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Das Zusammenleben in der Gemeinde - Die Seligpreisungen

Das Zusammenleben in der Gemeinde, Teil 2/4
17.05.2002Matthäus 5,1-12
SERIE - Teil 2 / 4Das Zusammenleben in der Gemeinde

Ja, liebe Geschwister, wir befinden uns in der Bergpredigt. Wir schlagen erneut Matthäus Kapitel 5 auf und lesen noch einmal die acht Seligpreisungen.

Ich habe dazu eine Folie vorbereitet, die eine etwas andere Übersetzung zeigt. Sie ist weder von Luther noch von Elberfelder, sondern eine Mischung aus beidem.

Der Herr ist auf den Berg gestiegen, und die Jünger sind zu ihm getreten. Er sitzt dort, und dann beginnt er, sie zu lehren.

Einführung in die Seligpreisungen und ihr Zusammenhang mit dem Reich Gottes

Selig sind die geistlich Armen, denn das Himmelreich ist ihr. Selig sind die Trauernden, denn sie sollen getröstet werden. Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land ererben. Selig sind die, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie sollen satt werden. Selig sind die Barmherzigen, denn ihnen wird Barmherzigkeit widerfahren. Selig sind die reinen Herzens, denn sie werden Gott schauen. Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen. Selig sind die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn das Himmelreich ist ihr.

Der Herr hat, so steht in Matthäus 4,17, mit seinem Kommen auch sein Reich angekündigt. Wir haben das gestern schon gesehen. Er hat dabei zur Buße aufgefordert: „Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen“ (Matthäus 4,17). In den Seligpreisungen erklärt der Herr näher, was Buße ist – oder vielleicht noch besser gesagt: Die Seligpreisungen stellen uns ins Licht seines Willens und bewegen uns dadurch zur Buße.

Sie geben uns Erkenntnis seiner Gedanken, seiner Absichten und dessen, was er von den Untertanen seines Reiches fordert. Das führt uns zur Buße. Acht Eigenschaften, die er hier nennt, sind alles Eigenschaften, die den Herrn selbst charakterisieren.

Die erste sind die geistlich Armen. Der Herr selbst machte sich arm. Ein Armer ist jemand, der nichts besitzt, sondern sich alles geben lassen muss. Genau so ging der Herr als Mensch, als vollkommener Mensch, durch diese Welt. Er konnte nichts von sich aus tun, sondern alles, was er tat, sah er den Vater tun. Er ließ sich alles vom Vater geben.

Die Trauernden: Der Herr hatte in seinem Herzen Kummer. Wiederholt lesen wir, dass er erschüttert war, dass er weinte. Er weinte der Sünde wegen, nicht seiner eigenen Sünde, denn er war sündlos. Das ist bei uns anders.

Der Herr war sanftmütig. Er sagt das selbst von sich: „Denn ich bin demütig“ oder „sanftmütig und von Herzen demütig“. Der Herr hungerte nach Gerechtigkeit, nicht weil er keine hatte – er ist und war der Gerechte –, aber er hungerte danach, dass Gottes Gerechtigkeit befriedigt werde, dass Gott Recht bekomme.

Er war barmherzig, er war reinen Herzens, er war ein Friedensstifter. Das ist die wörtlichere und eigentlich bessere Übersetzung: „Selig sind die Friedensstifter“, die ehren Poetaille, die Friedensmacher, Friedenstifter. Er hat Frieden gemacht durch das Blut seines Kreuzes.

Und er wurde verfolgt, abgelehnt, verworfen, verurteilt und hingerichtet. Also beschreiben die Seligpreisungen den Charakter der Untertanen des Reiches, aber sie sind wie der König des Reiches selbst.

Wenn wir diese Eigenschaften lesen, dann stellen wir fest, dass der Herr alle menschlichen Maßstäbe auf den Kopf stellt.

Die Umkehr der Werte in den Seligpreisungen

Das Erste, was er sagt, richtet sich an die geistlich Armen. Niemand möchte arm sein. Wir alle wollen reich sein – reich an Möglichkeiten, an Auswahl, an Mitteln, an Begabung und an Besitz. Wir möchten möglichst viele Hebel in der Hand haben. Arm sein ist für niemanden ein Ideal.

Ebenso wenig ist es ein Ideal, traurig zu sein. Wir wollen alle fröhlich sein. Es gibt eine ganze Industrie, die davon lebt – die Unterhaltungsindustrie. Aldous Huxley, der den Roman „Brave New World“ schrieb, sagte, das Verlangen des Menschen, unterhalten zu sein, sei grenzenlos. Und er hat Recht.

Der Herr stellt also alle Werte auf den Kopf. Nein, wir müssen es anders sagen: Anhand der Seligpreisungen wird uns erst deutlich, wie wir alle Werte auf den Kopf gestellt haben. Was gut, richtig und erstrebenswert ist, haben wir verdreht.

Das zeigt uns, wie verkehrt und verdreht wir wirklich sind. Tatsächlich sind wir, und das ist keine bloße Redensart, ein verdrehtes und verkehrtes Geschlecht, wie der Apostel es in Philipper 2 beschreibt.

Diese Eigenschaften – ich werde jetzt nicht im Detail darauf eingehen, behaupte es aber – finden wir alle in den Seligpreisungen wieder. Ebenso spiegeln sie sich im Leben und in den Schriften der Apostel wider. Die Apostel haben diese Werte selbst gelehrt, in den Gemeinden, zu denen sie kamen. Soweit es ihnen möglich war, haben sie selbst danach gelebt.

Charakter der Wiedergeborenen und geistliches Wachstum

In den Seligpreisungen werden die Eigenschaften derer beschrieben, die durch Wiedergeburt ins Reich Gottes eingehen. Wir haben gestern gesehen, dass der Eingang ins Reich durch Wiedergeburt geschieht. Hier sehen wir den Charakter der Wiedergeborenen. Das ist ihr Wesen.

Durch die Wiedergeburt ist dies unser Wesen geworden. Wir sind Teilhaber der göttlichen Natur, wie es in 2. Petrus 1,4 heißt. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Eigenschaften bereits vollständig entfaltet sind. Sie sind es nicht. Diese Eigenschaften müssen wachsen und sich entwickeln.

So werden wir immer mehr das, was wir sind. Wir sind Christen, aber wir müssen auch Christen werden. In unserer Stellung sind wir Christen, wir tragen den Namen unseres Herrn. Doch im Wandel müssen wir immer mehr das werden, was wir sind, und ihm immer ähnlicher werden.

Die Seligpreisungen zeigen uns das Bild des vollendeten Menschen in Christus. Paulus sagt einmal: „Ich kenne einen Menschen in Christus“ (2. Korinther 12,2). Hier sehen wir den Charakter eines Menschen in Christus.

Bemerkenswert ist, dass der Herr zuerst nicht davon spricht, was die Untertanen seines Reiches tun oder tun sollen, sondern wie sie sind oder wie sie sein sollen. Offensichtlich ist es wichtiger, dass wir so sind, wie der Herr es will, als dass wir nur das tun, was der Herr will. Das Kommen zuerst.

Wir müssen zuerst so werden, wie der Herr ist. So heißt es hier: arm, trauernd, sanftmütig, hungrig und durstig, barmherzig, rein, friedfertig, verfolgt. So müssen wir werden.

Liebe als Grundlage der Seligpreisungen

Nun, wir können auch sagen: Jede dieser acht Eigenschaften ist eine Äußerung der Liebe, ein Niederschlag der Liebe, eine Äußerung der Liebe zu Gott und zum Nächsten. Das muss auch so sein, denn der Lehrer der Seligpreisungen hat selbst gelehrt und gesagt, dass das oberste Gebot die Liebe zu Gott ist und das zweite, das ihm gleiche, die Liebe zum Nächsten.

In diesen Geboten wird alles zusammengefasst, was der Herr von uns will. So sollen wir sein, wenn wir ihm gefallen wollen. Die Liebe zeigt sich einerseits in dem, was wir bereit sind zu tun, andererseits aber auch in dem, was wir bereit sind zu erleiden. Das sind zwei Seiten der Liebe. Meistens denkt man bei der Liebe daran, was man alles aus Liebe tut. Aber genauso wichtig – und vielleicht noch schwerer – ist das, was die Liebe zu erdulden bereit ist.

Mir scheint, dass die Seligpreisungen uns eher zeigen, was die Liebe erduldet – die erduldende Liebe. Arm sein, trauern, hungern, verfolgt sein – das ist erduldende Liebe. Diese erduldende Liebe scheint wirklich der Prüfstein zu sein, der echte und wirkliche Prüfstein für die Liebe, ob wir in unserem Leben von Liebe oder von anderen Dingen getrieben sind.

Man kann nämlich sehr vieles tun, sehr viel unternehmen, sich sehr engagieren und einsetzen, ohne zu lieben, ohne Gott zu lieben. Man kann auch ohne den Bruder oder den Nächsten wirklich zu lieben, sehr viel tun. Man kann aus sehr verschiedenen Beweggründen aktiv, rege und rührig sein. Aber man kann sehr wenig, ja letztlich überhaupt nichts erdulden und sich nicht gefallen lassen, wenn man nicht liebt.

Man hat sehr wenig Geduld mit den anderen und sehr wenig Barmherzigkeit gegenüber anderen, wenn man keine Liebe hat. Paulus schreibt im ersten Korintherbrief, dass die Liebe alles erträgt (1. Korinther 13,7). Die Liebe glaubt alles, hofft alles, erduldet alles, trägt alles. Und Paulus hat das selbst mit seinem Leben gezeigt; er ist ein Beispiel dafür.

Im letzten Satz des ersten Korintherbriefes schreibt er: „Meine Liebe sei mit euch allen“ (1. Korinther 16,24). Dabei waren die Korinther ganz schwierige Leute. Er musste sich einiges von ihnen gefallen lassen, einiges erdulden. Sie waren undankbar, zänkisch und kritikwütig. Trotzdem schreibt er im zweiten Korintherbrief noch, dass er die Korinther immer noch liebt (2. Korinther 12,15): „Ich will aber sehr gern alles verwenden und völlig verwendet werden für eure Seelen, wenn ich auch je überschwänglicher ich euch liebe, umso weniger geliebt werde.“

Also umschreiben die Seligpreisungen die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten, die Liebe zum Bruder. Es sind verschiedene Äußerungen dieser Liebe, und besonders zeigt sich die Liebe daran, dass sie bereit ist, zu erdulden und zu ertragen.

Es zeigt sich an uns, wenn wir zurückgesetzt werden, übersehen werden oder ungerecht behandelt werden, ob wir wirklich lieben. Dann zeigt sich wirklich, ob wir lieben. Und das wird sich im Gemeindeleben immer wieder bewähren, dass sich daran die Liebe beweist.

Bedeutung und Herkunft des Begriffs „selig“

Was bedeutet selig oder glückselig, wie es andere übersetzen?

Im Neuen Testament kommt das Wort selig 45 Mal vor: 13 Mal im Matthäusevangelium, 16 Mal im Lukasevangelium, 2 Mal im Johannesevangelium, 3 Mal im Römerbrief, 3 Mal im Jakobusbrief, 2 Mal im ersten Petrusbrief und 7 Mal in der Offenbarung.

In den Seligpreisungen ist der Ausdruck dem Alten Testament entnommen. Es ist die Sprache des Alten Testaments. Im Psalter, also in den Psalmen, steht das Wort 25 Mal.

Luther hat Psalm 1,1 und andere Seligpreisungen in den Psalmen so übersetzt: „wohl dem“ – also nicht mit „glückselig“ oder „selig“.

Im Hebräischen steht ein Hauptwort, das erst noch in der Mehrzahl vorkommt: aschre ha-isch – Glück oder Seligkeiten, Glückseligkeiten des Mannes. Luther übersetzt dies mit „wohl dem“. Und er hat den Sinn sehr gut getroffen.

Denn bei den Seligpreisungen geht es nicht darum, dass wir dann ein gutes, schönes und seliges Gefühl haben. Es geht nicht einmal darum, dass wir uns subjektiv im Moment als glückselig und glücklich empfinden. Vielmehr geht es darum, dass wir auf einem guten Weg sind, der ein gutes Ende hat und gute Auswirkungen zeigt.

„Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen“, auch wenn es ihm schlecht geht in dieser Welt. Wohl ihm, denn er hat ein gutes Ende. Auch die Seligpreisungen wollen uns sagen: Wohl dem, der so ist, auch wenn es ihm schmerzt, auch wenn es wehtut, auch wenn er verfolgt wird – wohl ihm.

Und wohl uns, wenn diese Eigenschaften, von denen der Herr hier spricht, uns regieren.

Dennoch ist es auch so, dass sicher niemand in seiner Seele und in seinem Gemüt glücklicher ist als der Mensch, der so lebt, wie der Herr hier sagt. Jemand, der arm, traurig im rechten Sinn, sanftmütig, barmherzig und friedfertig ist, wird auch ein glücklicher Mensch werden.

Georg Müller sagte von sich, als er ein alter Mann war: „I'm an old very, very happy man“ – glücklich, wie er sagen konnte, ein alter, sehr, sehr glücklicher Mensch.

Einzigartigkeit des Charakters des Reiches Gottes

Ja, die Seligpreisungen beschreiben den Charakter der Kinder des Reiches – des Reiches der Himmel oder des Himmelreichs. Dieses Reich ist wirklich so anders, wie es der Name schon sagt. Es ist ein Himmelreich, ein himmelweiter Unterschied zu allem, was menschliche Reiche sind.

Der König dieses Reiches ist völlig anders. Nie ist ein solcher König gewesen, kein König eines anderen Reiches gleicht ihm. Obwohl er Mensch war, vollkommen Mensch und darin wie alle Menschen, war er in seinem Leben anders als andere. Auch als Herr und Herrscher war er völlig anders – total einmalig.

Dieser König macht und ist zuerst selbst all das, was er von seinen Untertanen erwartet – alles. Er verlangt Vernunft, obwohl er selbst vernünftig war und so gelebt hat. So etwas hat es noch nie gegeben. Herrscher sind es gewöhnlich nur, weil sie Macht haben. Sie schicken andere Leute herum und lassen sie Dinge tun, die sie selbst nie tun würden – niemals, nicht im Traum.

Aber unser Herr, der Herrscher, der alle Macht hat, hat zuerst selbst all das getan, was er von seinen Untertanen erwartet. Er ist selbst so, wie er seine Untertanen beschreibt.

Das Himmelreich ist auch deshalb anders, weil die Untertanen seines Reiches ganz anders denken als andere – wirklich ganz anders. Ich hoffe, dass ich uns das jetzt wichtig und bewusst machen kann.

Aufforderung zur Andersartigkeit als Christen

Wir müssen anders sein – anders, als wir von Natur aus sind, anders als diejenigen, die nicht zu diesem Reich gehören. Einerseits sind wir ganz normale Menschen. Wir sind genauso schwach, hilflos, töricht und dumm wie andere auch. Manchmal haben wir seltsame Einfälle, freuen uns an den gleichen Dingen, genießen die Sonne, machen gerne einen Spaziergang im Abendlicht und freuen uns über eine gute Tasse Tee oder ein Glas Wein – genau wie andere Menschen.

Andererseits sind wir völlig anders, wie uns die Seligpreisungen zeigen. Ich möchte hier eine Sammlung von Vergleichen vorstellen, die der Herr macht, oder von Menschen, die der Herr nennt, von denen wir uns unterscheiden, wenn wir ihm gehören. Diese Belege stammen alle aus dem Matthäusevangelium.

Wir müssen anders sein als die Alten. Das wird mehrfach betont. So heißt es zum Beispiel in Matthäus 5,21: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist… Ich aber sage euch.“ Wer zu seinem Reich gehört, unterscheidet sich von den Alten. Ähnlich in 5,27: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist… Ich aber sage euch.“ Auch in 5,31 heißt es: „Es ist aber gesagt… Ich aber sage euch.“ Und in Vers 33: „Wiederum habt ihr gehört, dass zu den Alten gesagt ist… Ich aber sage euch.“ Ebenso in 5,38: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist… Ich aber sage euch.“

Das zeigt den Zuhörern und auch uns, dass es nicht genügt, einfach anständig oder wohlerzogen zu sein. So gut das auch ist – es reicht nicht. Wir müssen anders werden, als uns Sitte und Natur lehren. Es gibt so etwas wie ein Naturrecht; die Aufklärer haben davon gesprochen. Es gibt ein allgemeines Bewusstsein dafür, was anständig und ordentlich ist. Doch das genügt nicht. Wir müssen anders sein, anders werden, als die Natur uns lehrt.

Wir müssen anders sein als die Schriftgelehrten und Pharisäer. In Matthäus 5,20 steht: „Ich sage euch, wenn nicht eure Gerechtigkeit vorzüglicher ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Reich der Himmel eingehen.“ Wir müssen also eine höhere Gerechtigkeit haben als diese Gelehrten. Wir müssen anders sein als die Schriftgelehrten.

Es ist gut, ein Schriftgelehrter zu sein. Wir sollen die Schrift kennen und die Lehre verstehen. Es ist wichtig, dass wir die biblische Lehre kennen, sie verteidigen können und klar Auskunft geben, warum wir das eine glauben und jenes ablehnen. Aber das allein genügt nicht.

Wir müssen auch anders sein als die Zöllner. In Matthäus 5,46 heißt es: „Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Zöllner dasselbe?“ Man muss an unserem ganzen Leben erkennen, dass wir anders sind als Menschen, die ihr Leben einfach darauf ausrichten, voranzukommen, Karriere zu machen oder Geld zu verdienen.

Wir müssen anders sein als die Heiden. In Matthäus 5,47 steht: „Wenn ihr eure Brüder allein grüßt, was tut ihr Besonderes? Tun nicht auch die von den Nationen dasselbe?“ Auch in Kapitel 6, Vers 7 heißt es: „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden.“ Und in Vers 32: „Nach all diesem trachten die Heiden.“ Wir müssen anders sein als die Heiden und anders als die Heuchler.

In Matthäus 6,2 heißt es: „Wenn du nun Almosen gibst, so sollst du nicht vor dir herposaunen, wie die Heuchler tun, die Schauspieler.“ Ein Schauspieler hat nur eine Rolle, in die er geschlüpft ist, ein Äußeres, das er präsentiert. Es genügt nicht, ein korrektes äußeres Leben zu führen.

Wir müssen anders sein – vollkommen, völlig anders.

Einzigartigkeit der christlichen Gemeinde durch Beziehung zu Christus und zueinander

Nun, worin unterscheidet sich der Christ und worin unterscheidet sich die christliche Gemeinde von jeder anderen Gemeinschaft? Man kann das auch so formulieren: Was macht die christliche Gemeinde zu etwas völlig Einmaligem? Was macht die örtliche christliche Gemeinde zu einer einzigartigen Gemeinschaft am Ort, im Vergleich zu allen anderen Gemeinschaften und Vereinen, die es sonst noch gibt?

Es gibt Leute, die denken, dass uns etwas anderes unterscheidet, zum Beispiel der Glaube, dass die Bibel inspiriert ist. Das gehört sicher dazu. Andere meinen, dass es uns unterscheidet, weil wir gegen Abtreibung sind, gegen die Ehe von Homosexuellen, weil wir für Israel sind und gegen die Palästinenser. Doch all das genügt nicht!

Was macht uns wirklich anders? Was ist es, das die christliche Gemeinde einmalig und einzigartig macht? Ich sage es so: Was die christliche Gemeinde einzigartig macht, ist die Tatsache, dass jeder von uns in einer einzigartigen Beziehung zu Christus und zu den Brüdern steht.

Man kann es auch anders ausdrücken: Was die christliche Gemeinde einmalig macht, ist die Tatsache, dass Christus in der Gemeinde wohnt. Das ist Gemeinde – die Beziehung zum Herrn und daraus die Beziehung zueinander. Das ist Gemeinde.

Die Seligpreisungen, diese acht Eigenschaften, die der Herr hier nennt, sagen alle etwas aus über unser richtiges Verhältnis zu Gott und unser richtiges Verhältnis zum Bruder. Das macht uns einmalig. All die anderen Dinge gehören irgendwie dazu, aber sie sind nicht das, was uns wirklich unterscheidet und vor anderen auszeichnet.

Viele Katholiken sind ebenfalls gegen Abtreibung. Die meisten, wenn nicht alle Muslime, sind gegen Homosexualität. Viele Menschen unterstützen Israel, weil sie sich ihm näher fühlen als den Arabern – aber sie sind deswegen noch keine Christen.

Was uns wirklich auszeichnet und kennzeichnet, das muss uns charakterisieren: Es ist unsere Beziehung zu Gott, zum Herrn, und unsere Beziehung zu den Geschwistern.

Wir können diese acht Eigenschaften auch so nebeneinanderstellen, in zwei Gruppen zu je vier:

  1. Selig sind die Armen, arm vor Gott – das sagt etwas über unser Verhältnis zu Gott.
  2. Selig sind die Trauernden – auch das betrifft unser Verhältnis zu Gott.
  3. Selig sind die Sanftmütigen – das sagt etwas über unser Verhältnis zum Nächsten.
  4. Selig sind die, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten – wir dürsten nach Gott und seiner Gerechtigkeit.

  5. Selig sind die Barmherzigen – wir sind barmherzig gegenüber dem Nächsten.
  6. Selig sind die, die ein reines Herz haben – wir begehren ein reines Herz vor Gott.
  7. Selig sind die Friedenstifter – wir suchen Frieden mit dem Nächsten.
  8. Selig sind die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden – wir ertragen Widerwärtigkeiten vom Nächsten.

All diese Eigenschaften zeigen lauter Verhältnisse zu Gott und zum Nächsten. Wenn wir so werden, wie der Herr es erwartet und will, dann werden wir als Gemeinschaft völlig einmalig sein. So etwas gibt es kein zweites Mal.

In dem Unterschied, der uns ausmacht, liegt unser Zeugnis. Genau darin liegt Absonderung. In diesen Dingen müssen wir völlig abgesondert sein von der Welt – total, ganz anders! Und darin liegt unser Zeugnis.

Herausforderung und Notwendigkeit der Herzensveränderung für Gemeindewachstum

Nun, bei uns in Arbon haben wir uns viele Gedanken gemacht. Sicherlich habt ihr das auch getan. Wir haben gebetet, geredet, die Bibel gelesen, uns ausgetauscht, wieder nachgedacht und erneut gebetet – alles im Hinblick auf Gemeinde und Gemeindewachstum. Wir haben uns gefragt: Warum haben wir so wenig Wirkung?

Ich habe es gestern schon gesagt: Wir sind darauf gekommen, hier liegt die Antwort. Methoden können helfen, aber sie können das Wesentliche nicht ersetzen. Man kann es sicher geschickter oder ungeschickter anstellen, doch das hier ist unersetzlich. Und das müssen wir alle lernen.

Es ist nicht eine Frage des Geschicktes, ob man es geschickt anstellt oder nicht – hier geht es um das Herz. Hier merken wir, dass der Herr nach unserem Herzen greift. Er will uns. Er möchte, dass wir so werden, und mit weniger gibt er sich nicht zufrieden. Aus dieser Schule werden wir nie entlassen. Wir können das nie abhaken. Es geht wirklich ums Herz.

Wir erleben es doch, wir merken es. Ich spreche jetzt von mir und von unserer Gemeinde in Arbon: Wir haben wenig Wirkung auf die Leute. Ab und zu kommen Menschen zu uns zu Besuch. Wir laden sie ein, sie sind dabei – sei es bei einer Bibelstunde, in einem Hauskreis oder wenn wir einfach Verwandte oder Bekannte zu Gast haben. Wir gehen morgens zum Gottesdienst und nehmen sie mit.

Die meisten, die kommen, finden es ganz nett. Niemand regt sich auf, aber auch niemand erschrickt vor Gott. Nichts davon. Es wird viel zu wenig wahrgenommen und gesehen, dass wir wirklich die Untertanen dieses Königs und dieses Reiches sind.

Beispiel eines gelebten Glaubens und dessen Ausstrahlung

Vielleicht kennt man Harold Saint John oder St. John, wie man seinen Namen ausspricht. Er war der Vater von Patricia Saint John. Sie hat ein Buch über ihren Vater geschrieben. Die Tochter kannte ihn natürlich sehr gut.

Das Buch heißt „Reisender in Sachen Gottes“ und ist bei CLV erschienen. Es ist äußerst lesenswert. Harold Saint John hatte in seinem Leben eine außergewöhnliche Wirkung. Dabei hat er gar nicht viel gemacht. Er hat keine Gemeinden oder Missionsgesellschaften gegründet und hat auch keine großen Organisationen aufgebaut.

Er lebte einfach so, dass er durch seinen Wandel und sein Leben Wirkung hatte – als Licht und Salz. Eine Frau, die ihn jahrelang gekannt hatte, sagte nach seinem Tod von ihm, er verbreitete eine Atmosphäre des Friedens, die aus einer anderen Welt zu stammen schien. Da haben wir es: aus einer anderen Welt.

Auf einer seiner vielen Auslandreisen, in einem Hotel in Rom, wurde er von einer Engländerin angesprochen. Ich lese eine Passage aus dem Buch vor: Diese Frau wandte sich mit folgenden Worten an ihn: „Darf ich mir erlauben, Sie so unvermittelt anzusprechen? Ich nehme mir das Recht heraus, weil ich feststelle, dass wir beide Briten in einem fremden Land sind. Ich möchte Ihnen eine persönliche Frage stellen: Würden Sie mir bitte das Geheimnis Ihrer heiteren Ruhe verraten? Seit zwei Tagen beobachte ich Sie und merke, dass Sie in einer anderen Welt leben als ich.“

Diese Frage führte zu einem Gespräch, und das Gespräch führte zur Bekehrung dieser Frau.

Das Umsetzen der Seligpreisungen in unserem Leben ist entscheidend. Unser Zeugnis als Gemeinde steht und fällt damit. Gerade darum steht ja direkt im Anschluss an die Seligpreisungen: „Ihr seid das Salz der Erde, ihr, die selig Gepriesenen, und ihr seid das Licht der Welt, wenn ihr so seid.“

Erste Seligpreisung: Geistlich arm sein als Grundlage für Gebet und Abhängigkeit von Gott

Einige dieser Seligpreisungen wollen wir uns genauer ansehen. Selig sind die geistlich Armen. Warum sollen sie selig sein? Warum soll jemand selig sein, nur weil er arm ist? Worin besteht eigentlich unsere Armut?

Wir sind arm, weil wir den Himmel verloren haben. Wir haben Gott verloren, wir haben das Leben verloren. Wir sind weit entfernt von dem, was wir eigentlich sein sollten, und das macht uns arm. Darum sind wir arm.

Nun, wir sind nicht selig, weil wir arm sind – das will der Herr auch nicht sagen. Vielmehr heißt es: Selig ist, wer seine Armut erkennt und merkt: „Das ist meine Armut.“ Wer erkennt, dass er total arm ist. Ja, der Mensch ist das elendste aller Geschöpfe, und selig sind wir, wenn wir das erkennen und annehmen.

Der Herr sagt an einer Stelle: Den Armen wird die frohe Botschaft verkündigt. Genau denen, die ihre Armut merken. Wehe uns hingegen, wenn wir uns für reich halten, meinen, wir hätten alles und seien in Ordnung, und Gott müsse mit uns zufrieden sein.

Wir kennen alle eine Gemeinde, die den Eindruck von sich hatte: „Wir haben so um uns geschaut und gesehen, da läuft viel, da geht was ab, wir sind reich geworden, wunderbar.“ Und der Herr sagt zu ihnen: „Ihr seid elend, arm, blind und bloßgestellt.“

Dieser erste Seligpreis ist ganz grundlegend. Das Bewusstsein unserer totalen Armut vor Gott lehrt uns, uns völlig auf Gott zu verlassen und von ihm alles zu erwarten. Alles von ihm. Ein Armer hat ja nichts.

Jetzt müssen wir das noch präziser übersetzen. Selig sind die geistlich Armen. Im Griechischen steht für arm das Wort „ptōchos“. Ein „ptōchos“ ist eigentlich ein Bettler. Selig sind die Bettler. Die Bettler wissen, dass sie nichts haben und sich alles geben lassen müssen. Sie müssen alles erbitten.

Selig sind wir, wenn uns bewusst ist, dass wir nichts vermögen, nichts haben und uns alles von Gott geben lassen müssen – alles, was wir brauchen, müssen wir erbitten.

Darum redet der Herr in der Bergpredigt zweimal vom Beten. „Wenn ihr betet, dann betet so, nicht plappernd wie die Heiden, nicht mit frommen Übungen. Betet so, bittet!“ Und in Kapitel 7, Vers 7, sagt er noch einmal: „Bittet, dann werdet ihr empfangen.“

Wenn ich wirklich glaube, dass ich arm bin, dann werde ich anfangen zu beten. Dann werde ich ein Beter. Und dann bleibe ich ein Beter. So werden wir als Gemeinde eine Gemeinde von Betern werden. Beter sind solche, die immer wieder zum Herrn kommen und sagen: „Herr, wir haben nichts, unsere Hände sind leer, wir vermögen nichts. Wir sind hilflos und kraftlos. Herr, rede, wirke, segne, gib du, was wir nicht haben!“

Ein Bettler kann durchaus lästig sein. In Deutschland und der Schweiz sieht man nicht viele Bettler. Einige sieht man schon ab und zu, aber sie sitzen meist ganz brav da. In anderen Ländern sind Bettler ganz anders: Sie sind dringlich, kommen, lassen einem keine Ruhe, bis man etwas gegeben hat. Sie überleben sonst nicht.

Hier sieht man daran, dass es den Bettlern nicht so schlimm gehen kann, sonst würden sie nicht so gelassen dasitzen. Ein Bettler hat nichts und ist darauf angewiesen: „Füll mir die Hände, sonst gehe ich zugrunde, gib mir was!“ Wenn wir vor Gott so sind, sind wir selig. Dann sind wir selig.

Das wird uns lehren zu beten. Es wird uns lehren, in den Familien zu beten, persönlich zu beten und als Gemeinden mehr zu beten. Wenn wir merken: „Wir sind ja arm, bettelarm, mausarm, wir sind so jämmerlich dran – Herr, gib, was wir nicht haben!“

Seltsamerweise merken wir es oft gar nicht. Jakobus schreibt im Jakobusbrief von einer Gemeinde, die Krieg untereinander hatte. Sie stritten und machten hin und her, wahrscheinlich diskutierten sie heftig, legten Beweise vor, wiesen Schuld zu und rechtfertigten sich. Es muss heftig zugegangen sein.

Dann sagt Jakobus: „Ihr habt aber nichts, ihr habt bei all eurem Streit nichts.“ Warum nicht? „Ihr betet nicht.“ Warum betet ihr nicht? Warum geht ihr nicht alle zusammen auf die Knie und beginnt zum Herrn zu rufen, damit er Frieden gibt, überführt, redet und handelt? Warum tut ihr das nicht?

Darum habt ihr keinen Frieden in der Gemeinde: Ihr betet nicht. Meistens macht man das zuallerletzt. Bei uns war es auch so. Als wir vor etwa zehn Jahren diese Probleme und Nöte hatten, als die ganze Sache vorbei war und nicht besonders ruhmreich, fiel es uns erst dann ein: „Leute, wir müssen mehr beten.“

Dann trafen wir uns mehrmals zum Gebet. Nicht besonders klug, dass wir nicht schon vorher mehr gebetet hatten.

Selig sind wir, wenn wir merken, dass wir Bettler sind. Selig sind die Armen im Geist.

Dann das zweite: Selig sind die Trauernden. Hier geht es auch um die Beziehung zu Gott.

Trauer als Ausdruck der Erkenntnis der eigenen Unvollkommenheit

Nun, warum ist jemand traurig?

Eine Person ist traurig, wenn sie merkt, dass sie nicht so ist, wie sie sein sollte, und dass ihr eigentlich alles fehlt, was sie haben müsste. Wenn wir erkennen, wie arm wir vor Gott sind, dann trauern wir auf die richtige Weise vor Gott. Wir trauern über unsere eigenen Mängel, über unser Zurückkommen, über unser Versagen und über unsere unzähligen Fehler. Dann beginnt echte Trauer.

So erging es auch Georg Whitfield. Er schreibt in seinen Tagebüchern Folgendes: Gott zeigte mir, dass ich entweder von neuem geboren werden oder verdammt werden müsse. Ich erkannte, dass man in die Kirche gehen, Gebete aufsagen und das Sakrament empfangen kann, ohne wirklich Christ zu sein. Wie brachte das mein Herz in Wallung! Ich fühlte mich wie ein verarmter Mann, der es nicht wagt, in seine Buchhaltung zu schauen, aus Angst, seinen Bankrott festzustellen. Soll ich dieses Buch verbrennen, soll ich es wegwerfen oder soll ich es zu Ende studieren? Ich hielt das Buch in den Händen und sprach zu dem Gott des Himmels und der Erde: Herr, wenn ich kein Christ bin oder kein echter Christ, dann zeige mir um Jesu willen, was Christentum ist, damit ich am Ende nicht verdammt werde.

Gott zeigte es mir bald. Denn als ich etwas weiter unten las, stand dort: Wahre Religion ist die Gemeinschaft der Seele mit Gott und das Gestaltwerden Christi in uns. Da schoss ein Strahl göttlichen Lichts unvermittelt in meine Seele.

Hier hat jemand vor Gott getrauert, wurde ganz aufgewühlt, erschreckt und erschüttert. Er fand keine Ruhe mehr. Ja, wir sind traurig, weil wir vom Himmel und von den himmlischen Dingen so weit entfernt sind, weil wir noch so wenig sind und so wenig so, wie der Herr uns haben will. Wir sind traurig darüber, dass wir ein Problem sind – oder besser gesagt, dass ich ein Problem bin. Ich bin ein Problem.

Ich habe so vieles getan, das nicht in Ordnung ist. Ich lasse mich nur schwer korrigieren, bin verstockt, fast unverbesserlich und verändere mich nur widerwillig. Wenn das so ist, dann weckt das Kummer in mir. Dann lässt es mich nicht zur Ruhe kommen. Dann habe ich Kummer. Dann geht es mir wie David in Psalm 38, Vers 18, wo er sagt: „Ich tue dir kund meine Ungerechtigkeit, ich bin bekümmert wegen meiner Sünde.“

Wann bist du das letzte Mal bekümmert gewesen über deine Sünde und deine Sündhaftigkeit? Wann warst du schon einmal verzweifelt darüber, wie du bist, wie du dich benimmst und wie wenig du so bist, wie der Herr dich haben will? Noch nie?

In den Tagen Hämias weinte das Volk, als es das Wort des Gesetzes hörte. Sie hörten das Wort Gottes, wurden ins Licht Gottes gestellt, und dann weinten sie. Das ist die Traurigkeit, die der Herr weint. Und wer so trauert, der ist selig.

Ein weiteres Zitat von Whitfield aus einem Brief, als er das zweite Mal von England nach Nordamerika unterwegs war: Georg Whitfield, der Evangelist des achtzehnten Jahrhunderts, schreibt: Es hat Gott gefallen, mir ein wenig zu zeigen, wie verwerflich ich bin. Ich habe mehr und mehr erkennen müssen, wie verderbt ich bin. Ein Geheimnis der Gesetzlosigkeit, das in meinem Herzen hauste, ist meinen Blicken enthüllt worden. Ich bin blind, voller Stolz und Eigenliebe. Die Erinnerungen an meine vergangenen Sünden überwältigten meine Seele und ließen Tag und Nacht Tränen meine Speise sein. Aber ich schaute auf den, den ich durchstochen hatte, und ich wurde befähigt, die Freiheit und den Reichtum seiner Gnade zu sehen und die Unumschränktheit und Ewigkeit seiner Liebe. Da empfing meine Seele Trost.

Selig sind die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.

Dann finden wir wahren Trost: den Trost der Gewissheit, dass Gott uns vergeben hat, den Trost der Gewissheit, dass wir in Gottes Hand sind, den Trost des Heiligen Geistes, der uns munter macht, ermutigt und befähigt zu glauben. So können wir von uns wegschauen und uns ganz in die Hände des Herrn fallen lassen, damit er an uns wirkt, uns führt und trägt. Diesen Trost bekommen wir dann.

Ich merke, die Zeit ist schon fast um. Ich sage noch zwei, drei Sätze zur nächsten Seligpreisung: Selig sind die Sanftmütigen.

Sanftmut als Grundlage für ein friedliches Miteinander

Beachten wir, wie diese drei Eigenschaften zusammengehören. Sanftmut regelt meine Beziehung zum Nächsten. Habe ich vor Gott erkannt, wie arm ich bin – selig sind die Armen, die Bettler im Geist – dann beginne ich, über meine Mängel und meine Sünde vor Gott zu trauern.

Wenn ich meine Armut und meine eigenen Mängel sehe, dann werde ich sanftmütig. Im Umgang mit den Geschwistern zeige ich mich sanftmütig, sanft, geduldig und freundlich. Wir sind doch oft nur deshalb so ungeduldig mit anderen, so fordernd und hart, weil wir uns selbst nicht richtig erkannt haben. Wir halten zu viel von uns selbst.

Hier sehen wir, wie unverzichtbar diese Voraussetzungen für ein gedeihliches, glückliches Zusammenleben in der Gemeinde sind. Der Sanftmütige ist auch der, der lieber Unrecht an sich geschehen lässt, als anderen Unrecht zu tun. Er vergilt nicht Gleiches mit Gleichem, nicht Scheltwort mit Scheltwort. Das ist der Sanftmütige.

Und wie häufig passiert genau das Gegenteil unter Geschwistern: Einer sagt dir etwas, das dir nicht passt, und du gibst es ihm genau so zurück. So entfremden sich Geschwister einander, ganze Gemeinschaften zerbröckeln und brechen auseinander.

Selig sind die Sanftmütigen! Der Herr sagt, sie werden das Land ererben. Das ist wirklich interessant. Mit nur zwei, drei Sätzen schließlich stammt diese Verheißung aus Psalm 37. Psalm 37, Vers 11 sagt, dass diejenigen, die nicht darauf aus sind, ihr Recht durchzusetzen, die auch Unrecht tragen und einfach still auf Gottes Walten warten, sich in Gottes Fügen schicken, das Land erben werden.

Es steht in Psalm 37, Vers 11: „Die Sanftmütigen werden das Land ererben.“ Das ist wirklich interessant. Sie bekommen genau das, wofür sie nicht streiten. Genau das. Weil sie bereit sind zu verzichten, bekommen sie alles.

Wir können für uns sagen: Natürlich haben wir nicht die buchstäbliche Verheißung, das Land und die Erde zu erben. Wir haben ein himmlisches Erbe. Der Herr verheißt uns hier den Sanftmütigen, dass er uns mit allen himmlischen geistlichen Segnungen überschütten wird.

Selig sind die Sanftmütigen! Es sei uns gegeben, dass wir diese Reihenfolge durchgehen können: erkennen, wie arm wir vor Gott sind und wie weit entfernt wir von seinen Erwartungen sind; dass wir vor ihm trauern; und dann im Umgang miteinander sanftmütig werden.