Einführung in das Thema: Gottes Gnade im Fallen verstehen
Alle zusammen! Heute wollen wir eine Sonderpredigt außerhalb des Timotheusbriefs halten. Unsere Gemeinde ist gewachsen, und es sind viele neue Gesichter hinzugekommen. Es kann sein, dass der ein oder andere die Predigt, die ich heute halte, vielleicht schon einmal irgendwo im Gedächtnis hatte. Dennoch wird es auch viele geben, die diese Predigt noch nicht kennen.
Ich möchte mit euch heute ein Prinzip anhand einer biblischen Geschichte gemeinsam betrachten. Es geht um das Prinzip, das wir in Römer 5,20 finden. Wir können diese Stelle zu Beginn kurz aufschlagen. In Römer 5,20 finden wir ein Prinzip, das uns hilft, unser Fallen, also unsere Sünde und unser Versagen, richtig einzuordnen und darin Gottes Handeln zu erkennen.
Der Titel der Predigt lautet im Grunde: Was uns unser Fallen über Gott lehrt. In Römer 5,20 steht:
„Das Gesetz ist hinzugekommen, damit das Maß der Übertretung voll werde.“ Das bedeutet, das Gesetz ist gekommen, um dich und mich als Sünder zu erkennen zu geben. Weiter heißt es: „Wo aber das Maß der Sünde voll geworden ist, da ist die Gnade überströmend geworden.“
Genau dort, wo wir fallen, wo wir schwach sind und wo es in unserem Leben nicht rund läuft – also dort, wo das Maß der Sünde voll geworden ist – geschieht etwas Besonderes: Die Gnade Gottes ist überströmend vorhanden. Dieser Vers zeigt uns, dass gerade in unserer Schwäche mehr Gnade da ist.
Das ist ein Grundprinzip, mit dem ich heute auch zum Schluss wieder schließen werde. Wir starten mit diesem Vers und enden auch damit. Dazwischen aber wollen wir uns eine Geschichte anschauen, die eine Person zeigt, die schwer gefallen ist – und zwar Petrus.
Die Vorgeschichte von Petrus’ Fall
Zu Beginn müssen wir nachverfolgen, was mit Petrus passiert ist und welches Problem dazu geführt hat, dass er in einen schweren geistlichen Crash geraten ist.
Das bedeutet, wir werden uns zunächst mit seinen Überheblichkeiten oder seiner geistigen Schwäche beschäftigen. All dies dient jedoch dem Zweck, in der zweiten Hälfte der Predigt zu betrachten, wie Jesus Christus mit Sündern umgeht. Wir wollen sehen, wie liebevoll und gnädig er Petrus aufnimmt und ihm begegnet.
Unser Hauptbibeltext befindet sich in Markus 14,27-31. Bereits am Anfang schauen wir kritisch auf Petrus – jedoch nicht in einer überheblichen oder selbstgerechten Weise. Es geht nicht darum, ihn zu verurteilen oder uns zu fragen, wie er nur so handeln konnte. Vielmehr wollen wir herausfinden, was schiefgelaufen ist, um daraus zu lernen.
Das Ziel der Predigt ist heute nicht Petrus, sondern Christus. Darauf werden wir uns im Verlauf der Predigt hinarbeiten.
Petrus’ Selbstvertrauen und die Prophezeiung Jesu
Markus 14,27-31 berichtet, wie Jesus zu seinen Jüngern spricht: „Ihr werdet in dieser Nacht alle an mir Anstoß nehmen.“ Er erklärt den Grund dafür: „Denn es steht geschrieben: Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen.“ Doch er verspricht auch: „Nach meiner Auferstehung will ich euch nach Galiläa vorausgehen.“
Petrus antwortet darauf: „Wenn auch alle an mir Anstoß nehmen, so doch nicht ich!“ Jesus entgegnet ihm: „Wahrlich, ich sage dir, heute in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Petrus erwidert mit voller Überzeugung: „Wenn ich auch mit dir sterben müsste, werde ich dich nicht verleugnen!“ Dasselbe versprechen auch die anderen Jünger.
Diese Szene spielt sich während des letzten Abendmahls ab, das Jesus vor seiner Kreuzigung feiert. Er nimmt seine Jünger mit zum Ölberg, um ihnen mitzuteilen, dass sie Anstoß an ihm nehmen werden. Jesus offenbart hier eine geistliche Wahrheit.
Petrus reagiert nicht überheblich, sondern konfrontiert seine Brüder, um ihnen möglicherweise zu helfen. Er versucht, sie darauf vorzubereiten, was kommen wird. Dabei sagt er, dass alle Anstoß nehmen werden. Er traut jedem seiner Apostelbrüder zu, dass sie schwach werden könnten – alle, aber nicht er selbst.
Es ist nicht unbedingt so, dass Petrus falsche Motive hatte. Vielmehr kann es sein, dass er sich in diesem Moment einfach nicht vorstellen konnte, dass er den Herrn verleugnen würde. Er brannte für Jesus und dachte: „Wie, ich nicht? Vielleicht die anderen, die im Glauben schwach sind, aber nicht ich!“
Petrus’ Persönlichkeit und sein geistlicher Hochmut
Was wir jetzt machen wollen, ist, anhand verschiedener Bibeltexte, die im Kontext vorkommen, einen Blick in das Herz von Petrus zu werfen. Wir möchten zeigen und untersuchen, was vermutlich in seinem Herzen vor sich ging, sodass Petrus diesen geistigen Crash erleben konnte.
Zuerst beschreibe ich Petrus, um seine Persönlichkeit ein wenig vor Augen zu führen. Das ist, denke ich, ganz wichtig.
Petrus war eine Persönlichkeit, die ganz vorne mit dabei war und eine sehr wichtige Rolle einnahm. Petrus, Jakobus und Johannes bildeten den engen Kreis, den innersten Kreis von Jesus. Petrus war jemand, der für Jesus seinen Beruf aufgab und bereit war, alles zu opfern, um Jesus mit seinem Leben zu dienen.
Wir können Petrus tatsächlich glauben, wenn er sagt, dass er Jesus liebte. Später, nachdem er Christus verleugnet hatte, war er jemand, durch den Gott wirkte, denn durch seine Predigt wurden dreitausend Menschen gläubig.
Petrus war mutig. Er traute sich, das Boot zu verlassen und auf das Wort Jesu hin übers Wasser zu gehen. Einer Überlieferung zufolge musste er mitansehen, wie seine Frau gekreuzigt wurde. Er ermutigte sie und rief ihr zu: „Denke an den Herrn!“ So war Petrus – ein Eiferer für den Herrn, jemand, der es ernst meinte und mit ganzem Herzen für den Herrn leben wollte.
Laut der Kirchengeschichte hielt Petrus es für unwürdig, wie sein Herr gekreuzigt zu werden. Daher bat er, so charakterlich wie er war, darum, mit dem Kopf nach unten gekreuzigt zu werden, weil er es nicht für würdig hielt, auf dieselbe Weise wie Jesus zu sterben.
Das ist Petrus: eine herausragende Persönlichkeit, ein Mensch wie du und ich, aber in seinem Charakter außergewöhnlich.
Trotzdem müssen wir sagen: Er war zum Fall bereit. Wenn dieser Apostel, den wir gerade beschrieben haben, am Ende an einen Punkt kommt, an dem er in schwere Sünde fällt und seinen Herrn Jesus dreimal öffentlich verleugnet, dann müssen wir uns die legitime Frage stellen: Wie sehr könnten auch wir geistlich Schiffbruch erleiden?
Wenn Petrus, dieser Eiferer für den Herrn, so einen geistlichen Crash erleben konnte, dann müssen wir uns vor dem Herrn fragen, wie sehr wir, wie sehr du und ich, in der Lage sind, geistlich Schiffbruch zu erleiden.
Das soll uns nicht Angst machen. Ich habe die Stoßrichtung schon angedeutet. Es soll uns vielmehr eine Warnung sein – eine Warnung, wie sehr wir, wie sehr du, wie sehr ich …
Ursachen für Petrus’ Fall
Wir schauen uns jetzt im ersten Punkt anhand von vier Unterpunkten an, was unmittelbar vorausging, also was zu diesem niederschmetternden Fall von Petrus führte. Anschließend betrachten wir das treue Wesen von Jesus Christus.
Wir haben es eben schon ein wenig besprochen: Jesus sagt zu seinen Jüngern, „Ihr werdet alle Anstoß nehmen, Petrus ganz sicher, alle, aber nicht ich.“ Petrus, wir sehen das in Kapitel 14, Vers 29, schaut auf seine Geschwister, traut es allen zu, sich selbst aber nicht. Er schaut auf sich und sagt: „Ich niemals.“
Wir stellen uns die Frage, woher dieses Selbstvertrauen kommt, woher diese geistliche Erhabenheit. Was geschah, dass Petrus in seinem Herzen anfing, sich über seine Geschwister zu erheben – in letzter Konsequenz? Und auch so sicher zu sein, dass er, wenn Jesus Christus persönlich zu ihm spricht, sagen kann: „Nein, nicht ich.“
Der erste Punkt, den wir direkt davor sehen, ist dieses geistliche Hoch, das er hatte. Schauen wir in Kapitel 14, Vers 13. Dort sehen wir die bekannte Geschichte, dass Jesus zwei Jünger lossendet, die das Gastzimmer für das letzte Passamahl aufsuchen sollen.
Jesus hat ihnen ganz genau gesagt, was passieren wird. Er sagt zu diesen zwei Jüngern: „Ihr werdet einem Menschen begegnen, der einen Wasserkrug trägt.“ Jesus sagt dies im Voraus, nicht in einer Wahrsageart, sondern weil er allwissend ist. Er erklärt seinen Jüngern genau, wohin sie gehen sollen, was sie sehen werden, und dass sie dann nach dem Gastzimmer fragen sollen.
Wenn wir in Vers 16 schauen, sehen wir etwas Interessantes: „Und seine Jünger gingen hin und kamen in die Stadt und fanden es genau so, wie er gesagt hat.“ Kurz vorher erlebt Petrus also sozusagen eine geistliche Hochzeit. Er sieht, wie Jesus ihm und – wir lesen später noch – Johannes, diesen beiden auserwählten Jüngern, dieses geistliche Wunder zeigt.
Sie werden von allen anderen ausgesondert, um das Gastzimmer auszumachen, in dem das letzte Abendmahl gefeiert wird. Jesus sagt ihnen ganz genau, wie sie die Dinge erleben werden, und dann erfüllt es sich, wie in Vers 16 beschrieben, genau so, wie sie es gesagt bekommen haben.
Johannes und Petrus gehören zu einem engeren Kreis. Johannes ist der Jünger, den Jesus liebte, direkt an seiner Seite. Petrus ist ein führender Apostel und erhält einen geistlichen Sonderauftrag.
Als Jesus mit seinen Jüngern zusammensitzt, scheint er genau zu wissen, was das Problem der Herzen ist. Am letzten Abend stellt er eine Frage oder die Jünger stellen sie: „Wer ist denn der Größte unter uns?“ Das sind tatsächlich Fragen wie: „Wer ist von uns der Edelste? Wer ist von uns der Geistlichste?“
Vielleicht kommt die scheinbare Antwort von Petrus, denn er erhält ständig Sonderaufträge, ist bei der Verklärung Jesu mit dabei, zusammen mit Johannes und Jakobus. Er gehört zum engsten Kreis. Vielleicht ist er nicht der Allergrößte, aber er gehört zu den Top Drei.
Petrus erlebt also geistliche Hochzeiten und ist sehr motiviert. Wenn wir in Kapitel 14, Vers 26 schauen, lesen wir, wie er einen Lobgesang singt, Gott anbetet und dem Herrn nah ist.
Doch dann heißt es: „Petrus, du wirst Anstoß nehmen, du wirst mich dreimal verleugnen.“ Lieber Petrus! Wir können ein wenig verstehen, dass Petrus reflexartig sagt: „Nein, nicht ich! Doch nicht ich! Ich will dir doch alles geben. Ich will dir nachfolgen, ich will dir nah sein.“ Alle anderen vielleicht, aber nicht er.
Alles, was sich Petrus in diesem Moment geistlich über sich selbst eingebildet hat, wird schlagartig zerstört. Er wollte vorangehen, und Jesus sagt: „Oh Petrus, langsam, mach mal schön langsam. Heute noch wirst du Anstoß nehmen.“
Das ist eine direkte Anwendung für uns. Wir sind zu demselben fähig. Es kann Zeiten in unserem Leben geben, in denen wir geistlich erweckt sind, einiges mit Gott erleben, vielleicht scheinbar mehr als andere. Aber wir sollten vorsichtig sein, nicht selbstherrlich und zu geistlich hochmütig zu werden.
Denn am Ende werden wir dieselbe Lektion durchmachen müssen wie Petrus. Petrus musste diese Lektion durchmachen, wie wir später noch sehen werden. Daher wissen wir: Kleinmut ist wichtig.
Die Ablehnung der biblischen Warnung
Nun zum zweiten Punkt vor diesem Fall aus Petrus, Kapitel 14, Vers 27: das Zeugnis der Schrift nicht annehmend.
Markus 14,27: Und Jesus spricht zu ihnen: „Ihr werdet in dieser Nacht alle an mir Anstoß nehmen.“ Warum? Denn es steht geschrieben: „Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen.“
Was Jesus seinen Jüngern anhand eines prophetischen alttestamentlichen Wortes sagt, ist, dass sie fallen werden. In Vers 27 sagt Jesus: „Es steht geschrieben.“ Er wendet sich an seine Jünger, auch an Petrus, und erklärt, dass hier eine biblische Wahrheit und Prophezeiung vorliegt. Es ist schwarz auf weiß, ein alttestamentliches prophetisches Wort – und das aus dem Mund von Jesus Christus selbst.
Wie reagiert Petrus auf das Wort Gottes aus dem Mund des Sohnes Gottes? In Vers 29: Er nimmt diese biblische Wahrheit nicht ernst, er nimmt sie nicht an. Letztendlich sagt Petrus, dass das, was in Sacharja über ihn prophezeit ist, nicht stimmt. Das ist seine Reaktion. Das, was da prophezeit ist, stimmt nicht.
Zehn werden Anstoß nehmen, nicht elf, wenn man Judas schon herausrechnet. Die zehn werden dich verleugnen, nicht ich – so lautet seine Reaktion. Die Schafe werden sich zerstreuen, aber nicht ich. Was macht Petrus? Er stellt sein eigenes Selbstbild über die Schrift und alle Warnungen und weist sie zurück. Er beugt sich nicht unter das Wort Gottes, sondern stößt alles weg.
Wie hätte Petrus richtig reagieren sollen? Wie kann man richtig reagieren, wenn das Wort Gottes einen in irgendeiner Sache überführt? Man kann sich selbst rechtfertigen und arrogant sein – vielleicht wie Petrus in dem Moment – oder uneinsichtig bleiben. Aber wie wäre die richtige Reaktion gewesen?
Ich glaube, es wäre richtig gewesen, wenn Petrus in dieser Erkenntnis seiner Selbst zerbrochen wäre. Er hätte sich nicht selbst rechtfertigen sollen, sondern den Herrn um Gnade anflehen. Petrus, du wirst Anstoß nehmen, und die richtige Reaktion wäre gewesen: „Oh Herr, hilf mir! Herr, hilf mir! Ich bin zu allem fähig.“ Das ist Demut. „Ich bin zu allem fähig, hilf mir!“ Und nicht diese biblische Wahrheit abzustreiten und wegzustoßen.
Das Überführtwerden von Jesus hatte ja nicht das Ziel, ihn hart zu kritisieren, sondern immer das Ziel, zum Thron der Gnade zu fliehen, erweckt zu werden und dann Hilfe beim Herrn zu suchen.
Fehlende geistliche Vorbereitung und der Versuch, mit Fleischlichkeit zu kämpfen
Dadurch, dass Petrus dieses Wort von sich gestoßen hat, konnte er sich nicht geistlich vorbereiten. Wir sehen, wie die Ereignisse nacheinander aufeinander folgen. Zuerst die Hoheit, die er in sich hatte, dann wird er durch das Wort Gottes von Jesus überführt, doch er stößt es weg. Weil er das Wort ablehnt und sich nicht erwecken und treffen lässt, folgt nun der dritte geistliche Punkt – wie Domino-Steine, die aufeinander fallen: mangelnde geistliche Vorbereitung.
Schauen wir gemeinsam in die Verse 37 und 38. Wäre Petrus wirklich getroffen worden, wäre die Situation vielleicht anders verlaufen. In Vers 37 und 38 kommt Jesus zu ihnen und findet sie schlafend. Er spricht zu Petrus, der eben noch gesagt hatte, er werde Jesus niemals verleugnen. Jesus sagt zu ihm: „Petrus, schläfst du? Du hast doch gerade noch gesagt, dass du mich niemals verleugnen wirst, und jetzt schläfst du? Kannst du nicht einmal eine Stunde wach bleiben? Wache und bete, damit du nicht in Versuchung kommst. Dein Geist ist zwar willig, ja, du möchtest mich vielleicht nicht verleugnen, aber du hast nicht verstanden, dass dein Fleisch schwach ist.“
Jesus geht mit seinen Jüngern in den Garten Gethsemane. Er sagt zu ihnen: „Setzt euch hin, bis ich gebetet habe.“ Dann zieht er sich mit Petrus, Jakobus und Johannes, seinem engen Kreis, ein Stückchen weiter zurück. Anschließend geht er noch ein Stückchen weiter, um zu beten. Doch als er zurückkommt, findet er sie schlafend vor.
Zuvor hatte Jesus gesagt, dass alle Anstoß nehmen werden. Statt jedoch Kraft im Gebet zu suchen, schlafen sie. Das ist genau das, was ich meinte: Wenn uns das Wort nicht mehr trifft und wir es nicht zulassen, müssen wir uns nicht mehr nach dem Wort ausrichten – dann werden wir geistlich schlafen.
Die Abfolge ist hier besonders deutlich: „Schläfst du, Petrus? Du verstehst nicht, dass du mich dreimal verraten wirst, und trotzdem schläfst du.“ Petrus ist sich sicher, dass er Jesus niemals verleugnen wird – alle anderen vielleicht, nur er nicht. Doch er schläft lieber, anstatt sich geistlich vorzubereiten.
Dann kommt plötzlich die große Menge, die Jesus im Garten Gethsemane festnehmen will. Nun ist der Moment gekommen, in dem der starke Petrus zeigen kann, dass er Jesus nicht verleugnen wird. Was lesen wir? Sicherlich kennt ihr es: Petrus zieht ein Schwert und schlägt einem der Soldaten das Ohr ab. Dabei hat er wohl nicht genau auf das Ohr gezielt, sondern einfach draufgeschlagen. Im Grunde hat Petrus mit seinem Schwert zugeschlagen und das Ohr abgetrennt.
Das war sein Beweis: „Heiliger Jesus, ich werde dich nicht verleugnen. Hier bin ich, da kommen viele Soldaten, und ich springe in die Menge für dich.“ Wisst ihr, was im Galaterbrief steht? Dort wird gesagt, dass zu den Werken des Fleisches unter anderem Mord gehört. Petrus war bereit zuzuschlagen in diesem Gerangel.
Was wir letztlich sehen, ist Folgendes: Petrus versucht, einen geistlichen Kampf zu führen, für den er sich durch das Wort Gottes und geistliches Gebet hätte vorbereiten können – was er aber versäumt hat. Er kämpft seinen geistlichen Kampf mit fleischlichen Mitteln. Er zieht das Schwert, vertraut auf sein Fleisch und stürzt sich in die Menge, um Jesus zu beweisen: „Ich werde nicht fallen, ich halte an dir fest.“
Die Distanz in der Nachfolge und die Folge des Falls
Der letzte Punkt, der Petrus schließlich den Dolch ins Herz stieß, ist die mangelnde Nachfolge. In Kapitel 14, Vers 54 heißt es: „Und Petrus folgte ihm von ferne bis hinein in den Hof des Hohepriesters.“
Dieser letzte Punkt brachte Petrus zu Fall: Er folgte Jesus am Ende nur noch aus der Ferne. Anfangs war Petrus mutig und eng an der Seite Jesu, er wollte es mit vielen aufnehmen und hatte eine tiefe Gemeinschaft mit dem Herrn. Doch nun folgt er Jesus nur noch aus der Distanz. Er hat sozusagen noch Gemeinschaft mit ihm, aber nur aus der Ferne. Vielleicht sieht er Jesus noch irgendwo hinten laufen, wie er in der Menge verschwindet. Petrus ist zwar mutig genug, ihm noch zu folgen, aber eben nur aus der Entfernung.
Schließlich reicht eine einzige Magd aus, um Petrus zum Verleugnen Jesu zu bringen.
Die Anwendung für das persönliche geistliche Leben lautet daher: Folgst du deinem Gott von ferne? Folgst du deinem Gott aus der Distanz?
Ich möchte dich persönlich fragen: Wie ist deine Beziehung momentan zu Jesus? Das ist eine sehr wichtige Frage. Wie nah bist du am Herrn? Ist dir Jesus alles? Kannst du, wie Petrus, sagen: „Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe, du weißt es, weil du mein Herz kennst“?
Oder bist du wie Johannes, der so eng an der Seite Jesu liegt – im übertragenen Sinne? Ist Christus, so wie es in den Sendschreiben an Ephesus beschrieben wird, deine erste und größte Liebe? Das, woran dein Herz sich am meisten freut? Bist du eng am Herrn?
Oder folgst du dem Herrn nur von ferne? Du folgst ihm zwar, aber er steht in deiner Prioritätenliste schon ziemlich weit unten. Du folgst ihm aus der Distanz.
Wenn das so ist, dann lass dich warnen: Es kann sein, dass dich die nächste Kleinigkeit, die nächste unscheinbare „Magd“ zu Fall bringt.
Der Fall und die Reue Petrus’
Wir wollen also jetzt zum zweiten Punkt kommen, der zeitlich etwas kompakter ist. Dabei möchten wir einen Zwischenpunkt erreichen und wirklich etwas lernen – und zwar von Petrus, der in dieser Situation versagt hat.
Das Ergebnis ist, dass er dreimal fällt. Er verleugnet seinen Herrn Jesus Christus und bringt ihm damit öffentlich Schande. Der Hahn kräht, und Petrus erinnert sich daran, dass Jesus ihm genau das vorausgesagt hatte. Plötzlich fällt es ihm wie Schuppen von den Augen.
Und wisst ihr, was Petrus dann macht? Er fängt an zu weinen, weil in diesem Moment sein Selbstbild zerbricht. Er fühlt sich zerschlagen, wie ein glimmender Docht, den der Herr nicht auslöschen lässt. Doch seine innere Hoheit, die er in sich hatte, ist zusammengebrochen.
Er weint, weil er den Herrn wirklich liebt und sich schuldig fühlt. Er ist gefallen – und das werden wir gleich noch genauer beobachten. Petrus steckt in einem tiefen Loch. Für ihn ist es nicht so, dass er einfach kurz „Herr, vergib mir“ sagt und alles wieder gut ist.
Wir werden sehen, dass dieser Zustand sich über Tage und Wochen zieht. Petrus ist geistlich depressiv und fühlt sich von Gott getrennt. Genau das passiert jetzt: Er fängt an zu weinen, hört den Hahn krähen und realisiert in der folgenden Zeit, was geschehen ist. Er kann es nicht mehr rückgängig machen.
Er hat völlig versagt, war hochmütig, tief gefallen und steckt in schwerer Sünde. Umso edler ist es, wirklich wahr.
Die überströmende Gnade Gottes im Fall
Und nun folgt der Diamant des Evangeliums: Je mehr die Sünde zugenommen hat, desto größer ist die Gnade, desto überreicher ist sie (Römer 5,2).
Wir werden jetzt sehen, wie Petrus, der so schwer versagt hat und bei dem nichts mehr zu finden ist, was er hätte rechtfertigen können, von Jesus freundlich und gnädig behandelt wird. Jesus geht geduldig über eine längere Zeit auf ihn zu, baut ihn wieder auf und gibt ihm am Ende sogar mehr Verantwortung zurück.
Das wollen wir nun ein wenig genauer betrachten.
Die Treue Jesu trotz des Versagens der Jünger
Der zweite Überpunkt, die Treue unseres Herrn, betrachtet Markus 14,28. Dieser Vers ist ein Mutmacher, besonders wenn du irgendwo gefallen bist oder vielleicht bald fallen wirst. Auch wenn du in deinem Leben einen Schandfleck hast oder einfach mit dir selbst am Ende bist, ist diese Haltung viel besser als die Einstellung, die Petrus vor seiner Sünde hatte.
Nach seiner Sünde war Petrus ein zerbrochener Mann. Davor war er ein selbstherrlicher Mensch. Für ihn war das eine Schule, eine wichtige Lektion. Denn wo das Gesetz kommt und die Sünde überhandnimmt, verherrlicht sich Christus, indem er noch mehr Gnade ausgießt. Das macht uns demütig. Es macht dich demütig, deine Schwachheit zu erkennen, und es macht Jesus Christus groß. Das ist die Schule, die wir durchlaufen.
Nun zur Treue des Herrn. Wir schauen auf Markus 14,28 und erinnern uns an unseren Hauptbibeltext, der die Verse 27 bis 31 umfasst. In diesem Abschnitt sagt Jesus seinen Jüngern, dass sie ihn verleugnen werden. Das ist eine Konfrontation.
Ich lese noch einmal Vers 27, denn er ist sehr wichtig: Jesus spricht zu ihnen: „Ihr werdet in dieser Nacht alle Anstoß nehmen“ und beschreibt dann, dass sich die Herde zerstreuen wird. Er sagt ihnen also, dass sie sündigen werden, dass sie Anstoß nehmen, vor ihm fliehen und in alle Richtungen zerstreut werden.
Doch seht ihr in Vers 28, was Jesus gleichzeitig macht? Während er seinen Jüngern sagt, dass sie ihn verlassen und gegen ihn sündigen werden, sagt er ihnen im gleichen Moment, wo sie ihn wiederfinden werden. Das ist das erste Element der Gnade, das hier durchscheint, trotz der Sünde der Jünger.
Christus weiß, dass Petrus ihn dreimal verleugnen wird. Er kennt auch Petrus’ Gefühle danach. Und im gleichen Moment sagt Jesus ihm, wo er ihn finden wird.
Wenn man heute mit einer Gruppe in die Nürnberger Innenstadt geht und sich nach einer halben Stunde wieder treffen will, kann man einfach einen Treffpunkt vereinbaren oder sich per Telefon oder Whatsapp verständigen. Damals war das ganz anders. Man brauchte unbedingt einen Treffpunkt. Man konnte sich nicht anrufen, und Brieftauben waren auch keine alltägliche Lösung. War man verloren, war man wirklich aufgeschmissen.
Jesus sagt seinen Jüngern: „Ihr werdet euch zerstreuen, wir werden uns verlieren, aber trefft mich in Galiläa.“ Wenn ihr im tiefsten Loch seid, kommt nach Galiläa und findet mich wieder. So wie Jesus schon jetzt sagt: Du bist noch gar nicht gefallen, aber ring dich wieder in die Beziehung mit mir.
Jesus weiß, dass er den Weg zum Kreuz allein gehen wird. Er weiß, dass Petrus ihn verleugnen wird, dass Petrus sagen wird: „Ich kenne ihn nicht, ich habe mit ihm nichts zu tun.“ Und doch reicht Jesus ihm im gleichen Moment diese versöhnende Hand. Das sehen wir in Vers 28: „Petrus, du wirst fallen, du wirst von mir getrennt sein, aber treff mich in Galiläa.“
Petrus musste wegen seiner Selbstsicherheit fallen. Er hatte viel zu lernen, weil er später einen großen Dienst übernehmen wird. Aber ich glaube nicht, dass Jesus ihn mit einem harten, unversöhnlichen Herzen angesehen hat. Vielmehr glaube ich, dass Jesus voller Mitleid mit Petrus war.
Jesus hat die ganze Zeit daran gearbeitet, das, was von Menschen zerstört wurde, wieder gut zu machen. Er wusste, wie sehr sich Petrus nach seinem Fall geschämt hat. Petrus begann zu weinen, ihm wurde sein Versagen bewusst, und er war zerbrochen. Er war traurig darüber, gegen Jesus gesündigt zu haben.
Vielleicht dachte Petrus die ganze Zeit während der Kreuzigung und auch während Jesus tot war, immer an seine Sünde. Er hatte schwer gegen den Herrn gesündigt. Jesus wurde weggeführt, und Petrus konnte kein Wort mehr mit seinem geliebten Herrn reden. Er konnte sich nicht mehr austauschen. Er sah, wie Jesus gekreuzigt wurde und ins Grab gelegt wurde. Die ganze Zeit war Petrus schuldbeladen.
Petrus hatte ein Gemüt voller Eifer, aber in diesem Moment auch voller Zerbruch und Schwachheit. Er hatte keine Möglichkeit, mit Jesus ins Reine zu kommen. Den, den er liebte, konnte er nicht mehr erreichen. So fiel er in ein geistliches Loch, ohne Ausweg. Christus war tot, Petrus war voller Schuld.
Doch dann gibt es diesen einen Lichtblick: Hat Jesus nicht gesagt, dass er ihnen nach Galiläa vorangehen wird? Gibt es nicht doch noch Hoffnung, ihn wiederzutreffen?
Die Einladung zur Wiederherstellung am Grab
Nun geht mit mir in Markus 16,5-7, und wir springen jetzt über die Kreuzigung hin zum Grab.
Wir halten diesen Moment fest: Petrus, der schuldbeladen ist, verdammt und nicht mit Christus im Reinen. Jesus kennt diesen Petrus sehr gut. Wir sehen, wie er ihn ständig persönlich angesprochen hat, auch schon im Garten Gethsemane, als alle Jünger geschlafen haben. Aber zu Petrus sagt er: „Petrus, du schläfst.“ Diese Geschichte beschreibt sehr stark das Zwischenmenschliche zwischen Jesus und Petrus.
Jetzt in Markus 16,5-7 – wir sind am Grab. Zwei Frauen kommen zum Grab von Jesus und sehen, dass er schon auferstanden ist. Sie sehen einen Engel sitzen. Achtet mal darauf, was dieser Engel den Frauen sagt. Dieser Engel spricht das, was Jesus möchte. Die Botschaft, die der Engel den Frauen jetzt gibt, ist im Grunde die Botschaft von Jesus.
Achtet besonders auf Vers 7. Wem gilt hier die besondere Beachtung? Der Engel sagt: „Aber geht hin und sagt seinen Jüngern, und wem noch? Dem Petrus, dass er euch nach Galiläa vorangeht. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.“
Spätestens jetzt merken wir, in welcher tiefen Traurigkeit und Selbstverdammnis Petrus gesteckt haben muss. Jesus spricht über einen Engel, über die Frauen, die Jünger im Allgemeinen, aber auch ganz besonders den Petrus an. Es ist nicht einfach nur die allgemeine Aufforderung an die Jünger, nach Galiläa zu gehen. Sondern es wird auch extra dem Petrus gesagt. Man kann sich vorstellen, dass Jesus sozusagen noch einmal zu Petrus geht, ihm die Hand auf die Schulter legt und sagt: „Du darfst auch kommen, lieber Petrus.“
Warum wird Petrus hier extra erwähnt? Wir sehen, wie gütig und sanft unser Herr Jesus Christus ist, wie er den glimmenden Docht nicht auslöschen will. „Sagt seinen Jüngern und besonders dem Petrus.“ Warum? Weil Petrus es braucht. Vielleicht hätte ihn die allgemeine Aufforderung, diese allgemeine geistliche Wahrheit, nicht angesprochen. Vielleicht hätte es ihm nicht gereicht, nur die allgemeine Wahrheit zu hören: „Wir sollen jetzt nach Galiläa kommen.“ Wahrscheinlich dachte Petrus: „Jesus meint alle, aber nicht mich. Ich habe ihn dreimal verleugnet, ich habe mich von ihm getrennt. Jetzt bin ich bestimmt getrennt von ihm. Was will er noch mit mir anfangen?“
Manchmal malt man sich aus, warum der Herr einen nicht mehr annehmen würde, wenn man in schwere Sünde gefallen ist. Jesus aber geht ganz besonders auf den Petrus ein.
Vielleicht bist du gerade heute, vielleicht auch gestern, letzte Woche oder nächste Woche, dreimal gefallen. Vielleicht bist du tiefer gefallen als alle um dich herum. Das kann wirklich so sein – vielleicht auch nur aus deinem Empfinden heraus. Du bist so tief gefallen, dass du keinen Frieden mehr hast. Vielleicht hat sich das über Monate gezogen, und du traust dich nicht mehr, dein Haupt zum Himmel zu heben.
Kennst du das? Du bist scheu, zum Thron der Gnade zu kommen. Das kann bei Christen passieren, dass sie scheu werden, in Gottes Gegenwart zu treten, weil sie ihr Versagen kennen – wie Petrus, der sein Versagen kannte.
Petrus ist uns hier ein gutes Beispiel. Vielleicht bist auch du gefallen, findest keinen Frieden mehr und denkst, Gott sei am Ende mit dir. Ich möchte dich ernstlich ermutigen: So wie Jesus den Petrus durch seinen Fall getragen hat – und wir werden gleich noch sehen, wie Jesus immer wieder in sein Leben eingegriffen hat – so trägt er auch dich.
So wie Petrus nach Galiläa kommen sollte, um wieder in Gemeinschaft mit Jesus zu treten, möchte ich dir zurufen: Du darfst zum Kreuz kommen. Komm zum Kreuz!
Es ist so: Als du gerettet wurdest, wusste unser Herr ganz genau, welche Sünden du begehst. Er wusste, wie oft du sie wiederholst – wie bei Petrus. Und weißt du, was er trotzdem getan hat? Er hat sich trotzdem für dich entschieden. Nicht nur das, er hat dich sogar vor Grundlegung der Welt erwählt. Er wollte genau dich.
Und er hat sich dennoch für dich entschieden – ihm ist alles aufgedeckt, und er wollte dich.
So ist die Anwendung für dich und für mich: Wir dürfen kommen. Wir dürfen wieder froh im Herrn werden. Petrus durfte nach Galiläa kommen.
Gott ist ein Gott, und wir sehen das so gut bei Petrus, der den Einzelnen sieht, der nicht nur die Gruppe sieht, sondern den Einzelnen sieht – dich in deiner Sündnot, in deinen Problemen, in deinen Schwachheiten.
Und wisst ihr was? Er liebt dich, trägt dich, geht dir nach, redet in dein Leben, baut dich wieder auf. Er stellt Petrus wieder in den Dienst und gibt ihm Verantwortung. Später wird durch eine Predigt von Petrus sich dreitausend Leute bekehren.
Die Jünger bleiben fern – Jesus holt sie ab
Nun müssen wir einen kleinen Gedankensprung machen. Wir kehren zurück zu dem Grab, wo der Engel mit den Frauen gesprochen hat. Dabei stellt sich die Frage: Lieber Engel, warum musstest du den Frauen am Grab überhaupt sagen, dass die Jünger endlich mal nach Galiläa kommen sollen?
Jesus ist auferstanden, drei Tage nach seinem Sterben. Vor seinem Sterben hatte er den Jüngern gesagt, sie würden sich zerstreuen, aber sie sollten ihn in Galiläa treffen. Die Logik wäre also gewesen, dass die Jünger sich sofort auf den Weg nach Galiläa machen.
Galiläa ist ungefähr 150 Kilometer Fußmarsch von Jerusalem entfernt. Das ist kein spontaner Weg, sondern ein Marsch von etwa drei Tagen. Drei Tage sind vergangen, seit Jesus auferstanden ist, und die Jünger sind nicht nach Galiläa gegangen. Sie gingen nicht dorthin, wo Jesus zu finden war.
Nun stellt sich die Frage, ob sie vieles einfach nicht verstanden haben. Aber der Punkt ist: Jesus hat ganz klar zu ihnen gesagt, sie würden sich zerstreuen, aber sie sollten ihn in Galiläa treffen.
Und so möchte ich fragen: Gehst du oft nicht dorthin, wo Jesus zu finden ist? Was tust du genau dann, wenn du gefallen bist? Was ist dein erster Weg? Suchst du sofort den Thron der Gnade? Oder setzt du dich erst einmal ein paar Tage auf die Strafbank, bis Gras über die Sache gewachsen ist, bis du vielleicht deine Motive in den Griff bekommen hast oder bis alles ein bisschen besser geworden ist?
Wissen Sie, wo die Jünger blieben? Sie blieben genau dort, wo sie die Gemeinschaft mit Jesus verloren hatten. Die Jünger sind nicht nach Galiläa gegangen. Wissen Sie, wo Jesus den Jüngern das allererste Mal begegnet ist? In Jerusalem.
Seht ihr, wie sie hätten nach Galiläa kommen sollen, es aber nicht taten? Und was tut Jesus? Er kommt dorthin, wo die Jünger sind, und geht ihnen nach. Er trifft sie das erste Mal in Jerusalem. Sie haben sich nicht aufgemacht, obwohl er es ihnen gesagt hatte. Und was tut er? Er holt sie genau dort ab, er geht auf sie zu und holt sie aus ihrer Not.
Schlagt mit mir Lukas 24,33 auf. Wenn man diese Geschichte im großen Zusammenhang sieht, erkennt man, wie sehr der Herr sich bemüht, sündige Jünger wieder in seine Gemeinschaft zu führen. Aber auch, wie gerne er das tut.
Lukas 24,33: Die Emmaus-Jünger standen in derselben Stunde auf und kehrten zurück nach Jerusalem, dorthin, wo die Jünger den Herrn verleugnet hatten. Wen fanden sie in Jerusalem? Die Elf und ihre Gefährten versammelt. Hier ist keiner in Galiläa.
Was müssen Sie diesen Jüngern sagen? Der Herr ist wahrhaftig auferstanden. Wenn ihr in Vers 36 schaut, tritt Jesus endlich in ihre Mitte. Jesus holt sie dort ab. Sie haben ihn vorher noch nicht gesehen, aber Jesus holt sie ab.
Schaut man in Vers 34, wem Jesus vorher schon begegnet ist: Bevor er allen anderen Jüngern begegnet, begegnet er Simon, dem armen Sünder Simon Petrus. Ist das Handeln von Jesus an Petrus nicht ein Beweis dafür, wie er sich um das Zerbrochene kümmert?
Ist es nicht ein Beweis dafür, wie er diesem Petrus nachgeht? Ist es nicht ein Beweis für die Freundlichkeit und die Gnade unseres Herrn Jesus? Wirklich, wie oft fallen wir? Viele von uns sind bestimmt wie Petrus: Sie hadern mit ihren Sünden, fallen in Sünde, sind danach traurig, voller Selbstverdammnis. Sie bekennen ihre Sünden, fühlen sich weiter schuldig, und ihre Beziehung zum Herrn ist nicht in Ordnung. So hat sich Petrus gefühlt – irgendwie eine Distanz zu Gott.
Während wir uns scheuen, zum Thron der Gnade zu kommen, macht sich Jesus selbst auf den Weg und ermutigt uns. Ja, so ist unser Herr Jesus.
Die Wiederherstellung am See von Galiläa
Nachdem Jesus dem Petrus immer wieder begegnet ist, zunächst durch die Frauen, die ihn am Grab angesprochen haben, und dann persönlich unter vier Augen, wie wir in Lukas 24,34 lesen, sehen wir, wie Jesus erneut auf Petrus zugeht – diesmal am See in Nazareth.
Wir kennen alle die dreifache Frage: „Petrus, hast du mich lieb?“ Nachdem Jesus ihn dreimal gefragt hat, erinnert sich Petrus an seine dreifache Verleugnung. Jesus arbeitet mit ihm seine Schuld auf. Doch jedes Mal, wenn Jesus Petrus fragt und dieser bejaht, ist es nicht so, dass Gott ihm Vorwürfe macht. Es klingt eher wie: „Hast du mich lieb?“ – „Ja.“ – „Aber wie konntest du nur?“
Was macht Jesus jedes Mal, nachdem er Petrus gefragt hat? Er gibt ihm neue Verantwortung: „Weide meine Lämmer“, „Weide meine Schafe“. Beim dritten Mal bricht Petrus schließlich zusammen.
Gott gibt ihm Verantwortung und sagt damit: „Petrus, ich bin mit dir nicht fertig.“ Und wir freuen uns darüber, dass wir so einen Gott haben, der mit uns nicht fertig ist – der mit dir nicht fertig ist.
Schlusswort: Die Lektion aus Petrus’ Leben
Ich bin am Schluss, dem Schlusswort. Heute ist es ein bisschen länger geworden, glaube ich, aber das halten wir aus.
Nun, was war zum Schluss das Ziel aus dieser ganzen Sache? Was sollte Petrus lernen?
Ihr wisst, Petrus hatte einen riesigen Dienst vor sich. Er wurde Apostel, predigte, und Tausende wurden gläubig. Er durfte zwei Briefe des Neuen Testaments schreiben. Eine Sache, die Petrus ganz sicher lernen musste, war, dass er in seinem Dienst niemals so selbstsicher sein durfte, wie er es kurz vor der Verleugnung war. Das durfte er einfach nicht.
Wir sehen hier sogar die Schule Gottes. Petrus musste lernen, dass alles, was er für Gott tat und was er war, nur aus Gnade geschah. Das musste Petrus lernen.
Nachdem Petrus gepredigt hatte und dreitausend Leute zum Glauben gekommen waren, konnte er doch nicht anders, als wirklich Gott anzubeten. Er staunte darüber, dass Gott durch den, der ihn dreimal verleugnet hatte, noch solche großen Dinge tat.
Jetzt kommen wir zurück zu Römer 5,20, und verstehen diesen Vers vielleicht ein kleines bisschen mehr: „Wo aber das Maß der Sünde voll geworden ist, ist die Gnade überströmend geworden.“ Das war bei Petrus so, als er ganz unten war. Dort ist die Gnade überströmend geworden.
Petrus konnte am Ende, als Gott durch ihn Großes getan hatte, nur noch anbeten, staunen und loben. Er war dankbar, dass Gott durch ihn, der ihn dreimal verleugnet hatte, noch solche Dinge tat.
Ohne diese Schule Gottes hätte es auch sein können, dass Petrus predigte, dreitausend Menschen gläubig wurden und er seine Rhetorik lobte. Vielleicht hätte er sich auf seinen engen Kreis berufen oder auf das, was er alles war. Das hätte auch die Frucht sein können.
Aber nachdem Petrus zerbrochen war und Gott ihn mit seinem Geist erfüllte, wie wir es in der Apostelgeschichte sehen, konnte er zu Gottes Ehre dienen.
Wir wollen daraus lernen: Wir sind zu allem fähig, aber wir brauchen Gottes Gnade jeden Tag. Gerade im Kampf gegen die Sünde oder auch in unseren Diensten dürfen wir niemals denken, dass wir ohne Gott Frucht bringen oder bestehen können.
Das ist die Anwendung für dich: Bei allem, was du tust – in der Schule, bei der Arbeit oder wo auch immer – dürfen wir niemals denken, dass wir irgendwie fähig wären, ohne Gott etwas zu erreichen.
Wenn wir fallen, wenn du gefallen bist, wollen wir heute genauso lernen, dass Gott ein gnädiger Gott ist, der uns begegnet und Mitleid mit unseren Schwachheiten hat.
Ich lese noch einmal: „Wo aber das Maß der Sünde voll geworden ist“, das war bei Petrus der Fall und vielleicht auch bei dir – ganz bestimmt bei dir. Dort ist die Gnade überströmend geworden.
Amen.
