Einleitung und persönliche Beobachtungen zum Individualismus in der Gemeinde
Die Gemeinschaft der Heiligen – Fünf Dinge, die du wissen solltest
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag. Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um das Leben im Licht.
Seit Jahren bin ich erstaunt, wie leicht es dem Teufel fällt, den Individualismus der Gesellschaft in die Gemeinde hineinzutragen. Jahr für Jahr nimmt das Bewusstsein für die Wichtigkeit einer Bindung von Gläubigen an ihre Gemeinde ab.
Dafür wächst eine zutiefst eigenwillige Vorstellung von Autonomie im Glauben, nach dem Motto: „Ich und mein Herr Jesus.“ Eine Vorstellung von Autonomie, die ich so in der Bibel nicht finden kann.
Und das sage ich als jemand, der absolut kein Menschentyp ist. Ich verbringe meine Arbeitszeit allein und vermisse nichts. Aber ich mag mir halt auch nicht einreden, dass ich über dem Wort Gottes stehe.
Ich sehe auch, wohin es führt. Es führt jedenfalls meines Erachtens nicht dahin, dass Christen liebevoller werden.
Gemeinschaft als Lernfeld der Liebe
Gemeinschaft ist ein Lernfeld. Im Miteinander lernen wir Liebe – zumindest in der Theorie. Liebe lernt man jedoch nur, wenn einem die Gemeinschaft wirklich wichtig ist, wenn man sich ihr aussetzt. Um es deutlich zu sagen: Liebe lernt man, wenn man Gemeinschaft erleidet. Liebe wächst im Leid, dort, wo ich bewusst Nein zum Rückzug sage und bewusst Ja zum Miteinander.
Bitte machen wir uns nichts vor: Liebe ist die Fähigkeit, der Welt mit der Persönlichkeit Gottes zu begegnen und seine Herrlichkeit zu offenbaren. So eine Liebe tragen wir nicht automatisch in uns. Sie will gelernt und über Jahre hinweg eingeübt werden.
Diese Liebe erwächst geistlich aus Bruderliebe. Nicht umsonst heißt es in der Beschreibung des geistlichen Lebens in 2. Petrus 1, ab Vers 5, dass wir zur Gottesfurcht die Bruderliebe und zur Bruderliebe die Liebe hinzufügen sollen. Aus dem Umgang mit Gott entsteht die Liebe zu den Geschwistern. Und aus der Bruderliebe erwächst Liebe.
Jetzt verstehen wir, warum wir Gemeinschaft so dringend brauchen: keine Bruderliebe, keine Liebe. Doch wo es an Liebe fehlt, mangelt es im Leben eines Christen immer auch an Christuserkenntnis und an Tiefgang.
Gemeinschaft als Weg zur Heiligung
Und so lasst uns heute einen Schritt weitergehen und ein zweites Lernfeld betrachten. Gemeinschaft lehrt uns nicht nur Liebe, sondern zwingt uns auch zur Heiligung. Vielleicht ist das der Grund, warum sich viele moderne Christen dieser Gemeinschaft entziehen.
Hören wir den Apostel Johannes im 1. Johannes 1,5-6:
„Und dies ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen: Dass Gott Licht ist und keine Finsternis in ihm ist. Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben und wandeln in der Finsternis, lügen wir und tun nicht die Wahrheit.“
Bis hierhin ist alles klar und logisch, doch jetzt wird es interessant. In 1. Johannes 1,7 heißt es:
„Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.“
An dieser Stelle hätte ich erwartet, dass dort steht: Wenn wir im Licht wandeln, also wenn sich unser Leben um Gerechtigkeit, Wahrheit und Liebe dreht, dann haben wir Gemeinschaft mit Gott. Doch genau das steht nicht dort.
Stattdessen steht in 1. Johannes 1,7:
„Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.“
Der Wandel im Licht ist also die Voraussetzung für zwei Dinge: für die Gemeinschaft miteinander und dafür, dass das Blut Jesu uns von jeder Sünde reinigt.
Mir geht es heute nur um den Gemeinschaftsaspekt.
Die enge Verbindung von Heiligung und Gemeinschaft
Wenn Wandel im Licht die Voraussetzung für Gemeinschaft ist, dann ist Heiligung – also ein ehrlicher Umgang mit Sünde, das Hören auf Gott oder, wie die Bibel es an anderer Stelle nennt, der Wandel im Geist – eine zwingende Voraussetzung für eine befriedigende Gemeinschaft mit anderen Christen.
Ich kann diese Idee des Heiligen Geistes auch umkehren: Wo es an guter Gemeinschaft unter Geschwistern fehlt, muss ich mich fragen, ob ich geistlich noch als jemand unterwegs bin, der im Licht wandelt. Der Wandel im Licht und gute Gemeinschaft mit den Geschwistern sind eng miteinander verwobene Ideen. Es gibt das eine nicht ohne das andere, schon deshalb nicht, weil die Gemeinschaft der Heiligen dazu berufen ist, mir meine Fehler zu zeigen – und zwar genau die Fehler, die ich nicht sehen kann oder nicht sehen will.
So heißt es in 1. Thessalonicher 5,11: „Deshalb ermahnt einander und erbaut einer den anderen, wie ihr auch tut.“ Es ist die Verantwortung der Gemeinschaft, dass alle Glieder einander ermahnen. Wie es dann in 1. Thessalonicher 5,14 weiter heißt, sollen auch die Unordentlichen zurechtgewiesen werden.
Eine Gemeinschaft der Heiligen ist schon dem Namen nach keine Gemeinschaft der Unheiligen.
Grenzen und Gefahren geistlicher Gemeinschaft
Und Achtung: Es geht mir keineswegs darum, dass wir uns gegenseitig wie Blockwarte verhalten. Eine geistliche Gemeinschaft ist nicht dazu da, äußeren Gehorsam und Anpassung zu erzwingen – vor allem nicht dort, wo es in Christus Freiheit gibt.
Eine geistliche Gemeinschaft darf nicht zur Bühne für selbstverliebte Machtmenschen werden, die sich unter dem Deckmantel der Nächstenliebe selbst inszenieren. Lasst uns stets wachsam sein gegenüber Entwicklungen in der Gemeinde, die in Richtung Kontrolle, Uniformität, Überheblichkeit gegenüber Andersdenkenden, intellektueller Enge, Unversöhnlichkeit oder einer Überbetonung von Traditionen gehen.
Gleichzeitig sollten wir verstehen, dass die Gemeinschaft der Heiligen der Raum ist, in dem ich Korrektur erfahren kann. Und hoffentlich gibt es dort auch gute Vorbilder und Menschen, die es so gut mit mir meinen, dass sie mich vor mir selbst warnen, wenn sie sehen, dass ich nicht mehr im Licht wandeln, sondern mit der Finsternis spiele.
Gemeinschaft der Heiligen als Lernfeld der Heiligung
Die Gemeinschaft der Heiligen, Lernfeld zwei: Heiligung – oder wie würde Paulus es formulieren?
In 2. Korinther 6,14 heißt es: „Geht nicht unter fremdartigem Joch mit Ungläubigen, denn welche Verbindung haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit, oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis?“ Die Antwort ist klar: Keine. Licht und Finsternis haben keine Gemeinschaft, sie passen nicht zusammen.
Genauso wenig passt die Welt mit ihrer Gottlosigkeit zur Gemeinschaft der Heiligen. Diese Gemeinschaft ist deshalb zwingend eine Gemeinschaft, die sich absondert und sich unterscheidet.
In 2. Korinther 6,17 heißt es: „Darum geht aus ihrer Mitte hinaus, und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an.“ Die Gemeinschaft der Heiligen tut genau das, weil sie aus gläubigen Menschen besteht.
Sie sondert sich nicht ab, um Gesetze zu befolgen, sondern weil sie Gott vertraut, dem Herrn Jesus nachfolgt und mehr als alles in dieser Welt Gottes Annahme und Gemeinschaft erleben will.
In 2. Korinther 6,17-18 wird dies noch einmal bekräftigt: „Darum geht aus ihrer Mitte hinaus, und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch annehmen, und ich werde euch Vater sein, und ihr werdet mir Söhne und Töchter sein, spricht der Herr, der Allmächtige.“
Abschluss und Ausblick
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir überlegen, ob für dich die Korrektur durch Gemeinschaft ein frohmachendes Konzept ist.
Das war es für heute. Lass dich weiterhin dazu anregen, dafür zu beten, dass der Ukraine-Konflikt ein friedliches Ende findet.
Der Herr segne dich, schenke dir seine Gnade und lasse dich in seinem Frieden leben. Amen.