Einführung in die Heilungsgeschichte in Betsaida
Gott wird Mensch
Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 371
Eine Heilung in zwei Schritten
Markus 8,22-26
Und sie kommen nach Betsaida und bringen einen Blinden zu Jesus. Sie bitten ihn, dass er ihn berühre. Jesus fasst den Blinden bei der Hand und führt ihn aus dem Dorf hinaus. Dann spuckt er ihm in die Augen und legt ihm die Hände auf. Anschließend fragt er ihn: „Siehst du etwas?“
Der Blinde blickt auf und sagt: „Ich sehe Menschen, denn ich sehe sie wie Bäume umhergehen.“
Daraufhin legt Jesus erneut die Hände auf seine Augen. Nun sieht der Mann deutlich. Er ist wiederhergestellt und sieht alles klar. Jesus schickt ihn nach Hause und sagt: „Geh nicht einmal ins Dorf.“
Betsaida liegt am Nordostufer des Sees von Genezareth. Der Name bedeutet „Haus des Fischens“. Drei Jünger stammen von hier: Petrus, Andreas und Philippus.
Die Geschichte, die sich hier ereignet, ist zunächst nicht ungewöhnlich. Jesus heilt einen Blinden. Es ist nicht das erste Mal, und es wird auch nicht das letzte Mal sein.
Auch dass Jesus das Dorf verlässt, weil er nicht möchte, dass alle mitbekommen, wie er den Blinden heilt, ist nichts Besonderes.
Die Besonderheiten der Heilungsmethode und ihre Bedeutung
Außergewöhnlich an dieser Heilung ist zum einen die Methode. Jesus spuckt in die Augen des Blinden und legt ihm die Hände auf. Zum anderen fällt auf, dass der Blinde zwar nach dem Händeauflegen etwas sieht, aber noch nicht wirklich gut sehen kann.
Jesus fragt ihn: „Siehst du etwas?“ Der Mann antwortet: „Ich sehe die Menschen, denn ich sehe sie wie Bäume umhergehen.“ Vielleicht würden wir heute sagen: „Ich sehe schon die Menschen, aber sie sind verschwommen, mehr wie Farbflecken, die sich bewegen. Einzelheiten kann ich nicht gut erkennen.“
Dann tut Jesus etwas, was er noch nie getan hat: Er legt dem Mann noch einmal die Hände auf die Augen. Erst dieses erneute Händeauflegen ist in puncto Heilung der Durchbruch. Der Mann sieht deutlich, ist wiederhergestellt und sieht alles klar.
Was soll diese Geschichte an dieser Stelle bedeuten? Beginnen wir mit einem Hinweis. Wenn es sich bei den Evangelien um eine Erfindung der frühen Kirche handeln würde, also wenn es den Christen darum ginge, aus Jesus einen Wunderheiler zu machen, dann wäre diese Heilung hier nicht berichtet worden. Ein Wunderheiler, der zwei Anläufe braucht? Das ist nicht gerade ein Aushängeschild für seine überragenden Fähigkeiten.
Authentizität der Berichte und Vergleich zu anderen Heilungen
Übrigens kann man dasselbe auch über seinen Aufenthalt in Nazaret sagen. Niemand, der aus einem normalen Rabbi einen Wunderheiler machen will, schreibt über ihn: Markus 6,5: „Und er konnte dort kein Wunderwerk tun, außer dass er wenigen Schwachen die Hände auflegte und sie heilte.“
Das nur als Hinweis: Es ist ein Indiz für die Authentizität der Jesusberichte, dass auch solche Ereignisse aufgenommen wurden, die Jesus als Heiler in einem vermeintlich weniger guten Licht erscheinen lassen. So ist das eben mit Tatsachenberichten: Sie spiegeln wider, was tatsächlich passiert ist, und nicht unbedingt, was wir erwarten würden.
Hier, an der Stelle, wo ein Blinder kommt, um geheilt zu werden – ganz ehrlich, das hatten wir schon so oft – erwarten wir förmlich, dass Jesus ihn „schwuppdiwupp“ heilt, oder? Das ist doch, was der Messias tut, oder? Jesaja 35,5: „Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet.“
Und dann kommt es ganz anders.
Drei Besonderheiten der Heilung in Betsaida
Drei Dinge unterscheiden diesen Heilungsbericht von der Norm.
Erstens wird ausführlicher beschrieben, was Jesus tut. Er spuckt in die Augen des Blinden und legt ihm die Hände auf. Eine so genaue Beschreibung und die Verwendung von Speichel sind selten.
Zweitens fragt Jesus nach, ob der Geheilte sehen kann. Nur in diesem einen Fall tut Jesus das. Er fragt sonst nie nach, sondern geht einfach davon aus, dass der Vater ihn erhört hat. Das ist auch logisch, wenn man bedenkt, dass der Herr Jesus an anderer Stelle sagt, dass er nur tun kann, was er den Vater tun sieht. Wenn er hier also nachfragt, dann vermutlich nicht, um sich selbst des Erfolgs zu versichern, sondern damit die Umstehenden begreifen, dass der Blinde noch nicht völlig geheilt war.
Wenn der Herr Jesus nur das tut, was Gott tut, dann wollte Gott selbst hier auf besondere Weise heilen. Es war ihm wichtig, dass die Jünger nicht einfach nur sehen, dass Jesus dem Mann noch einmal die Hände auflegt, ohne genau zu wissen, warum er das tut. Sie sollten aus dem Mund des Kranken hören, dass dieser noch nicht klar sehen kann. Sie sollten verstehen, dass diese Heilung eine graduelle war: zuerst ein bisschen sehen, dann ganz deutlich sehen.
Drittens betont die Erzählung die Vollständigkeit der Heilung. Statt einfach nur zu sagen „und er konnte wieder sehen“, wird betont formuliert: „und er sah deutlich“. Dreimal wird dieselbe Aussage wiederholt: Er war wiederhergestellt und sah alles klar.
Die Heilung als Symbol für geistliches Wachstum
Wir haben jetzt also drei Unterschiede zwischen einer normalen Blindenheilung und den Ereignissen von Betsaida, zumindest was die Beschreibung betrifft. Es geht erstens darum, was Jesus tut. Zweitens handelt es sich um eine Heilung, die Zeit braucht. Drittens geht es um das vollständige Sehen.
Zurück zu unserer Frage: Was soll diese Geschichte hier bedeuten? Die Antwort lautet: Sie ist eine Einleitung zu dem, was noch kommen wird. Sie dient als eine Art Gegenstandslektion für die Jünger, wahrscheinlich vor allem für Petrus.
Wenn wir nämlich weiterlesen, folgt als Nächstes eine Episode, die in meiner Bibel mit „Das Bekenntnis des Petrus“ überschrieben ist. Dabei geht es um die Frage, wie die Jünger über Jesus denken.
Wir werden sehen, dass die Jünger ein wenig wie der Blinde sind. Sie haben bereits Heilung erfahren und können etwas sehen. Sie begreifen, dass ihr Rabbi der Messias ist, aber sie können trotzdem noch nicht klar sehen.
Für sie ist der Messias immer noch eine politische Retterfigur. Die Vorstellung, dass der Messias für die Sünden der Menschheit sterben muss, dass er leiden wird, dass er sterben und auferstehen wird, wird von ihnen verworfen. Das sehen sie nicht.
Die Jünger sind wie der Blinde nach dem ersten Heilungsschritt. Sie können schemenhaft erfassen, dass Jesus der Messias ist. Aber sie brauchen noch eine Berührung mit der Wahrheit, um völlig klar sehen zu können.
Anwendung auf das geistliche Leben heute
Auch für uns ist das ein wichtiger Punkt: Auch wir sehen geistliche Zusammenhänge nicht von Anfang an völlig klar. Geistliches Leben bedeutet oft, offen zu bleiben, um geistliche Zusammenhänge immer besser zu verstehen.
Jedes Mal, wenn wir in der Bibel lesen und über sie nachdenken, ist es so, als würde Jesus uns die Hände auflegen, damit die Augen unseres Herzens ein wenig besser sehen können. Jesus freut sich über all die Dinge, die wir schon verstanden haben. Gleichzeitig wünscht er sich aber auch, dass wir nicht dort stehenbleiben, wo wir in puncto Gottes Erkenntnis gerade sind.
Es geht ihm darum, dass wir geistlich wie der Blinde deutlich sehen, wiederhergestellt werden und alles klar erkennen.
Denke darüber nach, wie offen du für neue Sichtweisen auf alte biblische Themen bist.
Abschluss und Segenswünsche
Das war es für heute. Ich weiß, dass meine Internetseite frogwords.de etwas unübersichtlich ist.
Vielleicht lohnt es sich dennoch, ein wenig darin zu stöbern.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
