Sklaverei und Bibel – einige Informationen aus der Theologie, die im Glauben wachsen lassen. Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um die Rechte von Sklaven. Teil eins.
Einführung in das Thema Sklaverei im Alten Testament
In der Bibel wird von Sklaven gesprochen, und als Christen sollten wir einige Dinge zu diesem Thema wissen, um bei kritischen Rückfragen antworten zu können. Heute beginne ich mit dem Alten Testament, und am Ende der Woche werfen wir einen Blick ins Neue Testament.
Um den Befund des Alten Testaments gleich zu Beginn zusammenzufassen: Der hebräische Ausdruck für Sklave, Ebed, ist direkt vom Verb für „arbeiten“ abgeleitet. Für heutige Ohren wäre es daher besser, statt „Sklave“ eher „Knecht“ oder „Diener“ zu übersetzen.
Der Ebed unterscheidet sich vom angestellten Arbeiter auf drei Weisen. Erstens erhält er kein Gehalt für seine Arbeit. Zweitens ist er Mitglied des Haushalts. Und drittens übt sein Herr väterliche Gewalt über ihn aus.
Nun wollen wir uns ansehen, welche Rechte ein Sklave, ein Ebed, hatte.
Rechte und Schutzbestimmungen für Sklaven im Alten Testament
Schon vor dem Sinai-Bund heißt es in Hiob 31,13: „Wenn ich das Recht meines Knechtes oder meiner Magd in ihrem Rechtsstreit mit mir missachtet habe.“
Diese Formulierung ist deshalb interessant, weil hier ganz deutlich wird, dass ein Sklave im Alten Testament keineswegs rechtloser Besitz des Herrn war, wie man das aus der griechischen, römischen, islamischen oder modernen Sklaverei kennt. Ein Sklave hatte Rechte, weil er ebenso wie sein Herr als Ebenbild Gottes geschaffen war. Dieses Ebenbild durfte grundsätzlich nicht angetastet werden.
Wir lesen deshalb in 2. Mose 21,20: „Wenn jemand seinen Sklaven oder seine Sklavin mit dem Stock schlägt, so dass er unter der Hand stirbt, muss er dafür gerecht werden.“ Die Gesellschaft und in ihr die Richter tragen die Verantwortung dafür, dass ein Mörder bestraft wird. Wer einen Sklaven umbringt, wird des Mordes schuldig und muss selbst mit dem Verlust seines Lebens rechnen.
Wichtig ist Folgendes: Der Herr besitzt in der Bibel nicht den Sklaven selbst, sondern dessen Arbeit. Deshalb konnte ein Sklave durchaus auch über Eigentum verfügen und sich selbst freikaufen.
Schauen wir uns darüber hinaus noch ein paar Schutzbestimmungen an, die für Sklaven galten. Zuerst einmal gibt es ganz grundsätzlich das Gebot für Herren aus 3. Mose 25,43: „Du sollst nicht mit Gewalt über ihn herrschen und sollst dich vor deinem Gott fürchten.“ Keine Gewalt also.
Dann durfte ein israelischer Sklave grundsätzlich höchstens sechs Jahre dienen. Das lesen wir in 2. Mose 21,6: „Wenn du einen hebräischen Sklaven kaufst, soll er sechs Jahre dienen, im siebten aber soll er umsonst frei ausziehen.“
Wenn der Sklave seinem Herrn lebenslang dienen wollte, wird daran allein schon klar, dass die Sklaverei wohl eher einem Arbeitsverhältnis als einer grausamen Unterdrückung entsprach.
Wollte der Sklave lebenslang dienen, musste er von sich aus einen Bund mit seinem Herrn schließen. Dazu lesen wir in 5. Mose 15,16: „Und es soll geschehen, wenn er zu dir sagt: ‚Ich will nicht von dir weggehen‘ — hier spricht der Sklave zum Herrn: ‚Ich will nicht von dir weggehen, weil ich dich und dein Haus liebe und es mir bei dir gut geht‘ — dann sollst du einen Pfriem nehmen und ihn durch sein Ohr in die Tür stechen, und er wird für immer dein Sklave sein. Auch deine Sklavin sollst du so behandeln.“
Weitere Rechte und Schutzmaßnahmen für Sklaven
Ein Sklave durfte körperlich gezüchtigt werden. Kam er dabei jedoch zu Schaden, musste er freigelassen werden. Wenn jemand seinem Sklaven oder seiner Sklavin ins Auge schlägt und es zerstört, soll er ihn zur Entschädigung für sein Auge als Freien entlassen. Ebenso gilt dies, wenn er den Zahn seines Sklaven oder seiner Sklavin ausschlägt. Auch dann soll er ihn zur Entschädigung für den Zahn als Freien entlassen.
Natürlich hatten auch die Sklaven am Sabbat frei. In 5. Mose 5,14 heißt es: „Aber der siebte Tag ist Sabbat für den Herrn, deinen Gott. Du sollst an ihm keinerlei Arbeit tun, du und dein Sohn und deine Tochter und dein Sklave und deine Sklavin und dein Rind und dein Esel und all dein Vieh und der Fremde bei dir, der innerhalb deiner Tore wohnt, damit dein Sklave und deine Sklavin ruhen wie du.“
Und es wird noch besser: Nach Ende der Sklaverei musste der Herr dem ehemaligen Sklaven genügend Besitz mitgeben, damit dieser sich eine eigene Existenz aufbauen konnte. In 5. Mose 15,12-14 steht: „Wenn dein Bruder, ein Hebräer oder eine Hebräerin, sich dir verkauft, dann soll er dir sechs Jahre dienen, und im siebten Jahr sollst du ihn von dir als Freien entlassen. Und wenn du ihn als Freien von dir entlässt, sollst du ihn nicht mit leeren Händen entlassen. Du sollst ihm reichlich aufladen: von deinen Schafen, von deiner Tenne und von deiner Kelterkufe, von allem, womit der Herr, dein Gott, dich gesegnet hat, sollst du ihm geben.“
Die Begründung für ein so großzügiges Geschenk lautet in 5. Mose 15,18: „Es soll nicht schwer sein in deinen Augen, wenn du ihn als Freien von dir entlässt, denn das Doppelte des Lohnes eines Tagelöhners hat er dir sechs Jahre lang erarbeitet, und der Herr, dein Gott, wird dich segnen in allem, was du tust.“
Merkt ihr, auch der Sklave war irgendwie seines Lohnes wert.
Ziel der Betrachtung und abschließende Gedanken
Warum beschäftigen wir uns in dieser Episode und auch in der nächsten mit den Rechten, die ein Sklave im Alten Testament hatte?
Wir tun dies, um einem Missverständnis vorzubeugen. Dieses Missverständnis entsteht durch das Bild, das in Filmen und Dokumentationen vermittelt wird. Nur weil etwas Sklave genannt wird, heißt das nicht automatisch, dass es sich um ein rechtloses Stück Vieh handelt, mit dem man machen kann, was man will.
Es mag Gesellschaften geben, in denen Sklaven so behandelt werden, aber nicht in der Bibel. In der Bibel ist der Sklave ein Mensch, geschaffen nach dem Ebenbild Gottes, ausgestattet mit Würde und Rechten.
Deshalb möchte ich zum Schluss noch einmal das Hiob-Zitat bringen: Hiob 31,13-15:
„Wenn ich missachtet habe das Recht meines Knechtes oder Sklaven und meiner Magd oder Sklavin, in ihrem Rechtsstreit mit mir: Was wollte ich dann tun, wenn Gott sich erhöbe und wenn er untersuchte, was ihm erwidern? Hat nicht er, der mich im Mutterleib gemacht hat, auch ihn gemacht? Und hat nicht einer im Mutterschoß uns bereitet?“
Merkt ihr, ein Sklave hatte Rechte. Und mehr noch: Ein Sklave hatte einen Gott, einen Schöpfergott auf seiner Seite, der als gerechter Richter über ihn als sein Geschöpf wachte.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, aus welchen Quellen du dein Wissen über Sklaverei hast.
Das war’s für heute. Ich freue mich, wenn ihr mir Fehler im Skript oder in der Aufnahme zeitnah mitteilt. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
