Einführung und Kontext der Predigt
Hallo, ihr habt eine Bibel mitgebracht. Ohne sie kann man ja nichts werden, es sei denn, man hat alles im Kopf oder er hat sein Handy, Tablet oder ich weiß nicht, wo sonst, vielleicht in der Hosentasche.
Es geht um Apostelgeschichte 4,23 und die Folgen. Das Thema ist bekannt: Herr, gib uns Freimut, die Stimme zu erheben, auch wenn die Stimmung gegen dich ist. Mal sehen, was wir dazu finden.
Es heißt in Vers 23: „Und als man sie hatte gehen lassen, Johannes und Petrus, die Apostel nämlich, vom Hohen Rat, wo sie verhört worden waren, ...“
Hier kommen wir zu dem Punkt: Als man sie hatte gehen lassen, kamen sie zu den Ihren und berichteten, was die Hohenpriester und Ältesten zu ihnen gesagt hatten.
Lagebericht und die Bedeutung der Heilung
Erstens: Lagebericht – Worum ging es, was wurde berichtet?
Die Sache war ganz einfach. Auf wunderbare Weise gab es hier vorne irgendwo etwas zu tun. Passierte etwas? Wir schauen alle nur zu, Dramen sind gut. Wo war ich stehen geblieben? Lagebericht.
Ein Gelähmter war auf wunderbare Weise geheilt worden. Gesundheit ist die Hauptsache, Leben erweckt immer großes Aufsehen – so auch hier. Die Apostel allerdings waren sehr zielstrebig dabei zu sagen: Das darf nicht auf das falsche Konto gebucht werden. Es geht nicht darum, dass wir etwas getan haben oder so vollmächtig geworden sind, dass hier so gesegnet wird. Jesus allein ist der Grund.
Natürlich war es Diakonie, einem Kranken zu helfen, aber es ging ihnen um den klaren Text: Jesus allein ist der Retter. Was hier passiert ist, ist ein Hinweis auf ihn, und ihn braucht man allein. Er ist der Retter.
Großes Aufsehen, und die Regierung tut, was eine Regierung immer tun muss: Sie ist besorgt um Ruhe und Ordnung, denn das ist die erste Bürgerpflicht. Frieden muss gewahrt werden. Sie sorgen sich, dass das, was die Apostel verkünden, die Gesellschaft spaltet. Jesus allein ist der Retter.
Es gibt viele Wege, denn die Leute glauben auf unterschiedliche Weise, dass Jesus allein der Retter ist. Irgendwie will man mit dem Leben zurechtkommen. Ob sie in den Himmel kommen wollen, steht ja auch mal so dahin, aber irgendwie will man das Leben gewinnen. Und da gibt es viele Wege. Doch die Apostel sagen: Jesus allein ist der Retter.
Dann wurden sie verhaftet und verhört – das lesen wir in Kapitel 4. Die Frage war: Woher nehmen sie das Recht, im Namen von Jesus so etwas zu tun und zu sagen? Dann erklären sie – ihr müsst das Kapitel mal lesen, es ist sehr spannend – sie sagen: Im Namen, also im Auftrag von Jesus Christus tun wir das, den ihr gekreuzigt habt, den Gott von den Toten auferweckt hat. Durch ihn steht dieser hier gesund vor euch.
Und dann sagen sie: Es liegt uns daran, dass Klartext geredet wird. Denn es war nie anders als heute: Was auch immer passiert, was auch immer Hilfreiches geschieht, es ist immer mehrdeutig. Man kann es immer so und so interpretieren. Das war damals so und ist heute so. Und warum sollte das auch nicht sein?
Aber ihnen lag daran, dass es nicht verschieden interpretierbar ist, sondern eindeutig. Sie sagen dann diesen klassischen Satz: „Es ist in keinem anderen das Heil, Rettung“ – Soteria steht im Griechischen für Rettung. „Es ist in keinem anderen Rettung, auch ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen gerettet werden.“
Früher haben sie gesagt: Jesus, der Gekreuzigte, den Gott auferweckt hat – in ihm allein. Nun gut, das Gericht hört das. Die Regierung war zugleich das Gericht. Sie sahen den Freimut des Petrus und Johannes, wunderten sich, denn sie merkten, dass sie ungelehrte und einfache Leute waren. Sie wussten auch von ihnen, dass sie mit Jesus gewesen waren.
Sie sehen, dass da etwas passiert ist. Und was soll man schon Kritisches sagen, wenn einer geheilt wird? Da kann man sich doch nur mitfreuen. Aber dieser Begleittext, dieser spaltende Begleittext – das ist ja immer die Versuchung, ist ja bis heute so – dass man den weglässt. Denn natürlich wollen alle Hilfe in ihren Lebensproblemen, der Gesundheit und was man sonst so hat.
Aber den Aposteln lag daran. Das heißt: Du kannst fit wie ein Turnschuh sein und trotzdem in der Hölle landen. Du wirst verdammt werden in Ewigkeit, wenn du nicht Frieden mit Gott hast. Der Retter ist Jesus. Es reicht dir nichts, gesund zu sein, wenn du ihn nicht hast. Da lag Inhalt dran.
Deshalb hätten sie schweigen können. Sie hätten schweigen können und gesagt: Dann kommen wir wenigstens hier raus aus dieser prekären Situation mit der Regierung. Es hätte gute taktische Gründe gegeben, die man ihnen nicht hätte vorwerfen können. Nein, sie bestehen darauf: Es ist in keinem anderen Rettung außer in Jesus.
Und dann fragen sie sich: Was sollen wir nun mit diesen Menschen tun? Denn dass ein offenkundiges Zeichen durch sie geschehen ist, ist allen bekannt, die in Jerusalem wohnen. Wir können es nicht leugnen. Aber damit es nicht weiter einreißt unter dem Volk, wollen wir ihnen drohen, dass sie nicht mehr zu irgendeinem Menschen in diesem Namen reden.
Sie geboten ihnen jedenfalls, nicht mehr in dem Namen von Jesus zu reden oder zu lehren. Petrus aber und Johannes antworteten und sprachen: Urteil selbst, ob es vor Gott recht ist, euch mehr zu gehorchen als Gott. Wir können es ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gehört und gesehen haben.
Da drohten sie ihnen und ließen sie gehen, weil sie Angst vor dem Volk hatten, das das alles so positiv sah.
Gut, und dann kommt unser Text: Als sie nun hatten gehen lassen, kamen sie zu den Ihren und berichteten, was die Hohenpriester und Ältesten zu ihnen gesagt hatten. Das ist die Situation. Das ist der Lagebericht.
Man muss sich noch einmal klarmachen, warum die Aufregung bei der Regierung war, damit man sie nicht zu schnell verurteilt. Die Botschaft war: Kyrios Jesus, Herr ist Jesus, er allein. Und da zuckten alle, die es hörten.
Die Juden zuckten zusammen, weil „Herr“ auf Hebräisch „Adonai“ heißt – das ist Gott allein, Yahweh allein. Das klang nach Gotteslästerung, und das war absolut unakzeptabel: dass Jesus, der Gekreuzigte, den Gott angeblich auferweckt hatte, der Adonai, Herr sein soll, Gott sein soll. Das ist entweder Wahn, Wahnsinn oder Wahrheit. Eins, zwei oder drei – es geht nur. Man muss sich schon entscheiden.
Deshalb spaltet sich über dieser Botschaft immer die Hörerschaft – damals und bis heute.
Die, die nicht jüdisch geprägt waren, sondern mehr römisch-säkular damals, zuckten ebenfalls zusammen. Wenn sie Kyrios, Herr, hörten, wussten sie: Nur einer verdient diesen höchsten Titel – der Kaiser in Rom. Man durfte dem römischen Reich alles glauben.
Es gab kaum je eine Kultur, die so multireligiös und multikulturell war wie das römische Reich – vorausgesetzt, das oberste Gesetz galt, das letzte Sagen hatte der Kaiser. Und ausgerechnet die Christen erlauben sich als Taufbekenntnis zu sagen: Jesus ist Herr, Jesus ist Herr.
Wo auch immer diese Botschaft war, spaltete sie die Gesellschaft. Und das war nicht erst heute das Problem aller Regierungen. Im Römischen Reich sowieso, weil dort so viele Nationalitäten und Kulturen waren. Es war hochbrisant, diese Gesellschaft zusammenzuhalten.
Das ist bis heute das große Thema. Es gibt wahrscheinlich politisch kein aktuelleres Thema, als wie es gelingen kann, die Gesellschaft, in der wir heute leben – hier in Deutschland und Europa – zusammenzuhalten. Das ist die Aufgabe von Politikern. Dafür wählen wir sie. Das ist ihre Verantwortung, und das ist nicht einfach.
Daraus erwächst natürlich immer die Sorge der Regierenden, alles stillzuhalten, was spaltet, was den Zusammenhalt gefährdet. Da kannst du reden, was du willst, und natürlich heilten sie ja Kranke, sie redeten ja von Liebe. Aber sie sagten: Jesus allein. Und da hört der Spaß auf.
Ich rede von damals, nicht, dass du denkst, ich rede schon von heute, obwohl ich die Worte gar nicht austauschen muss. Es war immer das gleiche Problem.
Irgendwie merken sie, das funktioniert noch nicht, aber sie wollen nicht, dass es weiter einreißt unter dem Volk. Alles tun, um zu verhindern, dass die mit dieser Botschaft namhaft in die Öffentlichkeit kommen. Und das ist ihnen oft gelungen, die Christen in die Nischen und Winkel zurückzudrängen, so dass sie die Mehrheit der Öffentlichkeit nicht stören.
Die Christen haben da oft gerne mitgespielt, weil sie natürlich auch nicht den Nerv hatten, pausenlos die Störenfriede der Gesellschaft zu sein. Manche haben ja immer das Bedürfnis, auch als netter Mensch anerkannt zu werden. Und das ist ja nicht gerade karriereförderlich, wenn man als Enfant terrible durch die Gegend läuft, als Fanatiker, der dauernd die Leute stört.
Das alles berichten sie. Sie berichten ihrer Gemeinde, als sie zurückkamen, was die Hohenpriester und Ältesten zu ihnen gesagt haben.
Was macht man jetzt? Jetzt berät man sich? Nein! Wir lesen nichts davon, dass es eine Gemeindeberatung gab, was jetzt in dieser Situation zu tun ist. Sondern wir lesen weiter, Vers 24:
Als sie das hörten, erhoben sie ihre Stimme einmütig zu Gott und sprachen.
Das heißt, bevor es dann zu weiteren Beratungen kam, beteten sie gemeinsam. Und da komme ich später nochmal darauf zurück, dass hier ein Wort steht, das so kostbar ist, dass wir das als Studenten Theologie gleich lernen mussten im Griechischen. Es ist so einzigartig bei Lukas: Homotymodon – einmütig.
Einmütig heißt es hier: Als sie das hörten, erhoben sie ihre Stimmen einmütig zu Gott und sprachen.
Und jetzt achtet bitte: Das ist das Zweite, nachdem sie den Lagebericht gehört haben. Beten sie sich in die Lage hinein! Nicht nur, sie beten nicht nur in dieser Lage, sondern sie beten sich in die Lage hinein.
Wie geschieht das? Das ist hochinteressant. Ich möchte das jetzt buchstabieren und bitte, dass ihr das mitlest oder mithört, weil ich glaube, dass es nichts Aktuelleres gibt, als dem zu folgen, in welchen Situationen man auch ist – wie brisant oder weniger brisant, gefährlich oder vermeintlich nur gefährlich, ein bisschen schwierig oder nur peinlich oder was es ist.
Es ist ein absolutes Vorbild, wie man sich in solchen Konfliktsituationen verhält.
Als sie das hörten, erhoben sie ihre Stimme einmütig zu Gott und sprachen:
Herr, du hast Himmel und Erde und das Meer und alles, was darin ist, gemacht.
Also sie fangen an mit „Herr“. Heute fängt man Gebete oft mit „guter Gott“ an. Das ist ja auch nicht falsch theologisch, denn Gott ist sicher gut.
Nur damals war das Anstößige an der Formulierung „Herr“. Da flippten die Juden aus, und da flippten die Römer aus. Da sagten die Christen: Das aber ist der Punkt, er ist der Herr, er ist der Herr. Das heißt, ihm verdanken wir alles, er ist für uns gestorben und auferstanden, er vergibt uns unsere Sünden, und ihm allein gehorchen wir, vertrauen wir.
Er ist der Herr. Unser Taufbekenntnis heißt: Kyrios Jesus – Herr ist Jesus.
Und das mögliche selber: Ich will nichts dagegen sagen, dass man im Gebet anfängt mit „guter Gott“. Nur da, ich sage das schlicht, Meine Damen, ihr seid mir sehr sympathisch, aber ihr irrt.
Und die Männer sind ja oft die besseren Frauen: Ihr irrt auch.
Er ist und bleibt der Herr, und das ist durch nichts anderes zu ersetzen.
Und das machen sie im ersten Satz ihres Gebetes erst mal klar: Hier wird nicht verhandelt. Denn der Anstoß war, dass Jesus allein der Herr ist.
Und dann sagen sie erst mal „Herr“, und dann sagen sie: „Du hast Himmel und Erde gemacht.“ Das heißt, sie beten sich hinein, sie stellen erst mal klar, mit wem wir reden.
Wir reden hier mit dem Schöpfer des Universums. Nichts, was es gibt, ist ohne ihn da. Er ist der Schöpfer und Erhalter.
Dann geht es weiter. Das ist also das Erste, damit man die Perspektiven richtig rückt: Zu wem reden wir, wer hat hier das Sagen? Denn es ging ja letzten Endes um die Frage, wem wir gehorchen.
Die Regierung hat ja auch gute Gründe. Eine Gesellschaft, die den Zusammenhang anordnet, hat ja auch gute Gründe. Es ist ja nicht so, als ob das einfach Willkür wäre und ohne Logik und ohne Berechtigung.
Man muss ja begründen, wenn man sagt: Auf dich höre ich und auf dich höre ich nicht. Da muss man schon wissen, warum.
Deshalb sagen sie: Du bist der Herr, weil du uns geschaffen und erhalten hast, und das ganze Universum. Deshalb werden wir auf niemanden anders hören als auf dich.
Und dann nicht nur das: Du hast durch den Heiligen Geist, durch den Mund unseres Vaters David, deines Knechtes, gesagt – und jetzt zitieren sie Psalm 2, den berühmten Messiaspsalm, die Verse 1 und 2:
„Warum toben die Heiden und die Völker nehmen sich vor, was umsonst ist? Die Könige der Erde treten zusammen und die Fürsten versammeln sich gegen den Herrn und seinen Christus.“
So das Zitat.
Und jetzt im Gebet nehmen sie dieses Zitat in Anspruch. Wahrhaftig: Sie haben sich versammelt in dieser Stadt gegen deinen heiligen Knecht Jesus, den du gesalbt hast. Herodes und Pontius Pilatus mit den Heiden und den Stämmen Israels tun, was deine Hand und dein Ratschluss zuvor bestimmt hatten, dass es geschehen soll.
Sie beten sich in die Lage hinein. Nicht nur, dass er der Schöpfer ist, der der Herr ist, das Universum geschaffen hat, sondern er ist auch der Herr der Geschichte.
Woran erkennen sie, dass er der Herr der Geschichte ist? Er hat angekündigt, dass die Völker und die Machthaber sich gegen den Messias Gottes aufmachen werden, Terror machen werden, Widerstand leisten werden.
Ja, sagen sie, das hat er so angekündigt. Und genau das passiert: Pontius Pilatus, Herodes, der Hohe Rat – alle, die Macht haben, meckern gegen Jesus und bestreiten, dass er der Herr ist, dass er und sein Wort gilt über alles, was man sonst noch sagen könnte.
Was sehen wir? Es passiert nur das, was er angekündigt hat.
Nuthe hat mal gesagt: Auch der Teufel ist Gottes Teufel. Das ist ja eine ziemlich gewagte Theologie. Will sagen: Selbst was der Feind Gottes macht, muss letzten Endes dem Plan Gottes dienen.
Deshalb ist nicht gut, was die Feinde Gottes machen. Das wird damit nicht gerechtfertigt.
Aber niemand soll glauben, dass jemand ein Feind Gottes sein könnte und gegen Jesus und seine Leute sein könnte und dass er letzten Endes damit zum Ziel kommt.
Er muss immer zum Schluss den Zielen dienen, die Gott vorhat.
Und das sieht die Gemeinde erst mal, weil sie die Bibel gelesen hat. Bibelleser verstehen mehr. Sie verstehen den Zusammenhang.
Sie nehmen die Namen Pontius Pilatus, Herodes, diese schrägen Vögel, die es damals gab, und auch die jüdische Regierung, und sagen: Was müssen die tun? Die wollen uns kaputt machen, aber sie können nichts anderes tun, als was Gottes Wort angekündigt hat.
„Warum toben die Heiden und die Völker nehmen sich vor, was umsonst ist? Die Könige der Erde treten zusammen und die Fürsten versammeln sich gegen den Herrn und seinen Christus.“
Das heißt, das ist das Zweite: Sie beten sich in die Lage hinein.
Deshalb beten sie – und deshalb beraten sie nicht nur. Denn in der Beratung ist die Gefahr, dass man die Bedingungen, die Umstände analysiert und sagt: Was sagen die, und was haben die für Gründe? Muss man das nicht auch hören? Und was ist unsere Situation? Wie gehen wir jetzt damit um?
Das wäre ja alles gescheit. Aber sie beten sich in die Lage hinein, weil sie sagen: Wenn wir die Lagebeurteilung vornehmen und zunächst das Zentrum der Welt betrachten – den Herrn, der das Universum geschaffen hat –, ihn rufen wir an.
Über ihn kann man nicht nur in der dritten Person reden. Gott ist nicht nur ein Objekt. Das eigentliche Reden über Gott geschieht in der zweiten Person, im Gebet.
Deshalb beten sie zum Schöpfer als dem Herrn und zum Herrn der Geschichte, der im Wort der Heiligen Schrift angekündigt hat, was passieren wird, sodass man die damalige Zeit – Pontius Pilatus, Herodes usw. – einordnen kann.
Es geschieht vor unseren Augen, was er angeht. Sie können nichts anderes tun.
So weit geht es zunächst einmal.
Und dann kommt die Bitte. Und darum geht es jetzt.
Und nun, Herr, Vers 29:
Und nun, Herr, sieh an ihr Drohen und gib deinen Knechten mit allem Freimut zu reden dein Wort. Strecke deine Hand aus, dass Heilungen und Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Knechtes Jesus.
Als sie gebetet hatten, erbebten die Städte, wo sie versammelt waren, und sie wurden alle vom Heiligen Geist erfüllt und redeten das Wort Gottes mit Freimut.
Gib uns Freimut! Ein so kostbares Wort, das Luther in der deutschen Sprache erfunden hat. Es gab es vorher nämlich nicht.
Leicht zu erkennen, zusammengebastelt aus den Worten Freiheit und Mut. Er suchte nämlich eine Übersetzung für das hier stehende griechische Wort Parresia.
Parresia ist ein wunderbares Wort, kommt häufiger vor im Neuen Testament, zum Beispiel im Hebräerbrief Kapitel 10. Dort heißt es einmal, dass wir den Zugang haben, die Freiheit zum Zugang ins Allerheiligste, zu Gott, dem Allerheiligsten, durch das Blut des Messias Jesus, dem Gekreuzigten.
Da steht Parresia – die Freiheit zum Zugang ins Allerheiligste durch den Gekreuzigten Jesus.
Dann bedeutet es die Grundfreiheit, die Gott schenkt.
Und dann bedeutet Parresia Redefreiheit – aber Redefreiheit im objektiven und im subjektiven Sinne.
Was heißt das? Redefreiheit im objektiven Sinne ist: Es steht im Grundgesetz als Grundrecht für jeden deutschen Staatsbürger, das Grundrecht auf freie Rede. Das ist ein verbrieftes Grundrecht, steht schwarz auf weiß.
Das ist objektiv gewährt – ein Recht, das gewährt ist, auf das ich mich berufen kann, das geschützt ist, das ich einklagen kann. Das ist objektive Redefreiheit.
Aber jetzt gibt es auch eine subjektive. Das heißt, dieser tatsächlichen Redefreiheit, die da gewährt ist, muss ja nicht entsprechen, dass ich mich auch innerlich frei fühle, meine Meinung zu sagen.
Man könnte eine Schere im Kopf haben und einen Kloß im Hals, Rücksicht nehmen auf dies und das, und man hat auch Last und so weiter und so fort.
Und das griechische Wort Parresia steckt beides: die objektive Redefreiheit und auch diese subjektive.
Und Luther übersetzt das wunderbar und nennt es Freimut.
Nicht nur, dass ich tatsächlich die Erlaubnis habe, von irgendeiner Instanz, die dafür zuständig ist oder nicht zuständig ist, jedenfalls das erlässt, objektiv Redefreiheit zu gewähren oder nicht zu gewähren.
Sondern dass ich auch persönlich, innerlich die Freiheit spüre und den Antrieb habe, den Mut, ein freies Wort zu sagen.
In der deutschen Sprache ist das so, dass wir, wie oft so in der Übersetzung, sagen: Es gibt Begriffe, die kann man nicht mit einem Wort übersetzen. Man muss sich für das Objektive oder Subjektive entscheiden.
Luther hat gesagt, Freimut ist vielleicht das Wichtigste hier, aber es geht um beides.
Denn das war ja der Konflikt: Die Regierung hat der Rede ein Verbot erteilt, dass sie nicht mehr zu den Leuten reden.
Dass dem Volk nicht einreißt, dass es nicht öffentlich bekannt wird. Es war ein Redeverbot erteilt.
Und muss man ihm gehorchen? Ja, muss man. Die Obrigkeit ist von Gott und so weiter.
Gibt es vielleicht auch gute Gründe? Der hätte noch sagen können: Ja, das ist vielleicht ein Hinweis von Gott. Wir sind in den letzten Wochen so wahnsinnig gewachsen, wir sind jetzt zehn hier in der Gemeinde, es sind immer so Großveranstaltungen. Jetzt sollen wir nicht mehr öffentlich reden, sondern jetzt machen wir kleine Zellgruppenarbeit, damit uns die Masse nicht oberflächlich wird. So hätten sie doch sagen können.
Hätte ich wahrscheinlich gesagt, wenn ich da in der Gemeindeleitung gewesen wäre.
Ich hätte gesagt: Dieses Redeverbot von der Regierung ist sicherlich ein Hinweis Gottes, dass wir uns jetzt mehr nach innen in den Hauskreisen konsolidieren sollen und nicht dauernd in den Großveranstaltungen in den Tempelhöfen mit Tausenden neue Menschen evangelisieren.
So können wir gar nicht weiterarbeiten.
Sagen sie nicht.
Sondern sie sagen: Herr, bestimme du, was dran ist, und gib uns Redefreiheit. Gib uns Redefreiheit!
Was machen sie? Sie gehen in dieser Situation zur höchsten Instanz, machen sich klar, bei allem Respekt vor der Regierung – die hat ja ihre Bedeutung –, Christen sind selten Revolutionäre gewesen, eigentlich immer gute Staatsbürger.
Aber hier ganz schlicht, ohne jede ideologische Revolutionsschulung, schlichte Leute, Fischer vom See in Nazareth, sagen doch selbst!
Sie sagen das ja zweimal, in Kapitel 4 und 5: Sagt doch selbst, ob es recht ist vor Gott, dass wir euch mehr gehorchen als Gott.
Wir können es nicht lassen, von dem zu reden, was wir gehört und gesehen haben.
Und in Kapitel 5, als es dann später wird, sie kriegen ja noch mal Prügel, sie werden wirklich ausgepeitscht und bekommen nochmal Redeverbot.
Dann sagen sie noch einmal, in Kapitel 5, Vers 29, nachzulesen:
Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Punkt. Schluss.
Und diese Redefreiheit haben sie sich erbeten. Die ist nicht von selbst gekommen.
Sie haben nicht gesagt: Dann machen wir jetzt aber mal was.
Sondern sie haben sich hineingebetet in die Lage und gesagt: Wir wollen wichtiger nehmen, dass er der Herr ist, der Schöpfer des Universums, dass er der Herr der Geschichte ist, dass er der Mann vom Kreuz ist, der Knecht wurde, um unserer Willen unsere Last getragen hat, den Gott bestätigt hat in der Auferweckung.
Er hat das Recht zu erteilen, Redefreiheit oder Redeverbot.
Wir bitten dich, Herr, sieh an ihr Drohen, ringsherum Drohkulisse!
Jetzt gib uns Redefreiheit!
Und dann tut er es. Gott macht es. Sie können es gar nicht machen.
Sie beten, und dann heißt es ja: Sie sagen, du musst es bestätigen.
Wir können es nicht bestätigen. Es kommt nicht aus uns.
Du musst Zeichen und Wunder tun, du musst es bestätigen. Haben wir nicht in der Hand.
Und dann wackelt die Bude.
Heißt es da nicht: Als sie gebetet hatten, erbebten die Städte, wo sie versammelt waren.
Sie wurden alle vom Heiligen Geist erfüllt und redeten das Wort Gottes mit Freimut.
Er tut es, und sie tun es auch. Jetzt gehen sie weiter.
Ich habe vor kurzem eine große Ermutigung erfahren.
Eine junge Frau – ich habe das im Internet gesehen – bekam einen Weihnachtsgruß mit dem Hinweis darauf.
Da war ein Video vom Younger Leaders Gathering der Internationalen Lausanner Bewegung für Weltevangelisation in Jakarta.
Da waren jüngere leitende Leute weltweit aus den Gemeinden.
Da war ein Video von Faden Nouri.
Einer Frau, die jetzt wahrscheinlich Ende 30 ist, aus dem Iran.
Ich habe, ihr könnt es unter YouTube finden, im Internet gar nicht einfach, Faden, Laden, Laden, wieder Laden, nur mit Laden, Nouri, N-O-U-R-I.
Eine ganz normale Frau.
Mit 26, im Jahr 2006, kommt sie zum Glauben an Jesus.
Sie ist Muslimin. Ihre Cousine ist Christin geworden und hat sie eingeladen.
Sie geht in die Gottesdienste mit, in die Hausgemeinden.
Sie beobachtet die Christen, wie sie beten, und sie sieht diese Art und Weise der herzlichen, gemeinschaftlichen, vertrauensvollen Gebete.
Sie geht acht Monate mit in diese Gottesdienste und betet dann auch.
Sie sagt: Ich bin und bleibe Muslim.
Ich habe eine Sehnsucht, so herzlich und so vertrauensvoll beten zu können, wie diese Menschen hier beten.
So macht sie die Erfahrung, dass sie kapiert: Ich bin ein Sünder, ich brauche Vergebung der Sünden.
Und sie findet in Jesus, im Gekreuzigten, den Herrn ihres Lebens und darf durch Jesus zu Gott Vater sagen.
So vertrauensvoll zu beten, so voller Freude, so geborgen zu sein, das verändert ihr Leben.
Sie ist iranische Mittelschicht, eine kluge Frau.
So bekehrt sie sich zu Jesus.
Der Pastor dieses Hauskirchennetzwerks schickt sie auf eine Bibelschule in die Türkei.
Während dieser Zeit wird ihr klar: Gott beruft mich, meinem Volk im Iran zu dienen.
Sie wollte eigentlich gar nicht zurück in den Iran, weil es so schwierig war, Jesus in diesen Hausgemeinden zu folgen.
Das gesellschaftliche Klima war sehr fein, die Verfolgung offensichtlich.
Sie ging zurück und arbeitete mit anderen zusammen in den Parks von Teheran und sprach Menschen an.
Sie berichtet, dass es unglaublich ist, wie hungrig die Leute sind.
Von zehn Leuten, die bereit waren, mit ihr überhaupt zu sprechen, wären neun auch bereit gewesen, sich erklären zu lassen, warum Jesus der Retter ist und das Evangelium aus der Bibel zu erfahren.
Eine Leidenschaft.
Sie bauen Hausgemeinden.
Im Jahr 2010 redet der oberste Führer des Iran in einer öffentlichen Rede davon, dass die Hausgemeinden der Feind des iranischen Volkes sind.
Er setzt eine Welle der Verfolgung ein.
Aus diesem Netzwerk werden sechzig Mitarbeiter verhaftet.
Dann hört sie von einer Freundin: Du stehst auch auf der Liste, sie suchen dich.
Mit ihrer Mutter, die inzwischen auch Christin geworden ist, beten sie voller Verzweiflung: Was sollen wir tun? Weggehen, fliehen? Gibt es die Möglichkeit?
Dann bekommt sie einen Anruf von der Polizei. Sie soll sich morgen an der Polizeiwache melden.
Voller Verzweiflung betet sie mit ihrer Mutter.
Das Gebet heißt: „Herr, was sollen wir tun? Du bist der Herr, was sollen wir tun?“
Sie geht am nächsten Tag zur Polizeistation und wird dort wie erwartet verhaftet.
Sie kommt in eines der üblen Gefängnisse von Teheran.
Ihre Zelle ist zwei Meter mal anderthalb.
25 Tage sitzt sie dort.
Die Verhöre sind erbärmlich, schrecklich, einschüchternd.
Sie ist erschöpft.
Bei einem der Verhöre – ihr müsst die Antwort nicht mehr aufschreiben – gelingt es ihr, den Bleistift mitzuschmuggeln in ihre Zelle.
Sie hat ja alles abgenommen.
Plötzlich schenkt Gott ihr, dass ihr Bibelworte einfallen.
Und wenn ihr ein Bibelwort einfällt, schreibt sie es mit dem Bleistift an die Wand für sich und betet: Herr, wenn jemals ein anderer hier reinkommt, lass sie diese Worte lesen.
Und sie sagt in diesem Bericht auf der Konferenz in Jakarta: Lernt die Bibel auswendig, lernt die Bibel auswendig, ihr wisst nicht, was kommt.
Ich brauchte die Worte Gottes, und er hat sich erbarmt.
Ich kannte nicht genug, er hat sie mir geschenkt, und ich habe alles aufgeschrieben, woran ich mich erinnerte.
Aber dann sagt sie, sie war so total erschöpft, sie konnte überhaupt nicht mehr.
Sie hat geschrien in ihrer Zelle: Herr, erbarme dich, ich kann nicht mehr!
Sie hatte Sorge um ihre Gemeinde, ihre Familie, um sich selbst, dass sie allem absagt.
Und dann war es plötzlich, als ob Gott selbst sie in die Arme schließt.
Eine tiefe Stärkung und Erfrischung kam über sie.
Eine Ermutigung, eine tiefe Freude und Geborgenheit.
Die Herrlichkeit des Herrn erfüllt meine Zelle.
Als sie freikam aus dem Gefängnis, erzählte sie ihrer Gemeinde dies.
Dann sagte ihre Mutter: Wann war das? Sag uns den Tag, sag uns die Stunde, wie du so gebetet hast.
Sie rechnete das zurück und sagte: Weißt du, das war der Augenblick, an dem wir hier zusammen saßen und zu Gott geschrien haben: Herr, lass sie deine Umarmung spüren, jetzt, jetzt!
Das war der Augenblick: „Herr, sieh an ihr Drohen und gib deinen Knechten mit einem Freimut zu reden dein Wort.“
Soweit dieser Text.
Und meine Verlegenheit ist, dass ich jetzt sagen muss: Das alles ist doch nicht unsere Lage.
Das ist doch nicht unsere Lage.
Es passt doch überhaupt nicht für uns.
Was machen wir denn mit diesem Text?
Wir sind von Freiheit verwöhnt.
Alles kannst du machen und sagen in diesem Land.
Für nichts kommst du ins Gefängnis.
Du hast die höchste Schere im Kopf, aber niemand hindert dich, in aller Klarheit und Wahrheit öffentlich zu sagen, was Gottes Wort dir sagt.
Du kannst öffentliche Veranstaltungen machen, niemand verbietet es uns.
Alle unsere Freiheitsrechte sind garantiert und gewährt.
Aber unsere Freiheit hat uns verwöhnt.
Und wir sind auch etwas wehleidig geworden und etwas beifallssüchtig.
Und wenn die Leute nicht schon alle ausklatschen, dann fühlen wir uns schon verfolgt.
Und wenn nicht alle von uns sagen, dass wir toll sind und der Daumen hoch geht, dann wagen wir schon gar nichts mehr zu sagen.
Ja, es ist wahr: Die Stimmung kippt.
Es ist nur die Stimmung.
Es ist nur die Stimmung.
Es ist nichts an den äußeren Rahmenbedingungen, das in unserem Land auch nur annähernd unser Leben und Glauben schwieriger macht, so wie das in einer großen Zahl von Ländern heute weltweit der Fall ist.
Aber die Stimmung kippt.
Wir spüren es.
Und du spürst das vielleicht auch, wenn du sagst: Herr ist Jesus, hört ja schon die Hälfte der Leute nicht mehr zu.
Wenn du sagst: Er allein ist der Retter und in keinem anderen, hört dir die nächste Hälfte nicht mehr zu, die sagt: Rettung brauche ich nicht.
So schlimm steht es nicht um mich.
Im Kern ist der Mensch gut.
Hilfe brauchen wir alle.
Fehler haben wir alle.
Wir sind alle schwach.
Aber im Grund ist der Mensch gut.
Wenn wir uns bemühen und wenn Gott uns segnet, wird es schon werden.
Nein, sagt die Bibel: Du bist verloren und verdammt in Ewigkeit wegen deiner Sünde.
Wegen deiner Gottlosigkeit, der arroganten Gottlosigkeit.
Was tue ich denn?
Es geht nur darum, dass du selbst Gott sein willst.
Das ist doch das von A bis Z heute.
Ich bestimme mein Leben selbst.
Meine Zeit gehört mir.
Mein Bauch gehört mir.
Mein Körper gehört mir.
Mein Leben gehört mir.
Mein Sterben gehört mir.
Ich bin ein selbstbestimmter Mensch und habe das Recht, zu bestimmen, wie ich lebe.
Das ist die Grundphilosophie unserer Zeit.
Ja, sagt er, und darum geht's.
Du bist ein Dieb an Gottes Eigentum.
Du gehörst Gott.
Vorhin haben wir Psalm 24 gehört.
Der erste Satz heißt: „Die Erde ist des Herrn und alles, was darin ist.“
Der ganze Laden gehört Gott.
Dein Körper gehört Gott.
Deine Zeit gehört Gott.
Dein Geld gehört Gott.
Deine Ängste, deine Sehnsüchte – alles gehört Gott.
Nein.
Da kippt die Stimmung.
Da kippt die Stimmung.
Und Jesus hat gesagt: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher ins Reich Gottes kommt.
Da kippen alle weg, die reichen Götzen an, die in unserer Wohlstandsgesellschaft sagen: Was ich besitze, das macht's aus.
Ich habe doch kein Recht darauf.
Nein, sagt die Bibel: Was du bist und was du hast, dein Vermögen und dein Geld gehören Gott.
Das ist Bekehrung.
Und die Frage ist nicht, wie viel ich von meiner Zeit und meiner Kraft und meinem Geld Gott abgebe.
Je mehr ich gebe, desto frömmer bin ich? Nein, das ist religiös.
Bekehrung heißt: Ich begreife, alles, was ich bin und habe, ist Gottes Eigentum.
Ich will es ihm nicht mehr rauben.
Ich will es ihm zurückgeben.
Ich bekehre mich, und er ist mein Eigentum.
„Herr, was soll ich machen mit meinem Eigentum?“
Dazu seid ihr ja hier.
Ihr seid ja hergekommen zu Yumiko, um zu sagen: Herr, hier bringe ich dich mit Leib und Leben, mit Karriere und Zukunftssehnsüchten.
Wo ist mein Platz in dieser Welt? In welchem Kontinent, in welchem Land, in welchem Dienst, wo?
Das wird ein spannender Tag.
Wenn du diesen Tag erlebst, in der Bekehrung deines Lebens, alles gehört dir.
Verstehe ich.
Und wo du diese Botschaft heute sagst: Allein Jesus.
Da kippt die Stimmung.
Da kippt die Stimmung.
Und das spaltet sich, und das ist ungemütlich.
Angegeben, was wir dann tun können.
Jetzt muss ich euch sagen: Leider haben wir nicht mehr die Situation wie damals.
Denn die Antwort der Gemeinde auf den Konflikt, den ersten Konflikt, den die Gemeinde mit einer Regierung hatte, ging um die öffentliche Verkündigung des Evangeliums, die öffentliche Evangelisation.
Das Private hat ihnen keiner verboten.
Die Antwort war: Sie kommen zusammen und beten einmütig.
Und ich sage euch: Das Schwierigste in unserer Situation ist nicht, dass unsere Regierung uns irgendetwas verbietet und dass der gesellschaftliche Druck so stark ist, dass irgendetwas der Mehrheit nicht gefällt.
Das ist nicht das Problem.
Da geht es uns sehr komfortabel.
Unser größtes Problem ist, dass wir keine Einmütigkeit in der Gemeinde haben.
Die Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, spalten die Gemeinde.
Das ist unser Problem.
Was sollen wir tun?
Wir könnten tun, dass wir die Gemeinde nicht verletzen.
Sondern die Gemeinde nicht verletzen.
Was sie getan haben.
Wir beten zu Gott und erinnern uns: Ja, du bist der Schöpfer, du bist der Herr der Geschichte.
Und dann schlage ich vor, dann lesen wir Psalm 2 und anschließend lesen wir vielleicht Apostelgeschichte 20.
So lese ich in deinem Wort: Apostel Paulus verabschiedet sich von den Ältesten der Gemeinde in Ephesus und sagt zu ihnen:
„Ich weiß, dass nach meinem Abschied reißende Wölfe zu euch kommen, die die Herde nicht verschonen werden.
Auch aus eurer Mitte werden Männer aufstehen, die Verkehrtes lehren, um die Jünger an sich zu ziehen.
Darum seid wachsam!“
Nun gibt es eine neue Lutherbibelübersetzung.
Die ist ja, kann man so oder so beurteilen, aber sie hat eine Besonderheit.
Da unterscheiden sich die Leute.
Aber sie wollen sich doch eben positiv würdigen.
Da sagt jemand: Wo früher „liebe Brüder“ stand, da steht jetzt immer „liebe Brüder und Schwestern“, weil die Schwestern das heute nicht mehr so gerne haben, als Brüder angeredet zu werden.
Und natürlich haben die Übersetzer festgestellt, auch damals haben die schon gemeint, immer wenn die Brüder angeredet haben, waren auch die Schwestern mitgemeint.
Recht haben sie!
Also steht da jetzt überall in der neuen Übersetzung: „Liebe Brüder und Schwestern.“
Nur ganz konsequent ist es nicht.
Dann hätten sie das auch hier übersetzen können, aus „auch aus eurer Mitte werden Männer aufstehen, die Verkehrtes lehren, um die Jünger an sich zu ziehen.“
Warum sind hier nur noch Männer?
Da gibt es Prälatinnen und Pfarrerinnen und jede Menge Theologieprofessorinnen, die mindestens so viel wie Männer irres Zeug verzapfen und gegen Gottes Wort und gegen Gottes Gebote.
Christ, du heute pünktlich?
Wenn du nach Stuttgart kommst, wirst du bedient.
Das ist unglaublich.
Zum Frühstück bekomme ich dann schon die Stuttgarter Zeitung auf den Tisch.
Und von diesem Wochenende ließ sich der Stuttgarter schließen, sich der Kirchenrevolte anzuschließen.
Da wird dann verkündet, dass alle vier Prälaten der württembergischen Kirche und bis auf zwei Dekane alle Dekane der Stuttgarter Prälatur sich jetzt angeschlossen haben und der Kirchenleitung gesagt haben, es müssten jetzt, trotz – obwohl die Synode das abgelehnt hat, zwar nur knapp mit zwei Stimmen –, öffentliche Segnungen für homosexuelle Paare möglich sein.
Und da schreibt die Prälatin, wird jetzt zitiert, dass sie sich freut über das einmütige Signal der Dekane.
Auf den Blick dachte ich: Alle Dekane?
Ich war mal auf der Dekanatskonferenz hier.
Dekanatskonferenzen sind, glaube ich, 17 oder 18.
Zwei Dekane sind nicht mit dabei.
Die werden hier genannt: der Dekan von Bernhausen und der Dekan von Marbach, also Rainer Kies und Dr. Werner Neuhoff.
Alle anderen.
Aber die sind Schwänze.
Was passiert jetzt mit denen?
Hätten die damals nicht gebetet, Pontius Pilatus und Herodes hätten sich zusammen gerottet.
Hätte ich heute Morgen in Stuttgart nicht all diese Namen gesetzt.
Aber weil das alles so verrückt ist, sage ich das.
Was sage ich das?
Was macht ihr denn da?
Wer schweigt, der fördert, was im Gange ist.
Ja, man muss den Frieden halten.
Sie halten den Frieden nicht.
Wir wären in unserem Gewissen beeinträchtigt.
Leute ausgegrenzt.
Die gleichgeschlechtlichen Paare leiden ganz furchtbar darunter, dass sie nicht öffentlich gesegnet werden.
Das steht hier drin.
Sie klagen eine ganze Seite lang heute in der frischesten Ausgabe der Stuttgarter Zeitung.
So.
Ich bitte Sie einfach: Die Frage ist ja ganz schlicht: Wer macht eigentlich das Maul auf hier?
Ab wann wird eigentlich geredet?
Und wer hilft eigentlich den beiden Dekanen, den beiden Letzten, die jetzt noch aufstehen, und stärkt sie und sagt: Nun tretet hin, ihr seid nicht alleine.
Ah, man muss ja gucken.
Vielleicht kriegen wir doch noch eine Lösung hin und Frieden haben.
Wir haben nicht gesagt, da hilft doch, dass wir auf jeden Fall zusammenbleiben, auch mit allen, die gottloses Zeug verkünden.
Sondern: Herr, gib uns Freimut zu reden dein Wort.
Ich sage: Wir haben alle Freiheit heute.
Niemand tut dir was, wenn du offen aussprichst.
Es mag sein, dass du nicht mehr von so vielen Seiten Beifall klatschst.
Aber niemand tut dir was.
Die Schere haben wir im Kopf.
Die Feigheit sitzt uns in den Knochen.
Das Rückgrat brechen wir uns selber.
Wir haben den Mann vom Kreuz im Kreuz.
Solange wir ihn im Kreuz haben, bricht uns niemand das Rückgrat.
Und die Frage ist, ob wir dieses Gebet kennen:
„Herr, sieh an ihr Drohen, sieh an ihr Drohen und gib deinen Knechten Freimut zu reden dein Wort.“
Nur sagen mir meine Freunde: Wir evangelisieren doch.
Wir wollen doch zu Jesus einladen und nicht um Homosexualität und so.
Zu welchem Jesus wollen wir eigentlich einladen?
„Ja“, sagen wir, „Jesus allein, was Christus treibt, und wir glauben ja nicht an die Bibel.“
Ich sage: Kennst du einen Jesus ohne die Bibel?
Wir wissen nichts über Jesus außer durch die Bibel.
Dieser Unsinn, der gehört auch zu dem Unsinn, der heute von frommen Leuten verkündet wird: Wir glauben nicht an die Bibel, wir glauben an Jesus.
Du weißt nichts von Jesus, wenn du nicht dem biblischen Wort vertrauen kannst.
Daraus ein Entweder-oder zu machen, ist der größte Schwachsinn, und die Leute beten es nach und glauben es.
Sie sagen: Wir wollen doch Menschen für Jesus gewinnen.
Wir sind doch Evangelisten.
Ich bin ein Evangelist.
Mein Herz brennt nur für eine Frage: Dass Menschen gerettet werden und Jesus kennenlernen.
Aber ich möchte nicht nur, dass sie irgendwo am Kreuz kommen und im Übergabegebet sprechen.
Sondern ich möchte, dass sie in die Nachfolge Jesu kommen.
Und was heißt in der Nachfolge Jesu kommen?
Heißt: zu bekennen, Jesus ist der Herr.
Und, Herr, ich möchte nur noch eines:
Ich möchte in deinem heiligen Wort dein Gebot kennenlernen.
Und meine Liebe zu dir und meine Freude an dir führt mich dazu, dass ich tue, was du willst.
Oder willst du sagen: Jesus macht glücklich, kannst du kommen, ob du die Ehe brichst oder ob du heterosexuell oder homosexuell in Unzucht lebst, ist ganz egal, ob du betrügst oder was.
Ist nicht so wichtig.
Wir sind ja nicht moralisch.
Nein, was sind wir denn?
Wir sind mystisch.
Was sind wir denn?
Wir rufen die Nachfolger von Jesus:
„Herr, sieh an ihr Drohen und gib deinen Knechten Freimut zu reden dein Wort.“
Was passiert?
In Kapitel 5 geht es noch einmal weiter.
Dann werden sie ausgepeitscht, sogar Redeverbot.
Dann heißt es: Sie gingen aber fröhlich von dem Hohen Rat fort,
weil sie würdig gewesen waren, um seines Namens willen Schmach zu leiden.
Und sie hörten nicht auf, alle Tage im Tempel und hier und dort in den Häusern zu lehren und das Evangelium von Jesus Christus zu predigen.
Sie gingen aber fröhlich von dem Hohen Rat fort.
Ich danke dir, Herr Jesus, für diese Freude.
Die Reaktion der Obrigkeit und die Bedeutung des Freimuts
Nun gut, das Gericht hörte sich die Angelegenheit an. Die Regierung war zugleich das Gericht. Sie bemerkten den Freimut von Petrus und Johannes und wunderten sich, denn sie erkannten, dass es sich um ungelehrte und einfache Leute handelte. Sie wussten auch, dass diese mit Jesus gewesen waren.
Sie sahen, dass etwas geschehen war. Und was sollte man schon Kritisches sagen, wenn jemand geheilt wurde? Da konnte man sich doch nur mitfreuen. Aber dieser Begleittext, dieser spaltende Begleittext, ist ja immer eine Versuchung – damals wie heute. Oft lässt man ihn weg, weil natürlich alle Hilfe in ihren Lebensproblemen, der Gesundheit und Ähnlichem wollen.
Doch den Aposteln lag daran: Du kannst fit sein wie ein Turnschuh und dennoch in die Hölle gehen. Du wirst ewig verdammt werden, wenn du keinen Frieden mit Gott hast. Der Retter ist Jesus. Es reicht nicht, gesund zu sein, wenn du ihn nicht hast. Darin lag der Inhalt.
Deshalb hätten sie schweigen können. Sie hätten schweigen können und gesagt, dann kommen wir wenigstens hier raus aus dieser prekären Situation mit der Regierung. Es hätte gute taktische Gründe gegeben, die man ihnen nicht hätte vorwerfen können.
Doch sie bestanden darauf: Es ist in keinem anderen Rettung außer in Jesus. Dann fragten sie sich: Was sollen wir nun mit diesen Menschen tun? Denn dass ein offenkundiges Zeichen durch sie geschehen war, war allen bekannt, die in Jerusalem wohnten. Sie konnten es nicht leugnen.
Damit es sich nicht weiter unter dem Volk ausbreitete, wollten sie ihnen drohen. Sie geboten ihnen, in keinem Fall in dem Namen Jesu zu reden oder zu lehren. Petrus aber und Johannes antworteten und sprachen: Urteil selbst, ob es vor Gott recht ist, euch mehr zu gehorchen als Gott.
Wir können nicht anders, als von dem zu reden, was wir gehört und gesehen haben. Da drohten sie ihnen und ließen sie gehen, weil sie Angst hatten vor dem Volk, das das alles so positiv sah. Gut.
Bericht an die Gemeinde und die Bedeutung der Botschaft
Als sie nun hatten gehen lassen, kamen sie zu den Iren und berichteten, was die Hohenpriester und Ältesten zu ihnen gesagt hatten.
Das ist die Situation. Das ist der Lagebericht. Man muss sich noch einmal klarmachen, warum die Aufregung bei der Regierung so groß war, damit man sie nicht zu schnell verurteilt.
Die Botschaft war: Kyrios Jesus – Herr ist Jesus, und er allein. Da zuckten alle, die es hörten. Die Juden zuckten zusammen, weil „Herr“ auf Hebräisch „Adonai“ bedeutet. Das ist Gott allein, Yahweh allein. Das klang nach Gotteslästerung, und das war absolut unakzeptabel.
Dass Jesus, der Gekreuzigte, den Gott angeblich auferweckt hatte, Adonai, Herr sein soll, Gott sein soll – das ist entweder Wahn, Wahnsinn oder Wahrheit. Eins, zwei und drei geht nur. Man muss sich entscheiden.
Deshalb spaltet sich über diese Botschaft die Hörerschaft immer. Das war damals so und ist es bis heute. Die, die nicht jüdisch geprägt waren, sondern eher römisch-säkular, zuckten ebenfalls zusammen. Denn wenn sie „Kyrios“ – Herr – hörten, wussten sie: Nur einer verdient diesen höchsten Titel, und das ist der Kaiser in Rom.
Man durfte dem römischen Reich alles glauben. Es gab kaum je eine Kultur, die so multireligiös und multikulturell war wie das römische Reich, vorausgesetzt, das oberste Gesetz galt: Das letzte Sagen hatte der Kaiser.
Und ausgerechnet die Christen erlaubten sich als Taufbekenntnis zu sagen: Jesus ist Herr, Jesus ist Herr. Wo auch immer diese Botschaft war, spaltete sie die Gesellschaft. Und das war nicht erst heute das Problem aller Regierungen, sondern schon im Römischen Reich, weil dort so viele Nationalitäten und Kulturen lebten. Es war hochbrisant, diese Gesellschaft zusammenzuhalten.
Das ist bis heute das große Thema. Es gibt wahrscheinlich kein politisch aktuelleres Thema als die Frage, wie es gelingen kann, die Gesellschaft, in der wir heute leben – hier in Deutschland und Europa – zusammenzuhalten. Das ist die Aufgabe von Politikern. Dafür wählen wir sie. Das ist ihre Verantwortung, und das ist nicht einfach.
Daraus erwächst natürlich immer die Sorge der Regierenden, alles stillzuhalten, was spaltet und den Zusammenhalt gefährdet. Da kannst du reden, was du willst. Natürlich heilten sie Kranke, sie redeten von Liebe. Aber sie sagten: Jesus allein. Und da hört der Spaß auf.
Ich rede von damals, nicht dass du denkst, ich rede schon von heute – obwohl ich die Worte gar nicht austauschen muss. Es war immer das gleiche Problem. Irgendwie merken sie, dass es noch nicht funktioniert, aber sie wollen verhindern, dass es weiter unter dem Volk einreißt.
Sie tun alles, um zu verhindern, dass diese Botschaft namhaft in die Öffentlichkeit kommt. Und das ist ihnen oft gelungen: Die Christen wurden in Nischen und Winkel zurückgedrängt, so dass sie die Mehrheit der Öffentlichkeit nicht störten.
Die Christen haben da oft gerne mitgespielt, weil sie natürlich auch nicht den Nerv hatten, pausenlos die Störenfriede der Gesellschaft zu sein. Manche haben ja immer das Bedürfnis, auch als nette Menschen anerkannt zu werden. Und das ist nicht gerade karriereförderlich, wenn man als Enfant terrible durch die Gegend läuft, als Fanatiker, der dauernd die Leute stört.
Das alles berichten sie. Sie berichten ihrer Gemeinde, als sie zurückkam, was die Hohenpriester und Ältesten zu ihnen gesagt haben.
Gebet als Antwort auf Bedrohung und Herausforderung
Was macht man jetzt? Jetzt berät man sich? Nein! Wir lesen nichts davon, dass es eine Gemeindeberatung gibt, um zu klären, was in dieser Situation zu tun ist. Stattdessen lesen wir weiter, Vers 24.
Anrede Gottes als Herr und Schöpfer
Als sie das hörten, erhoben sie einmütig ihre Stimmen zu Gott und sprachen. Das heißt, bevor es zu weiteren Beratungen kam, beteten sie gemeinsam.
An dieser Stelle möchte ich später noch einmal darauf zurückkommen, denn hier steht ein Wort, das so kostbar ist, dass wir es als Theologiestudenten gleich im Griechischen lernen mussten. Es ist einzigartig bei Lukas: Homotymodon – einmütig.
Es heißt hier: „Als sie das hörten, erhoben sie einmütig ihre Stimmen zu Gott und sprachen.“
Jetzt achtet bitte auf das Zweite: Nachdem sie den Lagebericht gehört hatten, beteten sie sich in die Lage hinein!
Sie beteten nicht nur in dieser Situation, sondern sie beteten sich hinein. Wie geschieht das? Das ist hochinteressant. Ich möchte das jetzt mit euch buchstabieren und bitte, dass ihr mitlest oder mithört, denn ich glaube, es gibt nichts Aktuelleres, als zu folgen, wie man sich in den verschiedensten Situationen verhält – egal, ob brisant oder weniger brisant, gefährlich oder vermeintlich nur gefährlich, ein bisschen schwierig oder nur peinlich.
Es ist ein absolutes Vorbild, wie man sich in solchen Konfliktsituationen verhält.
„Als sie das hörten, erhoben sie einmütig ihre Stimmen zu Gott und sprachen: Herr, du hast Himmel und Erde und das Meer und alles, was darin ist, gemacht.“
Sie beginnen also mit „Herr“. Heute fängt man Gebete oft mit „guter Gott“ an. Das ist theologisch nicht falsch, denn Gott ist sicher gut.
Aber damals war die Formulierung „Herr“ anstößig. Da flippten die Juden aus, und auch die Römer waren darüber empört. Die Christen sagten: „Das ist der Punkt, er ist der Herr.“
Das heißt: Ihm verdanken wir alles. Er ist für uns gestorben und auferstanden. Er vergibt uns unsere Sünden, und ihm allein gehorchen und vertrauen wir. Er ist der Herr. Unser Taufbekenntnis lautet: Kyrios Jesus, Jesus ist der Herr.
Ich will nichts dagegen sagen, wenn man im Gebet mit „guter Gott“ beginnt. Doch nach manchen Gesprächen habe ich das Gefühl, dass diese wunderbare Formulierung heute so in Mode gekommen ist, weil man die Anrede „Herr“ – besonders wenn man dem weiblichen Geschlecht angehört – überhaupt nicht mag.
Und jetzt sage ich schlicht: Meine Damen, ihr seid mir sehr sympathisch, aber ihr irrt. Und die Männer – die oft die besseren Frauen sind – ihr irrt auch.
Er ist und bleibt der Herr, und das ist durch nichts anderes zu ersetzen.
Das machen sie im ersten Satz ihres Gebetes erst einmal klar: Hier wird nicht verhandelt. Der Anstoß war, dass Jesus allein der Herr ist.
Dann sagen sie erst „Herr“ und anschließend: „Du hast Himmel und Erde gemacht.“
Das heißt, sie beten sich hinein. Sie stellen erst einmal klar, mit wem sie reden: Wir reden mit dem Schöpfer des Universums.
Nichts, was existiert, ist ohne ihn da. Er ist der Schöpfer und Erhalter aller Dinge.
Gott als Herr der Geschichte und das Gebet um Freimut
Und dann geht es weiter. Das ist also das Erste, damit man die Perspektiven richtig einordnet: Zu wem reden wir? Wer hat hier das Sagen? Denn es ging ja letzten Endes um die Frage, wem wir gehorchen.
Die Regierung hat ja auch gute Gründe. Eine Gesellschaft, die den Zusammenhang ordnet, hat gute Gründe dafür. Es ist nicht so, als ob das einfach Willkür wäre – ohne Logik und ohne Berechtigung. Man muss ja begründen, wenn man sagt: „Auf dich höre ich, und auf dich höre ich nicht.“ Da muss man schon wissen, warum.
Deshalb sagen sie: „Du bist der Herr, weil du uns geschaffen und erhalten hast und das ganze Universum. Deshalb werden wir auf niemand anderen hören als auf dich.“ Und dann nicht nur das: „Du hast durch den Heiligen Geist, durch den Mund unseres Vaters David, deines Knechtes, gesagt.“ Jetzt zitieren sie Psalm 2, den berühmten Messiaspsalm, die Verse 1 und 2: „Warum toben die Heiden, und die Völker nehmen sich vor, was umsonst ist? Die Könige der Erde treten zusammen, und die Fürsten versammeln sich gegen den Herrn und seinen Christus.“ So das Zitat.
Und jetzt nehmen sie dieses Zitat im Gebet in Anspruch: „Wahrhaftig, sie haben sich versammelt in dieser Stadt gegen deinen heiligen Knecht Jesus, den du gesalbt hast: Herodes und Pontius Pilatus mit den Heiden und den Stämmen Israels, um zu tun, was deine Hand und dein Ratschluss zuvor bestimmt hatten, dass es geschehen soll.“
Sie beten sich in die Lage hinein. Nicht nur, dass er der Schöpfer ist, der Herr, der das Universum geschaffen hat, sondern er ist doch auch der Herr der Geschichte. Woran erkennen sie, dass er der Herr der Geschichte ist? Er hat angekündigt, dass die Völker und die Machthaber sich gegen den Messias Gottes aufmachen, Terror machen und Widerstand leisten werden.
Ja, sagen sie, das hat er so angekündigt. Und genau das passiert: Pontius Pilatus, Herodes, der Hohe Rat – alle, die Macht haben – meckern gegen Jesus und bestreiten, dass er der Herr ist und dass sein Wort über alles gilt, was man sonst noch sagen könnte.
Was sehen wir? Es passiert nur das, was er angekündigt hat. Nuthe hat mal gesagt: „Auch der Teufel ist Gottes Teufel.“ Das ist eine ziemlich gewagte Theologie. Damit will man sagen: Selbst das, was der Feind Gottes macht, muss letzten Endes dem Plan Gottes dienen.
Deshalb ist nicht gut, was die Feinde Gottes machen. Das wird damit nicht gerechtfertigt. Aber niemand soll glauben, dass jemand ein Feind Gottes sein könnte und gegen Jesus und seine Leute sein könnte und dass er letzten Endes damit sein Ziel erreicht. Er muss immer am Ende den Zielen dienen, die Gott vorhat.
Und das sieht die Gemeinde zunächst, weil sie die Bibel gelesen hat. Bibelleser verstehen mehr. Sie verstehen den Zusammenhang. Sie nehmen die Namen Pontius Pilatus, Herodes, diese schrägen Vögel, die es damals gab, und auch die jüdische Regierung und sagen: „Was müssen die tun? Die wollen uns kaputtmachen, aber sie können nichts anderes tun als das, was Gottes Wort angekündigt hat.“
„Warum toben die Heiden, und die Völker nehmen sich vor, was umsonst ist? Die Könige der Erde treten zusammen, und die Fürsten versammeln sich gegen den Herrn und seinen Christus.“ Das heißt: Das ist das Zweite.
Sie beten sich in die Lage hinein. Deshalb beten sie und beraten nicht nur. Denn in der Beratung besteht die Gefahr, dass man die Bedingungen und Umstände analysiert und sagt: „Was sagen die? Was haben die für Gründe? Muss man das nicht auch hören? Wie ist unsere Situation? Wie gehen wir jetzt damit um?“ Das wäre ja alles gescheit.
Aber sie beten sich in die Lage hinein, weil sie sagen: Wenn wir die Lage beurteilen und zunächst das Zentrum der Welt betrachten, den Herrn, der das Universum geschaffen hat, dann rufen wir ihn an. Über ihn kann man nicht nur in der dritten Person reden. Gott ist nicht nur ein Objekt.
Das eigentliche Reden über Gott geschieht in der zweiten Person, im Gebet. Deshalb beten sie zum Schöpfer als dem Herrn und zum Herrn der Geschichte, der im Wort der Heiligen Schrift angekündigt hat, was passieren wird. So kann man die heutige Zeit, damals mit Pontius Pilatus, Herodes usw., einordnen. Es geschieht vor unseren Augen, was er angekündigt hat. Sie können nichts anderes tun.
So weit geht es zunächst einmal. Und dann kommt die Bitte. Und darum geht es jetzt.
„Und nun, Herr“ – Vers 29: „Und nun, Herr, sie an, die drohen, und gib deinen Knechten mit allem Freimut zu reden dein Wort. Strecke deine Hand aus, dass Heilungen und Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Knechtes Jesus.“
Als sie gebetet hatten, beteten sie in der Stadt, wo sie versammelt waren, und sie wurden alle vom Heiligen Geist erfüllt. Sie redeten das Wort Gottes mit Freimut.
Bedeutung von Freimut und die Verbindung von Freiheit und Mut
Gib uns Freimut! Ein so kostbares Wort, das Luther in der deutschen Sprache erfunden hat. Es gab es vorher nämlich nicht. Leicht zu erkennen, ist es zusammengesetzt aus den Worten Freiheit und Mut.
Luther suchte nämlich eine Übersetzung für das griechische Wort Paresia. Paresia ist ein wunderbares Wort, das im Neuen Testament häufiger vorkommt. Zum Beispiel im Hebräerbrief Kapitel zehn heißt es, dass wir den Zugang haben – die Freiheit zum Zugang ins Allerheiligste, zu Gott, dem Allerheiligsten, durch das Blut des Messias, Jesus, dem Gekreuzigten. Dort steht Paresia, die Freiheit zum Zugang ins Allerheiligste durch den Gekreuzigten Jesus.
Das bedeutet die Grundfreiheit, die Gott schenkt. Parresia heißt Redefreiheit, aber Redefreiheit im objektiven und im subjektiven Sinne. Was heißt das?
Redefreiheit im objektiven Sinne ist, dass im Grundgesetz als Grundrecht für jeden deutschen Staatsbürger das Recht auf freie Rede verbrieft ist. Das ist ein objektiv gewährtes Recht, auf das man sich berufen kann, das geschützt ist und eingeklagt werden kann – das ist objektive Redefreiheit.
Es gibt aber auch die subjektive Redefreiheit. Das heißt, diese tatsächliche Redefreiheit, die gewährt ist, muss nicht bedeuten, dass ich mich innerlich auch frei fühle, meine Meinung zu sagen. Man könnte eine Schere im Kopf haben, einen Kloß im Hals, Rücksicht nehmen auf dies und das, und man hat auch eine Last und so weiter.
Das griechische Wort Paresia umfasst beides: die objektive Redefreiheit und auch die subjektive Freiheit. Luther übersetzt das wunderbar und nennt es Freimut. Das bedeutet nicht nur, dass ich tatsächlich die Erlaubnis habe, von irgendeiner Instanz, die dafür zuständig ist oder nicht zuständig ist, die objektive Redefreiheit gewährt oder nicht gewährt. Sondern, dass ich auch persönlich, innerlich die Freiheit spüre und den Antrieb habe, den Mut, ein freies Wort zu sagen.
In der deutschen Sprache ist es oft so, dass man Begriffe nicht mit einem Wort übersetzen kann. Man muss sich für das Objektive oder das Subjektive entscheiden. Luther hat gesagt, Freimut ist vielleicht das Wichtigste hier, aber es geht um beides.
Denn das war ja der Konflikt: Die Regierung hatte ein Redeverbot erteilt, dass er nicht mehr zu den Leuten reden darf. Dass er dem Volk nicht predigen darf, dass es nicht öffentlich bekannt wird. Es war ein Redeverbot erteilt. Und muss man dem gehorchen? Da muss man doch Gott gehorchen, die Obrigkeit ist von Gott und so weiter. Ja, muss man doch? Und es gibt vielleicht auch gute Gründe.
Er hätte noch sagen können: Ja, das ist vielleicht ein Hinweis von Gott. Wir sind in den letzten Wochen so wahnsinnig gewachsen, wir sind jetzt zehn hier in der Gemeinde. Es sind immer so Großveranstaltungen. Jetzt sollen wir nicht mehr öffentlich reden, sondern kleine Zellgruppenarbeit machen, damit wir nicht oberflächlich in der Masse verkommen.
So hätten sie doch sagen können, hätte ich wahrscheinlich gesagt, wenn ich in der Gemeindeleitung gewesen wäre. Ich hätte gesagt: Dieses Redeverbot von der Regierung ist sicherlich ein Hinweis Gottes, dass wir uns jetzt mehr nach innen in den Hauskreisen konsolidieren sollen und nicht dauernd in den Großveranstaltungen in den Tempelhöfen mit Tausenden neue Menschen evangelisieren.
So könnten wir gar nicht weiterarbeiten, sagen sie nicht, sondern sie sagen: Herr, bestimme du, was dran ist, und gib uns Redefreiheit. Gib uns Redefreiheit!
Die Haltung der Apostel und die Rolle des Gebets
Was machen Sie? In dieser Situation gehen Sie zur höchsten Instanz. Dabei wird Ihnen klar: Bei allem Respekt vor der Regierung – sie hat ja ihre Bedeutung – sind Christen selten Revolutionäre gewesen. Eigentlich waren sie immer gute Staatsbürger.
Hier aber sind es ganz schlicht einfache Leute, Fischer vom See Genezareth. Sagen Sie doch selbst! Das kommt ja zweimal vor, in Kapitel vier und fünf. Sagen Sie doch selbst: Ob es recht ist vor Gott, euch mehr zu gehorchen als Gott. Wir können nicht anders, als von dem zu reden, was wir gehört und gesehen haben.
In Kapitel fünf, wenn es später wird, bekommen sie noch einmal Prügel. Sie werden wirklich ausgepeitscht und erhalten ein Redeverbot. Doch dann sagen sie noch einmal in Kapitel fünf, Vers 29: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Punkt, Schluss.
Diese Redefreiheit haben sie sich erbeten. Sie ist nicht von selbst gekommen. Sie haben nicht gesagt: „Dann machen wir jetzt aber mal was.“ Sondern sie haben sich hineingebetet in die Lage und gesagt: Wir wollen wichtiger nehmen, dass er der Herr ist, der Schöpfer des Universums. Dass er der Herr ist, der Herr der Geschichte. Dass er der Mann vom Kreuz ist, der Knecht wurde, um um unseres Willen unsere Last getragen hat. Den Gott bestätigt hat in der Auferweckung. Er hat das Recht, Redefreiheit oder Redeverbot zu erteilen.
Wir bitten dich, Herr, sieh anders! Drohen ringsherum, Drohkulisse! Jetzt gib uns Redefreiheit! Und dann tut er es. Gott macht es. Sie können es gar nicht machen. Sie beten, und dann heißt es: Du musst es bestätigen. Wir können es nicht bestätigen. Es kommt nicht aus uns. Du musst Zeichen und Wunder tun, du musst es bestätigen. Das haben wir nicht in der Hand.
Dann wackelt die Bude. Es heißt da: „Als sie gebetet hatten, erbebte die Stadt, wo sie versammelt waren. Sie wurden alle vom Heiligen Geist erfüllt und redeten das Wort Gottes mit Freimut.“ Er tut es, und sie tun es auch. Jetzt gehen sie weiter.
Beispiel einer mutigen Christin aus dem Iran
Ich habe vor kurzem eine große Ermutigung erfahren. Eine junge Frau, deren Geschichte ich im Internet gesehen habe, bekam einen Weihnachtsgruß mit einem Hinweis darauf. Es gab ein Video vom Younger Leaders Gathering der Internationalen Lausanner Bewegung für Weltevangelisation in Jakarta. Dort waren jüngere leitende Personen aus Gemeinden weltweit versammelt. In dem Video war Faden Nouri zu sehen.
Faden Nouri ist eine Frau, die wahrscheinlich Ende 30 ist, aus dem Iran. Ihr könnt das Video auf YouTube finden, allerdings ist es nicht ganz einfach zu finden. Man muss oft neu laden. Sucht nach „Faden Nouri“ (N-O-U-R-I), eine ganz normale Frau.
Mit 26 Jahren, im Jahr 2006, kommt sie zum Glauben an Jesus. Sie war Muslimin. Ihre Cousine, die Christin geworden war, lud sie ein. Sie ging mit zu Gottesdiensten und Hausgemeinden. Dabei beobachtete sie die Christen, wie sie beteten. Sie sah die herzliche, gemeinschaftliche und vertrauensvolle Art des Betens.
Acht Monate lang besuchte sie diese Gottesdienste. Sie betete auch mit, sagte aber: „Ich bin und bleibe Muslim.“ Sie hatte die Sehnsucht, so herzlich und vertrauensvoll beten zu können wie diese Menschen. So machte sie die Erfahrung, dass sie verstand, sie sei eine Sünderin und brauche Vergebung der Sünden.
Sie fand in Jesus, im Gekreuzigten, den Herrn ihres Lebens. Durch Jesus konnte sie zu Gott, dem Vater, sagen und so vertrauensvoll und voller Freude beten. Dieses Gebet gab ihr Geborgenheit. So veränderte sich ihr Leben. Sie stammt aus der iranischen Mittelschicht und ist eine kluge Frau. So bekehrt sie sich zu Jesus.
Der Pastor des Hauskirchen-Netzwerks schickte sie auf eine Bibelschule in die Türkei. Während dieser Zeit wurde ihr klar: Gott beruft sie, ihrem Volk im Iran zu dienen. Eigentlich wollte sie nicht zurück in den Iran, weil es sehr schwierig war, Jesus in diesen Hausgemeinden zu folgen. Das gesellschaftliche Klima war angespannt, und die Verfolgung offensichtlich.
Sie ging zurück und arbeitete zusammen mit anderen in den Parks von Teheran. Dort sprach sie Menschen an. Sie berichtet, dass die Menschen unglaublich hungrig nach dem Evangelium seien. Von zehn Leuten, die bereit waren, mit ihr zu sprechen, waren neun auch offen dafür, zu erfahren, warum Jesus der Retter ist und was das Evangelium aus der Bibel sagt.
Sie entwickelte eine Leidenschaft und baute Hausgemeinden auf. Im Jahr 2010 sprach der oberste Führer des Iran in einer öffentlichen Rede davon, dass die Hausgemeinden der Feind des iranischen Volkes seien. Daraufhin setzte er eine Welle der Verfolgung in Gang. Aus diesem Netzwerk wurden sechzig Mitarbeiter verhaftet.
Dann hörte sie von einer Freundin, dass auch sie auf der Liste stehe und gesucht werde. Zusammen mit ihrer Mutter, die inzwischen ebenfalls Christin geworden war, beteten sie voller Verzweiflung: Was sollen wir tun? Weggehen? Fliehen? Gibt es eine Möglichkeit?
Kurz darauf erhielt sie einen Anruf von der Polizei. Sie sollte sich am nächsten Tag an einer bestimmten Polizeiwache melden. Voller Verzweiflung betete sie mit ihrer Mutter. Das Gebet lautete: „Herr, was sollen wir tun? Du bist der Herr, was sollen wir tun?“
Am nächsten Tag ging sie zur Polizeistation und wurde, wie erwartet, verhaftet. Sie kam in eines der berüchtigten Gefängnisse von Teheran. Ihre Zelle war zwei Meter mal anderthalb Meter groß. 25 Tage lang saß sie dort. Die Verhöre waren erbärmlich, schrecklich und einschüchternd. Sie war erschöpft.
Bei einem der Verhöre mussten sie die Antworten nicht mehr aufschreiben. Es gelang ihr, einen Bleistift heimlich in ihre Zelle zu schmuggeln. Sie hatte alles andere abgenommen bekommen. Plötzlich schenkte Gott ihr, dass ihr Bibelworte einfielen.
Wenn ihr ein Bibelwort einfiel, schrieb sie es mit dem Bleistift an die Wand für sich und betete: „Herr, wenn jemals ein anderer hier reinkommt, lass sie diese Worte lesen.“ In ihrem Bericht auf der Konferenz in Jakarta sagt sie: „Lernt die Bibel auswendig, lernt die Bibel auswendig! Ihr wisst nicht, was kommt.“
Sie brauchte die Worte Gottes, und er hat sich erbarmt. Sie kannte nicht genug, aber er hat ihr die Worte geschenkt. Sie schrieb alles auf, woran sie sich erinnerte.
Dann war sie so erschöpft, dass sie überhaupt nicht mehr konnte. Sie schrie in ihrer Zelle: „Herr, erbarme dich, ich kann nicht mehr!“ Sie hatte Sorge um ihre Gemeinde, ihre Familie und um sich selbst, dass sie allem nicht mehr standhalten könne.
Plötzlich war es, als ob Gott sie in seine Arme schloss. Eine tiefe Stärkung und Erfrischung kam über sie. Eine Ermutigung, eine tiefe Freude und Geborgenheit erfüllten sie. Die Herrlichkeit des Herrn erfüllte ihre Zelle.
Als sie aus dem Gefängnis entlassen wurde, erzählte sie ihrer Gemeinde davon. Ihre Mutter fragte: „Wann war das? Sag uns den Tag, sag uns die Stunde, wie du so gebetet hast.“ Sie rechnete zurück und sagte: „Weißt du, das war der Augenblick, an dem wir hier zusammen saßen und zu Gott geschrien haben: Herr, lass sie deine Umarmung spüren – jetzt, jetzt!“
Das war der Augenblick, Herr, sie zu trösten und deinen Knechten mit Freimut zu geben, dein Wort zu reden.
Die Herausforderung der Freiheit und der Umgang mit der Stimmung
Soweit dieser Text und meine Verlegenheit reicht, muss ich jetzt sagen: Das alles entspricht doch nicht unserer Lage. Das ist doch nicht unsere Situation. Es passt überhaupt nicht zu uns. Was sollen wir mit diesem Text anfangen?
Wir sind von Freiheit verwöhnt. In diesem Land kannst du alles machen und sagen, ohne dafür ins Gefängnis zu kommen. Du hast vielleicht die höchste innere Zensur, aber niemand hindert dich daran, öffentlich in aller Klarheit und Wahrheit zu sagen, was Gottes Wort dir sagt. Du kannst öffentliche Veranstaltungen durchführen, niemand verbietet es uns. Alle unsere Freiheitsrechte sind garantiert und gewährt.
Aber unsere Freiheit hat uns verwöhnt. Wir sind auch etwas wehleidig geworden und ein wenig beifallssüchtig. Wenn die Leute nicht alle begeistert klatschen, fühlen wir uns schon verfolgt. Wenn nicht alle sagen, dass wir toll sind und der Daumen nach oben geht, wagen wir kaum noch etwas zu sagen.
Ja, es ist wahr: Die Stimmung kippt. Aber es ist nur die Stimmung. Es ist nichts an den äußeren Rahmenbedingungen, das in unserem Land auch nur annähernd das Leben und den Glauben schwieriger macht, so wie es in vielen Ländern weltweit der Fall ist.
Aber die Stimmung kippt. Wir spüren es, und du spürst es vielleicht auch. Wenn du sagst: „Herr ist Jesus“, hört schon die Hälfte der Leute nicht mehr zu. Wenn du sagst: „Er allein ist der Retter und es gibt keinen anderen“, hört dir die nächste Hälfte nicht mehr zu, die sagt: „Rettung brauche ich nicht. So schlimm steht es nicht um mich. Im Kern ist der Mensch gut. Hilfe brauchen wir alle, Fehler haben wir alle, wir sind alle schwach, aber im Grunde ist der Mensch gut. Wenn wir uns bemühen und wenn Gott uns segnet, dann wird es schon werden.“
Nein, sagt die Bibel: Du bist verloren und verdammt in Ewigkeit wegen deiner Sünde, wegen deiner Gottlosigkeit, der arroganten Gottlosigkeit. Was tue ich denn? Es geht nur darum, dass du selbst Gott sein willst. Das ist doch das A bis O heute.
Ich bestimme mein Leben selbst. Meine Zeit gehört mir, mein Bauch gehört mir, mein Körper gehört mir, mein Leben gehört mir, mein Sterben gehört mir. Ich bin ein selbstbestimmter Mensch und habe das Recht, zu bestimmen, wie ich lebe. Ich muss mir von niemandem etwas sagen lassen. Das ist die Grundphilosophie unserer Zeit.
Ja, sagt er, und darum geht es: Du bist ein Dieb an Gottes Eigentum, du gehörst Gott. Vorhin haben wir Psalm 24 gehört. Der erste Satz lautet: „Die Erde ist des Herrn und alles, was darin ist.“ Der ganze Laden gehört Gott. Dein Körper gehört Gott, deine Zeit gehört Gott, dein Geld gehört Gott, deine Ängste, deine Sehnsüchte – alles gehört Gott.
Nein! Da kippt die Stimmung. Da kippt die Stimmung. Und Jesus hat gesagt: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher ins Reich Gottes kommt.“ Da kippen alle weg, die reichen Götzen, die in unserer Wohlstandsgesellschaft herrschen: „Was ich besitze, das macht’s aus. Ich habe doch ein Recht darauf.“
Nein, sagt die Bibel: Was du bist und was du hast, dein Vermögen und dein Geld gehören Gott. Das ist Bekehrung. Und die Frage ist nicht: Wie viel gebe ich von meiner Zeit, meiner Kraft und meinem Geld Gott ab? Je mehr ich gebe, desto frömmer bin ich? Nein, das ist religiös.
Bekehrung heißt: Ich begreife, dass alles, was ich bin und habe, Gottes Eigentum ist. Ich will es ihm nicht mehr rauben, ich will es ihm zurückgeben. Ich bekehre mich, und er ist mein Eigentum.
Herausforderung der Gemeinde heute und Aufruf zur Einmütigkeit
Herr, was soll ich mit meinem Eigentum machen? Darum seid ihr ja hier. Ihr seid zu Yumiko gekommen, um zu sagen: Herr, hier bringe ich dich mit Leib und Leben, mit Karriere und Zukunftssehnsüchten.
Wo ist mein Platz in dieser Welt? In welchem Kontinent, in welchem Land, in welchem Dienst? Wo? Das wird ein spannender Tag. Wenn du diesen Tag erlebst, in der Bekehrung deines Lebens, gehört dir alles. Verstehe ich.
Und wenn du heute diese Botschaft sagst – allein Jesus –, dann kippt die Stimmung. Sie kippt, spaltet sich, und das ist ungemütlich.
Es wird angegeben, was wir dann tun können. Jetzt muss ich euch sagen: Leider haben wir nicht mehr die Situation wie damals. Die Antwort der Gemeinde auf den ersten Konflikt mit einer Regierung betraf die öffentliche Verkündigung des Evangeliums, die öffentliche Evangelisation. Das Private wurde ihnen nicht verboten.
Die Antwort war: Sie kommen zusammen und beten einmütig. Und ich sage euch: Das Schwierigste in unserer Situation ist nicht, dass unsere Regierung uns irgendetwas verbietet oder dass der gesellschaftliche Druck so stark ist, dass der Mehrheit etwas nicht gefällt. Das ist nicht das Problem. Da geht es uns sehr komfortabel.
Unser größtes Problem ist, dass wir keine Einmütigkeit in der Gemeinde haben. Die Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, spalten die Gemeinde. Das ist unser Problem.
Was sollen wir tun? Wir könnten versuchen, die Gemeinde nicht zu verletzen. Wir beten zu Gott und erinnern uns: Ja, du bist der Schöpfer, du bist der Herr der Geschichte.
Dann schlage ich vor, dass wir Psalm 2 lesen und anschließend Apostelgeschichte 20. So lese ich in deinem Wort: Apostel Paulus verabschiedet sich von den Ältesten der Gemeinde in Ephesus und sagt zu ihnen: „Ich weiß, dass nach meinem Abschied reißende Wölfe zu euch kommen, die die Herde nicht verschonen werden. Auch aus eurer Mitte werden Männer aufstehen, die Verkehrtes lehren, um die Jünger an sich zu ziehen. Darum seid wachsam!“
Nun gibt es eine neue Lutherbibelübersetzung. Diese kann man unterschiedlich beurteilen, aber sie hat eine Besonderheit. Da unterscheiden sich die Leute, doch sie wollen sich positiv würdigen.
Früher schrieb jemand „liebe Brüder“, jetzt steht da immer „liebe Brüder und Schwestern“, weil die Schwestern es heute nicht mehr so gerne haben, als Brüder angeredet zu werden. Natürlich haben die Übersetzer festgestellt, dass auch damals mit „Brüder“ immer die Schwestern mitgemeint waren. Recht haben sie!
Also steht jetzt überall in der neuen Übersetzung „liebe Brüder und Schwestern“. Nur ganz konsequent ist es nicht. Denn hier hätten sie auch übersetzen können: „Auch aus eurer Mitte werden Männer und Frauen aufstehen, die Verkehrtes lehren, um die Jünger an sich zu ziehen.“
Warum sind hier nur noch Männer genannt? Es gibt Prälatinnen, Pfarrerinnen und viele Theologieprofessorinnen, die genauso irre Lehren verbreiten – gegen Gottes Wort und gegen Gottes Gebote – wie Männer.
Aktuelle Herausforderungen in der Kirche und Aufruf zum Freimut
Bist du heute pünktlich, Christ? Wenn du nach Stuttgart kommst, wirst du ja bedient. Das ist unglaublich: Zum Frühstück bekomme ich schon die Stuttgarter Zeitung auf den Tisch.
Aus diesem Wochenende lässt sich schließen, dass sich die Stuttgarter Kirche der Kirchenrevolte angeschlossen hat. Es wird verkündet, dass alle vier Prälaten der württembergischen Kirche und bis auf zwei Dekane alle Dekane der Stuttgarter Prälatur sich jetzt angeschlossen haben. Sie haben der Kirchenleitung gesagt, dass trotz der Ablehnung durch die Synode – wenn auch nur knapp mit zwei Stimmen – öffentliche Segnungen für homosexuelle Paare möglich sein sollten.
Die Prälatin wird zitiert, dass sie sich über das einmütige Signal der Dekane freut. Auf den ersten Blick dachte ich: Alle Dekane? Ich war mal auf der Dekanatskonferenz hier. Die Dekanatskonferenz besteht, glaube ich, aus 17 oder 18 Dekanen. Zwei Dekane sind nicht mit dabei. Genannt werden der Dekan von Bernhausen, Rainer Kies, und der Dekan von Marbach, Dr. Werner Neuhoff. Alle anderen sind für die Segnungen.
Fortsetzung der Verfolgung und Freude im Leiden
Was passiert jetzt mit denen? Hätten sie damals nicht gebetet, hätten sich Pontius Pilatus und Herodes zusammengetan. Dann hätte ich heute Morgen in Stuttgart nicht all diese Namen genannt.
Aber weil das alles so verrückt ist, sage ich das? Was sage ich da eigentlich? Was macht ihr denn da? Wer schweigt, fördert das, was im Gange ist. Ja, man muss den Frieden halten. Aber sie halten den Frieden nicht. Sie halten den Frieden nicht.
Wir wären in unserem Gewissen beeinträchtigt, wenn wir Leute ausgrenzen. Gleichgeschlechtliche Paare leiden jetzt ganz furchtbar darunter, dass sie nicht öffentlich gesegnet werden. Das steht hier drin. Sie klagen eine ganze Seite lang in der frischesten Ausgabe der Stuttgarter Zeitung.
So, ich bitte Sie einfach: Die Frage ist ja ganz schlicht: Wer macht eigentlich das Maul auf hier? Ab wann wird eigentlich geredet? Und wer hilft eigentlich den beiden Dekanen, den beiden Letzten, die jetzt noch aufstehen, und stärkt sie und sagt: Nun tretet hin, ihr seid nicht alleine.
Ah, man muss ja gucken, vielleicht kriegen wir doch noch eine Lösung hin und Frieden haben. Wir haben nicht gesagt, dass wir auf jeden Fall zusammenbleiben, auch mit allen, die gottloses Zeug verkünden. Sondern: Herr, gib uns Freimut zu reden, dein Wort.
Ich sage: Wir haben alle Freiheit heute. Niemand tut dir was, wenn du offen aussprichst. Es mag sein, dass du nicht mehr von so vielen Seiten Beifall bekommst, aber niemand tut dir was.
Die Schere haben wir im Kopf, die Feigheit sitzt uns in den Knochen, das Rückgrat brechen wir uns selber. Wir haben den Mann vom Kreuz im Kreuz, und solange wir ihn im Kreuz haben, bricht uns niemand das Rückgrat.
Und die Frage ist, ob wir dieses Gebet kennen: Herr, sieh an ihr Drohen, sieh an ihr Drohen und gib deinen Knechten Freimut, Freimut zu reden dein Wort.
Nur sagen mir meine Freunde: Wir evangelisieren doch, wir wollen doch zu Jesus einladen und nicht über Homosexualität und so reden. Zu welchem Jesus wollen wir eigentlich einladen?
Ja, sagen wir, Jesus allein. Was Christus treibt. Und wir glauben ja nicht an die Bibel? Ich sage: Kennst du einen Jesus ohne die Bibel? Wir wissen nichts über Jesus außer durch die Bibel.
Dieser Unsinn gehört auch zu dem Unsinn, der heute von frommen Leuten verkündet wird: Wir glauben nicht an die Bibel, wir glauben an Jesus. Du weißt nichts von Jesus, wenn du nicht dem biblischen Wort vertrauen kannst.
Daraus ein Entweder-oder zu machen, ist der größte Schwachsinn, und die Leute beten es nach und glauben es. Sie sagen: Wir wollen doch Menschen für Jesus gewinnen, wir sind doch Evangelisten.
Ich bin ein Evangelist, mein Herz brennt nur für eine Frage: Dass Menschen gerettet werden und Jesus kennenlernen. Aber ich möchte nicht nur, dass sie irgendwo am Kreuz kommen und im Übergabegebet sprechen, sondern ich möchte, dass sie in die Nachfolge Jesu kommen.
Und was heißt, in die Nachfolge Jesu kommen? Es heißt zu bekennen: Jesus ist der Herr. Und, Herr, ich möchte nur noch eines: Ich möchte in deinem heiligen Wort dein Gebot kennenlernen, und meine Liebe zu dir und meine Freude an dir führen mich dazu, dass ich tue, was du willst.
Oder willst du sagen: Jesus macht glücklich, du kannst kommen, ob du die Ehe brichst oder ob du heterosexuell oder homosexuell in Unzucht lebst, ist ganz egal, ob du betrügst oder was – ist nicht so wichtig, wir sind ja nicht moralisch.
Nein, was sind wir denn? Wir sind mystisch. Was sind wir denn? Wir rufen die Nachfolger von Jesus: Herr, sieh an ihr Drohen und gib deinen Knechten Freimut zu reden dein Wort.
Was passiert? Im Kapitel fünf geht es noch einmal weiter, und dann werden sie ausgepeitscht, bekommen Redeverbot. Und dann heißt es: Sie gingen aber fröhlich von dem Hohen Rat fort, weil sie würdig gewesen waren, um seines Namens willen Schmach zu leiden.
Und sie hörten nicht auf, alle Tage im Tempel und hier und dort in den Häusern zu lehren und das Evangelium von Jesus Christus zu predigen. Sie gingen aber fröhlich von dem Hohen Rat fort.
Ich danke dir, Herr Jesus, für diese Freude.