Wir lesen heute Jona 1. Wenn Sie mitlesen können: Einen Propheten findet man im Alten Testament auf Seite 847.
Bei den Konfirmanden sage ich das nicht mehr, aber bei Ihnen darf ich es noch einmal erwähnen: Das ist eine andere Bibel als die, die Sie zu Hause haben.
Jona 1, das ganze Kapitel – es geht um den Mann, der Nein sagte, dann aber doch ging. Heute betrachten wir den verweigerten Auftrag.
Die Flucht vor dem göttlichen Auftrag
Da geschah das Wort des Herrn zu Jona, dem Sohn Amitteïs: „Mache dich auf und geh in die große Stadt Ninive und predige dort! Denn ihre Bosheit ist vor mich gekommen.“
Aber Jona machte sich auf und wollte vor dem Herrn nach Tarsis fliehen. Er kam hinab nach Jaffo. Dort fand er ein Schiff, das nach Tarsis fahren wollte. Er gab den Fahrpreis und stieg ein, um mit ihnen nach Tarsis zu fahren und dem Herrn aus den Augen zu entkommen.
Da ließ der Herr einen großen Wind aufs Meer kommen. Es erhob sich ein großes Ungewitter, so dass man meinte, das Schiff würde zerbrechen. Die Schiffsleute fürchteten sich sehr und schrien jeder zu seinem Gott. Sie warfen die Ladung, die im Schiff war, ins Meer, damit es leichter würde.
Aber Jona war hinunter in das Schiff gestiegen, lag und schlief. Da trat der Schiffsherr zu ihm und sprach: „Was schläfst du? Steh auf, rufe deinen Gott an! Vielleicht wird dieser Gott an uns denken, damit wir nicht verderben.“
Die Konfrontation mit der Schuld
Und einer sprach zum anderen: „Kommt, wir wollen losen, damit wir erfahren, um wessen Willen es uns so übel geht.“
Als sie losten, fiel das Los auf Jona. Da sprachen sie zu ihm: „Sage uns, warum geht es uns so übel? Was ist dein Gewerbe? Woher kommst du? Aus welchem Land bist du, und von welchem Volk stammst du?“
Interessanterweise geht Jona auf all diese Fragen nicht ausführlich ein. Er antwortete nur: „Ich bin ein Hebräer und fürchte den Herrn, den Gott des Himmels, der das Meer und das Trockene gemacht hat.“
In diesem Augenblick ist Jona noch nicht einmal bewusst, dass zwischen ihm und Gott etwas zerbrochen ist. Sonst könnte er nicht so fromm daherreden.
Da fürchteten sich die Leute sehr und fragten ihn: „Warum hast du das getan?“ Denn sie wussten, dass er vor dem Herrn floh, da er es ihnen selbst gesagt hatte.
Sie sprachen weiter: „Was sollen wir mit dir tun, damit das Meer still wird und von uns ablässt?“ Das Meer wurde nämlich immer ungestümer.
Jona antwortete: „Nehmt mich und werft mich ins Meer, dann wird das Meer still werden und von euch ablassen. Ich weiß, dass dieses große Ungewitter um meinetwillen über euch gekommen ist.“
Doch die Leute ruderten, um wieder ans Land zu kommen. Sie konnten es aber nicht, denn das Meer wurde immer wilder und griff sie weiter an.
Da riefen sie zum Herrn und sprachen: „Ach Herr, lass uns nicht verderben um des Lebens dieses Mannes willen! Rechne uns nicht unschuldiges Blut zu! Denn du, Herr, tust, was dir gefällt.“
Sie nahmen Jona und warfen ihn ins Meer. Da wurde das Meer still und ließ von seinem Wüten ab.
Die Leute fürchteten den Herrn sehr, brachten ihm Opfer dar und taten Gelübde.
Herr, segne dein Wort an uns. Amen.
Die Meuterei des Propheten als Bild für den Ungehorsam
Es gibt einen ganz berühmten Filmklassiker, der zu Beginn der Filmtechnik entstand. Es handelt sich um einen Stummfilm, der immer wieder gezeigt wird, weil er so imposant ist. Der Film wurde vom bekannten Regisseur Eisenstein gedreht und heißt "Panzerkreuzer Potemkin".
Er erzählt die Geschichte, wie auf einem zaristischen Schiff eine Meuterei ausbricht, die sich dann im Hafen von Odessa abspielt, im Jahr 1905. Damals war es ein Arbeiteraufstand. Der Panzerkreuzer Potemkin stellt sich mit seiner Besatzung hinter diesen Aufstand.
In beeindruckender Weise wird in diesem Stummfilm mit seinen begrenzten Mitteln dargestellt, wie die großen Bataillone des Zaren im Stechschritt anmarschieren. Man sieht immer nur die gestreckten Füße, die vorgezogenen Bajonette und wie sie auf die wehrlosen Arbeiter zugehen, um den Aufstand niederzuschlagen. So versuchte das zaristische Regime einst, sich gegen die Meuterer durchzusetzen.
Wenn wir nun die Geschichte von Jonah betrachten, müssen wir sagen: Das ist auch eine Form von Meuterei. Da ist ein Prophet, der im Dienst Gottes steht und der plötzlich von heute auf morgen sagt: „Ich lasse mich doch nicht mehr von Gott bevormunden.“ Von außen betrachtet, wirkt das, was Jonah tut, noch viel kesser, unverfrorener und wahnsinniger als der Aufstand gegen die Macht der Bajonette.
Wie kann es ein kleiner Prophet, ein Mensch wie Jonah, überhaupt wagen, sich von Gott loszusagen? Wie kann er gegen den Herrn Himmel und Erde antreten und sagen: „Ich will jetzt mein eigenes Leben leben“?
Doch es ist merkwürdig: Wenn wir solche biblischen Geschichten lesen, sehen wir das oft so klar und sind erschrocken. Wir fragen uns: „Wie kann Jonah das nur tun?“ Bis wir plötzlich merken: Ist das nicht alles auch ein Bild meines eigenen Ungehorsams? Ist das nicht meine Meuterei gegen Gott? Ist das nicht mein Losschlagen gegen ihn und sein Wort?
Die verdeckte Verweigerung des Gehorsams
Nun fiel mir auf, dass ich die Predigtreihe falsch überschrieben hatte. Zunächst dachte ich, als ich an dem Bibelwort arbeitete: "Jonah, der Mann, der Nein sagte, und dann doch ging." Doch dann fiel mir auf, dass Jonah nie Nein gesagt hat. Oder wo hat Jonah Nein gesagt? Er hat überhaupt nie zu Gottes Wort, zu seinem Befehl, Nein gesagt.
Dabei wurde mir klar, dass es eine Form der Meuterei gibt, die unter Christen sehr verbreitet ist und an der wir alle leiden. Diese Form der Meuterei besteht darin, dass man nicht einmal Nein sagt. Es genügt, wenn man ausbricht aus dem, was Gott will, wenn man den Gehorsam aufkündigt und sein Leben selbst bestimmt.
Ich denke, es gibt kaum Menschen, die sich ganz bewusst von Gott lossagen. Es wird kaum jemanden geben, der ganz bewusst zu Gott Nein sagt. Doch die große Not liegt darin, dass bis hinein in die Kreise der Christen Menschen sich einfach durch ihr Verhalten von Gott getrennt haben und sich seinem Befehl entzogen haben.
Dabei kann man nebenher noch ein Herz für die Mission haben. Man kann sich nebenher noch viel für die Evangelisation einsetzen wollen. Aber man tut nicht das, was Gott einem aufgetragen hat. Man ist innerlich nicht mehr gehorsam.
Darum möchte ich Ihnen jetzt zeigen, wie das bei Jonah genau aussah, dieser verweigerte Dienst. Es ist interessant, wie er das gemacht hat, ohne Gott ein Nein entgegenzuschleudern, ohne zu meutern wie die Soldaten auf dem Panzerkreuzer Potemkin, sondern in einer sehr verdeckten, merkwürdig unklaren Weise Gott den Auftrag zu verweigern und ihn hinzuwerfen.
Ich habe vier Kennzeichen für diese Form des Verweigerns gefunden.
1. Das Gefühl der Unzuständigkeit
Das Erste, was Jona hier tut: Er fühlt sich nicht zuständig. Die Erzählung beginnt mit den Worten: „Es geschah das Wort des Herrn.“ Das ist eine biblische Redeweise, die ausdrücken will, dass es viel mehr ist, als wenn Gottes Wort nur irgendwo erklingt – wie ein Fetzen, der durch die Luft hallt. „Es geschah das Wort des Herrn“ bedeutet, dass Jona das Wort Gottes hört. Und wenn er es hört, ist es wie ein fester Block in seinem Leben, den er nicht mehr wegschieben kann.
Wenn Gott in unserem Leben redet, ist das eine Sache, kein bloßer Wortfetzen und kein Geräusch, das nur in unseren Ohren klingt. „Es geschah das Wort des Herrn“ ist ein Ereignis, das in unserem Leben einen festen Punkt setzt. Wir können drücken und schieben, wie wir wollen, aber diesen Block bekommen wir nicht weg. Wahrscheinlich liegt dieses „Es geschah das Wort des Herrn“ auch im Leben der größten Gottesleugner vor. Sie haben es einmal erfahren, wie es zu ihnen kam.
Es kam zu Jona, dem Sohn Amitais: „Mach dich auf und geh in die große Stadt Ninive und predige gegen sie, denn ihre Bosheit ist vor mich gekommen.“ Was macht Jona? Er fühlt sich nicht zuständig.
Warum fühlt er sich nicht zuständig? Es war doch ganz deutlich, dass Gott ihn direkt ansprach. Hier muss ich ein bisschen meine Fantasie zu Hilfe nehmen, aber ich denke, das dürfen wir auch bei diesem Bibelwort. Wir müssen darüber nachdenken, warum er nicht ging.
Wahrscheinlich hat er sich gesagt: Es hat doch gar keinen Sinn. Er kannte Ninive sehr gut. Ninive kam in seinen Predigten recht oft vor. Er hat oft über die Bosheit, den Unglauben, die Untreue und die Gottlosigkeit Ninives gepredigt. Er hat den Menschen gesagt: Es ist erschütternd, wie es heute in Ninive zugeht, schaut euch doch um!
Und nun sendet ihn Gott nach Ninive. Was soll denn in Ninive noch anders werden können? Wenn Christen natürlich den Sog der Gottlosigkeit sehen, wie wir das auch heute erleben, wie um uns herum der Abfall von Gott mit Riesenschritten voranschreitet, wenn wir erleben, mit welch einer Heftigkeit Menschen sich gegen das Wort Gottes wehren, wie sie den Anspruch Gottes in ihrem Leben wegwenden wollen, wie sie sich dem Wort Gottes entziehen und all das leugnen, was in ihrem Leben ja schon einmal von Gott erklungen ist, dann verstehe ich Jona so gut, der sagt: „Was soll ich in Ninive? Herr, wie stellst du dir das vor? Ich soll Ninive bekehren?“
Stellen Sie sich vor, Gott spricht Sie an. Meinen Sie, Sie könnten dorthin gehen und diese ganze, ja, wir sagen doch, das ist ein Zeitgeist, diese ganze Welle, diese Woge dieses Zeitgeistes von Ninive umdrehen? Was sollen Einzelne in diesen gottlosen Zeiten überhaupt noch tun, wo es kein Gottesgesetz, kein Recht und keine Liebe mehr gibt? „Es hat doch gar keinen Sinn“, sagt Jona. „Ich stehe doch auf einsamem Posten, und für Ninive ist Hopfen und Malz verloren. Ninive ist abgeschrieben. Da muss man sich damit abfinden, das gibt es in dieser Welt.“
Dahinter steht das Missverständnis, als ob Jona durch seine süßen Worte, die er redet, durch seine goldenen Worte, die er spricht, Ninive bekehren soll. Er ist doch nur das Werkzeug. Und er merkt gar nicht, dass in diesem Augenblick Gott in einer unbegreiflichen Liebe die Leute von Ninive noch einmal erreichen will – nicht, dass er es kann.
Wie oft höre ich Christen sagen, die dann sprechen und sagen: „Ja, ich weiß gar nicht, was ich bei einem Hausbesuch sagen soll, ich weiß nicht, was ich am Krankenbett sagen soll.“ Sie sind es doch auch gar nicht, die das entscheidende Wort dort sprechen. Meinen Sie, Ihre Wahl? Oder Sie sagen: „Ja, ich habe es jetzt, ich sage das Wort.“ Sonst ist doch der Herr, der zu Menschen gehen will und sich Werkzeuge aussucht, die von ihm reden, die bloß ihn bekennen, die nur sein Wort weitersagen. Das andere macht doch er.
Diese Verweigerung von Jona hat einen Grund: Er fühlt sich nicht zuständig, weil er sich nicht für geeignet hält. Und das ist eine Torheit ohnegleichen – derer, die Gott beruft. Als ob wir uns je geeignet fühlen könnten! Jeder denkt so von sich. Wenn schon der Prophet Jona, der schon damals berufen war, so dachte: „Ich bin nicht geeignet.“
Natürlich werden Sie sagen: „Ich bin nicht geeignet.“ Ich darf Ihnen auch bescheinigen: Sie sind bestimmt nicht geeignet. So wenig ich geeignet bin für jeden Dienst im Reich Gottes. Keiner war je geeignet. Wer denn? Sondern es ist ein immer neues Wunder, dass Gott sich sterblicher, sündiger Menschen bedient, um damit zu wirken. Dass Gott sich herablässt, da wo Menschen in Treue beginnen.
Und just dieser Jona, der ehrlicherweise sagen muss: „Ich bin eine Niete für diesen Dienst, ich tauge nicht, ich kann das nicht, wie soll ich eine Riesenstadt wie Ninive bekehren? Das kann ich doch nicht.“ Ausgerechnet dieser Mann wird das Werkzeug. Wie war es nachher? Eine ganze Stadt kehrt um und sucht Gott.
Ein Einzelner kann gegen den Strom schwimmen, weil Gott hinter ihm steht und sein Zeugnis bekräftigt. Wenn Gott ruft, dann geht es nicht um unsere Gaben und unsere Eignung. Das ist nur ein bisschen Stolz, wenn wir immer noch so fragen. Legen Sie das doch ab, als ob wir es könnten!
Wenn Jona zugeben muss, er kann es nicht einmal, obwohl er nachher doch ein erfolgreicher Evangelist war. Gott ruft uns und duldet die Verweigerung nicht, weil er sagt: Es geht doch nicht um deine Gaben, sondern sieh auf meine Barmherzigkeit.
Wissen Sie, warum wir Hausbesuche machen? Weil Jesus Christus schon vorher bei diesen Menschen war, bevor wir an der Tür klingeln. Und wenn Sie morgen mit einem Menschen ein Gespräch führen, dann dürfen Sie Gott danken, dass er schon vorher mit diesem Menschen gesprochen hat und dass das Erbarmen Gottes ganz neu diesem Menschen gilt.
Jona fühlt sich nicht zuständig, weil er es für sinnlos hält, weil er das Erbarmen Gottes nicht versteht oder aus einem anderen Grund, den wir nennen können: Er denkt, als Einzelner kann ich doch nichts ausrichten. Das ist auch schon eine Redeweise. Wir warten dann, dass eine große Aktion läuft.
Ich freue mich, dass jetzt für diese Evangelisation im Juni in unserer Stadt einige hundert Mitarbeiter gesucht werden. Ich weiß eigentlich nicht, wer sich heute noch davon drücken kann aus unserem Gottesdienst. Eigentlich müssen wir da alle mitmachen.
Das ist ja noch prima, wenn da andere mit uns gehen. Wenn wir jetzt so allein das tun müssten... Jona hätte bestimmt nichts dagegen gehabt, wenn man gesagt hätte: „Jona, wir suchen dich als einen von 400. Dann machen wir eine Aktion in jedes Haus und stecken alle Briefkästen von innen mit einem Traktat voll.“ Jona hätte gesagt: „Mit Freuden mache ich mit. Klar, da gebe ich noch mein Geld dafür.“
Oder wenn man gesagt hätte: „Billy Graham macht eine Großevangelisation.“ Dann hätte Jona gesagt: „Da finanziere ich gleich freiweg tausend Mark, dann bin ich mit und melde mich für die Fürbitteliste. Ich stehe ganz im Gebet dahinter.“
Aber er geht nicht. Er geht nicht als Einzelner.
Da gibt es Christen, die sagen: „Ich stehe ganz allein als Einzelner in meiner Familie. Da geht heute Morgen niemand mit zum Gottesdienst.“ Natürlich, weil Gott sie als Einzelnen zum Segen setzen will in ihrer Familie, als Einzelnen in der Schulklasse, als Einzelnen in einem Mehrfamilienhaus. Denn das ist Gottes Art: Er kann einen Solodienst so segnen, dass daraus eine gewaltige Wirkung wird.
Und das Wunderbare war ja, dass es in der Kirchengeschichte solche Einzelne gab, die nicht gewartet haben. Die waren gar nicht geeignet oder oft ungebildet, unbegabt, aber sie haben Gott beim Wort genommen und seinen Befehl ernst genommen. Dann sind daraus große Bewegungen geworden, und sie haben viele mitgerissen.
2. Die Ablenkung durch andere Aufgaben
Ein weiterer Grund, warum Jonas sich nicht zuständig fühlt
Ich muss das so ausführlich erklären, weil ich meine, es berührt doch manche Gedanken bei uns. Dann sehen wir, wie es bei uns gar nicht anders ist. Jonas fühlt sich nicht zuständig, weil er sagt, es hat keinen Wert. Er sagt: Ich bin ein Einzelner. Vielleicht fühlt er sich auch deshalb nicht zuständig.
Das ist ein übles Reden unter Christen über das Fühlen. Manche sagen: Ich fühle nichts. Manche haben den Dienst sogar wieder aufgegeben, weil sie sagten: Ich fühle mich da irgendwie nicht glücklich.
Nun möchte ich nicht von mir und meinen Gefühlen reden, das wäre absurd. Ich habe große, bekannte Evangelisten aus nächster Nähe erlebt, die vielen Tausenden zum Segen geworden sind. Ich habe miterlebt, wie sie oft kaum die Kanzel besteigen konnten, weil sie mit den Nerven am Ende waren.
Vom Fühlen her kann ich doch den Dienst nicht begründen. Glauben Sie, ich fühle mich wohl, wenn man an einer Tür klingelt und wartet? Ich war schon oft froh, wenn die Tür nicht aufging und niemand da war, obwohl ich umsonst gelaufen bin.
Unser Fühlen fühlt sich doch nie glücklich an. Wenn wir auf dieser ganzen Klaviatur unserer Gefühle spielen, dann spielt der Teufel mit! Fortwährend fühlt man sich nie glücklich, und man fühlt das auch nie als seinen Auftrag.
Übrigens steht im Wort Gottes nie, dass man es fühlen sollte. Manche Leute warten immer wieder, bis etwas Besonderes in ihren Gefühlen passiert. Doch in ihren Gefühlen passiert gar nichts Besonderes. Es kommt auch kein Engel vom Himmel, kein goldenes Zettelfeld vom Himmel und kein Wunder passiert.
Aber der Befehl ist da, das Wort Gottes. Und dieses Wort ist klar. Diesen Missionsbefehl kann kein Christ von sich wegweisen. Es ist nicht jedem zum Auftrag gemacht, dass er auf die Kanzel gehen muss, aber Zeuge muss er sein. Er muss von Jesus reden.
Sein Leben, sein Dienst in der Welt und sein Gespräch müssen immer wieder ein Zeugnis ablegen: Jesus Christus, mein Herr, der mich erlöst hat, dem ich gehöre.
Wenn Sie fühlen wollen: Jonas fühlte sich nicht zuständig. Wir lesen bei der Bekehrung des Paulus, dass er sagt: Ich besprach mich nicht mit Fleisch und Blut.
Als damals Gott zu mir sprach, wusste ich, das ist eine Klippe. Wenn ich das jetzt mit meinen Gefühlen koordinieren will, dann geht das schief. Darum wehren wir uns gegen dieses moderne Sensitivitätsgefühl im Glauben.
Das hat in der Glaubenssache gar nichts zu tun. Natürlich will ich es irgendwo in meinem Leben auch erfahren, aber wir wissen, dass das viel, viel später als ein Geschenk Gottes nachkommt – wann und wo er will.
Es gibt Augenblicke, in denen wir uns gar nicht fühlen, als ob wir dem Herrn gehören, und wir trotzdem glauben. Wir geben dem Herrn unser Ja, auch wenn wir innerlich ganz zerrissen sind.
Jonas fühlt sich nicht zuständig, weil er nicht merkt, dass es ein Wort, ein Befehl ist, dem er gehorchen muss.
Und jetzt wissen Sie auch, warum die Evangelisation in der Christenheit so sehr behindert wird. Nicht durch ein klares Nein, nicht durch irgendwelche schwerwiegenden Gründe, sondern durch Menschen, die wie wir alle Jonas ähnlich sind.
Wir verweigern und wir meutern in dieser sehr feinen Art, in dieser sehr verdeckten Weise.
3. Die Gleichgültigkeit gegenüber Warnungen und Unheil
Zweite Art der Verweigerung
Man hat gerade anderes zu tun. Jonah sagt nicht einfach nein, sondern er hat gerade andere Dinge zu erledigen. Das ist interessant, wenn man es genauer betrachtet. Ich muss das ausführlich erklären, weil hier deutlich wird, warum man so oft nein sagt. Selbst wenn man nie das Wort „nein“ ausspricht, sagt man doch oft nein, ohne es zu sagen.
Jonah hört das Wort, und dann heißt es: Er machte sich auf. Es scheint fast so, als ob er nach Ninive gehen wollte. Er verließ das Haus und ging am Hafen vorbei. Vielleicht wollte er sehen, ob gerade ein Schiff ablegt. Nun war es etwa 480 Jahre vor Christi Geburt, zur Zeit des Zweiten Tempels. Damals gab es keine Busse, aber stellen Sie sich das plastisch vor: Jonah kommt zufällig zum Hafen oder wollte dorthin gehen. Da steht ein Schiff, und er fragt einfach mal so: „Wohin fahrt ihr?“ So beginnt es oft.
Die Leute antworten: „Wir fahren nach Tarsis.“ Und Jonah denkt: Das ist genau das letzte Ziel, in die entgegengesetzte Richtung, prima! Dann fragt er, ob zufällig noch ein Platz frei sei. Sie sagen: „Da hat gerade jemand abgesagt, es ist ein Platz frei.“ Und jetzt wissen Sie, was normalerweise fromme Leute sagen: „Das hat der Herr wunderbar gefügt.“ Sie sagen, es sei wunderbar, dass alles so zusammenpasst, und man könne doch auch in Tarsis missionieren.
Es fällt mir schwer, das nur in kurzen Andeutungen zu sagen, weil mir im eigenen Leben und im Leben vieler Menschen plötzlich ganz konkrete Situationen vor Augen stehen, in denen man nicht wahrhaben wollte, dass es schreckliche Wege der Sünde waren. Man sagt dann: „Das hat doch der Herr so wunderbar gefügt.“ Wenn ich Ihnen das nun auf eine plumpe Weise erklären wollte, denken Sie an einen Bankräuber, der eine Bank überfällt und am Ende sagt: „Aber der Herr hat mir doch zum Erfolg verholfen.“ So plump mache ich es nicht. So plump denken wir, wenn wir kein ausdrückliches Ja Gottes für unsere Wege haben.
Worauf begründen wir es denn? Prüfen Sie sich selbst: Die meisten unserer Entscheidungen sind vom Zufall bestimmt, und wir sagen dann glücklich: „Das hat Gott wunderbar gefügt.“ Es gibt reiche Leute, die sagen: „Der Herr war mit mir dort, er hat mich gesegnet, schauen Sie mein Bankkonto an.“ Meinen Sie, das sei ein Beweis, dass das von Gott kam? Lot zog auch nach Sodom und wurde reich, und das war kein Weg Gottes.
Es gibt unter uns ein dummes Denken von Vorherbestimmung, das nichts anderes als islamisch ist, aber mit dem christlichen Glauben nichts zu tun hat. Wir lassen uns nicht vom Zufall bestimmen – das gibt es. Und es fällt auf, dass in der Bibel oft erzählt wird, dass es Situationen gibt, in denen Zufälle sich wunderbar ergeben, sodass man Gott nur danken kann.
Zum Beispiel, als David von Saul verfolgt wurde und in der Höhle Adullam war. Nun könnte man sagen, das sei Zufall oder Vorhersehung Gottes, dass Saul genau in diese Höhle ging, in der David hinten saß. Saul schläft dort ein, ohne Begleiter, keiner wacht. David geht mit seinem Begleiter vor und denkt: „Jetzt ist doch sonnenklar, dass Gott mir Saul in die Hand gegeben hat. Stich einmal zu, dann brauchst du nie mehr zustechen. Jetzt hast du ihn. Nimm den Lanz und heb ihn über den Kopf.“ So eine Situation ist doch mit Händen zu greifen.
Man könnte sagen: Warum sollte das nicht von Gott sein? Gott hätte es doch verhindern können, er hätte es anders machen können. Aber er hat es so gefügt, dass gerade Saul in diese eine Höhle geht, in der David sitzt, und dann schläft. David kann es wirklich tun, aber er sagt – und das unterscheidet einen glaubenden Menschen von einem frommen Heiden –: „Wie sollte ich so großes Übel tun und den Herrn sündigen?“
Einige von Ihnen erinnern sich noch daran, dass wir vor einiger Zeit über Josef im Hause Potifars gesprochen haben. Auch dort zeigt sich die Situation so großartig: In dem Augenblick, als die Frau ihn bedrängt, war niemand im Hause. Die Frau war hübsch, und die Bibel erzählt, dass niemand da war. Die Situation war eindeutig. Die Zehn Gebote waren damals noch nicht gegeben, Josef hätte sich also darüber hinwegsetzen können. Er hätte es nicht so genau nehmen müssen. War das nicht ein Augenblick, in dem er hätte sagen können: „Ich muss auch diese Frau berücksichtigen, ihr Liebe und Zärtlichkeit geben“? Aber er sagt Nein, obwohl die Situation genau dafür spricht: Nein, ich kann nicht.
Was denken Sie? Ein Daniel hätte längst aus der Löwengrube klettern können, da wäre sicher auch noch ein Türchen gewesen. Aber er hat gar nicht danach gesucht. Er wollte treu sein. Wieder hat er sich nicht von Zufällen leiten lassen, weder von seinem Gefühl noch von den Umständen um ihn herum, sondern vom Wort Gottes.
Wenn Sie das nicht stur tun und es gerne riskieren, deswegen von anderen als Fundamentalist bezeichnet zu werden, weil Sie sich auf das Fundament des Wortes Gottes berufen, dann sagen Sie ja. Wo das Wort Gottes klar in Ihr Leben spricht und Gott klare Linien gezogen hat, wollen Sie stur sein. Denn Sie sehen, dass Ihre Sinne Sie betrügen und dass die Zufälle nicht vom Herrn kommen, sondern vom Teufel.
Die Zufälle kommen nicht vom Herrn. Wir wollen daraus keine Theologie machen, als ob diese Zufälle vom Herrn wunderbar geschenkt seien. Der Herr führt Jona nicht nach Tarsis, sondern auf dem Weg der Sünde. Da reiht sich ein Schritt an den anderen wie Perlen an einer Schnur, es geht ohne Schwierigkeiten.
Der Weg des Glaubens ist oft steinig und dornig, aber er ist ein vom Wort Gottes gewiesener Weg. Nun muss man sich entscheiden, welchen Weg man gehen will. Die Verweigerung geschieht dort, wo man sich dem klaren Befehl Gottes entzieht. „Jona, geh!“ – das Wort des Herrn geschah zu ihm. Dort, wo das Wort des Herrn im Leben klar wurde und gerufen hat.
Drittens, ...
4. Die Unerschrockenheit angesichts des Todes
Dritte Form der Verweigerung
Man lässt sich nicht stören. Es wundert mich, wie diese heidnische Schiffsbesatzung ein offenes Ohr hat und ein Empfinden für das, was da geschieht. Heiden merken ganz genau, wenn ein schreckliches Unglück passiert, dass Gott mit seinem Zorn da ist. Sie wissen auch noch, dass es so etwas gibt.
Wahrscheinlich ist die große Gleichgültigkeit, die heute weltweit zu beobachten ist, eine Folge der christlichen Verkündigung. Dabei wird die Liebe Gottes nur zur Besänftigung der Unruhe genommen und zur Beruhigung des Gewissens missbraucht. Der einzige, der ruhig schlafen kann, ist Jona. Das ist erschütternd und erklärt, warum Christen im Dienst für Gott versagen.
Heiden werden wach, wenn ein schreckliches Gericht Gottes in der Welt geschieht. Das heißt, wenn es Erdbeben, Teuerung, Armut und Hunger gibt. Dann fragen wir leicht, wie Gott das zulassen kann, und meinen vielleicht, Gott wolle damit ein sündiges Weltenzeichen geben.
Wenn man dieses Kapitel liest, möchte man versucht sein zu sagen, dass die Gerichte Gottes ausschließlich geschehen, um fromme Menschen zum Wachen zu rütteln. Gott lässt den Wind kommen, damit Jona aufwacht. Und die Gerichte in der Welt geschehen, damit Christen aufwachen.
Vor bald 30 Jahren wurde diese Ludwig-Hofacker-Kirche eingeweiht. Es gab drei Abendvorträge. Ich habe gestern einen gelesen von Prälat Hartenstein. Er sprach damals, 1950, vor 30 Jahren, davon, dass es noch drei Länder auf der Welt gibt, in die die Missionsboten Gottes nicht gekommen sind. Man wolle alle Kraft daransetzen, diese drei Länder zu erreichen.
Eines von diesen drei, in dem es noch keine christliche Gemeinde gab, war Afghanistan. Was jetzt geschieht – ist das nicht ein Gericht Gottes, um uns wachzurütteln? Haben wir nicht versagt? Warum haben wir nicht noch mehr getan, um das Wort des Herrn auszubreiten?
Es ist bewegend, was andere tun, aber wo ist mein Dienst? Wo ist mein Beitrag? Die ganze politische Geschichte – ist das nicht ein Geschehen Gottes, womit er uns wachrütteln will, so wie er Jona wachrüttelt? Aber Jona schläft ja. Und wenn er aufwacht, denkt er vielleicht zuerst, das geschieht, weil die Leute Ninive Buße nötig haben.
Er kommt nicht darauf, dass Gott mit seinen Gerichten seine Leute heimsuchen will und zuerst an uns denkt. Als dann die um ihn herumstehenden Matrosen ihn endlich wachgerüttelt haben und ihm sagen: „Jona!“, steht er auf und legt ein tadelloses Bekenntnis seines Glaubens ab.
Das kann er aus dem Effeff perfekt aufsagen: „Ich glaube an Gott, ich bin ein Hebräer und fürchte ihn.“ Dass das mit seinem Leben längst nicht mehr stimmt, merkt er in diesem Augenblick nicht. Das ist Meuterei gegen Gott in einer sehr verdeckten Form.
Wir erschrecken, weil es sich mit unserem Leben deckt. Gott will uns als Gehorsame haben, die im Leben bekräftigen, was er ihnen aufgetragen hat.
5. Die verdeckte Meuterei bis zum Ende
Und ein viertes: Diese Meuterei geschieht anders als auf dem Panzerkreuzer Potemkin. Sie geschieht verdeckt. Man fühlt sich nicht zuständig für das Wort, man hat anderes zu tun, man ist gerade beschäftigt.
Drittens lässt man sich durch kein Geschehen stören, auch nicht durch das Unheil um ein Heer. Und dann viertens fürchtet man den Tod nicht. Selbst da ist Jonah noch grandios: „Werft mich ins Meer, ich werde ein Opfer sein, ich bin ein Sünder, das habe ich von Gott erkannt. Dann hat es eben keinen Wert, dann bin ich eben von Gott verstoßen“, so kann man das alles sagen.
„Wann werft ihr mich ins Meer? Dann sterbe ich eben. Ich fürchte ja als gläubiger Mensch den Tod nicht mehr. Vielleicht kriege ich ein Stückchen der Gnade Gottes, vielleicht kriege ich keine Gnade Gottes.“ Wie kann man so fromm daherreden? Sie kennen alle die Sprüche.
So lässt er sich ins Meer werfen. Warum eigentlich sagt Jonah nicht dort: „Ihr Männer, ich habe einen Fehler gemacht, ich will umkehren.“ Er sollte doch Umkehr in Ninive predigen. „Ich will umkehren, wenn ich hier sterben muss.“
Dann möchte ich nur Sie rufen, dass all das, was wir gesprochen haben, Sie wohl in Unruhe versetzen sollte. Aber mit dem einen Ziel: Dass jetzt der Augenblick der Umkehr ist, dass da die Stunde gewesen wäre, wo Gott gesagt hätte: „Ich bin da auch auf dem Schiff.“
Wissen Sie, wenn Sie diese Umkehr verpassen, glaube ich nicht, dass Gott für Sie noch einmal einen Fisch schafft. Jonah hat einen geschaffen, für Sie wird er wahrscheinlich keinen schaffen. Und wenn Sie dann ins Meer geworfen werden, fürchte ich, dass es keine Rettung gibt.
Ich glaube, dass wir uns da von Jonah tüchtig unterscheiden, leider. Aber er hätte doch umkehren können. Warum hat er nicht gemerkt, dass Gott auch noch auf dem Schiff da war als ein gnädiger Gott, wie sich ein Vater über Kinder erbarmt? So erbarmt sich der Herr über die, die ihn fürchten.
„Warum kommst du nicht, Jonah? Warum lässt du dich denn nicht rufen? Warum lässt du dich denn nicht senken?“ Gott will uns heute rufen. Wenn Sie sagen, wo? Ich glaube, in Ihrem Leben ist es schon längst klar, wo Gott Sie braucht, wo er klare Entscheidungen von Ihnen will, wo er will, dass Sie Dinge lassen sollen, wo Sie neue Wege gehen, alte abbrechen, wo Sie Entscheidungen fällen, wo Sie Untreue bekennen vor ihm, wo Sie gehorsam leben, wo Sie das Wort Gottes genau nehmen an den Punkten, wo Gott Ihr Leben erneuern will, von Grund auf.
Und wo Gott einen Dienst für Sie hat, wo Sie erkennen: „Da wird mein Leben von Gott gebraucht, da will ich ihn beim Wort nehmen, und nun kann ich nicht mehr ausweichen wie Jonah. Jetzt ruft er mich, jetzt braucht er mich.“
Ich will Sie einladen, diesen Ruf Gottes in Ihrem Leben anzunehmen und ein Ja dazu zu sagen. Ein freudiges, fröhliches Ja und sagen: „Danke, dass du mein Leben so gebrauchen willst, danke, dass du mich sendest und dass du etwas Neues machen kannst.“ Amen!
