Es gibt viele unter uns, die sehr viel zu tragen haben. Ich möchte Sie alle herzlich willkommen heißen. Verstehen kann uns nur Jesus, der unter uns ist und zu uns spricht: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“
Heute möchte ich gerne zuerst ein fröhliches Siegeslied von der Kraft Jesu mit Ihnen singen. Ich hoffe, dass Sie auch in Ihrem Leben erfahren, wie Jesus stärker ist als alles, was Sie heute Morgen bedrängt und bedrückt.
Wir singen gemeinsam das Lied „Dass Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht“ (428), alle fünf Verse. Darf ich an dieser Stelle kurz unterbrechen? Es ist sehr wichtig, dass wir auch verstehen, was wir singen.
Sie denken sicher: Wenn Jesus den Sieg hat, warum muss ich dann so tief durch? Im dritten Vers sagt Johann Christoph Blumhardt, der ein erfahrener Seelsorger war – zuerst in Mötlingen und später im Kurhaus in Bad Boll: Gerade jetzt müssen wir oft dem Glauben noch tief unten durch, auch wenn das Kreuz des Herrn noch schwer auf uns lastet.
Wir singen jetzt noch die drei Verse. Anschließend wollen wir beten.
Ermutigung im Glauben und gemeinsames Singen
Wir können dir, du lieber Herr und Sieger Jesus Christus, nur immer wieder so schwach unser Lob singen. Es kommt aus einem oft bedrängten und angefochtenen Herzen. Du weißt, was jeder von uns auch heute Morgen an Druck, an Leiden, an Bedrängnis und auch an Zweifeln mitgebracht hat.
Wir sind so froh, dass wir uns jetzt in deiner Gegenwart versammeln dürfen. Du musst unseren Glauben wieder fest und stark machen. Du musst uns diesen Blick geben, damit wir hinwegblicken können über alles, was uns Angst macht, über unsere Sorgen und über das, was uns immer wieder im Weg liegt.
Gib uns heute auch, dass dein Wort so lebendig ist, dass wir fröhlich unsere Straße gehen können. Und dass in unserer Mitte dir begegnet, dein Wort hört und durch dich fröhlich wird.
Wir wollen jetzt in der Stille dir alles bringen, was uns bewegt. Wir beten in der Stille. Welche auf dich sehen, die werden erquickt. Dafür danken wir dir. Amen.
Wir denken sonntags auch immer wieder an unsere Familien, die drüben sind. Es tut uns leid, dass die große Kinderschach jetzt gar nicht sichtbar ist, die drüben mit den Eltern bei der Übertragung für Kinderrest und der Kinderkirche. Aber wir freuen uns, dass der Kinderchor heute da ist.
Sie können ja gleich in den kommenden Tagen die Erfahrungen machen, die Kinder uns zurufen: Gott hört Gebet. Und wenn wir verzweifelt sind oder im Dunkeln, dann führt er zum Licht. Und das ist wahr.
Die Kraft des Geistes und das Zeugnis im Leiden
Ich lese aus dem zweiten Timotheusbrief, Kapitel 1, Vers 7, so wie die Kinder es uns zugerufen haben. Den Älteren. So war es dort: Der Ältere ruft es dem Jungen zu – Paulus seinem Schüler Timotheus.
2. Timotheus 1,7-14:
Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit beziehungsweise der Selbstbeherrschung. Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserem Herrn, noch meines, der ich sein Gefangener bin. Leide mit mir für das Evangelium in der Kraft Gottes.
Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf – nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns in Christus Jesus vor der Zeit der Welt gegeben wurde. Jetzt aber ist sie offenbart durch die Erscheinung unseres heilbringenden Christus, der dem Tod die Macht genommen hat. Er hat das Leben und ein unvergängliches Wesen durch das Evangelium ans Licht gebracht, sodass ich eingesetzt bin als Prediger, Apostel und Lehrer.
Aus diesem Grund ertrage ich all dies. Es war Paulus immer wichtig, dass man das, was man sagt, auch mit seinem Leben bekräftigt – selbst im Leiden. Deshalb ertrage ich all dies, aber ich schäme mich dessen nicht. Denn ich weiß, an wen ich glaube, und ich bin gewiss, dass er bewahren kann, was mir anvertraut ist, bis zu jenem Tag.
Halte dich an das Vorbild der heilsamen Worte, die du von mir gehört hast – im Glauben und in der Liebe in Christus Jesus. Dieses kostbare Gut, das dir anvertraut ist, bewahre durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt.
So wie die Kinder es auswendig können. Ich bin schon froh, wenn sie das mit nach Hause nehmen. Du kannst helfen aus der Großnot.
Jetzt brauchen wir noch Bücher, denn wir können es nicht auswendig. Wir nehmen jetzt das kleine Heftchen und eines der neuen Lieder: "Du gibst das Leben, das sich wirklich lohnt", Nummer 66, das Lied von Gerhard Schnitter. Wir singen alle vier Verse zur Begleitung des Klaviers.
Felix, was wären wir ohne dich gewesen! Vielen Dank, das war super! Und unsere jungen Leute sind sowieso das Schöne. Ihr seht sie nicht, aber ich sehe sie immer da oben – das ist prachtvoll. Da vorne natürlich auch noch.
Paulus’ Gefangenschaft und das Evangelium
Ich lese aus Philippa 1. Wenn Sie die Bibel zur Hand nehmen, lesen Sie Philippa 1, Verse 12 bis 21. Es ist immer schwierig, an dieser Stelle einen Einschnitt zu machen, aber wir müssen irgendwo eine Unterbrechung setzen. Gleichzeitig soll sie auch anregen, weiterzulesen, denn es gehört zusammen, was Paulus hier geschrieben hat.
Es beginnt mit der Gefangenschaft des Paulus. Er schreibt: „Ich lasse euch aber wissen, liebe Brüder, wie es um mich steht. Es ist nur zum Fortschritt des Evangeliums geraten.“ Denn dass ich meine Fesseln für Christus trage, ist im ganzen Prätorium und bei allen anderen offenbar geworden. Das Prätorium nennt man meist auch das ganze Gerichtshaus des Statthalters. In Jerusalem gab es ebenfalls ein Prätorium.
Die meisten Brüder im Herrn haben durch meine Gefangenschaft Zuversicht gewonnen und sind umso kühner geworden, das Wort ohne Scheu zu verkünden. Einige predigen Christus zwar aus Neid und Streitsucht, einige aber auch in guter Absicht. Sie dürfen sich also nicht zu ideale Vorstellungen von der urchristlichen Gemeinde machen. Ich weiß nicht, woher manche diese Vorstellungen haben, aber aus der Bibel sicher nicht.
Wenn Paulus sagt, einige predigen Christus aus Streitsucht und Neid, andere aber aus guter Absicht – diese aus Liebe, weil sie wissen, dass ich zur Verteidigung des Evangeliums hier liege. Jene aber verkündigen Christus aus Eigennutz und nicht aufrichtig, denn sie möchten mir Trübsal bereiten in meiner Gefangenschaft. Haben Sie sich schon einmal überlegt, dass Paulus sich mit solchen schweren Spannungen auseinandersetzen musste?
Doch was tut es, wenn nur Christus verkündigt wird, auf jede Weise? Es geschehe zum Vorwand oder in Wahrheit – so freue ich mich darüber. Ich werde mich auch weiterhin freuen, denn ich weiß, dass mir dies zum Heil ausgehen wird, durch euer Gebet und durch den Beistand des Geistes Jesu Christi.
Ich sehne mich und hoffe, dass ich in keinem Stück zu Schanden werde, sondern dass frei und offen wie alle Zeit auch jetzt Christus an meinem Leib verherrlicht werde. Es sei durch Leben oder durch Tod, denn Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn.
Die Perspektive auf Leben und Tod
Es gibt ein Buch mit dem interessanten Titel „Wenn ich nur noch einen Tag zu leben hätte“. Da hat also jemand einer prominenten Persönlichkeit diese doch etwas schockierende Frage vorgelegt. Ja, was soll man darauf antworten?
Wenn ich nur noch einen Tag zu leben hätte, dann müssten irgendwie die Gewichte bei uns anders verteilt werden. Es gibt ja Schilderungen von solchen, die zum Tode verurteilt wurden. Zum Schluss werden sie gefragt: „Wünschen Sie sich noch etwas?“ Und dann sagt einer: „Ich möchte noch einmal eine Zigarette rauchen.“ Ist das im Angesicht des Todes wichtig? Offenbar ja.
Da wird am Morgen des Hinrichtungstags noch einmal ein richtig volles, schön angerichtetes Frühstück gereicht. Da greift man sich an den Kopf und denkt: „Ist das ein Lebensziel?“ Aber wenn wir uns nun selbst die Frage stellen: Wenn ich nur noch einen Tag zu leben hätte, was wäre dann mir wichtig? Keine Sorge, Sie müssen es jetzt nicht beantworten. Wir könnten es auch gar nicht richtig beantworten, weil ich fürchte, wir würden uns doch nur theoretisch zurechtdenken, was wir wirklich in so einem Augenblick denken würden. Ich weiß nicht. Für uns ist die Situation nicht echt.
Bei Paulus war sie jedoch echt. Er rechnet in dem Augenblick, als er den Brief schreibt, ganz fest damit, dass er auch hingerichtet werden kann. Da überrascht es uns, dass er genau in diesem Augenblick den fröhlichsten Brief seines Lebens schreibt. Verstehe, wer es will, dass einer vielleicht in so einer Stunde noch Sprüche macht. Aber das sind keine Sprüche, das merkt man beim Lesen, das ist echt.
Deshalb die Frage an uns: Wofür lebe ich? Wofür lebe ich? Also, ich bin ein Genießer. Ich freue mich an all dem Schönen, ich freue mich am Essen, ich freue mich an meiner Familie, ich freue mich an Ihnen natürlich, ich freue mich an meinem Beruf, an meinem Amt. Es gibt so viel, was ich erzählen könnte, was ich gerne tue und was mir Spaß bereitet.
Aber im Augenblick oder im Licht des Todes ist das alles wehmütig und mit Schmerz erfüllt, weil wir sagen: Jetzt muss ich das hergeben, jetzt muss ich das verlassen. Alle Dinge, die wir im Leben als wichtige Güter haben, müssen wir im Augenblick des Todes hergeben. Sie werden durchgestrichen und aus der Hand genommen. Deshalb träumen viele auch von den schönen Zeiten: „Ach, wie war das schön früher, als die Eltern noch lebten, früher, als ich ein Kind war.“
Man könnte sich gut vorstellen, dass Paulus im Angesicht des Sterbens, seines eigenen Todes, noch einmal davon redet: „Ich würde so gern noch einmal an die Kinderspielplätze meiner Jugend in Tarsus zurückgehen.“ Denn viele von uns leben doch rückwärtsgewandt.
Aber es fällt auf: Paulus ist nicht rückwärtsgewandt. Paulus hat keinen Schmerz, er spricht nicht mit Wehmut von den Dingen, auf die er jetzt verzichten muss. Er ist ja in Haft. Wo war die Haft? Die Theologen knobeln daran herum. Es könnte in Rom gewesen sein, es könnte in Ephesos gewesen sein. Ich tippe ja immer – Sie wissen das schon – auf Caesarea. Da passt alles genau drauf.
Paulus war über zwei Jahre seines Lebens in Caesarea in Haft, also noch auf dem Boden Israels, aber in dieser kaiserlichen Festung irgendwo in einem schmutzigen Verlies unten drin. Und das ist mir deshalb so wichtig, weil wir ja in der Apostelgeschichte allein über diese Haftzeit so gut informiert sind, dass er ausführlich eine Apostelgeschichte erzählt.
Es wäre durchaus denkbar, dass es in dieser Zeit war, und da sitzt Paulus in so einem Verlies. Und jetzt frage ich Sie noch einmal: Warum sitzt er nicht apathisch da? Warum liegen seine Nerven nicht blank? Warum sagt er nicht: „Ich ärgere mich, ich bin so depressiv, ich bin so verzweifelt, alles ist mir in meinem Leben durchgestrichen“? So war es doch wirklich. Alle seine Pläne wurden zunichtegemacht.
Und da sagt er, wofür er lebt: Christus ist mein Leben. Und ich sagte schon vorher, das sind keine Sprüche. Das merkt man ja erst in solchen Augenblicken, ob das wirklich so ist. Er lebt nur für Christus. Das bedeutet, er kann seine ganzen Zukunftspläne, das, was in seinem Terminkalender stand, vergessen. Jetzt hat ihn Christus eben anders geführt. Macht doch nichts. Hauptsache, ich werde von Christus geführt. Ich lebe für Christus, Christus ist mein Lebensinhalt.
Und jetzt nimmt er auch diese schwere Haftzeit aus der Hand Jesu Christi an. Sie wissen doch, mit welcher Leidenschaft Paulus gepredigt hat, noch ganz anders, als wir das wollen und wie es uns drängt: „Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte!“ Und jetzt war dieser Mann zwei Jahre lang mattgesetzt, und trotzdem ist er so ruhig, trotzdem ist er so gelassen.
Er lebt auch nicht für seine Pläne, wie wir so oft tun, sondern er lebt für Christus. Und dann sagt er: Wenn Christus mich nun für zwei Jahre in dieses schmutzige Gefängnis führt, dann will ich die Situation auch auskosten und benützen.
Und dann erzählt er einfach in diesem Brief und sagt: „Tolle Gespräche habe ich mit diesen Wachmännern da, mit diesen hartgesottenen Soldaten.“ Das waren sicher grobe Kerle. Ich sage, mit denen kann ich manches gute Gespräch finden. Warum denn? Die haben schnell gemerkt, dass ich für Christus hier leide. Die haben mich gefragt: „Was hast du denn angestellt? Hast du Geld unterschlagen oder hast du gar jemanden ermordet?“
Und dann erzählt er, warum er da ist: weil er den auferstandenen Christus gefunden hat. Und immer wieder kamen die Wachmänner. Zuerst haben sie sich gefrotzelt und ihre Witze gemacht, und dann hörten sie immer bedächtiger zu.
Und das, was mir so gefällt, ist, dass Paulus den Augenblick nutzen kann, obwohl es eine Situation war, in der man sich im Grunde ärgern muss, in der man aus der Haut fährt, in der man sagt: „Warum geschieht mir so viel Unrecht?“ Er nimmt das und sagt: „Christus führt mich. Und ich lebe doch nur für Christus.“
Es muss alles, heißt es jetzt, mir zum Heil gereichen. Ich fand die alte Luther-Übersetzung noch ein bisschen deftiger: „Es muss alles zum Heil ausschlagen.“ Es muss alles zum Heil ausschlagen. Sagen Sie auch so: die Krankenzeit, den geschäftlichen Misserfolg, den Ärger mit Menschen – wenn Sie für Christus leben, muss alles zum Heil ausschlagen.
Und Jesus hat auch diese ärgerlichen Dinge dieser Welt und die Not und das, was uns bedrückt, genommen und gesagt: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ So hat er heute begonnen: „Seid tapfer, seid mutig, seid getröstet.“
Die Frage nach dem Lebensinhalt
Wofür leben wir? Leben wir für unsere Ziele, für unsere Ideale oder leben wir gar für unseren Genuss? Leben wir für den Ruhestand oder dafür, dass unsere Kinder es einmal besser haben? Wofür leben Sie? Oder können Sie sagen: Christus ist mein Leben, ich habe das alles mit ihm abgesprochen? Ich lebe jetzt jeden Tag und nehme es aus seiner Hand. So wie er es mir gibt, so nehme ich es dankbar an.
Paulus hat ganz konzentriert Jesus im Blick. Für ihn lebt er. Wofür leben wir? Jetzt eine andere Frage: Was ist das Wichtigste? Was ist das Wichtigste für uns im Leben? Wir könnten vieles sagen, zum Beispiel, dass ich jetzt die Prüfung bestehe oder wen ich als Ehepartner finde. Wir können viele wichtige Dinge nennen. Doch ab einem gewissen Tag im Leben des Paulus wurde plötzlich nur noch eines wichtig: Christus zu verkündigen. Das ist ganz überraschend.
Bei uns heute heißt es oft, die Tat sei viel wichtiger. Das kennen Sie aus vielen Äußerungen. Für uns alle war es auch so, dass wir sagen: Eigentlich sind die frommen Worte nicht so wichtig, Hauptsache man lebt richtig. Wir wollen nicht mehr Worte machen, sondern mit der Tat beweisen, dass wir Christen sind. Sie kennen all diese Worte.
Paulus war auch ein Praktiker. Er war ein Handwerker, von Beruf Sattler. Er war ein Mann, der mit den Händen arbeitete. Nebenher hatte er eine theologische Ausbildung, aber er blieb immer auch ein Mann der Werkstatt, ein Mann der Tat. Trotzdem sagt er: Wenn nur Christus verkündigt wird. Warum? In unserer Zeit ist das bei den meisten Christen und in vielen Kirchen und Gemeinden völlig überhöht.
Für Paulus war es nicht so, dass nur Christus gepredigt wird und Liebe sowie gute Taten nicht wichtig wären. Das war für Paulus selbstverständlich. Die Liebe und gute Taten sind die Frucht, die aus dem Umgang mit Christus strömt, und die Konsequenz des Glaubens. Aber er hat immer wieder klargemacht: Ein Mensch kann nur zum Glauben kommen, wenn wir ihm deutlich sagen, wer Christus ist – der Herr, der Auferstandene, der Sieger.
Gerade als Paulus im Gefängnis war, war ihm das so wichtig: Es muss von Christus gesprochen werden. Es muss von Christus gesprochen werden! Jetzt konnte er sein wichtigstes Ziel nicht mehr in vollem Umfang verfolgen. Wenn die Wächter kamen und ihm die Mahlzeit reichten, war das das Einzige, was ihm noch möglich war. Da Christus zu verkündigen, sagt Paulus, macht nichts, wenn ich nur hier recht predigen kann.
Dann erzählt er, dass etwas ganz Tolles passiert ist: Durch seine Haft haben andere unerwartet Mut bekommen, desto kühner von Jesus zu reden. Das freut ihn sehr. Er sagt, seitdem ich weg bin, sind die anderen plötzlich da. Sie hatten sich vorher immer versteckt. Paulus sucht immer wieder, wie alles in seinem Leben zum Besten dienen muss. Alles muss zum Besten dienen.
Aber das, was er da erwähnt, ist nicht sehr schön. Er erzählt, dass viele von denen, die jetzt Christus predigen, das nicht aus lauteren Motiven tun. Ich habe schon vorher gesagt: Die Urchristengemeinde war gar nicht so vorbildlich, wie wir oft meinen. Das soll Sie nicht schockieren. Es mag in unserem Leben immer so sein, dass manches mitschwingt. Vielleicht schwingt bei mir heute Morgen auch ein Stück Ehrsucht mit, wenn ich hier oben allein stehe und Sie alle unten sitzen und mir zuhören müssen. Es kann sein, dass wir das auch tun, weil unser Job gut bezahlt wird. Wie viele falsche Motive mögen da drin sein!
Paulus sagt, die falschen Motive sind gar nicht so schlimm, wenn nur Christus verkündigt wird. Nicht, dass er das deshalb für unwichtig hält. Es ist wichtig, dass wir unsere Motive immer wieder reinigen. Wofür predigen wir und warum tun wir es? Aber so wichtig war Paulus, dass von Christus geredet werden muss. Es muss von ihm geredet werden. Alle Welt muss es hören und erfahren.
In unseren Kirchen wird dieser Abschnitt leider oft missbraucht und falsch interpretiert. Es wird oft gesagt, es komme gar nicht so darauf an, warum jemand seinen Dienst tut und was er genau tut, Hauptsache es ist ein bisschen christlich. Das hat Paulus nicht gesagt. Wir müssen ganz deutlich unterscheiden. Paulus hat nicht gesagt, jeder darf reden, was er will. Sondern er hat gesagt: Der Christus, der Messias, muss verkündigt werden. Das war der Gottessohn.
Für Paulus war das klar: Das ist der, der am Kreuz starb. Er hat nicht für ein pluralistisches Evangelium plädiert, sondern gesagt, es wird immer so sein, dass allerlei falsche Motive dabei sein können. Wenn nur Christus verkündigt wird, ist das wichtig. Und dass alle Menschen das hören sollen und dass es auch von den Gemeinden ausgeht – das war sein Lebensziel. Das war ihm wichtig.
Das Vermächtnis unseres Lebens
Jetzt noch eine Frage, die dritte Frage: Was bleibt von unserem Leben? Wofür leben wir? Was ist das Wichtigste, was von unserem Leben bleibt?
Da ist ein kleines Kind bei uns auf dem Gehweg mit dem Dreirad gefahren. Es gab noch Pfützen, und es war so schön zu sehen, wie dieser Junge seine Runden drehte. Immer wieder setzte er sich hin und schaute ganz aufmerksam zurück. Er beobachtete, wie er auf dem trockenen Asphalt schöne Spuren hinterließ. Die nassen Räder malten dabei sogar kleine Figuren.
Dann kam er ganz glücklich zu uns und sagte: „Guck, ich kann Spuren machen.“ Sicher ist es auch im Leben eines Erwachsenen das Allerhöchste, wenn man sagen kann: Ich habe Spuren hinterlassen.
Darum ist uns wichtig: Was wird man einmal an unserem Grab rühmen können? „Er hat treu gearbeitet, er war ein wichtiger Kollege, er hat für seine Familie gesorgt.“ Ich möchte doch Spuren hinterlassen. Es ist schön, wenn später Freunde sagen: „Er hat mir viel bedeutet, er hat Spuren hinterlassen.“
Aber die wichtigste und schönste Spur, die man hinterlassen kann, ist, wenn andere Menschen sagen: „Er hat mich zur Lebensquelle geführt.“ Es ist doch schön, wenn jemand mit seinem ganzen Leben andere weitergeführt hat.
Sehen Sie, das kann ich Ihnen an Paulus noch einmal zeigen. Das war missionarisches Leben. So habe ich eigentlich meine heutige Predigt überschrieben: Wie lebt man missionarisch?
Viele leben missionarisch sehr verkrampft. Es erinnert mich immer wieder an ein Gruppenfoto, das gemacht wird. Kennen Sie das? Beim Gruppenfoto ist es furchtbar, bis der Fotograf endlich abdrückt. Man steht da und grinst. Zum Schluss ist man ganz verkrampft.
Die meisten Christen sind sehr verkrampft, wenn sie missionarisch leben. Wie muss ich für meine Kollegen und Familienmitglieder aussehen? Und beim Foto muss ich noch den Fleck auf der Krawatte wegwischen – nicht bei Ihnen, bei Ihnen ist es okay, aber bei mir ist noch ein Fleck drauf. Bin ich sauber? Muss ich nur noch die Haare runterbürsten oder so. Man muss sich richtig in Positur werfen.
Mir gefällt, dass Paulus nicht verkrampft missionarisch lebt, sondern locker und flexibel. Er macht gar nichts Besonderes. Er lebt, wie es die Umstände sind, aber er lebt mit Jesus. Und er sagt: Hauptsache, die anderen hören etwas von Jesus.
Dann nimmt er die Situationen so, wie sie kommen, unverkrampft und unverbissen. Natürlich – das ist etwas Herrliches, wenn man so leben kann: Jesus ist mein Leben, Christus ist mein Leben.
Zum Schluss will ich Ihnen noch eine Geschichte erzählen von einem Mann, der vor ein paar Jahren verstorben ist. Er war ein Mann der Wirtschaft, Lothar Jettenberger in Ludwigshafen. Er war damals der führende Mann im Kabelpilotprojekt des Fernsehens.
Er hat in einer Autobahnkirche ein Traktat gefunden. Über dieses Traktat ging er der Adresse nach und fand zu Jesus. Davor hatte er gar nichts. Als er dann das Traktat „Christus ist mein Leben“ entdeckte, sagte er: „Jesus Christus hat mich ganz und gar erfasst.“
Wer diese Veränderung im Leben erfahren hat, der kann seinen Mund nicht halten. Mit 49 Jahren hat Gott ihn weggenommen – eine schwere Krankheit. Aber Freunde schrieben später in der Zeitschrift „Ideas“, dass man im Krankenhaus, trotz seines jungen Alters, bei allen Pflegern und Ärzten gemerkt hat: Hier ist jemand, der es aus der Hand Gottes nehmen kann, der völlig frei war.
Er sagte: „Wo Gott mich braucht, in dieser Welt oder in der kommenden Welt, ich bin frei für ihn.“ Und sie schrieben, er habe ihnen gesagt: „Auch wenn ich sterbe, freue ich mich. Ich darf bei Christus sein.“
Er ist unser Leben, und Sterben ist unser Gewinn.
Wenn Sie sich fragen: Wenn ich noch einen Tag zu leben hätte, was soll mein Leben dann haben? Dann ist es nicht richtig, nur zu sagen: „Ich will leben.“ Sondern es muss heißen: Christus ist mein Leben.
Und Sie können dann sagen: Ganz gleich, wie lang und wie tief das Leben ist – ich weiß, auch wenn dieses Leben endet, darf ich zu Jesus Christus kommen. Ich gehöre ihm.
So sollen Sie es jetzt für die kommenden Tage nehmen: Ich darf wissen, ich werde – ich nehme jetzt Paulus wörtlich – an keinem Stück zu Schanden werden. Christus ist mein Leben, und für ihn darf ich leben.
Amen!
Abschluss mit Lobpreis und Gebet
Wir singen „Jesu, meine Freude“, 293, schöne Lieder, Freude an Jesus, die Verse 1 bis 3.
Wir wollen beten:
Du mächtiger Herr, du auferstandener Jesus Christus, du machst uns mutig, auch den Schrecken dieser Welt gelassen zu begegnen. Und doch weißt du, wie oft uns auch Angst befällt.
Darum wollen wir, dass wir uns nicht von den Schrecken dieser Welt entmutigen lassen, sondern den Mut bei dir im Glauben finden. Besonders bitten wir jetzt für diejenigen unter uns, die eine ganz schwere Wegstrecke vor sich haben. Lass sie das so aus deiner Hand nehmen können und erfahren, dass du sie führst und ihnen ganz besonders nahekommst.
In allem soll das Größte sein, dass durch sie andere Menschen von dir erfahren, dass von dir gesprochen wird und viele Menschen dein rettendes Evangelium hören. Oft kannst du das erst bewirken durch unser Leiden, durch unsere geschlagenen Körper und durch manche Nöte, die uns treffen.
Darum bitten wir dich, dass du immer wieder das Feuer des Glaubens in uns entfachst, damit es brennen kann. Wir denken besonders an die, die jetzt besonders tief geführt sind, auch an die Trauernden und Schwerkranken, die jetzt nicht unter uns sein können. Sei du bei ihnen mit Trost und Hilfe.
Gib vor allem auch das Wort, das wir ihnen in deinem Namen sagen, damit es sie trösten kann. Du kannst durch deinen Heiligen Geist auch durch unser Zeugnis wirken, sodass wir Menschen getrost und fröhlich machen dürfen.
So wollen wir heute auch an die denken, die in aller Welt Dienst tun in deinem Namen, die von dieser Stätte ausgesandt sind, um dir zu dienen und dein Reich auszubreiten. Lass sie an diesem Tag nicht mutlos werden, sondern sprich durch dein Wort zu ihnen und erhalte in ihnen die Geborgenheit des Glaubens.
Dann bitten wir auch für all die Aufgaben, in die du uns hineingestellt hast, wo wir morgen und übermorgen wieder dir dienen sollen. Lass uns nicht zu Schanden werden, sondern dass es uns zum Heil gereicht und wir dich in allem groß machen dürfen. Lass uns von dir reden können, damit viele durch uns zum Leben kommen.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich, die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Wir singen noch von dem Lied „Jesu, meine Freude“, die Verse 4 und 6, 293.
In solchen Liedern stecken ja manche starke Aussagen. Haben Sie das gemerkt, als Sie gerade gesungen haben? „Weg mit allen Schätzen!“ – An was haben Sie da gedacht?
„Du bist mein Ergötzen, Jesu, meine Lust, weg mit eitlen Ehren!“ Wir sind ja normalerweise alle sehr ehrenkäsig, und so ist es gut, dass das Betrüben uns zur Freude werden muss.
Einladung zur Karwoche und Hinweise
Haben Sie sich für diese Woche ein umfangreiches Programm vorgenommen?
Ich möchte Sie noch einmal darauf hinweisen, dass wir Sie in der Karwoche immer wieder einladen, sich bewusst Zeit zu nehmen, um tiefer in den Glauben einzutauchen.
Am letzten Sonntag hatte ich die Gelegenheit, hinten einige Leute zu begrüßen. Dabei habe ich einem jungen Mann das Programm in die Hand gedrückt. Er sagte jedoch, das sei nichts für ihn, da könne er nicht um halb fünf kommen.
Dabei haben wir die Zeiten gerade für Berufstätige so gelegt, weil wir denken, dass man in den meisten Betrieben heute die Arbeitszeit flexibel gestalten kann. Viele wohnen außerhalb und können abends nicht mehr in die Stadt fahren. Deshalb ist es viel besser, die Veranstaltungen direkt im Anschluss an die Arbeit oder nach dem Einkaufen in der Stadt anzubieten.
Schauen Sie sich das Programm doch einmal an: Die Veranstaltungen finden zwischen 16:30 Uhr und 19:30 Uhr statt.
Wir haben Vorträge vorbereitet, die keine reißerischen Themen behandeln, wie etwa „Morde auf der Wendeltreppe“, sondern biblische Themen und Themen aus der Geschichte der Christenheit in Stuttgart. Zum Beispiel sprechen wir über die Erweckung im letzten Jahrhundert oder über die Missionsbewegung bei Justinian von der Wels. Es sind viele solche interessante Themen dabei.
Ich möchte Sie einfach bitten, sich die Zeit dafür zu nehmen und die Programme hinten mitzunehmen.
Die Gemeindebriefmappen für unsere Gemeindediensthelfer liegen noch drüben. Wer beim letzten Mal verhindert war, kann sie heute ebenfalls noch mitnehmen.
Außerdem haben wir drüben am Büchertisch eine ganze Reihe von Büchern, die reduziert sind. Es sind ausgezeichnete Bücher. Sie wissen, wie sehr ich Charles Haddon Spurgeon als den Prediger aller Zeiten schätze, ebenso seine Bibelauslegung.
Es gibt einige sehr wichtige Bücher, darunter eines, das ich selbst gar nicht mehr auf dem Schirm hatte: Ein Buch über den Heiligen Geist, das biblisch, nüchtern und zugleich tröstend ist. Daneben gibt es auch Bücher über das Gebet oder über den guten Hirten.
Außerdem finden Sie Lebensbilder von George Müller aus Bristol, der ein Mann des Glaubens war, oder das Buch über „den Mann mit der Laterne“, das ist Bernardo, der sich um die „Niemandskinder“ in London gekümmert hat. All diese Bücher sind reduziert.
Das bedeutet immer, dass die Bücher schnell vergriffen sind. Deshalb möchte ich Sie nur darauf hinweisen: Es lohnt sich, sich die Bücher zu besorgen, solange sie noch verfügbar sind.
Unterstützung für Missionare und Gemeindemitteilungen
Unser Opfer heute
Wir haben von unserer Gemeinde auch Missionare ausgesandt, die über unsere Werke hinaus tätig sind. Heute findet das Missionsfest der Deutschen Missionsgemeinschaft im Hospitalhof statt. Dort ist die Familie Lampater vertreten. Frau Lampater, geborene Kümmel, ist tief in unserer Gemeinde verwurzelt. Sie und ihr Mann arbeiten als Missionare in Belgien.
Wahrscheinlich wissen Sie nicht, dass Belgien eines der am wenigsten evangelisierten Länder der Welt ist. In der früheren belgischen Kolonie Kongo, heute Zaire, gibt es zweihundertmal mehr Gläubige als in Belgien. Das sagt viel aus. Deshalb freuen wir uns, dass wir ein Missionsehepaar in Belgien haben. Dieses wollen wir heute mit unserem Opfer unterstützen.
Die, die heute neu hier sind, können gerne den Notizenzettel mitnehmen. Darauf sind auch Informationen zu unseren Gottesdiensten über Ostern. Der pinkfarbene Zettel liegt hinten aus, ebenso weitere Zettel. Auf dem Tisch hinten beim Simpsons liegt außerdem ein Rundbrief von Doktor Kilgus. Ich kann nicht auf alles hinweisen, Sie müssen selbst danach suchen.
In der vergangenen Woche wurde Frau Gerda Kaiser, 74 Jahre alt, aus der Dobbelstraße 20, bestattet. Bei der Bestattung wurde über das Wort gesprochen: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.“ Dieses Wort gilt auch für Sie. Er wird Ihren Fuß nicht gleiten lassen, weil er mit Ihnen geht und Sie segnet.
Er segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
