Die nächsten vier Wochen sind rappelvoll. Deshalb gibt es wieder kurz gehaltene Vorträge.
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und ihr hört die Vorträge zum Titusbrief von der Jugendpfingstfreizeit der Allgäuer Gemeinden.
Einführung und Hintergrund zum Auftrag des Titus
Nach dem Eingangsgeplänkel folgt nun der Auftrag, den Paulus dem Titus gegeben hat. Deshalb ließ ich dich in Kreta zurück, damit du das, was noch fehlte, in Ordnung bringst und in jeder Stadt Älteste anstellst, wie ich dir geboten hatte.
Paulus ist weg, Titus befindet sich noch auf Kreta. Wo Kreta liegt, wisst ihr sicher alle: im Mittelmeer. Dort gibt es in den Gemeinden Dinge, die nicht in Ordnung sind. Konkret heißt es hier: „damit du das, was noch fehlte, in Ordnung bringst.“
In der Gemeinde gab es also Probleme. Man hatte bereits begonnen, diese Probleme zu lösen, war aber im Blick auf die Lösung nicht bis zum Ende gekommen. Eine wichtige Aufgabe, die hier ganz offensichtlich im Raum steht, ist, in jeder Stadt Älteste anzustellen.
Merkt euch bitte: Kreta bestand damals aus kleineren Stadtstaaten. Diese konnten auch nicht wirklich gut miteinander, es gab immer wieder Spannungen. Eine der Aufgaben, die Titus hier hat, ist, in den verschiedenen Gemeinden, die in den unterschiedlichen Städten lagen, Älteste einzusetzen.
Bedeutung und Rolle der Ältesten
Dieses Wort „Anstellen“ hier darf euch nicht verwirren. Es geht dabei nicht um ein Anstellungsverhältnis, wie wir es heute verstehen. Vielmehr geht es darum, Älteste einzusetzen. Ich glaube, ihr habt so eine ungefähre Vorstellung davon, was Älteste sind.
Älteste sind eine Gruppe von Männern, reife, geistlich gereifte Männer, die mit der Verantwortung betraut sind, die Gemeinde zu leiten. Das sind Älteste. An anderer Stelle werden sie auch Aufseher genannt. Dabei wird deutlich, worum es geht: Es geht nicht darum, dass Menschen diktatorisch oder tyrannisch von oben herab ihr eigenes Ding durchsetzen. Vielmehr werden Hirten eingesetzt, die dafür sorgen, dass die einzelnen Glieder einer Gemeinde – jeder einzelne Christ – die Förderung, Führung, aber auch den Schutz und die Versorgung erhält, die er braucht.
Das sind Älteste, und jede Gemeinde braucht gute Älteste. Wenn du eine Gemeinde mit guten Ältesten hast, mein Tipp: Feiere das und bete jeden Tag für sie. Der Ältestendienst ist nicht unbedingt ein einfacher Job. In der heutigen Zeit ist er vielleicht sogar noch anspruchsvoller als früher, weil viele Veränderungen hinzukommen und die Eigenwilligkeit der Menschen zunimmt.
Es macht nicht immer nur Spaß, mit Geschwistern Gespräche zu führen. Es gibt auch kritische Gespräche und manchmal merkwürdiges Verhalten. Sünde muss konfrontiert werden, und es müssen organisatorische Entscheidungen getroffen werden. Das ist nicht nur in Zeiten von Corona schwierig.
Deshalb bete für deine Ältesten. Als Jugendgruppe solltet ihr euch vornehmen, wenigstens zweimal im Jahr eine Postkarte an die Ältesten zu schreiben und euch herzlich für ihren Dienst zu bedanken. Einfach nur, weil es höflich ist, weil es ein Ausdruck von Liebe ist und weil es einfach dazugehört.
Menschen mühen sich für die Gemeinde. Die Bibel spricht im Titusbrief und im ersten Thessalonicherbrief davon, dass diejenigen, die sich mühen und vorstehen, doppelte Ehre verdienen – besonders viel Liebe, wie es im ersten Thessalonicherbrief heißt. Das muss man irgendwie ausdrücken. Deshalb macht das einfach.
Die Notwendigkeit guter Leitung in der Gemeinde
Das Problem besteht darin, dass Älteste fehlen. Wo Älteste fehlen, entsteht an dieser Stelle ein Problem. Dieses Leitungsvakuum wird dann von anderen Personen gefüllt.
Wenn niemand sagt, wohin die Gemeinde gehen soll, wenn niemand die Richtung vorgibt, kommen andere Menschen, die möglicherweise ungeeignet sind, und sagen: „Ja, ich habe eine Idee.“
Damit diese Personen möglichst keinen Einfluss auf die Gemeinde bekommen, braucht es gute Älteste.
Kriterien für Älteste im Titusbrief
Frage: Was macht einen guten Ältesten aus?
In Titus 1, Verse 6 bis 9, finden wir eine Liste mit Anforderungen an Älteste. Ihr könntet jetzt vielleicht denken: „Na ja, das betrifft doch eher die Brüder hier, die Schwestern können das ja ignorieren.“ Das ist aber falsch. Älteste sind im Grunde ganz normale Menschen. Sie sind nur ein bisschen verrückt, weil sie sich auf diese Aufgabe einlassen. Eigentlich ist ein Ältester zunächst jemand, der im geistlichen Leben eine gewisse Reife besitzt und als Vorbild taugt.
Was wir jetzt tun können und was ich mit euch machen möchte, ist, diese Liste gemeinsam durchzugehen. So bekommt ihr einzelne Punkte, bei denen ihr denkt: „Oh, das ist interessant, das sollte ich vielleicht noch lernen.“ Oder: „Bei diesem Punkt muss ich mir überlegen, wie ich weiterkomme.“ Also nicht abschalten und denken: „Schön, das ist ja Teamwork, ein anderer macht das schon.“ Das bitte nicht! Stattdessen solltet ihr zuhören und überlegen: Wenn reife Christen durch diese Punkte definiert werden, inwiefern trifft das auf mich zu? Und wo kann ich ganz einfach Reife lernen, indem ich mich an diesem Vorbild orientiere?
Am Anfang, in Vers 6, heißt es: „Wenn jemand untadelig ist.“ Untadelig bedeutet hier unbescholten – das heißt nicht perfekt oder sündlos, sondern dass es keine groben Sünden in seinem Leben gibt. Er hat die offensichtlichen Angriffspunkte und Versuchungen, die junge Christen oft zu Fall bringen, wirklich gemeistert.
Weiter heißt es: „Mann einer Frau.“ Das ist spannend, denn muss ein Ältester wirklich verheiratet sein? Meiner Meinung nach nicht. Wenn mich jemand fragt, woher ich das nehme, frage ich zurück: „Dürfte Jesus in deiner Gemeinde Ältester werden?“ Vielleicht ja. Ich stütze mich vor allem auf den Text „Mann einer Frau“, wörtlich „Ein-Frau-Mann“. Diese Formulierung ist merkwürdig. Warum schreibt man nicht einfach „Mann einer Frau“? Weil es nicht darum geht, dass derjenige einmal oder nur einmal verheiratet war oder mit einer Frau verheiratet sein muss.
Der Text geht vom Normalfall aus: In der damaligen Zeit war man verheiratet. Dann musst du dafür bekannt sein, dass du mit deinem Herzen als Ehemann an genau einer Frau hängst. Das ist ein Ein-Frau-Mann. Wer das genauer studieren will, findet eine umgekehrte Formulierung in 1. Timotheus 5,9. Dort wird von einer Witwe gesprochen, die eingeschrieben werden soll, und sie muss eine „Ein-Mann-Frau“ sein. Das bedeutet, sie musste dafür bekannt sein, dass sie ihrem Mann treu war, solange er lebte. Sie war also keine Flittchen.
Genauso darf ein Ältester nicht jemand sein, der dafür bekannt ist, mit anderen Frauen zu flirten oder bei dem man nie genau weiß, was da sonst noch läuft. Ein Ältester ist jemand, der an seiner Frau hängt, von ihr schwärmt und sich um seine Ehe kümmert. In diesem Sinne ist er ein Ein-Frau-Mann.
Das ist also ein moralischer Begriff, kein technischer im Sinne von „Du musst verheiratet sein“. Darum geht es gar nicht. Es geht um jemanden, der loyal und absolut integer im Umgang mit seiner Frau ist. Ein Vorbild, bei dem man sagen kann: Wenn du eine Ehe führen willst, mach es so wie er.
Abschluss und Ausblick
Das war es für heute. Mein Tipp: Lies das Kapitel im Titusbrief, das heute dran war, noch einmal in Ruhe durch. Lass dich von Gottes Geist inspirieren.
In der nächsten Episode geht es mit dem Titusbrief weiter. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
