Einführung in das Thema Lobgesänge in der Nacht
Es hat mich besonders angesprochen, dass Sie eine Singefreizeit veranstalten und dabei das Thema der Lobgesänge in der Nacht behandeln. Sie wissen sicher, wo das steht – eigentlich beim Buch Hiob, Kapitel 35, wo es heißt: „Gott, mein Schöpfer, gibt Lobgesänge in der Nacht.“
Doch was ist mit der Nacht gemeint? Es sind die ausweglosen, dunklen Stunden unseres Lebens. Das ist heute besonders wichtig.
Es hat sich nun zufällig so ergeben, dass ich, als ich die Texte hier eingereicht habe, erst kurz vor der Freizeit gesehen habe, dass auch Bruder Manfred Mösinger genau über Psalm 34 sprechen wollte. Das war wunderbar. Ich habe dann schnell umdisponiert und gedacht, es gibt ja auch andere Bibelstellen zu diesem Thema. Deshalb haben wir die Apostelgeschichte genommen, in der ebenfalls von einem Lobgesang in der Nacht die Rede ist.
Dieses Thema ist sehr bedeutend: Gerade in der Dunkelheit zu singen. So wie in dem Lied „Wenn sich der sonnenverhüllte Löwe um mich brüllt“, das ich seit Kindertagen kenne. Gerade in der dunkelsten Nacht.
Ich erinnere mich an Jugendtage in Nordhessen. Dort war der Sohn eines Pastors, der oft am Klavier das Lied „Solang mein Jesus lebt“ gespielt hat. Wenige Tage später verunglückte er tödlich. Amerikaner hatten ihn in seinem Sportwagen mitgenommen, nachdem er im Freibad war. Das Auto überschlug sich, der Junge starb. Der Vater konnte seinen Sohn nur noch an der Badehose erkennen – so schwer war der Unfall.
Und genau das ist es, was uns durchträgt. Der Vater hat oft erzählt, wie wichtig es ist, zu wissen: Solange Jesus lebt und seine Kraft wirkt, kann man gerade in den schwersten Stunden durchhalten.
Das ist das Wunderbare an unseren Liedern. Und es freut mich sehr, dass Sie diese Lieder singen. Sie geben Kraft, auch in den schwierigen und kritischen Situationen unseres Lebens.
Die biblische Grundlage: Apostelgeschichte 16,23-34
Jetzt lesen wir aus Apostelgeschichte 16, Vers 23 an:
Nachdem man Paulus und Silas hart geschlagen hatte, warf man sie ins Gefängnis und befahl dem Aufseher, sie gut zu bewachen. Als der Aufseher diesen Befehl empfangen hatte, warf er sie in das innerste Gefängnis und legte ihre Füße in den Block.
Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Die Gefangenen hörten sie.
Plötzlich geschah ein großes Erdbeben, so dass die Grundmauern des Gefängnisses wankten. Sogleich öffneten sich alle Türen, und von allen fielen die Fesseln ab.
Als der Aufseher aus dem Schlaf aufwachte und sah, dass die Türen des Gefängnisses offen standen, zog er das Schwert und wollte sich selbst töten, denn er meinte, die Gefangenen wären entflohen.
Paulus aber rief laut: „Tu dir nichts an, denn wir sind alle hier!“
Da forderte der Aufseher ein Licht, stürzte hinein und fiel zitternd Paulus und Silas zu Füßen. Er führte sie heraus und sprach: „Liebe Herren, was muss ich tun, dass ich gerettet werde?“
Sie sprachen: „Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig.“
Ich möchte heute nur den Anfang dieses Abschnitts in der Bibelarbeit berühren. Es steht ganz viel darin. Es geht ums Singen, und wir kennen viele Menschen um uns herum, die sagen: „Ich kann nicht mehr singen. Ich kann nicht mehr singen. Zu viel Schweres habe ich in meinem Leben erfahren.“
Herausforderungen und Lebensschicksale als Hindernis für den Glauben
Sie kennen solche Menschen. Im Moment denken wir an sie und ihr schreckliches Schicksal. Meistens handelt es sich um eine sehr typische Krankheit – so sagen wir es, wenn die Ärzte machtlos sind. Wenn man dann miterlebt, wie die Kraft gebrochen ist und keine Besserung mehr möglich scheint.
Ich habe das sehr oft bei Geschäftsleuten erlebt. Wie ist das heute bei einem Handwerker oder Bauunternehmer, wenn der Kunde plötzlich die Rechnung nicht bezahlt und er zum Insolvenzverwalter gehen muss? „Ich kann nicht mehr“, sagt er. Er hatte so große Pläne mit seinem Leben und wollte so viel erreichen.
Wenn wir dann weitersehen, denken wir an die Bilder von Tornadostürmen, bei denen Häuser weggefegt wurden und Menschen alles verloren haben. Oder an die Erdbeben. Dann verstehen wir, wenn Menschen sagen: „Ich kann nicht mehr glauben, ich kann nicht mehr glauben.“ Es gibt tatsächlich Stunden in unserem Leben, in denen wir so denken.
Aber, liebe Schwestern und Brüder, das war nicht richtig. Wir dürfen nicht so reden. Natürlich dürfen wir sprechen, denn es gibt Anfechtungen, und niemand ist von diesen Anfechtungen verschont. In solchen Stunden denkt man oft, die anderen seien Sonntagskinder, sie hätten eine Glücksträhne und könnten singen. Das stimmt aber nicht.
Die Menschen, denen es gut geht und die jeden Tag herrlich und freudig leben, denken oft gar nicht an Gott. Der Glaube wird immer in den dunklen Stunden geboren. Das Singen kommt von den Elenden und den Zerschlagenen.
Das müssen wir wieder ganz schnell lernen. Denn der Glaube hängt nicht von meinen Gefühlen oder meinen Erfahrungen ab. Das ist sehr wichtig. Mein Glaube kommt nicht von meinen Gefühlen und Erfahrungen, sondern er ist ein Wunder des Heiligen Geistes.
Die Kraft des Heiligen Geistes im Glauben und Lobgesang
Der Geist Gottes öffnet uns den Blick des Glaubens, damit wir Jesus sehen können. Denn ohne den Heiligen Geist kann man nicht glauben und auch nicht zu Jesus Herr sagen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir diesen Glauben haben.
Diesen Glauben brauchen wir zum Singen, zum Beten und zum Durchhalten in dunklen Stunden. Es ist auch gut, wenn wir uns daran erinnern, dass vor uns noch ganz dunkle Wegstrecken liegen.
Heute Morgen stand in der Zeitung die Geschichte von einem ehemaligen Justizsenator in Bremen, der eine Frau getötet hat. Sie hatte solche Angst, sie könnte verrückt werden. Dabei war sie noch nicht einmal krank. Schließlich ließ sie sich töten und besorgte sich ihr Gift.
Das sind ungläubige Menschen, die keine Hoffnung haben. Wie anders ist es bei uns, die wir die größte aller Hoffnungen haben! Das Schönste kommt noch. Wir gehen auf eine große Zukunft zu und sagen: Der Herr hat alles in seiner Hand. Er hat auch die Umstände meines Sterbens geordnet.
Wissen Sie das? Lassen Sie ihn das machen. Sagen Sie: Herr, ich befehle dir das an. Dann brauchen Sie sich nicht mehr mit Ihren Gedanken auszumalen, was kommen könnte. Der Herr hat in seiner Regie alles bestens geplant.
Lassen Sie ihn Herr Ihres Lebens sein. Das war ja das Schönste, als wir uns für ihn entschieden haben: Herr, jetzt musst du die Dinge in die Hand nehmen, und du musst unser Herr sein.
Die Gefangennahme von Paulus und Silas als Prüfung des Glaubens
Da sind wir jetzt zunächst einmal bei Paulus. Er war nach Europa gekommen, ein ganz wichtiger Schritt, den Gott geführt hat. Zunächst hatte er diese Aufgabe gar nicht gesehen. Wir sind dankbar, dass Paulus diesen Schritt gemacht hat und zusammen mit Silas nach Europa ging.
Dort trafen sie eine Magd, die mit okkulten Mächten im Bunde war – eine Wahrsagerin. Diese Frau behinderte Paulus in seinem Dienst stark. Es spielte keine Rolle, wie viel diese dunklen Mächte von der Wahrheit erkannten. Auf jeden Fall war sie ein Hindernis für das Evangelium. Paulus trieb mit einem Machtwort die bösen Geister aus.
Die Herren, die diese Frau als Medium benutzten, waren darüber sehr verärgert, denn sie brachte ihnen viel Geld ein. Deshalb ließen sie Paulus und Silas verhaften.
Wir wundern uns oft, wie es in der Welt zugeht. Unsere Juristen lernen an der Universität immer das römische Recht, das bis heute noch Vorbild für uns ist. Doch in der Wirklichkeit wird das Recht oft nicht eingehalten. Menschen handeln häufig nach ihrem eigenen Gutdünken.
Das Problematischste in unserer Welt ist der Mensch selbst. Gott ließ einmal David wählen, als Strafe für seine Sünde. Er gab ihm drei Strafen zur Auswahl und sagte: „Alles darfst du tun, nur lass mich nicht in die Hände von Menschen fallen.“ Menschen sind das Unheimlichste in dieser Welt.
Die Realität von Unrecht und Leid in der Welt
Die Welt hat als Leitbild die Humanität und Menschlichkeit, doch die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Es gab keinen wirklichen Fortschritt, keine Verhandlung. Man kann viele Geschichten erzählen, wie Menschen einander schlecht behandelt haben. Schon unsere jungen Leute erleben in der Schule Unrecht, werden misshandelt oder von Kameraden verspottet. Warum fängt das schon so früh an?
Im Kindergarten ist es manchmal so, dass Kinder unter dem Gruppendruck leiden und angegriffen werden. Das ist furchtbar für unsere Kinder, die oft zittern und gar nicht mehr hingehen wollen, weil sie Angst haben.
Was war das für ein schrecklicher Mensch, dieser Gefängnisvorsteher? Ich vermute, es war ein liebevoller Familienvater, der sagte: „Ich bin ein guter Mensch, ich habe ein Herz für meine Gefangenen.“ Doch es gibt viele Übereifrige. Dass Gott zulässt, dass ein Mensch den Apostel Paulus so behandelt, ist bemerkenswert. Ist Paulus nicht in Gottes Händen? Warum wurde er überhaupt eingesperrt?
Wir haben gestern Abend schon gehört, dass der antichristliche Hass in unserer Welt stark wütet. Doch ich sehe noch einen anderen Grund, der die meiste Unruhe in der Welt verursacht: Wenn ein Mensch sich bekehrt.
Bei der Frau war es der Glaube. Wenn man heute eine neue Theorie verkündet, kann man vielleicht eine neue Religion erfinden. Die Welt ist tolerant, und niemand wird verfolgt. Aber wenn man einen Weg des Glaubens geht – so wie es in der Apostelgeschichte beschrieben ist – dann entstehen Veränderungen im Leben. Diese Veränderungen führen zu großer Unruhe und massivem Widerstand.
Die Frau hörte plötzlich auf mit der okkulten Wahrsagerei. Das führte zu Unruhe, weil sie von bösen Geistern befreit wurde. Deshalb waren die Menschen so besorgt, dass sie Paulus und Silas in einen Gefängnisraum sperrten.
(1. Korinther 5,3-12)Die Bedingungen im Gefängnis und die menschlichen Reaktionen
Und jetzt ist dieser Gefängnisverwalter wahrscheinlich ein emeritierter Offizier der Armee gewesen. In seinen letzten Dienstjahren, früher genannt Zwölfänder, wurde er ins Gefängnis versetzt, weil er nicht mehr in der Armee dienen konnte. Dort führte er seine Befehle vorschriftsmäßig bis zum Ende aus.
Nicht nur, dass er das schlimmste Gefängnis leitete – wissen Sie, dort tropfte es von der Decke. Man konnte nicht schlafen, weil es feucht war. Wanzen und Kakerlaken krochen herum. Es war ekelhaft und schmutzig. Dann wurden noch zwei Gefangene in den Stock eingesperrt. Die Misshandlungen waren brutal: Rückenverletzungen, Wunden ohne jegliche Behandlung. Es war eine grausame Prozedur.
Es ist gut, wenn wir nicht mehr die Sätze sagen, die sonst die Welt sagt: „Ich glaube an die Gerechtigkeit.“ Wissen Sie, ob es in dieser Welt Gerechtigkeit gibt? Ich weiß es nicht. Als Christen glauben wir nicht an solche Wahrheiten. Oder ich glaube an das Gute im Menschen. Aber seitdem wir unser eigenes Herz kennen, können wir das gar nicht mehr sagen. Paulus sagt: „Ich weiß, dass an meinem Fleisch nichts Gutes ist.“ Denkt einmal darüber nach!
Ich glaube auch nicht, dass am Ende alles gut wird. In dieser Welt erleben wir furchtbar schwere Lebensschicksale. Oft war ich erschüttert darüber, was Menschen an Leid, Elend und Unrecht ertragen müssen. Da möchte man sich auflehnen. Ich hoffe, dass Sie ein Herz für solche Menschen haben.
Paulus musste all das durchmachen. Nirgendwo steht, dass wir Christen davon ausgenommen sind. Es gibt ja Mitmenschlichkeit in dieser Welt – ein schönes Wort. Aber hier im Gefängnis gab es keine Mitmenschlichkeit mehr. Es war ein furchtbarer Ort hinter dicken Mauern. Dort gab es auch keine Barmherzigkeit.
Jetzt war es Nacht, stockdunkel Nacht.
Die innere Kämpfe und das Wunder des Glaubens in der Nacht
Und wissen Sie, in solchen Stunden kommt ja unser eigenes Herz zum Vorschein. Da kommen alle bösen Gedanken hoch. Wie oft habe ich das schon erlebt: „Herr Mertz, Herr, mach sie doch fertig, diese Hunde, diese Schweine! Warum tun sie mir so Böses? Warum denken sie nicht an mich? Warum ist alles so böse? Schau dir nur die Fratze dieses Mannes an – ist das die Haltung eines Jüngers Jesu?“
Doch wir gehen oft durch solche Stunden hindurch. Und das große Wunder geschieht ja um Mitternacht. Was war denn passiert? Äußerlich hat sich überhaupt nichts verändert.
Wie oft hört man in solchen Stunden diesen allerdümmsten Satz: „Wie kann Gott das zulassen?“ Gott lässt es zu. Er hat seinen eigenen Sohn am Kreuz hängen lassen. Sogar den Hohn und Spott musste er ertragen: „Bist du Gottes Sohn, so steig vom Kreuz herab!“ Das wurde nicht gemacht.
Wie kann Gott das zulassen? Gott lässt unheimlich viel in dieser Welt geschehen, all die spöttischen und lästerlichen Worte um Mitternacht. Aber das, was im Leben dieser beiden passiert, ist der wichtige Punkt.
Was ist nun passiert? In diesem Augenblick war der Glaubensblick auf Jesus frei.
Ich sage: Das können Sie nicht machen! Sie können nicht einfach auf einen Knopf drücken, Sie können sich nicht einfach am Riemen reißen, um zu glauben. Es ist ein Wunder, dass der Heilige Geist zu uns kommt – den der Vater sendet. Um diesen Geist darf man beten.
Die Verheißung des Heiligen Geistes und die Bedeutung des Glaubensblicks
Die Verheißung, die Jesus für den Heiligen Geist gegeben hat, ist heute immer wieder wichtig. Woran erkennen wir die Gabe des Heiligen Geistes?
Jesus hat gesagt, der Heilige Geist wird mich verklären, wenn er kommt. Er wird Jesus groß machen.
Sehen Sie, liebe Schwestern und Brüder, das ist doch unser Dienst, wenn wir Kranke besuchen. Ich sage immer wieder: Keinen Saft mitbringen, sie vertragen sich nicht. Keine Blumen, das ärgert die Schwestern, denn sie haben ja keine Zeit, um die Blumen zu richten.
Was sollen wir denn tun beim Krankenbesuch? Ein paar Minuten – nicht lange – hinsetzen. Bis die Kranken in Schweiß gebadet sind, ist das zu anstrengend.
Was sollen wir tun? Dem Kranken helfen, den Blick zu Jesus freimachen, ihm ein Wort sagen. Ein Lied vorsingen, mit ihm beten und sagen: Das wollte ich dir bloß sagen. Das genügt.
Ihre Gegenwart ist oft nicht erquicklich. Was ist erquicklich? Der Herr, der die Kranken aufrichtet, der Trost gibt, der den Glaubensblick freimacht.
Gerade in solchen Stunden ist es so wichtig, dass wir niemanden allein lassen. Ach, ich habe schon mit so Kranken am Telefon gebetet. Wenn sie anrufen und sagen: „Ich muss morgen ins Krankenhaus, jetzt komme ich gar nicht mehr“, dann beten wir gerade hier am Telefon. Und ich gebe ihnen noch ein Wort mit.
So sehen Sie, das ist so. Warum? Weil das Wort getrieben ist von der Kraft des Geistes Gottes. Das ist die Kraft des Heiligen Geistes.
Das macht das Wort Gottes wirksam und unterscheidet das Wort Gottes von allem Menschenwort.
Die Kraft des Wortes Gottes und die Bedeutung geistlicher Lieder
Das wissen wir: Das hat eine große Mächtigkeit. Wir haben es doch selbst schon erlebt – ein Wort, das uns zugerufen wird. Liebe Schwestern und Brüder, das hört man bei eurem Singen so schön.
Wir brauchen keine seichten Lieder, keine Schrottlieder und auch keine Lieder, in denen wir uns selbst anbeten. Wir brauchen Lieder, in denen das Wort Gottes zum Klingen kommt. Das Wort Gottes muss zum Klingen kommen.
Ich möchte heute Abend noch etwas dazu sagen. Das ist ganz wunderbar, denn so erreicht man eine Tiefe im Herzen. Deshalb fangen Paulus und Silas an zu singen.
Was war denn mit den Sorgen? Wissen Sie, in solchen schweren Stunden der Anfechtung hatten wir Angst: Halten meine Nerven das noch durch? Schaffe ich das überhaupt? Und wie wird das alles werden?
Leg deine Nerven in Gottes Hand! Und wisse: Er ist der Herr! Manchmal ist es ja so, wenn der Geist Gottes zu uns redet – und übrigens, der Geist Gottes verkündet uns keine neuen Weisheiten. Er greift immer zurück auf das, was Jesus gesagt hat.
Der Geist Gottes nimmt sich die großen Geschenke, die wir haben. Wir brauchen keine neuen Offenbarungen über die Bibel hinaus. Der Geist Gottes erinnert uns nur an das, was schon gesagt ist.
Er ist dein weiser Fürst und wird sich so verhalten, dass du dich wundern wirst. Was ist so ein Vers? Blick doch auf ihn: Warum sollte ich mich denn ängstigen? Ich habe doch Christus noch. Wer will mir da etwas nehmen?
Und da sage ich: Jetzt habe ich wieder Boden unter den Füßen, jetzt weiß ich wieder, wo ich stehe.
Die Bedeutung der Nacht und des Alters im Glaubensleben
Um die Mitternacht aber schon hat Hiob es erkannt: Mein Gott, mein Schöpfer, der Lobgesänge gibt in der Nacht.
Ja, das mit der Nacht ist überhaupt so eine Sache. Ich gehöre jetzt auch zu den Alten, und das Vorrecht des Alters ist, dass man auch mal wachen darf. Gut gewacht ist besser als schlecht geschlafen.
In diesen Nachtstunden, wenn man wach liegt, hat man ja immer schwere Gedanken. Man sorgt sich um die Enkel, man sorgt sich um Mitchristen, man sorgt sich um die eigene Gesundheit. Man hört in seinen Körper hinein, hört schon alle Legionen von Krankheiten marschieren, und denkt an alles, was passieren könnte.
Und dann, wenn man auf einmal anfängt, das Wort zu merken, sagt man sich doch die herrlichen Worte selber vor, die Lieder. Und auf einmal ist man in wenigen Minuten eingeschlafen.
Das ist ganz interessant. Man hat den Frieden wiedergefunden und die Geborgenheit. Das ist mir so wichtig. Ich sage es immer ein bisschen frech: Der Heilige Geist macht keine Zirkusstücke, keine Artistenstücke.
Der Heilige Geist erinnert uns an die großen Grundlagen unseres Glaubens. Und was Größeres kann er doch gar nicht machen.
Ermutigung durch biblische Zusagen und persönliche Erfahrungen
Da hinten sitzt ein ehemaliger Konfirmand von mir. Er hat sich das tolle Zitat von Bruder Schäfer gemerkt. In der schuldigen Kirche haben wir es an die Wand geschrieben, dort, wo er konfirmiert wurde: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“
Das „Getrost“ bedeutet, dass man mutig sein soll. Warum sollte man Angst haben? So ein Blödsinn! Jesus hat doch alles in der Hand. Meinst du, das ginge nicht mehr?
In Neukirchen-Flünn wurde dieses Werk vom Vikar Doll gegründet. Er ist leider nicht alt geworden, sondern schon in jungen Jahren als Vikar gestorben. Er hat ein großes Kinderwerk ins Leben gerufen, ein Kinderrettungswerk. Damals gab es so viele Straßenkinder in Deutschland.
Eines Tages wurden die finanziellen Lasten so groß, dass sein Mitarbeiter sagte: „Wir müssen schließen, es geht nicht mehr. Gott gibt die Gelder nicht.“ Darauf antwortete der Vikar nur: „Dann streichen wir halt das K durch.“
Welches K? Da heißt es doch im Bibelwort: „Keiner wird zu Schanden, der auf dich harrt.“ Eben, in der Bibel steht: „Keiner wird zu Schanden, der deiner harrt.“ Du bist der Erste! Sehr gut, danke, du hast mir wieder mit dem Durchdrehen des K geholfen. Sehen Sie, das hilft doch! Wenn es einer noch auf originelle Weise sagen kann: Meinst du, du seist der Erste, der zu Schanden wird im Vertrauen auf Gott? Das ist eines der schönsten Worte.
Wissen Sie, ich habe auch so einen großen Haarverlust. Das kümmert mich nicht, weil ich weiß, Gott hat meine Haare gezählt. Ich zähle sie nicht jeden Morgen, obwohl bald keine mehr da sind. Bei Frauen ist das ja oft ein heikles Thema. Aber Sie wissen, Gott hat alle meine Haare unter Kontrolle. Das ist das Unwichtigste.
Wenn Jesus das sagt, ist das unglaublich. Wenn Gott das so unter seiner Kontrolle hat, ist das überhaupt ein schönes Wort. Er hat alles unter Kontrolle.
Und wenn man sich in solchen Stunden daran erinnert und ihr mit euren Liedern das zusingt, gibt es etwas Größeres als den Menschen.
Die Kraft des gemeinsamen Singens in schweren Zeiten
Meine Frau hat schon immer gerne gesungen. Sie war Kantorin und hat viele Chöre in der Gemeinde gegründet. Wenn wir morgens die Krankenrunde haben, fällt es uns oft schwer, das Morgenlied zu singen, weil die Stimmen krächzen. Trotzdem singen wir weiter.
Im Altenheim, wo unser alter Diakon lebt, ist die Situation besonders schwer. Er ist halbseitig gelähmt und trägt einen Bauchschonverband. So wie alle dort ist es eine große Herausforderung. Trotzdem singen wir noch „Jesu geh voran“. Dabei lassen wir den Vers weg, der nicht so ganz zum Herzen spricht: „Aigner, Schmerz, Irrung unser Herz“. So singen wir nur die drei übrigen Verse.
Daneben saß eine Frau, die schon ganz weg war, dement. Sie hat ihren Brustkorb bewegt, als wir sangen. Am Schluss sagte der Diakon: „Ihr habt einen Vers vergessen, den singe ich euch noch.“ Plötzlich war die Frau hellwach. Da wird uns wieder bewusst, was im Lied geschieht.
Liebe Freunde, das könnt ihr selbst ausprobieren. Ich stand einmal an einem Krankenbett, und der Arzt sagte, es sei nichts mehr zu machen, der Patient sei schon im Koma. Ich habe nur einen bekannten Liedvers im Gebet gesungen. Plötzlich falten sich die Hände des komatösen Patienten unter der Decke. Was ahnen wir, was in der Tiefe noch mitliegt?
Ich mache mir nur Sorgen um die jungen Leute, die heute die schönen Lieder gar nicht mehr lernen. Sie kennen oft nicht mehr die großen Heilszusagen. Wenn sie dann bei ihren Enkeln sind, sagen sie: „Wenn du das Lied ‚Befiehl du deine Wege‘ singst“, dann machen sie es so, dass die Kinder etwas mitnehmen – ihr Leben an den großen Heilszusagen oder dem wunderbaren Wort: „Niemand kann dich aus meiner Hand reißen.“ Vom guten Hirten gibt es nichts Größeres.
Das ist toll, wenn man auch in der dunkelsten Nacht das erleben und wissen darf. Was geschieht in diesem Gefängnis? Es wird geflucht, gelästert, gespottet, gehöhnt – und plötzlich wird Gott gepriesen, mitten in der Nacht. Das ist ganz wunderbar. Und das ist unsere Aufgabe in den Tiefpunkten unseres Lebens.
Der Verlust und die Wiedergewinnung des Glaubens
Darum führt Gott seine Kinder auch durch ganz schwere Situationen. Im Leben der Gläubigen gibt es Stunden, in denen man seinen Glauben verliert. Man hat ihn dann nicht mehr, so wie man auch seine Schuhe verlieren kann.
In solchen Momenten braucht man Schwestern und Brüder, die einem wieder helfen und sagen: „Du, es ist doch klar in seinem Wort gesagt.“ Johannes, der Jesusjünger, war am Ende seines Lebens in Ephesos. Diese grandiose Weltstadt kann man als Tourist durchgehen und vieles sehen. Dort gibt es einen riesigen Tempel, den Domitian-Tempel.
Domitian war der schlimmste Christenverfolger, noch viel schlimmer als Nero. Er hatte ein grobschlechtes Gesicht und war ein scheußlicher Mann. Er sagte: „Ich bin Gott.“ Zum ersten Mal zeigte er eine unverschämte Frechheit. Er zerstörte die Christengemeinde von Ephesus grausam und verwüstete sie. Johannes, der schon über neunzig Jahre alt war, konnte nichts gegen ihn ausrichten. Domitian schickte ihn nach Patmos, ins Konzentrationslager.
Dort gab Gott Johannes eine wunderbare Schau. Die Offenbarung ist zuerst einmal ein Trostbuch – nicht für verwundete oder schwache Glaubensleute, sondern ein Trostbuch für die Gemeinde. Johannes sah mit seinen Augen, wie der Herr steht. Dann sieht Johannes plötzlich ein Buch mit sieben Siegeln, das niemand öffnen konnte.
Dieses Buch enthält die Geheimnisse der Weltgeschichte und den Heilsplan Gottes. Johannes konnte es nicht öffnen, und niemand sonst konnte es öffnen. Er weinte sehr. Doch dann kam ein Bote und sagte: „Weine nicht!“ Warum?
Der Löwe aus dem Stamm Juda, der Löwe, der Sieg, ist da. Aber zuerst ist der Löwe auch das Lamm, das geschlachtet ist. Der wehrlose Jesus, bei dem wir oft fragen: Warum greift er nicht ein? Warum erleben wir das nicht? Es ist so wichtig, dass im Kreuz von Jesus unser Glaube zur Ruhe kommt.
In dieser Welt ist der Sieg von Jesus vor den Augen der Welt verborgen. Dann kommt das Lamm, das erwürgt ist, und es ist würdig, das Buch zu nehmen. Es hat Kraft, Reichtum, Weisheit, Stärke, Ehre, Preis und Lob. Dieser Jesus hat alles in der Hand.
Einmal werden wir in der Ewigkeit zurückblicken und sagen: Es hätte nicht besser sein können, wie er mit meinem Leben umgegangen ist. Obwohl es so schwer war – wie der Mann gestorben ist, wie man im Krieg alles verloren hat, auf der Flucht war, wie so viel geschehen ist, wie das Geschäft zusammengebrochen ist oder wie die Krankheit kam – der Herr hat es herrlich gemacht.
Wir sehen das oft aus der falschen Perspektive. Diese Welt zeigt die Erfolgsschau und will immer den Erfolg sehen. Das Loben Gottes fällt uns oft sehr schwer. Schimpfen geht leichter, klagen geht leichter. Im Psalm heißt es so schön: „Herr, tue meine Lippen auf, dass mein Mund deinen Ruhm verkündet.“ Herr, mach mir den Mund frei! Wir können so viel mit dem Mund, aber das Loben fällt uns schwer.
Die Kraft des Lobes in schweren Lebenslagen
Und wie herrlich ist es, wenn man dann an das Krankenbett von lieben Gläubigen tritt und noch einmal genau das erlebt. Menschen, die sehr schwer geprüft sind, sagen dann: „Nur Freude, das spinnt der, das geht doch gar nicht.“
Sie haben überlegt, wie sie Trost zusprechen können. Für mich sind das die größten Siegeszeichen unseres Herrn, wenn die Kranken trotz schwerster Prüfungen sagen, dass der Herr da ist – in Freude, in großer Ruhe und Gewissheit.
Es ist immer wieder so, dass viele sagen: „Aber wenn ich das Wunder nicht erlebe, wird das normal.“ Das ist normal für alle, die Jesus auf dem Kreuzesweg nachfolgen. Wir haben ja viele Wunder erlebt, und man muss ehrlich sein: Kein Tag vergeht ohne vielfältige Wunder.
Was ist das Wunderbuch? Oft können wir aufzählen, wie der Herr alles fügt und wie alles geschieht. Jedes gesunde Enkelkind ist ein Wunder Gottes. Wenn wir sehen, dass unser Leib noch funktioniert und alles, was wir im Leben haben – unsere Sinne, Hände und Füße, Zungen, Liebe und Lernen – dann haben wir dafür seinen Segen zu danken.
Auch die Menschen, die uns umgeben und für uns sorgen, sind ein Grund zur Dankbarkeit. Die Inflation ist noch nicht auf hundert Prozent gestiegen, sie ist im letzten Monat Juni nur um vier Prozent gestiegen. Also wollen wir Gott danken, dass er trotz einer so desolaten Politik in der Welt noch vieles funktionieren lässt.
Man kann doch einen ganz neuen Blick des Glaubens gewinnen. Aber was ist so wichtig? Der Glaube hängt nie vom Erfolg ab, niemals vom Erfolg. Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben.
Der Blick auf den gekreuzigten Jesus ist entscheidend: Er ist mein Herr. Ich nehme dankbar an, dass er mir die Fülle gibt. Aber ich will den Weg auch fröhlich gehen, wenn er mich durch Krisen, Leid und Not führt. Er hat mir seinen Frieden gegeben.
Die Verheißung des Glaubens und die Hoffnung auf die Zukunft
Und jetzt erleben wir plötzlich, wie viele Menschen diesen Glauben in ihrem Leben erfahren haben. In dunkelster Nacht gilt: Er ist mein Friede, ich darf ihm vertrauen.
Abraham war 99 Jahre alt, und sein Sohn war noch nicht geboren. In der Nacht sagt Gott zu ihm: „Schau in den Himmel, in den dunklen Sternenhimmel. So zahlreich werden deine Nachkommen sein.“ Verstehen konnten sie es nicht, aber seine Zusagen sind herrlich.
Kaum war der Sohn geboren, soll Abraham ihn wieder auf den Altar legen und auf dem Berg Moria opfern.
Wir wollen Gott nicht mehr mit unseren sichtbaren Erfolgen bedrängen und sagen: „Herr, wenn du mir das nicht gibst, dann glaube ich nicht mehr.“ Stattdessen wollen wir einander helfen, zu einem Glauben zu finden, der vertraut.
Wir haben von Hiob gesprochen, der in der dunkelsten Nacht stand. In jener Nacht rang Jakob mit dem Herrn, mit dem Engel des Herrn selbst. Er sagte: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“
Wir wollen unter dem Kreuz von Jesus stehenbleiben und sagen: Gott hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern hat ihn für uns gegeben. Nur damit wir erlöst sind und Kinder Gottes werden.
Jetzt darf ich wissen: All das Äußere soll er regeln, wie er will. Heute darf ich ihm schon meine Loblieder singen und mich freuen.
Ich wünsche Ihnen diesen Glaubensblick, diesen fröhlichen Glaubensblick, der durch den Heiligen Geist gegeben wird.
Schlusswort und Gebet
Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht sattsehen. Doch immer wieder sehe ich auch die Dunkelheit der Welt. Weil ich nicht weiterkomme, bleibe ich stehen und bete an.
Mein Herz schlägt in Sprüngen, es kann nicht traurig sein. Es ist voller Freude und singt, als sehe es lauter Sonnenschein. Wer Jesus, den Gekreuzigten, sieht, der sieht lauter Sonnenschein.
Das ist der Grund unseres Glaubens, das ist die Mitte. Deshalb hängen wir nicht mehr von einzelnen Erfahrungen ab, so schwer sie auch sein mögen. Der Geist Gottes macht uns das ganz wichtig: Lobgesänge in der Nacht.
Ich wünsche, dass Sie ganz viele Lobgesänge in der Nacht haben.
Ich will noch beten: Du lieber, treuer Herr, wir wollen dir danken, dass du uns das Erleben lässt, so wie es Paulus und Silas erlebt haben. Wir wollen dir auch danken, dass du uns so treu bewahrst.
Auch für die vielen Wunder unseres Lebens – sie sind ja unglaubliche Wunder, die wir schon erfahren haben. Unser ganzes Leben ist ein unfassbares Wunder. Wir können nur staunen über deine Größe.
Aber auch wenn wir dich nicht verstehen, wollen wir dir unser Lob singen und dir danken, dass du der Herr bist und dass du nur Gedanken des Friedens und nicht des Leides hast.
Herr, vergib uns unseren Unglauben. Es ist Sünde, wo wir gegen dich gemurrt haben. Vergib uns, wir wollen ganz neu dir glauben und vertrauen. Amen.
