Einführung und Ausgangspunkt des Predigttextes
Sie können gerne die Bibel aufschlagen und den Text lesen. Dieser Abschnitt wird später auch der Predigt zugrunde liegen.
Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht, denn es ist Gottes Kraft zum Heil für jeden, der glaubt – zuerst für den Juden, dann auch für den Griechen.
In ihm wird die Gerechtigkeit Gottes offenbart, die aus Glauben zum Glauben führt. Wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben.
Gottes Offenbarung und die Reaktion der Menschen
Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen. Diese Menschen halten die Wahrheit durch Ungerechtigkeit nieder.
Denn das, was von Gott erkannt werden kann, ist unter ihnen offenbar. Gott selbst hat es ihnen offenbart. Sein unsichtbares Wesen, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, wird seit der Erschaffung der Welt in den Geschöpfen wahrgenommen und erkannt.
Dies geschieht, damit sie ohne Entschuldigung sind. Denn obwohl sie Gott kannten, verherrlichten sie ihn nicht als Gott und brachten ihm auch keinen Dank dar. Stattdessen verfielen sie in ihren Überlegungen der Torheit, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert.
Indem sie sich für weise hielten, wurden sie zu Narren. Sie verwandelten die Herrlichkeit des unverweslichen Gottes in das Bild eines verweslichen Menschen, von Vögeln, vierfüßigen und kriechenden Tieren.
Gottes Reaktion auf die Ablehnung
Darum hat Gott sie dahingegeben in die Gelüste ihrer Herzen, sodass sie ihre Leiber in Unreinigkeit untereinander schänden. Sie haben die Wahrheit Gottes in Lüge verwandelt und dem Geschöpf Ehre und Dienst erwiesen, statt dem Schöpfer, der gepriesen sei in Ewigkeit. Amen.
Deswegen hat Gott sie auch in schändliche Leidenschaften dahingegeben. Ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr in unnatürlichen verwandelt. Ebenso haben die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen und sind in ihrer Wollust zueinander entbrannt. Sie trieben Schande miteinander, Männer mit Männern, und empfingen den gebührenden Lohn für ihre Verirrung an sich selbst.
Da sie es nicht für gut hielten, Gott in der Erkenntnis festzuhalten, hat Gott sie dahingegeben, einen verworfenen Sinn zu haben, um Dinge zu tun, die nicht geziemen. Sie sind erfüllt von Ungerechtigkeit, Bosheit, Habgier, Schlechtigkeit; sie sind voll Leid, Mord, Streit, List, Tücke, Ohrenbläserei und Verleumdung. Sie sind Gotteshasser, gewalttätig, hochmütige Prahler und Erfinder böser Dinge.
Sie sind ungehorsam gegenüber den Eltern, unverständig, treulos, ohne natürliche Liebe und unbarmherzig. Obwohl sie Gottes Rechtsanforderungen kannten, die solches Tun des Todes würdig machen, übten sie es nicht nur selbst aus, sondern fanden auch Wohlgefallen an denen, die es tun.
Zeugnisse persönlicher Glaubenserfahrungen
Gemeinsam können wir erfahren, dass Gottes Treue etwas Bleibendes ist. Das erleben wir immer wieder in unserem Leben.
Gestern haben wir von Anja gehört, wie sie als kleines Kind zum Glauben an Jesus Christus gefunden hat. Später hat sie diesen Glauben noch einmal bewusst in ihrem Leben bekräftigt. Es ist sicherlich spannend, wenn wir die Gelegenheit haben, uns untereinander auszutauschen. Dabei können wir hören, wie Gott jeden von uns zu sich gezogen hat – auch wenn das nicht unbedingt von hier vorne geschieht.
Jetzt gibt es noch einmal die Möglichkeit, zu hören, wie Gott auf eine ganz andere Weise gewirkt hat. Achim wird uns erzählen, wie Gott ihn angesprochen hat und wie er zum Glauben an Jesus Christus gekommen ist. Er wird ein bisschen aus seinem Leben berichten.
Die Suche nach dem Lebensziel und die Leere ohne Gott
Es ist immer wieder die Frage in uns: Wo lebst du eigentlich hin? Was ist dein Ziel für morgen? Was ist es übermorgen? Was ist es in zwei Jahren, in fünf Jahren, in zehn Jahren?
Für mich war diese Frage damals, als ich noch ein jugendlicher Mensch und Kind war, schon klar beantwortet: Du wirst eines Tages Musiker werden. Das war mein größtes, mein höchstes Ziel.
Ich bin in einer Musikerfamilie aufgewachsen, in Süddeutschland, in der Nähe von Tübingen, in einem kleinen Dorf mitten im Wald. Später habe ich Musik in Stuttgart studiert. Mein Fach war Kontrabass.
Mit 23 Jahren hatte ich bereits eine Position in Braunschweig an einem Staatstheater, also in der Oper, und spielte dort als Solokontrabassist. Das war mein Ziel, das ich damals erreichen wollte – und ich habe es erreicht. Damit war die Frage beantwortet: Was möchtest du erreichen? Was ist dein größtes Ziel? Das war abgehakt.
Doch manchmal fällt man in ein tiefes Loch, wenn man plötzlich merkt, was das Ziel überhaupt wert war, auf das man hingelebt hat. Ich dachte damals: Na, jetzt hast du 42 Jahre Staatstheater Braunschweig vor dir – war’s das?
Ich habe gemerkt, dass ich mein ganzes Leben um die Musik herum gebaut hatte. Manche machen das anders: Sie bauen ihr Leben um die Modelleisenbahn oder den Computer herum. Man kann sein Leben nur so richtig um einen Kern herum aufbauen. Bei mir war es eben die Musik.
Doch als ich sah, dass sich das irgendwie nicht gelohnt hatte, brach alles in sich zusammen. Ich war zwar ganz oben auf der Karriereleiter angekommen, aber das war es wohl, oder?
Ich habe gemerkt, mein Herz ist wirklich leer. Ich war damals schon evangelisch aufgewachsen, hatte Konfirmation und alles, was dazugehört. Für mich war das schon irgendwie nicht nur so ein Ritual, bei dem die Verwandten kommen und viel Geld bringen, bei der Konfirmation ein großes Fest stattfindet und die Familie sich trifft. Es war schon ein bisschen ernster für mich.
Gott war für mich schon ein Begriff, irgendwie. Aber ganz neu war für mich, dass man Gott persönlich kennenlernen kann.
Ich habe damals, als ich da angekommen war, gemerkt: Mir fehlt etwas. Mir fehlt etwas. Ich komme mit meinem Leben so nicht klar.
Begegnung mit Gott und Neuanfang
Und ich habe mich auf die Suche nach Gott gemacht. Ich bin also durch verschiedene Kirchen gegangen, eine nach der anderen. Schließlich traf ich einen Pastor, der sagte: „Mensch, komm mal mit zum Frühstück, und erzähl mir ein bisschen aus deinem Leben.“ Da dachte ich: Wo gibt es denn so etwas? Ein Pastor, der sagt, komm mal mit zum Frühstück!
Also bin ich mitgegangen und dachte mir, du bist jetzt mal so frech und gehst einfach mit. Dann schmiere ich mir auch noch ein Brötchen beim Pastor. Danach dachte ich, jetzt nutze ich auch die Chance und frage ihn zum Beispiel: „Sag mal, eine Sünde, das ist mir schon ein Begriff, das kenne ich aus meinem Leben. Aber es gibt auch den Begriff Sündenvergebung. Da passiert irgendwas. Was ist das?“
Er hat mir mit ganz einfachen Worten erklärt, was Sündenvergebung bedeutet. Und sogar ich habe das verstanden. Zwei Wochen später bin ich dann mal in die Gemeinde gegangen, in der er war. Ich dachte mir, na, guckst du mal da rein. Dort war früh morgens um sechs so ein Gebetsfrühstück. Die Leute trafen sich einmal in der Woche, bevor sie zur Arbeit gingen. Sie frühstückten, beteten und gingen dann arbeiten.
Ich dachte, jetzt schaust du mal rein, das werden sicher ganz heilige Leute sein, vielleicht mit einem leichten Glanz um den Kopf, die über dem Boden schweben oder so ähnlich. Aber als ich reinging, waren es ganz normale Menschen, so wie du und ich. Als sie anfingen zu beten, verstand ich plötzlich: Gott ist nicht irgendwo, sondern Gott ist hier. Er ist heute in diesem Raum.
An diesem Morgen hat Gott zu mir gesprochen. Ich sagte: „Jesus, dieses Leben ist eigentlich Schrott, es gibt keine Zukunft mehr für mich.“ Ich bat: „Herr Jesus, wenn es dir gefällt, dann nimm du mein Leben. Ich möchte tun, was du sagst, und es soll dir gehören. Du sollst das Verfügungsrecht über mein Leben haben.“
In diesem Moment kehrte unglaublich viel Freude in mein Herz ein. Es war, als wäre ich richtig ins Licht eingetaucht. Seitdem hat sich meine Frage verändert: Wohin lebst du? Heute kann ich sagen: Ich lebe für den Himmel. Ich bin für den Himmel gemacht. Meine Zukunft ist die Herrlichkeit Gottes. Ich werde einmal beim Vater sein.
Herausforderungen im Glaubensleben und Vertrauen auf Gottes Treue
Dass dieser Weg des Lebens manchmal nicht einfach ist, wissen wir alle. Bei mir gab es zum Beispiel einige Jahre später eine schwere Situation: Ich bekam Krebs, musste eine Chemotherapie hinter mich bringen und konnte dabei erleben, dass das, was wir gerade in Wied gesungen haben, bleibend seine Treue ist.
Seine Treue bleibt, egal wie schwer unser Weg sein mag. Ich habe dort auch erfahren, dass wir Menschen durchaus die Frage stellen dürfen: Warum? Warum Gott? Warum? Diese Frage dürfen wir Gott stellen. Jesus hat sie am Kreuz auch gestellt.
Auf diese Frage bekommen wir nicht immer eine Antwort. Trotzdem dürfen wir Gott unser Vertrauen aussprechen. Wir dürfen ihm das Vertrauen schenken, dass er es wirklich gut mit uns meint.
Vielleicht werden wir eines Tages in der Herrlichkeit die Antworten erhalten, vielleicht auch nicht. Möglicherweise werden wir uns einfach nur an der Gegenwart Gottes freuen und an dem Ziel, auf das wir zuleben.
Reflexion über den Lebensmittelpunkt und die Einladung zur Umkehr
Das ist sicherlich eine wichtige Frage. Man merkt das, wenn wir etwas aus dem Leben eines Menschen hören. Es spricht uns immer wieder an, weil es uns selbst in Frage stellt.
Hier, denke ich, stellt sich die Frage: Worum habe ich mein Leben gebaut? Wenn ich merke, dass etwas Falsches im Zentrum, im Mittelpunkt meines Lebens steht, dann ist es, denke ich, ganz gleich, wie alt wir sind.
Ob wir ganz jung sind und eben erst am Anfang unserer beruflichen Karriere stehen, so wie Achim es gesagt hat, oder ob wir eine lange Karriere hinter uns haben – wenn wir merken, dass der Kern hohl ist, dass der Kern faul ist, um den wir unser Leben gebaut haben, dann ist es jederzeit am besten, diesen Kern fallen zu lassen.
Es ist gut, Jesus Christus als den Kern des Lebens zu nehmen, als das, was ewig bleibt – selbst wenn wir sterben werden.
Gemeinsames Lob und Vorbereitung auf die Predigt
Wir wollen jetzt gemeinsam die Gelegenheit nutzen, ein Opfer einzusammeln. Ja, Gott hat jeden von uns mit Begabungen ausgestattet. Vielleicht kann nicht jeder von uns Alphorn blasen – ich kann es nicht, und ich weiß nicht, wie viele von Ihnen das können. Aber Gott hat jedem von uns Begabungen gegeben.
Es ist schön, wenn wir uns gemeinsam daran freuen und Gott damit loben können. Wir wollen das jetzt alle tun – auf eine Weise, die hoffentlich für jeden möglich ist.
Dazu werden wir noch einmal ein Lied singen und danach der Predigt zuhören.
Thema der Predigt: Gott erkennen ist Leben
Die Predigt des heutigen Morgengottesdienstes habe ich unter das Motto gestellt: „Gott erkennen ist Leben“. Dieses Thema lehnt sich an eine Aussage von Leo Tolstoi an, der einmal schrieb: „Gott kennen ist Leben“. Hier möchte ich jedoch noch einen Schritt weitergehen: Es geht um das „Gott erkennen“.
Zunächst müssen wir dahin kommen, dass wir sagen können, wir kennen Gott. Dabei geht es nicht nur darum, seinen Namen zu kennen, sondern ihn persönlich zu erfahren. Doch wie gelingt uns das? Wenn wir davon sprechen, Gott zu kennen, muss es auch eine Zeit gegeben haben, in der wir ihn nicht kannten.
Ein Beispiel: Wenn ich sage, ich habe meine Frau kennengelernt, dann gab es auch eine Zeit, in der ich sie nicht kannte. Oder wenn jemand vor einem Unglück warnt und dieses Unglück tatsächlich eintritt, dann gab es vorher eine Phase, in der alles friedlich war und den Menschen gut ging.
Ich erinnere mich an die Fähre Estonia, die vor etwa zwei oder drei Jahren in der Ostsee untergegangen ist. Sicherlich gab es dort ein klares Vorher und Nachher. Fast alle oder sogar alle Menschen, die bei diesem Unglück ums Leben kamen, hätten vielleicht gerettet werden können, wenn jemand vorher aufgestanden wäre und gewarnt hätte: „Passt auf, das Schiff wird gleich untergehen! Geht schnell in die Rettungsboote und bringt euch in Sicherheit!“
So ist es oft mit dem Vorher und Nachher: Viele Menschen merken erst, wenn es zu spät ist, dass sie auf dem falschen Dampfer sitzen, wenn ich das so sagen darf. Sie haben auf die falsche Zahl gesetzt, sich auf das falsche Wort verlassen oder der falschen Wahrheit vertraut.
Paulus beschäftigt sich genau mit diesem Thema im ersten Kapitel des Römerbriefs. Er beschreibt, wie Menschen leben, die Gott nicht kennen. Wir wollen uns anschauen, wie es bei Menschen aussieht, die Gott nicht kennen, wie es dazu kommt, dass wir Gott kennenlernen, und wie das Leben mit Gott aussieht.
Allerdings beginnt Paulus zuerst damit, nämlich in den Versen 16 und 17, wo er schreibt, wie es ist, wenn jemand mit Gott lebt. Deshalb werde ich die Verse 18 bis 32 zuerst behandeln. Darin beschreibt Paulus die Welt, in der er damals lebte. Wir wollen prüfen, ob diese Beschreibung auch auf die Welt zutrifft, in der wir heute leben.
Dabei geht es nicht nur darum, die Welt um uns herum zu betrachten, sondern auch uns selbst: Inwieweit sind wir von den Wertmaßstäben, dem Denken und dem Verhalten dieser Welt geprägt? Paulus nennt diese Welt eine Welt, die untergeht, eine Welt in der Ferne, in der Entfernung. Wie sehr sind wir mit dieser Welt verbunden?
Paulus will uns auffordern: „Macht es ganz anders! Geht weg von dort und kommt ganz zu Gott.“ Gott erkennen, Gott kennen bedeutet Leben – ein neues Leben, in dem sich alles verändert.
Ich werde nun Vers für Vers einige Punkte durchgehen. Es gibt viele Themen, die angesprochen werden, und ich möchte hier und da etwas vertiefen. Dabei wollen wir uns selbst überprüfen und auch einen Blick auf die Menschen in unserer Umgebung werfen, um zu sehen, wie sie leben.
Gottes Zorn über Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit
Ich lese zunächst Vers 18: „Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.“
Hier wird zunächst von Gott ausgegangen. Gott ist nicht jemand, der die Menschen sich selbst überlässt und sagt: „Sucht einmal den Weg zu mir, ich werde euch dabei nicht sehr viel helfen.“ Oder der vielleicht meint: „Wenn ihr diese und jene Gebote haltet, dann könnt ihr ein Stückchen von mir erfassen und mich etwas näher kennenlernen.“ Nein, zu Beginn der Beschreibung der gottlosen Welt spricht Paulus von den offenen Armen Gottes. Er schreibt, dass Gottes Zorn offenbart wird – was Gott jetzt tut und was er mit den Menschen vorhat.
Dabei geht es nicht nur darum, dass Gott die Menschen erretten will, sondern auch darum, dass Gottes Zorn offenbart wird. Vielleicht entsteht der Eindruck: Was ist das für ein Gott? Ein Gott, der die Menschen bestrafen will? Ein Gott, der nur darauf aus ist, sich am Menschen zu rächen? Ich denke, das ist nicht der Fall. Wir werden später noch sehen, warum Gott überhaupt zornig ist. Er ist zornig über die Gottlosigkeit und die Ungerechtigkeit, die in der Welt herrschen.
Das, was hier als Gottlosigkeit bezeichnet wird, bedeutet so viel wie die mangelnde Verehrung Gottes. Dies wird auch später im Römerbrief noch einmal deutlich. Es ist ein Verstoß, eine Vernachlässigung der Ehre, die Gott eigentlich gebührt. Warum gebührt Gott diese Ehre? Darauf werden wir in den folgenden Versen noch eingehen. Gott ist der Schöpfer, er hat jeden von uns geschaffen. Deshalb sind wir ihm dankbar für das, was er uns anvertraut und geschenkt hat.
Also: Gottlosigkeit bedeutet, Gott nicht die Ehre zu geben, die ihm eigentlich zusteht. Und noch etwas stärker: Ungerechtigkeit. Das ist alles, was nicht mit der gerechten Ordnung übereinstimmt, die Gott eingesetzt hat – sozusagen die Betriebsanleitung der Welt, wie sie am besten funktioniert. Diese Ordnung finden wir auch im Alten Testament in den Geboten Gottes wieder. Ungerechtigkeit ist alles, was nicht mit Gottes Gerechtigkeit übereinstimmt. Es ist Unrecht; es ist jemand, der das Unrecht sucht und ihm nachstrebt.
Die Gottlosigkeit und die Ungerechtigkeit der Menschen führen dazu, dass sie die Wahrheit niederhalten. Hier sehen wir: Die Menschen wissen von der Wahrheit, denn Gott hat sie ihnen offenbart. Dennoch unterdrücken sie diese Wahrheit durch ihre Ungerechtigkeit. Die Menschen sind geprägt von dieser Ungerechtigkeit und handeln gegen das, was Gott eigentlich von ihnen will. Dies stellen sie der Wahrheit Gottes gegenüber.
Wir werden noch mehrfach sehen, dass Paulus die Welt nicht als ein Gemisch aus Gutem und Bösem beschreibt, wie es heute oft aus fernöstlichen Lehren bekannt ist – etwa Ying und Yang, wo in jedem Guten auch etwas Schlechtes steckt und umgekehrt. Paulus zeigt hier ein klares Entweder-oder: Auf der einen Seite steht die Wahrheit, auf der anderen die Ungerechtigkeit. Auf der einen Seite sind die Menschen, die Gott kennen, auf der anderen Seite diejenigen, die gottlos leben.
Gottes Offenbarung in der Schöpfung und die Verantwortung der Menschen
Wir wollen weiterblicken, weil das von Gott Erkennbare unter den Menschen offenbar ist. Gott hat es ihnen offenbart. Sein unsichtbares Wesen – sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit – wird seit der Erschaffung der Welt in dem Geschaffenen wahrgenommen und gesehen. So sind sie ohne Entschuldigung.
Denn sie kannten Gott, verherrlichten ihn aber nicht als Gott und brachten ihm keinen Dank dar. Stattdessen verfielen sie in ihre Überlegungen in Torheit, und ihr unverständliches Herz wurde verfinstert.
Wir lesen weiter, was dann passiert. Doch zunächst wollen wir uns auf diese Verse konzentrieren, weil Gott das Erkennbare unter ihnen offenbart hat. Was ist nun dieses Erkennbare?
Viele Menschen um uns herum sagen: „Ich sehe Gott doch gar nicht. Ich glaube nur das, was ich sehe und beweisen kann. Alles andere interessiert mich nicht.“ Gerade zu diesen Menschen spricht Paulus hier. Er sagt, es gibt keine Entschuldigung. Sie haben keine Entschuldigung, denn sie haben von Gott gewusst.
Wie wissen die Menschen von Gott, die ihre Ohren und Augen öffnen? Wir haben vorgestern kurz darüber gesprochen und ausgetauscht, was uns aufgefallen ist und wofür wir Gott dankbar sein können. Das ist zunächst einmal die Natur. Sie drängt uns den Gedanken auf, dass da jemand sein muss, der das so schön und herrlich gemacht hat.
Auf der anderen Seite gibt es das Gewissen in uns. Es ist die Stimme Gottes in uns, die uns offenbart, dass wir schuldig sind. Allein mit dieser Schuld kommen wir nicht zurecht. Wir müssen zu jemandem gehen, der uns diese Schuld wegnehmen kann.
Wir merken immer wieder – so geht es mir in meinem Leben – und ich habe bisher keinen Menschen getroffen, der sagt, das habe ich noch nie erlebt: Wir merken, wir sind auf Hilfe angewiesen. Wir merken, wir kommen aus eigener Kraft nicht weiter. Irgendwo ist unsere Kraft an eine Grenze gestoßen.
Das kann sein, wenn wir an einem Punkt angekommen sind, an dem wir unser gestecktes Ziel erreicht haben und uns fragen: Was nun? Wie geht es weiter? Das kann auch sein, wenn wir vor dem Tod stehen und uns fragen: Jetzt habe ich in meinem Leben dieses und jenes erreicht, ich war erfolgreich und angesehen bei den Menschen. Aber was wird jetzt sein, wenn ich sterbe? Ist dann das Leben vorbei? Ist alles zu Ende? Was ist mit den Menschen, die ich verletzt habe? Wie wird das wieder in Ordnung gebracht werden können?
Das ist die Stimme Gottes in jedem Menschen, von der Paulus hier spricht. Gott hat sich den Menschen geoffenbart, und deshalb gibt es für jeden Einzelnen keine Entschuldigung.
Paulus weist ganz besonders darauf hin, dass die Menschen seit der Erschaffung der Welt von Gott wissen – nicht nur seit der Zeit, in der wir die Bibel haben. Das betrifft auch die Frage, die sich manche stellen: Was ist mit denen, die nie etwas von Gott gehört haben?
Die Bibel sagt, es gibt niemanden, der nie etwas von Gott gehört hat. Zwar gibt es Menschen, die die Bibel nicht besitzen und nicht nachlesen können, wie Jesus Christus gelebt hat. Aber es gibt keinen Menschen, der vor Gott stehen und sagen kann: „Ich habe von dir nichts gewusst. Ich höre zum ersten Mal, dass es dich gibt.“ Solche Menschen wird es nicht geben, auch wenn sich das vielleicht jemand einzureden versucht.
Paulus sagt hier: Es gibt keine Entschuldigung. Seit der Erschaffung der Welt ist Gott im Geschaffenen erkennbar.
Erstaunlicherweise ist es so: Egal, in welchen Urwald wir gehen, egal welches Volk wir irgendwo auf der Welt treffen – alle Völker der Welt beten zu einem Gott. Das ist erstaunlich. Wie sollten die Menschen von selbst auf die Idee kommen, an einen Gott zu glauben?
Das ist keine Einbildung. Kein Tier ist auf die Idee gekommen, zu einem Gott zu beten. Ich habe auch noch nie von einem Computer gehört, der plötzlich von sich aus ein Gebet an Gott auf seinem Bildschirm geschrieben hätte. Wenn ich es ihm eingebe, ja, aber nicht von selbst. Kein Computer, keine Maschine, keine Tiere, keine Pflanzen.
Wir Menschen aber haben innerlich dieses Wissen: Da ist ein Gott, dem wir Ehre geben müssten. Doch es gibt Menschen, auch uns selbst, die das nicht tun.
Ablehnung Gottes und Verblendung der Menschen
Dann schauen wir in Vers 21.
Sie sollten jetzt, nachdem sie erkannt haben, dass Gott der Schöpfer ist, dass Gott ihr Herr ist und dass Gott über Gut und Böse bestimmt, auch in ihrem Gewissen merken, wenn sie etwas falsch gemacht haben. Das haben wir ja alle schon erlebt: Das Gewissen meldet sich innerlich, nicht wahr? Nur wenn ich mein Gewissen immer wieder ignoriere, hört es irgendwann auf, sich zu melden. Doch in uns ist die Stimme Gottes. Wenn wir Jesus Christus kennengelernt haben, wird diese Stimme immer schärfer. Plötzlich erkennen wir Dinge, die falsch sind, über die wir uns vorher keine Sorgen gemacht haben. Das liegt daran, dass der Heilige Geist uns innerlich prägt und uns mehr und mehr mit Gottes Willen und Vorstellungen erfüllt.
Hier ist es nun so, dass sie, anstatt Gott zu ehren und ihm den Dank zu geben, den er verdient, stattdessen auf eigene Überlegungen zurückgreifen. Paulus nennt das „Torheit“, und ihr unverständliches Herz wurde verfinstert. Diese eigenen Überlegungen, die dahinterstehen, lassen sich auch als zweifelndes Nachdenken beschreiben. Es handelt sich nicht um Überlegungen, wie man Gott am besten verherrlichen kann oder wo man Gott wirklich findet. Das Wort, das Paulus hier verwendet, bedeutet vielmehr zweifelndes Nachdenken, Diskussion, Streitgespräch und Infragestellen.
Vielleicht merken wir das auch, wenn wir mit Menschen zu tun haben. Viele stellen keine ehrlichen Fragen nach Gott. Sie sagen zum Beispiel: „Wie kann es Gott geben, wenn es so viel Ungerechtigkeit und Leid auf der Welt gibt? Dann kann es doch keinen Gott geben.“ Paulus sagt hier, dass oft nicht nur eine Suche nach Gott dahintersteckt. Das Wort, das er benutzt, beschreibt Menschen, denen es eigentlich nur ums Diskutieren geht. Sie wollen der Ehre und dem Dank, den sie Gott eigentlich schulden, entkommen. Das versuchen sie durch viel Diskussion und Reden, um Gott diese Ehre zu entziehen.
Was ist das Ergebnis davon? Diese Menschen können nicht mehr klar nachdenken. Sie verfallen in Torheit, wie Paulus schreibt. Sie meinen, ganz klug zu sein, glauben, über die Bibel Bescheid zu wissen und sie beurteilen zu können. Sie versuchen sogar, Gott in eine Schublade zu stecken. Das ist ein psychologischer Trick, eine Ausbeutung der Kirche. Aber Gott selbst brauchen sie nicht.
Im Grunde genommen nennt Paulus das Torheit. Im Psalm 28, Vers 5 finden wir einen weiteren Hinweis darauf, schon im Alten Testament: „Denn sie achten nicht auf die Taten des Herrn, noch auf das Werk seiner Hände; er wird sie zerstören und nicht aufbauen.“ Das ist die Reaktion Gottes, wenn Menschen ihm nicht folgen: Er wendet sich von ihnen ab.
Das hören wir auch in den weiteren Versen, zum Beispiel Vers 22: „Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden.“ Das haben wir gerade schon gehört. Paulus wiederholt es hier noch einmal und stellt es gegenüber: Weisheit und Torheit. Gerade Menschen, die ohne Gott leben, meinen oft, es sei Torheit, an Gott zu glauben und das Leben nach ihm auszurichten.
Ich weiß nicht, wer von Ihnen das schon einmal gedacht hat, früher in seiner Jugend oder heute, oder wenn Sie mit Menschen gesprochen haben, die sagen: „Mit Gott zu leben, behindert mich nur.“ Ich erinnere mich, vor einigen Wochen sprach ich mit einem Geschäftsmann. Er sagte: „Korruption gehört heute im Verkauf überall dazu. Wenn ich kein Schmiergeld bezahle oder den Verkaufsbeauftragten einer Firma, die ich berate, nicht zu einem Essen einlade und ihm etwas Bargeld gebe, läuft nichts mehr. Ich bin doch verantwortlich für die Stellen in meiner Firma. Das muss so sein, ich bin doch nicht dumm.“
Oder jemand sagt: „Die Verkehrsregeln? Ich komme viel besser voran, wenn ich schneller fahre oder parke, wo ich will. So stehe ich besser im Leben.“ Oder: „Wer heiratet heute noch? Wenn ich Spaß mit einer Frau habe, bleibe ich bei ihr, wenn sie mir langweilig wird oder auf die Nerven fällt, gehe ich zur nächsten.“
Heute meinen viele Menschen tatsächlich, sie seien weise und klug, wenn sie sich nicht nach Gottes Ordnung richten. Paulus sagt dazu: Sie sind vollkommen durcheinander, weil sie Gott nicht anerkennen wollen. Eigentlich ist es genau andersherum: Die, die sich für weise halten, sind in Wirklichkeit Narren geworden. Sie sind töricht, dumm und unbrauchbar. Man könnte sagen, sie haben ihre eigentliche Aufgabe verloren, wie Jesus in der Bergpredigt sagt – so wie Salz, das nicht mehr nützlich ist.
Menschen, die ohne Gott leben, treiben ziellos durchs Leben, ohne Sinn und Zweck. Sie haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes verwandelt in das Bild von vergänglichen Menschen, Vögeln und vierfüßigen Tieren. Das ist die Spitze der Leugnung Gottes.
Die Natur wird zwar gesehen, aber oft sagt man: „Das muss durch Zufall entstanden sein, Gott kann es nicht gewesen sein.“ Denn wenn es diesen Gott gäbe, wäre man ihm auch verantwortlich. Paulus schreibt: „Sie haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes verwandelt in das Gleichnis seines Bildes von vergänglichen Menschen, Vögeln, vierfüßigen und kriechenden Tieren.“ Hier stellt Paulus zwei Dinge gegenüber: das Unvergängliche Gottes und das Vergängliche, eine schlechte Kopie, ein Bild von vergänglichen Menschen und Tieren.
Warum sind die Menschen so töricht? Weil sie den Schatz, den sie haben könnten – das Unvergängliche, den Kern, der uns wirklich zusammenhält und weiterhilft – gegen etwas Fauliges, Vorläufiges und Vergängliches eintauschen. Sie halten das für den größten Schatz.
Das ist ähnlich wie bei des Kaisers neuen Kleidern: Er könnte schöne Kleider tragen, lässt sich aber einreden, dass es schöner sei, wenn er nackt durch die Stadt geht, weil er glaubt, ein Kleid zu tragen. So ist es bei vielen Menschen: Sie glauben, etwas Großartiges gefunden zu haben, doch in Wahrheit ist es nur stinkender Schlamm, den sie für Gold oder Silber halten.
Paulus stellt hier das Vergängliche und das Unvergängliche gegenüber, nach dem die Menschen streben. Im Alten Testament sehen wir, dass gerade das erste Gebot davor warnt: Wir sollen nur Gott anbeten und uns keine Bildnisse machen, egal ob von Dingen unter dem Meer oder anderswo. Wir sollen keine Bilder anbeten.
Hier wird vertauscht, was Gott geschaffen hat, mit dem, der es geschaffen hat. Die Schöpfung wird angebetet, anstatt den Schöpfer zu sehen und ihm Dank zu geben.
Wenn wir das hier bei Paulus lesen, fragen wir uns: Wie kann das überhaupt jemand tun? Paulus sagt, das kommt daher, dass diese Menschen den Schöpfer nicht anerkennen und alles darüber hinaus ablehnen.
Da ist die Herrlichkeit Gottes, wie wir hier sehen. Sie haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes – an der Gott uns teilhaben lassen will – abgelehnt. Diese Herrlichkeit hat mit Ehre zu tun, mit dem Ruf, dem Ansehen und der Majestät Gottes. Im Alten Testament ist das Wort „kavod“ die Majestät, die Herrlichkeit, die Offenbarung und Fülle Gottes.
Gott will uns an dieser Herrlichkeit teilhaben lassen. Doch diese Menschen lehnen sie ab und wenden sich irdischen Dingen zu, um diese anzubeten.
Martin Luther sagt einmal in seiner Auslegung, ich glaube im Kleinen Katechismus, zum Thema „Was ist unser Gott?“ Hier wird an die Stelle Gottes etwas anderes gesetzt. Luther sagt, das müssen nicht nur geschnitzte Bilder oder Götterfiguren sein, sondern alles, worauf ich hoffe, woran ich mein Herz hänge und worauf ich vertraue, wenn ich in Schwierigkeiten und Not komme – das ist mein Gott. Ich denke, er hat es genau getroffen. Das ist auch das, was Paulus hier sagen will.
Denn heute betet kaum jemand ein Standbild an, das er zu Hause stehen hat. Aber es gibt viele Dinge, die heute angebetet werden und den Kern des Menschen ausmachen können. Dabei wird der eigentliche Gott mit etwas verwechselt, das er gegeben hat.
Viele Menschen bauen ihren Glauben um ihren eigenen Erfolg, junge wie ältere. Andere um Geld. Es gibt heute so viele Angebote, wie man sein Geld vermehren oder anlegen kann. Ich möchte vielleicht etwas abfällig sagen – ich hoffe, niemand hier arbeitet bei einer Bank – aber gerade die Banken sind ein Symbol unserer Zeit, wie dem Geld gehuldigt wird, wie Geld zum Gott gemacht wird.
Wenn man manche Banken betritt, könnte man sagen, es sind die Tempel unserer modernen Zeit. Überall Marmor, riesige Hallen, und die Bankangestellten wirken fast wie Priester, mit Krawatte und Anzug, die den Kult des Geldes zelebrieren. Man bringt sogar Opfer: Man holt das Geld aus der Tasche, legt es auf den „Opferaltar“, und der „Priester“ nimmt es auf der anderen Seite weg.
Das ist natürlich etwas übertrieben, aber der Kult um das Geld zeigt sich deutlich. Man wird dort sehr freundlich behandelt – ich glaube, in keinem anderen Geschäft ist man so freundlich, weil es ums Geld geht. Kein Industrieunternehmen wächst so stark wie Banken. Das zeigt, dass Geld heute der Inbegriff von allem ist.
Geld kann man messen. Eine Mutter, die ihr Kind versorgt, bekommt Erziehungsgeld. Ich finde es gut, dass Mütter Geld dafür bekommen. Aber es wird alles bezahlbar gemacht, auch die Pflege alter Menschen. Pflegeversicherung ist eine gute Sache, aber dahinter steckt die Vorstellung, dass alles bezahlbar ist, alles in Geld messbar ist.
Hier sehen wir: Was Gott geschaffen hat, wird abgelehnt. Dabei entsteht ein Vakuum im Menschen. Er braucht etwas an dieser Stelle – und was nimmt er? Etwas von Gott Geschaffenes.
Entweder vergöttert er eine andere Person, die er anbetet – die Idole unserer Zeit – oder er nimmt eine Idee, eine Ideologie. Oder er nimmt sein Auto, seinen Beruf, seinen Erfolg, eine Begabung, Geld oder etwas anderes, das an die Stelle Gottes gesetzt wird.
Doch all das ist vergänglich. Es geht vorbei, spätestens in der Stunde, wenn wir im Sarg liegen. Wie es heißt: Das Totenhemd hat keine Taschen.
Wir müssen nicht nur an materielle Dinge denken. Wenn wir tot sind, ist auch nichts mehr mit Beruf oder Ansehen. Schauen Sie einmal: Wer denkt noch an jemanden, der seit zehn Jahren tot ist? Vielleicht ganz wenige, vielleicht noch der Ehepartner, wenn er noch lebt. Aber dann ist es vorbei. Auch das Ansehen der Menschen ist vergänglich.
Wir könnten uns noch länger damit beschäftigen und überlegen, wo wir selbst betroffen sind. Aber ich möchte der Zeit wegen weitermachen und Vers 24 und folgende lesen.
Gottes Gericht und die Folgen der Ablehnung
Darum hat Gott sie dahingegeben in die Begierden ihrer Herzen, in die Unreinigkeit ihrer Leiber untereinander zu schinden. Sie, welche die Wahrheit Gottes in die Lüge verwandelten und dem Geschöpfer Ehrung und Dienst dargebracht haben, statt dem Schöpfer, der gepriesen sei in Ewigkeit. Amen.
Hier wiederholt Paulus das Ganze noch einmal. Er sagt, die Menschen haben statt der Wahrheit die Lüge gewählt – erneut gegenübergestellt. Die Welt, die meint, klug zu sein und die Wahrheit zu haben, hat die Wahrheit verworfen und der Lüge nachgelaufen. Paulus will damit sagen: Warum seht ihr nicht die Wahrheit? Warum seht ihr nicht, was Gott für euch getan hat?
Dann sagt er, sie haben Verehrung und Dienst dargebracht. Dienst meint hier so viel wie Gottesdienst, das heißt praktischer Gottesdienst, sich im Alltag für Gott einzusetzen. Dieses Wort steht für den praktischen Gottesdienst.
Das bedeutet nicht nur, dass man Gott nicht lobt und an dieser Stelle nichts tut. Paulus sagt hier: Es gibt keinen unreligiösen Menschen. Jeder Mensch hat einen Gott, den er verehrt, und für den er auch einen Gottesdienst zelebriert.
Ich habe das mit der Bank genannt. Es kann auch etwas anderes sein, zum Beispiel die Briefmarken, die ich vielleicht in meinem guten, samtbeschlagenen, goldverzierten Album habe. Dieses Album hat den besten Platz in meinem Wohnzimmer, sodass es jeder sieht. Wenn ein Gast kommt, schlage ich es erst einmal auf – so wie meine Bibel – und zeige es ihm. Ich übertreibe natürlich, denn niemand von uns tut so etwas. Aber ich möchte zeigen, dass das mit jedem und mit allem möglich ist.
Wir bringen dem Dienst dar, was wir anbeten und was wir an die Stelle Gottes setzen.
In Vers 24 sehen wir jetzt wieder etwas von der Reaktion Gottes darauf. Gott hat sie dahingegeben. Vielleicht haben wir zunächst den Eindruck, was ist das für ein Gott? Ein willkürlicher Gott? Ein Gott, der die Menschen einfach dahingehen lässt, ohne sie zu retten? Er hat sie dahingegeben in ihre Begierden.
Was heißt das? Ist das ein Gott, der einen errettet und den anderen abweist? Nein. Wir müssen uns daran erinnern, was Paulus gesagt hat: Jeder Mensch weiß, dass es diesen Gott gibt. Jeder Mensch weiß, dass man ihn anbeten soll, aber er tut es nicht.
Dann sagt Gott: Nun gut, ich werde die Menschen nicht zwingen. Ich werde keinen Menschen zwingen, mich anzubeten. Stattdessen lässt Gott die Menschen in die Irre laufen, wenn sie es nicht besser wollen.
Der Mensch kann seine Freiheit genießen. Er kann tun, was er will. Aber er wird die Folgen davon zu tragen haben. Er lässt sie in die Begierden ihres Lebens hineinlaufen.
Dieses Begierden ist das Verlangen, das in der Seele verursacht wird – der Drang, irgendetwas tun zu wollen oder zu müssen, die Lust, nachzugehen, was gerade am nächsten steht.
Beispiele für die Folgen der Gottlosigkeit
Vers 27: Deswegen hat Gott sie dahingegeben in schändliche Leidenschaften. Denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr in den unnatürlichen verwandelt. Ebenso haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen und sind in ihrer Wohllust zueinander entbrannt. Sie trieben Männer mit Männer Schande und empfingen den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst.
Ich glaube, es ist klar, was hier beschrieben wird. Paulus betrachtet dies als ein Kennzeichen der Welt ohne Gott. Das erleben wir heute ebenfalls. Homosexualität wird hier als ein Beispiel genannt – nicht als das typische Beispiel des gottlosen Menschen, aber als eines dieser Beispiele.
Im Frühjahr war in dem Focus Magazin ein Artikel, in dem gesagt wurde, dass die sogenannten Trendsetter – also die Leute, die heute die Trends in der Welt bestimmen – mehr und mehr Homosexuelle sind. Dort wurden einzelne Beispiele genannt, etwa Talkshowmaster, die homosexuell sind, sowie bekannte Personen aus der Musikszene und der Politik. Diese bekennen sich offen zur Homosexualität und finden, das sei doch ganz toll und müsse eigentlich so sein.
Ich habe an der Universität mit Studenten gesprochen. Frauen sagten, dass man mit homosexuellen Männern viel besser umgehen könne. Man müsse keine schlechten Gedanken haben, dass sie etwas von einem wollen. Es seien meistens ganz sensible und empfindliche Personen.
Hier wird das, was Gott als Ordnung eingesetzt und sogar hoch gelobt hat, umgedreht. Wahrheit wird mit Torheit vertauscht, Lüge mit Irrtum. Es wird gesagt, das sei eigentlich das Gute, dem man nachstreben solle. Das, was Gott gegeben hat, wird in den Hintergrund gedrängt.
Unter anderem wurde ein Mann namentlich genannt, den Sie vielleicht kennen: Biolek. Er hat ein Kochbuch geschrieben, das auf der Bestsellerliste steht, und ist ein bekennender Homosexueller, der dazu steht. Einige andere wurden ebenfalls genannt. Ich weiß aus der Musikszene von Personen, wie etwa Bernstein – wissen Sie das? Ich habe von einigen gelesen, kann aber jetzt keine weiteren Namen nennen. Das muss auch nicht sein.
Wir wollen nun mit den nächsten Versen weitermachen, denn ich weiß nicht, wie viele von uns hier direkt betroffen sind.
Die Folgen der Ablehnung Gottes im Denken und Handeln
Vers 28: Und weil sie es nicht für gut hielten, Gott in der Erkenntnis festzuhalten, hat Gott sie dahingegeben, in einem verworfenen Sinn zu tun, was sich nicht ziemt.
„Erfüllt mit aller Ungerechtigkeit, Boshaftigkeit, Habsucht, Schlechtigkeit, voll Neid, Mord, Streit, List, Tücke, Ohrenbläserei, Verleumdung, Gotteshassern, Gewalttätigen, Hochmütigen, Prahlern, Erfindern böser Dinge, den Eltern ungehorsam, unverständlich, treulos, ohne natürliche Liebe, unbarmherzig.“
Zu dieser Aufzählung möchte ich jeweils nur einige wenige Worte sagen. Dabei sollten wir uns selbst prüfen, wie sehr wir von dieser Welt geprägt sind, die Paulus beschreibt.
Er beginnt mit der Ungerechtigkeit. Dieses Wort hatten wir bereits: Es bezeichnet das, was nicht mit der Ordnung Gottes übereinstimmt, das, was nicht so ist, wie Gott will, dass wir leben. Im Neuen Testament finden wir mehrfach Hinweise darauf, dass auch das Geld dabei eine bedeutende Rolle spielt – den Mammon, wie Jesus es nennt.
Als Nächstes nennt Paulus die Boshaftigkeit und die Habsucht. Boshaftigkeit bedeutet nicht nur, etwas Schlechtes zu tun, sondern Freude am Übelwollen zu haben. Es ist, als würde jemand sich daran erfreuen, wenn anderen Leid widerfährt. Vielleicht kennen wir das auch aus der Gemeinde: Menschen, die alles, was einen guten Ansatz hat, schlecht machen müssen, die immer ein Haar in der Suppe finden und sich darüber beklagen.
Kommen wir zum nächsten Wort: Habsucht. Dazu brauchen wir nicht viel zu sagen – Habsucht ist eine Religion unserer Zeit, etwas, vor dem wir uns immer wieder in Acht nehmen müssen.
Schlechtigkeit lasse ich hier einmal weg. Neid ist etwas, von dem wohl niemand von uns frei ist. Zumindest von mir nicht. Ich erinnere mich an Zeiten, in denen ich sehr neidisch war – zum Beispiel auf Menschen, die gut Musik spielen konnten, besonders Klavier. Ich hatte einige Jahre Klavierunterricht und übte täglich eine Stunde. Ich dachte: „Das muss doch kommen!“ Ich übte das Stück immer wieder, und nach einer Woche gelang es mir einigermaßen. Doch dann traf ich andere, die viel weniger übten und trotzdem viel besser spielen konnten. Da war ich neidisch und fragte mich: „Warum klappt das bei denen so leicht?“
Neid ist etwas Gemeines. Er ist sogar zufrieden, wenn es dem anderen schlechter geht. Wenn alle so schlecht spielen könnten wie ich, wäre ich zufrieden. Neid bedeutet nicht unbedingt, dass man selbst besser sein will, sondern dass man sich freut, wenn es anderen schlechter geht.
Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in solchen Neid hineingeraten und uns nicht von dieser Welt prägen lassen. Stattdessen sollten wir Freude daran haben, wenn andere besser sind – sei es im Beten, Reden, im Besitz von Geld, in der Erkenntnis aus der Bibel, in der Ausbildung, in der Musik, im Aussehen oder im Alter. Wir sollten uns freuen über das, was Gott ihnen gegeben hat – nicht neidisch oder missgünstig sein.
Neid und Missgunst vergiften den Menschen und zerstören ihn innerlich.
Den Mord lasse ich jetzt einmal weg, ich weiß nicht, wie sehr uns das betrifft. Streit ist etwas, was wir sicherlich auch schon erfahren haben – sei es im engeren oder weiteren Kreis. Streit bedeutet Uneinigkeit, Gerangel um Vorrang in der Gemeinde oder Gemeinschaft, Zwiespalt untereinander. Davon lesen wir oft, dass es in der Gemeinde und unter Christen nicht sein sollte. Stattdessen sollte mit der Kraft Gottes und unter seiner Autorität alles in Liebe besprochen und gelöst werden.
Bosartigkeit hat hier etwas mit Tücke zu tun. Ich hatte das schon erwähnt: Es ist nicht nur das Leben, wie alle leben, sondern etwas, das durch die Sündhaftigkeit besonders auffällt.
Ohrenbläser, Flüsterer, heimliche Verleumder – das sind Menschen, die im Nachhinein über andere sprechen: „Das hast du schon gehört? Was der alles macht! Weißt du, was der letzte Woche zu Hause getan hat? Der hat mit seinen Kindern geschimpft, der war im Kino, und was für Musik er hört!“
Manchmal habe ich mit solchen Menschen gesprochen und gedacht: Ihnen ist langweilig, wenn sie nicht über jemanden anders reden können. Sie wissen nicht, was sie sonst tun sollen. Da muss jemand anders sein, über den sie sprechen können – meistens aber nicht positiv. Selten höre ich: „Oh, das ist aber eine tolle Person! Wie der heute gepredigt hat! Was für einen schönen Anzug der anhatte!“ Meistens ist es das Negative, das Spekulieren, das Verurteilen.
Und plötzlich begeht man geradezu Mord – Rufmord. Passen wir auf, dass wir nicht zu solchen Ohrenbläsern gehören. Nehmen wir Paulus zum Vorbild, wie wir am Anfang des Römerbriefs gelesen haben: Er dankt den Römern für das, was sie für Gott getan haben, und lobt sie vor anderen. So sollten auch wir handeln.
Verleumder sind diejenigen, die gedankenlos Schlechtes über andere reden. Dann gibt es die, die Gott hassen. Hoffentlich trifft das auf niemanden von uns zu. Aber ich habe Menschen getroffen, die bei dem Wort „Gott“ regelrecht explodieren und sagen: „Das gibt es doch nicht! Was willst du schon wieder hier mit Gott?“ Das sind Menschen, die sich bewusst gegen Gott stellen.
Die Frevler, die Überheblichen, die sich gegen Gott auflehnen, die Stolzen – das sind Hochmütige und Angeber. Sie stellen sich gerne gut dar und wollen Beifall haben. Wenn es keinen gibt, sind sie niedergeschlagen, ärgern sich oder werden böse.
Ähnlich ist es mit den Prahlern. Prahlen kann auch verdeckt geschehen, indem man erzählt, was man in der Woche alles geleistet hat. Ich erinnere mich an eine Frau in Basel, die sagte: „Am Montag war ich im Krankenhaus, habe diese Person besucht, am Dienstag bin ich für meine Nachbarn einkaufen gegangen, am Mittwoch war ich den ganzen Abend in der Gebetsstunde, am Donnerstag habe ich dies gemacht, am Freitag das.“
Das kann auch mit geistlichen Dingen passieren, wenn jemand unbedingt Anerkennung will und zeigen möchte, wie toll er ist.
Kommen wir zu Vers 31: Die Unverständigen, die Treulosen, die ohne natürliche Liebe sind, die Unbarmherzigen. Ich habe jetzt einiges angesprochen, Sie können noch weitere Verse herausgreifen und einzelne Punkte vertiefen, aber dafür haben wir heute nicht mehr viel Zeit.
Die Unverständigen – das sind die Treulosen. Unverständlich können wir uns vielleicht vorstellen, ich lasse das hier weg. Treulos sind diejenigen, die einen Bund eingegangen sind und ihn brechen. Man könnte sie Deserteure nennen, die sich nicht um Versprechen kümmern. Für sie ist ein Versprechen nur ein Mittel zum Zweck. Hat es seinen Zweck erfüllt, ist es nichts mehr wert.
Sie nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau. Auch hier stellt sich die Frage: Ist das ein Kennzeichen von uns? Ich hoffe nicht, denn sonst gehören wir zu der Seite, die Paulus als Lügner bezeichnet – das Vergängliche und die Torheit.
Ich schließe hier mit Vers 31, in dem Paulus das Ganze noch einmal zusammenfasst, und komme dann noch kurz zu Vers 16 und 17.
Obwohl sie Gottes Rechtsforderung erkennen – dass diejenigen, die so etwas tun, des Todes würdig sind – üben sie es nicht nur selbst aus, sondern haben auch Wohlgefallen an denen, die es tun.
Hier also noch einmal zusammengefasst: Sie wussten, dass es einen Gott gibt, kannten seine Gebote, taten es trotzdem und freuten sich sogar daran, wenn andere mitmachten.
Das ist meistens so: Wenn ein paar Jugendliche Äpfel von den Bäumen stehlen oder ein anderes Kind ärgern wollen, macht es alleine keinen Spaß. Dann haben sie ein schlechtes Gewissen und fürchten, dass andere etwas sagen. Wenn aber alle mitmachen, ist es kein Problem mehr.
Diejenigen, die so etwas tun, freuen sich, wenn alle mitmachen.
Haben Sie schon einmal das betretene Gesicht gesehen, wenn jemand Ihnen die neuesten schlechten Nachrichten über Ihren Nachbarn oder ein Gemeindemitglied erzählen will? Und Sie sagen: „Nein, davon will ich nichts hören.“ Oder: „Ich weiß aber viel Positives zu erzählen.“ Dann reagieren manche betreten, schüchtern oder versuchen sich herauszureden: „So habe ich das ja nicht gemeint, und ja, das stimmt eigentlich auch.“
Die Menschen merken sofort, dass das, was sie tun, nicht richtig ist.
Wenn aber alle mitmachen und ich noch in die Kerbe schlage und sage: „Ja, das habe ich auch gehört“, dann geht es gut. Sonst fühlen sich diese Menschen in die Enge getrieben.
Leben aus Glauben und die Kraft des Evangeliums
Ich lese Vers 16 und 17 und möchte einige wenige Gedanken dazu teilen, in denen Paulus schreibt: Wie sieht es auf der anderen Seite aus? Wie ist es dort, wo Menschen nicht von einer Umgebung der Gottferne geprägt sind? Wo sind die Menschen, die Gott kennen, die Gott erkannt haben?
Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht. Es ist Gottes Kraft zum Heil für jeden Glaubenden, sowohl für den Juden zuerst als auch für den Griechen. Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin geoffenbart, aus Glauben zu glauben, wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben.
Das sind also die Verse, die Paulus hier auf der anderen Seite dem entgegenführt und beschreibt, wie ein Mensch lebt. Hier geht es um Errettung, Heil, das vollkommene Heilsein. Wir reden ja auch oft von einer Tasse, die herunterfällt und kaputtgeht. Hier wird von der Errettung gesprochen, wir könnten es auch als Heil übersetzen.
Menschen, die Jesus Christus kennengelernt haben, haben diese Kraft Gottes in ihrem Leben erlebt. Diese Kraft reißt sie heraus aus dem, was sie selbst nicht lassen können – aus dem, was natürlich mit unserem menschlichen Leben verbunden zu sein scheint. So zu leben, wie Paulus es beschrieben hat, ist nur durch die Kraft Gottes möglich.
Ich habe beim letzten Mal erwähnt, dass diese Kraft wie Dynamit ist. Sie reißt uns heraus aus dieser Welt – nicht durch unsere eigene Kraft oder unser eigenes Bemühen, sondern durch die Kraft Gottes, die durch Jesus Christus wirkt. Was er für uns getan hat, führt dazu, dass wir wieder heil werden, dass wir errettet werden, dass das, was in uns verbrochen und kaputt ist, wieder gepflegt werden kann.
Gott ist dabei nicht einfach der Klebstoff, der uns wieder zusammenklebt, sondern es ist fast wie ein Wunder: Plötzlich entsteht etwas Neues. Anita hat, glaube ich, gestern den Vers zitiert, der sie bewegt hat: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden, als sie zum Glauben gekommen ist.
Hier wird etwas ganz Neues geschaffen. Wir werden nicht nur zusammengestückelt, sondern diese Kraft macht etwas ganz Neues aus uns. Bedrückung, Gefahr, Verschwinden, Angst – all das, in dem wir gelebt haben, verschwindet.
Und wer tut das? Nun, der Heiland, wie wir ihn auch nennen. Heiland bedeutet, dass er uns wieder heil macht. Jesus Christus hat sich an unserer Stelle zerbrechen lassen – wenn ich das Bild von der Tasse, die kaputtgeht, benutze. Er ist am Kreuz gestorben, damit wir heil werden. So tauschen wir gewissermaßen die Rollen.
Jesus, Gott, ist auf die Seite der Ungerechtigkeit gegangen und hat sich bestrafen lassen für all das, was Menschen an Ungerechtigkeit getan haben. Damit können wir die Stelle mit ihm tauschen, zu Gott kommen und Anteil haben an der Reinheit und dem Leben, wie Gott es eigentlich von uns haben möchte.
Eben Vers 17: Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin geoffenbart, aus Glauben zu glauben, wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben.
Hier sehen wir, dass es keinen Weg daran vorbei gibt. Paulus erwähnt die Juden und die Griechen zuvor. Wir können uns fragen, wer heute die Juden und die Griechen sind.
Die Juden sind vielleicht diejenigen, die fromm sind, in die Kirche gehen, das Wort Gottes kennengelernt haben, Konfirmationsunterricht hatten, Bibelverse zitieren können, aber nie diese Beziehung zu Jesus Christus gefunden haben. Sie meinen dann, aufgrund ihrer eigenen Selbstgerechtigkeit vor Gott bestehen zu können.
Die Heiden sind diejenigen, die ganz offen sagen: Gott will ich nicht zu tun haben, das brauche ich nicht. Aber hier sagt Paulus, beide brauchen Gott, beide brauchen diese Errettung. Nur die Gerechtigkeit Gottes, nicht unsere eigene Gerechtigkeit, kann uns erretten. Und an dieser Gerechtigkeit können wir durch den Glauben teilhaben.
Für mich war es im Griechisch-Unterricht einmal ein ganz einschneidendes Erlebnis, als ich merkte, dass man das Wort „Glauben“ (pistojo) auch mit „Vertrauen“ übersetzen kann. Für mich ist das viel aussagekräftiger.
Wenn ich jetzt sage: Hier ist geoffenbart worden, aus Vertrauen zu vertrauen, wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Vertrauen leben, dann zeigt das, dass Glauben keine Einbildung ist.
Wenn ich fest genug daran glaube, dass es so ist, dann ist es auch so? Wenn ich fest genug daran glaube, dass heute Nachmittag die Sonne scheint, dann scheint sie? Nein. Das, was wir in der Bibel finden, ist keine Selbstsuggestion, keine Selbsteinbildung. Wenn ich es mir lange genug einrede, dann stimmt es schon? Nein.
Das Wort „Vertrauen“ umreißt viel mehr: Ich weiß, dass es so ist, aber das rettet mich noch nicht. Auch wenn ich weiß, dass es einen Gott gibt, auch wenn ich glaube, dass dieser Gott, Jesus Christus, gestorben und auferstanden ist, rettet mich das nicht automatisch. Es bringt mir gar nichts.
Selbst der Teufel weiß, dass Jesus für uns gestorben ist. Selbst der Teufel weiß, dass Jesus Gott ist. Aber das hilft ihm kein bisschen. Es kommt darauf an, ob wir uns darauf verlassen, ob wir darauf vertrauen. Ist das die Grundlage unseres Lebens? Ist das das Fundament, auf dem wir unser Leben aufgebaut haben? Ist das unser Kern, um den wir herum gebaut haben? Oder ist es nur intellektuelles Wissen?
Hier wird deshalb gesagt: Wenn der Glaube bei uns ist, wird der Gerechte aus Glauben leben. Der Gerechte ist nicht jemand, der sich selbst gerecht macht, indem er eine Liste durchgeht: Ich bin nicht ungerecht, ich habe niemanden ermordet, ich mache keine böse Nachrede, ich kenne keinen Neid. Ich weiß nicht, ob das überhaupt jemand von uns alles sagen kann, aber nehmen wir an, es könnte jemand.
Dann werden wir trotzdem nicht gerecht vor Gott. Was wir brauchen, steht hier: die Gerechtigkeit Gottes, nicht unsere eigene Gerechtigkeit. Die können wir nur erfassen durch das Vertrauen auf Gott, indem wir sagen: Jesus Christus, du bist für mich gestorben, du hast an meiner Stelle die Strafe für all das getragen, was ich an Schlechtigkeit getan habe.
Und das brauchen wir nicht nur einmal zu sagen, wenn wir vor zwanzig Jahren zum Glauben gekommen sind, sondern das können wir immer wieder sagen. Wenn wir merken, dass wir uns doch haben prägen lassen von den Punkten, die Paulus als Kennzeichen der Welt um uns herum zeichnet, dann können wir zu Gott kommen und sagen: Vergib du mir, was ich dort getan habe. Mach du mich neu.
Ich will nicht mehr auf meine eigenen Werke vertrauen. Ich will nicht mehr auf die Weisheit dieser Welt hören, wenn ich das so nennen darf, sondern ich will ganz auf dich hören. Ich will darauf aufbauen.
Dann können wir sagen: Wir werden aus Glauben leben.
Gott kennen oder Gott erkennen ist Leben, habe ich ja am Anfang gesagt. Hier finden wir das im Vers 17: Der Gerechte wird aus Glauben leben.
Derjenige, der Jesus Christus kennengelernt hat, wird leben und ein neues Leben haben. Er wird, wie Jesus sagt, die Fülle haben – nicht nur ein kleines bisschen, nicht nur einen zusätzlichen Aspekt, sondern er wird in diese Fülle Gottes hineingeboren werden.
Er wird ein neues Leben haben, in dem er viele Dinge nicht mehr braucht, die uns umgeben und verführen wollen, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen.
Wer Gott kennt, wer Gott erkennt, wer sieht, dass das, was das Zentrum unseres Lebens ausmachen will, uns eigentlich nur irreführt, der wird leben.
Wir wollen bieten.