Lebensqualität jenseits der Umstände
Woran machst du fest, ob dein Leben, so wie du es gerade führst, gut ist? Machst du es an deinen Lebensumständen fest oder an der Frage, inwiefern dein Leben dazu beiträgt, dass andere Menschen motiviert werden, das Evangelium zu predigen und im Glauben gefördert werden?
Das ist die große Frage: Bestimmen meine Lebensumstände mein Lebensgefühl? Bin ich krank, also geht es mir schlecht? Habe ich meinen Job verloren, deswegen ist mein Leben nichts mehr wert? Bin ich in einer Situation gefangen, aus der ich nicht herauskomme, und deshalb ist mein ganzes Leben irgendwie blöd? Ist es wirklich so?
Paulus macht hier eines deutlich: Für ihn gibt es einen Maßstab im Leben. Dieser Maßstab ist nicht, wie gesund er ist. Ich habe einen Verwandten, der mir immer zum Geburtstag wünscht: „Hauptsache gesund.“ Ich atme dann immer durch und denke mir: Nein, das stimmt doch irgendwie nicht. Darum geht es nicht. Ein lieber Freund von mir hat mal gesagt: Auch die Gesundheit ist zum Tod. Am Ende steht sowieso, dass nichts mehr weitergeht.
Es geht also nicht darum, „hauptsache gesund“ zu sein, sondern um etwas ganz anderes. Worum geht es? Dass ich mit meinem Leben einen wirklichen Beitrag dazu leiste, dass das Reich Gottes wächst, dass Menschen begreifen, was Gott für sie getan hat. Oder hier: dass ich mit meinem Leben für andere Menschen zum Anstoß werde – und zwar im positiven Sinne. Dass sie über mich nachdenken, darüber nachdenken und dann vielleicht ermutigt werden, ihren Glauben zu leben.
Lebensumstände sollte man also immer aus dieser Perspektive betrachten und nicht denken, dass die Lebensumstände für sich genommen schon einen Wert haben. In dem Moment, in dem wir unser Leben Gott übergeben haben, übertragen wir ihm die Herrschaft über unser Leben. Dieses „Sklave oder Knecht Christi Jesu“, das wir am Anfang hatten.
Wir dürfen uns nicht beschweren, wenn Gott sagt: „Okay, darauf gehe ich ein.“ Dann wollen wir mal schauen, wie wir eine gefallene, kaputte Schöpfung erreichen, in der Menschen en masse kaputt sind und nicht mehr wissen, wie sie leben sollen. Ich schicke dich zu solchen Menschen. Ich bringe dich in Kontakt mit solchen Menschen.
Ich lasse es zu, dass du in dem Moment, wo du auf solche Menschen triffst, verletzt wirst. Dass du vielleicht sogar, wie Paulus hier, deine Gesundheit verlierst, deine Freiheit verlierst und ein Stück weit auch deine Ehre verlierst.
Die Motivation hinter dem Predigen
Das werden wir jetzt sehen, hier in Vers 15: Einige predigen Christus zwar auch aus Neid und Streit. Das ist schon grob. Immer wenn ich das lese, frage ich mich, wie man so etwas bringen kann. Aber Paulus weiß genau, was er sagt. Auf der einen Seite sagt er, dass die Christen anfangen, viel mehr zu predigen – entschuldigung, viel mehr zu beten und zu predigen. Auf der anderen Seite sagt er, einige predigen Christus aus Neid und Streit.
Das Wort, das hier für Neid steht, beschreibt eine ganz besonders üble Art von Neid. Es gibt ja so ein bisschen neidisch sein, zum Beispiel wenn man sieht, dass Herr Schuhmacher privat vielleicht mit einem Auto fährt, das er früher beruflich genutzt hat. Man denkt sich dann vielleicht: „Mir macht es auch Spaß, mit so einem kleinen roten Flitzer mal durch die Gegend zu fahren.“ Das ist so ein kleiner Anflug von „Hm, hätte ich auch mal gerne.“
Aber dann gibt es diesen richtig fiesen Neid, bei dem man bereit ist, dem anderen etwas wegzunehmen, ihn wirklich zu berauben. Man fängt an, darüber nachzudenken: „Wie komme ich da wirklich ran?“ Und genau diese Art von Neid ist hier gemeint – die ganz besonders üble Sorte. Es ist die Art von Neid, die Menschen dazu geführt hat, Jesus zu überliefern. Letztlich ist es die Haltung der Christusmörder. Erschreckenderweise findet sich diese Haltung auch bei Christen, die predigen.
Sie predigen Christus, sie predigen das Richtige. Sie predigen nichts Falsches, sondern das Evangelium: Jesus ist auferstanden, Jesus ist für eure Sünden gestorben, Jesus ist Herr. Aber innerlich ist die Motivation, warum sie das tun, Neid und Streit.
Bleibt die Frage: Warum tun wir, was wir tun? Es liegt nahe, sich diese Frage zu stellen, wenn wir als diejenigen auftreten, die über Jesus reden: Was motiviert uns eigentlich? Paulus sagt, es gibt Menschen, die aus einer ganz falschen Haltung predigen. Einige aber tun es auch aus gutem Willen.
Das Wort „aus gutem Willen“ bedeutet sonst meistens Gottes Willen oder Gottes Wohlgefallen. Dahinter steckt der Gedanke, dass Menschen das Evangelium predigen, weil sie sehen, dass Gott Wohlgefallen an Paulus hat. Sie erkennen, dass es Gott sein muss, der dafür sorgt, dass ein inhaftierter Missionar zum Zentrum einer Missionarstätigkeit wird, die die ganze Hauptstadt erreicht. Das funktioniert nur, weil Gott dahintersteht.
Aus dieser Haltung heraus, weil sie sehen, dass Gott zu Paulus steht, geben sie ihre Liebe zum Apostel frei, die sie vielleicht vorher versteckt haben. Vielleicht hatten sie Angst, diese Liebe offen zu zeigen. Nun aber predigen sie selbst das Evangelium.
In Vers 16 heißt es: Diese predigen aus Liebe, weil sie wissen, dass ich zur Verteidigung des Evangeliums eingesetzt bin. Hier geht es um die Perspektive. Die Leute predigen das Evangelium, weil sie die Gefangenschaft von Paulus richtig beurteilen können. Sie sehen seinen Dienst der Verteidigung – erinnert euch an das Wort „Apologetik“ von gestern – und sie wissen: Paulus ist zwar im Gefängnis, aber das ist kein Ausdruck von Missfallen. Es ist nicht so, als hätte Gott ihn bestraft. Im Gegenteil.
Sie verstehen, dass Paulus im Gefängnis genau den Willen Gottes auslebt. Er erfährt die Ablehnung, die auch Jesus erfahren hat. Die Christen fangen an, sich mit diesem Apostel zu identifizieren, der sein ganzes Leben investiert. Sie stellen sich die Frage und sagen: Wenn Paulus das wagt und an dieser Stelle so viel Erfolg hat – das Evangelium lässt sich im Gefängnis nicht totkriegen –, wie viel können wir hier draußen schaffen? Sie trauen sich zu, dasselbe zu tun.
Diese predigen aus Liebe, weil sie wissen, dass Paulus zur Verteidigung des Evangeliums eingesetzt ist. Die anderen aber predigen aus Eigennutz. Sie verkündigen Christus nicht aufrichtig. Es sind Leute, die das Evangelium predigen, deren Motivation aber unehrenhaft ist: Eigennutz, Selbstsucht, Rivalität.
Da ist jemand, der predigt, weil er Paulus eins auswischen will. Er weiß, Paulus kommt nicht raus, und er predigt, um Paulus zu zeigen, dass er ihm Trübsal bereitet, obwohl Paulus in Fesseln ist. Das Wort „Trübsal“ umfasst hier Verfolgung, Gefängnis, Krankheit bis hin zu psychischem Leid. Es bedeutet in diesem Zusammenhang so viel wie: Paulus durch das, was sie tun, zu belasten und zu bedrücken.
Sie kommen ja nicht an ihn heran. Also was machen sie? Paulus sitzt im Gefängnis, seine Lebensumstände sind miserabel. Und als ob das nicht reicht, merken sie, dass es draußen Leute gibt, die predigen, nur um ihm eins auszuwischen. Und Paulus weiß das auch. Er merkt das.
Die Freude am Evangelium trotz Widerständen
Was mache ich jetzt, wenn so etwas passiert? Und nun, Vers 18: Was bedeutet das eigentlich? Christlich betrachtet, was bedeutet das?
Es wird auf jede Weise getan, sei es aus Vorwand – wir würden sagen, auch durch Vorspiegelung falscher Tatsachen. Da tut einer nur so, als würde er es für Paulus tun. Oder in Wahrheit predigt jemand wirklich ohne Hintergedanken und verkündet Christus. Und darüber freue ich mich.
Stark, oder? Ja, ich weiß, es gibt Leute, die mögen mich nicht, die lehnen mich ab. Sie tun Dinge, um mir das so richtig zu zeigen. Sie predigen eigentlich nur mit dem Ziel, dass ich mich hier schlecht fühle. Vielleicht fühle ich mich auch schlecht. Aber wisst ihr was? Es interessiert mich nicht. Es ist mir egal.
Warum? Weil mein Leben dazu da ist, dass das Evangelium verkündigt wird. Und wenn Christus verkündet wird, egal aus welcher Motivation heraus, und selbst wenn es meine eigene Ehre kostet, wenn Leute es tun und mir dabei eins auswischen wollen, dann freue ich mich darüber, dass Jesus verkündigt wird. Dass draußen Menschen überhaupt Jesus predigen – das ist seine Perspektive.
Ich weiß nicht, wie wir an dieser Stelle reagiert hätten. Ob wir auch gesagt hätten: Klar, gar kein Problem, mir geht es eigentlich hinten und vorne schlecht. Also hätten wir es auch geschafft, diesen Blick zu haben? Schaffen wir es, unser Leben aus der Perspektive des Evangeliums zu sehen? Hat unser Leben überhaupt diese Perspektive?
Wenn wir in unserem Leben überhaupt nicht für das Evangelium leben, dann können wir es auch nicht aus dieser Perspektive betrachten. Wenn das Evangelium in unserem Leben, also die Verbreitung der Botschaft vom Evangelium, keine Rolle spielt, dann kann ich mir auch nicht die Frage stellen, ob mein Leben einen Sinn hat und ob meine Lebensumstände bedeutungsvoll oder nicht so bedeutungsvoll sind.
Aber in dem Moment, wo ich sage: Ich lebe für das Evangelium, und das hat auch in meinem Leben wirklich eine Bedeutung, da steckt eine Substanz hinter der Aussage „Ich lebe für das Evangelium“. Dann kann ich auch, wenn das Evangelium in meinem Leben als Maßstab fungiert, sagen: Okay, wenn meine Lebensumstände mal nicht mehr so sind, wie ich sie mir eigentlich erträumt habe, dann kann ich mir doch Gedanken machen, was das für das Evangelium bedeutet.
Und wenn ich feststelle, dass meine Lebensumstände trotzdem für das Evangelium gut sind, dann kann ich mich doch freuen! Das ist die Idee hier: Die Knechte Jesu Christi haben einen Herrn, und der Herr gibt ihnen einen Auftrag. Geht hin, predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung! Setzt euch dafür ein, dass Menschen das Evangelium hören, annehmen, verstehen und dass Lebensveränderung eintritt. Das ist eure Aufgabe!
Und wenn du das tun darfst in Deutschland, ohne große Verfolgung, mit einer netten Familie, wohlgeratenen Kindern und vielleicht einem schönen VW-Bus oder ähnlichem, dann freu dich. Aber wenn das mal nicht mehr der Fall sein sollte, wenn plötzlich Dinge in deinem Leben passieren, bei denen du sagst: Ich weiß nicht mehr weiter – weil du krank wirst, deinen Job verlierst oder vielleicht dein Ehepartner zu dir sagt „Tschüss“ oder deine Kinder Schwierigkeiten machen –, ich weiß nicht, was alles passieren kann, um dein Leben durcheinanderzubringen.
Bis hin dazu, dass wir über Verfolgung sprechen können – vielleicht nicht in Deutschland, aber in anderen Ländern – dann müssen wir lernen, die Frage zu stellen: Was macht das mit dem Evangelium? Und wenn wir die Frage stellen: Was macht das mit mir? – dann ist das eine Perspektive, die wir natürlich schnell einnehmen, weil sie so naheliegend ist.
Aber es ist von der Bibel her eine Perspektive, die sich eigentlich nicht gehört. Es ist eigentlich nicht die biblische Perspektive, wenn wir Knechte Jesu Christi sind. Wir sind berufen, hier auf dieser Erde das Evangelium zu predigen. Das ist unser Job.
Wir sind nicht dazu berufen, Karriere zu machen. Wir sind definitiv nicht dazu berufen, Geld anzuhäufen – das ist uns sogar verboten. Wir sind definitiv nicht dazu berufen, die glücklichsten Menschen der Welt zu sein. Wir sind definitiv nicht dazu berufen, dass alle gut von uns reden. Wenn das passiert, sollten wir ganz vorsichtig sein, sagt die Bibel. So ist man früher mit falschen Propheten umgegangen.
Diese Berufung haben wir alle nicht. Wir haben eine einzige Berufung, wir haben einen Job bekommen: Wir sollen den Menschen sagen, dass unser Vater im Himmel sie liebt. Und das sollen wir so gut machen, wie es irgendwie geht. Dafür sollen wir uns einsetzen.
Deswegen sollen wir Jesus so ähnlich werden wie möglich, damit man an uns das Evangelium sieht. Wir sollen eine Bekräftigung, eine Bestätigung des Evangeliums sein. Deshalb beschäftigen wir uns mit der Bibel, damit wir Antworten geben können. Deshalb lieben wir Menschen auf eine ehrliche Weise, weil das in uns drinsteckt.
Die Leidenschaft für das Evangelium als Lebensziel
Und ich möchte euch diese Frage ganz bewusst für euer persönliches Leben stellen: Was ist dein Lebensziel? Wenn du dein Leben beurteilen möchtest, wonach richtest du dich dabei?
Es gibt auch unangenehme Fragen an dieser Stelle, zum Beispiel: Wenn das Evangelium unser Auftrag ist, ist das wirklich auch für uns persönlich so? Ist es wirklich unsere Leidenschaft?
Ich habe einen Bruder, der diese Leidenschaft hat. Ja, das ist lustig. Ihr wisst ja, dass wir immer diese Chillouts machen, oder? Falls nicht, sage ich es euch: Sonntagabend alle zwei Wochen ist Chillout-Time. Wir machen eine Fete, laden unsere Freunde ein und versuchen, gute geistliche Gespräche zu führen.
Am letzten Sonntag waren wir relativ wenige. Ich habe einen jungen Bruder, der einfach mit Leuten über das Evangelium reden muss. Ich werde ihm irgendwann mal ein T-Shirt kaufen: "Ich bin Ernte". Es gibt ja solche Leute, die das Evangelium sehen – er ist immer derjenige, der ernten möchte.
Er hat eine Art, die für mich nicht ganz nachvollziehbar ist. Er fragt Leute direkt, warum sie sich eigentlich nicht bekehren möchten. Wann immer ich Leute habe, mit denen ich gern mal in der Bibel lesen würde, aber mich nicht traue, schickt er ihnen eine Nachricht: "Du darfst mal machen." Denn ich weiß, wenn jemand es schafft, Leute zu überreden, mit mir in der Bibel zu lesen – gerade die, bei denen ich nicht mehr weiterkomme und merke, dass ich nicht mit jedem so einfach und schnell ins Gespräch komme – dann ist er das.
Er hat eine echte Leidenschaft für das Evangelium. Anfang des Jahres hatte er eine Tiefphase. Er meinte, er brenne gar nicht mehr so für das Evangelium, ihm gehe es schlecht. Das hat er beim Hauskreis etwa drei Monate lang gesagt. Wir haben immer wieder für ihn gebetet und ihn ermutigt: „Komm!“
Plötzlich merkte ich, dass es wieder zurückkommt. Am Sonntag war so eine typische Situation: Er saß noch alleine im Wohnzimmer, während wir draußen auf dem Balkon saßen und uns unterhielten. Man merkte förmlich, dass er Lust hatte.
Wenn du von außen rein schaust, siehst du ihn da mit jemand anderem sitzen. Er redet eine Viertelstunde, eine halbe Stunde. Irgendwann steht er auf, holt eine Bibel, und das Gespräch geht weiter. Dann zieht er sich in einen anderen Teil des Raumes zurück.
Plötzlich kam jemand von draußen rein und sagte: „Hey, wir müssen jetzt beten, es wird langsam ernst.“ Drinnen wurde also geredet, draußen auf dem Balkon gebetet. Etwa um Mitternacht kam er dann zu uns und meinte: „Wir haben einen neuen Bruder im Herrn.“
Warum erzähle ich euch das? Weil hier jemand eine Leidenschaft hat. Weil hier jemand sagt: „Ich werde dieses Gespräch zu Ende führen.“ Er macht sich vielleicht ein bisschen zum Deppen dabei, und es ist auch ein bisschen komisch, aber er bringt es zu Ende.
Ich bewundere solche Leute. Ich habe manchmal eine gewisse Ladehemmung. Ich habe volles Verständnis für jeden, der sich das nicht traut. Aber ich merke, dass da etwas brennt.
Ich habe seiner Frau eine Mail geschrieben und meinte, das sei wie Kerosin für die Flamme. Genau, jetzt brennt es wieder. Heute Abend trifft er sich wieder mit Freunden, mit denen er schon lange mal wieder reden wollte. Wunderbar, er ist wieder „on Tour“.
Das wünsche ich mir für uns: dass wir aus dieser Leidenschaft heraus leben. Und wenn wir diese Leidenschaft haben, beurteilen wir logischerweise unser Leben nach diesem Maßstab.
Denn jemand, der so unterwegs ist, kann an manchen Stellen locker über den Dingen stehen und sagen: „Ich bin hier, um das Evangelium zu predigen, egal ob es mir ein bisschen besser oder schlechter geht.“ Das ist nicht der Punkt.
Der Punkt ist, wenn ich zurückblicke auf das letzte Jahr und sagen kann: Es ist weitergegangen. Ich hatte gute Gespräche, habe sie weitergeführt, neuen Kontakt aufgebaut und hier und da etwas vorgelebt. Ich habe ein Stück Eis zum Schmelzen gebracht.
Und wir merken es im Umfeld der Geschwister. Da werden Eltern langsam fragend. So wie wir Freunde haben, die vor einem Jahr immer gegangen sind, wenn wir bei den Chillouts über etwas Christliches reden wollten. Jetzt bleiben sie schon drin.
Na, das ist doch auch schon etwas wert. Mal sehen, wo sie nächstes Jahr stehen. Vielleicht reden sie dann schon mit. Müssen wir abwarten.
Aber das zu leben, dafür eine Leidenschaft zu haben, zu sehen, wie Menschen Stück für Stück weiterkommen, wo ich ein Segen für Menschen werde – nicht nur, weil ich irgendwo in der Ausbildung etwas dazugelernt habe oder mein Bankkonto gewachsen ist –, sondern wo ich ein Segen für Menschen geworden bin, Frucht für die Ewigkeit gebracht habe, einen Schatz für den Himmel gewonnen habe.
Das ist es, worum es wirklich geht. Und wenn wir das haben, können wir über manchen Dingen ein Stückchen drüberstehen.
Ich sage nicht, dass das geistliche Leben deshalb leicht wird. Darum geht es nicht. Aber es ist der Maßstab, den wir brauchen – der Maßstab zur Beurteilung unseres Lebens.
Die Hoffnung und Zuversicht im Gebet
Vers 18: Ja, sagt er, ja, ich werde mich freuen, denn ich weiß – und jetzt folgt ein schwieriger Satz – dass dies mir zum Heil ausschlagen wird. Die Frage ist, was mit diesem Heil gemeint ist. Ich habe euch das auch so ausgedruckt, dass ihr sehen könnt, dass diese beiden Sätze „dass dies mir zum Heil ausschlagen wird“ und in Vers 20 „dass ich in nichts werde zu Schanden werden“ zusammengehören. Sie transportieren eigentlich denselben Grundgedanken aus verschiedenen Perspektiven.
Wenn Paulus sagt: „Ich werde mich freuen, denn ich weiß, dass dies mir zum Heil ausschlagen wird durch euer Gebet und durch den Beistand des Geistes Jesu Christi nach meiner sehnlichen Erwartung und Hoffnung“, dann meint er damit die unterstützende Seite seines Lebens. Er steckt im Gefängnis und hat natürlich Angst. Er fürchtet, dass er zu Schanden werden könnte – ein komischer Begriff, den wir vielleicht so nicht verwenden würden – dass er ein Leben führt, für das er sich später schämen muss. An anderer Stelle wird er sagen, dass er einen Lauf läuft und nicht disqualifiziert werden möchte.
Paulus steckt im Gefängnis, und wir dürfen uns die Situation nicht so leicht vorstellen. Es ist nicht so, dass er als Missionar oder Apostel über den Dingen steht und alles nach dem Evangelium beurteilt, sodass das Leben ganz einfach und leicht wäre. Überhaupt nicht. Es ist ein Kampf, diesen Blickpunkt einzunehmen, diese Perspektive zu leben und durchzuhalten.
Was hilft ihm im geistlichen Leben, das zu schaffen? Er sagt, von außen betrachtet sind es zwei Dinge: „Durch euer Gebet und durch den Beistand des Geistes Jesu Christi.“ Er freut sich und weiß, dass er in seiner jetzigen Situation nicht untergehen wird. Es geht hier nicht darum, das Heil zu verlieren, sondern darum, nicht in einen Lebensstil zu verfallen, für den er sich später schämt. Was auch immer das in seinem Fall sein mag – vielleicht, dass er aufhört, mit den Leuten zu reden, irgendwo klein beigibt oder Dinge zugibt, die er nicht getan hat –, das wird nicht passieren.
Warum? Weil ihr für mich betet. Und hier sind wir wieder bei dem Gedanken von gestern, von dieser Phalanx, dieser Kampfeinheit. Wir stehen betend nebeneinander. Der große Apostel Paulus freut sich, dass irgendwo in Griechenland, in Philippi, eine kleine verfolgte Gemeinde von – na ja, wir würden heute sagen – Hartz-IV-Empfängern, aber das ist noch viel weniger, weil Hartz IV damals nicht existierte, von ganz armen Leuten für ihn betet. Sie sagen: „Wenn du dich hier freust, nicht untergehst in diesen Schwierigkeiten, durchhältst, den Kopf über Wasser hältst und noch einen klaren Blick für deine Situation hast, dann liegt das nicht an dir. Dann liegt das an unserem Gebet und an dem Beistand des Heiligen Geistes.“ Das ist es, was ihn aufrecht erhält.
Deshalb weiß er, dass ihm das auch zum Heil ausschlagen wird, dass er in nichts zu Schanden werden wird. Jetzt stellt sich wieder die Frage an uns, und das kann heute ein Startpunkt für dein Gebetsleben sein: Inwiefern bin ich bereit, mich wirklich an die Seite von Leuten zu stellen? Das kostet Mühe. Überlege dir das mal: Du hast plötzlich so eine Gebetsliste. Ihr seid, ich weiß nicht, 150 Leute in der Größenordnung. Stell dir vor, du willst für 150 Leute beten. Okay, vielleicht sind 150 ein bisschen viel, aber fangen wir mal mit 50 an. Für 50 Leute zu beten, macht sich nicht in drei Minuten.
Ich rede jetzt nicht von einem Gebet wie: „Herr Jesus, mach alle Menschen gesund, Amen!“ – so wie meine Frau es sagte, als sie zum Glauben kam. Das ist auch ein Gebet, aber noch nicht ganz das, wovon Paulus hier spricht, wenn er sagt, ihr steht an meiner Seite. Das ist ja anstrengend. Wenn ich mir wirklich einen Namen nehme, ihn mir vor Augen führe und überlege, was ich für diese Person beten kann.
Aber eigentlich wäre das doch eine tolle Sache, wenn wir als Gemeinde lernen würden, nicht nur, wie ich anfangs sagte, füreinander zu danken, sondern auch regelmäßig füreinander zu beten. Wenn das eine Regelmäßigkeit wäre – in den Ehen, im privaten Gebet. Paulus sagt: „Ich brauche das, ich brauche das total.“ Und ich bin sicher: Wenn ich hier nicht absaufe, dann liegt das einzig und allein daran, dass ihr betet.
Dahinter steckt natürlich auch der Wunsch: Hört nicht auf, weiter zu beten! Mit aller Freimütigkeit, wie allezeit, so auch jetzt, wird Christus an meinem Leib groß gemacht werden, sei es durch Leben oder durch Tod.
Mut und Freimütigkeit im Dienst
Paulus sagt: „Ich möchte, ich weiß, dass mit aller Freimütigkeit Christus an meinem Leib groß gemacht werden wird.“
Freimütigkeit – jetzt merkt ihr, wovor er Angst hat im Gefängnis. Im Gefängnis besteht die Gefahr, dass ich meine Freimütigkeit verliere. Ich bete heute viel für Freimütigkeit, besonders für die Geschwister in unserer Gemeinde. Ich habe so einen Gebetszettel mit täglichen Gebetsanliegen, und darauf steht das Wort Freimütigkeit. Denn ich merke, dass das auch in unserer Zeit ein echtes Problem ist. Viele Menschen – mich eingeschlossen, ich gebe das zu – fehlt es oft an Freimütigkeit. Einfach an dem Mut, meinem Gegenüber zu sagen: „Du brauchst Jesus.“
Manchmal schaffe ich es nicht, das auszusprechen. Ich weiß es, ich könnte es ihm auch erklären und seine Fragen beantworten, aber einfach dieses „Hey, darf ich dir das sagen? Du brauchst Jesus.“ Ich weiß nicht, wie viele Gelegenheiten ich in meinem Leben habe vorbeiziehen lassen, wie oft mir der Mut gefehlt hat, den Mund aufzumachen.
Und umso mehr, je mehr du von außen unter Druck gerätst – zum Beispiel in einer Gefängniszelle zu sitzen, zu wissen, dass ich vom Wachsoldaten, der davorsteht, auf Leben und Tod abhängig bin. Er kann mit mir mehr oder weniger bis zu einem gewissen Grad machen, was er will. Und trotzdem ihm sagen: „Weißt du was, Freund, du bist ein Sünder, und du brauchst Jesus. Wenn du nicht umkehrst und Buße tust, dann gehst du ewig verloren.“ Das verlangt Mut.
Paulus sagt: „Mit aller Freimütigkeit wünsche ich mir, wie alle Zeit, so auch jetzt.“ Das war eigentlich seine Lebenshaltung, immer schon. Aber er möchte, dass es jetzt so ist, dass Christus an seinem Leib großgemacht wird.
Und mit „Leib“ sollten wir nicht zu schnell denken, es geht nur um den Körper im Sinne von Todesstrafe oder so. Vielmehr hat der Begriff „Leib“ in der Bibel mit unserer ganzen Lebensführung zu tun. Wenn in 1. Korinther 6 steht: „Verherrlicht nun Gott mit eurem Leib“, dann ist damit nicht nur die Sexualität gemeint, sondern das gesamte unserer physischen Existenz. Wenn wir leben, dann tun wir das mit unserem Körper.
Wenn wir Christus verherrlichen, dann tun wir das mit unserem Körper, mit den Worten, die wir sprechen, mit den Taten, die wir tun. Wenn wir zu Leuten hingehen, sind es unsere Füße, die uns hinbringen. Unser Körper ist das Mittel, um Jesus zu verherrlichen. Paulus wünscht sich, dass er, wenn es darum geht, Christus zu verherrlichen, Leute auf diesen Christus hinweist. Davon zu reden, wie toll Jesus ist, und Dinge zu tun, die belegen, dass Jesus eine lebensverändernde Kraft in seinem Leben war.
Die radikale Wendung im Leben des Paulus
Überlegt euch das einmal: Paulus, ein Pharisäer, Verfolger der Christen, jemand, der reihenweise Menschen gefoltert hat und sie dazu gezwungen hat, vom Glauben abzuschwören. Ihr müsst versuchen, in die Seele eines solchen Menschen hineinzuhören.
Jemand, der bereit ist, so etwas einfach durchzuziehen, der die Härte besitzt, Familien zu trennen, Kindern einfach von ihren Eltern wegzunehmen und sie irgendwo anders hinzubringen. Jemand, der die Eltern umbringt und den Leuten sagt: „Wenn du nicht abschwörst, nehme ich dir dein Leben.“ Und er meint das ernst. Er ist dabei, wenn Menschen getötet werden. Bei Stephanus wissen wir, dass Paulus dabei war und die Verantwortung übernommen hat.
So ein Typ kommt das erste Mal nach Jerusalem, und niemand will sich mit ihm treffen. Da ist kein Hauskreis bereit, einen Missionsbericht von Paulus zu hören. Alle sagen: „Du spinnst, der ist niemals bekehrt, niemals! Der ist nur hier, um uns danach Stück für Stück alle zu erledigen.“
Und wenn da nicht Barnabas gewesen wäre, der einen Durchblick hat, einfach der Sohn des Trostes, der etwas tiefer geschaut hat, der gemerkt hat, dass in diesem Paulus wirklich etwas anderes geworden ist. Der sich eingelassen hat und trotz Lebensgefahr den Kontakt gesucht hat, der sich hat erzählen lassen, was in Damaskus passiert ist. Und ich sage mal, der gespürt hat: „Ja, stimmt, in dir, Paulus, ist wirklich der Heilige Geist. Du hast wirklich ein neues Herz, du brennst für das Evangelium, das ist nicht nur Show, ich kriege das mit.“
Dann nimmt Barnabas ihn an die Hand und führt ihn zu den Aposteln. Wenn das nicht gewesen wäre, dann wäre Paulus einfach wieder weggezogen. Niemand wäre bereit gewesen, sich mit dem Kerl zu unterhalten.
Und jetzt nimmst du so eine letztlich verkorkste Existenz, jemanden, der hart geworden ist und Schuld auf sich geladen hat. Wir würden sagen, einen SS-Offizier, der in Sachsenhausen verantwortlich war für die Ermordung von russischen Gefangenen unten im Bunker. Wenn ihr mal dort wart, wo sie erschossen worden sind, oder der Leute in einem weißen Kittel vorgibt, Arzt zu sein, sie pseudomäßig untersucht, bevor er sie in den Raum bringt, wo die Genickschussanlage ist.
Dann nimmst du so einen Typen und drehst ihn um. Du machst aus ihm jemanden, der sagt: „Ich möchte an meinem Leib, an meinem ganzen Leben Christus groß machen. Und das ist jetzt nur noch mein Ziel.“
Früher hatte er das Ziel, sein eigenes Ding zu machen, koste es, was es wolle. Und es hat ihn letztlich seine Seele gekostet. Aber jetzt hat er nur noch ein einziges Lebensziel: „Ich bin nur noch dafür da, dass Jesus in meinem Leben groß wird. Das ist mein Ziel. Und ich ordne alles andere – Beziehungen, Beruf, Ansehen, woran du jetzt denkst, Gesundheit – allem dem unter. Es gibt für mich nur noch ein Ziel.“
Christus als Lebensinhalt und Hoffnung über den Tod hinaus
Und wenn ich das erfüllen darf, wenn ich an der Stelle, wo ich bin, weiß, dass ich jetzt Christus auslebe, dann sei das genug.
Vers 21: Denn das Leben ist für mich Christus. Wenn du mich fragst: Was ist dein Leben? Was ist in deinem Leben das Ziel, was ist der Motor, was ist in deinem Leben Sinn und Kraft? Wo kommt dein Leben her? Christus. Einfach nur Christus.
An anderer Stelle sagt Paulus: Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir. Ja klar, muss ich jetzt leben. Was ich aber jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat. Christus ist mein Leben.
Und sterben? Na ja, sterben ist dann logischerweise Gewinn. Es ist für mich keine Tragik, wenn ich hier in Vers 20 durch meinen Tod Christus groß mache. Das mag für euch als tragisch rüberkommen, aber für mich ist es keine Tragik. Sterben ist Gewinn. Ich kann dem Tod ins Auge blicken und sagen: So dramatisch ist das nicht.
Das klingt wieder komisch, wenn man das so sagt, weil wir sind so unglaublich erdverbunden. Es geht uns so verdammt gut, dass wir manchmal denken, der Himmel ist gar nicht so interessant, weil vielleicht gibt es da keine Playstation. Und was mache ich denn dann? Werde ich so viel Spaß im Himmel haben, wie ich hier auf der Erde haben kann?
Das sind Gedanken, die spricht man nicht aus, aber so dieses „boah, wie sehne ich mich nach dem Himmel“. Und du schlägst morgens die Augen auf und denkst dir: Na, wenn der Herr nur heute wiedergekommen wäre. So ist es doch nicht, das ist doch eine Wunschvorstellung. Wir leben wie die Mäuler im Speck.
Solange wir uns nicht einlassen auf ein Leben, das genau so sagen kann: Für mein Leben ist Christus, wo ich bereit bin, um des Christus Willen ein Leben zu führen, das auf die Annehmlichkeiten so weit verzichtet, wie es nötig ist, um ein Leben für Christus zu leben, solange ich ein Leben führe, das sich eigentlich ganz nett einrichtet hier in dieser Welt, finde ich so meinen Platz in der Welt, und ich habe so viel Gott wie nötig, weil ich will in den Himmel. Und so viel von dem Rest wie möglich, weil das will ich eigentlich auch noch haben.
Solange ich so unterwegs bin, wird mir dieser Satz nie etwas sagen. Da wird der Satz „Denn das Leben ist für mich Christus“ und „Sterben ist Gewinn“ einfach wie eine mathematische Gleichung mit einer Variablen zu viel sein. Das kriegst du nicht aufgelöst, das macht keinen Sinn.
Für Paulus schon. Und für jeden, der sein Leben investiert in diesen Christus, in diese Christus-Beziehung, muss Sterben Gewinn sein. Warum? Weil ich den Sinn meines Lebens und die größte Erfüllung meines Lebens nicht in meinem Beruf finde, obwohl mir vielleicht mein Beruf Spaß macht. Nicht in meiner Familie, obwohl ich leidenschaftlich gern mit der Frau verheiratet bin, mit der ich verheiratet bin, und meine Kinder liebe ich bis zum Abwinken. Ich hätte niemals geglaubt, dass man Kinder so lieb haben kann.
Nicht in dem, was es an Essen und Trinken gibt. Ich esse gerne, ich trinke gerne, aber es ist nicht das Letzte, sondern in Christus. Und dann das Sterben gewinnen: Ich kann endlich bei ihm sein. Endlich vorbei! Endlich vorbei!
Und ich denke mir manchmal, und ich kriege es dann doch nicht hin, also ich gebe es offen zu, für mich ist das auch noch eine Variable mehr, als ich ganz auflösen kann. Ich denke dann an die Liebe zu meiner Frau, ich denke an meine Spaziergänge durch den Spandauer Forst, ich denke an die Arbeit, die mir Spaß macht, und ich frage mich: Wird es im Himmel wirklich besser sein?
Da gibt es noch jemanden, der das so gedacht hat. Und die Antwort ist: Ja, es wird besser sein. Und Paulus kann sagen: Wenn aber das Leben im Fleisch mein Los ist, wenn ich hierbleiben soll, wenn ich nicht sterbe, dann bedeutet das für mich Frucht der Arbeit. Dann werde ich noch ein bisschen missionarische Erfolge haben, dann werde ich dafür sorgen, dass sich noch ein paar Leute bekehren.
Und dann weiß ich nicht, was ich wählen soll. Ich werde aber von beidem bedrängt. Könnt ihr euch das vorstellen? Der Apostel, der sich überlegt: Was ist jetzt besser? Wenn ich hier wieder rauskomme, dann kann ich noch ein paar Leute zum Herrn führen. Das ist seine Leidenschaft, das ist sein Ziel. Wenn nicht, na ja, ich habe Lust abzuscheiden und bei Christus zu sein.
Ich habe Lust, das wäre für mich eigentlich ein Traum, das erleben zu dürfen: bei Christus zu sein. Und der Clou ist: Paulus sagt das nicht, um seinen Schwierigkeiten zu entfliehen. Habt ihr das gehört? Nicht: Ich habe Lust abzuscheiden, weil es mir so schlecht geht. Nein, ich habe Lust abzuscheiden, weil hinter dem Tod der Herr steckt.
Und mit ihm zu leben, in Vollkommenheit erleben zu dürfen, was jetzt schon angefangen hat. Vielleicht ist euch das mal aufgefallen, wie viele Worte Paulus neu baut im Griechischen. Ihr merkt das nicht, aber ihr merkt es im Deutschen, weil da sind sie genauso komisch, wo immer ein „mit“ davor steht.
Also: Wir sind mitgekreuzigt, mitbegraben, wir leben mit Jesus, wir sind Miterben, Mitleidende, Mitverherrlichte, Mitsitzende in der Himmelswelt. Also lauter solche Sachen, wo du ständig sagst: Was willst du denn mir sagen mit deinem ständigen „mit“?
Und die Idee ist einfach: Paulus sagt, hey, wir sind eine Einheit, wir sind irgendwie alles mit Jesus. Nur diese Einheit ist noch nicht ganz vollständig. Wir warten noch darauf, dass dieses „Alles mit Jesus teilen“ sich mal so restlos erfüllt, wo wir jetzt vom Glauben zum Schauen kommen, jetzt vom Seufzen zur Verherrlichung, jetzt von einem Leib der Sünde hin zu einem Auferstehungsleib.
Von einem noch nicht vollständig erlöst Sein, sondern in diesem Paradoxleben, dass in einem nicht erlösten Körper ein erlöster Geist steckt, der sich ständig die Frage stellt: Was mache ich hier eigentlich? Hin zu einem Zustand, wo Erlösung vollkommen ist, wo ich einfach ganz ich sein darf, wo es kein Leid mehr gibt, keine Tränen mehr, keinen Tod mehr, keine Sünde mehr.
Und ich endlich ich bin und diese ganzen blöden Gedanken und blöden Ideen, die mich so im Leben ärgern und über mich selber, weg sind. Da will ich hin.
Und jetzt sagt Paulus: Wenn ich mir das so gegenüberhalte, weiß ich nicht, was ich machen soll. Ich habe Lust abzuscheiden und bei Christus zu sein, endlich nicht nur davon zu lesen, dass ich mit ihm lebe und es irgendwie so auf halbe Weise zu tun, sondern es endlich ganz zu tun.
Ihn von Angesicht zu Angesicht zu sehen, ihn endlich in die Arme zu nehmen, mich wirklich bedanken zu können und sagen zu können: So, jetzt haben wir den ganzen Dreck hinter uns.
Und dann denke ich an meine Frau, die auch zu diesem Dreck gehört, und denke mir: Na ja, das ist schon irgendwie komisch, aber letztlich ist es so. Und ich weiß jetzt nicht, ob meine Frau je den Vortrag hören wird. Ihr müsst ihr ja nicht sagen.
Letztlich ist die beste Beziehung, die wir auf der Erde haben, nur ein Vorgeschmack auf das, was wir im Himmel mit Jesus genießen werden. Und wenn du heute an die schönsten Momente deines Lebens denkst, wo du denkst: Das ist nicht mehr zu toppen.
Ich weiß nicht, es gibt berufliche Sachen, wo man einfach manchmal so Erfolge hat, wo man sagt: Ja! Oder wenn es einfach in der Ehe mal so ist, du wachst morgens auf, schaust deine Frau an und bist einfach: Boah, einfach mal so eine Welle an Begeisterung und einfach: Boah, ja.
Und du versuchst, diesen Moment zu konservieren. Dann ist das nichts im Vergleich zu dem, was wir einmal in Ewigkeit erleben und erfahren werden bei Gott. Das können wir uns nur nicht vorstellen, und deswegen müssen wir uns an diese Dinge klammern.
Deswegen fällt es uns manchmal schwer, die loszulassen und uns darauf einzulassen. Wir sind auf Hoffnung hin gerettet, wir haben die Hoffnung, dass das besser wird. Wir haben es noch nicht erlebt oder nur selten, vielleicht im Gebet.
Die Verantwortung des Paulus und die Hoffnung auf Wiederkehr
Paulus kennt das: „Ich werde von beidem bedrängt“ (Vers 23). Er sagt, er habe Lust, abzuscheiden und bei Christus zu sein, denn das sei weit besser. Das Bleiben im Fleisch aber ist nötig um eurertwillen.
Paulus weiß um seine Verantwortung. Er erkennt, dass die Philipper als Gemeinde, die ihm hier vor Augen steht, ihn eigentlich noch braucht. Er kann jetzt eigentlich noch gar nicht gehen.
Dann formuliert er, und das ist in meinen Augen konditional, also mit einer Vorbedingung: Die nächsten beiden Verse enthalten die Idee, dass, wenn er freigelassen wird, er im Vertrauen darauf weiß, dass er bleiben und bei ihnen bleiben wird – zu ihrer Förderung und Freude im Glauben.
Im Vertrauen darauf, nämlich dass sein Bleiben nötig ist, weiß er, dass er, vorausgesetzt er wird freigelassen, genau das tun wird. Er wird die Philipper in ihrem Glauben fördern und ihre Freude im Glauben mehren.
Warum? Vers 26 bringt den letzten Gedanken: „Damit euer Rühmen überströme in Christus Jesus durch mich bei meiner Rückkehr zu euch.“ Paulus wünscht sich hier – und das ist das Endziel seiner Bemühungen mit den Philippern –, dass sie, wenn er wieder zu ihnen zurückkommt, anfangen, sich in Christus zu rühmen. Man kann das auch übersetzen mit „über Christus zu rühmen“. Sie sollen sich freuen über diesen Jesus Christus, der ihnen ihren Apostel zurückgibt.
Das ist mein Wunsch für heute Abend für euch: Ihr habt euch jetzt mit dem Text beschäftigt, damit ihr das versteht. Theologie, das rechte Verstehen, zum Beispiel der Bibel, ist nie Selbstzweck. Das Ziel der Theologie ist – um ein letztes frommes Wort zu benutzen – Doxologie.
Doxologie bedeutet Lobpreis Gottes. Ich soll Dinge über Gott lernen, ich soll Dinge verstehen, damit ich am Ende nicht nur dastehe mit einem vollen Kopf und denke: „Was bin ich für ein schlauer Kerl“, sondern dass ich das, was ich weiß, nehme und anfange, mich in Christus Jesus zu rühmen, Gott zu loben und mich an dem zu freuen, was ich habe.
Ich soll meine Theologie ummünzen in Lobpreis, denn dazu bin ich geschaffen: Gott anzubeten, ihn zu genießen und ihn zu verherrlichen.
Amen. Bis morgen Abend!