Adventliche Einladung zur Begegnung mit Jesus
Wie? Es ist diese schöne und reiche Adventszeit, und da will Ihnen allen Jesus, unser Herr, begegnen. Mache die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe.
Wir singen miteinander das Lied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“, Lied Nummer sechs, die Verse eins bis drei.
Dann beten wir:
Liebe Herr, wenn jetzt wieder diese Festtage beginnen und wir all die Vorbereitungen treffen, bewahre du uns davor, dass dies nur ein äußeres Feiern bleibt. Das ist so schlimm, wenn das nur oberflächlich bleibt und uns nicht dort erreicht, wo die ganzen Fragen und Nöte unseres Lebens liegen.
Wenn du jetzt wieder bei uns anklopfst, möchtest du als die Freudensonne das Leben bringen. Und da wollen wir heute Morgen auch in deinem Licht all das ansprechen, wo bei uns das Leben zerstört ist, wo Traurigkeit und Not herrscht, wo Böses und Bitterkeit unser Leben vergiften.
Wo wir keinen Mut, keine Kraft und keine Hoffnung mehr haben, und du weißt, was jeden von uns heute Morgen beschwert, bedrückt, bekümmert und belastet. Wir wollen es in dein Licht tragen und dich bitten, dass du zu uns kommst und die Freude mitbringst und das Leben.
Herr, lass jetzt durch diesen Gottesdienst eine große Veränderung mit uns allen geschehen. Mach uns neu! Du kannst unser ganzes Leben umgestalten. Und wir wollen dir jetzt in der Stille sagen, was uns beschwert.
Wir beten in der Stille.
Komm, o mein Heiland, Jesus Christ, meins Herzenstür, dir offen ist! Amen!
Die Verheißungen des Alten Testaments und die Ankunft des Erlösers
In diesen Adventstagen ist es immer wieder schön, wenn wir die Adventserwartung und die großen Verheißungen des Alten Testaments in Erinnerung rufen. Schon von den ersten Blättern der Bibel an wird die Sehnsucht und Erwartung auf den kommenden Erlöser immer wieder ausgesprochen.
So heißt es zum Beispiel in Jesaja 40: „Tröstet, tröstet mein Volk“, spricht euer Gott. „Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist, denn sie hat doppelte Strafe empfangen von der Hand des Herrn für alle ihre Sünden.“
Dann ruft eine Stimme in der Wüste: „Bereitet dem Herrn den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserem Gott! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden. Was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden, denn die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen. Denn des Herrn Mund hat es geredet.“
Diese Ankündigung und Erwartung besagt, dass die ganze himmlische Herrlichkeit mitten in unserer Welt sichtbar wird. Das ist geschehen im Tun und Reden Jesu, durch den die Herrlichkeit des Himmels offenbar wird.
Es spricht eine Stimme: „Predige!“ Und ich sprach: „Was soll ich predigen?“ „Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, denn des Herrn Odem bläst darein. Ja, Gras ist das Volk, das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewig.“
Zion, du Freudenbotin, steig auf einen hohen Berg! Jerusalem, du Freudenbotin, erhebe deine Stimme mit Macht! Erhebe sie und fürchte dich nicht! Sage den Städten Judas: „Siehe, da ist euer Gott! Siehe, da ist Gott der Herr! Er kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen. Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her. Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte, er wird die Lämmchen in seinen Arm sammeln und im Bausch seines Gewandes tragen und die Mutterschafe führen.“
Lobgesang des Zacharias: Die Erfüllung der Verheißung im Lukas-Evangelium
Nun singen wir das Adventslied Nummer acht, die Verse eins bis drei und sechs.
Unser Predigttext steht im Lukas-Evangelium, Kapitel 1, dem Lobgesang des Zacharias. Gestern Abend hatten wir in unserer Adventfeier den Bibelfilm zum ersten Kapitel des Lukas-Evangeliums miteinander betrachtet. Dabei haben wir auch ein wenig darüber nachgedacht, wie Gott Zacharias und Maria begegnet.
Besondere Höhepunkte in diesem ersten Kapitel des Lukas-Evangeliums sind die beiden Lobgesänge: der von Maria und der von Zacharias, dem Vater von Johannes dem Täufer, zu finden in Lukas 1,67-79.
Zacharias wurde vom Heiligen Geist erfüllt, weissagte und sprach:
„Gelobt sei der Herr, der Gott Israels, denn er hat sein Volk besucht und erlöst. Er hat uns aufgerichtet eine Macht des Heils im Haus seines Dieners David, wie er vor Zeiten durch den Mund seiner heiligen Propheten geredet hat.
Er hat uns errettet von unseren Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen, und Barmherzigkeit erzeigt unseren Vätern. Er gedachte an seinen heiligen Bund und an den Eid, den er unserem Vater Abraham geschworen hat, uns zu geben.
So sind wir erlöst aus der Hand unserer Feinde und dienen ihm ohne Furcht unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinen Augen.
Und du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten heißen; denn du wirst dem Herrn vorangehen, um seinen Weg zu bereiten.
Du wirst Erkenntnis des Heils geben seinem Volk, in der Vergebung ihrer Sünden durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, der uns besuchen wird – manche Bibeln übersetzen auch „die uns besucht hat“ –, das aufgehende Licht aus der Höhe, damit es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und im Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.“
Ach Herr, gib uns diese Adventsfreude! Amen.
Die wachsende Adventsfreude im Leben
Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Adventsfreude mit zunehmendem Alter immer stärker wird. Man könnte meinen, das sei nicht so wichtig oder vielleicht nur ein Überbleibsel aus Kindertagen. Doch das stimmt nicht. Das mit dem Nikolaus interessiert uns nicht mehr, und manches, was Kinderherzen erfreut, spielt im Advent keine Rolle.
Der Advent ist nicht wie die Geschichte vom Storch und den Babys. Er ist etwas für gereifte Menschen. Diese Menschen beginnen, ihr Leben immer mehr zu begreifen – nicht im Ausschöpfen der vielen Möglichkeiten, die das Leben bietet, sondern im Warten. Sie warten auf die Ankunft Jesu.
Gestern Abend haben wir schon ein wenig darüber nachgedacht, was für ein Mann Zacharias war. Damit Sie nicht denken, er wäre jemand gewesen, dem solche Dinge leicht in den Kopf gekommen wären: Nein, er war einer dieser skeptischen Menschen. Selbst als ein Bote Gottes sichtbar vor ihm stand, wehrte er alles ab. „Ach, wie soll das denn alles sein?“ fragte er. Er konnte nicht glauben, war kritisch und zweifelnd – so wie viele von uns auch.
Doch plötzlich beginnt er, ganz groß zu erklären, was da begonnen hat und was mit ihm geschehen ist. Er war voll des Heiligen Geistes. In unseren Tagen interessiert viele brennend, was die Frucht des Geistes sei. Was ist die Frucht des Geistes? Hier steht es: Man versteht, was in Jesus angebrochen ist, und man kann das Wort verstehen. Der Geist Gottes wirkt viel.
Bei Zacharias war der größte Durchbruch, dass er endlich glauben kann und begreift. Er weissagt. Manche meinen, Weissagen sei ein Reden von irgendeiner dunklen Zukunft. Nein, Weissagen heißt, die Dinge im Licht Gottes so zu deuten, wie sie wirklich sind. Weissagen war in der urchristlichen Gemeinde das, was man heute als „auf den Kopf zu predigen“ bezeichnet – einem Menschen zu sagen, was er heute von Gott braucht.
Und genau das tut Zacharias. Er weissagt, voll des Heiligen Geistes, und zeigt uns, wo die Adventsfreude liegt. Freut euch!
Drei zentrale Aspekte des Lobgesangs des Zacharias
Nun, es steckt so viel darin, dass ich mich wieder auf drei Dinge beschränken muss. Über dieses große Loblied gäbe es noch viel, viel mehr zu sagen.
1. Nicht in der Dunkelheit verharren
Das Erste, was Zacharias wichtig ist: Bleibt nicht sitzen in der Dunkelheit!
Ja, Zacharias war ein Priester am Heiligtum. Sie wissen, dass man dort vieles mitbekommt, worüber man nie sprechen kann – von Not, Leid, Schmerz und Traurigkeit der Menschen. Er führte viele Gespräche am Heiligtum, sah die Tränen der Menschen und wusste um die Lasten, die auf ihnen lagen. Eltern, die um ihr krankes Kind bangten, Menschen, die verzweifelt waren, weil sie wirtschaftlich nicht zurechtkamen. Eheleute, die ihm ihre Probleme anvertrauten. All das trug Zacharias mit seinem schwachen menschlichen Herzen.
Er hat viel von der Not des Volkes gesehen, von der großen Unterdrückung, in der sie damals lebten. Er wusste um all das, was die Menschen ihm anvertraut hatten. Und er selbst trug ein großes Stück Not. Oft betete er dafür, doch Gott erhörte sein Gebet nicht. Dieses Gebet spielte in seinem Leben eine beherrschende Rolle – wie bei vielen, denen Gott keine Kinder schenkte.
Wenn Zacharias nun in seinem Lobgesang zu reden beginnt, sagt er: Bleib nicht sitzen in deiner Finsternis! Ich habe jetzt den klaren Blick bekommen, ich weiß Bescheid. Es gibt gar keine Dunkelheit mehr! Was hat er erlebt? Er spricht vom Aufgang aus der Höhe. Ob das schon geschehen ist oder noch geschehen wird, ist nicht so wichtig. Es ist ganz klar, dass er vom strahlend hellen Sonnenaufgang im Kommen Jesu spricht.
Wir wollen immer wieder fragen: Zacharias, nimmst du den Mund nicht zu voll? Übertreibst du nicht? Ist das nicht vielleicht nur eine fromme Freude, die nur für dich erfahrbar ist? Was ist denn wirklich geschehen?
Zacharias sagt: Das, was da kommt und anbricht, macht alle Dunkelheit hell – meine eigene Kinderlosigkeit, die Krisen, in denen Menschen leben, die Traurigkeit, in der sie sind.
Darf ich das Bild vom anbrechenden Licht noch einmal deuten? Früher sind wir als Kinder gerne durch die Falkensteiner Höhle gegangen. Wer das einmal gemacht hat, kennt die ersten Lehmfelder, durch die man hindurch muss, und das eiskalte Wasser, durch das man watet.
Einmal gab es einen ganz schrecklichen Moment: Damals hatte man noch nicht so viele Taschenlampen wie heute. Eine Taschenlampe fiel aus der Hand in das eiskalte Wasser der Höhle. Wir anderen waren auf diese Lampe angewiesen. Zum Glück brannte sie noch. Doch als man sie wieder aus dem Wasser holte, hörte sie genau in dem Moment, als sie herauskam, auf zu leuchten. Die Elektriker können das vielleicht verstehen.
Dann standen wir da in der Dunkelheit. Das war ein Schreck. Wie sollte man da hinauskommen? Die Felsen hingen so weit herunter. Zum Glück hatte jemand eine Kerze und ein Streichholz dabei. Trotz der Zugluft in der Höhle konnte man sie anzünden. Und draußen haben wir das Licht wieder begrüßt – es war hell, und wir standen wieder im Licht.
Was meint hier Zacharias? Er sagt: Menschen, die Jesus begegnen, geht es so wie den Kindern, die aus der Falkensteiner Höhle heraustreten.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass viele Jesus noch gar nicht kennengelernt haben. Sie meinen, das sei ein Flop, den ich erzähle, wenn ich sage, dass Menschen, die Jesus begegnen, ihre Sorgen und Ängste in seinem Licht betrachten.
Gestern sprachen wir davon, wie es ist, wenn man seine Fehler, seine charakterlichen Mängel und die falschen Entscheidungen seines Lebens im Licht Jesu sieht. Zacharias spricht von den Todesschatten.
Wann waren Sie zuletzt an einem Sterbebett? Ich war noch einmal mit meiner Frau bei einem lieben Gemeindeglied. Es ist gut, das zu sehen: das Kämpfen, das Ringen und das Wissen, dass das dein Leben ist.
Diese Todesschatten, diese Todeskämpfe können jahrelang dauern. Menschen haben Angst: Was darf ich essen? Bekomme ich nicht den Tod, wenn die Krebsangst umgeht? Wenn die Zukunftssorgen so groß sind? Wenn die Schwermut Menschen am Leben hindert?
Ich hörte von einem jungen Mann, der in einer westdeutschen Stadt lebt und schon zum neunten Mal bei der Aids-Untersuchung war. Der Arzt sagte nur, der junge Mann brauche Seelsorge. Ein Fehltritt, und jetzt findet er keine Ruhe mehr. Er kann nicht mehr leben. Er hat immer Angst, dass die Krankheit ausbricht. Jetzt braucht er Seelsorge, die ihm aus dieser schrecklichen Lebensangst hilft.
Ist es nicht wie ein Fluch über unserer Welt, dass wir in großem Reichtum und Wohlstand leben und uns alles leisten können, was man sich denken kann? Aber die Todesschatten dringen so tief hinein, dass wir kaum noch über die Krankheiten sprechen dürfen, die der Arzt längst diagnostiziert hat, weil wir es nicht wahrhaben wollen.
Zacharias sagt: Tritt doch ins helle Licht, tritt ins helle Licht!
Ich muss noch ein Wort zu den Trauernden sagen. Ich weiß, warum Trauer so schlimm ist. Ich stand noch nie an einem Grab, ohne mir meiner Versäumnisse bewusst zu sein. Es können Gemeindeglieder sein, die vielleicht ganz am Rande leben, und doch dachte ich: Du hättest dich mehr um sie kümmern können.
Wer steht an einem Grab und macht sich nicht Vorwürfe? Warum habe ich damals vor Jahren dieses harte Wort gesprochen? Warum habe ich die Spannung nicht aus dem Weg geräumt?
Es ist ganz normal, dass Todesschatten über unserem Leben liegen. Aber Zacharias sagt: Die Freude bricht an, wenn Trauernde ins Licht Jesu treten, wenn Schuld vergeben und ausgeräumt wird.
Tritt ins Licht, tritt ins Licht! Er erscheint denen, die in Finsternis und im Schatten des Todes sitzen.
Man muss an eine Beerdigung denken, die ich einmal miterlebt habe, bei der der unvergessliche Evangelist Wilhelm Busch die Trauerpredigt hielt. Ein Familienvater war mitten aus der Arbeit heraus zu Grabe getragen worden.
Wilhelm Busch sprach damals so von Jesus am Grab, dass zum Weinen kein Raum mehr war. Da war nur noch vom Leben die Rede. Dass der Tod kein Recht mehr hat für die, die an Jesus glauben und zum Leben gehen.
Darum feiern wir Advent. Darum will Jesus bei uns einkehren. Er erscheint denen, die da sitzen – zusammengeknickt, traurig, müde, schwach – im Schatten des Todes.
2. Befreiung von Angst und Feinden
Mein zweiter Punkt der Freude: Lass dich befreien von der Angst, lass dich befreien von der Angst!
Johannes spricht viel davon, ebenso Zacharias, der oft von Feinden redet. Er meint, dass er durch das, was geschehen ist, befreit wurde aus der Hand aller, die uns hassen, und von den Feinden befreit worden ist.
Jetzt müssen Sie sich mal überlegen: Das macht das Bibellesen so interessant. Sie sollen Fragen stellen, vor allem diejenigen, die wirklich im Wort drin sind. So kommt man mehr an das Verständnis heran. Was ist denn los? Welche Feinde hatte eigentlich Zacharias? Waren das Berufskollegen? Was hat er denn für Feinde? Waren das Nachbarn? Waren das Parteifeinde in der Kommunalpolitik von Aincrem, wo er wohnte? Oder was war das? Waren das theologische Feinde?
Wenn wir mal unseren Feindeskreis überblicken: Ich weiß nicht, wo Sie Ihre Feinde so lokalisiert haben – im Büro, in der Nachbarschaft oder in der Familie. Dort liegen sie doch normalerweise, oder Sie können sagen, das sind vielleicht die politischen Feinde.
Ja, und ich möchte das hier ganz ausführlich behandeln. Es gibt heute eine große Bewegung in der Theologie, die sogenannte Befreiungstheologie. Dort sagt man, der Lobgesang der Maria sei ganz wichtig. Da steht doch auch drin, dass die Gewaltigen vom Thron gestürzt werden. Und dann muss Maria jetzt herhalten für die Revolution in der Welt. Das ist dann die christliche Verbrämung.
Spricht nicht auch Zacharias von der Befreiung der Feinde? Sind das nicht die Ausbeuter, die Unterdrücker, die Systeme dieser Welt, die zerschlagen gehören? Es ist sehr interessant, dass die erste Christenheit dieses Wort nicht politisch umgedeutet hat. Es wäre ja naheliegend gewesen. Warum hat eigentlich Zacharias nicht die Faust gegen die Römer geballt? Lebte er nur so zurückgezogen in seinem Tempeldienst?
Da muss ich noch einmal dazu sagen: Die ganzen Israeliten haben ja gelitten unter dem Ausbeutungssystem der Römer, wie nur wenige Völker der Welt später. Und wie wurde Israel geschunden und in die Schmach gebracht? Pilatus hat ja nichts ausgelassen, um sogar das Heiligtum des Tempels zu schänden.
Wäre es nicht eine Aufgabe eines Gottesfürchtigen gewesen, jetzt zu den Zeloten zu stoßen und zur Revolution zu rufen? Der hätte doch die Welt verändert. Es war eigentlich groß, dass die erste Christenheit nicht die politische Umdeutung des Evangeliums gewählt hat. Das ist eine ganz große Gefahr.
Stattdessen brachten sie es fertig, das Evangelium der Liebe zu den Römern zu tragen und die Jesusgemeinde in den Römern aufzubauen. Das ist der Auftrag der Christen: in allen Systemen, in Ost und West, hindurchzudringen und die frohe Botschaft Gottes zu verkünden – in all den Spannungen dieser Welt.
Hat das damit doch nichts zu tun mit den Feinden? Was sind denn die Feinde? Wenn wir Zacharias fragen würden, dann würde er sagen: Da, wo mein Sohn einmal die Finger drauflegt, da sind die schlimmsten Feinde des Menschen. Wo sind die? Wo das Böse mein Herz regiert.
Prüfen Sie mal die Botschaft Jesu: Jesus sagt, wiederholt, aus dem Herzen des Menschen kommt all das Böse. Wenn wir hier Advent feiern, dann kann das ein ganz lächerliches Theater sein. Der schlimmste Feind ist mein Ich, mein frommes Ich. Kommen, sitzen und Adventslieder singen und lassen doch Jesus nicht herein!
Wir weigern uns, unsere Schuld zu sehen, wie sie wirklich ist. Haben Sie einmal gesehen, wie die Menschen um Sie herum an Ihnen leiden? Haben Sie einmal gesehen, wie Ihr eigenes Leben voll ist von bösen Motiven, Versuchungen, Hass und Leidenschaften?
Im Neuen Testament steht der Satz: Der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Jesus hat uns gezeigt, dass wir ein Leben lang umkämpft und bedroht sind.
Je mehr wir uns in diesen Adventstagen rüsten und Jesus in unser Leben einlassen wollen, desto mehr will der Teufel Riegel vorschieben. Der Lobgesang des Zacharias hat darin seine Freude: Jesus ist stärker als alle Mächte, die mich von Jesus trennen.
Er ist stärker als alle Trauer, stärker als alle Sünde, die mein Leben vergiftet. Stärker als alles Böse, das mich in die Tiefe zieht. Stärker als alle Zweifel, die mir den Glauben lähmen. Er hat mich errettet aus der Hand aller, die mich hassen, die mein Leben letztlich vernichten.
Er richtet unsere Füße auf den Weg des Friedens. Wie gut, dass wir nicht über den Frieden reden müssen! Es wird heute viel über den Frieden geredet, aber es ist etwas anderes, dass wir den Weg des Friedens gehen dürfen.
In aller Stille und doch so bestimmt unsere Schritte gehen. Als Adventsmenschen sagen wir so: Das soll in meinem Leben keinen Raum mehr haben – die Lüge, das Unrecht, das Böse und all das, was mich zerstört. Ich will den Weg des Friedens gehen.
Mit unseren Konfirmanden lernen wir immer wieder das Glaubensbekenntnis. Die seufzen da schwer, wenn wir dann die Auslegung Martin Luthers miteinander besprechen, auch an der Konfirmation.
Ich sage Ihnen dann immer wieder: Das, was wir da lernen, fasst deinen Glauben zusammen. Wenn ich Ihnen vorhin ganz aktuell gesagt habe, worin die Größe des Kommens Jesu liegt, dann war das nicht mein Wort, wenn ich mich wehrte gegen eine politische Überfremdung.
Sondern das war das Wort Martin Luthers, wenn er von Jesus Christus, dem Gottessohn spricht, der mich verlorenen und verdammten Menschen erlöst hat, erworben und gewonnen von allen Sünden, vom Tod und von der Gewalt des Teufels.
Liebe Schwestern und Brüder, sind Sie frei von der Gewalt des Teufels? Sollen Sie in diesen Adventstagen erleben, dass der Herr Sie herausholt aus all den Dingen, in denen Sie mittendrin stecken, und Ihre Füße auf den Weg des Friedens richtet.
Dieses Evangelium braucht die Welt. Das wollen wir verkündigen, wo wir nur können.
3. Die Gabe der Erkenntnis des Heils
Das Letzte, was ich herausgreifen möchte, ist: Lass dich beschenken. Das gehört zu diesen Adventstagen, zu den Weihnachtstagen. Ein kleines, nettes Geschenk, an dem man sich freut. Es braucht ja nicht viel zu sein. Wir haben ja alles. Aber ein kleines Freudenzeichen.
Johannes Zacharias, der Vater von Johannes dem Täufer, spricht hier wieder von etwas, das gegeben wird – über all das hinaus, was er schon sagte. Er spricht von der herrlichen Erscheinung des Lichtes, dem strahlenden Anbruch des Morgens mit dem Kommen Jesu. Das Heraustreten aus der Finsternis – tritt doch heraus!
Dann sagt er, dass da etwas gegeben wird. Wenn Johannes kommt, heißt es in Vers 76: „Du Kindlein wirst ein Prophet des Höchsten heißen, du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest.“ Und was gibt er? Erkenntnis des Heils. Erkenntnis des Heils – das ist ja immer schwierig und langweilig beim Predigen, sagt einer, das sei ein dogmatisches Wort. Nein, nein!
Was ist das Heil? Das ist ein Begriff, der uns manchmal verleitet, seitdem die Deutschen so laut vom Heil gesprochen haben. Aber es ist ja genau die Frage: Was ist das Heil? Heute sagt einer: Für mich ist das Heil, dass ich gesund bin, dass mein Familientag bleibt, dass ich vorwärtskomme in meinem Berufsleben, dass ich Erfolg habe. Das ist doch gemeint. Dass ich wirtschaftlich das halten kann, was ich habe. Oder dass jemand sich sehnlich danach ausstreckt, heil zu sein.
Was brauchen die Weltvölker? Was braucht die Welt? Es wird ja tagtäglich diskutiert, was die Welt braucht, was jeder eigentlich als Anspruch vertreten darf: Heil – das, was er zum Leben braucht. Aber das geht sehr weit.
Das wird die Aufgabe des Johannes sein: dass er Erkenntnis des Heils schenkt durch Vergebung der Sünden. Das ist der größte Dienst, der uns in unserer evangelischen Kirche geschieht und in der ganzen Christenheit, wenn Menschen aufwachen und ihre Sünde sehen. Nicht über Sünde plappern und labern, sondern Sünde sehen und darunter leiden.
Leiden Sie noch unter Ihrer Sünde? Leiden Sie darunter, wie fern Gott in Ihrem Leben ist! Johannes, der später als Prediger in der Wüste war, war ja kein Dunkelmann, war ja kein so komischer Heiliger, wie er dauernd gemacht wird. Sondern er war ein Freudenbote, der Menschen das zuspricht: Vergebung der Sünden.
Jetzt ist noch die Frage: Wenn Kritiker in der Predigt, das geht ja bei uns, ihren Mund aufmachen würden, würden sie sagen: „Also, was der da predigt in der Hochvaterkirche, das ist ein individuelles Christentum, die anderen predigen ein weltoffenes.“ Nein, nein, das ist nicht der Gegensatz. Sondern die Frage ist: Aus welcher Gabe Gottes heraus kann ich leben? Nur wenn ich heute heimfinde zum lebendigen Gott selbst und wenn er mein Leben neu macht, kann ich weltoffen wirken.
Es geht um ihre Wirkung. Sie sind morgen wieder im Geschäft, und ich wünsche Ihnen, dass Sie große Taten tun können, Entscheidungen von Bedeutung fällen – aber mit dem lebendigen Gott. Und dass Ihre Füße Wege des Friedens gehen.
Es geht nicht darum, dass Sie im Ghetto leben, zurückgezogene Christen. Christen stehen in der Welt. Aber darum geht es, dass der Heiland zu uns kommt und Gott bei uns Wohnung machen will.
Wenn ich die Christen ansehe, das Neue Testament ist wie ein Saulus, der zum Glauben kam, dann sprachen sie immer von der Gnade, die ihnen widerfahren ist, als das große, wunderbare Erlebnis: Gott hat mir vergeben. Aus dieser Kraft heraus wirken sie.
Und ein Johannes, von dem hier gesprochen wird, auch wenn er das Thema der Sündenvergebung hat, war kein weltferner Mann. Er wagt sich sogar vor in die Paläste der Herrschenden der Zeit und tritt vor Herodes hin und sagt ihm in die Augen hinein, was nicht recht ist. Aber er weiß: Das Wichtigste ist doch, dass ich in dieser kurzen Zeit meines Lebens mein Leben ordne mit Gott.
Und dann denke ich daran, wie viele Menschen da waren in der Geschichte der Christen, die das in ihrem Leben erfahren haben: Vergebung der Sünden. Jener Prediger dort in Westfalen, Friedrich von Bodelschwing, der im Frühjahr das Bänklein zimmert vor den Gräbern seiner vier Kinder und wenige Monate später aufbricht und den Ruf annimmt nach Bethel, wo ein kleines Heim für Behinderte war. Damals sagte er: „Die Welt ist voller Leid und Traurigkeit. Es gibt nur eine Freude, und die muss man allen sagen – die Freude, die in Jesus angebrochen ist. Und das sollen alle wissen, erfahrene Gnade, die man weitersagt.“
Haben Sie diese Gnade schon erfahren, die Ihnen Jesus jetzt in diesen Adventstagen ganz neu schenken will? Amen!
Gemeinsames Singen und Gebet zum Abschluss
Nun singen wir von dem württembergischen Adventslied 401. Wir singen „Hosianna Davids Sohn“, die Verse eins bis drei und fünf.
Du, unser Heiland, Jesus Christus! Im Dunkel der Todesschatten sehen wir auch viel von der Zerbrechlichkeit unseres eigenen Lebens. Wir wollen jetzt nicht im Klagen und Jammern stehenbleiben, auch nicht im Trauern und im Mutlosen versinken, sondern wir wollen in dein Licht treten.
Du gehst jedem von uns nach, auch wenn wir wieder zu Hause sind. Wenn jeder wieder für sich ist, willst du mit uns reden, auch über dein Wort. Du willst uns dann erst deutlich machen, wie das ist, wenn du alle Schuld vergeben hast.
Herr, wir wollen sie jetzt in dein Licht bringen und dann so fröhlich sein, weil du zu uns kommst, weil du dann zu uns trittst und nichts uns mehr von dir scheiden kann. Dann gibt es keine Traurigkeit mehr, keine Mutlosigkeit mehr, keine Angst, sondern Freude.
Herr, du hast einst diesen Johannes so mutlos gemacht, dann so mutig und furchtlos, dass er auch den Großen und Gewaltigen der Welt entgegentreten konnte. Herr, du willst auch uns furchtlos und mutig machen! Du weißt, wovor wir Angst haben, was uns immer wieder so schwer wird, wo wir mit den Sorgen nicht fertig werden. Wir wollen sie in deinem Licht ganz neu unter die Füße kriegen und dann den Weg des Friedens gehen.
Du hast die Zeit unseres Lebens bemessen. Und du wirst auch unser Leben in deinen Frieden münden lassen, da, wenn deine Stunde kommt. Dann sind wir ganz unbesorgt. Auch dort, wo du Lasten auf uns liegen lässt, gibst du uns die Kraft zum Tragen.
Wir wollen dich jetzt auch bitten, dass in unserer Welt, wo überall um uns herum die Vorbereitungen für die Festtage anfangen, Menschen dein Heil erkennen – in der Vergebung der Sünden. Lasst dieses Thema auch wieder in den Gemeinden und in der Christenheit auf den Leuchter gehoben werden, in die Mitte gerückt werden. Denn nur von dort her kommt Kraft und Leben.
Lasst uns gemeinsam beten: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Wir singen noch den sechsten Vers vom Lied „Wie soll ich dich empfangen?“, Lied Nummer zehn.
Im unteren Saal sind die peruanischen Lederarbeiten ausgestellt. Das sind sehr exquisite und schöne Dinge. Das alles steht ja im Notizensettel.
Haben Sie denn den Weißen jetzt, der bis zum Februar reicht? Helfen Sie Ihrem Nachbarn nachher, wenn er neu ist, dass er das findet am Ausgang. Auch die anderen Dinge dort geben wir hier nicht mehr bekannt.
Wenn Sie aber diese Ledersachen kaufen wollen, würde ich Sie doch bitten, dass Sie zuerst zum Singen gehen – erst die Arbeit, dann das Spiel.
Wir wollen ja noch ein wenig hier in unserem Gemeindebezirk singen, und viele Leute wissen gar nicht, dass hier eine Gemeinde ist und dass wir sie einladen. Da drüben im großen Hof sind fünf Hinterhäuser hintereinander, immer im Abstand von zweieinhalb Metern. Und da soll es doch bis zum letzten Hinterhaus, bis zur Wächterstraße fünf fünf dringen.
Macht hoch die Tür! Schön, wenn Sie mitgehen mit den Posaunen. Gleich nachher trefft ihr euch da unten und zieht dann los.
Das Opfer heute ist von der Kirchenleitung bestimmt für das Gustav-Adolf-Werk. Das ist für die deutschen evangelischen Gemeinden in der Diaspora.
Beerdigt wurde in der vergangenen Woche Samuel Rolloch, Uhrmachermeister, 83 Jahre, Sonnenbergstraße 19.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finsteren Land, scheint es hell.
Herr, segne uns und behüte uns! Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden!
