Einleitung und Verheißung des kommenden Königs
Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt! Amen!
Am heutigen vierten Adventssonntag hören wir erneut eine der großen Verheißungen aus dem Alten Testament, in denen das Kommen Jesu angekündigt wird. Das Alte Testament steht gewissermaßen unter dem Zeichen des Advents.
„Er kommt“, lesen wir in Sacharja 9, Vers 9: „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel.“ Herr, heilige uns in deiner Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit. Amen.
„Siehe“ – so beginnt unser Bibelwort. „Siehe“ bedeutet: Jetzt pass auf, Mensch, jetzt wird es ernst.
Wenn wir den Anfang des neunten Kapitels im Sacharja lesen, hören wir: „So spricht der Herr, der Herr, der am Anfang aller Dinge sagte: Es werde Licht.“ Derselbe Herr, der das sagte, spricht heute Morgen zu uns: „Jetzt pass mal auf, jetzt sieh zu, jetzt kommt etwas Wichtiges: Dein König kommt zu dir.“
Begegnung mit irdischen Königen und der wahre König
Ich habe vor ein paar Jahren in Oslo, der norwegischen Hauptstadt, etwas Dummes erlebt. Vielleicht habe ich das schon erzählt. An einem Morgen bin ich hinaufgebummelt zum Schloss, in dem der König wohnt. Von dort aus hat man einen Blick über die Stadt. Vor dem Schloss gibt es eine breite, große Terrasse, von der aus man die Stadt und den Fjord hinunter sehen kann.
Als ich dort ankomme, ist ziemlich viel Betrieb. Offiziere laufen herum, Soldaten stellen sich auf, und eine Militärkapelle marschiert auf. Dann steht dort eine ganze Gruppe junger Burschen und Mädchen, wahrscheinlich von einem nahegelegenen Gymnasium. Sie können alle Deutsch. Ich frage ein paar von ihnen: „Was ist denn hier eigentlich los?“ Sie erklären mir, dass der König heute mit großem Pomp und Herrlichkeit ausfährt, um den Storting, das Parlament der Norweger, zu eröffnen.
Oh, denke ich, da hast du ja gut erwischt! Jetzt sehe ich mal den König von der Nähe. Wir stehen also da und warten. Plötzlich sehe ich, wie die jungen Leute weglaufen, und zwar an einem ganz anderen Ende der Terrasse. Ich laufe hinterher und frage mich, was da los ist. Dann sehe ich, wie sie eine junge Dame umringen, die exzentrisch geschminkt und gekleidet ist. Ich sehe gerade, wie sie mit müder Hand ein Autogramm gibt und dann den Füllfederhalter einfach fallen lässt. Der fällt sofort unter die Schuhsohlen.
„Liebe Zeit“, sage ich, „wer ist das?“ „Das ist die berühmte Filmschauspielerin Sophia Loren“, sagt man mir. Sie ist gerade in Oslo. Da denke ich mir: „Na, da will ich lieber wieder zurückgehen, um den König noch zu sehen.“ Ich gehe zurück – und sehe mit Schrecken, dass der König inzwischen abgefahren ist. Ich habe ihn verpasst.
So kam der König von Norwegen zu einer Begegnung mit mir – und ich habe sie verpasst. Er wird es verschmerzen, denke ich. Aber sehen Sie: „Sieh, dein König kommt zu dir“ – so steht es hier. Es ist aber ein viel größerer König gemeint: der Sohn Gottes, der aus der ewigen Welt kommt.
Siehe, es steht davor: Der lebendige Gott sagt, pass auf, dass es dir nicht so geht wie Pastor Busch in Norwegen, der den König vorübergehen sah und ihn verpasst hat. Ich kann mir gut vorstellen, dass heute, am vierten Advent, manche Menschen hier sitzen, die in der ganzen Adventszeit noch gar nicht gemerkt haben: „Sieh, dein König kommt zu dir.“
Vielleicht waren sie abgelenkt. Es muss nicht gleich Sophia Loren sein, es kann auch Lieschen Müller oder irgendetwas anderes Unwichtiges sein. Aber wer abgelenkt war, hat das Leben nicht vor sich her fließen lassen. Wer es nicht begriffen hat: „Sieh, dein König kommt zu dir.“
Ich wusste, dass der König kommt, aber ich habe ihn nicht gesehen. Ich habe ihn verfehlt. Du kannst es hören, und dein Leben kann voranschreiten – und du hast es nie begriffen: „Dein König kommt zu dir.“ Darum sagt Gott vorher: „Siehe, pass auf!“
Nun wollen wir dieses Wort, das vom Kommen dieses Königs spricht, näher ansehen. Dabei möchte ich Sie auf drei merkwürdige Tatsachen aufmerksam machen, auf drei Merkwürdigkeiten in diesem Bibelwort.
Die erste Merkwürdigkeit: Dass Gott zu uns kommt
Man kann die Bibel ja anpassen, wie man will – es ist immer wieder zum Staunen. Zunächst wundert man sich darüber, dass er zu uns kommt. Das ist das erste Merkwürdige: dass Gott in Jesus zu uns kommt.
Meine Freunde, ich habe neulich ein Bild gesehen, auf dem der Papst eine Delegation von Kindern aus aller Welt empfängt. Es war ein großartiges Bild. Der Papst sitzt auf einem wundervollen, riesigen Thronsessel. Er ist gekleidet in goldgestickte, wunderbare Gewänder. Nun darf ein Kind nach dem anderen zu ihm kommen, und er gibt jedem die Hand.
Seine ganze Umgebung grinst wohlwollend. Aber nicht so, wie Sie sich das vielleicht vorstellen. Wenn große Männer Kindern begegnen, zeigen sie oft ein freundliches Grinsen – ein wohlwollendes Lächeln, das manchmal auch eine gewisse Herablassung ausdrückt.
Da musste ich denken: Mein König hatte einen viel besseren Thron, als er von Ewigkeit her beim Vater war. Er war in viel größerer Herrlichkeit umgeben, als wir uns nur vorstellen können. Doch dieser König ist vom Thron aufgestanden, hat seine Kleider abgelegt – seine Herrlichkeit.
Die Bibel sagt, er entäußerte sich selbst, nahm Knechtsgestalt an und kam in diese Menschenwelt hinein. Er wurde Mensch, gleich wie ein anderer Mensch. Er ging zu den Aussätzigen, zu den vom Teufel Besessenen, zu den Kindern, zu den Zöllnern und Huren – zu uns.
Das ist eine Herablassung, die einem das wohlwollende Lächeln vergehen lässt. Sie verschlägt einem den Atem und wirft uns in den Staub. Dieser Gott verlässt seine Herrlichkeit und kommt in Jesus zu uns.
Warum tut er das? Warum kommt Jesus zu uns? Mit einem Wort gesagt: weil er weiß, dass wir ohne ihn kein Leben haben. Wir können vegetieren und existieren, aber kein Leben führen.
Der große Philosoph Hamann, der mächtig in der deutschen Geisteswelt gewirkt hat und gewissermaßen die Sturm-und-Drang-Periode ausgelöst hat, sagte einmal: „Der Mensch kann eher ohne Kopf und ohne Hände leben als ohne sein Heiland.“
Der Mensch versucht es, lebt aber dennoch nicht wirklich. Und weil das so ist, kam er zu uns.
Sieh, dein König kommt zu dir.
Die zweite Merkwürdigkeit: Wie der König kommt
Meine Freunde, im vergangenen Jahr, dem Jahr, das nun zu Ende geht, bin ich mit meinen restlichen Kräften viel in der Welt herumgereist. Seit Februar durfte ich das Evangelium in acht Ländern verkündigen.
Dabei fiel mir etwas Merkwürdiges auf: Immer wieder, sei es in Los Angeles, in Wien, in der Schweiz oder an anderen Orten, kamen junge Leute nach den Vorträgen zu mir und sagten: „Nicht wahr, Pfarrer Busch, im Grunde ist es doch gleichgültig, ob ich Mohammedaner, Hindu oder Christ bin. Das ist doch im Grunde dasselbe.“
Darauf kann ich nur lachen und sagen: Oh nein, nein! Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. In allen Religionen der Welt wird dem Menschen gesagt: „Geh hin und suche deinen Gott!“ Dabei werden ihm steile Treppen gezeigt. Stufe um Stufe musst du erklimmen, um zu deinem Gott zu gelangen – falls du es überhaupt erreichst.
Im Evangelium Gottes aber wird uns verkündigt: Er kommt zu dir. Er steigt herab aus der ewigen Welt und kommt zu dir. Das ist eine wundervolle Botschaft. Dein König kommt zu dir! Siehe, siehe, aufgepasst: Dein König kommt zu dir.
Ich möchte hier das Wort „dir“ besonders unterstreichen. Und ich müsste jeden von Ihnen mit Namen nennen, um es zu sagen: Er kommt zu dir.
Als ich diese Woche über diesen Text nachdachte, hatte ich das Gefühl, als ob der Gott, der gesagt hat: „Es werde Licht“, sich jetzt die Mühe macht, mir auf die Schulter tippt und sagt: „Merk dir das! Dein König kommt zu dir.“
Das ist atemberaubend. Ganz egal, ob Sie gläubig oder ungläubig sind, gottlos oder in einem sündigen Leben stecken oder selbstgerecht sind – Gott tippt Ihnen auf die Schulter und sagt: „Jetzt kommt dein König zu dir.“
Wir können das gar nicht persönlich genug nehmen.
Meine Freunde, ich weiß wohl, dass Ausleger, die hundertmal klüger sind als ich – was ich nicht bestreite – jetzt sagen werden: „Pastor Busch, so kannst du das doch nicht nehmen, so persönlich. Das ist doch ein Wort, das in einer ganz bestimmten Lage, in einer ganz bestimmten Situation, in einer ganz bestimmten Zeit vor vielen Jahren gesagt wurde, und zwar zum Volk Israel. Du kannst doch nicht einmal sagen, im Jahr 1965 wird mir das gesagt.“
Darauf kann ich nur antworten: Meine Freunde, ich werde nie aufhören zu glauben, dass es dem jetzt lebenden, heiligen, gewaltigen, großen Gott gefällt, durch dieses Wort der Bibel mit mir persönlich zu reden.
Und ihr dürft die Bibel, das Wort Gottes, getrost so nehmen, dass wenn ihr sie aufschlagt, er mit euch spricht.
Das ist allerdings oft Grund zum Erstaunen, zum Verwundern, fast zum Entsetzen: Gott lässt uns nicht in Ruhe. Er rüttelt uns auf.
„Sieh, zu dir, mein Lieber, kommt jetzt Jesus – dein König, dein Heiland, dein Erlöser, dein Erretter, dein Seligmacher.“
Die dritte Merkwürdigkeit: Die widersprüchlichen Eigenschaften des Königs
Und nun das Zweite: Ich möchte euch drei merkwürdige Tatsachen zeigen. Erstens, dass er überhaupt zu uns kommt, und zweitens, wie er kommt.
Ich lese den Text noch einmal: „Sieh, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel.“
Meine Freunde, das ist so merkwürdig! Das sind viele Eigenschaften von diesem Herrn Jesus, von diesem Heiland genannt, von diesem Sohn Gottes, die gar nicht zusammenpassen wollen. Ein König und arm, reitet auf einem Esel – wie reimt sich das zusammen?
Entweder ist man König, und dann ist man nicht arm. Man hat eine Privatschatulle und kann austeilen. Oder man ist ein armer Bettler, und dann kann man nicht gut König sein. Wie reimt sich das?
Oder ein Helfer, arm. Meine Freunde, die Fürsorge in unserer Stadt geht zu ganz armen Leuten hin und hilft ihnen. Aber wenn ich in Not bin, kann doch ein Armer, der selber nichts hat, mir nicht helfen. Wie kann mir der helfen? Helfer und arm – wie reimt sich das zusammen? Das passt doch gar nicht zusammen, oder?
Und sehen Sie, das allermerkwürdigste, was da zusammengestellt ist: Ein Gerechter, also ein Richter, der dem Recht zum Sieg verhelfen will, und ein Helfer. Wie reimt sich das?
Entweder ist er Richter, dem das Recht kristallklar über alles geht – „via justitia per mundus“, soll das Recht geschehen, auch wenn die Welt darüber zugrunde geht. Entweder ein Richter, dem das Recht über allem steht, oder ein Helfer, dem die Barmherzigkeit über allem steht.
Das sind so gegensätzliche Behauptungen hier über Jesus, das will gar nicht zusammenpassen. So merkwürdig ist das, was über unseren Heiland gesagt wird.
Und wir wollen versuchen, es zu verstehen. Ach, der Heilige Geist erleuchte euch und mich, dass das uns groß wird.
Die Bedeutung von "ein Gerechter"
Fangen wir an mit dem Wörtlein „ein Gerechter“. Ich las neulich im Spiegel – ja, ja, auch unser einstiges Lieblingsblatt –, einen Prozessbericht. Darin hatte ein 63-jähriger Lehrer seine 20-jährige Frau erwürgt. Was mich dabei packte, war, dass der Reporter offenbar ganz beeindruckt war von den Abgründen im Menschenherzen. Wer kann das noch beurteilen?
Und da schließt er mit den erschütternden Worten: „Das ist das Ärgste am Verbrechen, dass es Menschen zwingt, über Menschen zu urteilen.“ Biblisch gesprochen zwingt es Sünder, über Sünder zu urteilen. Hier liegt die Not aller Justiz. Und nun kommt dein König, von Gott legitimiert, bezeichnet als der Gerechte. Er kann über Menschen urteilen, er darf über Menschen urteilen – und er tut es.
Meine Freunde, das ganze Neue Testament ist voll mit Geschichten, in denen Leute in die Nähe Jesu kommen und auf einmal entlarvt, überführt und mit Staub beworfen werden. Sie müssen sagen: „Ich habe gesündigt.“ Ich will nur ein paar Beispiele herausgreifen, ganz wahllos.
Ich hoffe, Sie kennen die Geschichte von dem sogenannten reichen Jüngling, der vor den Herrn tritt und sagt: „Ich habe alle Gebote Gottes gehalten von Jugend an, fehlt mir noch etwas?“ Und da macht ihm Jesus mit einem Wort klar: „Nicht mal das erste Gebot hast du gehalten: Ich bin der Herr, dein Gott.“ Denn das Geld ist dir lieber als dein Gott, viel wichtiger. Wie viele solcher Leute sitzen hier, denen ihr Geld wichtiger, lieber ist als Gott? Wieder bist du schuldig am ersten, am grundlegenden Gebot Gottes.
Ich denke an Petrus, diesen großartigen Mann, dem Jesus in der Karfreitagsnacht ohne viele Worte deutlich macht: „Du hältst ja höher von dir, als du ein Recht hast. Du bist ein aufgeblasener, hochmütiger Mensch, hinter dem nichts steckt.“ Er ging hinaus und weinte bitterlich über sich. In der Gegenwart Jesu wird er entlarvt. Wie viele solche Leute sitzen hier, die ohne jedes Recht hoch von sich denken?
Oder ich denke an die große Sünderin, die im Farmarten-Heiland gehört hat. Im Licht seiner Augen geht ihr auf: „Mein ganzes Leben habe ich getändelt, gespielt, geflirtet, gebussiert und gehucht.“ In Gottes Augen ist das eine große Schande und Schuld. Entlarvt, überführt. Wie viele solcher Leute sitzen wohl in dieser ehrbaren Versammlung, voll mit Unreinigkeit im Herzen, Ehebruch, Hurerei und Unreinigkeit?
Es ist schon eine Sache, Jesus, der Gerechte, näherzukommen. Er deckt uns auf, wie es kein Richter kann, er überführt uns. Ich denke an den ganzen Jüngerkreis. Die wurden einmal schrecklich erschrocken, als der Herr Jesus sie fragte: „Worüber habt ihr geredet?“ Da schwiegen sie still. Da sagte er: „Ich will es euch sagen: Ihr habt davon gesprochen, wer unter euch der Größte ist.“ Wie viele sitzen wohl hier, die der Größte sein wollen?
„Gott widersteht den Hoffärtigen“, sagt er. „Nein, tu dir ins Gericht!“ Wie viele sind wohl hier, die mit Ellenbogen streiten, um der Größte zu sein? Die es nicht ertragen können, unten zu sein? Oh, was für ein Gerechter ist das, dieser Jesus!
Da war eine Gemeinde in Laodizea. Da sagte der Herr nach seiner Himmelfahrt, als erhöhter Herr, zu dieser Gemeinde, zu diesen Christen: „Du sprichst: ‚Ich bin reich und habe genug und weiß nicht, dass du elend und jämmerlich, arm, blind und bloß bist.‘“ Wie viele sitzen wohl hier, die, wenn sie einmal im Licht der Augen Gottes stünden, erkennen würden: „Ich bin elend und jämmerlich, arm, blind und bloß.“ Mein ganzer Christenstand – eine erbärmliche Angelegenheit.
Jesus, ein Gerechter, der ohne Ansehen der Person aufdeckt. Das hat ein Spätapostel Paulus erfahren müssen, als er ins Licht Jesu kam: Sein ganzes Leben war verkehrt. Mich muss es bezeugen – das habe ich auch erlebt und erlebe es immer wieder, immer wieder neu. Unheimlich, geradezu unbarmherzig deckt der Herr uns auf, verurteilt, entlarvt und überführt.
Fragen Sie sich, ob Sie sich diesem Gericht Jesu stellen wollen oder ob Sie weitermachen wollen, als wäre alles in Butter in Ihrem Leben. Sie wollen nicht? Sie brauchen auch nicht? Sie wollen abwarten bis zu jenem Tag des großen Gerichts, wo alles verborgen aufgedeckt wird? Und wo Sie keinen Helfer haben, wo Sie umschauen werden und kein Helfer da ist? Nur das Wort geht hin: „Ihr Verfluchten!“
Der Helfer und die Versöhnung am Kreuz
Ich würde sagen, wir stellen uns lieber hier hin und werden einmal still vor dem Gericht Jesu. Kommen wir in sein Licht. Hier haben wir nämlich einen Helfer.
Fragen Sie sich: Wer ist denn dieser Helfer? Sehen Sie, das ist das beinahe Paradoxe, das Merkwürdige, das Fantastische, das Unglaubliche: Der Richter Jesus ist zugleich der Helfer. Er ist gerecht und ein Helfer zugleich.
Ihnen wird ganz deutlich, dass der Herr Jesus ein Helfer sein will – nicht nur in kleinen Dingen. Da ist es auch so, und ich könnte stundenlang davon erzählen, wie Jesus mir in kleinen Nöten meines Lebens geholfen hat, aber auch in großen.
Er will vornehmlich, vor allem und zuerst Helfer sein bei denen, die in seinem Licht entlarvt und überführt worden sind, die in ihren eigenen Augen Sünder geworden sind. Er will Helfer sein bei denen, die das Fürchten gelernt haben vor dem Zorn Gottes, die sagen: "Ich möchte nicht in die Hölle kommen, und komme doch hin! Wie soll ich das tun, dass ich nicht in die Hölle komme, und ich komme doch hin? Bin ich auf dem besten Wege dazu!"
Den erweckten und erwachten Gewissen will Jesus Helfer sein. Er kann an Tausenden vorbeigehen, doch wo ein erwecktes, erschrockenes Gewissen ist, da will er Helfer sein. Da ist nur Jesus allein der wirkliche Helfer.
Sehen Sie, jetzt bitte ich Sie: Gehen Sie mit mir hinaus nach Golgata. Sehen wir das Kreuz der Plagen, wo er angenagelt ist. Sehen Sie den Mann in der Dornenkrone so lange an, so lange, bis Ihnen aufgeht: Gott warf unsere aller Sünde auf ihn. Was mich verdankt, das hat Gott auf ihn geworfen. Meine Strafe liegt auf ihm, auf dass ich Frieden hätte.
Dann verstehen wir auf einmal, warum dieser König arm ist. So arm wurde er, dass man ihm die Kleider nahm und ihn nackt ans Kreuz hängte. So arm verstehen wir ihn nun. Er wurde arm um unseres Willens, damit wir durch seine Armut reich würden. Er wurde arm an unserer Statt.
Meine Freunde, alle Schätze der Welt sind gering im Vergleich zu dem Anblick dieses Heilandes, der meine Schuld wegträgt und mich mit Gott versöhnt. Wenn Sie nicht glauben, dann werden Sie im Augenblick des Sterbens kapieren, dass alle Schätze der Welt, von denen Sie nichts mitnehmen können, gering sind gegenüber dem Anblick dessen, der Sünder erretten kann.
Die Gerechtigkeit Jesu vor Gott und die Rechtfertigung der Sünder
Lassen Sie mich noch ein drittes hinzufügen: Ich muss dazu sagen, dass Sie sich nicht zu sehr auf ... Aber da kann der Held in Ihnen abschalten.
Diejenigen unter Ihnen, die mit der Sprache der Bibel, insbesondere des Römerbriefs, vertraut sind, möchte ich noch Folgendes sagen: Das Wort „gerechter“ kann hier auch anders verstanden werden. Er ist vor Gott allein gerecht; sonst niemand. Kein Mensch ist vor Gott gerecht außer diesem Einen.
Er ist gekommen, um Sünder durch sein Versöhnen vor Gott gerecht zu machen. In ihm werden wir gerecht. In ihm darf ich mich freuen auf einen Heldenmut, der kein Gericht scheut, wie es sonst ein Sünder tut.
Die dritte Merkwürdigkeit: Was sollen wir tun?
Aber nun kommen wir noch zum dritten Teil. Ich möchte Ihnen drei merkwürdige Tatsachen zeigen. Die dritte betrifft die Frage: Was sollen wir tun?
Sehen Sie, das Merkwürdige ist, dass in dem ganzen Text kein Wort dazu gesagt wird. Gott beginnt groß: Dein König komme zu dir, armer, gerechter und Helfer. Und dann fragen wir unwillkürlich: Was soll ich jetzt tun? Doch davon ist kein Wort gesagt, da hört es bei ihm auf. Das ist merkwürdig.
Paul Gerhard fragt: Wie soll ich dich empfangen? Wie begegne ich dir? Was soll ich tun? Doch nichts davon wird gesagt. Also, das ist das Dritte: Nicht „Was sollen wir tun?“, meine Freunde, das ist eigentlich jetzt klar. Darum braucht es nicht mehr gesagt zu werden.
Dein König kommt zu dir, und es gibt nur eins zu tun: ihn aufzunehmen, ihn aufzunehmen! Bitte hör auf mit Christentum, Gerechtigkeit, Religion und was weiß ich alles. Du sollst Jesus aufnehmen, denn daran hängt alles – den lebendigen Herrn!
In der Bibel steht: Wie viele ihn aufnahmen, denen gab er Vollmacht, Gottes Kinder zu heißen. Wenn ich jetzt über die Käpplicher Straße gehe und die Leute frage, was sie seien – ich will mal so einen Test machen –, sind Sie Christ? Ja, natürlich sind wir christlich. Alle sind wir christlich in Westdeutschland, das ist kaum auszuhalten.
Dann frage ich: Worauf besteht das? Wie werden Sie ein Kind Gottes oder wie wollen Sie selig werden? Da sagen 99 Prozent der Leute: Ich tue Recht und scheue niemanden. So oder ähnlich sagen sie: „Ich möchte Ihnen sagen, das ist genau der Weg in die Hölle.“
Es gibt nur einen Weg, Kind Gottes zu werden, gerettet zu werden und fröhlich hier und in Ewigkeit zu sein: Welche ihn aufnahmen, denen gab er Vollmacht, Gottes Kinder zu werden.
Was sollen wir tun? Ist doch jetzt klar: Nehmen wir ihn auf und lassen wir uns von ihm richten! Lassen Sie ihn richten und aufdecken! Hören Sie auf mit Ihren Entschuldigungen und Verteidigungen!
Und wenn es so weit kommt, dass Sie am Ende sagen müssen: Jetzt bin ich auch elend und jämmerlich, arm, blind und bloß vor Gott – gut, lassen Sie sich dahin bringen. Denn in diesem Augenblick steht vor Ihnen der Helfer.
Nun dürfen Sie sein Blut, das rein macht, sein Kreuz, das versöhnt, und sein Heil für sich in Anspruch nehmen. Dann wird der Heilige Geist Ihr Herz erfüllen, und Sie werden reich in Gott.
Schluss und Gebet
Ich muss schließen. Ich wünschte, es ginge uns wie dem großen Erweckungsprediger Ludwig Harms, durch den die Lüneburger Heide völlig verwandelt wurde.
Er hat auf einem Missionsfest vor Tausenden von Menschen einmal wörtlich gesagt: „Ich glaube, ich würde in Verzweiflung fallen, wenn ich diesen Trost nicht hätte, dass alle Sünden vergeben sind. Wie ein Fisch, der aus dem Wasser genommen wird und stirbt, so kann ich Jesus nicht missen, nicht eine Viertelstunde.“
Wir wollen beten: Herr, seine Predigt ist der Anfang. Mach du mit unseren Seelen weiter! Öffne uns die Augen mit unserem Gewissen und führe uns vom Tode zum Leben! Amen!