Einführung in das Bild der Eifersucht am Altar
Wir befinden uns noch im Kapitel 8. Dort haben wir gesehen, wie Hesekiel im Geist nach Jerusalem getragen wird. Zweitens haben wir betrachtet, wie Gott ihm das Bild der Eifersucht am Tor des Altars zeigt. Diese Stelle befindet sich genau dort oder in der Nähe der Stelle, an der man die Schlachtopfer tötete, um sie auf dem Altar darzubringen.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal ansetzen. Auch wenn wir es nur schwach sehen, reicht es aus, um uns zu erschüttern. Es ist eine erschütternde Tatsache, wie Gottes Gnade, die sich am Altar offenbart, und Gottes Heiligkeit, die sich dort zeigt, so nahe am Eigenwillen des Menschen sein können.
Wir können allgemein zusammenfassend sagen: Alles, was Eigenwille ist, ist Götzendienst. Eigenwille ist Götzendienst. Jedes eigene Begehren, jedes eigene Wünschen und Wollen – der Prophet Samuel hat es so gesagt: Eigenwille ist wie Götzendienst oder ist Götzendienst (1. Samuel 15,23). Denn wie die Sünde der Wahrsagerei ist Widerspenstigkeit, so ist der Eigenwille Abgötterei und Götzendienst.
Am Kreuz von Golgatha hat Gott seine ganze Gnade und seine ganze Heiligkeit offenbart. Das Kreuz beweist, dass Gott Liebe ist. Doch wie nahe können Gnade und Ausschweifung nebeneinander existieren? Wie nahe können Gottes Gnadenwille und der Eigenwille des Menschen beieinanderliegen?
Das ist für uns Unbegreifliches. Es ist ein erschütternder Tatbestand, dass das Herz des Menschen im Angesicht von Gottes Gnade und Gnadenwillen seinen Eigenwillen durchsetzen kann. Ganz erklären können wir es nicht, wie das überhaupt möglich ist. Aber wir ahnen und verstehen, welch entsetzliche Bosheit darin liegt.
Hier wird das Herz des Menschen offenbar wie nirgendwo sonst. Das lässt uns verstehen, dass der Mensch wirklich das Gericht verdient hat. Gerade dort, in der Nähe des Altars, in unmittelbarer Nachbarschaft, stand dieses Bild, das zur Eifersucht reizt.
Weil dieser Tatbestand für uns so unbegreiflich ist – dass im Herzen auch des Christen einerseits Gottes Wille, Gottes Gnadenwille regieren kann und andererseits sein Eigenwille –, und weil im Volk Gottes sowohl Gottes Wille als auch der Eigenwille des Menschen regieren können, nennt Paulus dies ein Geheimnis. Er bezeichnet es als das Geheimnis der Gesetzlosigkeit.
Damit macht er deutlich, dass es etwas für uns Unbegreifliches und Unergründliches ist. Doch wir wissen, dass es so ist, und wir wissen, dass es böse und verwerflich ist.
Das Geheimnis der Gesetzlosigkeit und Gottes Eifersucht
Paulus nennt es so im Zweiten Thessalonicherbrief, Kapitel 2. Dort spricht er vom Heiligtum und auch von einem Abgott im Heiligtum. In 2. Thessalonicher 2, Verse 3 und folgende heißt es:
„Lasst euch von niemandem auf irgendeine Weise verführen, denn dieser Tag kommt nicht, der Tag des Herrn nämlich, es sei denn, dass zuerst der Abfall komme und geoffenbart worden sei der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, welcher widersteht und sich selbst erhöht über alles, was Gott heißt oder ein Gegenstand der Verehrung ist, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und sich selbst darstellt, dass er Gott sei.“
Erinnert ihr euch nicht, dass ich dies zu euch sagte, als ich noch bei euch war? Jetzt wisst ihr, was zurückhält, dass er zu seiner Zeit geoffenbart werde, denn schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam.
Dieser Eigenwille wird am Ende dazu führen, dass dort, wo Gott allein sich geoffenbart hat und wo er allein angebetet werden sollte, der Mensch angebetet wird. Das ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit. Und das reizt Gott zur Eifersucht.
Wir wurden gestern nicht ganz fertig mit einem Gedankengang, den will ich jetzt noch zu Ende führen. Wir haben gesehen, dass Gottes Liebe zu diesem Volk eine aussondernde Liebe war. Darum ist jede Zuneigung zu etwas anderem, jedes Vertrauen auf etwas anderes als auf Gott, ein Verstoß gegen diese Liebe.
Die Größe des Unrechts misst sich an der Größe dieser Liebe. Es ist das größte Unrecht, denn diese Liebe ist der Beweis der größten Liebe.
In dieser Ausschließlichkeit, die Gott fordert – „keine anderen Götter neben mir“ –, liegt das ganze Glück des Volkes Gottes, des Menschen. Wenn Gott Gott ist, dann kann es kein höheres Glück geben, als an ihn allein zu hängen.
Und so verdirbt sich der Mensch selbst, er nimmt sich das höchste Glück, wenn er neben anderen Göttern dient. Deshalb kann ihm kein größeres Unglück widerfahren als Abgötterei.
Warnung vor Götzendienst und Habsucht
Kinder, hütet euch vor den Götzen, sagt Johannes im ersten Johannesbrief am Schluss. Denn es ist das größte Unrecht, das wir Gott antun können. Es ist auch das größte Unglück, das uns widerfahren kann. Zudem ist es die größte Torheit, die ein Mensch begehen kann: Sein Vertrauen auf etwas anderes als Gott zu setzen und sein Herz an etwas anderes zu hängen als an unseren Schöpfer und Erlöser.
Die größte Torheit, die der Mensch begehen kann, ist genau diese Haltung. Der Herr nennt in Lukas 12,15 und 12,21 denjenigen einen Toren, der seine Reichtümer im Besitz sucht und nicht in Gott.
Lukas 12,15 sagt: „Seht zu und hütet euch vor aller Habsucht! Habsucht ist Götzendienst.“ Der Herr sagt es hier zwar nicht mit diesem Wort, doch es kommt darauf hinaus. Auch der Apostel Paulus sagt es: Es ist Götzendienst, sein Vertrauen auf etwas anderes als Gott zu setzen – hier auf Geld und Besitz.
„Hütet euch vor aller Habsucht, denn nicht weil jemand Überfluss hat, besteht sein Leben von seiner Habe.“ Gestern Vormittag haben wir von Hans gehört, und das war wirklich überzeugend und eindrücklich. Es wurde deutlich, dass das Leben darin besteht, Gott zu kennen.
So heißt es dann in Lukas 12,21: „Du Tor!“ Gott spricht zu dem Menschen, der nur für sich Schätze sammelt und nicht reich ist in Bezug auf Gott. Das ist Torheit.
Ja, Abgötterei ist das größte Unrecht, das wir Gott antun können. Es ist das größte Unglück, das wir über uns bringen können, und die größte Torheit, die wir begehen können.
Die Bilderkammern Israels und das Verbot von Bildnissen
Nun müssen wir sehen, dass wir ein bisschen vorankommen. Der dritte Abschnitt behandelt die Bilder, die Bilderkammern der Ältesten Israels, und umfasst die Verse 7 bis 13 in Hesekiel 8.
Da heißt es: „Und er brachte mich an den Eingang des Vorhofs, und ich sah – siehe, ein Loch war in der Mauer. Und er sprach zu mir: Menschensohn, durchbrich doch die Mauer!“ Ich durchbrach die Mauer, und siehe, da war eine Tür.
Er sprach weiter zu mir: „Gehe hinein und sieh die bösen Gräuel, die sie hier verüben.“ Ich ging hinein, sah und siehe, da waren allerlei Gebilde von scheußlichem Gewürm und Vieh sowie allerlei Götzen des Hauses Israel, ringsum an die Wand gezeichnet.
Vor diesen Bildern standen siebzig Männer von den Ältesten des Hauses Israel, und Ya'asanya, der Sohn Schafans, war in ihrer Mitte. Jeder hielt ein Räucherfass in der Hand, und der Duft einer Weihrauchwolke stieg empor.
Er sprach zu mir: „Hast du gesehen, Menschensohn, was die Ältesten des Hauses Israel im Finstern tun? Jeder in seiner Bilderkammer, denn sie sagen: ‚Der Herr sieht uns nicht, der Herr hat das Land verlassen.‘“
Und er fügte hinzu: „Du sollst noch weitere große Gräuel sehen, die sie verüben.“ Dabei handelt es sich um die Sünde gegen das zweite Gebot.
Die Sünde gegen das zweite Gebot
Das Bild der Eifersucht ist die Sünde gegen das erste Gebot: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Ebenso betrifft es die Sünde gegen das zweite Gebot: „Du sollst dir kein Bild machen.“
Warum besteht Gott so sehr darauf? Warum hat Gott es verboten? Man könnte doch denken: Kann es wirklich so schlimm sein, wenn man eine Darstellung von Gott an die Wand malt, um sich Gott besser vorstellen zu können? Was soll daran so schlimm sein? Da es das zweitoberste Gebot ist, muss es jedoch sehr schwerwiegend sein.
Dass wir Schwierigkeiten haben, das zu verstehen, zeigt nur, wie sehr unser Urteil verfinstert ist. Der moderne Mensch kann das oft überhaupt nicht nachvollziehen. Viele empfinden es als ein unbegreifliches Geschrei, wenn manche Ewiggestrigen und Unverbesserlichen behaupten, nur Christus sei wichtig und dass Religionsvermischung Sünde sei. Ebenso sagen sie, dass die Vorstellung des Göttlichen durch Bilder oder Bildbetrachtung Sünde sei. Der moderne Mensch fragt: Was soll daran böse sein? Warum sollte man nicht das Beste aus allen Religionen übernehmen? Warum darf man sich kein Bild von Gott machen?
Gott ist unsichtbar und jenseitig. Das bedeutet, dass er keiner Sache gleicht, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Er ist keiner Sache gleich, die wir in dieser Welt sehen oder wahrnehmen. Darum ist jede bildliche Darstellung Gottes eine Verfälschung. Sie führt uns zur ersten Sünde: zur Abgötterei. Wir beten dann etwas anderes an als Gott.
Ein zweiter Grund, warum Gott es verboten hat, sich ein Bild von ihm zu machen, ist folgender: Es gibt ein Bild Gottes, aber niemand darf es machen. Dieses Bild ist ungemacht, denn es ist der Sohn Gottes. Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes. Das ist wohl der tiefere Grund, warum man sich von Gott kein Bild machen darf. Denn wenn man es tut, schafft man sich sofort einen Götzen.
Der Sohn Gottes heißt in Kolosser 1,15: „Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes.“ Nur ihn dürfen wir als Bild Gottes erkennen, zu erkennen trachten und anbeten. In Christus wird der unsichtbare Gott, den man sonst nicht fassen oder erkennen kann, erkennbar.
In Kolosser 1,15 heißt es: „Welcher das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Schöpfung.“ Israel sollte durch dieses Verbot, sich Bilder zu machen, bewahrt werden bis zu dem Tag, an dem das Bild Gottes erscheinen würde.
Doch hier sehen wir, wie man im Tempel in Jerusalem, in den Kammern oder bei den Ältesten zu Hause, wie sie sich Bilder eingerichtet haben, die sie verehren – wie auch immer. Das wird hier nicht näher beschrieben. Israel wurde durch das babylonische Exil vom Götzendienst und Bilderdienst tatsächlich geheilt. Diese Sünden traten nicht mehr zurück.
So gab es im Tempel des Esra, den später Herodes außen herum erweiterte, kein Bild. Überall war es leer. Man betrat das Tempelareal, kam in den Vorhof der Heiden, und wenn man ein Heide war, durfte man nicht weiter. Die Heiden wussten davon und hörten, dass es in diesem Tempel nicht einmal ein Bild gab. Für einen Heiden war das etwas ganz Abwegiges. Wozu ist denn ein Tempel da? Natürlich doch, um ein Götterbild zu beherbergen.
Einmal betrat ein Heide den Tempel: Pompeius, als die Römer um die Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts Palästina eroberten. Er wollte aus Neugier die heiligsten Stätten sehen, doch er fand nirgends ein Bild. Für die Juden war das ein furchtbarer Frevel. Sie sahen darin die göttliche Strafe, dass Pompeius in seiner Auseinandersetzung mit Caesar um die Oberhoheit Roms unterlag und ertrank.
Also: kein Bild. Das ist wirklich einmalig. Hier sehen wir aber, wie die Ältesten Israels sich Bilder machen. Die einzige Erklärung dafür ist, dass sie sich dem Zeitgeist anpassen. Sie tun, was alle tun. Alle Heiden haben ihre Symbole und Bilder für das Göttliche. So passen sie sich einfach an.
Dieser Druck ist ungeklärt und ungeheuer groß. Wir passen unser Denken, Urteilen und Glauben an und tun über die Zeit Dinge, die die Heiden tun, einfach weil es alle Welt tut. So werden wir den Heiden gleich. Das ist eine sehr aktuelle und dauerhaft gültige Wahrheit.
Das Neue Testament spricht von Absonderung. Es fordert, dass wir der Welt nicht gleich sein sollen, sondern in unserem ganzen Denken, Sinnen und Trachten anders als die Welt sein müssen, die uns umgibt. Natürlich fällt uns das schwer. Man möchte akzeptiert sein, von den Leuten als vernünftiger Mensch gelten und nicht als bornierter Sonderling, als Unverbesserlicher, der am Alten hängt und nie davon loskommt.
Darum passen sich viele gern an, um diesem Druck zu entgehen. Aber wir dürfen uns nicht anpassen – in keiner Weise.
Römer 12,2 sagt: „Seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen möget, was der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.“
So viel zu diesen Bilderkammern und dem Ausdruck, den die Ältesten hier, ich hätte fast gesagt, im Mund führen. Es wird auch so ausgedrückt in Hesekiel 8,12: „Sie sagen: Der Herr sieht uns nicht, der Herr hat das Land verlassen.“ Sie sagen es in ihren Herzen und mit ihren Taten.
Natürlich haben sie es nicht buchstäblich so gesagt, denn das zeigt uns der Prophet Jeremia, ebenso wie die Hinweise auf die falschen Propheten im Buch Hesekiel. Diese sagen: „Der Herr ist mit uns, er ist mitten unter uns, und darum wird es uns immer gut gehen. Die Babylonier werden die Stadt nie erobern.“
Doch in ihren Herzen sagen sie, der Herr ist weit weg. Ihre Taten beweisen, dass der Herr fern ist von ihnen, trotz aller äußeren religiösen Formen.
Der Kult der Frauen, die den Tammus beweinen
Dann viertens: Die Frauen, die den Tammus beweinen, in den Versen 14 und 15.
Und er brachte mich an den Eingang des Tores des Hauses des Herrn, das gegen Norden liegt. Siehe, dort saßen Frauen, die den Tammus beweinten. Er sprach zu mir: „Hast du gesehen, Menschensohn? Du wirst noch größere Gräuel sehen als diese.“
Dieser Satz ist bereits dreimal in diesem Kapitel vorgekommen und steht immer am Ende der jeweiligen Abschnitte. Im Vers 6 heißt es: „Du sollst noch weitere große Gräuel sehen.“ Im Vers 13 steht: „Du sollst noch weitere große Gräuel sehen.“ Und im Vers 15: „Du sollst noch weitere, noch größere Gräuel sehen.“ Alle diese Aussagen beziehen sich auf das gleiche Thema.
Ich möchte mich hier nicht lange mit diesem Kult aufhalten, und ich bin mir auch nicht ganz sicher, warum er an dieser Stelle besonders hervorgehoben wird. Daher werde ich dazu jetzt nichts Weiteres sagen.
Sonnenanbeter zwischen Altar und Tempel
Dann der fünfte Abschnitt: Sonnenanbeter zwischen Altar und Tempel, die Verse 16 bis 18.
Und er brachte mich in den inneren Vorhof des Hauses des Herrn, und sie waren am Eingang des Tempels des Herrn. Zwischen der Halle und dem Altar standen 25 Männer. Ihre Rücken waren gegen den Tempel des Herrn gerichtet, und ihre Angesichter zeigten nach Osten.
Sie standen also zwischen dem Eingang, das ist die Halle des Tempels, und dem Altar. Das hier ist die Halle, und das ist der Altar. Dort standen diese 25 Männer, mit dem Rücken zum Tempel des Herrn und dem Gesicht nach Osten gewandt. Sie bückten sich gegen Osten hin vor der Sonne.
Er sprach zu mir: „Hast du gesehen, Menschensohn, ist es im Haus Judas zu gering, die Gräuel zu verüben, die sie hier verüben, dass sie auch das Land mit Gewalttat füllen? Und mich immer wieder reizen? Denn siehe, sie halten das Reiß an ihrer Nase. So will auch ich handeln im Grimm. Mein Auge soll nicht schonen, ich werde mich nicht erbarmen. Und rufen sie auch vor meinen Ohren mit lauter Stimme, so werde ich sie doch nicht hören.“
Den Rücken gegen den Tempel des Herrn zu kehren, ist ein Ausdruck der Verachtung. Jemand will mit uns reden, Gott will zu diesem Volk sprechen. Gott möchte, dass dieses Volk auf ihn hört und zu ihm kommt. Wenn jemand zu uns reden will und wir ihm den Rücken zudrehen, wie nennt man das? Das ist ein Affront, sagt man. Ja, das ist eine Frechheit, eine Missachtung. Und sie drehen Gott den Rücken zu.
In 2. Chronik 29,6 kommt dieser Ausdruck ebenfalls vor. Dort sagt Hiskia im ersten Jahr seiner Regierung als 25-jähriger junger Mann: „Unsere Väter haben treulos gehandelt und getan, was böse ist in den Augen des Herrn, unseres Gottes, und haben ihn verlassen. Sie haben ihr Angesicht von der Wohnung des Herrn abgewandt und ihr den Rücken zugekehrt.“ (2. Chronik 29,6)
Und sie beten die Sonne an. Hier sieht man ein Relief vom Pharao Amenophis, auch bekannt als Echnaton, ein Sonnenanbeter. Das ist künstlerisch großartig umgesetzt: Die Strahlen der Sonne haben Hände.
So stellt man sich vor, dass die Sonne der Geber aller guten Dinge ist – Geber des Lebens und Geber allen Segens. Deshalb betet er mit diesem Gebetsgestus: die Hände, die Handflächen nach oben offen, um all das zu empfangen, was die Sonne, dieser gute Gott, gibt.
Doch was hier geschieht, ist, dass man dem Geschöpf, dem Geschaffenen, die Ehre gibt, die nur dem Schöpfer zukommt. Das ist ein Ausdruck großer Verfinsterung, ein Ausdruck großer Torheit, so sagt es Römer 1,23: „Sie haben die Herrlichkeit des unverweslichen Gottes verwandelt in das Gleichnis eines Bildes, also sich ein Bild gemacht von Gott, von einem verweslichen Menschen und von Vögeln und von vierfüßigen und kriechenden Tieren.“
Darum hat Gott sie auch dahingegeben, in den Gelüsten ihrer Herzen, in Unreinigkeit ihre Leiber untereinander zu schänden. Sie, welche die Wahrheit Gottes in die Lüge verwandelt haben und dem Geschöpf mehr Verehrung und Dienst dargebracht haben als dem Schöpfer, welcher gepriesen ist in Ewigkeit.
Das ist ein ganz interessanter Zusammenhang. Paulus sagt, das ist ein Ausdruck einer Herzensverfinsterung und großer Torheit. So steht es im Vers 21: „Sie sind in ihren Überlegungen in Torheit verfallen, ihr unverständliches Herz ist verfinstert worden.“
Das zeigt sich daran: Es gibt keine größere Verirrung des Urteils, als wenn man Geschöpf und Schöpfer miteinander verwechselt. Nicht zu wissen, wem mehr Ehre gebührt, ist eine bestürzende Verfinsterung.
Und wenn das im Volk Gottes geschieht, was soll man dann sagen, wenn das Geschöpf wichtiger wird als der Schöpfer? Im Volk Gottes, wo man es eigentlich wissen müsste?
So verstehen wir, dass Gott hier am Ende dieses Kapitels ankündigt, dass er jetzt handeln werde, ohne zu schonen. In Kapitel 8, Vers 18 sagt er: „Ich will handeln im Grimm, mein Auge soll nicht schonen.“
Und er kündigt auch an: „Und wenn sie zu mir rufen, so werde ich nicht mehr hören. Rufen sie auch vor meinen Ohren mit lauter Stimme, ich werde sie nicht hören.“
Das Gesicht vom Mann mit dem Schreibzeug – Beginn der Heimsuchung
Und so kommen wir zum Kapitel 9, dem Gesicht vom Mann mit dem Schreibzeug. Zunächst zu den Versen 1 und 2:
„Die Stunde der Heimsuchung ist gekommen.“ Ich lese jetzt aus der alten, alten Elberfelder Bibel, also der Bibel, die ich hier immer vor mir habe. Einige Übersetzungen geben den Text anders wieder, zum Beispiel nur einen Satz:
„Und er rief vor meinen Ohren mit lauter Stimme und sprach: ‚Nahet euch, ihr Aufseher der Stadt, ein jeder mit seinem Werkzeug der Zerstörung in seiner Hand.‘ Und siehe, sechs Männer kamen des Weges vom oberen Tor, welches gegen Norden sieht, ein jeder mit seinem Werkzeug zum Zerschlagen in seiner Hand. Und ein Mann war in ihrer Mitte in Linnen gekleidet, mit einem Schreibzeug an seiner Hüfte, und sie kamen und stellten sich neben den Ehrenaltar.“
Man kann den Befehl „Nahet euch, ihr Aufseher der Stadt“ auch so übersetzen: „Es sind nahegekommen die Heimsuchungen der Stadt.“ Beides ist möglich. Es hängt davon ab, wie man das Verb „nahen“ vokalisiert. Entweder als „qarbu“ – „es sind nahegekommen“ – oder als „qarbu naht“ – also als Imperativ „naht euch“.
Man kann das als Aufforderung verstehen, die von Gott ausgeht, oder einfach als eine Deklaration: „Jetzt ist es passiert. Die Stunde der Heimsuchung ist gekommen.“
In Vers 18 war die Strafe über Jerusalem ausgesprochen worden, nun soll sie ausgeführt werden. Der Befehl zum Gericht ergeht.
Vier Prinzipien über Gottes Handeln im Gericht
Wir lernen in diesem Kapitel vier Prinzipien über Gottes Handeln im Gericht.
Auch wenn es nicht direkt gesagt wird, wird es doch deutlich an der Darstellung: Das Gericht kommt, wenn das Maß der Sünde voll ist. Kapitel 8 will uns zeigen, dass das Maß der Sünde voll ist. Größeres Unrecht kann das Volk nicht tun, größere Torheit kann das Volk nicht begehen. Es hat das Heiligtum selbst entweiht – das Herz des Volkes ist von Finsternis besetzt. Das Maß der Sünde ist voll.
Dazu einige Bibelstellen, die ich hier nicht alle angeführt habe, um dieses Prinzip zu verdeutlichen: Es gibt ein Maß der Sünde. Wenn dieses voll ist, fällt das Gericht.
In 1. Mose 15,16 heißt es: „Im vierten Geschlecht werden sie hierher zurückkehren, denn die Ungerechtigkeit der Amoriter ist bis hierher noch nicht voll.“ Ihre Ungerechtigkeit muss voll werden, dann werden die Amoriter gerichtet – durch Josua, durch das Schwert Josuas. Erst dann.
Dann Daniel 8,23. Dort heißt es: Am Ende ihres Königtums, wenn die Frevler das Maß vollgemacht haben, wird ein König aufstehen, frech angesichts und der Renke kundig. Das wird der letzte König sein, ein Vorläufer des Tieres aus Offenbarung 13. Wenn die Frevler das Maß vollgemacht haben, dann...
Matthäus 23,32 richtet sich direkt an das Volk Gottes, an die Juden. Dort spricht Jesus sieben Weherufe aus und sagt: „Ihr macht voll das Maß eurer Väter.“ Sie machen es jetzt voll – das Maß der Sünde. Entsprechend fiel innerhalb kurzer Zeit das Gericht, das Ende Jerusalems.
In 1. Thessalonicher 2,16 heißt es einige Jahrzehnte nach diesem Ausspruch des Herrn von den Juden: Sie verwehren uns, zu den Nationen zu reden, auf dass sie errettet werden, damit sie ihre Sünden allezeit voll machen. Aber der Zorn ist völlig über sie gekommen.
Eine letzte Stelle ist Offenbarung 18,5. Dort heißt es von Babylon, der großen Stadt, etwas anders formuliert, aber es kommt auf dasselbe heraus: „Denn ihre Sünden sind aufgehäuft bis zum Himmel, und Gott hat ihrer Ungerechtigkeiten gedacht.“ Jetzt ist das Maß voll.
Das ist das erste, was wir hier lernen: Das Gericht fällt, wenn das Maß der Sünde voll ist. Das zeigt einerseits, dass Gott geduldig, barmherzig und gnädig ist. Er wartet. Auf der anderen Seite zeigt es uns, dass Gott heilig ist und richten wird. Wenn das Maß voll ist, wird er richten – dann aber schonungslos.
Dieses Kapitel ist erschütternd. Es wird auf eine Weise beschrieben, die erschüttert und nachgerade brutal ist: Das Maß der Sünde ist voll.
Schonung für die Bußfertigen
Dann sehen wir als zweiten Abschnitt die Verse drei bis sieben, die Schonung für die Bußfertigen thematisieren. Dieses Prinzip zieht sich durch die gesamte Bibel und gilt bis ins letzte Buch, bis in die letzte Zeit der Gerichte hinein. Für Bußfertige gibt es immer eine Rettung und Schonung. Bis zuletzt wird Buße verkündigt.
Das ist das zweite Prinzip: Schonung für die Bußfertigen (Verse 3 bis 7):
„Und die Herrlichkeit des Gottes Israels erhob sich von dem Cherub, über welchem sie war, zu der Schwelle des Hauses hin. Und er rief den im Linnen gekleideten Mann, der das Schreibzeug an seiner Hüfte hatte. Der Herr sprach zu ihm: ‚Gehe mitten durch die Stadt, mitten durch Jerusalem, und mache ein Zeichen an die Stirnen der Leute, welche seufzen und jammern über all die Gräuel, die in ihrer Mitte geschehen.‘
‚Glückselig sind die Trauernden‘, sagt der Herr, ‚das sind genau die.‘ Und zu jenen sprach er vor meinen Ohren: ‚Geht hinter ihm her durch die Stadt und schlagt zu! Euer Auge soll nicht schonen, erbarmt euch nicht! Mordet bis zur Vertilgung Greise, Jünglinge, Jungfrauen, Kinder und Frauen. Aber naht euch niemandem, an welchem das Zeichen ist. Und bei meinem Heiligtum sollt ihr anfangen.‘
Sie fingen bei den alten Männern an, welche vor dem Haus waren.“
Schonung für die Bußfertigen: Sie werden gekennzeichnet. Im Hebräischen steht hier „Macht ein Tau an die Stirnen der Leute“. „Macht ein Tau“ ist ein auffälliges Verb, es bedeutet, die Leute zu betauen. „Tau“ heißt eben „T“ und entspricht unserem Buchstaben T, auch lautlich.
Das Tau hat tatsächlich die Form eines Kreuzes. Im Alphabet jener Zeit, im Hebräischen der nachbabylonischen und der heutigen Zeit, sah das Tau um 600 v. Chr. herum aus wie ein Kreuz oder ähnlich. Er macht also ein Kreuz an ihre Stirnen. Ob wir darin zu weit gehen, weiß ich nicht.
Auf jeden Fall gilt: Es gibt nur eines, das uns retten kann vor Gottes Zorn – das ist die Buße. Dies angesichts der Tatsache, dass Christus unsere Sünden im Gericht getragen hat, im stellvertretenden Gericht.
Das Gericht beginnt am Haus Gottes
Dann das dritte Prinzip, das wir hier sehen: Das Gericht beginnt am Haus Gottes.
Welche sind das? Die mit dem Tau? Ach so, die Übersicht. Ja, ja, klar, danke.
Das Gericht beginnt am Haus Gottes, wie es hier ausdrücklich heißt im Vers 6: „Ihr sollt bei meinem Heiligtum anfangen, denn da ist die Sünde am schreiendsten.“
Das ist wirklich der Sitz der Sünde. Und dort beginnt Gott. Von dort geht alle Sünde aus, nämlich die Verachtung Gottes.
Die Fürbitte fruchtet nicht mehr
Dann viertens: Wenn das Gericht kommt, sehen wir hier, dass die Fürbitte nicht mehr fruchtet. Das heißt nicht, dass es keine Rettung gäbe. Wer Buße tut und den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden. Aber es gibt jetzt keine Schonung mehr. Keine Fürbitte kann dieses Gericht, das über die Nation kommt, noch aufhalten.
Die Fürbitte des Propheten, die Verse 8-11:
„Und es geschah, als sie schlugen und ich allein übrig blieb, da fiel ich nieder auf mein Angesicht und schrie und sprach: Ach, Herr Jachwe, willst du den ganzen Überrest Israels verderben, indem du deinen Grimm über Jerusalem ausgießest?“
Und er sprach zu mir: Seien wir die Antwort Gottes. Die Antwort Gottes ist eine Begründung des Gerichts. Das bedeutet, die Fürbitte fruchtet nichts mehr. Dieses Volk wird jetzt nicht mehr geschont.
Er sprach zu mir: „Die Schuld des Hauses Israel und Juda ist über die Maßen groß.“ Hier haben wir die Bestätigung: Es geht wirklich um das Vollmaß. Nein, das Maß ist mehr als voll geworden – über die Maßen groß.
Und das Land ist mit Gewalttat erfüllt, die Stadt ist voll Beugung des Rechts, denn sie sagen: „Der Herr hat das Land verlassen und der Herr sieht uns nicht.“ Man verachtet Gott, man ignoriert Gott.
So auch ich: Mein Auge soll nicht schonen, ich werde mich nicht erbarmen. Ihren Weg will ich auf ihren Kopf bringen.
Und siehe, der in Linnen gekleidete Mann, welcher das Schreibzeug an seiner Hüfte hatte, brachte Antwort und sprach: „Ich habe getan, wie du mir geboten hast.“
Das Gesicht von den Cherubim und den Feuerkohlen
Kapitel zehn
Das Gesicht von den Cherubim und den Feuerkohlen habe ich so überschrieben. Zunächst wird in Kapitel 10,1-8 ein weiteres Gesicht Hesekiel gewährt, in dem er das kommende Unglück sieht. Dieses Mal erscheint es nicht als Männer, die mit Schwertern durch die Stadt gehen und Menschen erschlagen, sondern als einer, der Kohle über die Stadt streut. Feuer! Diesen Teil lese ich jetzt aber nicht mehr vor.
Dann folgt eine weitere Beschreibung des Thronwagens Gottes, die der in Kapitel 1 sehr ähnlich ist. Darauf gehe ich jetzt ebenfalls nicht mehr ein.
Drittens sehen wir, wie die Herrlichkeit des Herrn das Haus verlässt. Das geschieht in Kapitel 10,18-22. Zunächst sieht Hesekiel, wie ein in Leinen, also in Weiß, gekleideter Mann zwischen die Räder des Thronwagens tritt. Dort bekommt er von jemandem glühende Kohle in die Hände. Anschließend streut er diese glühende Kohle über die Stadt.
Das erinnert uns an ein Gesicht aus dem Buch der Offenbarung, wo ebenfalls glühende Kohle vom Altar auf die Erde geworfen wird (Offenbarung 8). Dort heißt es in Offenbarung 8,5: „Der Engel nahm das Räucherfass, füllte es mit dem Feuer des Altars und warf es auf die Erde, und es geschahen Stimmen, Donner, Blitz und ein Erdbeben.“
Wir sehen hier, wie Feuer vom Altar auf die Erde fällt. Das zeigt uns die Herkunft und die Ursache für alle Gerichte: Sie kommen vom Altar. Das bedeutet, dass das Werk Christi am Altar verachtet wurde. Daraus ergibt sich die Größe der Schuld, die wiederum die Schwere der Strafe bestimmt.
In Hesekiel 10 sehen wir nun dieselbe Handlung, aber von einer anderen Stelle ausgehend. Diesmal kommt das Gericht nicht vom Altar, sondern vom Thronwagen Gottes. Das bedeutet, dass uns Hesekiel 10 zeigt, wie Gott dieses Gericht durch seine Vorsehung vollstreckt. Sein Thronwagen, also sein Regiment, bestimmt das Ende Jerusalems.
Die, die das Gericht vollstrecken, sind die heidnischen Heere. Sie sind Gottes Gerichtswerkzeug. Somit sehen wir in Hesekiel 10 die Methode des Gerichts, während Offenbarung 8 die Ursache des Gerichts beschreibt.
Das Gesicht von den Fürsten Jerusalems und die weichende Herrlichkeit
Nun müssen wir uns noch dem Kapitel 11 zuwenden: dem Gesicht von den Fürsten Jerusalems und von der weichenden Herrlichkeit. Zuerst wird Gottes Gericht über die selbstsicheren Bewohner Jerusalems angekündigt. Diese sagen: „Wir sind wie Fleisch in einem Topf.“ Und Fleisch fällt doch nicht aus einem Topf, das gibt es doch gar nicht. Deshalb bleiben wir schön im Topf drinnen.
Wir sind das Fleisch, Jerusalem ist der Topf, und wir sind hier in Sicherheit. So wird Gottes Gericht über die selbstsicheren Bewohner Jerusalems angekündigt. Wir verstehen, dass es keine Sicherheit geben kann. Warum nicht? Die Stadt mag noch so hohe Mauern haben. Ihre einzige Sicherheit ist ja ihr Gott.
Doch ihren Gott haben sie im besten Fall ignoriert und im schlimmeren Fall verachtet. Deshalb gibt es keine Sicherheit für sie. Dann haben wir inmitten – ein zweites Mal in diesen Kapiteln, die wir in diesen Tagen studiert haben – inmitten der Ankündigung von Gericht, von Ende und von weichender Herrlichkeit eine Verheißung von Gnade.
Wiederum will uns Gott hier vor Augen führen und es uns deutlich machen, dass wir es nicht übersehen können: Gnade ist nicht verdient. Sie kann nicht an Eigenschaften der Begnadigten liegen. Es ist Gottes freie Gnade, sein freies Wohlgefallen, das rettet und wiederherstellt, sammelt und neu macht: ein neues Herz, ein neuer Geist, ein gereinigtes Volk.
Gottes Gnade für die Vertriebenen – und jetzt will ich bei diesem Gedanken noch ein paar Minuten bleiben, bei diesem letzten Bild: Gottesherrlichkeit verlässt die Stadt und die Erde. Lesen wir diese Verse 22 bis 24 aus Hesekiel 11,22-24:
„Und die Cherubim erhoben ihre Flügel, und die Räder waren neben ihnen. Und die Herrlichkeit des Gottes Israels war oben über ihnen. Und die Herrlichkeit des Herrn erhob sich aus der Mitte der Stadt und stellte sich auf den Berg, welcher gegen Osten der Stadt ist. Und der Geist hob mich empor, brachte mich in Gesichten durch den Geist Gottes zu den Weggeführten nach Chaldea, und das Gesicht, welches sich gesehen hatte, hob sich weg von mir.“
Und jetzt sitzt er wieder da vor seinen Ältesten und erzählt ihnen: Ich redete zu den Weggeführten alle Worte des Herrn, die er mich hatte sehen lassen. Zum Schluss sieht er also, wie die Herrlichkeit Gottes den Tempel verlässt, die Stadt verlässt, sich auf den Berg vor der Stadt niedersetzt, um dann von dort ganz zu weichen.
Die drei Schritte des Verlassens der Herrlichkeit
Wir sollten uns nun die drei Schritte ansehen, in denen die Herrlichkeit das Allerheiligste verlässt. Die Herrlichkeit des Herrn verlässt das Haus nicht plötzlich oder in einem einzigen Schritt, sondern langsam und gewissermaßen zögernd.
Der erste Schritt ist in Hesekiel 9,3 beschrieben: Die Herrlichkeit des Gottes Israels erhob sich vom Cherub, über dem sie war, zur Schwelle des Hauses hin. Hier war die Herrlichkeit Gottes über den Cherubim auf dem Deckel der Bundeslade. So ging die Herrlichkeit vom Allerheiligsten zur Schwelle des Hauses – das ist der erste Schritt.
Der zweite Schritt findet sich in Kapitel 10, Vers 19: „Und die Cherubim erhoben ihre Flügel und hoben sich vor meinen Augen von der Erde empor, als sie sich hinweg begaben. Die Räder waren neben ihnen, und sie stellten sich an den Eingang des östlichen Tores des Hauses des Herrn. Die Herrlichkeit des Gottes Israels war oben über ihnen.“
Jetzt bewegt sich die Herrlichkeit zum Osttor, dem östlichen Tor vor dem Haus.
Der dritte Schritt ist in Kapitel 11, Vers 23 beschrieben: „Die Herrlichkeit des Herrn erhob sich aus der Mitte der Stadt.“ Die Herrlichkeit war noch im Tempelbezirk, am Rand, also in der Mitte der Stadt. Von dort erhob sie sich und stellte sich auf den Berg, der gegen Osten liegt – das ist der Ölberg.
So verlässt die Herrlichkeit die Stadt östlich, geht durch das Tal Kidron hinauf auf den Ölberg, steht dort und fährt dann auf.
Das erinnert uns an den Weg, den die Herrlichkeit Gottes nahm, als sie wieder auf der Erde war. Als der Sohn Gottes auf der Erde lebte, war mit ihm die Herrlichkeit Gottes unter seinem Volk. Johannes sagte, man habe ihn gesehen, und an ihm die Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.
Er war sogar im Heiligtum – nicht im Allerheiligsten, aber im Heiligtum. Er ging in den Tempel hinein, doch wie wir wissen, wurde er verworfen. Man drehte ihm den Rücken zu oder begegnete ihm mit offener Feindschaft und verwarf ihn.
So verließ er die Stadt. Es wird ausdrücklich gesagt, dass er über den Bach Kidron hinausging. Später wurde er gefasst, gekreuzigt und hingerichtet. Nach seiner Auferstehung ging er mit seinen Jüngern hinaus auf den Ölberg und fuhr von dort in den Himmel auf.
Dorthin wird die Herrlichkeit zurückkehren – genau an diesen Ort, östlich auf dem Berg Jerusalems. Davon spricht auch Zacharia ausdrücklich.
Zacharia Kapitel 14, Verse 3 und 4 sagen: „Und der Herr wird ausziehen und gegen jene Nationen streiten. Dann wird der Herr plötzlich für Israel sein, und wer kann dann noch gegen Israel sein? Niemand. Jeder Feind, der sich gegen Israel gestellt hat, wird niedergerungen werden.“
In Vers 4 heißt es weiter: „Und seine Füße werden an jenem Tag auf dem Ölberg stehen, der vor Jerusalem gegen Osten liegt.“ Genau dieser Berg ist gemeint.
Auch Hesekiel kündigt die Rückkehr der Herrlichkeit an. Wir lesen Hesekiel 43, Verse 1 und 2: „Und er führte mich zum Tor, dem Tor, das gegen Osten sah. Und siehe, die Herrlichkeit des Gottes Israels kam von Osten her, den gleichen Weg zurück. Das Rauschen war wie das Rauschen großer Wasser, und die Erde leuchtete von seiner Herrlichkeit.“
Wenn er kommt, wird die ganze Erde seine Herrlichkeit sehen – nicht nur Israel, wo sie damals verhüllt wurde, sondern die ganze Erde.
Das Ergebnis davon lesen wir in Hesekiel 48.