Vielleicht haben Sie sich gerade gefragt: Warum starten wir eine Predigtserie mitten in einem Bibelbuch, ja sogar mitten in einem Kapitel? Lukas 9,51.
Die Antwort ist recht einfach. Zum einen haben wir bereits zwei Predigtserien durch die ersten beiden Abschnitte des Lukas-Evangeliums gehabt. Das heißt, wir haben Ende letzten Jahres bei Lukas 9,50 aufgehört. Wir setzen also in gewisser Weise einfach die Predigtserie fort.
Zum anderen ist Lukas 9,51 in gewisser Weise wirklich ein Wendepunkt im Lukas-Evangelium. Hier beginnt nun ein neuer Abschnitt.
Der Beginn eines neuen Abschnitts im Lukas-Evangelium
Bisher, in den ersten neuneinhalb Kapiteln, haben wir gesehen, wie Jesus geboren wird, wie seine Geburt vorher kurz verheißungsvoll angekündigt wurde, wie er aufwächst und schließlich seinen Dienst beginnt. Dabei erweist er sich zunehmend als der Allmächtige, als der Sohn Gottes, als der verheißene Messias, der Christus.
Die Jünger waren schon eine ganze Zeit mit ihm unterwegs gewesen und hatten viel erlebt. Sie hatten gesehen, dass Jesus vollmächtig lehrte – nicht wie die anderen Lehrer. Er besaß göttliche Vollmacht über Krankheiten und heilte viele Kranke. Außerdem setzte er von bösen Geistern geplagte Menschen frei.
Die Jünger wurden Zeugen davon, dass Jesus sogar Vollmacht über den Tod hatte. Er brachte Tote zum Leben zurück, wie zum Beispiel den Jüngling von Nain und die Tochter des Jairus. Ebenso hatten sie miterlebt, dass Jesus vollmächtig Autorität selbst über die Natur hatte. Inmitten eines schweren, lebensbedrohlichen Sturms sprach er, und Sturm und Wellen mussten sofort nachgeben. Der See wurde ruhig, und der Wind hörte augenblicklich auf.
Wir sahen seine Vollmacht über die Naturgesetze auch darin, dass er zwei Fische und fünf Brote nahm und sie so vermehrte, dass fünftausend Männer versorgt wurden.
All das führte dazu, dass in der Mitte von Kapitel neun Petrus auf die Frage von Jesus, wer ihr sagt, dass er sei, antwortet: „Du bist der Christus Gottes.“ Das ist ein Höhepunkt im Evangelium. Endlich haben die Jünger es verstanden.
Mein Gebet und meine Hoffnung für uns heute hier ist, dass wir mit ihnen einstimmen können in dieses Bekenntnis: Jesus ist der Christus Gottes, der verheißene Messias, der Gesalbte, der Allmächtige – der Mensch gewordene Gott.
Die Erwartung der Jünger und der beginnende Wendepunkt
Die Jünger, die Jesus bis hierher gefolgt waren, waren sicherlich voller Erwartung. Was würde als Nächstes passieren? Welche Wunder würden geschehen? Was kommt nun? Doch eines hatten sie noch nicht verstanden. Sie hatten noch nicht begriffen, wohin Jesu Weg führen würde. Deshalb verstanden sie auch noch nicht, was es bedeutet, ihm nachzufolgen.
Mit dem heutigen Predigttext beginnt nun ein Wendepunkt. Es beginnt Jesu Weg hin zum Kreuz. Davon lesen wir in den ersten fünf Versen, genauer gesagt in den Versen einundfünfzig bis sechsundfünfzig. Danach beginnt der lange Mittelteil, der eigentlich bis Kapitel 19 reicht. Er beginnt mit drei Begegnungen, die Jesus auf seinem Weg zum Kreuz hat. Durch drei Gespräche lehrt er diese drei Männer, was es wirklich bedeutet, ihm nachzufolgen.
Wir haben die Worte gerade gehört, und ich denke, wir haben gemerkt, dass sie sehr herausfordernd sind. Deshalb möchte ich für uns beten, dass der Herr uns bereit macht, Jesu Weg zu erkennen und ihm nachzufolgen.
Himmlischer Vater, das ist unser Gebet: Dass du jetzt zu uns sprichst durch dein Wort, dass diese herausfordernden Worte für uns Worte sind, die uns bewegen, die uns rufen und die uns dazu bringen, dir nachzufolgen auf deinem Weg. Auf dem Weg, den du mit uns gehen willst – ohne Wenn und Aber – so dass wir eines Tages erleben dürfen, dass dies nicht einfach nur ein Weg ist, sondern ein Weg, der zu einem herrlichen Ziel führt.
Herr, so sprich du zu uns durch dein Wort und verändere unsere Herzen und Sinne, so dass sie immer mehr dir gleich werden. Das bitten wir in Jesu Namen. Amen.
Ihr habt den Predigttext in diesen Flyern abgedruckt, und er steht natürlich auch in den Bibeln, die ausliegen. Ihr werdet sehen, hier gibt es gleich zwei verschiedene Strukturen für die Predigt. Das heißt nicht, dass ich jetzt irgendwie durcheinander bin und denke: Vielleicht mache ich es so oder so, gucken wir noch mal. Nein, wir haben in diesen Wochen geplant, dass wir im Abendgottesdienst Alexander Heistermann die Möglichkeit geben, eine Predigtserie zu halten – in Vorbereitung auf seinen Dienst in Hamburg, der im nächsten Jahr beginnt.
Deshalb wird Alex in den nächsten Wochen jeweils abends predigen – den gleichen Text, den wir hier morgens auch predigen. Weil wir ein paar unterschiedliche Gedanken hatten – nicht so sehr unterschiedlich –, haben wir unterschiedliche Strukturen erstellt. Also gilt jetzt die linke Seite.
Jesu entschlossener Weg nach Jerusalem
Ich lese uns die Verse 51 bis 56, in denen beschrieben wird, wie Jesus sich auf den Weg zum Kreuz macht.
Es begab sich aber, als die Zeit erfüllt war, dass er hinweggenommen werden sollte, da wandte er sein Angesicht stracks nach Jerusalem zu wandern. Er sandte Boten vor sich her, die gingen hin und kamen in ein Dorf der Samariter, um ihm Herberge zu bereiten. Doch sie nahmen ihn nicht auf, weil er sein Angesicht nach Jerusalem gewandt hatte.
Als seine Jünger Jakobus und Johannes das sahen, sprachen sie: Herr, willst du, so wollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel falle und sie verzehre. Jesus aber wandte sich um und wies sie zurecht. Daraufhin gingen sie in ein anderes Dorf.
Der Text beginnt mit einer interessanten Aussage: Es begab sich aber, als die Zeit erfüllt war. Das heißt, wir lesen hier, dass die Zeit gekommen ist, die Zeit für ihn, hinweggenommen zu werden – hinweggenommen von den Jüngern, durch seinen Tod am Kreuz und letztendlich durch seine Himmelfahrt.
Was nun geschieht, will uns dieser Text deutlich machen: Es ist kein Zufall und kein Unfall. Es ist Teil eines großen göttlichen Planes. Gott hat eine Zeitachse, er hat alles gut durchgeplant. Jetzt ist die Zeit gekommen, für Jesus, hinweggenommen zu werden. Diesen Plan hatten Gott der Vater und Gott der Sohn von Grundlegung der Welt gemacht.
Nach diesem Plan wurde das Kommen des Herrn Jesus Christus schon im Alten Testament verheißen. Nach diesem Plan „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn“, wie es in Galater 4 heißt. Und nach diesem Plan hatte Jesus erst gelehrt und begann nun den Weg hin zum Kreuz. Die Zeit war dafür gekommen.
So heißt es weiter: Er wandte sein Angesicht stracks nach Jerusalem zu wandern. Diese Worte zeigen die vollkommene Konsequenz, mit der Jesus jetzt auf diesen Weg geht. Wir müssen uns klar machen: Bisher hatte Jesus eine Zeit, in der er sich einer gewissen Popularität erfreute. Die Menschen hatten ihm zugejubelt. Viele waren begeistert von seinen großen Wundern, von den Dingen, die er tat und lehrte.
Es war sicher nicht leicht, das hinter sich zu lassen. Es war sicher nicht leicht, von dieser Phase der großen Zustimmung und des Zulaufs einen Weg zu gehen, der dazu führen würde, dass viele sich von ihm abwenden würden. Ein Weg, auf dem er viel Ablehnung erfahren würde, bis hin dazu, dass am Ende einer seiner Jünger ihn verraten würde. Er würde verhaftet, gefoltert und getötet werden.
Aber Jesus richtete sein Angesicht stracks nach Jerusalem zu wandern. Er ging diesen Weg so direkt und unmittelbar, dass er keine Zeit zu verlieren hatte. Deswegen ging er nicht den Weg, den man gewöhnlich ging, wenn man von Galiläa nach Jerusalem reisen wollte. Er ging durch das Gebiet, das man normalerweise mied, wenn man Jude war: durch Samarien.
Die Samariter waren ein Mischvolk, und zwischen Samaritern und Juden bestand eine große gegenseitige Ablehnung. Die Samariter lehnten vor allem die Hauptstadt Jerusalem mit ihrem Tempel ab. Daher ist es nicht völlig überraschend, dass die Menschen ihn nicht aufnahmen, als sie hörten, hier komme ein Jude, der auf dem Weg nach Jerusalem ist.
Wir sehen hier den Beginn der Zeit der Ablehnung. Es ist ein kleiner Vorgeschmack auf das, was Jesus in Zukunft immer wieder erleben würde, bis er schließlich am Kreuz hängen würde und die Menschen sich von ihm abwenden würden.
Die erste Ablehnung und die Reaktion der Jünger
Die erste Ablehnung
Für Jesus war es klar: Er wusste, dass die Zeit dafür gekommen war. Die Jünger jedoch hatten das noch nicht verstanden. So dachten sie daran, Jesus abzulehnen – unseren mächtigen Herrn, den Herrlichen, den Sohn Gottes, den Allmächtigen.
Jesus, so glauben sie, sollte nun seine göttliche Allmacht zeigen. Nur ein Wort von ihm, und sie würden Feuer vom Himmel senden, das die Gegner vernichten würde. So waren Jakobus und Johannes eingestellt. Uns muss jedoch klar sein: Dieses Feuer vom Himmel hätten die Samariter verdient gehabt.
Die Jünger haben recht: Hier wird der ewige Sohn Gottes abgelehnt, der alles geschaffen hat und dem alles gehört. Wie können Menschen ihm ein Ohr zum Nächtigen verwehren? Ihm gehört doch die ganze Welt. Ein Gericht wäre verdient.
Ich kann die Jünger gut verstehen. Vielleicht geht es uns auch manchmal so, wenn wir erleben, wie Menschen Jesus ablehnen oder wie er in der Öffentlichkeit verspottet wird. In uns Christen gibt es oft etwas im Herzen, das sagt: Das darf nicht sein, Gott muss eingreifen.
Doch eines muss uns klar sein: Hätte Jesus das Feuer vom Himmel gesandt, dann hätte es wahrscheinlich nicht nur die Samariter getroffen, sondern auch seine Jünger. Denn auch sie waren nicht frei von Sünde. Auch sie waren nicht frei von beständiger Rebellion – genauso wie du und ich.
Vielleicht ist es gut, dass wir daran denken, wenn wir meinen, anderen ein Feuer vom Himmel wünschen zu müssen. Die Jünger mussten das verstehen. Genau deshalb war Jesus auf dem Weg zum Kreuz. Deshalb weist er sie zu Recht zurecht.
Er wusste: Wir Menschen, nicht nur die Samariter, sondern alle Menschen, könnten vor Gott im Gericht nicht bestehen. Denn Gott, so liebend und gut er ist, so allmächtig er auch ist, ist eben auch ein gerechter Gott, der alles Unrecht richten muss. Das trifft die Samariter genauso wie die Jünger und genauso wie uns.
Weil Gott aber ein Gott der Liebe, der Gnade und der Barmherzigkeit ist, kommt er in Jesus Christus zu uns und geht den Weg zum Kreuz. So muss das Feuer des Gerichts nicht über die Samariter oder über uns kommen, sondern kann auf Jesus selbst kommen.
Dadurch werden alle, die sich ihm zuwenden und sich in ihm bergen, geschützt vor dem Feuer des göttlichen Gerichts. Deshalb geht Jesus diesen Weg, damit jeder, der ihm seine Schuld bekennt, jeder, der zu ihm flieht und jeder, der ihm nachfolgt, Annahme – eine liebende Annahme – bei Gott findet. So erhält er Vergebung aller Schuld.
Jesus geht den Weg zum Kreuz kompromisslos und direkt. Dabei lehrt er seine Jünger, was es heißt, diesen Weg zu gehen und ihm auf diesem Weg zu folgen.
Drei Begegnungen auf dem Weg zum Kreuz
Und das bringt uns zum zweiten Teil, zu den Versen 57 bis 62. Hier sehen wir in kurzer Abfolge drei Begegnungen, die Jesus mit Männern hat, die ihm nachfolgen wollen. Es sind Jünger, Menschen, die eine Verbindung zu Jesus haben, aber namenlos bleiben.
Es bleibt völlig offen, ob sie ihm letztendlich nachgefolgt sind oder nicht. Solche anonymen Berichte mit offenem Ende haben in biblischen Texten eine besondere Funktion. Sie sollen uns dazu bringen, uns mit ihnen zu identifizieren. Das heißt: Jünger jedermann – Jünger du und ich.
Lasst uns also diese Herausforderungen hören, die Jesus ihnen gibt, und unsere eigenen Herzen prüfen. Wie reagieren wir auf das, was Jesus uns zu sagen hat?
Konkret werden wir hier drei Dinge sehen: Wir sollten Jesus nachfolgen mit den richtigen Erwartungen, mit den richtigen Prioritäten und mit der richtigen Loyalität.
Nachfolge mit realistischen Erwartungen
Als Erstes lesen wir in den Versen 57 und 58 von einem Mann, der sicherlich schon einiges über Jesus wusste. Es war einer dieser Menschen, die Jesus offensichtlich erlebt hatten oder von ihm gehört hatten und begeistert waren von allem, was sie gehört hatten. So ist seine Hinwendung zu Jesus radikal. Er sagt: „Ich will dir folgen, wohin du gehst.“
Ist das nicht großartig? Immer wünschen wir uns so eine Reaktion, wenn wir Menschen zu Jesus einladen, und jemand sagt: „Dem folge ich, egal wohin.“ Halleluja! Das ist eine große Ermutigung, eigentlich für Jesus, oder? Von daher ist es völlig überraschend, wenn wir jetzt hören, wie Jesus reagiert.
Er entgegnet ihm: „Die Füchse haben Gruben, die Vögel unter dem Himmel haben Nester, aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.“
Was soll das? Was macht Jesus hier? Er korrigiert die Erwartungen des Mannes. Dieser Mann erwartete doch sehr wahrscheinlich, dass es so weitergehen würde wie bisher, dass Jesus weiter an Popularität gewinnen würde, dass er weiterhin die Menschen in ihre Schranken weist, die auf falschen Wegen sind. Wahrscheinlich erwartete er, dass der Weg nach Jerusalem der Weg hin zur Thronbesteigung ist, dass Jesus nun die Macht ergreifen und das Reich auf Erden aufrichten würde. Letztendlich würde Jesus das tun.
Aber was dieser Mann lernen musste, ist, dass der Weg dorthin ein Weg der Ablehnung und des Widerstands sein wird. Der Weg zur Herrlichkeit führt über das Kreuz. Jesus macht ihm deutlich: „Das ist der Weg, den ich gehen werde. Willst du mir immer noch nachfolgen? Ich habe keinen Ort, wo ich mein Haupt niederlegen kann.“
Das hat er ja gerade eben erlebt, als die Jünger versuchten, einen Ort für ihn zu finden, wo er sein Haupt niederlegen konnte. Ihr Lieben, diesen Widerstand und diese Ablehnung, die Jesus erlebt und mit der jeder rechnen muss, der ihm nachfolgt, ist etwas, das es zu bedenken gilt, bevor wir vollmundig sagen: „Ich will dir folgen, wohin du gehst.“
Jesus hat den Jüngern deutlich gesagt: Wer mir nachfolgen will, muss sein Kreuz auf sich nehmen. Das gilt auch für dich und mich heute. Bist du dazu bereit? Jesus macht von nun an immer wieder deutlich, dass es jedem, der ihm nachfolgen will, alles kosten kann, ihm nachzufolgen.
In vielen Ländern ist das heute ganz offensichtlich, weil Christen verfolgt werden und im Leben bedroht sind, wenn sie Jesus nachfolgen. Hier in Deutschland ist das nicht so, und doch erleben auch wir, dass Jesus treu nachzufolgen nicht immer leicht ist. Wir erleben Widerstand. Wir erleben, dass es uns auch unsere Sehnsüchte und Träume kosten kann, wenn wir Jesus nachfolgen.
Vielleicht würde es dich deine Karriere kosten, wenn du nicht bereit bist zu lügen und zu betrügen. Vielleicht wirst du auf anderes verzichten müssen, nach dem dein Herz begehrt, nur weil du Jesus nachfolgst. München ist die Singlehauptstadt Deutschlands. Viele christliche Singles, die sich danach sehnen, einen Ehepartner zu finden und Kinder zu haben, müssen erleben, dass wenn sie Jesus treu nachfolgen und nicht eine Beziehung eingehen mit Nichtchristen, sie vielleicht niemanden finden und vielleicht nie eine Familie haben werden.
Das ist Verlust, das ist Entbehrung, das kostet manchem Träume. Seien wir bereit dazu. Anderem wird es Anerkennung kosten, sich im Freundeskreis klar zu Jesus zu bekennen. Was werden die Leute sagen?
Wenn du mit Jesus lebst, dann weißt du selbst am besten, welche Kosten es mit sich bringt, welche Konsequenzen es hat. Leider sagen wir das vielen Menschen oft nicht, wenn wir sie zum Glauben einladen. Ihr habt mehr als einmal erleben müssen – das sind die traurigen Momente im pastoralen Dienst –, dass sich jemand enttäuscht von Jesus abgewandt hat. Jemand, der eine Zeit lang Jesus nachgefolgt ist, sagt dann: „Nein, so nicht. Ich hatte mir erwartet, dass alles besser wird mit Jesus, und jetzt erlebe ich Entbehrung und Leid.“
Dann stellt sich die Frage: Vielleicht glaube ich nicht genug, aber vielleicht ist Jesus einfach auch nicht der, der er behauptet zu sein. Vielleicht liebt er mich nicht, oder vielleicht kann er einfach nicht anders.
Wenn wir das verstehen, glaube ich, dann verstehen wir auch, dass es ein Akt der Liebe ist, dass Jesus diesem Mann sagt, was ihn erwartet. Toll, dass er ihm nachfolgen will, wohin er auch geht. Aber bedenke, wohin ich gehe.
Ich hoffe, wir haben die richtige Erwartung für den Weg mit Jesus. Der Weg ihm nach ist ein Weg der Entbehrung und der Ablehnung. Das müssen wir wissen, bevor wir diesen Weg gehen, damit wir ihn bis zum Ende gehen.
Nachfolge mit klaren Prioritäten
Dann folgt eine zweite Begegnung. Wie bereits erwähnt, verschwindet dieser Mann im Nebel. Wir wissen nicht, was mit ihm geschieht, ob er nun mitgeht oder es sich anders überlegt. Wir sehen lediglich, dass in Vers 59 eine zweite Begegnung stattfindet. Dieses Mal ist es Jesus selbst, der das Wort ergreift und einen Mann in seine Nachfolge ruft.
Er sagte zu einem anderen: „Folge mir nach!“ Der antwortete jedoch: „Herr, erlaube mir, dass ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe.“
Das Erste, was wir hier feststellen müssen: Auch dieser Mann sagt nicht, dass er Jesus nicht nachfolgen will. Er hört Jesu Ruf und gibt ein indirektes Ja. Er sagt nur, dass er vorher noch etwas erledigen möchte, nämlich seinen Vater zu begraben. Doch Jesus entgegnet ihm: „Lass die Toten ihre Toten begraben, du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes.“
Radikale Worte, oder? Das Anliegen des Mannes war ja nicht verkehrt. Es spricht sicher nichts dagegen, zu Beerdigungen zu gehen oder sich um die Beerdigung der eigenen Angehörigen zu kümmern. Aber was Jesus deutlich macht, ist: Dein Vater ist tot. Es werden sich Leute finden, die ihn beerdigen, die geistlich vielleicht noch nicht so wach sind, dass sie sagen: „Ich will Jesus nachfolgen.“
Wenn du jetzt das übernimmst, wenn du das jetzt machst – Jesus richtete sein Angesicht darauf, bald nach Jerusalem zu gehen – und du jetzt nicht mitgehst, dann bin ich weg. Mir nachfolgen heißt jetzt mir nachfolgen. Lass das andere machen. Es gibt nichts Wichtigeres, nichts Dringlicheres als mitzugehen.
Also fordert Jesus diesen Mann letztlich heraus, seine Prioritäten zu ordnen. Wenn Jesus ruft, sollte uns nichts wichtiger sein, als seinem Ruf zu folgen. Wer bei Jesu Ruf zögert und anderes für wichtiger und dringlicher hält, wird wahrscheinlich immer einen Grund finden, warum er gerade jetzt nicht Jesus nachfolgen kann. „Morgen, morgen, nur nicht heute.“ Jesus nachzufolgen heißt, seine Priorität neu zu ordnen.
Ich denke, wir alle wissen, dass wir das immer wieder nötig haben. Wir kennen Situationen, in denen uns bewusst ist, wozu Jesus uns eigentlich ruft. Aber es gibt etwas anderes, oft sogar etwas an sich Gutes, das auf einmal in Konkurrenz zu seinem Ruf tritt.
Ich denke hier an christliche Ehepartner, die einen nichtchristlichen Ehepartner haben. Dieser möchte, dass man zumindest am Sonntagmorgen mal mit der ganzen Familie in Ruhe frühstückt. Der Kirchenbesuch steht dem im Weg. Natürlich ist die eheliche Gemeinschaft wichtig und die Zeit als Familie. Und doch ruft uns Gottes Wort dazu auf, die Versammlung der Gläubigen nicht zu verlassen.
Ich denke an Eltern, die vielleicht seit dieser Woche Schulkinder haben und wollen, dass es ihren Kindern in der Schule gut geht, dass sie gute Noten schreiben und sich gut entwickeln. Deshalb investieren sie Zeit in ihre Kinder. Oft ist dann der Sonntag der einzige Tag, an dem man noch einmal richtig für die Schule üben kann. Da muss dann halt mal der Gottesdienst ausfallen.
Oder ich denke an die Jugendlichen, die schon ein paar Jahre länger zur Schule gehen und schon ein bisschen weiter sind. Am Freitag ist Jungschau, Teamkreis oder Jugend. Aber am Freitag gibt es auch viele andere Dinge, die man tun kann. Auf einmal verschieben sich die Prioritäten und man tut andere Dinge.
Ich glaube, wir alle kennen diese Versuchung. Wir haben immer wieder Gelegenheit, mit jemandem über den Glauben zu reden, aber vielleicht gerade eigentlich etwas anderes, worüber wir reden wollen. Oder vielleicht haben wir eigentlich gar keine Zeit zum Reden.
Oder wir wissen, dass Jesus uns dazu aufruft, in Gemeinschaft mit ihm zu leben und zu beten. Aber es gibt so viel anderes, was man auch tun sollte, und dann fällt die Gebetszeit wieder aus. Ich kenne das aus meinem eigenen Leben. Ich weiß, wie oft es mir so geht. Beim Schreiben dieser Worte wurde ich davon überführt, dass das auch diese Woche wieder so war.
Wenn Gott dich durch sein Wort und durch seinen Heiligen Geist davon überführt, dass deine Prioritäten anfangen zu verrutschen, dann zögere nicht. Mach jetzt, gleich jetzt konkrete Pläne, schreib es dir auf. Denn wenn du jetzt überführt bist, aber nicht handelst, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass du es auch später nicht tun wirst – auch wenn du dir vornimmst: „Da denke ich morgen noch mal drüber nach.“
Wenn Jesus ruft, gibt es nichts Dringlicheres, nichts Wichtigeres als diesem Ruf unmittelbar zu folgen.
Das sollten wir auch anderen Menschen sagen. Nach Jesu Ruf „Folge mir nach!“ folgt dann ein „Du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes.“ Lieber Christ, diese Berufung gilt uns allen. König Jesus hat uns hineingerufen in sein Reich, das hier noch nicht sichtbar ist, aber wir leben schon unter seiner guten Herrschaft. Wir sind Bürger seines Reiches. Eines Tages wird dieses Reich sichtbar aufgerichtet, und unser Bürgerrecht wird für alle Welt sichtbar werden.
Aber er hat uns noch hier auf Erden belassen, noch hier in dieser Welt, damit wir auch andere Menschen herausrufen aus der Verlorenheit. Wir sollen sie davor warnen, dass das Feuer vom Himmel eines Tages kommen wird, damit sie nicht gerichtet, sondern gerettet werden.
Wir dürfen Botschafter in Christi statt sein. Das ist ein wesentlicher Aspekt unserer Existenz hier auf Erden. Das heißt nicht, dass wir alle berufen sind, Missionare zu werden. Aber es heißt, dass wir alle Gelegenheiten suchen und nutzen sollten, das Wort Gottes, die Botschaft vom kommenden Reich Gottes in Wort und Tat zu verkündigen.
Was kann es Wichtigeres in deinem Leben geben? Was könnte dringlicher sein, als Menschen in Jesu Nachfolge zu rufen?
Ich hoffe, dass Jesus uns hier neu herausfordern darf durch diese Worte. Auch hier gilt: Mach konkrete Pläne! Wenn du jemanden vor Augen hast, der diesen Ruf dringend hören muss, dann denk nicht nur: „Ja, das wäre eigentlich ganz gut.“ Sondern mach konkrete Pläne!
Rufe heute Nachmittag noch an, schreibe eine E-Mail, einen Brief oder lade jemanden zum Gottesdienst ein – was auch immer angemessen ist.
Nachfolge mit ungeteilter Loyalität
Schließlich sehen wir ab Vers 61 eine dritte Begegnung, die Jesus auf dem Weg hat. Wieder kommt ein Mann zu ihm und sagt: Herr, ich will dir nachfolgen, aber erlaube mir, dass ich Abschied nehme von denen, die in meinem Hause sind.
Diese Situation ähnelt der Begegnung zuvor mit dem Mann, der noch seinen Vater beerdigen wollte. Auch hier ist das Anliegen nachvollziehbar. Der Mann möchte Abschied nehmen und noch einmal zurück in sein Haus gehen. Doch auch dieser Mann wird von Jesus belehrt.
Jesus spricht zu ihm: Wer seine Hand an den Pflug legt und dabei zurückblickt, ist nicht geschickt für das Reich Gottes. Hier wird deutlich, dass es Jesus darum geht, dass der Mann seine Loyalitäten klärt. Wenn Jesus uns ruft, ist es grundverkehrt zu sagen: Okay, demnächst, aber erst noch einmal zurück in die Welt, noch einmal den anderen Weg gehen.
Jesus sagt: Folge mir nach! Das ist der Weg, den du gehen musst. Wir müssen uns klar machen, dass Jesus auf dem Weg ist – er geht zum Kreuz und steuert auf Jerusalem zu. Wenn dieser Mann noch einmal zurück zu seiner Familie geht, ist Jesus wahrscheinlich schon weit weg und hat ihn nicht mehr im Blick. Die Wahrscheinlichkeit, dass er ihm dann noch nachfolgt, wird geringer.
Außerdem ist er dann bei einer Familie, die wahrscheinlich sagen wird: Wir haben dich eigentlich ganz gern, bleib doch hier. Sie werden versuchen, ihn davon zu überzeugen, Jesus nicht nachzufolgen. Deshalb ist es wichtig, nicht zu warten, sondern die Loyalitäten gleich zu klären und Jesus nachzufolgen.
Ich habe im Urlaub einen neuen Film gesehen, eine Neuverfilmung des alten Buchs „Die Pilgerreise“ von John Bunyan. Der Film beginnt mit Christian. Er wird von Gott aus der Welt herausgerufen, doch seine Familie will nicht, dass er geht. Christian steckt sich die Finger in die Ohren und geht trotzdem. Er will das Rufen nicht mehr hören, weil er weiß, dass es ihn nur abbringen könnte. Er sagt nur: Jesus nach, nur hin zur himmlischen Stadt.
Genau so sollten wir leben: Wenn uns die alten Dinge, die uns mal gebunden haben, rufen, stecken wir die Finger in die Ohren und gehen in die andere Richtung – Jesus nach!
Die Bibel zeigt uns auch ein anderes Beispiel dafür, was passiert, wenn man zurückschaut – das, wovor Jesus hier warnt: die Frau von Lot. Sie sollten Sodom und Gomorra verlassen und aus der Stadt fliehen, weil sie vom Feuer und Schwefel vom Himmel vernichtet werden sollte. Doch irgendetwas in ihrem Herzen hing noch an dieser Stadt. Deshalb drehte sie sich entgegen dem klaren Auftrag Gottes um. Der Rest ist Geschichte: Sie erstarrte zur Salzsäule. Das war ihr Ende.
Jesus erwartet ungeteilte Loyalitäten. Lieber Christ, gibt es Dinge in deinem alten Leben, an denen du noch hängst? Von denen du dich zumindest noch einmal verabschieden möchtest? Wonach könntest du versucht sein, dich umzudrehen?
Ganz ehrlich, diese Fragen sind nicht weit weg. Ist es nicht so, dass unser Herz immer wieder anfängt, sich an andere Dinge zu hängen? Gerade im Juli haben wir eine Predigtserie über Götzen gehalten. Wir im Pastorenteam wussten alle, dass wir selbst damit kämpfen! Wir haben euch eigentlich nur das gepredigt, womit wir selbst zu kämpfen haben.
Ich möchte uns Mut machen, unsere Herzen konsequent an Jesus zu hängen. Er ruft uns dazu auf: Kläre deine Loyalitäten! Gehörst du zu Jesus, gehört ihm dein Herz!
Das heißt für uns nicht nur, einmal umzukehren, Buße zu tun, uns zu bekehren und Jesus nachzufolgen. Es bedeutet, jeden Tag neu kleine Kurskorrekturen vorzunehmen. Denn wir sind immer wieder geneigt, uns abzuwenden und uns von Dingen wegziehen zu lassen.
Gott gibt uns die Gemeinschaft der Gläubigen und sein Wort, um uns immer wieder auf den richtigen Weg zu rufen. Genau das tut Jesus hier.
Zusammenfassung: Jesu Nachfolge als Herausforderung und Hoffnung
Wir sehen also: Jesus nachzufolgen ist herausfordernd. Das ist ganz deutlich.
Ich denke, Jesus nachzufolgen schaffen wir nur, wenn wir ihn klar im Blick haben und erkennen, wer er ist und wohin er geht. Wir haben gerade darüber nachgedacht, dass wir unsere Erwartungen, unsere Prioritäten und unsere Loyalität klären müssen.
Lasst uns noch einmal bedenken, wie das bei Jesus war. Jesus ging den Weg zum Kreuz, und seine Erwartung war klar: Er wusste, dass er Mensch geworden war, um sein Leben als Lösegeld für viele zu geben. Er kündigt das an. Jesus geht diesen Weg uns voran, im Wissen um den Widerstand.
Jesus geht diesen Weg, weil er nicht nur weiß, was ihn zunächst erwartet, sondern auch, was danach kommt. Sein Horizont ist weiter. Er erwartet Widerstand und das Kreuz, dann die Auferstehung, die Himmelfahrt, seine Wiederkehr und die Aufrichtung seines Reiches.
Ich hoffe, das ist auch deine Erwartung: dass du den Blick so weit richten kannst, zu sagen: Ja, ich rechne mit Widerstand, weil ich weiß, dass es jemanden gibt, der nicht will, dass ich das herrliche Ziel erreiche. Aber ich lasse mich nicht abbringen. Ich habe meine Erwartungen klar geordnet, sie sind von Gott her in meinem Kopf und Herzen festgemacht. Deshalb bin ich bereit, ihm nachzufolgen – auch wenn das Widerstand und Entbehrung bedeutet.
Wir sehen, wie Jesus seine Prioritäten klar hat. Jesus setzt sein Angesicht darauf, geradewegs nach Jerusalem zu gehen. Keine zwei Prioritäten, eine völlig klare: Das ist jetzt dran, das muss jetzt geschehen.
Warum? Damit er dort für uns das tun kann, was wir selbst nicht tun können. Um uns mit Gott, dem Vater, zu versöhnen und dort unsere Schuld auf sich zu nehmen. Nichts ist ihm wichtiger, als das zu tun, was getan werden musste, damit Menschen wie du und ich die Herrlichkeit erreichen und im Reich Gottes leben können.
Ist es deine Priorität, zu ihm zu kommen, um das Ziel mit ihm zu erreichen?
Jesu Loyalität war völlig klar. In allem tat er den Willen seines Vaters. Selbst als er am Vorabend seiner Kreuzigung im Garten Gethsemane betete, im Wissen darum, was ihn erwartet, bat er, dass, wenn es irgendwie möglich ist, dieser Kelch des furchtbaren Leidens ihm erspart bleiben möge.
Doch er betete dann doch: Nicht mein Wille, sondern dein Wille, lieber Vater, geschehe. Seine Loyalitäten waren klar geordnet. Seine Loyalität zum Vater geht einher mit einer Loyalität zu allen, die auf ihn vertrauen. Diese Loyalität ist so groß, dass er gesagt hat: Ich lasse euch nicht zurück wie Schafe ohne Hirten. Nein, ich komme zu euch durch meinen Geist.
Ich helfe euch, den Weg zu gehen. Ich bin euer Tröster, euer Fürsprecher. Ja, ich bin derjenige, der euch sogar hilft, umzukehren, wenn ihr auf falschen Wegen seid. Ich bringe euch sicher nach Hause.
Lieber Christ, höre die Worte Jesu: Wahrlich, ich sage euch, es ist niemand, der Haus oder Frau oder Brüder oder Eltern oder Kinder verlässt um des Reiches Gottes willen, der es nicht vielfach wieder empfängt – in dieser Zeit und in der zukünftigen – das ewige Leben.
So höre Jesu Ruf: Komm und folge mir nach.
Ich bete mit uns: Himmlischer Vater, danke, dass du uns in deine Nachfolge rufst. Danke, dass wir wissen dürfen: Du bist den Weg gegangen, zum Kreuz und weiter. Danke, dass Entbehrung und Leid nicht das Ende der Geschichte sind, sondern der Übergang hin zur Herrlichkeit danach.
Herr, ich bete, dass du unsere Erwartungen genau darauf ausrichtest, dass wir das Kreuz auf uns nehmen – im Wissen darum, dass du uns hilfst, es zu tragen, so dass wir die Herrlichkeit erreichen.
Herr, ich bete, dass du uns hilfst, unsere Prioritäten neu zu ordnen, so dass wir nicht andere Dinge wichtiger werden lassen als ein Leben mit dir. Vergib uns, dass wir das immer wieder tun, und danke, dass du so geduldig und gnädig bist.
Herr, wir danken dir, dass du in allen Dingen deinem Vater loyal warst und getan hast, wozu du gekommen bist. Du verdienst es, dass auch wir dir loyal sind.
Wir können das nicht aus eigener Kraft, aber du gibst uns deinen Geist, der uns befähigt. Deine Kraft ist in unserer Schwachheit mächtig. Vergib uns, dass wir oft den Lügen des Teufels glauben, dass wir das nicht können. Denn du hast gesagt, du wirst uns dazu befähigen.
Hilf uns neu, unsere Herzen ganz an dich zu hängen, so dass wir mit dir leben und bei dir bleiben.
Das beten wir in Jesu Namen. Amen.