Liebe Geschwister, wer sich noch an seine Schulzeit erinnert oder selbst noch in der Schule ist, wird manches zu erzählen haben über gute und weniger gute Lehrer. Dabei gilt nicht einfach der als guter Lehrer, der gute Noten verteilt. Ein guter Lehrer hat andere Qualitäten.
Wie ein Lehrer in der Gemeinde aussehen soll, schreibt Paulus im vierten Kapitel seines Briefes an Timotheus. Sein junger Mitarbeiter, der damals etwa dreißig Jahre alt war, sollte verschiedene Dinge in der Großstadtgemeinde Ephesus in Ordnung bringen. Paulus schrieb ihm zum Beispiel im vierten Kapitel Vers 6: „Wenn du das den Geschwistern ans Herz legst, wirst du ein guter Diener von Jesus Christus sein.“ Und in Vers 11 dieses Kapitels ermahnte er ihn: „Das sollst du lehren und den Geschwistern einschärfen.“
Im Elberfelder Deutsch, also nach der Elberfelder Bibel, klingt das so: „Ja, dies gebiete und lehre.“ Es ist allerhand, was hier von einem relativ jungen Mann erwartet wird. Doch der Alte Paolo, sozusagen, macht dem Jungen klar, welche Qualitäten er haben muss, um diese Aufgabe zu erfüllen. Er sagt ihm, wonach er streben soll, damit man überhaupt auf ihn hört.
Wer anfängt, in der Gemeinde etwas zu tun, hat immer diesen Eindruck – ich kenne das jedenfalls von mir –, als ich das erste Mal eine Kinderfreizeit als Helfer mitgemacht habe, dachte ich: Die hören nie auf mich. Also, was muss man machen, damit jemand überhaupt auf mich hört? Paulus sagt in Vers 15: „Mühe dich um das, was dir aufgetragen ist, dann werden deine Fortschritte allen offenbar sein. Pass immer gut auf dich auf und auf das, was du lehrst. Wenn du das tust, wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, die auf dich hören.“
Nebenbei gesagt ist es selbstverständlich, dass diese Anweisungen hier nicht nur für 30-jährige Mitarbeiter gelten, sondern auch für 70-jährige – jedenfalls für alle Mitarbeiter in der Gemeinde. Der erste Timotheusbrief ist genauso Gottes Wort für die Alten wie für die Jungen.
Die Anforderungen an einen guten Lehrer in der Gemeinde
Aber woran erkennt man nun einen guten Lehrer? Ich möchte aufgrund dieses Kapitels drei Antworten geben. Erstens: Ein guter Lehrer zeigt die Hintergründe auf. Zweitens: Ein guter Lehrer übt sich in Gottesfurcht. Drittens: Ein guter Lehrer ist selbst Vorbild.
Lesen wir den Text, der zu dem ersten Abschnitt gehört, also zu „Ein guter Lehrer zeigt die Hintergründe auf“: 1. Timotheus 4,1. Ich lese wieder nach meiner Übersetzung.
Der Geist Gottes sagt ausdrücklich, dass am Ende der Zeit manche vom Glauben abfallen werden. Sie werden auf betrügerische Geister achten und den Lehren dunkler Mächte folgen. Sie sind getäuscht von heuchlerischen Lügnern, die in ihrem eigenen Gewissen gebrandmarkt sind.
Diese Lügner verbieten das Heiraten und fordern den Verzicht auf bestimmte Speisen, die Gott doch geschaffen hat, damit sie von denen, die an ihn glauben und die Wahrheit erkannt haben, mit Dankbarkeit genossen werden.
Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut. Wir müssen nichts davon ablehnen, wenn wir es mit Dank an Gott angenommen haben. Es wird ja durch Gottes Wort für rein erklärt und durch das Gebet geheiligt.
Wenn du das den Geschwistern ans Herz legst, wirst du ein guter Diener von Jesus Christus sein. Du zeigst damit, dass du von den Worten des Glaubens lebst, von der guten Lehre, der du gefolgt bist.
Warnung vor falschen Lehren und deren Hintergründe
Ein guter Lehrer zeigt auch die Hintergründe auf. Paulus selbst war ein guter Lehrer, und er wusste, wo man Warnzeichen aufstellen muss. Er wusste, wo es gefährlich wird, und teilte das seinem Schüler Timotheus mit. Durch Gottes Offenbarung wurden dem Apostel Paulus zwei Stellen gezeigt, die der Feind der Gemeinde – der Feind Gottes sozusagen – mit frommen Vokabeln getarnt hat.
Das ist nämlich die Geschichte: Die Leute kommen selbst mit frommen Vokabeln und können dadurch das Gottesvolk täuschen. Diese Stellen entpuppen sich als gefährliche Fallen für die Gotteskinder. Man könnte sagen, ein guter Lehrer beleuchtet in der Finsternis der letzten Zeit die Fallgruben auf der Straße des christlichen Lebens. Er stellt Warnschilder auf, damit niemand hineinfallen kann.
Aber nicht nur das: Er weiß auch, wer die Gruben gegraben hat, wie sie getarnt sind und warum es so gefährlich ist, in diese Falle zu stolpern. Das halte ich für äußerst wichtig, besonders Letzteres. Denn viele Mahner und Warner, die es auch heute in Gemeinden gibt, lassen das vermissen. Sie sagen zwar, was man nicht darf, aber erklären nicht, warum das so gefährlich ist, was das Wort Gottes wirklich dazu sagt und warum man auf dieser Straßenseite besonders aufpassen muss.
Dafür stellen selbsternannte Gemeindewächter die Schilder oft an falschen Stellen auf. Man warnt vor allerlei Teufelszeug und übersieht dabei die eigentlichen Gefahren. Das ist typisch. Ich habe das schon bei Calvin, dem Reformator, gelesen. Er sagte ungefähr, dass das christliche Volk dazu neigt, sich eigene Gesetze aufzustellen, um die Gesetze im Wort Gottes leichter übertreten zu können. So hat man ein besseres Gewissen, weil man eine selbst erfundene Frömmigkeit hat.
Um solche ähnlichen Dinge geht es hier auch. Es ist wirklich überraschend, was der Apostel Paulus als die Lehren dunkler Mächte bezeichnet, die von scheinheiligen Lügnern verbreitet werden. Wenn man das so liest, wirken diese Dinge fast harmlos. Trotzdem wurden im Laufe der Kirchengeschichte viele dadurch verführt.
Paulus sagt dazu noch, dass diese heuchlerischen Lügner, die solche Dinge verbreiten, oft selbst ein schuldbeladenes Gewissen haben. Das hindert sie aber nicht, mit dem Netz ihrer gesetzlichen Lehren gerade solche Gläubigen einzufangen, die man vielleicht zu den Mitläufern zählen würde. Diese haben jedoch eine große Sehnsucht nach verbindlichen Ordnungen und klaren Regeln.
Das ist in der Gemeinde stark ausgeprägt. Viele Menschen sind bereit, viele Entbehrungen auf sich zu nehmen, um scheinbar fromm zu werden. Dabei stolpern sie in die Sektenfalle. Wie sonst erklärt man sich die Vielzahl christlicher Sekten und extremer Gruppierungen heute, die von ihren Mitgliedern ungeheure Erwartungen haben? Verzicht auf normale Dinge, auf Zeit und nicht zuletzt auf viel Geld.
Denken wir nur an die Zeugen Jehovas, Scientology oder viele andere. Wer weiß, wie viele ihrer Mitglieder sie in christlichen Gemeinden rekrutiert haben. Solche Menschen wollen gerne bestimmte Gesetze. All das wird hervorgerufen durch Leute, die solche Gläubigen mit ihren Eingebungen betrügen. Sie achten selbst auf betrügerische Geister und folgen den Lehren dunkler Mächte.
Die Verführungen, die für bessere Zeiten, wie hier steht, vom Geist Gottes im Neuen Testament vorausgesagt sind, stammen natürlich aus dem gleichen dämonischen Hintergrund. Sie haben jedoch zwei verschiedene Fassaden. Das ist auffällig.
Da ist einmal die schillernde Fassade der sogenannten geistlichen Erlebnisse: das Halleluja-Geschrei, die Gefühlsduselei, Visionen, der Kontakt zu überirdischen Dingen und Lehren von Engeln. Das ist das, was wir gewöhnlich als Schwärmerei bezeichnen. Paulus deutet das in diesem Kapitel nur an, an anderen Stellen schreibt er ausführlicher darüber. Er nennt sie im Vers sieben kindische Legenden oder, wie man es auch übersetzen kann, altweiberhafte Fabeln. Darauf werde ich später noch kurz zurückkommen.
Diese Fassade hat also wirklich ein schillerndes Gesicht und ist für viele Leute ungeheuer anziehend und attraktiv. Die andere Fassade hingegen hat ein trutziges und finsteres Gesicht, wie eine Festung. Sie verspricht Sicherheit, führt aber in Gefangenschaft. Diese Fassade des Verführers nennen wir Gesetzlichkeit.
Das eine ist die Schwärmerei, die andere die Gesetzlichkeit. Ein Gesetz verspricht eine gewisse Sicherheit, wenn man es hält. Doch in Wirklichkeit ist das nur Fassade. Wer durch diese Tür geht, findet sich hinter der Bühne wieder und ist gar nicht in Sicherheit. Das ist wahrlich eine teuflische Falle, in die schon viele hineingestolpert sind.
In unserem Abschnitt nennt Paulus zwei dieser gefährlichen Lehren gesetzlicher Art. Sie sind so gefährlich, weil sie – man könnte denken – aus Sorge um andere und aus Fürsorge entstehen. Doch die Quelle dieser Gesetze ist nicht Gottes Wort. Man glaubt, sie einhalten zu müssen, um bewahrt zu bleiben, und so gelangen unbiblische Dinge in die Gemeinde.
Das ist ganz typisch zu beobachten, besonders in Gemeinden, die großen Wert auf solche Dinge legen. Wenn man dann genau in Gottes Wort schaut, stellt man fest, dass sie das, was sie fordern, selbst nicht einhalten. Das ist eine gefährliche, aber typische Sache.
Die Quelle dieser Gesetze ist nicht Gottes Wort. Es mag sein, dass solche Gesetze aus einer Tradition stammen, aus einer etwas angestaubten christlichen Kultur, aber nicht aus dem Wort Gottes. Das Schlimme daran ist, wenn man versucht, sie mit Gottes Wort zu begründen. Dann wird es richtig gefährlich. Oder man behauptet einfach, sie seien biblisch, doch wenn man die Bibel aufschlägt, sucht man sie vergeblich.
Ich könnte ein bis zwei Stunden über solche Dinge sprechen, die angeblich biblisch begründet werden, es aber nicht sind. Doch wir bleiben bei dem, was hier steht, sonst wären wir heute nicht fertig.
Falsche Lehren über Ehe und Speisegebote
In Ephesus gab es Leute, die behaupteten, ein Christ dürfe nicht heiraten.
Zwar gibt es in allen Religionen unverheiratete Menschen, die als Mönche und Nonnen leben und sich offenbar durch ihre Askese vor Gott besonders heilig machen wollen. In der Bibel wird das jedoch an keiner Stelle gefordert, im Gegenteil. Noch bevor die Sünde in die Welt gekommen war, hatte Gott die Ehe eingesetzt. An der Ehe ist überhaupt nichts Unheiliges.
Unter Umständen gibt es aber eine Menge Unheiliges bei solchen Leuten, die ehelos leben wollen, um dadurch ihre Heiligkeit besonders zu dokumentieren. Genau das ist hier gemeint.
Auf die andere falsche Lehre ging Paulus hier gründlicher ein. Diese Lehrer, die offenbar aus einem jüdischen Hintergrund kamen, haben den Christen verboten, bestimmte Dinge zu essen. Vom Saumagen über Blutwurst, Sülze und Schweineschnitzel war alles verboten – und noch sehr viel mehr. Das war ihre Sicht damals.
Ich habe festgestellt, und ich weiß nicht, in wie viele Fettnäpfchen ich damit trete, dass viele Ernährungsregeln nahezu einen religiösen Charakter haben. Wehe dem, der sie angreift. Ich tue es trotzdem. Der eine schwört auf vegetarische Ernährung, der andere auf Trennkost, ein dritter auf Öko – und wehe, du sagst etwas dagegen.
Manche dieser Regeln werden sogar von Frommen verbreitet, natürlich unter Benutzung des Alten Testaments. Solche Lehren finden sich aber auch bei Spiritisten, die behaupten, das Essen von Fleisch hindere den Menschen daran, mit Geistern in Kontakt zu kommen. Theosophen und Hindus fürchten sich davor, irgendeine Art von Leben zu opfern, weil sie meinen, der Mensch könne als Tier oder anderes Lebewesen wiedergeboren werden. Dann wäre das ja eine Art Kannibalismus.
Was sagt der Apostel Paulus zu all diesem gesetzlichen Unfug? Er spricht klar und deutlich. In Vers 3 heißt es: Gott hat diese Speisen doch geschaffen, dass sie von denen, die an ihn glauben und die Wahrheit erkannt haben, mit Dankbarkeit genossen werden. Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut. Wohlgemerkt: alles, was Gott geschaffen hat, ist gut.
Wir müssen nichts davon ablehnen, wenn wir es mit Dank an Gott angenommen haben. Es wird durch Gottes Wort für rein erklärt und durch das Gebet geheiligt.
Hier wird auch ein Prinzip ausgedrückt, das uns bei vielen anderen Streitfragen helfen könnte – vor allem bei solchen, die unter dem Motto stehen: „Darf ein Christ…?“ oder „Ein Christ darf eigentlich nicht…“ Meistens heißt es ja: „Ja, und das nicht, und das nicht, und das nicht.“
Wir müssen nichts von dem ablehnen, was Gott geschaffen hat, wenn wir es mit Dank an Gott angenommen haben. Hier geht es nicht um Sünde, sondern um außerbiblische Gesetze. Diese Gesetze werden manchmal mit haarsträubenden biblischen Begründungen von manchen Leuten auferlegt.
Es geht also um menschliche Gebote und Verbote, die über die Schrift hinausgehen. Es geht um äußere Dinge, auf die manche den größten Wert legen – oft, damit man die eigentlichen Dinge umso leichter beiseite lassen kann.
Es geht um Fragen der Weltlichkeit, bei denen wir uns manchmal ungeheuer schwer tun und ungeheuer viele Gesetze aufstellen, oft unwillkürlich. Klar, bei unseren Kindern, wenn sie noch klein sind, müssen wir manches klar regeln, damit sie nicht einfach so über die Straße rennen, weil das lebensgefährlich ist.
Aber wie ist es, wenn die Kinder größer werden? Dann wird es schwierig, und endlose Diskussionen über Musik, Kleidung und vieles mehr spielen sich ständig in den Familien ab.
Gefährlich wird es, wenn man anfängt, das Wort Gottes regelrecht zu missbrauchen, um irgendwelche Dinge, die dem eigenen Geschmack entsprechen, durchzudrücken.
Natürlich sagt das Wort Gottes zu diesen Dingen auch etwas. Wir haben schon davon gesprochen, zum Beispiel bei Timotheus. Es gibt klare Linien und Grenzen. Niemand soll sich unzüchtig kleiden. Musik in der Gemeinde sollte etwas anderes sein als irgendein moderner Geräuschterror. Da könnte man sich einigen, und die Musik muss von allen vertragen werden.
Es gibt also gewisse sinnvolle Normen. Ein neues Lied muss noch als Lied erkennbar sein. Aber ich denke, das ist gar nicht das Problem. Das Problem ist, wenn man den eigenen Geschmack sozusagen für alle anderen durchdrückt. Dann kommt es zu gesetzlichen Dingen.
Die Bedeutung von Gottesfurcht für den Lehrer
Zweitens gehen wir weiter. Ein guter Lehrer – das Erste war, dass er Hintergründe aufzeigt und erklärt, woher etwas kommt. Ein guter Lehrer muss das wissen. Er darf nicht einfach nur verbieten, denn das wäre ein schlechter Lehrer. Ein guter Lehrer muss es erklären können, besonders bei Jugendlichen, denn darauf kommt es sehr an.
Nun erübrigt sich das Thema Gottesfurcht. Wir lesen dazu weiter in den Versen 7 bis 10, das ist der zweite Punkt: Ein guter Lehrer übt sich in Gottesfurcht. Doch all die gottlosen und kindischen Legenden jener Lügner soll er weise abweisen. Übe dich aber darin, Gott immer eine liebevolle Ehrerbietung entgegenzubringen.
Sich in körperlichen Entbehrungen zu üben, bringt nur wenig Nutzen. Aber zu trainieren, wie man Gott liebt und ehrt, ist in jeder Hinsicht nützlich, weil das eine Verheißung für das jetzige und das zukünftige Leben hat. Das ist ein wahres Wort und verdient unser volles Vertrauen. Denn dafür arbeiten und kämpfen wir, weil wir unsere Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt haben, den Retter aller Menschen und besonders der Gläubigen.
Zu einem guten Lehrer gehört es also auch, bestimmte Dinge klar abzuweisen. Wer von euch schon mal alttestamentliche oder auch neutestamentliche Apokryphen gelesen hat, zum Beispiel den Babylonischen Talmud oder Ähnliches, der weiß, wovon ich spreche. Dort sind derartig wilde Wundergeschichten enthalten – Märchen über durchaus im Alten Testament vorkommende Personen. Aber diese Geschichten sind so stark ausgeschmückt, dass einem die wirklich biblische Geschichte als ein stocknüchterner Bericht vorkommt.
Man merkt daran auch die Qualität des biblischen Berichtes, wenn man ihn einfach mal mit anderen Berichten vergleicht, die in jener Zeit herumgeschwirrt sind. Fromme Legenden sollte ein guter Lehrer klar abweisen.
Fromme Legenden – und ich trete vielleicht noch mal ins Fettnäpfchen – ich habe den Eindruck, heute predigen manche Leute lieber über die Fußspuren im Sand, obwohl davon nicht ein einziges Wort in der Bibel steht. Aber das klingt so gut, so schön und so fromm. Legenden. Mag sein, dass Gott manchmal wirklich so geholfen hat, aber das ist nicht unsere Botschaft. Unsere Botschaft steht hier im Wort. Das ist wichtig, sehr wichtig.
Wir dürfen niemals, unter keinen Umständen, solche Legenden über Gottes Wort stellen oder solche Veranschaulichungen. Okay, als Veranschaulichung lasse ich das gelten. Aber dann zeig mir bitte, wo in der Schrift Gott das genauso gemacht hat. Dann ist es okay, dann darfst du auch darüber predigen.
Es wird heute und damals auch schon so gehandhabt: Man neigt dazu, solche Legenden und Wundergeschichten toll zu finden. Und was meint ihr, was da manche für Wundergeschichten erzählen können, die sie von jemandem gehört haben, der neben jemandem stand, der sie erzählt hat? Da kommt ihr euch ganz klein vor, und sie nehmen das als bare Münze. Sie stellen das höher als Gottes Wort.
Leute, an dieser Stelle wird es gefährlich. Hier muss ein guter Lehrer aufpassen und solche Geschichten deutlich abweisen. Die Wahrheit dieser Geschichten ist oft durch nichts verbürgt, durch gar nichts. Man kann sie heute massenhaft im frommen Bereich hören, in der katholischen Kirche sowieso. Wenn ich an die Selig- oder Heiligsprechungslegenden denke oder an die ganze Geschichte, die dazugehört.
Man hat Leute zu einem asketischen Leben ermutigt, also zu einem ehelosen Leben, zum Verzicht auf bestimmte Nahrung oder zum Fasten. Viele Menschen meinen, dass sie durch solche Dinge heiliger würden. Das wird aber nicht passieren, oder zumindest nicht so, wie sie es sich vorstellen. Im besten Fall entschlacken sie ihren Körper.
Das klingt doch nach Schlacke im Ofen. Paulus sagt ganz klar in Vers 8: Leibliche Übung ist zu wenigem nütze. So ist es im Elberfelder Deutsch. Hier ist bitte nicht der Sport gemeint, wie viele denken, sondern asketische Veranstaltungen – besser gesagt Verunstaltungen des Körpers.
Ich habe deshalb so übersetzt: Sich in körperlichen Entbehrungen zu üben bringt nur wenig Nutzen. Es bringt schon ein bisschen Nutzen, wenn man fit ist und so. Ja, das ist ganz klar. Natürlich kann man durch Fastenkuren abnehmen, aber heiliger wird man dadurch nicht – höchstens überheblicher, als man sowieso schon ist. Versteht das.
Nichts gegen Fasten, du kannst das machen, aber bilde dir nicht ein, du wirst dadurch heilig. Die Schrift sagt das so nicht. Und das ist das Problem. Wir können auf bestimmte körperliche Dinge Wert legen, zum Sport, wie gesagt, steht hier nichts. Paulus kennt Sport und hat im Prinzip nichts dagegen. Er nimmt ihn oft als Bild und Beispiel. Aber hier geht es um etwas anderes.
Nur so viel: Ein guter Lehrer legt weniger Wert auf körperliche Entbehrungen. Aber er legt größten Wert darauf, Gott zu gehorchen. Paulus sagt so, übersetzt aus der Elberfelder Bibel: Übe dich in der Gottseligkeit, denn die Gottseligkeit ist zu allen Dingen nütze.
Wir haben schon mal über diesen Begriff gesprochen, der häufig in den sogenannten Pastoralbriefen vorkommt: Gottseligkeit oder Frömmigkeit. Gottseligkeit bedeutet, liebevolle Ehrfurcht Gott gegenüber.
Man könnte sagen: Begegne deinem Gott und seinem Wort stets mit liebevoller Ehrfurcht. Darin sollst du dich üben, darin sollst du trainieren. Deswegen habe ich so übersetzt: Übe dich darin, Gott immer eine liebevolle Ehrerbietung entgegenzubringen.
Wenn du als guter Lehrer in deiner Gemeinde Einfluss ausüben willst – also guter Lehrer meint auch guter Sonntagsschullehrer oder Lehrerin – ich glaube, dass man das auf alle Bereiche übertragen kann, denn diese Prinzipien gelten einfach überall, in der Jugend oder sonstwo.
Wenn du Einfluss ausüben willst, dann muss das deine Grundlage sein. Das ist ungeheuer wichtig, wichtig für deine Predigten, für deine Seelsorge, für deine Jugendstunden, für die Kinderstunden und sonst etwas.
Wenn du geprägt bist von dieser Haltung – also mit Frömmigkeit übersetzt Luther diese Haltung einer liebevollen Ehrfurcht gegenüber Gott – wenn das deine Haltung ist, dann merken das die anderen. Dann werden andere auch auf dich hören. Das ist wichtiger als alles andere. Damit kannst du viel mehr erreichen, als du denkst.
Gesetzliche Leute zum Beispiel sind oft sehr hart, brutal. Sie hauen einfach ihre Gesetze raus und schlagen sie den Leuten um die Ohren. Wenn man aber sieht: Hier ist ein Mensch, der hat Gott wirklich lieb. Der tut nicht nur so, und der spielt das auch nicht bloß in der Gemeinde. Der hat auch zu Hause Gott lieb und seine Frau auch. Das wirkt ganz anders.
So ein Mensch, der in allem, was er tut, eine liebevolle Ehrfurcht Gott gegenüber an den Tag legt, den hört man gern. Auch wenn er manchmal etwas sagen muss, was einem vielleicht nicht so gefällt, aber das ist nun mal so.
Im Vers 9 schreibt Paulus: Das ist ein wahres Wort und verdient unser volles Vertrauen. Vers 10: Denn dafür arbeiten und kämpfen wir, weil wir unsere Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt haben.
Also die Gottseligkeit, diese liebevolle Ehrfurcht Gott gegenüber, ist ein so großes Ziel, dass man alle Kraft dafür einsetzen soll. Der Christ und besonders der Mitarbeiter setzt seine Hoffnung auf den lebendigen Gott und nicht auf neue Methoden.
Das wird heute oft verwechselt. Wir leben in einer Zeit des pragmatischen Christentums, wo man ausprobiert, ob etwas funktioniert. Dann macht man das und vertraut letztlich auf die Methoden.
Ich sage nicht, dass man nicht mal etwas Neues machen kann. Wir brauchen Methoden sowieso. Aber unsere Hoffnung muss in eine andere Richtung gehen – dass Gott etwas bewirkt.
Wenn du in der Gemeinde etwas zum Guten verändern willst, dann darfst du nicht meckern. Du darfst keine Art von Kirchenpolitik veranstalten. Manche machen das ja hinterrücks. Dann darfst du natürlich auch nicht eingeschnappt die Arme verschränken und dich beleidigt zurückziehen.
Stattdessen musst du mit aller Kraft dafür arbeiten, dass die Gottseligkeit – das heißt diese liebevolle Ehrfurcht vor Gott – dein Wesen prägt und in deiner Umgebung sichtbar wird.
Wenn du es anders probierst, wirst du mehr Schaden anrichten als Nutzen und gar kein guter Lehrer sein.
Kümmere dich also darum, dass du selbst und alle, auf die du Einfluss hast, aus ganzem Herzen Gott lieben. Wenn jemand Gott liebt, kommt sein Leben fast automatisch in Ordnung.
Ich habe mir gesagt: Ich würde heute manches anders machen. Ich wurde damals, als ich 23 Jahre alt war, zur vollzeitlichen Jugendarbeit im Osten Deutschlands berufen. Ich habe viele Freizeiten geleitet und so weiter.
Und ich denke manchmal: Oh Mann, was habe ich manchmal für Energie daran gehetzt, um ein gewisses Maß an Ordnung aufrechtzuerhalten. Muss ja auch sein, ein gewisses Maß. Aber heute würde ich sehr viel mehr Energie an dieser anderen Stelle stecken.
Vielleicht bedeutet das sehr viel mehr Beten für diese Leute, sehr viel mehr Kraft dafür aufzuwenden, dass sie den Herrn lieben. Und dann kommen die anderen Dinge meistens von ganz allein oder durch einen ganz winzig kleinen Anstoß in Ordnung.
Als wenn man krampfhaft irgendwas zu ändern sucht, irgendwelche äußeren Dinge – den Menschen hast du dadurch überhaupt nicht verändert, gar nichts.
Da müssen wir aufpassen.
Vers 6: Wenn du das den Geschwistern ans Herz legst, wirst du ein guter Diener von Jesus Christus sein. Du zeigst damit, dass du von den Worten des Glaubens lebst, von der guten Lehre, der du gefolgt bist.
Vorbild sein als dritter Wesenszug eines guten Lehrers
Ein guter Lehrer zeigt zunächst die Hintergründe auf. Wir haben uns exemplarisch einige davon angesehen. Zweitens übt sich ein guter Lehrer in Gottesfurcht. Drittens ist ein guter Lehrer selbst ein Vorbild.
In 1. Timotheus 4,11 heißt es: "Das sollst du lehren und den Geschwistern einschärfen. Niemand soll dich wegen deiner Jugend verachten. Du musst aber den Gläubigen in allem, was du sagst und tust, ein Vorbild sein – ein Vorbild in deiner Liebe, in deinem Glauben, in deiner Reinheit. Widme dich bis zu meinem Kommen ganz dem Vorlesen der Heiligen Schrift, dem Ermutigen der Gläubigen und dem Lehren. Lass die Gabe, die Gott dir aufgrund eines prophetischen Wortes und durch Handauflegung der Ältesten geschenkt hat, nicht ungenutzt. Mühe dich um das, was dir aufgetragen ist, dann werden deine Fortschritte allen offenbar sein. Pass immer gut auf dich auf und auf das, was du lehrst. Wenn du das tust, wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, die auf dich hören."
Der Apostel Paulus schließt dieses Kapitel also mit einer ganzen Reihe wichtiger Ermahnungen ab. Er zeigt seinem jungen Mitarbeiter, wie er tatsächlich Autorität gewinnen kann – auch als junger Mitarbeiter in der Gemeinde. "Dies gebiete und lehre" – so war es schon in Vers 11.
Zuerst sagt Paulus noch einmal, dass Timotheus das Training in Gottesfurcht und Gottes Liebe dem Volk Gottes ständig vor Augen halten soll. Darum geht es, das ist das Wichtigste.
Dann sagt er: "Niemand verachte deine Jugend" (Vers 12). Auf den ersten Blick scheint das ein Widerspruch zu sein. Was kann Timotheus denn dafür, wenn die anderen sein jugendliches Alter – immerhin stattliche dreißig Jahre – verachten? Paulus hätte das doch den Alten in der Gemeinde sagen müssen: "Verachtet mir den jungen Timotheus nicht." Das hätte er ihnen sagen müssen. Stattdessen richtet er sich an Timotheus selbst: "Lass dich von niemandem verachten."
Was bedeutet das? Soll Timotheus immer auf die Barrikaden gehen? Wenn sich andere verächtlich zeigen, soll er sie anschreien? Sicher nicht. Der Befehl ist an Timotheus gerichtet. Paulus will sagen: Du kannst etwas dazu tun, du junger Mann. Du kannst dafür sorgen, dass die Alten dich nicht verachten.
Dazu sagt er: "Du musst den Gläubigen in allem, was du sagst und tust, ein Vorbild sein – ein Vorbild in deiner Liebe, in deinem Glauben, in deiner Reinheit." Also sei ein Beispiel für die anderen – in deinem Reden und Tun, in deinem Glauben und in deiner Reinheit.
In Vers 13 fordert Paulus: "Widme dich ganz dem Vorlesen der Heiligen Schrift." Das schreibt er, weil in den damaligen Gottesdiensten das Vorlesen des Alten Testaments eine sehr wichtige Rolle spielte. Nicht alle hatten eine Bibel wie wir heute. Eine vollständige Schriftrolle war sehr teuer und unhandlich. Das Alte Testament passte nicht auf eine Rolle, sondern war sehr umfangreich und schwer zu transportieren.
Meist hatten die Gemeinden eine Rolle mit der Septuaginta, der griechischen Übersetzung des Alten Testaments. Diese Rollen waren sehr kostbar – heute kostet eine Torarolle oft mehrere Tausend Euro, weil sie handgeschrieben ist. Das war damals ebenso eine enorme Summe.
Das Neue Testament gab es zu dieser Zeit noch nicht. Deshalb konnte nur das Alte Testament vorgelesen werden. Timotheus sollte darauf achten, dass die Geschwister die Geschichten kennenlernen. Für uns ist es ebenfalls wichtig, zu wissen, was im Alten Testament steht – Gutes und Böses. Dort finden sich auch schlimme Beispiele, vor denen wir gewarnt sein sollen, aber auch viele schöne Glaubensvorbilder.
Es ist wichtig, dass Timotheus dranbleibt. Damals wurden die Texte vorgelesen, und nach der Lesung gab es meist Ermahnungen an die Zuhörer. Timotheus sollte die großen Wahrheiten des Wortes Gottes lehren. Natürlich musste er das zuerst in seinem eigenen Leben studieren und anwenden.
In Vers 14 heißt es: "Lass die Gabe, die Gott dir aufgrund eines prophetischen Wortes und durch Handauflegung der Ältesten geschenkt hat, nicht ungenutzt!" Wer seine Begabung nicht pflegt, vernachlässigt sie – so wie der Knecht im Gleichnis Jesu, der ein Talent in die Erde vergräbt. Der Herr nennt ihn "böse und faul".
Faulheit kann man so definieren: Ich weigere mich, die Gabe, die Gott mir gegeben hat, in seinem Dienst anzuwenden. Dabei muss man nicht zwischen sogenannten natürlichen und geistlichen Gaben unterscheiden. Du hast sie sowieso von Gott – das eine bei der Geburt, das andere bei der Wiedergeburt.
Manchmal weiß man noch nicht einmal genau, welche Gaben jemand hat. Man muss es ausprobieren. Manchmal weiß man es aber auch schon: Er könnte dies und jenes sehr gut, vielleicht besser als derjenige in der Gemeinde, der dafür beauftragt ist. Doch er setzt sich nicht ein. Er engagiert sich nirgends. Das ist schlecht.
Also: Lass die Gabe nicht ungenutzt. Pflege sie. Vernachlässige nicht die Gabe, die Gott dir geschenkt hat. Du willst doch ein guter Mitarbeiter sein. Das gilt natürlich nicht nur für Timotheus, sondern für jeden in der Gemeinde.
Vers 15 lautet: "Mühe dich um das, was dir aufgetragen ist, dann werden deine Fortschritte allen offenbar sein." Muss man dazu noch mehr sagen? Es wäre schön, wenn meine Bemühungen in diesen Tagen dazu führen würden.
Mühe dich also um das, was dir aufgetragen ist. Du weißt, was das ist. Bedenke diese Dinge sorgfältig und lebe danach.
Schließlich Vers 16: "Pass immer gut auf dich auf und auf das, was du lehrst." Hier ist die Reihenfolge wichtig: Erstens pass gut auf dich auf. Zweitens pass auf das auf, was du lehrst.
Deine Lehre wird hohl, wenn dein Leben nicht stimmt. Wie kannst du Kindern in der Sonntagsschule erzählen, wie schön das Leben mit dem Herrn Jesus ist, wenn du selbst nur Probleme siehst? Irgendwie passt das nicht zusammen.
Leben und Lehre gehören zusammen. Bitte Gott darum, dass es dir gelingt, beides in Einklang zu bringen. Erst dein Leben, dann die Lehre.
Wenn das Leben falsch ist, kann man in der Lehre noch so rechtgläubig sein. Ich glaube, das ist der Punkt, der viele alte Gemeinden zerstört hat: Man ist rechtgläubig in der Lehre, aber das Leben stimmt nicht mehr.
Diese beiden Dinge sollen wir also ständig überprüfen. Wir leben ja vor dem Herrn im Licht Gottes. Überprüfe zuerst dein Leben und dann deine Lehre.
Ich schließe mit dem letzten Satz des Kapitels: "Wenn du das tust, wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, die auf dich hören."
Das Kapitel begann mit gesetzlichen Irrlehren, die Unheil unter dem Volk Gottes anrichteten. Wahrscheinlich will Paulus am Schluss seinem Mitarbeiter sagen, dass er sich selbst durch seine Haltung, durch sein Leben vor Gott, durch seine liebevolle Ehrfurcht und hingebungsvolle Gottesfurcht vor solchen Irrlehren schützen kann – ebenso wie seine Zuhörer.
Ich glaube nicht, dass es hier um die Rettung vor dem ewigen Tod geht, sondern in diesem Zusammenhang um die Rettung vor solchen falschen Lehren. Das war ja der Auftrag. Timotheus war ansonsten gerettet.
Ein guter Lehrer zeigt also die Hintergründe auf, übt sich in Gottesfurcht und trainiert sich darin – so wie andere im Sport regelmäßig in die Halle gehen und trainieren. Er ist selbst ein Vorbild.
Möge Gott uns das schenken – und mir auch.