Herr Präsident, liebe Freunde, ihr habt ja schon unsere Eigenart kennengelernt, dass wir da hinten so einen Freikasten aufstellen. Mit diesem Kasten machen wir das schon seit vielen, vielen Jahren. Vor allem, wenn ich mit Wolfgang unterwegs bin und wir von einer Stadt zur anderen ziehen, stellen wir ihn immer auf.
In den letzten Jahren habe ich eine Beobachtung gemacht. Früher, vor etwa zehn bis fünfzehn Jahren, haben die Jugendlichen sehr viele Fragen gestellt. Es gab Abende, an denen wir 50 oder 60 Fragen im Kasten hatten. Ich hatte natürlich gar nicht die Zeit, all diese Fragen an einem Abend zu beantworten. Manchmal wurden wir richtig mit Fragen überschüttet.
In den letzten Jahren sind die Fragen allerdings immer weniger geworden. Da frage ich mich natürlich, was da eigentlich los ist. Irgendetwas stimmt da doch nicht. Selbst wenn den Jugendlichen früher keine ernsthaften Fragen eingefallen sind, haben sie wenigstens versucht, mich irgendwie auf die Schippe zu nehmen und Blödsinn gefragt. Zum Beispiel: Warum ist die Banane krumm oder so etwas Ähnliches.
Wenn ich am Tag Muse hatte und die Muse mich geküsst hat, habe ich dazu ein Gedicht gemacht und irgendwie darauf geantwortet. Inzwischen habe ich schon eine ganze Sammlung solcher blöden Gedichte angelegt.
Wandel im Fragenverhalten der Jugend
Vor 14 Tagen waren wir in Aue. Dort haben sie auch versucht, mich auf den Arm zu nehmen. Zum Beispiel wurde die Frage gestellt: Gibt es andere Lebewesen im All? Meine Antwort darauf war, dass ich auch schon gelesen habe, es gäbe im All noch andere Wesen. Doch leider fehlt bis heute der Beweis für außerirdische Lebewesen.
Denkbar ist nur die Vorstellung, dass irgendwo noch Wesen im All existieren. Wenn Sachsen noch im Weltall leben, denn Sachsen gibt es überall.
In Aue wurde auch die Frage gestellt: Was halten Sie vom Grünen Punkt und was halten Sie von Bundeskanzler Kohl? Meine Antwort darauf war: Ich halte den Grünen Punkt für Kohl.
Nun, aller guten Dinge sind drei. Ich lese euch nur eine Geschichte vor, die stammt aus der DDR-Zeit. Damals wurde ich gefragt: Was halten Sie, nein, was meinst du zu den Herren Michael Gorbatschow und Ronald Reagan und ihrer Politik?
Gorbatschow und Reagan sollen sich überlegen, dass es für den Frieden gefährlich ist, wenn einer überlegen ist. Reagan hört auf Gorbatschow und stellt die Großraketen ein. Michael geht auf Ronny ein und stoppt die SS-20. Michael und Ronald treffen sich bei McDonald’s und dort essen Ronny und Michel ihr Würstchen mit Hammer und Sichel.
Das reicht jetzt.
Ihr habt heute gemerkt, dass es bei der Beantwortung der Fragen nicht immer so lustig zugeht. Das Traurige ist, wie gesagt, dass die Fragen in letzter Zeit immer weniger geworden sind. Da frage ich mich: Was ist mit den Jugendlichen los? Eine Jugend, die keine Fragen mehr stellt, ist krank. Da stimmt irgendetwas nicht, sie ist kaputt. Fragen zu stellen ist das Vorrecht der jungen Generation.
Die Bedeutung von Fragen und die Antwortkrise
Die Frage ist nur: Wo findet man jemanden, der einem die Fragen beantwortet? Und darin liegt meines Erachtens das Problem.
Das Problem liegt weniger bei den Jugendlichen, die nicht in der Lage sind, ihre Fragen zu formulieren, sondern bei den Erwachsenen, die nicht in der Lage sind, diese Fragen zu beantworten.
Das beginnt schon, wenn die Kinder noch ganz klein sind. Irgendwann stellen sie die Frage: Wo kommen denn eigentlich die kleinen Kinder her? Und schon diese Frage bringt manche Eltern in große Verlegenheit. Sie bekommen sofort eine rote Birne, der Vater versteckt sich in seiner Zeitung und sagt: „Du liest, siehst doch, ich lese gerade einen Sportbericht, frag mal deine Mama.“ Du gehst in die Küche, fragst die Mama, die angestrengt im Kochtopf rührt und so tut, als ob sie keine Zeit hat: „Ich habe beide Hände voll zu tun, frag mal die Oma.“ Die Oma erzählt dann den Mist vom Klapperstorch oder sagt: „Frag mal deinen Papa.“ Und dann fängst du wieder bei deinem Vater an, wo du vorher aufgehört hast.
Der Vater sagt dann: „Also das verstehst du doch nicht, du bist noch viel zu klein, das erkläre ich dir später. Komm, wir gucken uns erst mal gemeinsam das Sandmännchen an.“ So verschaukeln sich manche Menschen bis ins hohe Lebensalter mit ihren ernsthaften Fragen.
Da treffen sich zwei Psychiater in einer fremden Stadt und der eine sagt: „Gut, dass ich Sie treffe, Herr Kollege, ich habe ein Problem. Können Sie mir sagen, wo hier der Weg zum Bahnhof geht?“ Da sagt der andere: „Nein, das weiß ich nicht, aber ich finde es gut, dass wir mal miteinander darüber gesprochen haben.“
Es gab mal einen amerikanischen Film über die Probleme der jungen Generation. Dieser Film hatte den Titel „Denn sie wissen nicht, was sie tun“. Vor ein paar Monaten lief er wieder über unsere Bildschirme, ein Klassiker der Filmgeschichte. Die Hauptrolle spielte damals James Dean, der erste junge Mann als Filmschauspieler, der auf der Leinwand wirklich geweint hat, also echte Gefühle zeigte. Er war das Idol der damaligen Jugend.
James Dean spielte die Rolle eines jungen Mannes, dessen Eltern ihm jeden Wunsch von den Augen ablasen und jeden Wunsch erfüllten. Er hatte ein reiches Elternhaus, und die Eltern taten alles, damit ihr Junge glücklich wird. Aber von den Fragen, die der Junge in seinem Herzen hatte, hatten die Eltern keine Ahnung.
Als der Junge eines Tages mit einer Frage an seinen Vater herantritt, bei der er Vertrauen in ihn setzt und eine Antwort braucht, kommt der Vater mit einer saublöden Auskunft: „Junge, in zehn Jahren siehst du das alles nicht so verbissen, da wirst du das ganz anders sehen. Warte erst mal ab.“ Da schreit der junge Mann: „Was heißt denn ‚in zehn Jahren‘? Ich brauche die Antwort jetzt!“
Später springt er seinem Vater an die Kehle, würgt ihn und rennt dann hinaus in sein Unglück. Diese Filmszene ist schon Jahrzehnte alt, aber sie spielt sich tausendfach in unseren Neubauwohnungen heute ab. Abgesehen von der Schluss-Szene. Heute springt kein junger Mann seinem Vater wegen so etwas an die Kehle. Heute lassen die Jungen ihre Alten ganz cool stehen, weil sie einfach merken: Der kann nicht oder der will nicht, der gibt mir keine klare Antwort.
Ich vermute und befürchte, dass das wenige Fragenstellen mit dieser traurigen Erfahrung zusammenhängt, die viele junge Menschen gemacht haben. Sie haben den Eindruck: Wenn ich eine Frage stelle, kriege ich keine klare Antwort. Der will nicht, oder der kann nicht, oder er lässt mich mit Zeitungsphasen ab, er sagt mir keine klare Meinung.
Wenn junge Menschen mit ihren Eltern, Pfarrern, Lehrausbildern oder Politikern so eine traurige Erfahrung gemacht haben, dann ist das Endergebnis, dass sie gar keine Fragen mehr stellen. Denn sie sagen sich: Es hat keinen Zweck, mit den Leuten zu reden.
Vertrauensverlust und seine Folgen
Ich erinnere mich noch ganz genau an die letzten Wahlen in der DDR. Damals war Egon Krenz der Vorsitzende der Wahlkommission. Viele junge Gemeinden und junge Christen schrieben ihm Briefe und fragten, was eine Ja-Stimme, was eine Nein-Stimme und was eine ungültige Stimme sei.
Ihr könnt euch sicher erinnern, dass uns das vor der Wahl nie erklärt wurde. Die jungen Christen wollten es wissen, doch Krenz gab auf diese Anfragen keine Antwort. Wenn der Eindruck entsteht, dass jemand nicht antwortet, führt das zu Misstrauen.
Und wo Misstrauen entsteht, funktioniert nichts mehr. Die Jugendlichen laufen dann zu Zehntausenden davon – genau so ist es auch passiert. Wenn das Vertrauen zusammenbricht, brechen ganze Staaten und Weltreiche zusammen. Das haben wir ja mit eigenen Augen miterlebt.
Dieser heutige Abend hat nur ein einziges Ziel: Ich werbe um dein Vertrauen. Dabei geht es nicht um dein Vertrauen zu mir, zu dieser Kirche, zu politischen Institutionen oder zu deinen Eltern. Das ist alles gut und schön, aber darum geht es hier nicht.
Es geht einzig und allein um das Vertrauen zu Jesus. Wenn die Bibel von Vertrauen spricht, benutzt sie das Wort Glaube. Glaube und Vertrauen sind also ein und dasselbe. An Jesus glauben heißt, dass du ihm vertraust, dass du dich ihm näherst und ihm etwas zutraust.
Die Frage des jungen Mannes an Jesus
Die Bibel erzählt von einem jungen Mann, der sich mitten auf der Straße an Jesus herantraut und ihm eine Frage stellt (Matthäus 19).
Ein junger Mann kam mit der Frage zu Jesus: „Herr, was muss ich Gutes tun, um das ewige Leben zu bekommen?“ Heute würde jemand vielleicht fragen: „Was muss ich tun, damit mein Leben einen Sinn bekommt?“ oder „Wie muss ich leben, damit mein Leben wirklich lebenswert ist?“
Jesus antwortete: „Du kannst ewiges Leben bekommen, wenn du Gottes Gebote hältst.“
„Welche Gebote denn?“, fragte der junge Mann.
Und Jesus antwortete: „Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht schlecht über andere reden, achte deine Eltern und liebe deine Mitmenschen wie dich selbst.“
Das ist eine klare Antwort. Und es ist ja klar: Wir hätten einen Haufen Ärger weniger in unserem persönlichen Leben und im Leben der Völkerfamilie, wenn wir diese einfache und klare Antwort akzeptieren würden.
Würden zum Beispiel die Menschen ihr Geschlechtsleben nach dem Wort Gottes richten, dann hätte die Abtreibung keine Chance. Würden die Menschen ihr Geschlechtsleben nach dem Wort Gottes ausrichten und nicht so viele vor der Ehe zusammen schlafen, gäbe es nicht so viele Abtreibungen von Unverheirateten vor der Ehe.
Würden die Menschen ihr Geschlechtsleben nach diesen Worten richten und nur mit dem schlafen, mit dem sie verheiratet sind, gäbe es nicht so viele kaputte Ehen, so viel Elend, Streit und Tränen. Auch müssten nicht so viele Kinder in kaputten Ehen aufwachsen oder ohne Vater leben.
Es wäre eine Erlösung, es wäre eine Wohltat für die Menschen, wenn sie diese einfache Antwort von Jesus akzeptieren würden. Ich meine, klarer, einfacher und eindeutiger geht es doch gar nicht.
Aber genau hier liegt das Problem, weil viele Leute sagen: „Das ist mir zu einfach.“ Die Menschen denken immer wieder, sie kämen ohne die Gebote Gottes klar und wundern sich dann, wenn sie die Gebote übertreten, dass es schiefgeht.
Das muss schiefgehen, denn Glück – also das, wonach wir uns alle sehnen und was Gott uns allen gönnt – gibt es nur innerhalb dieser zehn Gebote. Und jedes Übertreten führt gerade nicht ins Glück, es führt genau ins Unglück.
Wenn du dich nicht an diese paar einfachen Gebote Gottes hältst, dann machst du in deinem Leben alles nur noch komplizierter. Gott hat uns die Gebote doch nicht gegeben, damit wir dauernd darüber diskutieren, wie wir drumherumkommen, sondern damit wir sie praktizieren, um durchs Leben zu kommen.
Und ich sage dir: Der einfache Gehorsam gegenüber diesen Geboten ist die beste Art, mit den kompliziertesten Problemen des Lebens fertig zu werden. Denn Leben, also wirklich gutes Leben, zum Beispiel ein gutes Gewissen, gibt es nur im Rahmen der Gebote Gottes. Alles andere ist eine Illusion.
Und weil Gott möchte, dass dein Leben gelingt, hat er dir ja nicht nur das Leben geschenkt, sondern auch eine Gebrauchsanweisung beigelegt. Das sind eben die zehn Gebote. Die sollst du halten, das genügt.
Die Reaktion des jungen Mannes und Jesu Liebe
Dem jungen Mann genügt diese Antwort nicht. Er sagt, das ist doch nichts Neues, diese Platte kenne ich doch schon seit der Konfirmandenstunde. Außerdem behauptet er, diese Gebote habe er doch schon immer gehalten.
Jetzt müsste Jesus eigentlich sagen: „Also, junger Mann, halten Sie mal die Luft an. Dass jemand die Gebote immer hält, das gibt es überhaupt nicht. Wenn Sie hier so etwas behaupten, sind Sie ein Phantast, ein Übertreiber. Das ist einfach Unsinn, was Sie mir hier erzählen.“ Aber genau das sagt Jesus nicht.
Hier steht nicht, dass Jesus ihn streng ansah und kritisierte. Stattdessen steht in der Bibel, Jesus sah ihn an und liebte ihn. Der Junge redet Unsinn, und Jesus hat ihn lieb. Jesus liebt junge Männer, die Fragen stellen. Und er liebt sie besonders dann, wenn sie die Frage nach dem ewigen Leben stellen. Er liebt sie auch dann, wenn sie mal etwas Falsches sagen.
Wo gibt es das sonst in dieser Welt, dass man geliebt wird, wenn man etwas Falsches sagt? Du weißt ja genau, wie das ist in deinem Freundeskreis, in deiner Clique, in deiner Klasse, in der Firma, im Kirchgemeinderat oder wo du so bist. Man braucht doch bloß einen falschen Ton zu sagen, schon schnappt irgendeiner zu. Und schon bist du erledigt, wirst ausgegrenzt, fallen gelassen, ist der Ofen aus, Beziehung kaputt – außer bei Jesus.
Er liebt dich auch dann, wenn du mal Unsinn redest. Und er fährt dir nicht über den Mund, wenn du den Mund mal zu voll genommen hast. Er liebt uns so, wie wir sind, und wir sind mies – gerade wenn wir denken, wir wären gut, da sind wir mies.
Das merkt der junge Mann schließlich auch. Denn obwohl er gerade behauptet hat, er hätte von Jugend auf alle Gebote gehalten, also er wäre sozusagen vollkommen, fragt er weiter: „Na, was fehlt mir denn noch?“ Von außen gesehen fehlt ihm überhaupt nichts. Er ist reich, hat alles, was man zum Leben braucht, lebt im Luxus, im Überfluss. Er hat es nicht nötig, stinkige Karo zu rauchen oder sich im Otto-Katalog seine farbenfrohen Filzhosen zu bestellen.
Er kauft nur in den teuersten Boutiquen, geht nur auf die großartigsten Partys, raucht nur Camel und trinkt nur Johnny Walker. Aber der Johnny Walker, die Camel, die Partys und der ganze Schnickschnack hängen ihm schon längst zum Hals raus. Materiell fehlt ihm nichts.
Aber genau das ist es ja: Er merkt, materieller Reichtum ist offenbar nicht die Erfüllung des Lebens. Deswegen kommt er zu Jesus und stellt ihm die Frage: Wie komme ich denn zu einem richtigen Leben?
Die Sinnfrage und die Leere des Materialismus
Ein entgutgestellter und hochgestellter ehemaliger DDR-Bürger hat einmal Folgendes gesagt: „Ich gestehe, ich habe keine Hoffnung. Ich sehe, wenn die Irrtümer verbraucht sind, sitzt uns als letzter Gesellschafter das Nichts gegenüber.“
Diese Worte stammen von Bertolt Brecht, einem der größten Dichter unseres Volkes. Er war ein Mann von Weltruhm, ein geistvoller Mensch, der uns mit vielen guten und herrlichen Gedanken beschenkt hat. Und doch musste er als alter Mann, als Summe seines Lebens, feststellen: „Ich habe keine Hoffnung, ich stehe dem Nichts gegenüber.“
Das ist doch traurig, wenn ein Mensch, der Weltruhm erreicht hat und der viel Gutes getan sowie klug gedacht und gesagt hat, eine solche traurige Bilanz ziehen muss. Ich weiß nicht, wie sein Ende gewesen ist. Aber ich erinnere mich, dass nicht alle alten Männer in der DDR so gedacht und gelebt haben wie er.
Als mein Vater über achtzig Jahre alt war und klar wurde, dass es in den letzten Jahren ans Sterben geht, bin ich oft zu ihm gefahren und habe ihn besucht. Eines Nachmittags kam ich zu ihm, da lag er im Bett, und es war klar, dass es der letzte Tag seines Lebens war. Ich setzte mich neben sein Bett und verbrachte nur den letzten Nachmittag mit ihm, die letzten Stunden seines Lebens.
Dann kam so ein Moment, den man schwer beschreiben kann. Es ist, als ob der Tod ins Zimmer tritt. Man spürt, dass es jetzt so weit ist, dass er jetzt stirbt. Was tut man da? Der Vater stirbt – was tue ich?
Da nahm ich die Bibel, seine Bibel, aus der er ein Leben lang gelebt und anderen Menschen gepredigt hat. Ich schlug beim Römerbrief auf und las ihm vor: „Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes, weder Hohes noch Tiefes, weder Tod noch Leben.“ Während ich diesen Triumphgesang von der Liebe Gottes vorlas, ist mein Vater gestorben. Er ist hinübergegangen – und er ist nicht ins Nichts geflogen, sondern in die Arme von Jesus gefallen.
Ich weiß nicht, wie Bertolt Brecht gestorben ist. Aber ich möchte wissen, wie du sterben willst, wie du aus diesem Leben gehen willst, wenn du dein Leben nur auf eine materielle Grundlage gebaut hast.
Der Materialismus ist keine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Wir haben die östliche Spielart des Materialismus vierzig Jahre lang durchgespielt, und jetzt sind wir alle voll auf die westliche Spielart abgefahren.
Ich habe gehört, dass es in der Bundesrepublik inzwischen 360 Brotsorten gibt – fast für jeden Tag eine neue Sorte. Und ich sage dir: Du wirst trotz 360 Brotsorten verhungern. Deine Seele wird verhungern, wenn du nicht Jesus, der von sich gesagt hat: „Ich bin das Brot des Lebens“, in dich aufnimmst.
Der Materialismus ist keine Antwort auf die Sinnfrage des Lebens – und das merken heute immer mehr Menschen, die im Wohlstand aufgewachsen sind und im Wohlstand leben.
Viele Leute haben einen Krippenplatz, einen Studienplatz, einen Ferienplatz. Es gibt sogar Menschen, die einen Arbeitsplatz haben. Viele besitzen alles, was man zum Leben braucht, vor allem aber alles, was man nicht braucht. Unsere Wohnungen sind vollgestopft mit Dingen, die überhaupt nicht nötig sind.
Und trotzdem haben Millionen Menschen, obwohl sie alles haben, heute eine ungeheure Sehnsucht in sich. Millionen Menschen, die im Überfluss leben, stellen heute genau die gleiche Frage wie damals der junge Mann: „Ich habe doch alles, aber da fehlt doch noch was. Was fehlt mir denn eigentlich?“
Die Arie einer Siebzehnjährigen
In der DDR gab es einen Dichter namens Heinz Kahlo, der diese Situation in einem Gedicht beschrieben hat. Das Gedicht trägt den Titel „Die Arie einer Siebzehnjährigen“. Wolfgang, der schon im Anmarsch ist, wird uns dieses Lied gleich vorsingen.
Ihr habt sicher Verständnis dafür, dass Wolfgang kein Freund von Arjen ist. Bei ihm ist daraus der „Blues einer Siebzehnjährigen“ geworden.
Ich finde, das Leben hat keinen Sinn. Na gut, man verdient und gibt aus, gibt sich erwachsen, gibt sich mal hin und gibt auch was ab zu Hause. Na ja, ich habe ja Geld und will nichts für nass, aber irgendwas fehlt mir. Ich weiß bloß nicht, was. Na, die Kleidung stimmt ja. Was soll denn sein? Der Pullover ist richtig zu groß, die Schuhe sind eine Nummer zu klein, und die Hose schmiegt sich hauteng ums Bein. Ich frage mich, was da los ist. Ich sitze mit der Kofferheule im Gras, aber irgendwas fehlt mir, ich weiß bloß nicht, was.
Klar, ich suchte die Ursache erst im Betrieb. Ich lerne Typen da im Büro kennen. Ich bekam volles Gehalt, als ich noch gar nicht schrieb. Klar, die Jugendförderung ist mir schon lieb, natürlich nicht Zirkel und so. Gott, ich habe ja auf dem Betrieb keinen Hass. Aber irgendwas fehlt mir, ich weiß bloß nicht, was.
Und dann ging ich zum Arzt. Der war stur, guckte mich immer so an, aber keinen Ton über meine Figur. Na, der war ja verkalkt, der Mann. Wir fahren dann ins Grüne, und Freddy gibt Gas, aber irgendwas fehlt mir, ich weiß bloß nicht, was.
Klar, ich esse gut und trinke meinen Kaffee, und wir tanzen auch ziemlich mit Schwung. Ich fahre fast jedes Jahr an die See, bloß ich fühle mich so alt, was ich gar nicht verstehe. Aber Großpapa fühlt sich jung. Also, irgendwas fehlt mir, ich weiß bloß nicht, was, dabei fehlt mir doch gar nichts. Na, vielleicht ist es das.
Das ist also die Frage, die der junge Mann auf den Lippen hat, als er vor Jesus steht: Was fehlt mir noch?
Und jetzt kommt die Antwort. Jesus sagt: „Ich fehle dir.“ Jesus antwortet: „Geh los, verkaufe alles, was du hast, und gib das Geld den Armen. Dann komm und folge mir nach.“
Also mit anderen Worten: Ich fehle dir.
Diese Antwort ist unmissverständlich, unkompliziert und unbequem. Aber Leute, die bequeme Antworten geben, sind meistens nicht viel wert. Die Antworten, die Jesus gibt, sind meistens nicht sehr bequem. Sie sind oft verblüffend einfach. Jedenfalls sind es Antworten, mit denen man leben kann – wenn man will.
Die Entscheidung des jungen Mannes und Jesu Forderung
Der junge Mann sucht ein Leben voller Sinn, das es wert ist, gelebt zu werden. Jesus sagt: Du kannst es haben – in diesem Augenblick, jeder kann es haben, der es will. Doch der junge Mann will nicht. Er dreht sich auf dem Absatz um und lässt Jesus stehen.
Als der junge Mann diese Antwort hörte, ging er traurig weg, denn er war sehr reich. Er will nicht auf seinen Luxus verzichten und nicht alles auf eine Karte setzen. Er will nicht das Abenteuer mit Jesus, sondern die teuren Abende in der Kneipe und das High Life in der Stadt. Mit dieser Entscheidung gibt er zu, dass ihm nicht nur etwas fehlt, sondern überhaupt alles – das Entscheidende, nämlich die Liebe.
Ihm fehlt die Liebe zu Gott, weil er nicht bereit ist, Jesus zu folgen. Und ihm fehlt die Liebe zum Nächsten, weil er nicht bereit ist, dem mit seinem Reichtum zu helfen. Deshalb ist diesem jungen Mann überhaupt nicht zu helfen. Jesus entlarvt diesen netten, adretten, frommen, hübschen jungen Mann als einen reinen Egoisten und Götzendiener.
Man muss sich mal vorstellen: Er hat alle Gebote gehalten, sagt er, er war in der Religion der Eins. Er war ein Humanist, wie er im Buch steht, ein guter Mensch. Aber in der Bibel, im Buch der Bücher, steht nicht: Du kommst in das Reich Gottes, wenn du ein Humanist bist, sondern wenn du Christ bist. Folge mir nach – das ist der Schlüssel in das Reich Gottes.
Diesem jungen Mann ist ein Leben mit Geld lieber als ein Leben mit Gott. Die Erfüllung seiner Wünsche wird zerfallen für seine Seele, und sein Besitz besaß ihn so, dass er seine eigene Seele nie besaß. Als er fort ist, sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Eins kann ich euch sagen: Ein Reicher hat es sehr schwer, zu Gott zu kommen. Ein Reicher hat es schwer.“
Der Satz ist typisch für Jesus. Ich habe noch nie von einem anderen diesen Satz gehört oder gelesen. Im Gegenteil, alle Leute – und wir ja meistens auch, ich eingeschlossen – denken meist, dass die Reichen es leicht haben. Wenn ich sehe, was sich manche Leute leisten können an Ausgaben und Möglichkeiten, sage ich auch: Wenn ich so viel Geld hätte wie mancher andere, wäre manches in meinem Leben leichter.
Jesus bestreitet nicht, dass vieles im Leben leichter ist, wenn man Geld hat. Er hat den Reichtum auch nicht verurteilt. Aber er behauptet: Um zu Gott zu kommen, nützt der Reichtum gar nichts. Im Gegenteil, er ist das allergrößte Hindernis. Jesus sagt: Eher lässt sich ein dickes Abschleppseil durch ein Nadelöhr ziehen, als dass ein Reicher in das Reich Gottes kommt.
Als seine Jünger dann zum Abschluss ganz entsetzt fragen: „Na, wer kann denn dann überhaupt gerettet werden?“, sieht Jesus sie ernst an und sagt: „Für Menschen ist es unmöglich, aber bei Gott ist alles möglich.“
Ihr seid keine reichen Millionäre. Jedenfalls ist mir bei der Kollekte nichts Verdächtiges in dieser Hinsicht aufgefallen. Aber das heißt nicht, dass euch die ganze Sache hier nichts angeht. Denn ob du dein Herz an hundert Mark oder an hunderttausend Mark hängst, ob du reich bist oder reich werden willst, ob du deine Person, deine Karriere, deinen Freund oder irgendetwas höher einschätzt als Gott – das spielt im Grunde keine Rolle.
Denn es bedeutet in jedem Fall, dass du das erste Gebot nicht hältst. Dieses Gebot lautet: Ich bin der Herr, dein Gott, und du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Es geht also nicht um die Frage, wie viel Reichtum oder Geld du hast, sondern wie viel Vertrauen du zu Gott hast.
Du kannst ruhig reich sein. Jesus sagt nur: Der größte Reichtum dieser Welt nützt dir nichts, wenn du ihn nicht hast. Jesus fragt: Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt kontrollieren könnte, aber Schaden an seiner Seele nimmt?
Es hat Leute gegeben, die nach der Wende gesagt haben, sie hätten die letzten 40 Jahre umsonst gelebt. Ich sage dir: Wenn du ohne Jesus weitermachst, wirst du auch die nächsten 40 Jahre deines Lebens umsonst leben. Ein Leben ohne Jesus hat keinen Sinn. So kommst du nicht zum Sinn.
Jesus fordert Nachfolge – keine Kompromisse
Wenn Jesus von dem jungen Mann verlangt, ihm nachzufolgen, aber vorher alles zu verkaufen, was er besitzt, bedeutet das nicht, dass er von jedem genau dasselbe verlangt. Bei Jesus gibt es kein Schema F. Er begegnet reichen Menschen, ohne dass sie ihren Reichtum unbedingt aufgeben müssen. Bei diesem jungen Mann hat er es verlangt, aber bei dir ist es wahrscheinlich anders.
Es ist nicht gesagt, dass du am Montag in Säcketentladungen marschieren und alle deine Klamotten, Schallplatten und Möbel verkaufen musst, sodass du dann ab Montagabend nackt in deiner leeren Wohnung sitzt. Aber was Jesus von dir verlangt, ist: Folge mir nach. Das gilt für dich genauso wie für den jungen Mann, für Reiche genauso wie für Arme, für die Menschen damals genauso wie für die Menschen heute.
Folge mir nach – darum geht es. Wovon du dich trennen musst, wenn du Jesus nachfolgst, ist bei dir vielleicht etwas ganz anderes. Vielleicht ist es nicht deine Geldgier, sondern dein Geltungsbedürfnis. Vielleicht deine Bequemlichkeit oder deine Familie. Oder vielleicht musst du gerade zurück zu deiner Familie – was auch immer bei dir das Problem ist.
Bei dem jungen Mann war es jedenfalls das Geld. Und als es ihm nicht passt, fängt Jesus nicht an zu verhandeln. Als der junge Mann geht, läuft Jesus ihm nicht hinterher. Er ruft ihm auch nicht zu: „Hey, junger Mann, bleib doch stehen! Ich habe gerade ein bisschen übertrieben, ich habe scharf gepredigt, ich meinte natürlich nicht, alles zu verkaufen, sondern nur die Hälfte oder ein Drittel. Wären Sie damit einverstanden?“ So hat sich Jesus nie verkauft.
Jesus verlangt hundert Prozent, und da ist er weder mit 88 noch mit 99 zufrieden. Jesus stellt eine radikale Forderung. Wer darauf nicht eingeht, den lässt Jesus gehen – da ist er knallhart. Für solche Menschen hat Jesus keinen Trost.
Jesu Trost und die Konsequenz der Ablehnung
Der junge Mann, so heißt es hier, ging traurig weg, und Jesus sprach kein einziges Trostwort zu ihm. Jesus hat so viele Menschen getröstet: einem Vater, dessen Kind gestorben war, sagte er einfach: „Glaube nur“ und gab ihm damit neuen Mut. Einer Prostituierten vergab er ihre Schuld und ermöglichte ihr einen Neuanfang. Einem Terroristen, der neben ihm am Kreuz hing, sagte er in der letzten Minute: „Du wirst heute noch mit mir im Paradies sein.“
Wenn wir jetzt hier eine Gesprächsrunde hätten, würden sicher viele von euch aufstehen und erzählen, wie Gott euch in eurem Leben getröstet hat. Hier aber haben wir in der Bibel einen Fall, in dem Jesus einem Menschen keinen Trost schenkt, obwohl er ihn liebte. Das steht ausdrücklich hier: Er wollte ihm ja etwas schenken, ihm das ewige Leben schenken. Er hatte ihn aufgefordert, ihm nachzufolgen – die einzige Möglichkeit, das Geschenk des ewigen Lebens zu erhalten. Doch der junge Mann lehnte ab.
Damit ist dieses Gespräch beendet. Es fehlt kein einziges Wort mehr. Als der junge Mann geht, hat er die volle Antwort auf seine Anfangsfrage erhalten. Er hatte gefragt, wie er ewiges Leben bekommen kann. Jesus antwortete, dass er es bekommt, wenn er ihm nachfolgt. Doch der junge Mann war nicht bereit, diese Antwort zu akzeptieren.
Langsam geht er davon und ahnt, dass er die große Chance seines Lebens vertan hat. Deshalb ist er traurig. Jesus sieht ihm nach, wie er mit hängenden Schultern weggeht. Er kann seine Traurigkeit von hinten sehen, doch helfen kann er ihm nun nicht mehr. Für Menschen, die Jesus ablehnen, gibt es keine Hilfe und keinen Trost.
Die Entscheidung für Jesus – eine persönliche Herausforderung
Nach so einem Abend kam ein junges Mädchen zu mir. Sie sagte, sie habe zugehört, es begriffen und wolle jetzt Jesus nachfolgen. Sie möchte Christ werden.
Wir setzten uns zusammen, und sie erzählte mir von ihrem Leben. Während unseres Gesprächs offenbarte sie mir ihr Problem: Sie sei mit einem Jungen befreundet, der Atheist ist. Sie stehe vor der Entscheidung, ob sie Jesus folgen oder bei dem Jungen bleiben soll. Sie müsse sich zwischen den beiden entscheiden.
So lautete ihre Aussage. Letztlich entschied sie sich für ihren Freund. Als sie mit hängenden Schultern durch den Mittelgang der Kirche hinausging, konnte ich von hinten sehen, wie unglücklich sie mit ihrer Entscheidung war. Doch ich konnte ihr nicht helfen.
Wenn heute jemand aus dieser Kirche geht, ohne Jesus angenommen zu haben, kann ich auch nicht helfen. Dabei meine ich nicht nur die Nichtchristen, die sagen, sie wollen mit Jesus nichts zu tun haben. Vorhin hat Albert im ersten Gottesdienst einen Zettel eingeworfen, auf dem er sich als Nichtchrist zu erkennen gab. Hier war jemand, der aus dieser Kirche gegangen ist und Jesus abgelehnt hat.
Ich meine nicht nur die Nichtchristen, die diesen Schritt tun und sagen: "Ich will es nicht." Ich meine auch die Christen, die zwar schon mit Jesus leben, aber trotzdem immer noch fragen: „Was fehlt mir denn noch?“ Es gibt viele Christen, die sich Mühe geben, die Gebote halten, in den Gottesdienst gehen und zehn Prozent ihres Einkommens für die Kirche geben. Doch das alles genügt ihnen nicht.
Sie brauchen noch eine besondere Taufe, noch eine besondere Wassermenge oder ein besonders religiöses Erlebnis. Sie sehnen sich nach einer Religion für Fortgeschrittene. Doch so etwas gibt es nicht. Wenn du mit Jesus nicht zufrieden bist, gibt es für dich keine weiteren Möglichkeiten. Mehr als Jesus gibt es einfach nicht.
Für den reichen jungen Mann gab es auch nur Jesus oder Nicht-Jesus. Und er entschied sich nicht für Jesus. Die Frage heute Abend an dich lautet: Wofür entscheidest du dich?
In der Bibel steht: „Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, wähle das Leben!“ (5. Mose 30,19). Verstehst du, du stehst vor einer Wahl!
Wir sind hier vielleicht in zehn Minuten fertig, und du kannst durch die Tür hinten, durch die du heute Abend gekommen bist, genauso wieder rausgehen, wie du reingekommen bist. Mit der gleichen Wut im Bauch, der gleichen Angst vor morgen, dem gleichen schlechten Gewissen wegen der Fehler, die du gemacht hast, und der gleichen schlechten Laune.
Kein Mensch darf dich daran hindern. Du kannst aber auch durch dieselbe Tür als ein anderer Mensch hinausgehen: ohne deine Wut, ohne deine Angst, mit neuer Hoffnung und einem guten, erleichterten Gewissen.
Wenn du Jesus als deinen Herrn annimmst, verstehst du: Jesus möchte nicht, dass du traurig durchs Leben schlurfen musst. Er möchte, dass du aufrecht und froh gehst. Er möchte einfach, dass du mit ihm gehst, damit dein Leben gut wird.
Also, wenn du es willst, dann sag es ihm. Geh nicht aus dieser Kirche, ohne wenigstens in deinem Herzen gesagt zu haben: „Ja, Jesus, ich komme, ich folge dir nach, ich will.“