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Schindlers Liste - notiert sein ist alles

07.10.1999

Das Schweigen angesichts des Unrechts

Warum war es so still um einen solchen Namen? War es vielleicht doch das Gefühl, das uns störte – die Erkenntnis, dass es nicht stimmt, dass man nichts gesehen, nichts gehört, nichts gewusst und nichts tun konnte?

Mit diesem Gefühl beruhigten viele ihr Gewissen. Auch heute beruhigen viele Menschen ihr Gewissen auf diese Weise: Wegsehen. Man konnte nichts sehen, man konnte nichts hören, und vor allem konnte man nichts tun. Wer bin ich schon, dass ich als Einzelner irgendetwas bewirken kann? Man kann nichts tun, man konnte nichts tun, man wird nichts tun können, und deshalb kann niemand mir einen Vorwurf machen.

Deshalb stört es uns, wenn es Menschen gibt, die nachweisen, dass sie es gesehen haben, dass man es gesehen hat, dass man es gehört hat und dass man etwas tun konnte. Solche Menschen waren nie beliebt. Das ist heute nicht anders als früher.

Früher dachte ich immer, dass so etwas nur in der ehemaligen Sowjetunion üblich war – dass Abweichler von der Norm, sogenannte Dissidenten, in die Psychiatrie eingewiesen wurden. In Deutschland ist das in der Gegenwart nicht anders. Wer nicht tut, was alle tun, muss krank sein.

Probieren Sie, Christ zu werden! Probieren Sie, die Bibel zu lesen, zu beten und zu sagen, dass Sie daran glauben und so leben wollen. Sagen Sie, dass Sie ehrlich sein wollen, treu in Ihrer Ehe, dass Sie glauben, Jesus sei auferstanden und habe das letzte Wort in der Weltgeschichte.

In dieser Region sind 85 Prozent der Menschen als Christen getauft und nominelle Mitglieder einer christlichen Kirche. Sie würden sich beleidigt fühlen, wenn man sie anders bezeichnet. Aber versuchen Sie, in dieser Gesellschaft Jesus und sein Wort in der Bibel ernst zu nehmen, und Sie werden schnell merken, wie schnell man als „krank“ gilt und für die Psychiatrie reif, wenn man nicht mitmacht.

Jeder, der umkehrt, jeder, der die Richtung seines Lebens ändert, ist ein Stachel im Gewissen seiner Umwelt. Denn er hat bewiesen, dass man nicht so weitermachen muss wie alle anderen. Das ist das Beruhigendste, was wir im Gewissen haben: dass es gar nicht anders geht, dass alle so handeln, dass man nichts sieht, nichts hört und nichts tun kann.

Aber wenn einer umkehrt, sieht, hört und handelt, dann hört der Spaß auf. Deshalb sind solche Menschen nie beliebt.

Oskar Schindler und die Zwiespältigkeit des Handelns

Es ist ganz typisch, was Oskar Schindler passiert ist. Gerade in einer Zeit, in der die Wunden noch schmerzten und viele nicht darüber gesprochen haben. Sie wissen ja, es ist diese Mischung aus Angst und Feigheit, die unser Leben so schwierig macht – immer schwieriger in unserer Gesellschaft. Man sieht weg, wenn Menschen Gewalt angetan wird. Man sagt: „Ich habe nichts gewusst“ oder „Ich habe Angst gehabt.“

Ich weiß genau, wie viel Angst ich hatte, als ich in einem Zug saß. Es waren nur wenige Leute dabei, und eine Gruppe betrunkener Schläger machte eine Frau an. Im Waggon waren noch drei andere Personen. Wir alle schauten in die Zeitung. Ich weiß nicht, was in meinem Herzen vorging, bis ich mich entschied zu sagen: „Hier ist Schluss.“

Es gibt diese Angst, dass man plattgemacht wird, dass man nichts mehr machen kann. Deshalb sieht man weg. Man ist froh, wenn man aussteigen kann und nicht selbst Prügel bezieht. Deshalb war es so still um Oskar Schindler, und es ist wieder still geworden.

Vielleicht gibt es auch noch einen anderen Grund: Es war ein zwielichtiges Verhalten. Wir konnten ja nicht ahnen, als die Veranstalter hier diese Themen ausgesucht haben – die Abend für Abend präsentiert werden – dass genau heute der Tag ist, an dem in New York Verhandlungen über Entschädigungen für Zwangsarbeiter, jüdische Zwangsarbeiter in der deutschen Wirtschaft, geführt werden.

Die Veranstalter haben diese Themen nicht von mir erfunden. Herzliche Gratulation an ein ganz kreatives Team, das hier gearbeitet hat, um die Themen für diese zwei Wochen zusammenzustellen. Für mich ist das immer sehr interessant. Ich stelle meine Themen nicht selbst zusammen, weil ich sonst in die Schublade greifen und irgendeinen alten Hirsch vorführen würde. Das finde ich langweilig. Über so etwas habe ich in meinem Leben noch nie geredet. Dann kamen diese Filme – toll!

Aber als Sie das vor Monaten ausgesucht haben, konnten Sie nicht wissen, dass heute genau der Tag ist, an dem in New York die Verhandlungen stattfinden. Die Nachrichten haben Sie sicher gehört: Sechs Milliarden Euro haben die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft bereitgestellt. Alle sagen in Deutschland: „Sechs Milliarden, das ist ja Wahnsinn!“ Und die andere Seite sagt: „Das ist total unakzeptabel.“

Es geht um Menschen, die damals Zwangsarbeiter waren und bisher überlebt haben. Mit ihrer Arbeit haben deutsche Unternehmen Millionen und Abermillionen in der Kriegswirtschaft des Zweiten Weltkriegs verdient. Vielleicht verfolgen Sie das in den Zeitungen, vielleicht auch nicht. Heute war der Verhandlungstag und der kritische Punkt in New York.

Und heute reden wir über einen Mann wie Oskar Schindler. Es war eine zwielichtige Situation. Was hat er denn getan? Er hat auch Geschäfte in der Rüstungsindustrie gemacht. Gleichzeitig hat er Juden aus dem KZ geholt und sie dadurch vor dem Tod gerettet. Aber war er selbstlos? Er hat Geld gemacht. Eine sehr zwielichtige, sehr zwielichtige Gestalt.

Die Wahl zwischen Böse und Böser

Das Problem, das an ihm deutlich wird, ist, dass wir in einer Welt leben, in der es immer wieder und immer öfter Situationen gibt, in denen man eigentlich nur noch die Wahl zwischen Böse und Böse hat.

Es wäre gut und schön, wenn wir uns in jeder Situation unseres Lebens zwischen Gut und Böse, zwischen Falsch und Richtig entscheiden könnten. Dann wäre das Leben relativ einfach, weil man wenigstens wüsste, wo es langgeht.

Aber es gibt Situationen, die so verzwickt sind, dass man nur noch die Wahl zwischen Böse und Böser hat. Dabei ist es gar nicht so einfach zu entscheiden, was eigentlich böser ist.

Dietrich Bonhoeffer hat das überaus deutlich gesagt. Er wurde von den Nazis hingerichtet wegen seiner Beteiligung am Attentat und Aufstand gegen Hitler am 20. Juli. Er hat nicht gesagt, das sei richtig. Man wird schuldig, wenn man das tut. Aber nichts zu tun ist auch Schuld.

Was soll ich tun? Es ist eine Situation, in der ich nur eine Notwehrsituation habe. Natürlich ist es Unrecht, einem anderen Menschen Gewalt anzutun. Aber wenn ich wegschaue und es nicht tue, wird einem Menschen, den ich schützen könnte, Gewalt angetan. Ich werde schuldig.

Es gibt Situationen, da komme ich nicht ohne Schuld heraus. Alle Menschen, die in irgendeinem Maße Verantwortung haben – Richter, Lehrer, in aller Erziehung – erleben das so. Es gibt Situationen, in denen man nicht mehr nur die Möglichkeit hat, zwischen Gut und Böse, Schwarz und Weiß zu wählen. Man weiß, ich werde schuldig, und möchte nichts tun.

Aber wer sich belügt und meint, dadurch, dass er nichts tut, hätte er seine Hände in Unschuld gewaschen, irrt sich. Nein, wer schweigt, fördert, was im Gang ist. Das heißt, ich bin immer beteiligt. Wenn ich nichts sage zu dem, was passiert, und nichts tue gegen das, was passiert, habe ich gefördert, was passiert, und bin also mitverantwortlich.

Jedes Verhalten ist politisch, bei Christen und Nichtchristen. Im Augenblick kann man das in Deutschland gut beobachten. Die wesentlichsten Einflüsse auf die politische Gestaltung unseres Landes haben die Nichtwähler, weil sie die größte Partei werden.

Diejenigen, die nichts tun, befördern im Augenblick am meisten das, was im Land passiert. Wer schweigt, fördert, was im Gange ist. Niemand ist unpolitisch. Jeder gestaltet mit, jeder trägt Mitverantwortung an dem, was in unserer Gesellschaft ringsherum passiert.

Umgang mit Schuld und Gewissen

So und jetzt hat man die Wahl: Was mache ich denn, wenn das so schwierig ist? Manche sagen: Gut, deshalb ist die Welt kein Nonnenkloster. Da kannst du nichts machen, da musst du durch. Leiste dir nicht so viele Sensibilitäten, sonst wirst du verrückt. Du musst dir eine Hornhaut aufs Gewissen legen, sonst kannst du kein Geschäftsmann sein, keine politische Verantwortung übernehmen, keinen Strafvollzug machen, kein Richter sein und auch kein Arzt. Du musst dir eine Hornhaut gewissensmäßig zulegen, wenn du in dieser Welt handeln willst, wenn du nicht total gelähmt werden willst.

Ja, was sollte die andere Möglichkeit sein? Gibt es eine Möglichkeit, empfindsam zu bleiben, ein empfindsames Gewissen zu haben, zu sagen: Ich möchte spüren, was gut und richtig ist, was böse und böser ist? Und ich muss dann doch handeln, Entscheidungen treffen und Wege gehen – auch im Bewusstsein, dass ich schuldig werde.

Dietrich Bonhoeffer hat gesagt, man kann eigentlich nur so leben, wenn man weiß, dass es Vergebung der Schuld gibt. Wir rechtfertigen das ja immer: Wir tun also Notwehr, hauen dann drauf und sagen, das war okay – nur weil man Rache- und Wutgefühle hatte. Natürlich ist Gewalttätigkeit nicht okay.

Das heißt, unsere Lösung ist immer, dass das Böse, das wir tun, dadurch gerechtfertigt wird, dass der andere noch etwas Böseres getan hat. Was ist das für eine Logik? Das Böse, das ich tue, das Unmenschliche, wird doch nicht dadurch gut, dass ein anderer noch etwas Böseres tut. Aber das ist unsere Notlösung. So halten wir unser Unrecht immer für okay, weil wir es rechtfertigen mit dem, dass angeblich andere noch mehr Unrecht getan haben.

Darüber wird dann gestritten, wer hier mehr Unrecht getan hat und was damit zu rechtfertigen sei. Aber das löst natürlich gar nichts. Es dreht den Teufelskreis von Gewalt, Vergeltung und Rache immer nur weiter an.

Dietrich Bonhoeffer sagte: In unserem Leben können wir die Spannungen eigentlich nur bewältigen, wenn wir mutig handeln – auch im Bewusstsein, dass wir schuldig werden.

Ich weiß gar nicht, wie man Kinder haben und erziehen kann, ohne zu wissen, wo man mit seiner Schuld hin soll. Wenn das das Einzige ist, was wirklich gewiss ist: Wenn wir in Familien so eng zusammenleben, werden wir einander schuldig.

Was bleiben wir unseren Kindern schuldig? Haben sie so viel Hornhaut auf ihrem Gewissen, dass sie alles für okay halten? Wie soll man das denn? Oder blendet man das einfach ab, verdrängt es, schweigt darüber: Da kannst du nichts machen, da musst du zusehen.

Wenn es das gäbe, dass einem das, wo man schuldig geworden ist, wirklich abgenommen wird, dann könnte man vielleicht empfindsamer leben – mit einem empfindsameren Gewissen, mit einem wachen, funktionierenden Kompass. Einen Kompass, den man nicht einfach feststellt, sich einen gewissen Tod schlägt und dann oberflächlich weitergeht oder versucht, durchzugehen.

Aber geht das? Niemand kann dem anderen die Vergangenheit abnehmen. Ich kann ihnen nicht abnehmen, was sie getan haben. Niemand kann das. Niemand kann das ungeschehen machen. Auch sie selbst können es nicht wegtun. Sie können nicht zurückholen, was sie gelebt, getan oder unterlassen haben. Sie können keine Minute ihres Lebens ungeschehen machen und wiederholen.

Wir können es beschönigen und entschuldigen. Wir sagen immer, es gab Ursachen, keiner ist schuld gewesen, irgendwie kam das zustande und da konnte ich nichts dafür. So entschuldigen wir das und meinen, dadurch wäre es also nicht so schlimm.

Wir versuchen es zu vergessen, und manchmal gelingt es für eine Zeit. Dann gibt es diese Auferstehung der alten Bilder. In bestimmten Situationen, wie ein rasender Film im Zeitraffer, steht plötzlich alles wieder auf, ist alles wieder da.

Wie viele laufen herum, wie viele sitzen hier, die sich heimlich quälen mit den Lasten ihrer Schuld, die sie zeitweise erfolgreich vergessen und verdrängt haben?

Ich mache mir manchmal Gedanken, was eigentlich in unserem Land jetzt passiert. Was passiert mit den Menschen, die mit diesen Lasten fertig werden müssen und über die sie mit niemandem sprechen können und wollen?

Die Last der geheimen Schuld

Ich habe vor einigen Jahren ein Buch über einen Jugendfahrer geschrieben, den ich sehr geschätzt habe: den Essener Pfarrer Wilhelm Busch. Dazu hatte ich die Genehmigung, im Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf die Akten einzusehen, die die geheime Staatspolizei der Nazis über ihn geführt hatte.

Diese Akten sind nicht freigegeben. Anders als die Stasi-Akten aus der DDR-Zeit wurden die Gestapo-Akten nach der Nazizeit nicht freigegeben. Sie liegen bis heute in den Hauptstaatsarchiven der Länder. Für Studien- und wissenschaftliche Zwecke kann man sie jedoch einsehen. Ich habe also einen Antrag gestellt und diese Akten studiert – solch ein Stapel.

Nachher muss man alles, was man daraus zitiert, vorlegen. Interessanterweise werden dann alle Namen und Bezüge geschwärzt, die sich auf noch lebende Menschen beziehen. Als ich vor einigen Jahren diese Akten durchging, war ich noch Jugendpfarrer in Essen. Dabei las ich Namen, die ich alle kannte – aus dem kirchlichen und dem städtischen Leben.

Mit den Informationen aus diesem Stapel Akten hätte ich jeden Skandal in der Stadt Essen auslösen können. Ich hätte es nicht geglaubt, wer alles zu den gemeinsten Verrätern gehörte. Man hätte es nicht geglaubt. Sie liefen alle herum, spielten bedeutende Rollen in Kirche und Gesellschaft und trugen alle ein schreckliches Geheimnis in sich.

Das kann doch einem Menschen nicht einfach so vorübergehen. Das frisst doch unsere Seelen kaputt. Es stimmt doch nicht, dass man so etwas einfach ausblenden kann und dann ist es weg. Wie viele quälen sich mit traurigen Geheimnissen. Manchmal werden sie jetzt auch nicht gezerrt, nicht immer aus den edelsten Motiven. Es wird erpresst, es werden Geschäfte damit gemacht.

Aber wie viel Not gibt es da aus dem DDR-System, wie viel geheime Schuld, die im Gewissen brennt. Im Blick auf Gewalt, die man anderen angetan hat: In den letzten Jahren ist langsam herausgekommen, was lange verschwiegen wurde. Wie viel sexueller Missbrauch an angesehenen Bürgern passiert ist, denen man es nie zugetraut hätte.

Weil man es ihnen nie zugetraut hat, können sich viele nicht vorstellen, jemals ehrlich über das Schreckliche, das in ihrem Leben geschehen ist, mit irgendjemandem zu sprechen. Sie schweigen darüber, bis irgendwann jemand nicht mehr schweigt und es ans Licht gezerrt wird.

Wie viel Not gibt es auch um Abtreibungen bei Männern und Frauen. Wie viele Männer haben ihre Frauen dazu getrieben oder unter Druck gesetzt? Wie viel innere Not gibt es da? Man redet nicht darüber, man hilft mit, dass das alles nicht erklärt wird. Aber die Wunden brennen tief in der Seele.

Ehebruch und Diebstahl: Wie viele Existenzen sind auf Betrug aufgebaut? Nachts liegen sie schlaflos im Bett und denken: Was wäre das für ein Leben, wenn ich ehrlich sein könnte? Aber Sie wissen, wenn ich ehrlich werde, bricht alles zusammen. Ich kann es mir nicht leisten, ehrlich zu sein, oder?

Und so frisst dieser Krebs der Schuld heimlich weiter.

Vergebung als Hoffnung

Gibt es Vergebung, oder gibt es nur Verdrängen? Es gibt Vergebung, weil Gott sich nicht nur die Hände schmutzig gemacht hat.

Ich habe vorhin gesagt, dass man in dieser Welt, wenn man Menschen helfen will und Verantwortung übernehmen möchte, immer wieder in Situationen gerät, in denen man sich die Hände schmutzig machen muss und schuldig wird. Ich weiß nicht, wie man sich verantwortungsvoll verhalten soll, ohne von der Vergebung der Schuld zu wissen.

Sind Sie Richter? Vielleicht sind Sie ja Richter. Sind Sie dann total im Frieden mit dem, was Sie über Menschen verhängen? Sie entscheiden über Lebensschicksale. Wie steht es mit Ihrem Gewissen vor Gott und dem Richter, der Sie richtet?

Und die Lehrer, Meister und Vorgesetzten, die über berufliche Leben und Lebensbiografien entscheiden: Sie werden eines Tages Rechenschaft dafür ablegen müssen. Wie ist es mit Ihrem Gewissen? Ist das alles in Ordnung?

Auch Betriebe und Firmengeschichten werden noch einmal aufgewickelt. Ich selbst muss ein Unternehmen mit 120 Mitarbeitern leiten und weiß, wie schwierig das ist. Man muss Menschen entlassen, wenn es finanziell oder von der Arbeit her notwendig ist. Wenn man dann in den Spiegel schaut, fragt man sich: War das richtig? Bin ich dem Menschen gerecht geworden in meiner Beurteilung?

Manche wirken so, als könnten sie das kalt wegstecken. Aber täuschen Sie sich nicht: Wer es kalt wegschiebt, hat seine Seele schon kaputtgemacht. Er wird die Auferstehung seiner Schuld erleben. Natürlich werden wir sie erleben, denn nichts bleibt ungeschehen.

Wir können nur dann zwischen Menschen helfen, wenn wir auch bereit sind, in diesen komplizierten Situationen das Risiko einzugehen, uns die Hände schmutzig zu machen.

Gott wird Mensch – die Inkarnation als radikales Zeichen

Jetzt ist das verrückt, es ist wirklich verrückt. Gott macht sich nicht nur die Hände schmutzig, er geht so tief hinein in eine so schwierige Situation, dass man es kaum mit menschlichen Worten beschreiben kann. Gott wird Mensch – das ist an sich schon mehr als missverständlich. Das ist ja die ganze Misere.

Ich meine, die Vorstellung, die wir von Gott haben, ist, dass er irgendwie so ein höheres Wesen ist, das da oben im Weltall herumkreist. Was ist ein höheres Wesen? Eine Katze auf dem Dach ist ein höheres Wesen. Oder was ist ein höheres Wesen? Etwas Abstraktes, jedenfalls ist es so hoch, dass es offensichtlich mit meinem Alltag nichts zu tun hat. Es wird bei Feiertagen beschworen, verbreitet irgendwie ein mystisches Gefühl. Vielleicht gibt es da eine große Macht im Universum, aber jedenfalls hat sie nichts mit mir und den Problemen hier auf dieser Erde zu tun – nicht mit meinem Geld, nicht mit meinem Sex und nicht mit meinen Beziehungen. Und das wollen wir doch erst mal sicherstellen.

Dann können wir ja philosophieren, ob es ein höheres Wesen gibt. Gott wird Mensch. Wir können nichts über Gott sagen, es ist alles gesponnen, alles Wunsch und Einbildung, was wir über Gott von uns aussagen, wenn Gott nicht auf unser Niveau kommt.

Und nun wird er geboren. Da liegt das Kind – in einem Futtertrog kommt es zur Welt. Es gibt keine vernünftigen, keine hygienischen Bedingungen bei der Geburt. Ja, er kommt in diese Welt, als wollte er sagen: Hier, das ist mein erster Platz in dieser Welt. Der Landeplatz Gottes auf diesem Planeten ist ein Futtertrog vom Vieh, weil er diese Welt da treffen will, wo sie wirklich ist – nämlich mit dem Motto: Erst kommt das Fressen und dann die Moral.

Deshalb beginnt Gott seine Existenz auf diesem Planeten in einem Futtertrog, programmatisch. Ich möchte, dass Sie die ganze Geschichte lesen – lesen Sie das Neue Testament einmal. Diese Geschichte, die wir von Jesus dort erzählt bekommen und was wir von ihm hören: Ein ganz normaler Mensch, der müde wird, der Zimmermann wird, der dann das Übliche tut.

Doch um alles noch missverständlicher zu machen, setzt er sich mit Figuren an einen Tisch, die man mit der Kneifzange anfassen würde, wenn man ein anständiger, sozialbewusster Mensch ist – mit einem Mafiaboss zum Beispiel. Da lädt er sich in die Villa ein, sitzt mit ihm am Swimmingpool in Jericho. Zachäus hieß der. Das war ein Schieber, jeder in der Stadt wusste, dass die Millionen erpresst waren, dass da keine Gerechtigkeit war, dass Blut an seinem Geld klebte. Und Jesus geht dahin, trinkt Kaffee, bevor er ihm erst einmal die Leviten liest.

Dann sitzt er bei einem, der demonstrativ mit Leuten gegessen hat. Denn damals gab es noch nicht McDonald’s und so, wo man im Vorbeigehen eben die Pappe reingeschoben hat. Es gab noch Tischsitten und Kultur in der Hinsicht, dass man sich zu Tisch mit anderen setzte und erklärte: Mit dir will ich Lebensgemeinschaft haben. Das war etwas Demonstratives, Wichtiges, Kostbares. Und ganz demonstrativ setzte er sich mit Leuten zusammen, wo die Pastoren der damaligen Zeit ihm sagten: „Das tut man doch nicht, bitte, bitte, bitte, weiß der denn nicht?“ So treibt er sich am halbseidenen Gewerbe herum.

Da kommt eine Dame aus dieser Branche und parfümiert ihn plötzlich. Ich meine, Jesus war dreißig Jahre alt. Stellen Sie sich so einen dreißigjährigen jungen Mann vor, mit Chanel No. 5 in den Haaren – dann haben Sie Jesus, so steht das in der Bibel. Eine ganze Flasche davon, auch noch mal. Reich ein paar Tröpfchen, um den schönen Duft zu verbreiten, und sie hat gleich eine ganze teure Flasche von dem Parfüm über ihm ausgegossen. Also, meine Güte, das war vielleicht die Atmosphäre.

Ist das für einen menschgewordenen Gott nicht missverständlich? Finden Sie nicht? So, und das tut er ganz demonstrativ.

Die radikale Verwandlung durch Jesus

Aber es geht noch mehr. Es gibt einen Satz in der Bibel, den ich gar nicht kenne und den Christen offenbar selten lesen. Ich glaube, die meisten haben ihn noch gar nicht richtig verstanden. Er ist so ungeheuerlich, dass, wenn man ihn ausspricht, jemand extra dazu sagen muss, dass er in der Bibel steht. Sonst wird man möglicherweise von den Religiösen, auch im Christentum, der Gotteslästerung bezichtigt.

Im Zweiten Korintherbrief – ich gebe Ihnen extra die Stelle an, auf Seite 216 im Neuen Testament – sind die Sätze ja nummeriert. Es ist der Zweite Korintherbrief Kapitel 5, Vers 21. Dort heißt es, bei den Christen in ihrer Insidersprache: Vers 21, und es steht von Jesus: „Denn Gott hat den, der von keiner Sünde wusste – das war er, der einzig Gerechte – für uns zur Sünde gemacht.“

Die Aussage ist völlig klar. Er hat Jesus, den Gerechten, zur Lüge, zum Hass, zum Ehebruch, zum Mord und zur Habgier in Person gemacht. Er hat ihn für uns – hier steht wörtlich „zur Sünde gemacht“ – damit wir in ihm, durch ihn, Gerechtigkeit Gottes würden. Das soll einer verstehen! Ja, so radikal ist der Tausch.

Gott wird Mensch und kommt nicht nur in unsere raumzeitliche Wirklichkeit mit all den Begrenzungen der Todeswelt und der Vergänglichkeit. Sondern er zieht sich unser Leben an. Wir haben dieses Leben kaputt gemacht, weil wir uns von der Quelle des Lebens getrennt haben. Das Beziehungsproblem ist unser schlimmstes Problem.

Wir haben die Beziehung zum Schöpfer gebrochen, und seitdem leben wir in einer chaotischen Beziehung zu uns selbst. Die einen hassen sich, die anderen überschätzen sich. Wir können miteinander nicht mehr klarkommen, und wir können auch mit den Mitschöpfern, mit der Natur, nicht mehr klarkommen.

Weil diese Beziehung zum Schöpfer – das ist ja offenbar, das pfeifen heute die Spatzen von den Dächern – zerbrochen ist, sind alle unsere Beziehungen durcheinandergekommen, und wir leiden wie die Hunde. Das spürt heute jeder. Es ist ein Geschrei im Land darüber, eine Beziehung zu sich selbst zu finden, sich bejahen zu können, zu gesunden in seiner Identität – sagt man. Das hört sich intelligent an.

Aber es ist genau das: Ich bin krank in meiner Beziehung zu mir selbst und komme mit den anderen nicht klar. Beziehungen zerbrechen, die ökologische Katastrophe, wir kriegen keinen vernünftigen Umgang mit der Mitschöpfung, mit der Natur hin. Und es kommt aus dieser zerbrochenen Beziehung.

Deshalb geht Gott in Jesus hinein, in dieses Leben, zieht sich das an, das wir zerbrochen haben, und lebt es bis zur bitteren Konsequenz. Er bringt es bis dahin, wo es hingehört: auf den Müll.

Golgatha – der Ort des Kreuzes

Wissen Sie, dass die Stelle, an der Jesus Christus gekreuzigt wurde, die Müllkippe von Jerusalem war? Golgatha, auch Schädelstätte genannt, war ein Steinbruch, wie Archäologen vor einigen Jahren herausgefunden haben.

Ich kenne die Gegend ganz gut, weil ich dort einmal ein Jahr lang als Pastor in Jerusalem gearbeitet habe. Das ist jetzt dreißig Jahre her. Genau unter der Erlöserkirche neben der evangelischen Kirche im Zentrum der Altstadt von Jerusalem haben Archäologen gegraben. Sie fanden heraus, dass dort die Stadtmauer verlief und dass sich dort der Steinbruch befand, aus dem die Steine gebrochen wurden, mit denen Herodes den Tempel neu gebaut hat. Das kann man nämlich nachmessen, weshalb es nachweisbar ist.

In der Mitte blieben Brocken von minderwertigem Fels zurück, die die Form eines Schädels hatten. Deshalb nannte man diese Stätte im Volksmund Schädelstätte, weil dieser Hügel dort mittendrin stand. Dort kreuzigten sie die Menschen hin. Das Ganze war voll von Küchengeschirr, das man über die Mauer warf. Tontöpfe, die kaputtgingen, wurden einfach über die Mauer geworfen. Das war die Müllkippe, und dort richteten sie Jesus hin.

Gott stirbt auf der Müllkippe, als wollte er sagen: Da kommt unser Leben hin. Es geht kaputt, es ist zerbrochen, und dort stirbt er unseren Tod. Und Gott richtet den einzig Gerechten, so heißt es. Er hat den, der von keiner Sünde wusste, der eigentlich in sich selbst keinen Grund hatte, dorthin zu kommen, ins Gericht Gottes, diesen Tod sterben müssen. Ich habe das verdient, er nicht.

Den, der von keiner Sünde wusste, hat er für uns zur Sünde gemacht. Und so hat Gott ihn behandelt, als wäre er Lüge, Hass, Rachgier und Ehebruch ausgesetzt. Durchgestrichen, durchkreuzt – ein Nein, ein radikales Nein der Heiligkeit Gottes in diesem Todesurteil.

Dadurch, dass Jesus dies auf sich nahm, kann niemand sonst in meiner Vergangenheit richten. Gott allein kann es. Niemand kann ihnen ihr Leben abnehmen, Gott allein kann in ihrer Biografie handeln. Und jetzt gibt es eine Gemeinschaft, die zwischen Ihnen und Gott möglich ist.

Er nahm den Leichnam des Gekreuzigten in seine herrliche Welt auf, in der Leid, Krankheit und Sterben nie mehr sein werden. Trotzdem trägt dieser Auferstandene, der völlig aus dieser Sterbenswelt heraus ist, die Kennzeichen der Folter an seinem Auferstehungsleib. Die Wunden in den Händen von den Nägeln und die Wunde, die der Offizier mit dem Speer in seine Seite gerissen hat, als er gestorben war, zeigt er ihnen. Als wollte er den Beweis bringen und sagen: Der Kampf ist gewonnen. Hier ist das Ergebnis.

Friede als Versöhnung

Friede für euch! Friede ist nicht einfach ein Gefühl im Herzen. Was ich jetzt so friedvoll empfinde, ist es nicht unbedingt. Friede ist ein Beziehungsbegriff. Das Gegenteil von Frieden ist Krieg, eine zerstörte Beziehung, in der man aufeinander schießt und gegeneinander kämpft.

In solchen Situationen muss man sich schützen. Jeder geht in den Bunker oder in den Schützengraben. Dort kann man nichts pflanzen, nicht einfach spazieren gehen und sich nicht bloßstellen. Friede bedeutet Versöhnung. Es heißt, dem Feind die Hand zu reichen, aus dem Schützengraben und dem Bunker herauszukommen. Friede bedeutet, dass man pflanzen und bauen kann, dass man das Leben in Ruhe genießen und etwas Sinnvolles schaffen kann.

Friede ist ein Beziehungsbegriff – eine neu geordnete, geheilte und versöhnte Beziehung in jeder Hinsicht. Das betrifft die Beziehung zu Gott, dem Schöpfer, und zu mir selbst. Ich kann mich annehmen und bejahen als ein Geschöpf Gottes in meiner Besonderheit.

Es bedeutet auch eine neue Beziehung zu den Mitmenschen – zu denen, die mir auf die Nerven gehen, die mich nerven oder die ich sympathisch finde. Es gibt ja Sonne und Schatten. Ebenso eine neue Beziehung zur Umwelt: Ich muss sie nicht habgierig und rücksichtslos zerstören, sondern kann sie pflegen, bewahren und genießen. Was Gott uns gemeinsam anvertraut hat, tragen wir verantwortungsvoll.

Friede ist eine geheilte Beziehung. Jesus sagt: „Friede sei mit euch!“ Dann heißt es, dass die jungen Männer, die Nachfolger von Jesus, froh waren, weil sie den Herrn sahen. Plötzlich bricht die Freude aus – dort, wo vorher Furcht und Angst hinter verbarrikadierten Türen herrschten.

Friede bedeutet auch Vergebung der Sünden. Das ist der Zuspruch, dass unsere Schuld vergeben wird. Jesus nimmt uns weg, was uns einmauert, uns von Gott und voneinander trennt und unser eigenes Leben zerstört. Er allein kann uns unsere Schuld vergeben. Niemand sonst kann das tun.

Der Psychologe kann mit Ihnen daran arbeiten, und Sie können dann, wenn Sie wissen, was Sie getan haben, vielleicht lockerer damit umgehen, weil es viele tun. Aber er kann Ihnen die Schuld nicht wegnehmen. Der Einzige, der unsere Vergangenheit verändern und unsere Beziehungen heilen kann, ist der Schöpfer. Er tut es durch Jesus, indem er Mensch geworden ist.

Die Hoffnung auf das Buch des Lebens

Und jetzt passiert etwas ganz Kostbares. Nun komme ich zu der Liste.

Da gibt es ein wunderbares Bild am Ende der Bibel. Lesen Sie einmal die letzten Kapitel der Bibel im Buch der Offenbarung des Johannes. Dort öffnet Gott dem Apostel Johannes die Augen. Er sieht die zukünftige Welt in vielen Bildern, weil sie unser Verstehen und unsere Vorstellungskraft übersteigt. Doch Johannes darf etwas von der zukünftigen Wirklichkeit Gottes sehen, um daran Maß zu nehmen für heute.

Dann heißt es dort, dass zum Schluss das Weltgericht stattfinden wird: „Ich sah einen großen weißen Thron, und den, der darauf saß. Vor seinem Angesicht flohen die Erde und der Himmel, und es wurde keine Stätte für sie gefunden. Ich sah die Toten, Groß und Klein, stehen vor dem Thron. Bücher wurden aufgetan, und ein anderes Buch wurde aufgetan, welches das Buch des Lebens ist. Die Toten wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben steht, nach ihren Werken. Das Meer gab die Toten heraus, die darin waren, und der Tod und sein Reich gaben die Toten heraus, die darin waren, und sie wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken. Der Tod und sein Reich wurden geworfen in den feurigen Pfuhl. Das ist der zweite Tod. Und wenn jemand nicht gefunden wurde, geschrieben in dem Buch des Lebens, der wurde geworfen in den feurigen Pfuhl.“ Ein Bild für die Gottesferne. (Offenbarung 20,11-15)

Nun müssen Sie wissen, dass im Volk Israel, im Volk Gottes, ein Bewusstsein dafür da war, weil Gott sich offenbart hatte. Die Kostbarkeit des Menschen besteht darin, dass Gott ihn anspricht, ihn zum Gegenüber, zum Ebenbild berufen hat. Der Mensch hat die Würde, Gott Antwort zu geben. Gott denkt an den Menschen und erinnert sich an ihn.

Die Hölle ist, wenn Gott uns vergisst. Es ist Schwachsinn, wenn Menschen Gott vergessen und auch noch darauf stolz sind. Aber die Hölle ist, wenn Gott uns Menschen vergisst. Verflucht ist nach jüdischem Verständnis ein Mensch, den Gott aus seinem Gedächtnis gestrichen hat. Dessen Name muss dann auch aus dem Gedächtnis seines Volkes getilgt werden. An jemanden nicht mehr zu denken ist ein Akt des Verfluchens.

Das Gegenteil davon, dass Gott an uns denkt, erhält dieses wunderschöne Bild: Unsere Namen sind in das Buch des Lebens geschrieben. Die Bibel ist sehr anschaulich und gebraucht solche uns nahe liegenden Bilder, um die unser Begreifen übersteigende Wirklichkeit zu schildern. Sozusagen wird bei Gott ein Buch geführt, in dem unser Name und unser Leben stehen.

Wir sind Persönlichkeiten, wir sind keine Nullen, wir gehen nicht unter. Er hat ein Gedächtnis an jeden von uns. Und das macht mein Leben wichtig: zu wissen, dass er an mich denkt.

Die Bedeutung der Namenseintragung im Himmel

Jesus hatte seine jungen Schüler, die Jünger, zum Dienst ausgesandt. Nachdem sie zurückkamen, berichteten sie von unglaublichen Erfahrungen. Sie spürten, dass Jesus sie innerlich mit einer Kraft ausgestattet hatte. Wenn sie zu Menschen sprachen, half diese Kraft sogar dabei, Kranke zu heilen. Voller Begeisterung erzählten sie von diesen Erlebnissen.

Jesus winkte jedoch ab und sagte: „Ja, das ist die Vollmacht, die ich euch gebe. Aber darüber sollt ihr euch nicht freuen. Freut euch vielmehr darüber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ Das ist der einzige Grund, der dem Leben Tragfähigkeit verleiht und der Grund für eine echte, festliche Freude sein soll.

Du darfst wissen, dass dir durch die Vergebung der Schuld, weil Jesus für dich am Kreuz gestorben ist, dein Name im Himmel eingetragen ist. Gott hat sich in seiner Liebe festnageln lassen und dies durch die Auferstehung bestätigt. Darum ist dein Name bei Gott unvergesslich eingetragen. Er denkt an dich.

In Gottes Ewigkeit, wo nichts mehr ausgelöscht werden kann, ist diese Gewissheit verankert. Das gibt einen festen Stand und eine stabile Grundposition in diesem Leben, das von so vielem Anderen erschüttert wird. Was für eine Wohltat ist es, wenn diese quälende Flucht vor der eigenen Vergangenheit aufhören kann!

Suche das Licht Gottes und nenne beim Namen, was in deinem Leben zerbrochen hat: das Unrecht, die Lüge, den Ehebruch, den Betrug, den Diebstahl, den Verrat. Werfe all das auf den Müllplatz der Weltgeschichte, an dem Jesus stirbt. Er ist für uns zur Sünde gemacht und hat all das auf sich genommen.

Solange du sagst: „Das habe ich nicht nötig, ich bin schon okay“, ist das vergeblich. Aber in dem Moment, in dem du sagst: „Herr, wenn Du das getan hast, dann will ich das annehmen, das lasse ich mir gefallen“, dann ist es geschehen.

Einladung zur Umkehr und zum Gebet

Es ist höchst überflüssig, was sie machen: Sie versuchen pausenlos zu entschuldigen, zu rechtfertigen, zu verstecken, zu verdrängen, zu beschönigen – irgendwie damit zurechtzukommen. Doch es gelingt nicht.

Da, an diesem Kreuz, da legen sie es hin, geben es ab. In einem ganz einfachen Gebet nennen sie es beim Namen und sagen: Jesus, ich will dir alle meine Schuld bekennen. Das, was ihnen bewusst ist, jetzt im Augenblick. Und das, was sie vergessen haben, nimmt er mit – meine ganze Vergangenheit, die tiefen Keller meines Lebens, in die ich mich oft selbst nicht traue hinabzusteigen.

Ich bitte dich: Vergib mir meine Schuld, vergewissere mich deiner Nähe und dass du mich im Gedächtnis hast, dass mein Name bei dir aufgeschrieben ist. Dass du mich herausreißt aus der Verlorenheit. So sagt die Bibel das: Ein Mensch ist verloren, getrennt von Gott, dreht sich um sich selbst und zerreißt sich.

Wer wird das heute Abend sein? Wir haben darum gebetet, dass Gott diesen Abend gebraucht – alles, was heute passiert, in den Gesprächen, in der Musik, in dem, was heute Abend gesagt wird. Dass Gott das gebraucht, um das Herz zu erreichen. Darauf kommt es ja an: Was wir sagen, was können Sie auf mein Wort geben? Das ist es ja nicht.

Aber wenn Gott sich erbarmt und an diesem Abend das, was wir von ihm in seinem Namen sagen, gebraucht, dann spricht er so in ihr Gewissen hinein, dass sie spüren: Sie haben es nicht mit Menschen zu tun, nicht mit Pfarrern oder irgendjemand anderem hier, sondern mit Gott selbst. Er spricht zu meinem Gewissen.

Dann bitte ich sie: Öffnen Sie Ihr Leben, machen Sie nicht zu, laufen Sie nicht weg. Ich möchte deshalb auch heute Abend einladen und anbieten: Wenn Sie das möchten, dann geben Sie eine Antwort. Jesus hat lange gerufen. Seit Golgatha gilt das, und der Auferstandene ist jetzt gegenwärtig.

Er hat nur ein einziges im Sinn: Gott will, dass allen Menschen geholfen wird und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Und im Himmel hat Jesus gesagt: In der Welt Gottes ist mehr Freude über einen Sünder, der kapiert, „Mein Leben ist kaputt und verkehrt“, der umkehrt, der heimkehrt in die Arme Gottes, als über 99 Leute, die selbstgerecht sind und meinen, sie hätten das alles nicht nötig.

Deshalb rede ich jetzt mit diesem einen oder dieser einen: Lassen Sie sich rufen! Ich möchte Sie bitten, wenn Sie das wollen, einfach mit mir ein Gebet zu sprechen. Stehen Sie gleich auf und kommen Sie nach vorne. Hier stellen wir uns zusammen.

Ich möchte Ihnen ein Gebet vorsprechen, Satz für Satz. Danken Sie für die Liebe, sagen Sie ausdrücklich: Ich öffne dir mein Leben, ich bekenne dir meine Sünde. Dann können Sie alles reinpacken, ganz konkret aussprechen, was bei Ihnen jetzt gesagt werden muss.

Ich danke dir, dass du für mich gestorben bist und mir meine Schuld vergeben hast. Mein Leben soll dir jetzt gehören. Schreib meinen Namen in das Buch des Lebens, dass ich wichtig bin, wertvoll, gewiss und geborgen.

Indem Sie dieses Gebet beten, kann das der Anfang einer neuen Beziehung zu Gott sein, die Jesus so knüpfen will. Es kann heute Abend beginnen.

Sie sagen vielleicht: Nicht so schnell, nicht so schnell. Gut, nichts soll überstürzt sein, es will gründlich bedacht sein. Jesus erwartet keinen blinden Glauben, sondern ein informiertes Vertrauen.

Er hat uns die ganze Bibel gegeben, mit lauter Informationen darüber, was er getan hat, was er will, was er über unser Leben denkt und wie es aussieht. Sie können sich ausführlich informieren über das Angebot des Lebens, das Gott Ihnen durch Jesus macht.

Niemand muss einfach Augen zu und Kopf runter machen. Das wird sehr häufig erwartet, aber beim christlichen Glauben, bei Jesus, nie. Informiert, wissen, was man tut, mit klarem Kopf eine klare Entscheidung treffen.

Wenn Sie sagen: Ja, ich möchte das, aber ich kann das nicht. Wenn Sie wüssten, was da für Mächte in meinem Leben sind, die mich festhalten! Das ist doch kein Klacks, dass ich nur einfach sage: Jetzt will ich das, wie eine Meinung zu ändern.

Ja, das ist wahr. Wenn Sie das so spüren, dann haben Sie etwas ganz Entscheidendes begriffen. Die Bibel ist noch viel radikaler: Sie sagt, dass kein Mensch von sich aus die Freiheit hat, kein Mensch. Wir sind wie Tote, die man anreden kann, die keine Entscheidungsfreiheit haben.

Wenn Jesus ruft – und er tut es an diesem Abend durch unser schwaches menschliches Wort –, das hat er versprochen. Er hat gesagt: Wer euch hört, der hört mich.

Wenn Jesus ruft, dann ist es das Wort des Schöpfers. Er sagt, er schafft, was er sagt. Sein Wort ist nicht nur eine Information und nicht nur eine Bitte, sondern es ist das Schöpfungswort. Es ist die gleiche Kraft wie am Anfang der Welt, als Gott sprach: „Es werde Licht!“, und es ward. Er setzte Masse und Energie – das ist die Kraft seines Wortes.

In dem Augenblick, wo er Sie einlädt, müssen alle anderen Mächte weichen. Dass Sie das im Bewusstsein haben, dass Sie so viel zieht, ist sehr okay, das stimmt.

Aber Sie sollen wissen: Wenn Jesus ruft, da musste sogar Lazarus aus dem Grab kommen, nachdem er schon vier Jahre drin war. Er war wirklich tot, vier Tage drin. Seine Schwester sagt: „Er stinkt schon.“ Und dann sagt Jesus: „Lazarus, komm raus!“

Da frage ich mich immer: Wie viel Entscheidungsfreiheit hat ein Toter? Aber Jesus schafft, was er sagt. Und das gilt Ihnen jetzt auch. Deshalb flüchten Sie nicht.

Jetzt habe ich die Freiheit, Sie einzuladen. Jesus hat einmal gesagt: Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an – ein schönes Bild von unserem Lebenshaus.

Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer die Tür auftut, zu dem will ich hineingehen. Wir wollen Lebensgemeinschaft, Mahlgemeinschaft, Tischgemeinschaft mit ihm halten – das praktische Leben mit ihm leben.

Das Tür-Öffnen geht dadurch, dass ich sage: Jesus, du hast mich gerufen, ich antworte dir im Gebet, ich danke dir, ich öffne dir mein Leben. Und dann beginnt es.

Das ist der Anfang. Es ist nicht ein Knall, und alles ist da, er ist durch die Tür Ihres Lebens gegangen und jetzt wohnt er bei Ihnen. Laden Sie ihn bitte nicht nur zu Besuch für ein paar Stunden ins Wohnzimmer ein und schicken Sie ihn dann wieder weg.

Lassen Sie ihn wirklich bei sich wohnen – Kellerräume, Schlafzimmer, Küche, auch das Unaufgeräumte. Lassen Sie ihn erleben und ordnen.

Bei uns wohnen will er. Gott will bei uns zu Hause sein – was für eine Würde! Und heute Abend kann es beginnen.

Es könnte auch bei manchem so sein, dass er sagt: Meine Güte, mein ganzes Leben habe ich das gehört, aber so ist mir das noch nie aufgegangen.

Ich bin getauft worden, meine Eltern haben das schon gemacht, ich bin auch nie gefragt worden. Ich bin irgendwo Kirchenmitglied. Ich war auch nie dagegen, es war viel zu anstrengend, dagegen zu sein. Aber irgendwie hat das Persönliche für mich nie so viel bedeutet.

Dann nehmen Sie es doch heute. Lassen Sie es nicht vorbeigehen, dass Jesus wirklich reinkommt und Ihr Leben neu gestaltet und die alten Geschichten vergibt.

Vielleicht empfinden Sie, dass es nötig ist, noch unter vier Augen mit jemandem zu sprechen, der schweigt wie ein Grab. Dann sprechen Sie über das eine und das andere.

Wenn Sie den Eindruck haben: Es reicht mir jetzt nicht, dass nur ich das irgendwie allein mit Gott ausmache, dann stehen wir Ihnen auch zur Verfügung.

Es gibt Menschen, die unter dem Weichgeheimnis stehen und schweigen können. Da können Sie uns als Zeugen nehmen.

Dann soll vor Gott ausgesprochen werden und vor dem Zeugen, was da an verborgener Not ist. Dann können wir einander im Namen von Jesus zusprechen: So wie Jesus gestorben ist, dir sind deine Sünden vergeben.

Dann werden Sie erfahren, wie diese Kraft der Versöhnung, dieser Friede „Sei mit dir“ Ihr Leben heilt und auf eine neue Basis stellt.

Ich lade Sie sehr, sehr herzlich ein.