der Welt zu sein

Wir hatten am Sonntag das Gebet Jesu für seine Jünger, das sogenannte hohepriesterliche Gebet. Dabei fiel das Wort, das eigentlich so in die Augen oder die Ohren springen sollte: "In der Welt, aber nicht von der Welt sollen wir sein." Das bedeutet, dass wir nicht mit der Welt zusammen sein sollen.

Es ist interessant: Wenn wir jetzt irgendwo eine Gesprächsrunde hätten, würden wahrscheinlich viele sofort mit der Welt anfangen und fragen, ob man ins Kino darf oder nicht. Früher wurde oft diskutiert, ob man tanzen darf oder nicht. Die Welt wurde an solchen Fragen festgemacht.

Das ist eigentlich schade. Zu diesen Themen kann man sicherlich etwas sagen, aber ich glaube, es lohnt sich kaum. Jeder hat seinen eigenen Weg und sein eigenes Urteil. Sie wissen, dass wir niemanden einengen wollen. Dennoch muss jeder wissen, wo die Grenzen seiner Freiheit und seiner Lebensgestaltung liegen.

Das Interessante ist jedoch: Die Welt ist viel mehr als diese äußeren Dinge, die oft als Nebensächlichkeiten bezeichnet werden. Diese sind im Leben nicht die Hauptsachen.

Unser Leben wird vielmehr beherrscht durch den Machtwillen – das ist Welt! Wenn eine Partei im Bürgerkrieg in Jugoslawien sagt, sie wolle ganz demütig sein und sich gar nicht wehren, glauben Sie, die UNO würde dann noch einen Finger rühren? Ganz bestimmt nicht.

In der ganzen Weltgeschichte ist es immer so gewesen: Wenn jemand sich nicht mit Macht gewehrt hat, ist er unter die Räder gekommen. Wir kennen viele Völker, deren Namen in der Geschichte ausgelöscht sind, weil in der Welt nur die Macht zählt.

Macht und Rechtsbewusstsein in der Welt

Es ist wahrscheinlich in Ihrer Firma nicht anders: Wenn Sie sich nicht mit Klarheit wehren, dann kann es schnell passieren, dass jemand einfach die Grundstücksgrenze versetzt. Dann müssen Sie noch einmal genau nach Ihrem Recht schauen. In unserer Welt muss man immer wachsam sein.

Sie wissen das: Wenn Sie einen Autounfall haben, müssen Sie aufpassen. Die Polizei muss eingeschaltet werden, sonst wird man leicht über den Tisch gezogen und missbraucht. In der Welt zählt nur noch, dass man seine Rechtsposition wahrnimmt.

Ich möchte es noch einmal ganz klar sagen: Wer das nicht sieht, ist ein Träumer. Es gibt immer wieder Christen, die sagen, unsere Bundesregierung müsste einfach sagen: „Wir wollen jetzt christlich leben.“ Das gab es auch im Kalten Krieg, als man meinte, man wolle nur noch Liebe und Frieden haben. Aber so ein Volk kann sich das nicht leisten.

Ich kenne nur ein Land auf der Welt, das keine Militärmacht hat: Costa Rica. Und gerade jetzt sehen wir, wie schwierig der Umgang mit Entführern in Costa Rica ist. Eine kleine Gruppe von Entführern hält den Staat zum Narren – und auch die Deutschen sind dort betroffen. Die Kostarikaner sagen immer wieder: „Bei uns muss niemand klingeln, wenn er über die Grenze will. Er kann einfach kommen, und es gibt keinen Schutz.“

Ein Staat ohne Schutz wird von anderen einfach erdrückt. So ist es in der Welt.

Mir ist wichtig zu betonen, dass diese Weltordnung in unserer Realität üblich ist. Ein Staat braucht eine Polizei. Wenn ein Polizist nicht mehr straft, dann kann er gleich Kasperle spielen. Ein Polizist wird gefürchtet, weil er Strafe verhängen kann. Wenn unser Rechtssystem keine Strafen mehr ausspricht, herrscht Chaos.

Nur mit Druck und Gewalt lässt sich eine Rechtsordnung in unserer Welt aufrechterhalten. Wer glaubt, man könne die Menschen einfach durch Gespräche überzeugen und sie bitten, lieb und nett zu sein, der täuscht sich.

Unsere Weltordnung beruht auf dem Ausbalancieren der Macht. Auch die Demokratie ist ein sehr ausbalanciertes Verhältnis von Kräften. Es ist nicht so, dass man sich dort freundlich und schmusig begegnet, sondern es ist ein harter Machtkampf um Positionen.

Wenn Wahlkampf ist, zählt jeder Prozentpunkt. Wer ein bisschen mehr Stimmen hat, kann eine Regierung bilden, und der andere rutscht in die Opposition. Das ist das Gesetz der Welt.

Die Lebensgestaltung der Christen als Gegenentwurf zur Welt

Und Jesus hat gesagt: Ihr, Jesusjünger, seid nicht von der Welt. Ihr seid nicht nach der Art der Welt, eure Lebensgestaltung sieht anders aus. Damit hat er seinen Jüngern auch gesagt, dass sie in der Welt keine Karriere mehr machen können.

Ich weiß nicht, ob man dann noch Millionär werden kann – ich glaube nicht. Ich glaube nicht mehr daran, dass man das kann, wenn man diese Jesusordnung befolgt, die er auch in der Bergpredigt angeführt hat. Diese Ordnung ist ja nicht für den Staat in Bonn gedacht, sondern für die Jesusgemeinde wichtig.

Jesus hat uns eine Ordnung gegeben, besonders in Vers 5. Wir haben ja die Verse 1 bis 4 schon beim letzten Mal betrachtet, wie die Liebe uns prägen sollte. Das war ja gewaltig: Wir sollten den anderen höher achten als uns selbst.

„Seid unter euch so gesinnt, wie es der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht.“ Luther hat das immer genial übersetzt, manchmal mit ganz wenig Spielraum, nicht ganz wörtlich, aber seine Übersetzung war dafür genial und auch richtig.

Da hat er gesagt: „Wie Jesus Christus auch war.“ Solche kleinen Unterschiede sind im neuen, revidierten Luther von 1984 sogar festgehalten. Sie haben immer den korrektesten Text, es wird nichts beschönigt.

Die Herausforderung der menschlichen Natur und der Macht in Beziehungen

Unsere menschliche Art ist es, zu herrschen. Es gibt keine einzige Ehe, auch nicht unter Christen in diesem Raum, die nicht irgendwann mit solchen Spannungen konfrontiert wird und sich darüber klar werden muss.

Dabei geht es nicht nur um Liebe, sondern auch um das Behaupten einer Position. Wenn man sich das nicht bewusst macht, wird es schwierig, gemeinsam den Weg Jesu zu gehen. Was bedeutet das? Es heißt, dass wir untereinander keine Machtpositionen mehr einnehmen sollen.

Ich bin immer wieder erschrocken, wenn als biblischer Glaube vertreten wird, dass der Mann die Frau kommandieren dürfe. Das ist nicht der Weg. Der Weg, der hier beschrieben wird, ist anders als unsere menschliche Art. Unsere Art ist es, zu kommandieren, zu herrschen und den anderen zu unterdrücken.

Jesus fordert uns auf, anders zu sein. Das Tolle ist, dass Paulus nicht sagt: „Seid wie Jesus“ – das könnten wir gar nicht. Stattdessen sagt er, dass wir wenigstens die Gesinnung Jesu anstreben können.

Ich weiß, dass meine ganze Art sich dagegen wehrt, aber ich möchte um diese Gesinnung kämpfen. Ich möchte wenigstens in meinem Kopf und in meiner Denkweise die Art Jesu als die beherrschende Haltung leben.

Der Gegensatz zwischen römischer Herrschaft und Jesu Demut

Ich habe es in der letzten Zeit immer wieder erwähnt: Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, wenn man das Evangelium verstehen will. In der Zeit Jesu war der Gegensatz extrem ausgeprägt.

Auf der einen Seite stand die römische Kultur mit den römischen Zäsaren, von denen Augustus das Kaisertum zur Blüte trieb – ja, sogar auf die Spitze. Er ließ sich als Gott verehren und war der Mensch, in dem alles zusammenkam. Die Römer selbst sagten, ja, sogar die Sterndeuter behaupteten, dass sich die paradiesischen Weissagungen in diesem Herrschermenschen erfüllten. Kaiser Augustus war gleichzeitig der Typ, das Vorbild, wie ein Mensch sein sollte: gut, beherrscht, vornehm, edel, aber über die anderen herrschend.

Jesus stellte das Ganze auf den Kopf. Edelbert Staufer hat dazu das Buch „Christus und die Zäsaren“ geschrieben. Es ist immer wieder lesenswert, besonders wenn man etwas über die Umwelt des Neuen Testaments erfahren möchte. In seinem Buch beschreibt Staufer auf der einen Seite Augustus und auf der anderen Seite Jesus. Das ist ein Gegensatz, den man extremer kaum sehen kann.

Der erfolgreiche Caesar mit seinen Jubelkolonnen, seinen riesigen Tempeln, die sie gebaut haben, und den Siegessäulen steht im krassen Gegensatz zu Jesus, der nicht einmal einen Ort hatte, wo er sein Haupt hinlegen konnte. Jesus sagt: „Ich bin ein König.“ Das wird besonders vor Pilatus deutlich, der darüber lachen muss.

Wir wissen natürlich, dass dieser arme Jesus derjenige ist, der wirklich die ganze Macht und Gewalt über die Welt hat. Deshalb sagt Jesus: „Seid gesinnt wie ich.“ Jetzt sollten wir uns vorstellen, was das bedeutet.

Die Selbstentäusserung Jesu als Vorbild

Was heißt es, wie Jesus gesinnt zu sein? Jesus blieb nicht in der Herrlichkeit beim Vater in göttlicher Gestalt. Er wollte nicht nur Gott gleich sein, sondern legte die Herrlichkeit ab. Er blieb Gottes Sohn, entäußerte sich selbst, nahm die Gestalt eines Knechts an und wurde den Menschen gleich, indem er als Mensch erkannt wurde.

Genau das trifft den Punkt, an dem wir in unserem Leben oft Schwierigkeiten haben: Wenn uns jemand demütigt, sagen wir schnell, dass wir diesen Weg nicht gehen wollen. Es fällt uns schwer, wenn uns jemand so trifft. Die Bibel zeigt uns jedoch, dass dies ein Weg ist, auf dem Gott wirkt.

Es gibt oft das Missverständnis, dass manche Menschen sagen, sie wollen sich demütigen, um groß zu werden. Dabei geht es nicht darum, groß zu werden – das ist überhaupt nicht Gottes Ziel. Gott erreicht sein Ziel nur durch demütige Menschen, die sich entäußern und Knechte werden.

Heute steht ein schöner Artikel von Paul Greiner in der Zeitung. Es lohnt sich eigentlich nicht mehr, den Quatsch zu lesen, wie die Kirche früher die Öffentlichkeit gestaltet hat. Heute sei immer viel los, heißt es. Aber das ist umgekehrt. Die triumphierende Kirche des Mittelalters, wie sie bei Gregor VII. und anderen vorkam, hat das nie begriffen.

Beispielsweise ließ die Kirche Heinrich IV. barfuß im Schnee vor Canossa stehen. Damals war die Kirche so mächtig, doch letztlich wurde die Reformation offenkundig. Eine Prahlkirche, die alle Macht hatte, war der Vatikan. Das war Spott und Hohn. Was war die Kirche damals wirklich? Und dann gab es da einen kleinen Mönch in Wittenberg, der nichts weiter tat, als seine Bibel zu lesen und Vorlesungen zu halten.

Man sollte sich das einmal ansehen – das werden wir auf unserer Reise tun: das schwarze Kloster, wo er lehrte, Erfurt und so weiter. Das war interessant, aber nichts Besonderes. Kein Kaiser war dabei, keine Staatsmacht unterstützte ihn. Er hatte nur das Wort Gottes und den lebendigen Gott.

So fuhr er nach Worms, stand noch einmal vor der ganzen Reichsmacht. Man muss sich das vorstellen: Gehen Sie doch mal nach Córdoba, nach Spanien. Karl V. herrschte von Spanien bis Sizilien und Prag, bis in den Norden bis zur Ostsee. Er hatte ein riesiges Reich. Ich habe mir neulich eine Biografie von Karl V. gekauft, ein gutes Taschenbuch. Es ist faszinierend, dass Karl V. in seinem ganzen Leben nur ein paarmal durch sein Reich gereist ist. Und dennoch wurde er von dem kleinen Mönch nicht besiegt.

Die wirkliche Machtfrage ist, dass ein Wort der Wahrheit die ganze Welt aufwiegt, so hat Solschenizyn gesagt. Das Evangelium ist eine Wahrheit. Leider wissen das die Gläubigen und Christen oft nicht mehr.

So war es auch in der Erwägungs- und Missionsbewegung: Es ging nie um Macht. Ich würde immer wieder sagen, die Kirche sollte alle Macht und auch den Anspruch darauf beiseitelegen. Wir reden oft mit, haben aber nicht das lösende Wort. Wir haben nicht die Antwort auf die Arbeitslosenfrage oder die Wirtschaftsfragen. Aber Menschen, die beten können und das Evangelium hören, können ihre Umwelt beeinflussen, denn das Evangelium ist eine Macht.

Deshalb ist dieses Entäußern etwas ganz Großartiges. Ich würde heute immer wieder raten: Der Weg zur Erneuerung ist, vom ganzen Prahlen herunterzugehen und wieder Gemeinde zu sein.

In München hat die bayerische Kirche McKinsey, einen Unternehmensberater, der Unternehmen auf ihre Wirtschaftlichkeit prüft, beauftragt, einen Teilbereich der Kirche zu durchleuchten. Es ist ja auch albern, Wirtschaftsunternehmen zu fragen, wie sie die Kirche beurteilen. Aber McKinsey war nicht dumm. Er sagte: Ihr müsst das Eigentliche, das ihr habt, viel stärker in den Mittelpunkt rücken.

Das Eigentliche ist, dass ihr etwas von Gott zu sagen habt, ein Evangelium und eine Botschaft. Das müsst ihr "verkaufen". Ihr arbeitet an Dingen, zu denen Gott nichts zu sagen hat und für die er keine Vollmacht hat. Jesus hat sich selbst entäußert. Er hat nichts gesucht. Er hat Pilatus keine Konkurrenz gemacht und im Tempel nicht versucht, Priester zu sein.

Er wollte Knecht werden. Das muss man sich noch einmal vor Augen führen, wie Betzel es in seinen Predigten so schön beschrieben hat. Jesus lebte ein armseliges Leben, das niemand von uns leben würde. Er war seinen Eltern untertan, Maria und Josef, dem Zimmermann in Nazareth. Er schlug sich mit einigen Jüngern in einem kleinen Gebiet durch.

Ich habe es am Sonntag etwas krass gesagt: Wenn Jesus eine Kirche mit so vielen Zuhörern wie in der Hofackerkirche gehabt hätte – Jesus hatte meist viel weniger ernsthafte Zuhörer. Man muss sich vorstellen, wie bescheiden Jesus mit dem wenigsten war, was Gott ihm gab. Er wollte nur eines: Gott gehorsam sein.

Wenn Sie merken, dass dies auch Ihr Lebensziel ist, dann haben Sie bereits einen wichtigen Schritt gemacht. Wir alle haben verrückte Vorstellungen. Was ich merke, wenn ein junger Prediger anfängt, eine Gemeinde gründet oder ein Jungscharleiter tätig wird, ist, dass er oft meint, mit ihm müsse die Christenheit revolutioniert werden.

Aber man merkt schnell: Es geht darum, an dem kleinen Platz treu zu sein. Die Mutter in ihrer Familie möchte im Kleinen treu sein. Und der Herr segnet diese Treue.

Das ist das Vorbild: Jesus gesinnt sein wie Jesus.

Die Bedeutung der Kleinheit und des treuen Dienstes

Heute gibt es so viel Verkehrtes, dass wir oft meinen, beim Evangelisieren müsse gleich ganz Stuttgart erreicht werden. Aber was wollen wir eigentlich? Der Herr kann so viel wirken. Wenn Gott es ihnen nur schenkt, dass durch sie ein Mensch zum Glauben findet, der später wieder viele zu Jesus führt, dann hat ihr Leben eine ungeheuer große Bedeutung gehabt.

Deshalb ist es so wichtig, die Kleinheit meines Lebens zu sehen und den Dienst Jesu zu verstehen. Man erwähnt ja immer wieder gern bei der Passionsgeschichte, dass Jesus Knecht wurde. Ein berühmtes Beispiel ist, wie Jesus seinen Jüngern die Füße wäscht. Aber das gilt nicht nur dort. Jesus hat immer nur für die anderen gelebt, genauso wie es in den Versen 1 bis 4 steht. Er hat bis zu seiner Todesstunde nur Sorge für die anderen getragen. Er hat nie an sich gedacht.

Das ist die Art Jesu, und darauf liegt ein Segen, weil Gott das ganz besonders hervorhebt. Die Heilsarmee hatte mal einen Doktor Beugel. Er war ein sehr begabter Klassenbester und so weiter, und er kam aus der Heilsarmee. Als man ihn dort aufnahm, wurde er zuerst in eine Gruppe gesteckt, in der alle waren, die nur den einfachsten Bildungsgrad erreicht hatten. Er dachte: „Das tut mir auch mal gut, wenn ich gedemütigt werde.“

Er erzählte, dass er sich fragte, was er bei den Diensten machen solle. Ein Leiter sagte zu ihm: „Jetzt fängst du an und putzt die Kadettenstiefel, also die Stiefel deiner Kameraden.“ Er hatte ja den Doktortitel. Er sagte selbst, es war für ihn so heilsam zu merken: Genau das ist der Jesusweg.

Ich weiß, wir hören die Geschichte oft, aber wenn es konkret wird, denken wir doch alle: „Haja, ich bin der große Prediger oder ich bin der große Evangelist, und wir müssen jetzt ganz tolle Sachen machen.“ Dabei merken wir gar nicht, dass diese kleinen Dienste im Leben, die wir auch bei anderen tun – wo wir Liebe erweisen, zuhören, wo jemand Nöte hat oder wir einen Kranken besuchen – die großen Taten im Reich Gottes sind.

Ich habe den starken Verdacht, dass wir heute von ganz, ganz großen Plänen leben. Deshalb sind wir dauernd in Atem gehalten. Ich kann es nicht mehr lesen in den evangelikalen Blättern: neue Gemeindekonzepte, neue Planungen und so weiter. Lasst uns mit dem Wort Gottes ganz schlicht leben und es benützen. Wir kommen nicht einmal mehr dazu, wenigstens „Grüß Gott“ zu denen zu sagen, die ganz von außen kommen.

Gestern erzählte mir jemand, er habe im Gottesdienst jemanden getroffen, der von den Zeugen Jehovas kommt und den er aus dem Geschäft kennt. Dieser sagte, dass es ihm nicht mehr so gefällt. Aber niemand von uns hat ihn eingeladen. Die kommen von allein. Wir werden kaum nachkommen, die Leute aufzunehmen.

Wir reden immer noch groß darüber, wie wir Stuttgart evangelisieren müssen. Aber Gott ist schon längst tätig. Wir müssen uns eigentlich nur umschauen und sagen: Rechts, links, wo kann ich es tun? Wo kann ich mit meinen Sinnen sein und einmal sehen, wenn ich zum Gottesdienst komme? Nicht: Was nehme ich mit? Sondern: Wo kann ich einem anderen etwas geben? Wo wartet jemand auf mich?

Das ist die Gesinnung Jesu, der sich entäußerte, Sklave wurde, den Menschen gleich und in seiner Erscheinung als Mensch erkannt wurde. Wir müssen unser Ehrgefühl töten, unseren Stolz, unsere Geltungssucht. Und noch einmal: Es wird natürlich witzig, wenn ich jetzt sage, ich will demütig sein, damit ich hinterher wieder ganz groß rauskomme. Das ist Quatsch und geht gar nicht.

Es geht nicht darum, ob ich groß herauskomme. Wichtig ist, dass mein Leben Frucht trägt für Gott. Und das ist entscheidend. Mein Leben kann nur Frucht tragen, wenn ich auf meine Ehre verzichte.

Das ist ja toll. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie vielen ich begegne – auch bei Ihnen – und ich möchte das wirklich sagen, weil mich das oft beeindruckt: in welch demütiger Weise Sie das tun. Ich danke Ihnen auch, wenn Sie in die Türen gehen. Manchmal kommt es einem so vor, als ob man Sie kaum wahrnimmt. Trotzdem spüre ich immer wieder, wie oft Gott gerade diesen schlichten Dienst benutzt, den Sie tun.

Das biblische Beispiel von Selbstverzicht und Treue

Es gibt das Thema des Verzichts schon im Alten Testament. Es hat nicht erst mit Jesus begonnen, sondern schon bei Mose. Mose, den wir auch bei unserer Bibellese behandelt haben, hatte eine beeindruckende Karriere am Hof des Pharaos. Doch er brach diese ab und litt mit dem Volk Gottes Schmach.

Das ist merkwürdig, und ich erzähle gern eine Beispielsgeschichte. In Württemberg gibt es einen Mann, der uns vielleicht wegen seiner Position besonders beeindruckt. Einer der größten Rechtsgelehrten seiner Zeit war Johann Jakob Moser. Noch keine vierzig Jahre alt, war er in Wien als Rechtsprofessor und Staatsrechtler tätig – vergleichbar mit unserem Bundespräsidenten. Er hatte bereits 20 Folianten zur wichtigsten Staatslehre geschrieben. Später wurde er nach Württemberg geholt, um Landschaftskonsulent zu sein. Das war eine alte demokratische Funktion, um die Rechte der württembergischen Landstände gegen die tyrannisch regierenden Herzöge zu wahren.

Es war ein schwieriger Posten, aber er meisterte ihn. Die größte Bedeutung, die Johann Jakob Moser für Württemberg erlangte, lag nicht nur in seiner Rechtsgelehrtheit. Vielmehr war es sein mutiges Nein zum Herzog. Fünf Jahre lang lebte er als Gefangener auf dem ungeheizten Hohen Wiel, ohne auch nur einen Bleistift in die Hand zu bekommen. In dieser Zeit starb sogar seine Frau, und er war ganz allein in seinem Leid.

Doch er blieb ein Zeuge Jesu, dessen Wille nicht gebrochen wurde. Er kämpfte für Wahrheit und Gerechtigkeit. In unserem Volk entstand dadurch ein starkes Rechtsgefühl, das man bis heute in vielen Spuren in Württemberg finden kann.

Berühmt ist die Geschichte, wie er vom Hohen Wiel zurückgebracht wurde. Nach fünf Jahren intervenierte schließlich der Kaiser. In jedem Dorf standen die Menschen und sagten: „Unverzagt und ohne Grauen soll ein Christ, wo er ist, sich stets zeigen. Will ihn auch der Tod aufreiben, soll der Mut dennoch gut und fein still bleiben.“

Wozu Gott mich gebraucht, ist oft eine Frage. Es geschieht nicht immer durch meine blitzende Gescheitheit, sondern vielleicht einfach durch ein treues Nein. Ich mache nicht mit und trage die Folgen – und das zeigt Wirkung.

Ich sage immer: Der Herzog, ein Schurke, ließ Moser irgendwann frühmorgens aus dem Bett holen und in eine Kutsche bringen. Er dachte, so bekomme er ihn unter Kontrolle, und Moser könne nicht mehr Nein sagen. Doch Moser antwortete nur: „Eure Durchlaucht werden einen ehrlichen Mann finden.“ Als der Herzog verlangte, er solle endlich Gesetze unterschreiben, erwiderte Moser: „Ich bin ein ehrlicher Mann, das kann ich nicht.“ So geschah es ohne Gerichtsverhandlung.

Das ist immer wieder schön zu sehen: Wo braucht mich Gott? Ich will mit meinem Leben Konsequenzen tragen. Das war das Leben Jesu.

Was hat Jesus Großes getan? Er legte einem Aussätzigen die Hand auf, sah eine trauernde Witwe im Stadttuch und nahm Menschen mit ihren Lebensnöten an. Das war das Leben Jesu – eigentlich armselig. Ihr Leben ist im Welteinfluss viel, viel größer, wenn ich an ihre Positionen denke.

Hätte Jesus eine solche Stellung gehabt, wie viele von ihnen heute, oder so viel Geld, wie manche besitzen – wie Jesus sagt, das ist alles nicht das Entscheidende. Wenn Gott in unserem Leben wirken will, ist Treue im Kleinen wichtig. Und das ist mir so bedeutsam, dass wir den Punkt verstehen, um den es geht.

Die Bedeutung des treuen Lebens im Kleinen

Wir können das immer wieder deutlich machen, zum Beispiel bei unseren Missionsmitarbeitern. Da sagen wir oft: „Das ist ja so entbehrungsreich, wenn Albrecht aufs Schiff geht oder wenn Hans-Jörg Kähnel nach Zaire reist und so viel auf sich nimmt.“

Aber gerade dort ist es ganz wichtig, dass die Menschen nicht sagen: „Ja, ich komme ja nur zu euch da runter.“ Vielmehr sollen sie spüren, dass dieser Ort ein Platz ist, an dem Gott ihnen ein Privileg gibt und sie segnen will. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, und jeder dieser Menschen ist von großer Bedeutung.

Ich sage immer wieder zu jungen Leuten, die ins Pfarramt gehen: Wisst ihr, dass jeder Mensch sofort spürt, wie ihr sie anschaut? Ob ihr sie einfach als Leute seht, mit denen ihr manipuliert, oder ob ihr sagt: „Das ist wunderbar, das sind Schwestern und Brüder, und ich bin in diesen Kreis hineingenommen.“

Wir haben oft so viel Hochmut und denken gern: „Jetzt komme ich, und das mache ich, das kann ich.“ Dabei geht es um Erniedrigung und Gehorsam bis zum Tod – ja, bis zum Tod am Kreuz. So weit wird es von uns nicht immer gefordert, aber Jesus hat diese Demut bis dahin geübt.

Wir haben denselben Geist auch bei Paulus. Paulus konnte sagen, dass er am liebsten verbannt wäre, wenn er nur die Juden retten könnte, wenn er mit seinem Leben die Juden erlösen könnte. Natürlich konnte er das nicht. Ganz ähnlich hat Mose gesprochen: „Versündige Volk, Herr, vertilge mich aus dem Lebensbuch, aber erbarme dich deines Volkes.“

Wenn wir eine solche Gesinnung haben und sagen: „Herr, es geht nicht um meine Rettung, aber lass du unser Stuttgart nicht verloren gehen, liebe Freunde“, dann wird unser Reden anders. Es ist eine geistliche Haltung, die Jesus hatte, wenn er zum Vater sagt: „Herr, mich darfst du in den Tod reißen, aber lass diese Leute leben.“

Es ist manchmal erschütternd, wenn man fromme Leute reden hört, die sagen: „Ja, die anderen, die gehen alle verloren.“ Dann sitzt man ganz profan da – das ist nicht der Geist Jesu. Die Leidenschaft, sich zu erniedrigen und gehorsam zu werden bis zum Tod – ja, bis zum Tod am Kreuz, in der Selbsthingabe seines Lebens.

Ich glaube, bei uns ist das nicht anders, wenn es auch im Dienen sichtbar wird. Und jetzt noch einmal ganz wichtig: Die kleinen Dienste, die wir tun, die ganz alltäglichen, einfachen Aufgaben, die wir erledigen, sind die ganz großen Liebesdienste. Es geht nicht oft ums Predigen, sondern ganz schlicht darum, dass der andere spürt, ob ich ihn lieb habe und ob er mir wichtig ist. Und das kann Gott segnen.

Die Erhöhung Jesu und das Ziel des Lebens

Darum hat ihn Gott auch erhöht und ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist. Jetzt kommt es ja: Gott hat ihn erhöht. Und da sagen wir ja, aber das ist doch gerade so, wie ich gesagt habe – dann wird man doch ganz groß.

Aufpassen: Es kann gar nicht darum gehen, dass wir groß werden. Das ist der alte Menschentraum seit Adam, alte Wünsche, groß zu sein. Fällt Ihnen nicht auf, dass alle großen Gestalten der Kirchengeschichte dienende Personen waren? Personen, die alles vergessen haben?

Man müsste erzählen von Eva von Thiele-Winklorn, vom Vater Bodelschwing, das bleibt ja unvergessen. Ich lese immer gern in den alten Predigten, auch von Fritz von Bodelschwing. Das ist eine wunderbare Beobachtung oder erinnert an eine helle Kinderzeit.

Was hat Gott in diesen Menschen geschenkt? Wenn wir an Hinrich Wiechern oder an Zeller von Beugen denken, die Erziehungsgestalten, waren das doch immer Leute, die ihr Leben eigentlich für andere hergegeben haben.

Wir haben es auf Michelsberg auch noch einmal erlebt, bei den ersten Missionaren, die in unserem Germanien hier gewirkt haben – Leute, die ihr Leben vergessen haben und für andere da waren. Wo dieser Geist heute da ist, kann der Herr Großes wirken. Nicht uns groß machen, sondern er kann seine Sache groß wirken lassen.

Der Greiner-Artikel heute in den Stücken der Zeitung über den großen Luther und seine große gesellschaftspolitische Wirkung ist bezeichnend. Die letzten Luther-Worte waren: „Wir sind Bettler, das ist wahr.“ Er war doch gar nicht der große Macher, sondern einer, der vor dem Herrn stand und um seine Armut wusste.

Und das ist mir jetzt noch ein Punkt, und ich hoffe, dass noch Zeit bleibt, dass man noch einmal sagt: Wenn Sie Ihr Leben ansehen, so wie Sie es sehen, wenn Sie einen Menschen zum Sterben begleiten oder bei einer Beerdigung sehen – was ist der Mensch eigentlich? Er ist Staub und Asche, er vergeht.

Weil wir uns nie richtig damit abfinden, sind wir eigentlich unserem Leben gegenüber misstrauisch. Mich belastet das ganz besonders, je älter ich werde und ich auch sehe: Das ist doch mal schlimm, wenn meine Enkel sagen: „Oh, der Opa, der vergisst jetzt auch alles.“ Ich sage: Ich habe in Hammel mein Abitur gemacht. Ich werde aber schwach, und ich bin schwach.

Was bin ich als Mensch? Mir ist manchmal so stolz, und ich kann doch gar nichts dafür. Ist das eine Schande, dass man schwach wird? Am Ende kann man vielleicht seine Sachen nicht mehr bei sich behalten, braucht Windeln und so weiter – das ist furchtbar. Und das ist mein Leben. Sehen Sie es mal: Es ist Menschenleben mit all seiner Schwachheit.

Was ist der Mensch? Wir haben mal vor Jahren hier eine Predigt gehalten und über diesen Text gesagt: Wenn man bei der Lotterie loszieht, hat man die schlimmste Niete. Ich möchte keine Niete sein, aber der Mensch ist eine Niete. Was ist der Mensch eigentlich? Er will sein ganzes Leben lang beweisen: Ich bin keine Niete. Und ist doch eine. Erst am Ende ist er Staub und Asche, der vergeht.

Und alles, was wir dann sagen und erzählen – da war einer toll, war Direktor bei der Vulkanwerft in Bremen oder war Generaldirektor bei Daimler-Benz, wurde dann gefeuert – aber der Ruhm ist so vergänglich. Liebe Leute, er war im Dritten Reich Reichspräsident oder Feldmarschall, war nachher zwar nicht mehr so ganz angesehen.

Was ist der Menschenruhm? Der Menschenruhm ist so: Was habe ich mir für Titel vergeben? Was habe ich mir für Ehrungen vergeben? Ich glaube, wir Christen sollten auch ganz besonders kritisch sein. Ich gönne jedem jedes Blechle, das man ihm auf die Schulter klebt, aber was ist es eigentlich? Kann es dem Leben einen Wert geben?

Das Größte, was von ihrem Leben gesagt werden kann, ist, dass Gott ihre Nichtigkeit füllt. Und bei Gott gibt es keine Nichtigkeit. Gott will jeden durch seine Gegenwart heiligen, haben wir am Sonntag gesagt. Er will ihn benutzen und segnen, und sie sollen ein ganz wichtiger Mensch werden. Aus ihrem Leben kann ganz viel geschehen. Es gibt kein unnützes Leben.

Selbst wenn jemand als Pflegefall im Bett liegt, es gibt kein unnützes Leben. Auch bei keinem Geisteskranken gibt es ein unnützes Leben. Jeder hat seinen Wert von Gott und hat seine Ausstrahlung, die Gott ihm gibt.

Und wenn Sie es nicht glauben: Das war das Ergreifendste in meinem ersten Semester theologisches Studium, das ich in Bethel hatte. Wenn man sonntags die Kranken gesehen hat, was die einem oft, wenn sie kaum mehr reden konnten, bezeugt haben von dem, was sie vor Gott empfangen haben als Leben.

Da hat man sich geschämt, wenn die von ihrer Freude gesprochen haben, ihrer Glaubensfreude und ihrer Ewigkeitshoffnung, dass man dachte: So weit komme ich gar nicht mit meinem ganzen Leben. Und jetzt bloß noch einmal: Gott füllt ihr Leben und macht daraus etwas, was aus ihren Gaben werden will.

Ich weiß nicht, wie das geht, aber warten Sie mal, der hat etwas vor.

Die Bedeutung des Lebens für Gottes Reich und das Zeugnis der Christen

Und Jesus hat uns vorgelebt, dass es nicht wichtig ist, ob man das Echo der Leute hat. Ich glaube, das ist heute der Hauptfehler: Wir warten darauf, dass die Welt um uns Beifall gibt. Doch das kann sie gar nicht.

Ich fand es so furchtbar dumm, dieses Titelbild mit der Aussage „Es kommt so wenig Christliches im Fernsehen“. Ich bin froh über alles Christliche, was der Fernseher nicht bringt. Denn wenn der Fernseher etwas Christliches zeigt, macht er es oft noch falscher. Die sollen ruhig ihre Welt zeigen und sich um ihre Sache streiten. Aber das Evangelium kann eine Welt nicht transportieren, die uns nicht versteht.

Doch was wollen wir? Wir wollen für Jesus wirken. Wir wollen als Gemeinde wirken. Und da werden sie erstaunt sein, wenn sie mal in der Ewigkeit sehen, was Gott durch ihre Hände hat wirken lassen. Jede Tat der Liebe hat Frucht getragen, weil der Segen Gottes darauf lag. Mit jeder Liebestat und Gabe, die sie gegeben haben, durch Worte, die sie gesprochen haben, ist irgendwann viel, viel später Frucht aufgegangen.

Dabei geht es gar nicht um Ruhm und Anerkennung. Das kann man auch bei einer Beerdigung nicht alles aufzählen. Es ist oft ganz wichtig, dass man nichts vergisst von den großen Taten, von dem, was noch war. Aber das kann man gar nicht. Das verborgene Leben wird erst in der Ewigkeit sichtbar, und das ist es, was zählt.

Darum ist es großwertig, nicht vor der Welt groß zu werden. Die Welt wird nie Jesusjünger preisen. Paulus wurde nie von der umgebenden Welt anerkannt, gar nie, obwohl er eine der genialsten Persönlichkeiten der ganzen Weltgeschichte war. Er ist irgendwo im Gefängnis gestorben oder wo auch immer sein Leben endete – ebenso Petrus und all die anderen Gestalten.

Was hat die Welt von Jesus gehalten? Aber das Entscheidende ist doch, was im Himmel passiert. Dort heißt es, dass Gott ihm einen Namen gegeben hat, der über allen Namen ist. Wenn euer Name im Himmel geschrieben ist, dann hat das eine wahnsinnig weite Ausstrahlung.

Jetzt ist doch nur wichtig, dass ich bei Gott meine Ehre nicht verliere. Menschen können sagen, was sie wollen. Es ist gar nicht wichtig, ob sie sagen, sie verstehen uns nicht, ob sie Kritik an uns haben oder ob wir ihnen nicht gefallen. Wichtig ist, dass ich in der Ordnung Gottes lebe.

Da ist noch einmal dieser Blick auf Jesus und sein Siegesleben. Es ist kein armes Leben, das Christen leben, sondern ein gewaltiges Leben.

Ermutigung durch Beispiele aus der Missionsgeschichte und dem Leben heutiger Christen

Ich habe noch einmal etwa 51 Lebensbilder geschrieben, die vielleicht im Herbst herauskommen. Ich wollte einfach Mut machen und habe aus der Missionsgeschichte Persönlichkeiten herausgearbeitet.

Da war in England ein junger Mann, Scott, der in Westminster geboren wurde. Dort gab es eine Grabplatte von Livingstone, auf der stand: „Ich habe noch andere Schafe, die nicht von meinem Stall sind; die will ich auch noch herführen.“ Scott kniete nieder und sagte: „Herr, das will ich tun.“ Er konnte sechzehn Monate in Ostafrika wirken, dann starb er am Tropenfieber.

Die größte evangelische Kirche in ganz Ostafrika, heute in Kenia, wo der Staatspräsident und andere hingehen, geht auf Scott zurück. Das hat er selbst nie erlebt. Er hat nicht einmal die erste Gläubige gesehen. Er war ein Mensch, der in die Weide führen wollte.

Jetzt denken Sie vielleicht, man müsse nur ein bisschen arbeiten, aber das ist bei uns genauso. Wenn ich in der Spur des Segens mit meinem Leben bleibe, wenn ich nur im Umfeld, in dem ich wirke, etwas ausrichten darf, dann ist es gar nicht wichtig, was andere Leute sagen.

Wenn ich nur im Gehorsam gegenüber Gott bleibe, wenn ich nur in der Treue lebe, dann kann der Herr mich gebrauchen. Und wenn auch nur im Himmel etwas aus meinem Leben hervorgeht und Frucht daraus entsteht, dann ist das wertvoll. Es ist nicht so, dass man am Ende nichts erreicht.

Ich wünsche mir, dass aus meinem Leben etwas hervorgeht, dass Menschen den Segen Gottes empfangen. Wir sind natürlich nur die Treuhänder, die diesen Segen weitergeben können. Aber der Herr will Großes wirken.

Ich wollte Ihnen heute Mut machen, dieses Wort ganz praktisch umzusetzen. Es geht nicht darum, nur ein Leben des Verzichts zu führen, sondern ein Leben im Dienst.

Beispiel aus dem Leben eines ehemals mächtigen Menschen

Wenn man immer wieder auf solche Persönlichkeiten trifft, ist das etwas Schönes. Freddy Hensl hat mich einmal angerufen und gefragt, ob ich nicht hochkommen wolle, weil Kolsen dort sei. Kolsen war einer der höchsten Berater von Richard Nixon im Weißen Haus.

Es ist einfach überwältigend, einen Menschen zu erleben, der von Güte und Liebe geprägt ist und immer wieder davon spricht, wie sehr sein Leben falsch gelaufen ist. Er sagt, er sei zu sehr in die falsche Richtung geraten. Natürlich hat er nach dem Christentum gelebt, aber es war ein Karrierechristentum. Dabei gehörte es auch dazu, fromm zu sein und so weiter. Am Ende griff er zu sehr harten Mitteln, um seine Gegner zu denunzieren.

Dann wurde er durch die Watergate-Affäre wahnsinnig gedemütigt und kam ins Gefängnis. Dort sitzt ein Mann, der eine große politische Karriere machen wollte. Es ist schon gemein, wie man ihn demütigt. Jeder schüttet seinen Schmutz über ihn aus, und niemand weiß so genau, ob es wirklich so war, wie es in der rechthaberischen oder scheinheiligen Weise dargestellt wird.

Kolsen ist heute weltweit bekannt dafür, dass er sich enorm für Inhaftierte einsetzt. Er ruht Tag und Nacht nicht, um den Gefangenen die Liebe Jesu zu bringen und ihnen auch praktisch zu helfen. Sein einziges Interesse ist es, mit Menschen zu sprechen und zu erfahren, wie man in Afrika mit Gefangenen umgeht. Das kann man sich kaum vorstellen – dort gibt es regelrechte Todeslöcher.

Kolsen sagt, das sei seine Lebensaufgabe: Menschen die Liebe Jesu zu bezeugen. So ist ein Mensch erst durch einen langen Umweg dorthin gelangt, wo Jesus gebraucht wird. Ich weiß nicht, wo Ihr Platz ist. Nur so viel: Sie sollten nicht dauernd traurig sein und sagen, mir sei die tolle Partie in der Ehe versagt worden, ich habe meinen Traumberuf nicht verwirklichen können, Gott hat uns Kinder versagt oder in meinem Leben sei alles falsch gelaufen, meine Eltern hätten mich nicht unterstützt und so weiter.

Warum wissen Sie das eigentlich? Wenn Jesus Sie segnen will, kann selbst das kümmerlichste Leben, das scheinbar nutzlose Leben, reich gesegnet werden. Vorausgesetzt, Sie füllen treu und gehorsam Ihren Platz aus. Jesus ist an dieser Stelle ein herrliches, mutmachendes Vorbild, das Ihrem Leben viel Bedeutung geben kann.