Einführung: Die fundamentale Bedeutung des Schöpfungsberichts
Wir haben uns für diese Tage ein Thema vorgenommen, das wahrhaftig das Grundlegendste ist, das wir verstehen müssen, wenn wir als Menschen vernünftig durch die Zeit gehen wollen. Noch mehr gilt dies, wenn wir als Gottes Erlöste, als Heilige und Erwählte Gottes unseren Weg durch diese Welt zur Ehre Gottes gehen wollen.
Ich will heute Abend versuchen, einige Schwerpunkte aus dem ersten Kapitel des ersten Mosebuches weiterzugeben. Verzeiht, wenn es am Anfang ein wenig philosophisch oder weltanschaulich klingen mag. Ich meine, wir sollten uns nicht schämen, die Wahrheiten des Wortes Gottes leuchten zu lassen auf das, was sich vornehm Philosophie oder Weltanschauung nennt. In Wahrheit sind viele dieser Vorstellungen, wenn sie im Licht Gottes gesehen werden, krasse Torheiten und Gottlosigkeiten.
Wir haben keinen Grund, uns für die Überzeugungen zu schämen, die wir im Wort Gottes gewinnen. Wir wollen sie mit Freimütigkeit, mit Entschiedenheit und auch mit Mut all diesen Vorstellungen entgegenhalten, die in den Herzen der Menschen wohnen, hausen und aufkommen, wenn sie sich der Offenbarung Gottes nicht unterwerfen.
Darum soll es zuerst gehen. Anschließend will ich versuchen, einige geistliche Lektionen aus diesem ersten Kapitel der Bibel zu ziehen.
Ich heiße Benedikt Peters und wohne in der Schweiz. Das hört man mir an, ja, ich weiß es schon. Mein Wohnort heißt Arbon am Bodensee. Dort begannen wir vor etwa 15 oder 16 Jahren mit wenigen Geschwistern, eine kleine Handvoll von vier oder fünf Personen, uns mit der Hilfe des Herrn zu versammeln.
Der Herr hat nach einigen Jahren des ziemlich ergebnislosen Arbeitens dann plötzlich angefangen zu wirken. Er hat Sehnen hinzugefügt, und es kamen Menschen zum Glauben. Die Versammlung wuchs, mehrheitlich durch solche, die zum Glauben kamen, aber auch durch einige, die gläubig waren und dazuzogen.
Nach ungefähr zehn Jahren kam ein Zeitpunkt, an dem wir uns im guten Sinn, im freundlichen und gesegneten Sinn teilten. Wir haben auch Rückschläge erlebt, besonders in den letzten Jahren. Wir haben wirklich Kämpfe durchgemacht und auch Verluste erlitten. Doch haben wir immer wieder die Treue des Herrn erfahren.
Jetzt sind wir wieder so viele, zwischen 40 und 50 Personen. Wir haben ziemlich kleine Räume, sodass wir größere Räume suchen müssen oder uns wieder teilen. Seit bald zwei Jahren bin ich von den Brüdern mit ihrer geistlichen Unterstützung freigestellt für den vollzeitlichen Lehr- und Verkündigungsdienst. Das heißt, dass ich in Versammlungen in der Schweiz, in Deutschland, Österreich, Italien und Osteuropa unterwegs bin.
Ich bin dankbar für dieses Vorrecht, dieses ungeheure Vorrecht, dass ich den Heiligen und Geliebten Gottes dienen darf.
Nun wollen wir den Text lesen aus 1. Mose 1. Ja, das sollte ich auch noch sagen: Ich bin verheiratet und wir haben vier Kinder. Die Älteste ist sechzehn, die Jüngste neun Jahre alt.
Der Schöpfungsbericht: Ein sachlicher Überblick
Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag über der Tiefe. Der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.
Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Er schied das Licht von der Finsternis. Das Licht nannte er Tag, und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde Abend, und es wurde Morgen – erster Tag.
Gott sprach: Es werde eine Ausdehnung inmitten der Wasser, die die Wasser voneinander scheidet. Gott machte die Ausdehnung und schied die Wasser unterhalb der Ausdehnung von den Wassern oberhalb der Ausdehnung. So geschah es. Die Ausdehnung nannte er Himmel. Es wurde Abend, und es wurde Morgen – zweiter Tag.
Gott sprach: Die Wasser unter dem Himmel sollen an einem Ort gesammelt werden, damit das Trockene sichtbar wird. So geschah es. Das Trockene nannte Gott Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meere. Gott sah, dass es gut war.
Dann sprach Gott: Die Erde lasse Gras hervorsprossen, Kraut, das Samen bringt, und Fruchtbäume, die Früchte tragen nach ihrer Art, in denen ihr Same ist. So geschah es. Die Erde brachte Gras hervor, Kraut, das Samen bringt nach seiner Art, und Bäume, die Früchte tragen, in denen ihr Same nach ihrer Art ist. Gott sah, dass es gut war. Es wurde Abend, und es wurde Morgen – dritter Tag.
Gott sprach: Es sollen Lichter an der Ausdehnung des Himmels sein, um Tag und Nacht zu scheiden. Sie sollen Zeichen sein zur Bestimmung von Zeiten, Tagen und Jahren. Sie sollen Lichter an der Ausdehnung des Himmels sein, um auf die Erde zu leuchten. So geschah es.
Gott machte die zwei großen Lichter: das größere Licht zur Beherrschung des Tages und das kleinere Licht zur Beherrschung der Nacht. Er machte auch die Sterne. Gott setzte sie an die Ausdehnung des Himmels, um auf die Erde zu leuchten, um am Tag und in der Nacht zu herrschen und das Licht von der Finsternis zu scheiden. Gott sah, dass es gut war. Es wurde Abend, und es wurde Morgen – vierter Tag.
Gott sprach: Die Wasser sollen wimmeln von lebendigem Gewimmel, und Vögel sollen über die Erde fliegen, unter der Ausdehnung des Himmels. Gott schuf die großen Seeungeheuer und alle lebendigen Wesen, von denen die Wasser wimmeln, nach ihrer Art. Ebenso schuf er alle gefiederten Vögel nach ihrer Art. Gott sah, dass es gut war. Er segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und vermehrt euch, füllt die Wasser in den Meeren, und lasst die Vögel sich auf der Erde mehren. Es wurde Abend, und es wurde Morgen – fünfter Tag.
Gott sprach: Die Erde bringe lebendige Wesen hervor nach ihrer Art – Vieh, Gewürm und Tiere der Erde nach ihrer Art. So geschah es. Gott machte die Tiere der Erde nach ihrer Art, das Vieh nach seiner Art und alles, was sich auf dem Erdboden regt, nach seiner Art. Gott sah, dass es gut war.
Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, nach unserem Gleichnis. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf der Erde kriecht.
Gott schuf den Menschen in seinem Bild, im Bild Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie. Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, füllt die Erde und macht sie euch untertan. Herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alles Getier, das sich auf der Erde regt.
Gott sprach: Siehe, ich habe euch alle samenbringenden Pflanzen gegeben, die auf der ganzen Erde sind, und jeden Baum, an dem samenbringende Früchte sind. Sie sollen euch zur Speise sein. Allen Tieren der Erde, allen Vögeln des Himmels und allem, was sich auf der Erde regt und eine lebendige Seele hat, habe ich das grüne Kraut zur Speise gegeben. So geschah es.
Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Es wurde Abend, und es wurde Morgen – sechster Tag.
Der Bericht wirkt ziemlich einheitlich und fast monoton. Doch dieser Eindruck täuscht, denn die Regelmäßigkeit wird mehrmals durchbrochen. Darauf werden wir noch zurückkommen und sehen, wie gerade dadurch die Bedeutung des Menschen als Krone der Schöpfung hervorgehoben wird.
Was außerdem auffällt, ist, dass der Bericht sachlich erzählt und die Dinge einfach nennt. Es handelt sich weder um ein Gedicht noch um einen Hymnus, sondern um eine klare Aufzählung. Damit wird deutlich gemacht, dass hier jemand etwas beschreibt, das tatsächlich so geschehen ist.
Die Einzigartigkeit der biblischen Schöpfungserzählung
Nun, wie kommt er dazu? Wie kann er so etwas überhaupt tun? Die Bibel beginnt ganz einfach mit dieser Aussage: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ Damit ist uns schon gesagt, dass der Schreiber das schreibt, was ihm der Offenbarte mitgeteilt hat – der es allein weiß, der es allein wissen kann, der jenseitige Gott, der selbst nicht Teil der Welt ist.
Etwas oder jemand, der selbst Teil der Welt ist, kann die Entstehung des Geschaffenen nicht erklären und begründen. Darum sind alle Versuche von Menschen, ohne Offenbarung zu erklären, wie die Welt entstanden ist, von vornherein Torheit. Es ist ein beständiges Sichbewegen im Zirkelschluss, die klassische Petitio principii, also dass man das, was zu beweisen ist, nimmt, um seine Beweise zu erstellen. Das geht einfach nicht, das ist unmöglich.
So sind wir also auf Offenbarung angewiesen. Es wird uns hier gesagt: Im Anfang war Gott. Gott steht im Anfang aller Dinge. Je länger ich darüber nachdenke und je mehr man sich ein bisschen umsieht in das, was andere Völker oder Religionen gedacht haben, oder verschiedene Denker gewälzt und breitgetreten und publiziert haben, desto größer wird das Staunen, dass die Bibel mit genau diesem Satz anfängt.
Sie beantwortet ganz einfach die Frage, welche die Grundfrage aller Philosophen ist und die kein Philosoph je hat beantworten können: Wer oder was war im Anfang? Die Väter der abendländischen Philosophie, die griechischen Naturphilosophen, versuchten alle zu erklären, was im Anfang war. Die Leute vom Schlage des Thales, Pythagoras und so weiter – wir kennen sie zwar aus dem Mathematikunterricht, aber sie waren eigentlich in erster Linie Philosophen – sowie Heraklit und wie sie alle hießen.
Sie bewegte die Frage nach dem Ursprung der Welt. Sie setzten dabei aber stillschweigend voraus, dass die Welt schon immer war. Sie wollten einfach wissen, welcher Grundstoff am Anfang stand und welcher Grundstoff Anlass gab zu dieser Welt der Erscheinungen und der Fülle der Formen, in der wir leben.
Also setzten sie einfach voraus – weil sie nicht weitergehen konnten, natürlich nicht, sie sahen ja auch nicht weiter als ihre Nasenspitze, waren ja auch nur Menschen wie du und ich – dass die Welt halt schon immer war. Die Bibel beginnt damit zu sagen: Nein, die Welt war nicht immer, sie hat einen Anfang. Im Anfang schuf Gott.
Die Welt hat einen Anfang. Jetzt denkt ihr vielleicht, ja, das ist eine reichlich philosophische Frage, aber was interessiert mich das? Mich interessiert das sehr. Wisst ihr warum? Wenn diese Welt keinen Anfang hat, dann ist diese Welt Ursache aller Dinge. Dann ist diese Welt allmächtig. Und dann sind die Kräfte und Mächte, die diese Welt ausmachen, die Kräfte und Mächte, denen ich unterworfen bin auf Gedeih und Verderb.
Dann bin ich eingeschlossen in dieser Welt. Dann ist mir diese Welt ein Gefängnis, aus dem ich nie ausbrechen kann – ein für mich unerträglicher Gedanke. Darum danke ich Gott dafür, dass er uns gesagt hat und dass es wahr ist, dass es so ist, dass er am Anfang ist, dass diese Welt einen Anfang hat und dass darum diese Welt alles andere als allmächtig ist.
Sie ist geschaffen durch den allmächtigen, ewigen Gott. Das bedeutet, dass wir aus dieser Welt – die eine Welt des Leidens ist, eine Welt der Ausweglosigkeiten, der Frustrationen, der Nöte, des Schmerzes, in der Menschen einander Böses antun und es aus dieser Welt Tränen gibt – herauskommen können, weil Gott im Anfang ist.
Die biblische Schöpfung im Vergleich zu heidnischen Mythen
Wenn wir den biblischen Schöpfungsbericht mit den Vorstellungen der Nachbarn Israels vergleichen, also mit dem, was die Menschen im Altertum über die Schöpfung dachten und sagten, zeigt sich ein deutlicher Gegensatz. Die Aussagen, die wir im ersten Buch der Bibel finden, stehen im Widerspruch zu allem, was Menschen je über die Schöpfer gedacht und gesagt haben. Auch heute noch steht das, was die Bibel sagt, was sie bis heute sagt und was wir glauben, im Widerspruch zu dem, was die Heiden denken und äußern.
Das, was sich heute als moderne Naturwissenschaft ausgibt und als eine moderne Welterklärungstheorie präsentiert, ist im Grunde nichts anderes als das, was bereits die alten Babylonier, Ägypter und Griechen glaubten. Es ist das, was sie sich zurechtlegten, wie die Welt entstanden sein müsse.
Ich nenne nur einige Punkte im Vorbeigehen, ohne lange dabei zu verweilen. Zum Beispiel entstand der babylonische Weltschöpfungsmythos Enuma Elisch ungefähr im 13. oder 12. vorchristlichen Jahrhundert. Er enthält bereits all diese Merkmale, die später die griechischen Welterklärungsversuche prägen und auch die modernen naturwissenschaftlichen Modelle beeinflussen. Das Muster bleibt immer gleich.
Alle gehen von einer Urmaterie aus, also von purer Materie. Am Anfang war die Materie. Der heidnische Mensch, also der Mensch ohne Offenbarung, denkt sich, dass die Welt, die er wahrnimmt, schon immer existiert haben muss. Ebenso glaubt er, dass die Voraussetzungen und Bedingungen, die in dieser Welt herrschen, immer bestanden haben.
Aus dieser Urmaterie beginnt sich Leben zu regen, weil verschiedene Kräfte in ihr aufeinander einwirken. Die alten Babylonier und Ägypter gaben diesen Kräften meist Personennamen, personifizierten also anonyme Kräfte. Durch das Zusammenspiel, zum Beispiel von Salzwasser und Süßwasser, entstand das Leben.
Am Anfang stand das Wasserstoffatom, der Urstoff, aus dem alles entstand. Auch Thales von Milet sah im Wasser den Ursprung. Die Schöpfungsmythen sind nicht nur materialistisch, also dass am Anfang die Materie existiert, sondern es spielen mehrere Dinge zusammen.
Ich nenne nun, was der griechische Dichter Hesiod im 8. Jahrhundert über die Entstehung der Welt schrieb: Zuerst war die gähnende Leere, dann die breitbrüstige Gaia und Eros. Diese waren immer da. Die gähnende Leere steht für den Raum, die breitbrüstige Gaia für die Erde, also Materie, und Eros für Energie. Diese drei Dinge – Raum, Materie und Energie – waren von Anfang an vorhanden.
Dann kommt noch ein vierter Faktor hinzu, den wir noch brauchen: Chronos, die Zeit. Diesen fügte der griechische Philosoph Ferikydes aus dem 6. Jahrhundert hinzu. So entsteht die göttliche Viererbande: Raum, Materie, Energie und Zeit.
Diese vier Elemente bilden bis heute das Modell für alle Versuche, die Entstehung der Welt zu erklären. Raum, Materie, Energie und sehr lange, beliebig lange Zeiträume. Wenn diese vier Dinge in geeigneter Weise aufeinander einwirken, dann entsteht plötzlich aus Materie – sei es Wasser – durch einen einsteigenden Blitz und die darin wohnende Energie, wie vom Zauberstab gerührt, Leben.
Auch die Ägypter dachten sich den Anfang der Welt als eine einfache Wassermasse, die sie das Urmeer nannten. Heute nennt man das die Ursuppe. Aus dem Urmeer stieg der Urhügel empor, und auf dem Urhügel lag das Urei. Aus dem Wasser kam das Leben.
Dann schwang sich die Sonne im Firmament. Dadurch, dass die Sonne auf das Ei einstrahlte, entschlüpfte dem Ei das erste Lebewesen, und die Erde wurde bevölkert.
Wir erkennen: Das Grundmodell ist bis heute genau dasselbe: Wasser, kosmische Einstrahlung, Zeit, Energie – und plötzlich zündet der Funke, und Leben entsteht.
Noch etwas möchte ich zu diesen Schöpfungsmythen sagen: In allen Mythen, in denen die verschiedenen Kräfte – Materie, Energie, Raum und Zeit – eine Rolle spielen, werden diese Kräfte einfach mit Götternamen versehen und personifiziert dargestellt. In all diesen Schöpfungsmythen kommt es immer zu Kämpfen zwischen den Göttern. Irgendein Göttergeschlecht setzt sich durch.
So wird zum Beispiel das alte Geschlecht der Titanen von Kronos gestürzt, und Kronos wird seinerseits von Zeus und seinem Anhang gestürzt. Das ist eine mythologische Darstellung eines Kampfes um die Macht.
Philosophen formulierten dies folgendermaßen: Heraklit sagte, der Streit sei der Vater aller Dinge. Er meinte damit nicht den Streit zwischen den Göttern. Übrigens wird Heraklit oft so zitiert, als habe er gesagt, der Krieg sei der Vater aller Dinge, und dies politisch gemeint. Das ist aber nicht korrekt.
Er meinte vielmehr, dass aus dem Aufeinanderwirken widerstreitender Kräfte der Prozess von Werden und Vergehen in Gang gehalten wird.
Dieses Modell übernahm Hegel für den Geschichtsprozess. Er ersetzte materielle Kräfte durch geistige Kräfte. Durch das Aufeinanderprallen geistiger Interessen und Kräfte gegeneinander wird die Geschichte vorangetrieben.
Marx übertrug dieses Modell auf die Ökonomie, auf wirtschaftliche Größen und Faktoren. So werde die Geschichte durch einander widerstreitende ökonomische Kräfte vorangetrieben.
Wir sehen also, dass die Heiden seit frühester Zeit bis ins 20. Jahrhundert immer gleich denken.
Darum ist es nicht verwunderlich, dass der biblische Schöpfungsbericht zu allen Zeiten in direktem Widerspruch zu dem steht, was Menschen denken, fühlen und meinen, wenn sie die Welt erklären wollen.
Deshalb können wir mit aller Freimütigkeit sagen, dass wir uns von diesen alten, kruden heidnischen Vorstellungen nicht beeindrucken lassen brauchen – auch wenn sie heute mit schönen Namen geschmückt sind, die wissenschaftlich klingen. Es ist die gleiche alte Torheit.
Die theologische Bedeutung der Torheit der Welt
Es handelt sich hier um die Grundtorheit, von der Paulus im Römerbrief spricht. Diese Torheit wird erst wirklich ernst, weil sie nicht nur als Verstandesschwäche zu verstehen ist, sondern im Sinne von Bosheit. Biblisch gesehen bedeutet Torheit nämlich Bosheit – das heißt, der Mensch will den Schöpfer nicht anerkennen, leugnet ihn und versinkt dadurch in diese Torheit.
Wir wollen das im Römerbrief, Kapitel 1, genauer betrachten, insbesondere die Verse 20 und 21. Dort heißt es: „Denn das Unsichtbare von ihm, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, das von der Schöpfung der Welt an in den Gemachten wahrgenommen wird, wird geschaut, damit sie ohne Entschuldigung seien.“
Das bedeutet, dass wir Gott zwar nicht sehen können, aber durch die Schöpfungswerke seine Ewigkeit, seine Göttlichkeit und seine göttliche Kraft wahrnehmen. So viel sieht auch der Mensch ohne Offenbarung. Er kann zwar nicht erklären, wie die Welt entstanden ist – dazu braucht er Offenbarung –, aber er weiß, dass es einen Schöpfer gibt. Das kann er wissen, doch er will es nicht wissen.
Denn obwohl sie Gott kennen, verherrlichen sie ihn weder als Gott noch bringen sie ihm Dank dar. Stattdessen verfielen sie in Torheit in ihren Überlegungen, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. Indem sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren und Toren geworden.
Die zentrale Aussage des ersten Bibelverses und ihre Bedeutung für Erlösung
Nun, wenn in 1. Mose 1, Vers 1 steht: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, dann nehmen wir das an und beugen uns dem mit allem, was das für uns bedeutet. Wir versuchen nun in knappen Zügen zu zeigen, was dieser Satz für das Herz des Glaubenden bedeutet.
„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ Dieser Satz steht nicht umsonst ganz am Anfang der biblischen Offenbarung. Er ist wie aufs Knappste zusammengefasst programmatisch für alles, was in der Bibel über Gott und sein Handeln gesagt wird. Das Allerwichtigste, das wir über Gottes Handeln wissen müssen, ist, dass immer er im Anfang steht. „Im Anfang Gott.“ Das gilt für den Schöpfer, aber auch für den Erlöser.
Das wird uns auch an der Erlösung Israels gezeigt. Womit beginnt die Erlösung Israels? Damit, dass Gott Abraham erscheint und ihn aus Ur in Chaldäa herausruft. Wenn wir den Bericht davon lesen, zum Beispiel in Apostelgeschichte 7 oder 1. Mose 12, dann bekommen wir unweigerlich den Eindruck, dass Abraham in der gleichen Finsternis des Götzendienstes lebte wie seine Zeitgenossen und Familienangehörigen.
Es ist keineswegs so, dass Abraham sich besonders nach dem wahren Gott gesehnt hätte und Gott sich deshalb ihm zuwandte. Vielmehr hat Gott ihn zu sich gerufen, weil Gott Abraham wollte, ehe Abraham Gott wollte. Das heißt: Gott steht auch am Anfang der Erlösung. Er ruft Abraham zu sich. Gott erscheint Mose, und damit beginnt die Errettung Israels aus Ägypten. Nicht, weil Mose Gott gesucht hätte, nicht, weil die Israeliten nach Gott gefragt hätten, sondern weil er ihnen erscheint, um die an die Väter gemachten Verheißungen zu erfüllen. „Im Anfang Gott.“
Kommen wir zum Neuen Testament: Das Johannesevangelium führt uns zurück an den Anfang. Warum wohl? Um uns erneut in Erinnerung zu rufen, dass am Anfang allen Handelns Gottes, allen Handelns in Schöpfung und Erlösung, immer Gott steht. Johannes 1, Vers 1: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ Dann Vers 14: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater.“ Und dann Vers 29: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.“
„Im Anfang der Erlösung Gott, nicht der Mensch.“ Alles geht von ihm aus, in Schöpfung und Erlösung. Das werden wir im Schöpfungsbericht später auch sehen: Alles geschieht durch ihn.
Wenden wir das nun auf die Heilsgeschichte an. Was sagt Paulus, nachdem er die ausführlichste Darlegung des Evangeliums vor den Augen der Leser entfaltet hat? Eine so ausführliche Darlegung, dass auch das Schicksal Israels – Verwerfung und Wiederherstellung – behandelt wird. Nachdem Paulus all das dargestellt hat, fällt er am Ende nieder und betet den an, der sich in seinem Heilshandeln offenbart.
In Römer 11, Verse 35 und 36 heißt es: „Wer hat ihm zuvor gegeben, dass ihm vergolten werde?“ Niemand hat Gott einen Anstoß gegeben, dass er etwas tun möchte. Niemand hat ihm einen Tipp gegeben, was er sich einfallen lassen könnte. Nicht wir haben ihm einen Anstoß gegeben, uns zu retten, sondern er hat uns gerettet. Nicht wir haben ihn gesucht, er hat uns gesucht.
Römer 3, Vers 10 sagt: „Da ist niemand, der Gott suche.“ Der Herr Jesus sagt: „Der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren ist.“ Er sagt zu seinen Jüngern: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“ Das geht von ihm aus.
Keiner von uns wird vor Gott sagen können, ich hatte zuerst die Idee, gerettet werden zu wollen. Wenn wir ehrlich sind, erkennen wir, dass die Idee von Gott ausging. Keiner von uns hat ihm etwas gegeben. „Wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden? Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge.“
Wenden wir das nun auf unser Gewissen an: Wenn alles von ihm ist und alles durch ihn ist, dann muss alles für ihn sein. Das bedeutet: Wenn ich begreife, dass Gott aus freier Gnade dich und mich gewollt hat, gerufen hat und dass er am Anfang unserer Errettung steht, dass alles von ihm ausgeht und dass er alles getan hat, um mich zu retten – durch ihn ist es geschehen –, dann verstehe ich auch, dass ich mit allem, was ich bin und habe, für ihn sein muss.
So ist dieser erste Satz der Bibel wirklich die grundlegendste Aussage, die die ganze Bibel enthält: „Im Anfang Gott.“ Darum ist es eine so ernste Sache, wenn der Mensch sich diesem allerhöchsten Anspruch Gottes widersetzt. Er steht am Anfang, damit alles ihm diene.
Die Herrschaft Gottes über Schöpfung und Erlösung
Offenbarung 4,11 Im letzten Buch der Bibel wird gezeigt, wie Gott im Himmel von seinen heiligen, verherrlichten Heiligen angebetet wird. Sie bekennen offenbar in Offenbarung 4,11: „Du bist würdig, o unser Herr und unser Gott, die Herrlichkeit und die Ehre und die Macht zu nehmen, denn du hast alle Dinge erschaffen, und durch deinen Willen sind sie und wurden sie erschaffen.“
Alles muss seinem Willen dienen. Deshalb unterwerfen wir uns dem, der im Anfang alles schuf, der auch im Anfang unserer Erlösung steht. Darum unterwerfen wir uns seinem Schöpferwillen und Erlöserwillen.
Jetzt komme ich noch einen Augenblick zurück auf Römer 1. Paulus beginnt den Brief mit einer ausführlichen Darlegung, warum der Mensch zu Recht unter Gottes Zorn steht. Er sagt hier in Römer 1,18: „Denn es wird offenbart der Zorn Gottes vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit in Ungerechtigkeit zurückhalten.“
Wir sind nun gespannt: Alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen – was genau meint Paulus damit? Man könnte denken, er zählt auf: Hurer, Ehebrecher, Kuppler, Knabenschänder und dergleichen. Aber nichts davon wird hier ausdrücklich genannt.
Worin besteht also die Ungerechtigkeit und Gottlosigkeit des Menschen? Sie besteht darin, dass der Mensch Gott kennt, ihn aber nicht als Gott anerkennt und sich ihm nicht unterwirft. Das ist die Urbosheit.
Aus diesem „Monster“ entstehen all die kleineren Übel, die Paulus später aufzählt. Doch die große Bosheit ist, dass der Mensch seinen Gott nicht einmal kennt und sich ihm nicht unterwirft, sondern gegen den sündigt, der ihn erschaffen hat.
Die Bedeutung von Himmel und Erde als Lebensräume
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde, also unseren Lebensraum – die Erde. Aber auch der Himmel ist unser Lebensraum. Das Wort „Himmel“ wird ganz sicher nicht zufällig für mindestens zwei Dinge verwendet. Grundsätzlich bezeichnet es zum einen die Lufthülle, die die Erde umgibt, und zum anderen die Wohnstätte Gottes.
So ist der Himmel das Element, in dem der Mensch sich bewegt. Durch die Schöpfung wandeln wir auf der Erde und bewegen uns gleichzeitig im Himmel, nämlich in der Lufthülle. Damit will uns der Schöpfungsbericht sagen, welches unsere wahre Heimat ist. Wir sind dazu geschaffen und bestimmt, einmal da zu sein, wo Gott ist.
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. In beiden Welten verdanken wir alles ihm. Das heißt: Ob wir essen oder trinken oder was immer wir tun, wir wollen Gott, unseren Vater, durch Dankbarkeit ehren. Wir wollen unser Leben auf dieser Erde ihm weihen, um einst in alle Ewigkeit da zu sein, wo er ist – im Himmel.
Dort wollen wir ihm besser dienen können, vollkommen dienen können und ihn mit verherrlichter Freude betrachten.
Die Erde als wüst und leer: Ein Bild für geistliche Wiedergeburt
Es heißt dann im Vers 2: „Die Erde war wüst und leer.“ Ich werde mich jetzt nicht auf die Frage einlassen, ob dies wahr oder unwahr ist. Die Grammatik spricht für wahr, die Theologie ebenfalls, aber das ist jetzt egal.
Wir haben vom Neuen Testament her eine Hilfe, die wir dankbar in Anspruch nehmen wollen. Dann brauchen wir gar nicht mehr zu diskutieren. Der Apostel Paulus nämlich verwendet diese Worte hier ganz eindeutig als einen Vergleich für das, was Gott tut in der Errettung, in der Wiedergeburt einer Menschenseele (2. Korinther 4).
Daraus dürfen wir doch wohl schließen, dass das, was in 1. Mose 1 beschrieben wird, eine Analogie dafür ist, was Gott tut, wenn er einen Menschen errettet – für sein Heilswerk an einer Menschenseele.
In 2. Korinther 4,6 steht: „Denn der Gott, der aus der Finsternis Licht leuchten ließ, ist es, der in unseren Herzen geleuchtet hat zum Lichtglanz des Evangeliums der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi.“ So wie Gott damals in die Finsternis hinein gebot, hat er in die Finsternis unseres Lebens hineingeboten. Das ist ein eindeutiger Vergleich.
Wir wollen jetzt einige Vergleiche ziehen. Ich folge dabei dem Beispiel des Paulus. „Der, der war wüst und leer.“ Bevor Licht von oben in das Leben eines Sünders kommt, ist es ebenso wüst, leer und fruchtlos.
Warum? Weil er abgeschnitten ist vom Quell des Lebens. Ganz einfach – abgeschnitten vom Quell des Lebens. Darum ist sein Leben wüst, leer und fruchtlos, weil er sich abgewandt hat vom ewigen Gott.
Auch lesen wir hier gleich als Nächstes in 1. Mose 1,2: „Der Geist Gottes schwebte über den Wassern.“ So wenig, wie Gott im Anfang die Schöpfung dieser Finsternis überließ und sie in ihr beließ, so wenig hat Gott uns unserer Finsternis überlassen. Er hat es nicht getan.
Hätte er es getan, wären wir noch in der Finsternis. Dann hätten wir nicht einmal ein Sehnen, hätten nie auch das geringste Sehnen nach dem Licht gehabt, weil die Sünde uns dermaßen verdorben hat.
Weil er uns aber nicht belassen hat in der Finsternis, sondern durch seinen Geist an uns gewirkt hat, angefangen hat, an uns zu wirken, ist in unserem Leben Licht geworden.
Der Geist Gottes – das Buch der Offenbarung sagt zum Beispiel, dass der Geist Gottes vom Lamm ausgeht, das auf dem Thron steht, wie geschlachtet, mit sieben Augen, welche sieben Geister Gottes sind, ausgesandt über die ganze Erde.
Das bedeutet, dass der Geist Gottes an uns gewirkt hat, zu uns geredet hat und uns mit einem Mal einen Eindruck gegeben hat von dem, der unser Herr ist und der für uns in den Tod ging, damit wir uns ihm unterwerfen.
Das geschah aber nie ohne das Wirken des Heiligen Geistes. Es wäre nie geschehen.
Gott hat seinen Geist in die Welt gesandt, damit er die Welt – eine Welt, die seinen Sohn gehasst und verworfen hat – überführe von Sünde, von Gerechtigkeit und von Gericht. So unterwirft er die Herzen von Menschen dem Thron Gottes, dem Willen Gottes, und führt sie zum Leben und zum Heil.
Die Kraft des göttlichen Wortes und die Wirkung des Heiligen Geistes
Ich lese hier einige Zeilen aus einem sehr reichhaltigen, fast an das Wunderbare grenzenden Bibelkommentar, wie er im Englischen zu finden ist. Diesen Kommentar möchte ich empfehlen. Er ist in sechs Bänden erschienen, in verschiedenen Auflagen und Ausführungen, und zwar von Matthew Henry, einem der gottseligen Puritaner des siebzehnten Jahrhunderts.
Henry schreibt zu diesem Vers, 1. Mose 1,2: Wenn wir die Erde betrachten, die wüst und leer ist, dann erscheint sie mir wie ein Tal voller Totengebeine. Können diese leben? Ja, wenn ein Geist des Lebens aus Gott in sie fährt (Hesekiel 37,9). Es besteht also Hoffnung in dieser Sache. Denn der Geist Gottes beginnt zu wirken, und wenn er wirkt, wer kann ihn aufhalten?
Wir lesen, dass Gott durch seinen Geist schuf (Psalm 33,6; Hiob 26,13). Er schwebte über der Tiefe, so wie Elia sich über das tote Kind streckte. Daraus lernen wir, dass Gott nicht nur der Urheber aller Existenz ist, sondern auch die Quelle allen Lebens und der Verursacher aller Bewegung. Tote Materie bliebe ewig tot, wenn sie nicht belebt würde.
Diese Wahrheit macht es uns glaubhaft, dass Gott auch die Toten auferweckt, geistlich Tote auferweckt. Die Macht, die am Anfang der Zeit eine Welt wie diese aus lauter Wirrnis, Ödnis und Finsternis entstehen ließ, vermag am Ende der Zeit unsere Leiber der Niedrigkeit aus dem Grab zu erwecken. Denn das Grab ist gleichsam ein Land der Finsternis, des Todesschattens und der Unordnung.
Im Schöpfungsbericht kommen bestimmte Wörter besonders häufig vor: „Und Gott sprach“ und danach „Und Gott machte“. Gottes Wille hat alles erschaffen. Sein Reden ruft alles ins Dasein. Gottes Stimme befiehlt, und es wird Licht. Das hatten wir doch gelesen in 2. Korinther 4, oder nicht?
Der Gott, der im Anfang in die Finsternis Licht leuchten ließ, ist derselbe, der in unsere Herzen geleuchtet hat. Er hat befohlen: Es werde Licht. Nun seien wir einmal ehrlich oder versuchen, uns daran zu erinnern, wie es war. Wurde in unseren Herzen Licht, weil wir uns so sehr danach sehnten? Oder wurde es Licht, weil der Heilige Geist anfing, an uns zu wirken?
Das erste Sehnen, das wir überhaupt nach Licht, nach Wahrheit, nach dem wahren Leben verspürten, waren schon die ersten strahlenden Erdämmerungen jenes Tages, den Gott zu entstehen geboten hatte. Sie haben nicht befohlen, dass Licht werde in der Finsternis. Wir verdanken es unserem Gott, der mächtig und gnädig ist, ein Gott der Liebe, der aus seinem Herzen heraus Menschen, die in der Finsternis sind, ins Licht stellt.
Wir können Paulus nicht mehr fragen, aber wir hätten ihn fragen können, ob er sich Jesus von Nazaret unterwerfen wollte, ob das seine Absicht war, ob das sein Sehnen war, von diesem Licht, das heller strahlte als die Sonne, mit einem Mal getroffen und niedergeworfen zu werden. Es war Gott, der ihm in den Weg trat und ihn niederwarf. Er sorgte dafür, dass ihm die Augen aufgingen, um den zu erkennen, den er verfolgt hatte.
Darum weiß Paulus, was er sagt, wenn er im 1. Korinther 15,10 schreibt: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ Durch seine unbegreifliche Gnade bin ich, was ich bin. Und weil er befohlen hat: Es werde Licht, darum wurde Licht. Dann heißt es weiter: „Und das Licht war gesund.“
Nun, wir finden das Licht sicher gut, das natürliche Licht auf jeden Fall. Aber das Licht, das von Gott ausgeht, finden wir von Natur aus nicht gut. Was sagt denn das Neue Testament? Johannes 3,19: „Dies ist das Gericht, dass das Licht in die Finsternis gekommen ist, und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse.“
Und was ist das Böse des Menschen? Dass er seinen Gott nicht haben will, dass er sich ihm nicht unterwerfen will, dass er in Gott einen Feind sieht und in Feindschaft lebt gegen seinen Gott. Ja, wer geht denn freiwillig zu einem Feind, den er hasst? So hat das Kommen des Lichtes in die Welt bloßgestellt, was es offenbaren konnte: dass der Mensch so hoffnungslos verderbt ist, dass er das Licht, wenn es ihn heilsucht, von sich aus nicht annimmt, sondern es hasst.
Darum sagte Herr Jesus im gleichen Johannes-Evangelium: „Jetzt haben sie sowohl erkannt als auch gehasst mich und meinen Vater.“ Das ist das natürliche Licht. Und so können wir nicht anders, als seine Gnade zu rühmen, die so an uns wirkte, dass wir mit einem Mal das wollten, was wir vorher nicht wollten.
Was mich betrifft: Ich wollte zuletzt Christ sein. Also wirklich zuletzt. Alles andere, nur nicht Christ. Ich hasste das Christentum herzlich. Ich fand es eine unerträgliche, unausstehliche Religion. Ich fand, was ich von der Bibel noch wusste, und all diese Schlagworte, mit denen ich voll war, und diese Vorurteile, die ich hatte – ich fand die Bibel, das Christentum, Jesus Christus unausstehlich. Ich wollte nicht Christ werden.
Ich kann nur bekennen: Es ist der, der mich wollte, als ich ihn nicht wollte. Er ging mir nach und hat so lange an mir gearbeitet, bis der Tag kam, an dem ich wollte, was ich vorher nicht wollte, nämlich ihn, den Sohn Gottes. Ich war damals 22 Jahre alt. Ich kann nur sagen, das verdanke ich der Tatsache, dass er in seiner Gnade gesucht und gerettet hat, dass er mich erwählt hat und nicht ich ihn erwählt habe.
Die Scheidung von Licht und Finsternis als göttliches Prinzip
Wir bekommen einen Eindruck davon, wenn wir hier lesen, in Vers 4: Gott schied das Licht von der Finsternis. Gott scheidet einfach, er trennt Licht von der Finsternis. Er hätte alles in der Finsternis belassen können. Stattdessen spricht er: Es werde Licht. Und dann scheidet er.
Wir werden das nachher sehen in 1. Mose 3: Gott spricht davon, dass aus der Nachkommenschaft Evas sich zwei Nachkommenschaften scheiden. Ebenso lesen wir später, dass sich aus dem Mutterleib Rebeccas zwei Nachkommenschaften scheiden. Paulus spricht später davon im Römerbrief.
Wir können das nicht begreifen, wir können es nicht verstehen, warum Gott das so gewollt hat. Ich weiß es nicht, ich kann nur sagen: Du hast es gewollt, ich bete dich an. Ich habe mich oft gefragt: Warum hat der Herr mich gerufen? Mein Bruder ist viel anständiger als ich. Er lebt noch in der Finsternis. Meine Schwester Racht ist viel anständiger, als ich je war. Und in der ganzen Familie ist es genau dasselbe: Gott schied.
Im Neuen Testament wird uns gesagt, dass der Grund ganz sicherlich nicht bei den Menschen liegt. Denn was sagt die Bibel über uns Menschen? Da ist kein Unterschied. Sie haben alle gesündigt. Keiner ist besser als der andere. Wir denken oft anders. Ja, es gibt ehrliche Sünder. Das sind diejenigen, die sich dann bekehren. Das sind die ehrlichen Sünder. Aber es gibt keinen Unterschied: Sie haben alle gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes.
Wir sind alle so, wie es Johannes 3,19 sagt: Wir hassen das Licht von Natur aus, wir wollen es nicht. Paulus fragte einmal die Korinther: Wer ist es, der euch unterscheidet? Denn es gibt Unterschiede. Gott macht Unterschiede, aber diese macht er nicht aufgrund der Qualitäten in uns. Er macht Unterschiede, 1. Korinther 4 macht das ganz deutlich. Vers 7: „Denn wer unterscheidet dich?“ Die Korinther hatten das vergessen. Sie hatten angefangen, sich selbst etwas einzubilden auf ihre, ich weiß nicht was für Eigenschaften.
Paulus fragt: Wer unterscheidet dich? Und dann sagt er: Was hast du, das du nicht empfangen hast? Du hast alles empfangen. Natürlich gibt es Unterschiede, auch unter Christen, in der Begabung, im Dienst, in der Berufung. Der Grund liegt nie in uns, sondern in Gott.
Er schied Licht von der Finsternis. Er schied die beiden Nachkommenschaften, den Samen der Schlange und den Samen des Weibes. Zwei Brüder, Kain und Abel, die gleichen Eltern, dasselbe Gehör, das gleiche Wissen, unter gleichen Umständen gelebt. Der eine ein Sohn der Finsternis, Kain, der andere durch Glauben gerecht.
In wessen Herz lag der Unterschied? Ich weiß es nicht. Ich kann nur sagen: Gott schied das Licht von der Finsternis. Gott scheidet. Er ist der Ewige, der souveräne Gott, der wirklich am Anfang steht.
So war er es, der in unseren Herzen wirkte, an unseren Herzen anklopfte, in unseren Herzen Glauben weckte, wo vorher gar kein Glaube war. Er macht uns zu Kindern des Lichts. Er hat das getan, nicht wir. Das war bis jetzt Gnade, und jetzt folgt Verantwortung.
Die Verantwortung des Glaubenden im Licht der Schöpfung
Der Schöpfungsbericht lehrt uns auch Verantwortung. Wie spät ist es dort auf dieser Uhr? Zwanzig vor neun. Hinter dir ist schon eine Uhr. Diese hier kann ich irgendwie nicht lesen. Ah, nicht kann ich – jetzt Verantwortung.
Wir lesen in den ersten drei Schöpfungstagen immer wieder, dass Gott scheidet. Gott scheidet das Licht von der Finsternis, er scheidet die Wasser oben von den Wassern unten, er scheidet das Wasser von der Erde. Wenn er so handelt, dass er in der Rettung scheiden muss zwischen Licht und Finsternis, zwischen oben und unten, dann hat er uns als seine durch Gnade Erretteten errettet, damit wir lernen, ebenso zu scheiden und zu urteilen, wie er geschieden hat. Wir sollen sittlich scheiden zwischen Licht und Finsternis.
Wir müssen lernen, zu unterscheiden zwischen oben und unten. Wir müssen lernen, zu unterscheiden zwischen Gemeinde und Welt. Vielleicht ist mit diesen drei Dingen etwas angesprochen, das die Krankheit der endzeitlichen Christenheit ausmacht: dass sie nicht mehr scheiden kann oder will – ich weiß es auch nicht. Zwischen Licht und Finsternis, zwischen oben und unten, himmlischer Berufung oder irdischem Leben, zwischen Gemeinde und Welt.
Ich will einige Verse dazu aufschlagen. Wir sehen, wie Gott in der Heilsgeschichte scheidet: Er ruft Abraham aus Ur heraus, er ruft Israel aus Ägypten heraus, er scheidet. Er lehrt seine Erlösten unterscheiden. In 3. Mose 10,10 heißt es von den Priestern, damit sie unterscheiden zwischen dem Heiligen und dem Unheiligen, zwischen dem Reinen und dem Unreinen.
Wir lesen in 2. Korinther 6,14 und folgende, dass zwischen Licht und Finsternis, Christus und Belial keine Gemeinschaft sein kann. Wir müssen scheiden. Welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit mit Gesetzlosigkeit? Welche Gemeinschaft liegt mit Finsternis?
1. Thessalonicher 5,4-9 spricht von Kindern der Nacht und Kindern des Tages – wieder diese beiden Nachkommenschaften. Wenn wir Kinder des Tages sind, müssen wir scheiden zwischen Tag und Nacht und uns unterscheiden von den Werken und den Wegen der Kinder der Nacht.
Dann zwischen oben und unten – unterscheiden zwischen oben und unten. Ich kann das jetzt nicht ausführlicher erörtern. Der Philipperbrief behandelt dieses Thema sehr ausführlich und sehr eindringlich im dritten Kapitel. Dort wird es mit so scharfen Worten dargestellt, dass ich nicht weiß, ob uns da nicht die Ohren heißer werden müssten, wenn wir das lesen und uns nicht ernstlich vor Gott in Frage stellen: Bin ich denn überhaupt einer seiner Heiligen und Erlösten, wenn ich so lebe, wie ich lebe?
Paulus spricht von solchen, denen das Zeitliche, Irdische, Fleischliche wichtiger ist als das Jenseitige, Himmlische. Und er nennt sie – was nennt er sie? Feinde des Kreuzes, Feinde des Kreuzes. Solche, die sich dem Sohn Gottes und seinem Werk am Kreuz widersetzen, bei allem Form und Bekenntnis. Das kann man im Philipperbrief, Kapitel 3, ab Vers 18 nachlesen.
Dort spricht er davon: Viele wandeln, von denen ich euch oft gesagt habe, nun aber auch mit Weinen sage, dass sie Feinde des Kreuzes Christi sind. Man stelle sich vor, schon in den Fünfzigerjahren waren viele einfach als Mitläufer dabei. Viele wandeln, von denen ich euch oft gesagt habe, nur noch mit Weinen sage, dass sie Feinde des Kreuzes Christi sind, deren Ende Verderben, deren Gott der Bauch ist, deren Ehre in der Schande liegt.
Dann denken wir, das müssen ja ganz furchtbare Leute sein, also mindestens Mafiosi. Aber es steht ganz einfach da: Die auf das Irdische sinnen! Das macht sie zu Feinden des Kreuzes, macht sie zu solchen, deren Ehre in ihrer Schande liegt, weil sie nicht unterscheiden zwischen oben und unten.
Vielleicht haben Sie dieses Buch gelesen: Ein Lebensbild von Patricia St. John, geschrieben über ihren Vater, Harold St. John, Reisender in Sachen Gottes. Dort steht eine sehr schöne Geschichte, die mir geblieben ist. Er redet dort von Paulus, wie er den Philipperbrief schreibt.
Dann sagt Harold seinen Zuhörern eine Frage, die entschieden sein muss: Ist die Frage, ob du in den Himmel oder in die Hölle kommen willst. Himmel oder Hölle? Ich hoffe, dass diese Frage entschieden ist.
Ist diese Frage einmal entschieden – Himmel oder Hölle – dann kommt die nächste Frage. Und die Frage ist dann nicht mehr Himmel oder Hölle, sondern Himmel oder Erde. Unterscheiden zwischen oben und unten, zwischen dem, was oben ist, und dem, was unten ist.
Das ist unser Vorrecht, es tun zu dürfen und zu vermögen. Aber es ist auch unsere Verantwortung, das zu tun. Gott hat uns durch Gnade bewegt, dass wir seinem Ruf folgen, seinen Ruf ausleben können – durch seine Gnade, durch seine Hilfe.
So sollen wir, müssen wir und dürfen wir lernen, zwischen oben und unten zu unterscheiden, auch zwischen Gemeinde und Welt. Unterscheiden zwischen dem, was Gottes Gedanken sind über die Seinigen und über die Gemeinschaft der Seinigen, sein Reich, seine Absichten – und dem, was die Welt bewegt.
Also: Scheidung!
Gottes Wort als Wirklichkeit und Gewissheit
Gott sprach – so heißt es immer wieder – die Werke gehen von Gott aus. Scheidungen: Gott scheidet, wir müssen lernen zu scheiden, wir dürfen lernen zu scheiden.
Dann steht etwas sehr Schönes, das zwei- bis dreimal im Schöpfungsbericht vorkommt. Nachdem Gott befohlen hat, heißt es anschließend: „Und Gott machte.“ Was lernen wir daraus?
In 1. Mose 1 wird eine Ausdehnung zwischen den Wassern geschaffen. Im Vers 7 heißt es: „Und Gott machte die Ausdehnung.“ Oder in Vers 14: „Es werden Lichter an der Ausdehnung des Himmels.“ In Vers 16 steht: „Und Gott machte die großen Lichter.“
Was Gott befiehlt, was Gott spricht, das tut er auch. Wenn wir das einmal begriffen haben, dass Gott am Anfang unserer Rettung steht, dass die Rettung sein Werk ist, dass er uns nach seinem Gnadenwillen erwählt hat, dann lernen wir, uns diesem Gnadenwillen Gottes zu unterwerfen.
Dann begreifen wir, dass das, was Gott befiehlt, er auch tut. Seine Gebote und Aufforderungen werden zu Gewissheiten, dass er das auch ausführt, was er befiehlt.
Sagt Paulus das nicht in Philipper 2,13? „Denn Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken nach seinem Wohlgefallen.“ Paulus war ein Mann, der von Gottes Gnade überwältigt war.
Überlegt man diese Aussage: Gott ist es, der in euch wirkt, dass ihr das wollt, was er will. Sonst wollt ihr nämlich nicht. Wenn er nicht wirkt, dass ihr überhaupt wollt, was er will, dann geschieht nichts von ihm aus.
Gott ist es, der in euch wirkt, das Wollen und auch das Tun nach seinem Wohlgefallen. Gott sprach: Es werde, und danach machte Gott das, was er befohlen hatte.
Ich weiß, man muss ihn ein wenig mit Vorsicht genießen, und wir teilen ganz sicher nicht alle Überzeugungen und alle Praktiken, die er eingeführt hat oder für die er das Vorbild abgegeben hat. Ich meine damit den sogenannten Kirchenvater Augustinus.
Aber in einigen Dingen hat er, was die Sündhaftigkeit des Menschen und die Gnade Gottes anbelangt, so klar gesehen, dass die Reformatoren alle, als sie merkten, Augustinus denkt ja wie wir, völlig überwältigt waren.
Sie sahen in Augustinus einen Geistesverwandten. So ging es Luther, Calvin und Zwingli.
Was sagte Augustinus in diesem Zusammenhang? Diesen Satz hat er geprägt, der in seinen Bekenntnissen steht: „Da quod jubes et jube quod vis.“ – „Gib, was du befiehlst, und dann befiehl, was du willst.“
Genau so handelt Gott in der Erlösung: Er befähigt uns, dann fordert er.
Die Bestimmung des Menschen als Krone der Schöpfung
Das Ziel der ersten sechs Schöpfungstage war die Schaffung des Menschen. Der Mensch wird zu Recht als die Krone der Schöpfung bezeichnet, denn die gesamte Schöpfung wurde erschaffen und angelegt auf den Menschen hin. Er wurde geschaffen, um über die ganze Schöpfung zu herrschen.
Beachtet man den Ausdruck im Vers 26: Gott sprach: „Lasst uns Menschen machen“, so fällt auf, dass dieser Ausdruck den Rahmen der bisherigen Wiederholungen sprengt. Wir haben bereits sieben oder achtmal gelesen: „Gott sprach: Es werde Licht“, „Gott sprach: Es werde eine Scheidung“, „Gott sprach: Es scheiden sich die Wasser vom Trockenen“. Doch hier sagt Gott: „Lasst uns Menschen machen!“
Diese Selbstaufforderung an Gott drückt die Sehnsucht aus, die er hatte, seine besondere Wonne darin, den Menschen zu erschaffen. Zudem steht hinter diesem Ausdruck, der im Plural formuliert ist, die Erklärung, dass die drei Personen des einen Gottes gemeinsam reden und handeln. „Lasst uns gemeinsam handeln“ – so muss man sagen – gemeinsam handeln in der Erschaffung des Menschen.
Wozu wird der Mensch erschaffen? Zu zwei Dingen: herrschen und fruchtbar sein. In 1. Mose 1,26 und 28 heißt es: „Seid fruchtbar und mehrt euch!“ Das bedeutet Leben – Leben, das nicht nur für einen Menschen genügt, sondern Leben, das so voll und reich ist, dass es sich vermehren kann. Herrschaft und Leben – das ist die Schöpfungsbestimmung des Menschen.
Durch die Sünde haben die Menschen diese Bestimmung verloren. Doch das ist die Bestimmung, die Gott dem erlösten Menschen gegeben hat. Der Römerbrief sagt, dass wir, die wir einst unter der Herrschaft des Todes standen, in Christus jetzt im Leben herrschen.
Römer 5,17: „Denn wenn durch die Übertretung des Einen der Tod durch den Einen geherrscht hat, so werden vielmehr die, welche die Überschwänglichkeit der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, im Leben herrschen durch den Einen, Jesus Christus.“
Im Leben herrschen bedeutet, dass wir nicht mehr von dem beherrscht werden, was uns einst beherrschte, sondern selbst herrschen. Wir kommen immer mehr dazu, und dazu erzieht uns Gott jetzt schon hier auf der Erde. Er bereitet uns hier auf der Erde schon für unsere ewige Bestimmung vor: einst in Ewigkeit mit Christus zu herrschen.
Alles, was wir in diesem Leben erleben und was Gott in unser Leben sendet und schickt, ist nur die Vorbereitung auf unsere eigentliche Bestimmung und Aufgabe. Das vergessen wir oft. Wir denken häufig, dass unser eigentliches Leben das Leben hier sei. Doch es ist nur eine kurze Angelegenheit.
Hier werden wir vorbereitet für das wahre, das ewige Leben, für die ewige Herrlichkeit. Gott erzieht uns auf diesen Tag hin, an dem wir mit Christus herrschen werden. Dem dienen seine Erziehungswege mit uns, dem dient die Heiligung, der wir nachjagen – diesem Ziel.
Der Sabbat als Zeichen der Vollendung
Und jetzt will ich mit den ersten drei Versen aus dem zweiten Kapitel schließen. Ich möchte nur noch einige Gedanken in wenigen Minuten zu 1. Mose 2 anbringen, denn das gehört ebenfalls zur Schöpfungswoche, dem Sabbat, dem ersten Sabbat.
So wurden vollendet der Himmel und die Erde und all ihr Heer. Gott hatte am siebenten Tag sein Werk vollendet, das er gemacht hatte, und er ruhte am siebenten Tag von all seinem Werk, das er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, denn an demselben ruhte er von all seinem Werk, das Gott geschaffen hatte, indem er es machte.
"So wurden vollendet" – das ist das zwingende Ergebnis der Tatsache, dass am Anfang der ganzen Schöpfung nicht ein Mensch stand oder irgendein unvollkommenes Geschöpf, sondern Gott. Weil er im Anfang stand, weil er am Anfang schuf, musste alles vollendet werden. Wie könnte Gott auch etwas anfangen und nicht vollenden? Er, der von Anfang an das Ende sieht, er, der alle Macht hat, alle diesem Ziel dienenden Mittel zu verwenden, damit das Ziel erreicht werde, und er, der die Weisheit hat, das beste Mittel auszusuchen – wie sollte er dieses Ziel nicht verwirklichen? Doch, er verwirklicht es!
Weil Gott am Anfang ist, wird am Ende genauso vollendet, wie er es sich vorgenommen hat. So wurden vollendet.
Nun nehmen die Propheten diesen Gedanken auf und wenden ihn auf die Heilsgeschichte an, also auf Gottes Absicht mit Israel. Diese wird vollendet werden. Wie sollte es auch anders sein, wenn am Anfang Israels nicht Abraham und seine Frömmigkeit standen, sondern Gott, der ihn erwählt hatte und der ihn dazu gesetzt hatte, der zu sein, der er dann wurde und war.
Diese gleiche Wahrheit wird im Neuen Testament von Paulus auch auf die einzelnen Gläubigen angewendet.
Lassen Sie diese zwei Stellen aufschlagen: Jesaja 46, Verse 9 und 10.
Gedenke des Anfangs! Wer steht am Anfang aller Dinge? Von der Urzeit her, dass ich Gott bin, und sonst ist keiner, dass ich Gott bin, und gar keiner wie ich, der ich von Anfang an das Ende verkünde. Und von all dem, was noch nicht geschehen ist, spreche ich: Mein Ratschluss soll zustande kommen, und all mein Wohlgefallen werde ich tun.
Weil Gott am Anfang Israels steht, wird Israel am Ende auch vollendet werden. Eher müsste Gott selbst untergehen, als dass sein Rat sich nicht erfüllte.
Das Gleiche wendet Paulus auf die Christen in Philippi an, in Philipper 1, Vers 6: "In dem ich eben dessen in guter Zuversicht bin, dass der, welcher ein gutes Werk in euch angefangen hat, es vollführen wird bis auf den Tag Jesu Christi."
Wer hat angefangen? Deine Frömmigkeit oder Gottes Gnade? Ja, Gottes Gnade. Und darum ist diese Gewissheit auch völlig begründet. Es wird vollendet.
Dann das Zweite, was am Sabbat gesagt wird: Gott ruhte. Gott ruhte, und auch das hängt damit zusammen, dass am Anfang Gott war. Warum ruhte Gott? Weil seine Werke vollbracht waren und perfekt waren und nichts mehr fehlte. Darum ruhte Gott.
In der Erlösung ist es nicht anders: Gott konnte nur im vollbrachten Werk seines Sohnes ruhen. Und auch wir kommen nur „dort zur Ruhe, wo wir im vollbrachten Werk Christi ruhen.“
Dass dann wirklich eine tiefe, herrliche, wunderbare Wahrheit in diesem Lied ausgedrückt wird: "Da, wo Gott mit Wonne ruht, da bin auch ich im Ruhm gesetzt."
Solange ich das im Glauben erfasse – dass Gott am Anfang steht, dass die Rettung sein Werk ist, dass ich in Christus Jesus geschaffen worden bin, von ihm zu guten Werken, welche Gott so vorbereitet hat, dass sie in ihm wandeln sollen – solange ich das im Glauben annehme und diese Wahrheit mich regiert, finde ich Ruhe.
Solange unser Glaube in Gottes ewiger, unwandelbarer Majestät verankert ist, ruhe ich mit Gott. Beginne ich aber, meine Aufmerksamkeit von Gott weg auf den Menschen zu lenken, verliere ich die Ruhe.
Schlusswort: Die Souveränität Gottes als Fundament des Glaubens
Ich schließe jetzt mit einem Zitat von Spurgeon aus einem Buch ab, das „Sermons on Sovereignty“ heißt. Meines Wissens ist dieses Buch auf Deutsch nicht erhältlich. Ich kenne zwar nicht alle deutschen Veröffentlichungen, aber ich lese hier einmal ein Zitat aus diesem Buch vor.
Das Fundament arminianischer Theologie – also einer Theologie, die den Menschen und seine Anstrengungen in den Mittelpunkt stellt – besteht darin, dass sie dem Menschen ungebührliches Gewicht gibt und Gott an die zweite statt an die erste Stelle setzt.
Man konzentriere seine Gedanken nur lange genug auf den Menschen als einen frei handelnden, auf den Menschen als ein verantwortliches Wesen, auf den Menschen als jemanden, der Forderungen an Gott hat und nicht so sehr als jemanden, der unter Gottes Forderungen steht.
Dann wird man bald feststellen, wie im Herzen eine Reihe hausbackener Lehren aufkommt. Diese Lehren werden zwar scheinbar durch den Buchstaben einer Reihe beständig bemühter Bibelverse untermauert, gehen in Wahrheit aber gegen den ganzen Tenor des Wortes Gottes.
Auf diesem Weg wird dein Glaube bis in die Grundfesten erschüttert, und deine Seele wird abermals auf die hohe See getrieben, wo du weder Frieden noch Freude kennst.
Wir dürfen Frieden und Freude kennen, weil wir – und insofern alles – dem Gottvertrauen unterliegen, der im Anfang schuf, im Anfang Gott.
