Einführung in die lebendige Botschaft des Wortes Gottes
Nehemia Kapitel 2 lesen wir heute Abend. Ich wünsche mir, dass es Ihnen so geht wie mir: dass Sie sagen, ich wusste gar nicht, wie lebendig das ist. Leider zertrampeln wir manchmal das Wort Gottes und sprechen langweilig darüber.
Ich wünsche mir, dass der Geist Gottes Sie belebt und erfrischt. Dass Sie merken, all das, was in der Bibel steht, ist für uns heute noch lebendiges Wort Gottes, das uns viel zu sagen hat.
So ging es uns schon beim letzten Mal: Wir wollen bauen, wieder aufbauen. Wir wollen die Last mittragen für das zerstörte Jerusalem.
Nun erlangt Nehemia vom König die Erlaubnis, nach Jerusalem zu reisen. Wir hatten das Buch Nehemia beim letzten Mal eingeordnet: Wir befinden uns im Jahr 445 v. Chr.
Diejenigen, die nach Israel reisen, können an der Stadtmauer genau sehen, wo Nehemia die Aufbauarbeiten durchgeführt hat. Dies geschah im Monat Nisan, im zwanzigsten Jahr des Königs Artasasta, das ist der Ataxerxes.
Nehemia vor dem König: Die Last um Jerusalem und der Beginn der Reise
Als Wein vor ihm stand, nahm ich den Wein und gab ihn dem König. Dann stand ich traurig vor ihm.
Da sprach der König zu mir: „Warum siehst du so traurig aus? Du bist doch nicht krank.“
Ich antwortete: „Das ist es nicht, aber sicher bedrückt mich etwas.“
Ich fürchtete mich sehr und sprach zum König: „Der König lebe ewig! Sollte ich nicht traurig sein? Die Stadt, in der meine Väter begraben sind, liegt wüst, und ihre Tore sind vom Feuer verzehrt.“
Da fragte der König mich: „Was begehrst du denn?“
Ich betete zu dem Gott des Himmels und sprach zum König: „Wenn es dem König gefällt und ich Gnade vor dir gefunden habe, so lass mich nach Juda reisen, in die Stadt, wo meine Väter begraben sind, damit ich sie wieder aufbaue.“
Der König sprach zu mir, während die Königin neben ihm saß: „Wie lange wird deine Reise dauern? Wann wirst du wiederkommen?“
Als es dem König gefiel, mich reisen zu lassen, nannte ich ihm eine bestimmte Zeit. Ich sprach zum König: „Wenn es dem König gefällt, gib mir Briefe an die Statthalter jenseits des Euphrat, damit sie mir Geleit geben, bis ich nach Juda komme. Auch Briefe an Asaf, den obersten Aufseher über die Wälder des Königs, damit er mir Holz gebe zu Balken für die Pforten der Burg beim Tempel, für die Stadtmauer und für das Haus, in das ich einziehen soll.“
Der König gab sie mir, weil die gnädige Hand meines Gottes über mir war.
Als ich zu den Statthaltern jenseits des Euphrats kam, gab ich ihnen die Briefe des Königs. Der König hatte aber Hauptleute und Reiter mit mir gesandt.
Als Sanballat, der Horoniter, und Tobija, der ammonitische Knecht, das hörten, wurden sie sehr verärgert. Es missfiel ihnen sehr, dass jemand gekommen war, der für die Israeliten Gutes suchte.
Wesentliche Gedanken zur Predigt: Konzentration auf wenige zentrale Punkte
Wenn ich drei Punkte anführe, entspringt das nicht ausschließlich der Primitivität meines Denkens. Vielmehr ist es immer das, was ich meine. Es ist gut, wenn wir uns auf ein paar Dinge beschränken. Auch heute würde ich aus der Fülle dessen, was hier geschrieben steht, eigentlich nur drei Dinge herauspicken.
Ich möchte meine Gedanken um diese Punkte kreisen lassen. Man könnte sicher auch 17 oder 18 Dinge herausgreifen, aber ich habe am Ende Angst, dass es dann aussieht wie Lapskaus oder irgendetwas Ähnliches, bei dem alles durcheinander gemixt wird. Stattdessen sollten wir ein paar Dinge herausgreifen, die uns wichtig sind.
Zuerst geht es mir um den Punkt, wie Nehemia Leid trägt um das zerstörte Jerusalem. Das haben wir bereits beim letzten Mal behandelt – diese Not, die Nehemia auf das Herz gefallen war. Heute möchte ich Sie noch auf etwas anderes aufmerksam machen.
Meistens haben Menschen ja auch den irrigen Glauben, als ob es jetzt darauf ankomme, dass man rasch die Ärmel hochkrempelt und an die Arbeit geht. Nehemia macht das aber nicht. Nehemia wartet. Das wird uns in der Bibel als vorbildlich hingestellt: dass Nehemia warten kann.
Die Bedeutung des Wartens und der Gnade Gottes
Sie kennen mich sicher wenig, und ich werde kaum bei Ihnen missverstanden werden, als ob ich die Dinge vor mir herschiebe. Aber ich will das neu lernen: auch zu warten, bis Gott wirklich Gnade zur Reise gibt.
Wir müssen aufpassen, dass wir nicht an der falschen Stelle zögerlich sind. Es kann immer nur im Gegensatz dazu an der falschen Stelle Zögerlichkeit und Überängstlichkeit geben. Aber wir wollen auch nicht aus eigener Aktivität losstürmen, bevor die Dinge wirklich reif sind.
Hier steht nun, dass Nehemia vier Monate Leid getragen hat und wirklich belastet und bedrückt herumlief. Es war sogar so, dass die anderen es sahen und ihn darauf ansprachen. Aber er handelt nicht vorschnell, sondern wartet, bis Gott ihm wirklich deutlich zeigt, dass die Sache von ihm herkommt.
Liebe Schwestern und Brüder, das ist wichtig: Wir wollen warten, bis Gott uns klar zeigt, dass wir jetzt gewisse Schritte gehen sollen. Ich weiß, wie viele von Ihnen sich an dieser Frage auch zu martern. Ich sage das immer gern ein wenig lustig, denn man darf ja auch mal über sich selbst lachen. Es liegen ja manchmal auch so Dinge vor, dass man ein bisschen skrupelhaft werden kann.
Wenn die Fragen kommen: Soll ich dies oder jenes tun? Soll ich mich hier anmelden oder auf die Freizeit mitgehen? Das ist natürlich immer schwierig. Wie soll ich wissen, was Gottes Wille ist? Aber es gibt doch Punkte, wo ich frage: Soll ich hier einen Hauskreis beginnen? Soll ich mich für ein Amt zur Verfügung stellen? Da müssen wir doch genau wissen: Sendet mich hier Gott? Sendet mich hier Gott?
Ich halte nichts davon, dass man das von Zufälligkeiten abhängig macht. Das mag es manchmal auch geben, dass wir sagen: Herr, hinter uns heute habe ich zu unserer Frau Birgert gesagt, beten Sie noch, bevor Sie den Telefonanruf machen. Da geht es um einen jungen Mann, den wir ganz kurzfristig binnen 14 Tagen nach Haiti schicken. Haiti ist ja ein Pulverfass. Er soll bis September dort drüben in einer Schule als Schreiner wichtige Bauarbeiten ausführen.
Aber beten Sie, Gott kann das verhindern, dass gerade durch dieses Telefon die Verhinderung kommt. Denn wir brauchen irgendeine Hilfe, damit uns Gott auch das zeigt. Aber normalerweise müssen wir aufpassen, dass wir klare Wegweisung Gottes haben, klare Wegweisung Gottes, bevor wir Dinge anfangen und hineingehen. Und das will Nehemia haben.
Er ist ein Mann, der Kühnes wagt. Die Boten Gottes sind immer kühne Männer: mutig, wagemutig natürlich. Aber ich muss das klare Ja Gottes haben.
Warum ist das so wichtig? Weil ich in den Arbeiten für Gott zu schnell ermüde. Wenn wir da so erfahrene Strategen haben wie unsere Prosis da hinten in Äthiopien, dann wissen die das am besten und können uns bezeugen, dass der beste menschliche Eifer nach kurzer Zeit ausgebrannt ist.
Ich kann es oft gar nicht hören, wenn in der Kirche bei uns das Wort kommt, man mache das einmal als Test. Was ist der Test? Wann höre ich denn mit dem Test auf? Nach einem Jahr oder nach zwei Jahren? Ich weiß nicht, wie viele Jahre wir gebraucht haben, bis sich der zweite Gottesdienst einigermaßen gefüllt hat.
Wir müssen auch Dinge einfach gehen und sagen: Das tun wir jetzt. Und wenn einer sagt, ich beginne da mit einer Kinderstunde oder mit einem Hauskreis, dann kann es sogar sein, dass Gott ihn demütigt und dass er jahrelang eigentlich Misserfolg sieht. Trotzdem muss er weitermachen. Und dann muss er wissen: Gott hat mich in diese Arbeit gesandt.
Sie müssen einmal die Biografien der großen Gottesmänner und -frauen durchlesen, die oft viele Jahre gewirkt haben, ohne Frucht zu sehen. Es stimmt ja gar nicht, dass es so Schlag auf Schlag immer geht. Oft prüft Gott unseren Glauben, und dann darf man nicht müde werden.
Als Bodelschwing anfing, die Geisteskranken in Bethel zu betreuen, hat ihm die Bevölkerung von Bielefeld zweimal die Häuser angezündet. Da hätte ich aufgegeben. Ich hätte gesagt: Herr, das nehme ich aus deiner Hand, jetzt ist es eben nicht, soll nicht sein. Aber Gott sagte: Jetzt gerade erst recht.
Da muss man wissen, wer hinter mir steht. Als Zinzendorf nach Sankt Thomas, der Sklaveninsel in Westindien, also in der Karibik, fuhr, haben damals die Herrnhuter um 1740 eine ganz tolle Missionsarbeit begonnen. Aber die Missionsboten wurden inhaftiert, weil einer der Missionare eine Negerin, eine Mulattin, geheiratet hatte. Das war damals ein ganz schlimmer Verstoß, dass sie die Rassenschranken überwunden hatten.
Und dann ist Zinzendorf selbst hinübergefahren. Sein Begleiter fragte ihn noch ängstlich unterwegs auf dem Schiff: „Graf, was machen wir jetzt, wenn die alle schon hingerichtet sind?“ Zinzendorf sagte: „Mach doch nichts, dann sind doch wir da. Die Arbeit kann doch nicht aufhören. Die Arbeit wird weitergehen, auch wenn ein paar hingerichtet werden. Das muss sein.“
Das ist der Geist, aus dem die Mission geboren wurde und die Diakonie und das Reich Gottes immer gebaut wurde. Paulus hat doch nicht seine Entscheidungen abhängig gemacht von irgendwelchen Launen. Er hat gesagt: Auch wenn ich krank bin und einen müden Körper habe, die Sache muss weitergehen. Und dann ging er, weil er wusste: Gott hat mich gesandt.
Da sehe ich heute die Hauptnot, dass wir nicht wissen, will Gott mich hier haben. Und es liegt mir wirklich daran, auch wenn mal beim jungen Mann eine Prüfung oder so nicht klappt, ist das nicht schlimm. Gott will dich haben. Und dann machst du weiter.
Aber das will nicht sagen, ach, jetzt werde ich irre an meiner Sendung. Der Doktor Ludwig Krapff, der erste Missionspionier in Ostafrika, dem ich Ihnen schon so viel erzählt habe aus deren Dingen, der Bauernjunge, der dann mit Rebmann hinausging, damals mit der Church Mission Society von England, da es noch gar keine deutsche Mission gab, hat gleich am Anfang sein Frauenkind in Mombasa verloren.
Ich liebe so dieses Denkmal. Es ist ja heute noch da, und viele Touristen schauen es sich an: das große Denkmal zur Erinnerung an Ludwig Krapff und das Grab seiner Frau und seines Kindes, wo er sagt in seinem ersten Brief nach Hause: „Jetzt erst recht, jetzt erst recht.“
Ich weiß gar nicht, ob unsere Missionare heute noch diesen Geist haben, der sagt: Jetzt muss ich schnell heim? Nein, jetzt erst recht. Die Siege Jesu werden über den Gräbern der Streite errungen.
Das heißt für Sie bloß: Sie müssen in Ihrem Leben Klarheit haben, was Gott will. Nicht, dass Sie sich dauernd beirren lassen durch irgendwelche Rückschläge, die Sie erleben.
Nehemia trägt lange Leid, und er wartet lange. Er muss wissen, ob Gott ihm wirklich zu dieser Reise Gnade gibt, und dann geht er los. Und so lange wartet er. Das Warten ist nie schlimm. Man darf auch sagen: Ich habe über diese Sache noch keine Klarheit.
Manche sind enttäuscht, die auch in der Seelsorge fragen: Soll ich das oder jenes? Und wenn ich sage, ich kann Ihnen nicht raten, ich weiß es nicht, dann warten sie doch. Beten Sie weiter darüber, Herr, pressier doch nicht. Und er hat dann oft bessere Lösungen zur Hand als die, die wir kurzfristig suchen.
Also das Erste war mir jetzt hier das Warten.
Und Sie verstehen, warum das schön ist, wenn wir uns jetzt mal an einem Wort, an einer Sache richtig Gedanken machen. Dann wird es uns plastisch, dann wird es uns interessant.
Ich empfehle Ihnen das auch für den Hauskreis, dass wir dann einfach an einem Punkt mal verweilen und uns nicht an allen Dingen hin- und herjagen lassen, sondern eins einmal geistlich verstehen, von verschiedenen Seiten beleuchten und durchdenken.
Gottes Führung und die gnädige Hand bei der Mission
Gott muss die Türen für diese schwierige Mission öffnen, das ist unumgänglich. Ich habe jetzt ein englisches Buch von William Carey mitgebracht. Ich glaube, das gibt es im Moment in Deutschland nicht. Carey war dieser Schuster in England, der dann der größte Indienmissionar wurde. Es ist hochinteressant, wie William Carey ganz stark damit lebte, all die Schwierigkeiten wirklich aus der Hand Gottes zu nehmen.
Ich wäre an seiner Stelle sechsmal ausgeflippt und hätte mit der Faust auf den Tisch geschlagen. Wahrscheinlich hätte ich vorher schon drei Tische kaputtgeschlagen. Aber William Carey sagte: Kein Problem! Im ersten Schiff wurde er schändlich rausgeworfen, weil er kein Visum hatte. Dann war da die Kolonialregierung, die ihn nicht wollte. Doch das war kein Problem für ihn. Gott hat alles richtig gelenkt. Und dann kam tatsächlich das richtige Schiff.
Ihm war das so klar: Der Herr sendet ihn. Und da ließ er sich durch nichts beirren. Dann kamen die Schwierigkeiten wirklich am laufenden Band, und er wurde seiner Sache nur gewisser. Ringen Sie darüber, was soll ich tun, und dann gehen Sie Ihren Weg fröhlich.
Das ärgert mich oft, wenn ich Christen treffe, besonders Frauen, die sagen: Ich hätte nie heiraten sollen, jetzt kann ich nicht berufstätig sein, muss meine Kinder erziehen und so weiter. Sie müssen sich vorher überlegen, wo Gott sie haben will. Es ist furchtbar, wenn sie später mit sich selbst hadern und mit ihrer Lebensführung.
Wenn Männer hadern und sagen, sie hätten einen falschen Beruf gewählt, glaube ich, möchte Gott uns auch in all diesen Dingen Sicherheit geben. Er möchte uns Aufgaben geben, in denen er uns segnet. Sie sollen an ihrem Platz stehen können und wissen: Gott braucht mich hier.
Hier war es auch interessant, wie sogar das Äußere zeichnet, das Gesicht von Nehemia. Man darf uns ansehen, dass wir traurig sind, wenn wir an die vielen Verlorenen der Welt denken. Nietzsche hat ja das Wort geprägt, das bis heute oft zitiert wird: Christen sollten erlöst aussehen, wenn ich an ihren Erlöser glauben wollte. Aber Nietzsche war nun einmal ein Atheist. Er wusste nicht, dass Christen auch traurig dreinsehen können, weil eine schwere Last sie drückt.
Eine Mutter kann nicht einfach fröhlich grinsen, wenn sie weiß, dass ihre Kinder den Weg der Sünde gehen. Darum gibt es Dinge, die uns beschweren. Das drückt oft Christen, wenn sie wissen: Ich kenne Menschen, um die ich ringe, die ich befreien wollte aus Bindungen. Ich wollte gern Menschen teilhaben lassen an der Freude mit Jesus.
Denn Nehemia sah doch auch keinen Erlös daraus. Er hat die Last mit sich herumgeschleppt. Und das ist auch etwas Schönes, wenn Christen die Last empfinden. Wir dürfen ruhig ein bisschen freundlicher sein, sage ich mir manchmal auch, wenn ich so grimmig dreinblicke. Aber Sie wissen, was ich meine: Die Last darf uns auch drücken – um die vielen verlorenen Menschen in der Welt, die Nehemia erdrückt.
Wir dürfen traurig sein um den Zustand auch unserer Kirchen und um die Gottlosigkeit. Wir dürfen trauern um unser Volk und durch so manche Missstände, die wir sehen. Und der König spricht ihn darauf an und sagt: Nehemia, was hast du denn? Du bist doch nicht krank.
Das ist das Einzige, was die Leute denken können. Hauptsache, man ist gesund. Dass es noch andere Dinge gibt, die einen traurig machen, wird oft übersehen.
Ich aber fürchtete mich. Warum fürchtet sich Nehemia? Sie müssen sich abgewöhnen, dauernd in den Männern Gottes Supermänner zu sehen, die alles können. Nehemia fürchtet sich, weil er sagt: Ich kann dem Heiden doch nicht erklären, was mich bewegt. Wieso soll ich ihm erklären können, warum mich dieses kleine Jerusalem so bewegt? Warum ich die Last des Volkes Israel mittrage?
Und er betet und sagt: Aber jetzt will ich es doch sagen. Für ihn war das das Zeichen: Wenn Gott hier Verständnis schenkt, dann ist das ein Zeichen, dass das von Gott kommt.
Große Pläne trotz kleiner Gestalt: Gottes Reich wird durch Unscheinbare gebaut
Das ist mein zweiter Punkt. Er hat große Pläne, er hat große Pläne. Ich setze vielleicht noch einmal dort an, wo wir in den letzten zwei Sonntagen die Predigt hatten. Ich weiß, dass viele von Ihnen das auch wieder neu verstanden haben – mir ging es ja selbst so. Dieses Kleinsein vor Gott und dieses Demütigsein.
Ich möchte heute noch eine Geschichte hinzufügen. Als wir den Gemeindetag in Stuttgart hatten, gab es einen Fernsehbericht von Herrn Ehlitz, dem Chefredakteur des Süddeutschen Rundfunks. Er hatte auch jemanden aus dem kirchlichen Bereich eingeladen, der dem Gemeindetag nicht viel abgewinnen konnte. Ich sah, wie dieser Mann um zwölf Uhr mit dem Taxi ankam. Er hatte den Gemeindetag zuvor noch nie besucht und war einer von drei Teilnehmern in der Schlussdiskussion.
Jener Theologe sagte ganz am Ende der Sendung – und da war nichts mehr zu schneiden, weil die Sendung schon eine Dreiviertelstunde später über die ARD ausgestrahlt wurde – dass diese Leute am Killesberg ja allesamt eigentlich recht kleine und unbedeutende Menschen seien. Wissen Sie, da sei kein Bundeskanzler dabei, kein Politiker, kein Wirtschaftsführer, keine Künstler.
Dann meldete sich einer der Diskutanten, und es blieb gerade noch so ein kurzer Ausschnitt übrig. Wer dabei war, erinnert sich vielleicht noch. Er sagte: „Ja, das Reich Gottes ist immer nur mit kleinen Leuten gebaut worden, immer nur mit ganz kleinen.“ Meinen Sie, Luther sei ein bekannter Mönch gewesen? Nein, ein kleiner Mann. Paulus, der aus der Synagoge vertrieben wurde, war auch kein großer Mann.
Sie müssen sich abgewöhnen, die Gottesmänner und Gottesfrauen als große Leute zu sehen. Es sind kleine Leute wie wir – Versager, kümmerliche Menschen mit ihren Problemen und Schwierigkeiten. Aber sie haben Gott vertraut, ganz fest. Sie ließen nichts an den Verheißungen Gottes zweifeln.
Nehemia fürchtet sich, mit seinem Chef zu sprechen. Das hätten Sie gar nicht gedacht, so schlicht war er. Aber er wagt es, weil er sagt: Wenn Gott will, dann wird er den Weg weisen. Und dann will er etwas Großes. Diesen Geist finden Sie überall in der Bibel.
Jonathan sagte einst: „Es ist dem Herrn nicht schwer, durch viel oder wenig zu helfen.“ Und er fügte hinzu: „Er tut nur viel.“ Dem Herrn ist es nicht schwer, durch viel oder wenig zu helfen. Wir wollen nicht wenig, wir wollen viel.
Wenn wir Ziele setzen, wenn wir sagen: „Wir machen diesen Sommer eine Evangelisation“, dann wollen wir, dass viele zum Glauben kommen. Wir sollten Großes erwarten und sagen: Wenn schon Gott wirkt, dann ist auch für uns Großes zu tun.
Nehemia denkt gar nicht klein. Sonst hätte er gesagt: „Ich möchte nur unbezahlten Urlaub.“ Nein, er sagt: Wenn Gott schon am Werk ist, dann kann er es so fügen, dass ich noch das Bauholz bekomme und das gratis, dass ich Sonderurlaub bekomme, der noch bezahlt wird, dazu eine Leibgarde und ein Fahrzeug. Das ist großartig.
Wissen Sie, wenn Gott schon bahnt, dann kann er mir die Türen so übermächtig öffnen. Und das sind die Siegesgeschichten der Bibel. Der Herr des Himmels und der Erde kann uns auch in äußeren Dingen leiten und führen.
Nun ist das merkwürdig: Manchmal verschließt Gott uns die Türen, und manchmal gibt er uns Bestätigungen. Man kann das nicht immer so ablesen, aber er möge uns auch darin Sicherheit geben.
Und das ist manchmal wirklich schön, wie es auf einmal so geht. Als wir die Jugendmissionskonferenz im letzten Jahr vorbereitet haben – und das ist in Stuttgart wirklich schwierig, weil man die Räume kaum bekommt. Wo möchte man die machen? Es gibt kaum Möglichkeiten. Die Technische Hochschule wäre das Einzige gewesen, doch die war verschlossen.
Schließlich sind wir nach Ludwigsburg ausgewichen, und das war ideal. Dort gibt es eine S-Bahn-Station, und als wir mit dem Rektor sprachen, sagte er: „Nichts lieber als das, ihr könnt alles machen, was ihr wollt.“ Das wussten wir gar nicht, denn er hat eine ganz andere theologische Einstellung.
Auf einmal öffnete Gott alle Türen. Von allen Seiten kam ein Ja. Und als wir einen Lebensmitteldiscounter fragten, ob er uns Bananen und Äpfel günstig geben könne, schenkte er uns, ich weiß nicht wie viele, achtzig Kisten und sagte: „Nehmt den Erlös für die Mission.“
Da war von allen Seiten plötzlich die Tür offen. Das stimmt mich so froh, wenn es auf einmal von Gott bestätigt wird und der Herr sagt: „Geht vorwärts, geht weiter!“
Der erste Punkt war das Wachen, der zweite sind die großen Pläne. Er schildert kurz die Not und fragt dann: „Können Sie mir nicht Urlaub geben?“ In Vers 7 gefällt es dem König, er gibt Briefe an die Statthalter. Nehemia möchte offizielle Erlaubnis haben – das war auch schön, so hat es Zinzendorf gemacht.
Als er nach Westindien ging, sagte er: „Wir Christen sind doch nicht die kleinen, mickrigen Leute.“ Er hatte Selbstbewusstsein. Wir sind Gottes Herolde. Er ging zum dänischen König und ließ sich Vollmachten ausstellen. Dann kam er als diplomatischer Gesandter des dänischen Königs nach Westindien. Die Gouverneure standen stramm.
Zinzendorf konnte das immer toll, weil er Reichsgraf war. Er war ein bescheidener Mann, aber manchmal ging es ihm auch darum, dass die Sache Gottes nicht mit Füßen getreten wird vor der Welt. Dann trat er ein und sagte, er wolle es noch einmal zeigen – nicht um seiner Ehre willen.
Beim Paulus gibt es auch so eine nette Szene, als er in Philippi gesteinigt wurde, damals im Gefängnis war und das Erdbeben kam. Am nächsten Morgen schickten die Ratsherren Boten und sagten: „Geht schnell aus der Stadt!“
Paulus antwortete: „Erst wenn sie sich entschuldigt haben.“ Dann kamen die Ratsherren mit Frack und Zylinder, entschuldigten sich feierlich und sagten: „Okay, jetzt gehen wir.“ Paulus war der Sache des Evangeliums schuldig.
Um Gottes Willen hätte er gern noch die Schläge getragen, aber er sagte: „Wir haben keinen Grund, uns so behandeln zu lassen.“ Es ist auch schön, wie Nehemia das mit Würde tut. Gott krönt uns mit Gnade und Barmherzigkeit. Auch das steht im Psalm 103.
„Gefällt es dem König, Briefe an die Statthalter jenseits des Euphrat zu geben, damit sie mir Geleit geben, damit keine Räuber mich überfallen – militärisches Geleit bis nach Juda – und Briefe an Asaf, den obersten Aufseher über die Wälder des Königs.“ Das ist im Morgenland immer schwierig, mit dem Holz und so weiter.
„Die gnädige Hand Gottes war über mir“, heißt es in Vers 8. Das ist mir so wichtig, und man kann es spüren und erfahren. Es ist nicht immer abzulesen, aber am Ende ist abzulesen, dass Gottes Hand mit mir war. Das hat mir auch beim Bericht von Andreas Prosi so gefallen, wenn er seine Bilder zeigte und erzählte. Wenn andere das erzählen können, dann heißt es: Die Hand des Herrn war mit mir, die gnädige Hand.
Am Ende sind es nicht die Geschichten, in denen wir unsere Siegesgeschichten erzählen und groß herauskommen. Es sind die Geschichten, in denen Gott seine Leute befähigt.
Gott ist ein souveräner Herr. Er hat es nicht nötig, sich an uns zu binden, aber er sendet uns. Wir sollen in allen Diensten darauf achten, ob wir in der Kinderkirche als Helfer tätig sind oder Hausbesuche mit dem Gemeindebrief machen. Wir sollten immer darauf achten: Der Herr sendet mich.
Er braucht keine falschen Minderwertigkeitsgefühle. Er darf höflich, aber doch fest auftreten. Und wir dürfen wissen: Die Hand Gottes geht jetzt mit mir.
Darum können Sie Zeuge Jesu sein und sagen nicht immer: „Ich kann das doch nicht.“ Die Hand Gottes ist mit uns, er sendet uns und er will diesen Dienst.
Gott erbarmt sich ja seiner Stadt Jerusalem. Und es ist höchste Zeit, dass Nehemia sich aufmacht.
Widerstand und Feindschaft als Begleiter des Aufbaus
Mein letzter Punkt betrifft die Feinde. Sie merken jetzt, dass man viel mehr Punkte hätte herausgreifen können als nur die drei: das Warten, die großen Pläne und jetzt die Feinde, die aufstehen. Das ist ja wichtig.
Warum gibt es denn immer diese Kämpfe? Wir sind doch alle so lieb und friedlich. Wir wollen doch gar keine Kämpfe. Meinen Sie, Nehemia hätte den Kampf gewollt? Bestimmt nicht. Aber es ist eine Tatsache: Sobald das Werk des Herrn aufgebaut wird, sobald die Sache Gottes in dieser Welt vorangetrieben wird, ist der Teufel los und der Kampf beginnt.
Wissen Sie das? Sie können keine missionarische Arbeit tun, keinen missionarischen Hauskreis leiten, ohne Feinde zu bekommen. Wir waren doch gestern völlig perplex. Als wir zum Geburtstag der lieben Traudel Höhne gingen, war gerade, kurz bevor Peters kam, ein Plakat an der Glocke angebracht mit der Aufschrift: „Jesus ist tot.“ Und den ganzen Abend wurde sie von einem Unbekannten belästigt, der sie anpflaumte.
Wir haben doch gar nichts Böses getan. Warum reizt das die anderen so? Warum reizt das die? Ich bin überzeugt, es gab in Jerusalem viele fromme Leute, aber niemand hat sich daran gestört. Doch wenn jemand kommt, der wirklich das zerstörte Jerusalem wieder aufbauen will, dann regt das Widerstand hervor.
Zinzendorf hat gesagt, dass üble Nachrede das Markenzeichen der echten Jesusjünger sei – so wie an Gasthäusern außen ein Symbol hängt, etwa ein grüner Baum oder eine goldene Gans. Die üble Nachrede ist das Zeichen Jesu. Man muss natürlich aufpassen, denn es gibt auch üble Nachreden, die wir verdient haben. Aber das soll uns nicht verwirren.
Die Feindschaften beginnen oft völlig grundlos, nur weil man anfängt, wirklich die Sache Jesu in dieser Welt aufzurichten, weil man sagt: Ich möchte etwas tun für Gott. Ich verstehe, dass man in seinem Kollegenkreis vielleicht merkt, dass man das nicht mehr will, dass geflucht wird oder was man tut – das können ganz harmlose Hinweise sein – und plötzlich hat man Feinde.
Sie können das sogar in menschlicher Liebenswürdigkeit und Klarheit sagen – Sie werden Feinde bekommen. Wenn Sie andere einladen und ein Zeugnis geben wollen, können Sie zu allem Möglichen einladen – da regt sich niemand auf, wenn jemand zu Fasnacht einlädt oder zu einem schlechten Film. Aber wenn Sie zu Jesus einladen, gibt es Widerstand und Feindschaft – in dieser angeblich so toleranten Welt.
Und das ist bei Nehemia genau das, was er spüren muss. Als da Sanballat, der Horoniter, und Tobija, der ammonitische Knecht, auftauchen, verdross es sie sehr, dass jemand gekommen war, der für die Israeliten Gutes suchte und das Volk Gottes wieder stärken wollte.
Die Gemeinde Jesu in dieser Welt wird aufgebaut und gestärkt. Es herrscht Alarm in der Hölle und auch bei den Feinden des Reiches Gottes in unserer Welt.
Ich möchte Sie dringend bitten: Sie haben vielleicht schon gehört, dass jemand erbittert gesagt hat – der Pfarrer in Hofacher hat das Schlimmste gesagt, nämlich „Heuchler“. Das Schlimmste, was er sagt, ist „Heuchler“. Sie sollen wissen, wer ich bin. Sie müssen wissen, was Sie einordnen können und was Sie verstehen. Sie dürfen auch gerne fragen, damit Sie Bescheid wissen.
Es ist ganz normal, dass es Feindschaft gibt – um der Sache Jesu willen. Wir suchen keinen Kampf, wir wollen keine Fronten. Uns geht es nicht um Abgrenzung. Ich habe in 17 Jahren nie auf der Kanzel ein Wort über die Ökumene in Genf gepredigt oder über theologische Lehren, Professoren usw., wenn es nicht unmittelbar aus dem Bibelzeugnis als Erklärung nötig war. Das ist nicht unsere Front.
Wir kämpfen nicht gegen andere, wir wollen das Reich Gottes aufbauen, die Herrschaft Gottes errichten. Dann gibt es Widerstand und Feindschaft. Das sollen Sie wissen, auch wenn Sie es woanders erleben.
Bei Nehemia beginnt der Widerstand in dem Moment, als er sich erbarmt über diese Stadt. Nicht die Frömmigkeit war der Anstoß.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass etwa im russischen Reich oder in der Sowjetunion in den letzten dreißig Jahren die kommunistischen Regierungen etwas gegen christliche Gottesdienste gehabt hätten. Das müssen Sie wissen: Nie. Dass in der Moskauer Kathedrale feierliche Gottesdienste stattfanden, war nicht aufregend.
Aber die Verhaftungen der Christen begannen in dem Augenblick, als Menschen aus gottlosen Familien zum Glauben an Jesus kamen, als Menschen Jünger Jesu wurden. Da wurden Verhaftungen vorgenommen, wenn Kinder zu den Kinderstunden kamen.
Wir haben das in Rumänien erlebt, meine Frau und ich. Eine ganze Gottesdienstversammlung war versiegelt von der geheimen Staatspolizei. Da fragte man uns: „Was ist denn los?“ Wir sagten: „Das machen wir im Westen, im Publikum, eine große Aktion.“ Sie sagten: „Macht gar nichts.“
Das hat einen ganz einfachen Grund: Die Kinder von kommunistischen Funktionären im Dorf stiegen abends aus, weil sie zu den christlichen Kinderstunden wollten. Die Tür war abgeschlossen, sie kletterten aus den Fenstern, weil sie zu den christlichen Stunden wollten. Deshalb musste der Saal versiegelt werden.
Macht gar nichts, im Westen keine große Aktion. Das Evangelium ist viel stärker als große Aktionen. Und nicht Frontaufheizerei, das war denen ganz wichtig. Es ist ein geistlicher Kampf, da wollen wir beten, still sein, lieben und überwinden.
Verstehen Sie, es ist doch so, dass der Herr stärker ist als die Feinde. Dann brauchen wir nicht die Fronten aufzureißen. Das wollen wir auch hier immer wieder sehen, wo es Spannungen gibt.
Da gibt es oft empörte Reaktionen von Eltern. Wir haben einmal im Schwarzwald erlebt, dass eine Mutter das Neue Testament ihrer Tochter verbrannt hat. Das habe ich in meiner Zeit als Bezirksjugendfahrer im Bezirk Sulz miterlebt.
Solche empörten Reaktionen gibt es. Dann wollen wir das nicht aufbauschen, sondern im Gebet für solche Leute eintreten. Wenn wir wissen, dass es ein geistliches Ringen ist und dass ganz andere Mächte am Werk sind als nur menschliche Leidenschaften und Reaktionen.
Zusammenfassung: Nehemia als Beispiel für geduldiges, mutiges und zielgerichtetes Handeln
Es ging mir heute darum, zu zeigen, wie Nehemia baut, wie er Geduld hat, wie er Großes erreichen will und wie er den Kampf nicht fürchtet.
Wir werden später noch einmal über den Kampf sprechen. Dabei betrachten wir, wie sie in der einen Hand die Lanze halten und in der anderen die Kelle. So bauen sie Mauern auf. Dies werden wir dann noch gründlicher ansehen können.