Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.
Lassen Sie uns nun wieder die Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem betrachten. In Lukas 19,36 heißt es: „Da nun Jesus hinzog, breiteten sie ihre Kleider auf den Weg.“
Herr, heilige uns in deiner Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit! Amen!
Die Freude über den Einzug Jesu in Jerusalem und die Adventsbotschaft
Ich hoffe, Sie haben die Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem lebhaft vor Augen. Was für eine unbeschreibliche Freude liegt über dieser Geschichte! Man hört förmlich das Jubeln des Volkes, wenn man daran denkt.
Auch über der Botschaft, die seit dieser Geschichte bis zu uns in der Adventszeit reicht, liegt eine große Freude: „Sieh, dein König kommt zu dir.“ Meine Freunde, das beendet alles, was bisher war. Dein König, dein Heiland, kommt zu dir.
Es ist eine Freude, die über der Adventsbotschaft schwebt. Nun möchte ich uns allen wünschen, dass diese Freude auch in uns während der Adventszeit lebendig ist. Doch ich frage mich: Ist das eigentlich so? Ich fürchte, die Realität sieht anders aus.
Mein Eindruck ist, dass die Menschen selten so nervös sind wie in den drei Wochen vor Weihnachten. Geschäftsleute sind überlastet, Hausfrauen putzen, hängen Gardinen auf, machen Einkäufe – man kann kaum noch richtig mit den Leuten sprechen. So wenig ist von der eigentlichen Freude der Adventszeit zu spüren.
Vielleicht schauen Sie mich jetzt alle so an, als hätten Sie nicht verstanden, worauf ich hinaus will. Ich meine, wir haben jeden Tag unsere Ärgernisse, unseren Kummer, unsere Streitigkeiten. Doch in der Adventszeit wird das oft noch verstärkt – einfach durch die Weihnachtsvorbereitungen.
Der alte Bodelschwingh, der Gründer von Bethel, hat einmal eine schöne Predigt gehalten. Es war bei einem Missionsfest im Freien, vielleicht bei einem Fest von Lobetal – egal, es war ein großes geistliches Volksfest im Freien. Dort sagte der alte Bodelschwingh in seiner Rede etwa Folgendes:
„Liebe Leute, man spricht heute in der Kirche überall von der Aktivierung der Laien. Ich will euch ein schönes Amt nennen, das jeder ausüben könnte.“
Ein Beispiel für die „Froschbekämpfung“ in der Adventszeit
Als ich vorhin, erzählt Bodelschwing, auf diesen Festplatz kam, die große Wiese, da sah ich am Rand einen kleinen Jungen.
Der hatte sich ein Häuflein Steine gesammelt und zurechtgelegt. Da fragte ich ihn: „Was soll das denn werden? Warum hast du die Steine gesammelt?“
„Ja“, sagt der Junge, „da drüben ist ein Tümpel, und im Tümpel sind Frösche. Wenn die anfangen zu quaken, kann kein Mensch mehr ein Wort verstehen von dem schönen Sionfest. Darum habe ich das Amt übernommen, dass jedes Mal, wenn so ein Frosch anfängt, ein Steinchen in den Tümpel geworfen wird. Dann sind sie erst mal wieder ruhig für ein paar Minuten.“
Dann fuhr Bodelschwing fort, und das finde ich einen wundervollen Rat. Er sagte: „Ich wünschte, in jeder Gemeinde, in jedem Verein, in jeder Abteilung, in jedem Haus gäbe es so jemanden, der das Amt der Froschbekämpfung hätte.
Dass, wenn die Nervosität anfängt zu quaken, wenn Streit und schlechte Laune und all diese Quäkereien losgehen, dieser jemand für Ruhe sorgt, für Stille, für Freude. Das wäre ein schönes Abend, nicht wahr? Gerade in dieser Adventszeit.“
Aber meine Freunde, ich wünsche uns das: Nicht, dass diese Freude, die über der Adventsgeschichte liegt, in unsere Häuser und Herzen kommt, sondern dass wir Steine in die Tümpel werfen, wo die Frösche quaken.
So wollen wir uns recht anstecken lassen von dieser Freude der Adventsgeschichte. Wir wollen unser Herz einfach anstecken lassen.
Und dazu wollen wir nun die Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem noch einmal betrachten.
Die Bedeutung der Kleider beim Einzug Jesu in Jerusalem
Ich predige nun schon seit etwa 35 Jahren, ungefähr jeden Sonntag. Dabei stößt man immer wieder auf die merkwürdigsten Dinge. So habe ich zum Beispiel einmal fröhlich den Esel aus der Geschichte herausgenommen und über ihn gepredigt. Das haben mir manche ein wenig übelgenommen und gesagt, das sei doch zu weit gegangen.
Heute möchte ich euren Unwillen erst recht riskieren, indem ich aus der Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem etwas herausnehme, und zwar die Kleider, die die Leute auf den Weg gelegt haben, damit der Herr Jesus darauf reiten kann.
Lasst uns diese Kleider ansehen, die auf dem Weg ausgebreitet wurden, in der Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem. Ich möchte dreierlei über diese Kleider sagen – oder besser gesagt: Die Kleider haben mir dreierlei gesagt, das möchte ich Ihnen weitergeben.
Das erste ist dieses: Diese Kleider sprechen von Liebe. Diese Kleider sprechen von Liebe.
Die Kleider als Ausdruck der Liebe zu Jesus
Ich möchte die Geschichte noch einmal in Erinnerung rufen. Da waren die zwei Jünger hingegangen, wie Jesus es befohlen hatte, und hatten die Esel herbeigebracht. Als sie ihn gebracht hatten, machten sie aus einem Obergewand eine Art Sattel. Dann, so heißt es, setzten sie Jesus darauf. Er war noch nicht einmal aufgestiegen – ich weiß auch nicht, wie man ohne Steigbügel auf einen Esel steigen soll. Da halfen ihm die Jünger, und sie setzten ihn auf.
Dann geht es los, unter dem Jubel der Jünger und dem Singen: „Messias Heil, der wiederkommt im Namen des Herrn“ – der messianische Ruf. Dieser Jubel steckt an, andere rufen mit, schreien mit. Das Geschrei wird immer größer, die Freude immer gewaltiger. Schon klettern ein paar Jungs auf die Bäume, schlagen Zweige ab und streuen sie auf den Weg.
Aber ich muss offen gestehen: So Zweige sind eher schlecht zum Darüberreiten, oder? Dann fängt einer an, sein Gewand auszuziehen – sein Obergewand – und breitet es auf dem Weg aus. Das leuchtet den Männern ein, und nun fliegt ein Gewand nach dem anderen auf den Weg, sodass das Ganze schließlich wie ein zusammenhängender Teppich aussieht, über den der Herr Jesus hinreitet.
Wissen Sie, wenn in Bonn großer Bahnhof ist, da haben Sie auch so einen Läufer, der immerhin breit ist, nicht wahr? Nun, es gab keine Behörden, die für Jesus großen Bahnhof gemacht hätten, und so legten die Leute den Teppich aus ihren Kleidern hin.
Um das zu verstehen, muss man natürlich wissen, dass die Leute damals im Morgenland nicht so umständlich geschneiderte Röcke hatten wie wir, mit Bleistiften und was man da alles in Taschen hat. Das hätte ziemlich Komplikationen ergeben. Stattdessen trugen die Leute im Morgenland einfach ein großes, ungenähtes Tuch, das man malerisch umschlang. Das konnte man gut hinlegen.
Nun, meine Freunde, ich habe im Geist diese Kleider gesehen. Da lagen sie nun: kostbare Tuche von irgendeinem reichen Mann, daneben der abgetragene Rock eines galiläischen Bäuerleins, das zum Fest nach Jerusalem gekommen war, der bunt gefärbte Rock eines jungen Sendelmanns und daneben hundertmal gewaschene und ausgebleichte Röcke eines Kameltreibers.
Was mag das für eine Sammlung von Kleidern gewesen sein, nicht wahr? Jedes dieser Kleider erzählt eine Geschichte über seinen Träger. Und Jesus reitet darüber hinweg. All die verschiedenen Kleider rufen und sprechen dasselbe: „Herr Jesus, wir haben dich lieb.“
All diese armen und herrlichen Röcke sprechen dieselbe Sprache: „Sohn Gottes, der du die Herrlichkeit beim Vater aufgegeben hast, der du uns gleich geworden bist, der du in Fleisch und Blut gekleidet bist, der du unser Bruder geworden bist, wir haben dich lieb.“
Wir hören diese Kleider rufen: „O Herr Jesus, Sohn Gottes, der du die Aussätzigen angefasst hast, was sonst niemand wagte. Der du unsere Kinder ans Herz gedrückt hast. Der du uns Brot gabst, als wir hungerten. Dem das Herz sprach, wenn unsere Elenden, Verzweifelten und Besessenen zu dir kamen. Der du die Toten aus den Gräbern rufst. O Herr Jesus, wir haben dich lieb!“
Herr Jesus, der du die Sünde und Schuld angenommen hast, dem keiner zu schlecht und zu elend war, Herr Jesus, wir haben dich lieb. Darum breiten wir uns aus, liegen hier im Staub wie Röcke. All die Röcke sprechen dieselbe Sprache: „Herr Jesus, wir haben dich lieb!“
Die Leute, die die Kleider hingelegt haben, meine Freunde, die haben nicht geahnt, dass Jahrhunderte später Theologen und große Gottesmänner sich um eine Abendmahlslehre streiten würden. Sie haben nicht geahnt, dass es einmal einen lutherischen und einen reformierten Katechismus geben könnte, eine griechisch-orthodoxe Kirche und Räume ohne Evangelium, die sich alle auf diesen Jesus berufen.
Diese Leute hatten keine Ahnung vom Katechismus und von all dem. In jeder Konfirmandenprüfung würden sie einfach nicht bestehen. Aber sie hatten eine Liebe zum Heiland.
Und es steht immerhin in der Bibel: Christum liebhaben ist besser als alles Wissen. Darum muss es wohl eine große Sache sein, nicht wahr? Wenn ich es genau betrachte, ist das wahrscheinlich das Herzstück des ganzen Christentums: Christum liebhaben ist besser als alles Wissen.
Nun muss ich uns fragen: Wie steht es denn bei uns? Ach, wir haben viel Wissen, aber wenig einfaches Liebhaben. Die Jünger von Emmaus sagten nach der Auferstehung: „Brannte nicht unser Herz?“ Wissen wir, was brennende Herzen sind?
Lassen Sie mich nur einige Skizzen von den letzten acht Tagen nennen. Ich sprach in einer höheren Schule. In den letzten fünf Minuten fragte jemand: „Haben Sie Fragen?“ Da stand einer auf und sagte: „Nun haben Sie doch von Gott geredet, aber ich verstehe nicht, warum Sie immer Jesus nennen. Warum reden Sie immer von Jesus?“
Das höre ich seit ich Pfarrer bin tausend- oder zehntausendmal. „Ja, wir glauben auch an den Herrn Gott, aber warum reden Sie immer von Jesus?“ Nach jeder Evangelisation höre ich das. Und dann denke ich: Ach, das müsste man den Leuten sagen. Beim Einzug Jesu in Jerusalem: „Wir glauben ja auch an den Herrn Gott, aber was machen Sie mit Jesus?“
Was hätten die Leute wohl gesagt? Sie hätten gesagt: „Ach, hör doch auf mit deinem Geschwätz, wir müssen unsere Kleider hinbreiten, unser Herz brennt für ihn.“ Entweder brennt es, aber man kapiert gar nichts. Erklären kann man das niemandem, wenn er nicht weiter das Offenbarsein Gottes ist.
Glauben Sie weiter an den Herrn Gott, aber nicht an einen nebulosen Herrn Gott, solange Sie nichts von Jesus wissen.
Dann kam eine Frau zu mir, unklar über den Streit, den sie mit einer Hausgenossin hatte. „Ja“, sagte sie schließlich als Quintessenz, „wissen Sie, ich bin ja christlich erzogen, ich bin ja christlich erzogen. Boah, ich sehe den Ballon aufschwellen. Ich bin ja christlich erzogen, davon hat die andere keine Ahnung.“
War Gott christlich erzogen? Aber da ist keine Spur von dieser brennenden Liebe zum Heiland. Sonst würde sie ihre Kontrahentin lieb haben können, nicht wahr? Ich glaube, ich fürchte, Gott verabscheut diese Art christlicher Erziehung, bei der am Ende kein Funken Liebe zum Heiland herauskommt.
Wie steht es bei uns? Ach, unsere kalten, toten Herzen – wir können sie ja nicht selbst ankurbeln. Aber eines könnten wir wenigstens tun: Wir könnten es Gott in der Stille heute sagen: „Herr, diese Leute hatten dich lieb, und sie hatten weniger Grund, dich lieb zu haben als ich. Denn sie wussten noch nichts von deiner größten Tat, von deinem Kreuz. Davon weiß ich, dass du für mich gestorben bist, und ich bin so tot.“
Vielleicht sagen wir das zu Gott: „Herr, warn dich über mein armes, totes Herz. Ich schäme mich so, dass diese Leute, die so wenig wussten, brennend liebten. Davon reden diese Kleider. Bei mir ist so wenig Liebe.“
Das ist das Erste, was die Röcke mir sagten, diese Kleider, als sie auf dem Weg ausgebreitet lagen. Diese Kleider reden von Liebe zu Jesus.
Die Kleider als Symbol für die Gerechtigkeit vor Gott
Und nun das Zweite. Diese Kleider, die da im Staub lagen, haben einen geheimen Sinn. Das muss ich Ihnen jetzt erklären, denn es ist wichtig, dass Sie das verstehen. Es geht hier um Ihre Seelenseligkeit.
Diese hingelegten Kleider haben einen geheimen Sinn, den die Menschen damals selbst nicht verstanden haben. Wir sehen ihn erst nachher. Ich möchte Ihnen das erklären.
Sehen Sie, der Herr Jesus ritt über diese Kleider hinweg, schnurstracks nach Golgatha zum Kreuz. Wenige Tage später wurde er gekreuzigt. Dort am Kreuz, als er angenagelt war, hat der Sohn Gottes uns etwas erworben. Die Bibel nennt das Gerechtigkeit vor Gott – Gerechtigkeit vor Gott.
Die Bibel vergleicht diese Gerechtigkeit vor Gott oft mit einem Kleid, mit einem Gewand. Ich möchte Ihnen eine entscheidende Stelle sagen: „Ich freue mich im Herrn, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott, denn er hat mich angezogen mit Kleidern des Heils und mit dem Rock der Gerechtigkeit mich gekleidet.“ (Jesaja 61,10)
Sehen Sie, solange wir blind sind – von Natur aus sind wir innerlich blind, wie kleine Kätzchen, wenn sie zur Welt kommen –, sind wir geistlich blind. Manche sterben so und werden nie sehend. Oh Gott, erbarme dich über uns!
Solange wir blind sind, bilden wir uns ein, das Kleid unserer eigenen Gerechtigkeit sei gut, schön und recht. Wir gefallen uns selbst mit dem Kleid unserer eigenen Gerechtigkeit, wie ein Konfirmand, der zum ersten Mal lange Hosen bekommt und sich darüber freut.
So finden wir uns von Natur aus recht – in dem Kleid unserer eigenen Gerechtigkeit. Aber fragen Sie nur einmal in der Stille den lebendigen Gott: Was denkst du über mich? Man muss nur fünf Minuten still werden und fragen: Was denkt Gott über mich?
Fragen Sie es im Licht der zehn Gebote. Dann wird Ihnen klar, dass das Kleid Ihrer Eigengerechtigkeit nicht hält. Dann verstehen Sie ein anderes Bibelwort, in dem die Gerechtigkeit ebenfalls mit einem Gewand verglichen wird. Dort heißt es, unsere Gerechtigkeit sei wie ein unflätiges Kleid. Das Wort „unflätig“ kennen wir kaum; wir würden sagen, unsere Gerechtigkeit ist wie ein schmutziges Gewand.
Meine Freunde, lassen Sie uns unsere eigene Gerechtigkeit, mit der man vor Gott nicht leben und nicht sterben kann, vor Jesus in den Staub werfen – so wie die Leute ihre Gewänder hingeworfen haben! Legen Sie gleichsam vor seine Füße das Kleid Ihrer eigenen Gerechtigkeit hin. Es taugt zu nichts anderem, als in den Staub geworfen zu werden. Es ist zu nichts anderem wert.
Auch wenn ich Ihnen das deutlich machen kann: Es gibt keine Selbstreinigung. Überall hört man Versuche, das Kleid der eigenen Gerechtigkeit selbst zu waschen. Da heißt es: „Ja, aber ich habe es doch so gut gemeint.“ Da kann einer zehntausend Christen gefangen genommen und erschossen haben, und vor Gericht sagt er: „Ich habe es doch so gut gemeint, nicht? Ich habe meine Pflicht getan.“ Hören Sie diese Selbstreinigung?
Oh doch, es kommt alles auf den guten Willen an. Und da kann man sich auf den zweiten Teil von Goethes Faust berufen: „Wer strebend sich bemüht.“ Es kommt alles auf den guten Willen an. Oh doch, andere sind ja viel gottloser als ich, immerhin. Und so weiter.
Ach, liebe Freunde, unsere Gerechtigkeit vor Gott ist wie ein beschmutztes Gewand. Und ich möchte Ihnen raten: Das ist eine schöne Adventsbeschäftigung: Werfen Sie das Gewand Ihrer eigenen Gerechtigkeit zu den Kleidern, die die Leute vor Jesus in den Staub geworfen haben.
Das Beste, was wir tun können! Er schenkt uns dafür, denn er ist gestorben. Er schenkt uns eine andere, bessere Gerechtigkeit aus Gnaden. Es ist die tiefste, herrlichste Glaubensweisheit: Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid. Damit will ich vor Gott bestehen.
Und von der Zukunft habe ich das erst kapiert. Es gibt mir zwei Möglichkeiten: Entweder tragen wir unsere eigene Gerechtigkeit vor den Augen Gottes bis zum jüngsten Tag oder wir werfen unsere Gerechtigkeit weg und empfangen im Glauben das Kleid der Gerechtigkeit, die er uns erworben hat.
Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht.
Und wie wichtig das ist, hat der Herr Jesus uns selbst einmal klar gemacht – durch eine Geschichte, durch ein Gleichnis. Das muss ich Ihnen eben erzählen.
Da war ein König, der machte ein großes Gastmahl. Unlängst, alles war dazu vorbereitet. Sie sagen, das gibt es doch gar nicht. Doch, in meiner Jugend war der König von Siam in Homburg an der Höhe, und da lud er ganz Frankfurt ein. Das war ein tolles Fest, der war ungefähr so betrunken, das war schlimm.
Nun sagt der Herr Jesus: So ein König kam und lud also auf der ganzen Welt zu einem großen Fest ein. Riesige Festhallen wurden gebaut, und nun kam alles an. Wer wollte, sogar der kümmerlichste Bettler, die Stinkenden, die Trolle, sie konnten kommen.
Vor der Festhalle musste jeder sein Gewand abgeben und bekam ein königliches Festgewand.
Als das Fest auf dem Höhepunkt war, erzählt Jesus, geht der König durch die Festsäle. Dann sieht er einen, der das königliche Festgewand nicht trägt, obwohl er Geschenke bekommen hatte. Er hat es zurückgewiesen und gesagt: „Ich brauche es nicht, mein Anzug ist gut genug. Ich habe meinen besten Sonntagsanzug angezogen, ich tue niemandem weh.“
Der König sieht den Mann, der nicht im königlichen Festkleid ist, ruft die Diener und sagt: „Wagt ihn, werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis!“
Verstehen Sie das? Im Reich Gottes hier kann keiner sein, der das Kleid seiner eigenen Gerechtigkeit tragen will. Das können Sie tragen, aber dann sind Sie ausgeschlossen vom Festmahl Gottes, vom Reich Gottes.
Darum ist es so wichtig: Wer am Tisch Gottes sitzen will, muss sich von Jesus die Gerechtigkeit schenken lassen, die nur Menschen bekommen, die sagen: „Ich habe gesündigt, fort mit meiner eigenen Gerechtigkeit!“
Warum verteidigen wir unser Leben? Warum rechtfertigen wir uns? Warum gehen wir nicht zum Heiland und sagen: „Ich habe gesündigt, fort mit der eigenen Gerechtigkeit! Ich will sie hinwerfen zu den Kleidern, die die Leute in den Staub geworfen haben!“
Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist das Festgewand, das ich im Glauben anziehen will.
Jetzt ist der tiefe Sinn hinter dieser Geschichte: Da fliegen noch viele Röcke zu den Kleidern, die da im Staub liegen. All die, die erkannt haben: Meine Gerechtigkeit ist nichts. Herr Jesus, schenke mir das neue Gewand deiner Gerechtigkeit!
Die bedenkliche Seite des Einzugs Jesu in Jerusalem
Lassen Sie mich noch kurz ein drittes sagen. Wir wollten diese Kleider ansehen, die von der Liebe sprechen. Sie haben einen geheimen Sinn und verweisen auf andere Kleider, nämlich auf die Gerechtigkeitskleider.
Nun möchte ich noch einmal zurück zur Geschichte gehen und Ihnen als Drittes die bedenkliche Seite dieser Geschichte zeigen. Sehen Sie die bedenkliche Seite. Sehen wir die Sache noch einmal vor uns: Einzug Jesu in Jerusalem. Der Esel schreitet über Teppiche, das Volk jubelt, Jungen werfen Palmzweige auf den Weg. Gelobt sei der, der kommt im Namen des Herrn. Schön, einfach schön. Liebe spricht aus den Kleidern. Sie haben den geheimen Sinn: So sollen unsere schlechte Gerechtigkeit umgeworfen werden.
Schön, aber die Geschichte hat auch eine bedenkliche Seite. Ich stelle mir vor, da ist ein Mann, ein reicher, etwas dicklicher Mann, so meiner Statur. Er hat auch sein Gewand dahingeworfen. Den besten Sonntagsanzug hat er angezogen, weil er zum Fest nach Jerusalem zog. Nun geht er neben Jesus her, ganz voll Freude.
Einmal kommt ein Junge nach und sagt: „Das ist ja Ihr Gewand hier, nicht?“ Die Jungen zogen das Auge und brannten es den Leuten vor. Da bleibt er stehen und schaut seinen schönen Sonntagsanzug an. „Au“, sagt er, „was meine Frau jetzt wohl sagt?“ Nein, der Anzug war völlig verdreckt, und vielleicht hat der Hut des Edels auch noch so ein Loch reingehauen, genau da, wo man es nicht gut verbergen konnte.
„Ach egal“, sagt er, „dieser Heiland, da kommt der Messias, der ist auch ein Gewand wert.“ Und dann schlägt das Drittel aus. Er legt es sich um und geht davon. Und denkt: „Da habe ich richtig mitgemacht, ich habe einem Heiler meinen Sonntagsanzug geopfert.“
Und ahnt nicht, dass das viel zu wenig ist, viel zu wenig. Denn der Herr Jesus will nicht Kleider, das genügt mir nicht. Der Jesus will mehr. Der Herr Jesus will nicht Kleider, sondern Menschen. Er will dich und mich. Es geht im Evangelium ums Ganze. Er ist am Kreuz gestorben und hat für uns die unlösbare Schuld bezahlt, damit er uns loskaufte für Gott.
Sie haben mal den Katechismus gelernt, im zweiten Artikel, da wird alles von Jesus aufgezählt: erworben, gewonnen, von allen Sünden, von Tod und Teufel. Wissen Sie, wie es heißt? Auch dass ich sein Eigen sei, nicht mein Rock, ich, mein Rock auch, das kommt noch nie mehr, ich sei sein Eigen.
Meine Freunde, hier ist der haarscharfe Unterschied zwischen Christsein und christlich sein. Es ist so viel christlich unter uns, dass man langsam jetzt die Grenzen ziehen muss. Christlich sein ist auch noch ein breiter Weg, der in die Verdammnis führt. Christ sein ist der schmale Weg, der zum Leben führt. Und hier ist die Herrschaft die Grenze.
Wir sind eine sehr christliche Versammlung, nicht? Wir sind eine christliche Versammlung. Wir kennen Atheisten in der Versammlung, und sie alle miteinander – wir haben schon ganz schön vor Jesus hingebreitet. Wenn nicht gerade unsere Röcke, vielleicht auch unsere Röcke, die wir am Hilfswerk gestiftet haben, nicht? Nachdem wir sie nicht mehr tragen konnten im schönen Westdeutschland, haben wir sie doch am Hilfswerk gegeben für den Osten. War auch schon etwas, nicht?
Oder was haben wir für großartige Opfer hier für Jugendarbeit – muss ich wirklich anerkennen. Wir haben Jesus eine Menge hingebreitet. Und Sie sind immerhin heute Morgen alle früher aufgestanden, um halb neun zum Gottesdienst zu kommen, nicht? Da kann man ja überhaupt kaum wach bleiben so früh am Morgen, nicht?
So in meiner Ballortstraße schläft nun fast alles um die Zeit, und Sie sind da. Wir haben Jesus eine Menge hingebreitet. Und es ist gut, es ist schön. Aber, meine Freunde, es geht entscheidend um etwas anderes: Es geht um uns selbst. Das ist ein Schritt, der sich selbst umgeht. Krachen so und so viele Bindungen kaputt. Das ist in Ihrem Leben geschehen.
Wollen Sie nicht dieses Jahr richtig Advent feiern? Das wäre eine selige Adventszeit, wenn aus unserem Gottesdienst Menschen aus all der christlichen Halbheit herauskämen und wirklich Christen würden.
Ich will schließen mit einem Satz aus dem Weihnachtslied, der heißt so schön: „Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin und lass dir’s wohl gefangen.“
Und nun wollen wir beten:
Ich lag in tiefer Todesnacht, du wurdest meine Sonne. O Herr, nun gib, dass unser Herz auch lebendig wird aus dem toten Stein und dich einfach lieb haben kann. Gib uns doch Erkenntnis des Heils, was das Kleid deiner Gerechtigkeit ist, und schenk uns, ehe wir dahinfahren, dass unser Leben dir gehört – dir, dem Erlöser!
O Herr, du rufst uns nicht den Tyrann, du hast ja selber dich für uns geopfert. Wie sollte unser Leben nicht dir gehören? Amen!
