Es ist Ferienzeit, und ich habe für euch eine vierteilige Reihe zum Thema Gebet vorbereitet.
Diese Reihe verbindet Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, mit praktischer Nachfolge. Sie bietet dir einen geistlichen Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es ums Gebet. Ich hoffe, ihr versteht das.
Die Bedeutung von Anbetung im Gebetsleben
Deswegen ist Anbetung so zentral. Es ist nicht einfach etwas, das ich am Anfang mache, ein paar Floskeln wie „Gott, du bist heilig, gut und nett“ hinwerfe und dann weitermache – falls ich überhaupt etwas mache.
Anbetung bewahrt mich vor Götzendienst und führt mich gleichzeitig in echte Gottesfurcht hinein. Das geschieht, weil ich mich immer wieder mit dem beschäftige, wer Gott ist und was er für mich getan hat.
Wie komme ich also dahin, dass ich ein solches Gebetsleben kultiviere? Ganz einfach: Ich beschäftige mich mit Gott.
Ich hoffe, dass ihr euch für die Idee gewinnen lasst, dass man sich auf Anbetung vorbereiten muss. Diese Vorbereitung beinhaltet, dass ich mir Gedanken darüber mache, was Gott mir gerade geschenkt hat – das wäre Dank. Oder was Gott mir grundsätzlich geschenkt hat, das wäre das, was er in meinem Leben verändert hat.
Ich beschäftige mich mit Gottes Eigenschaften, mit seinen Eigennamen, mit Begriffen, die Gott beschreiben, und mit dem, was Gott in der Geschichte gewirkt hat.
Wenn du ein „Streuselkopf“ bist, wie ich einer bin – willkommen im Club der Streuselköpfe – dann schreib es dir auf. Ich habe eine lange Liste von Ideen: Eigenschaften Gottes, Namen Gottes, Eigennamen, was er in meinem Leben getan hat. Ich habe das mal hintereinander weg aufgeschrieben, und diese Liste wird ständig länger.
Warum? Weil ich, wenn ich in den Wald gehe – ich bin so ein Waldbeter – diese Liste herausnehme und sage: „Okay, heute schnappe ich mir zum Beispiel zehn Eigenschaften Gottes.“
Das ist mein Startpunkt heute in die Anbetung. Ich suche mir ganz neue Worte und Gedanken. Ich nehme dann ein Wort, wie zum Beispiel „Gottes Selbstgenügsamkeit“. Dann denke ich im Gebet darüber nach: Was bedeutet das eigentlich? Wie kann ich mit intelligenten Worten Gott dafür anbeten, dass er mich nicht braucht, aber trotzdem will?
Ich finde neue Worte dafür. Und das mache ich einfach eine Viertelstunde lang: Ich beschäftige mich in Gedanken mit Gott und freue mich und feiere, was für einen Gott ich habe.
Und ich sage dir eines: Wenn du das nicht tust, dann ist dein Gottesbild billig. Es gibt keine andere Möglichkeit, ein tiefes Gottesbild zu entwickeln, als dass wir ihn auf eine unserem IQ angemessene Weise anbeten. Es geht nicht anders.
Wenn du mir nicht glaubst, dann frag dich einfach: Wie lerne ich einen guten Freund kennen? Indem ich mit ihm rede, indem er mir sagt, wer er ist und was ihn bewegt, und indem ich mit ihm über ihn rede. Eine gute Freundschaft besteht nicht darin, dass ich immer über mich rede und was ich gerne hätte.
Das ist Anbetung, der erste Block. Damit starten wir ins Gebet.
Die Fürbitte als Herzstück des Gebets
Und dann kommt Matthäus 6: "Dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden."
Da stehen wir im zweiten Block des Vaterunsers, mitten in der Fürbitte – Anbetung, Fürbitte.
Warum ist Fürbitte so wichtig? Und warum ist sie im Gebet im Allgemeinen der größte und wichtigste Block? Ganz einfach: Weil uns Fürbitte davor bewahrt, eigenen vergänglichen Zielen nachzuhängen. Genau das ist es, wozu diese Welt uns verführen möchte. Sie will, dass wir über Dinge nachdenken, die uns eigentlich nicht interessieren sollten.
Das kann Corona sein, das kann der Aktienindex sein oder irgendetwas anderes, ein zweit- oder drittklassiger Gedanke, der sich aber niemals vor den eigentlichen Gedanken schieben darf. Und das ist das Reich Gottes. Wir bauen das Reich Gottes, deswegen sind wir hier.
Wenn du noch Zeit hast, darfst du auch ein Hobby haben. Aber wahrscheinlich hast du keines, weil du keine Zeit hast – es gibt nämlich zu viel zu tun. Wenn du wissen willst, wie viel zu tun ist, und wenn du dein Herz auf die Arbeit ausrichten möchtest, die erledigt werden muss, auf die Menschen, die vielleicht noch verloren gehen, auf die Geschwister, die gerade in ihrem Glaubensleben straucheln, auf Institutionen, die versuchen, das Evangelium in diese Welt hinauszutragen – wenn du dich darauf fokussieren willst, habe ich einen Tipp: Erstelle eine ausgedehnte Fürbitteliste, auf der Hunderte von Namen stehen. Für diese Menschen trittst du dann im Gebet ein.
Wenn du nicht weißt, für welche Geschwister du beten sollst, geh zu ihnen hin und frage sie: "Was kann ich für dich beten?" Ich sage jetzt etwas, das mir keine Pluspunkte einbringen wird: Wenn du nicht für deine gesamte Gemeinde betest, nehme ich deinen Glauben nicht ernst.
Wenn du nicht einmal für die geistliche Familie betest, in die Gott dich hineingestellt hat – überlege mal: Wenn das nicht der Fokus oder der Horizont deines geistlichen Denkens ist, dann kommst du als geistliches Baby wahrscheinlich schon irgendwie in den Himmel. Aber mehr als ein geistliches Kleinkind bist du dann nicht.
Ich möchte dich ermutigen, für viel mehr zu beten. Ich möchte dich ermutigen, eine Gebetsliste zu führen, auf der du mit deinen Geschwistern beginnst und dann sagst: "Hey, was habe ich noch?"
Betre für sie intelligent, weil du darüber nachgedacht hast, was sie eigentlich brauchen. Und dann merkst du: "Aber Jürgen, dann muss ich ja jeden Tag beten – das sind ja locker eine halbe Stunde."
Stell dir vor, du nimmst dir jeden Tag zwanzig Leute vor und betest nicht einfach nur für A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, sondern du betest konkret für jeden einzelnen. Zum Beispiel: "Zack, bei seinen Kindern läuft es gerade nicht so gut." Oder: "Zack, in der Ehe sieht es auch nicht so rosig aus." Oder: "Zack, mit dem Job ist es auch nicht der Hit."
Stell dir vor, du nimmst dir nur zwanzig Leute am Tag vor. Kannst du dir vorstellen, dass du dann eine halbe Stunde Fürbitte tun kannst? Und danach denkst du: "Mann, wäre es schön, wenn ich noch ein bisschen mehr Zeit gehabt hätte."
Kannst du dir vorstellen, dass das das ist, was deine Gemeinde im innersten Kern zusammenhält?
Lasst mich das ganz klar sagen: Welche Lieder ihr singt, ist irrelevant. Welche Gemeindestruktur ihr habt, ist irrelevant. Ob ihr das Thema Leiterschaft in den nächsten zwei Jahren auf die Reihe kriegt, interessiert niemanden – solange ihr betet.
Es ist ganz einfach: Du bekommst die Gemeinde, für die du betest. Du bekommst den Zusammenhalt und die Gemeinschaft in der Gemeinde, für die du betest. Du bekommst das geistliche Wachstum in der Gemeinde, für das du betest.
Denn es liegt nie an uns – ich hoffe, das ist uns klar. Es liegt niemals an uns, sondern immer am Gebet.
Deshalb braucht es Fürbitte. Und deshalb brauchst du eine intelligente Fürbitteliste.
Konkrete Fürbitte als Ausdruck gelebter Gemeinschaft
Ich habe irgendwann, ich glaube, 200 Anliegen für meine Kinder aufgeschrieben – 200 konkrete Heiligungsanliegen. Dabei habe ich gesagt: Das bete ich regelmäßig für meine Kinder. Ich dachte einfach, wenn Gott sagt: „Hey, bete“, dann mache ich das konkret. Was will ich alles für meine Kinder?
Ich bin die komplette Ethik der Bibel durchgegangen und habe sie Gott hingelegt. Ich möchte Kinder, die so werden. Zack! Das ist doch logisch: Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet. Ja, ich wollte.
Jetzt nehme ich diese Heiligungsliste und bete sie regelmäßig für alle Geschwister durch. So pauschal, so wie der Herr Jesus sagt: „Ich bitte für sie.“ Warum? Na, weil es einfach gut ist, ab und zu dafür zu beten, dass keiner meiner Geschwister anfängt zu klauen, keiner suizidale Gedanken bekommt, keiner seine Bibel nicht liebt, kein Wind – versteht ihr? Das ist einfach gut, dafür zu beten.
In dem Moment, in dem du das tust, wirst du merken, dass deine Seele satt wird. Eine der schrägsten Erfahrungen meines Lebens ist, dass nach einer halben bis dreiviertel Stunde Fürbitte – obwohl ich nicht für mich gebetet habe, das kommt ja erst im nächsten Schritt – meine Seele satt und zufrieden vor Gott durch den Wald schlendert. Ich frage mich dann: Was geht hier denn gerade ab? Die Antwort ist: Ich habe Fürbitte getan.
Die geistliche Kraft der Fürbitte
Aber warum macht Fürbitte mich bitteschön satt? Ganz einfach: weil ich Mensch geworden bin.
Menschsein heißt, heilig zu sein. Heilig zu sein bedeutet, so zu sein wie Gott. Und Gott ist ein Gott, der sich verschenkt. Immer dann, wenn ich mich verschenke, werde ich Mensch.
Fürbitte ist Verschenken pur. Wenn ich dir eine halbe Stunde meiner Zeit schenke, ist das ein Ausdruck von Fürbitte.
Das war's für heute. Die Predigt wird in der nächsten Episode fortgesetzt.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
