
Einführung in das Evangelium als Grundlage der Gemeinde
Ihr könnt mit mir, wenn ihr möchtet, den Epheserbrief aufschlagen. Ich werde ihn jetzt nicht vorlesen und schon gar nicht auslegen, sondern nur einen kleinen Gedanken daraus teilen.
Im Epheserbrief, Kapitel 1, habe ich heute Morgen erwähnt, dass ich vor etwa einem Jahr mit Manfred Müller von der Hilfsaktion Märtyrerkirche gesprochen habe. Ihr erinnert euch sicher an meine Frage an ihn: Wie kann sich die Gemeinde Jesu auf schwierige Zeiten hier in Europa vorbereiten? Seine Antwort war überraschend: „Beschäftigt euch viel mit dem Evangelium.“
Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Wenn das Evangelium nicht mein Herz erfüllt, was sollte es mir dann wert sein, meine Freiheit zu opfern? Wenn nicht das Evangelium und sein Geber, nämlich der Herr Jesus, was sollte mir in schwierigen Zeiten Kraft geben?
Gerade den Epheserbrief studiere ich zurzeit für mich persönlich sehr intensiv und mit großer Freude – fast so, als würde ich ihn zum ersten Mal lesen. Dort finde ich in Kapitel 1, Vers 5 und Vers 10 gewissermaßen die Klammer der Heilsgeschichte.
Im Vers 5 heißt es: „Er hat uns vorherbestimmt zur Sohnschaft für sich selbst.“ (Epheser 1,5)
Gottes ewiger Heilsplan vor der Schöpfung
Nein, ich hätte im Vierer lesen sollen, Entschuldigung. Wie er uns auch in ihm erwählt hat, bevor der Grund der Welt gelegt war, damit wir heilig und untadelig vor ihm in Liebe sein sollten. Er hat uns vorherbestimmt zur Sohnschaft für sich selbst durch Jesus Christus, nach dem Wohlgefallen seines Willens.
Ich sollte mal einen Bibelkurs halten, und da kam auch die Frage auf: Was hat Gott gemacht, bevor er die Welt geschaffen hat? Das sehen wir hier: Vor Grundlegung der Welt hat der Herr das Evangelium geschaffen.
Was am Kreuz von Golgatha geschah, vor ungefähr zweitausend Jahren, im Sterben und drei Tage später in der Auferstehung, war nur das äußere Sichtbarmachen dessen, was Gott vor Grundlegung der Welt geschaffen hat. Das Evangelium war kein nachträglicher Einfall nach dem Sündenfall, so nach dem Motto: "Ups, wir haben ein Problem" oder "Ja, und jetzt müssen wir überlegen, wie wir das flicken." Nein, vor Grundlegung der Welt hat Gott seinen Sohn zum Mittler bestimmt.
Das lesen wir zum Beispiel im 1. Petrus 1,19: "Er hat uns errettet mit dem kostbaren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes, das vorher ausersehen war, vor Grundlegung der Welt." Bevor Gott die Welt und uns Menschen schuf, hat er den Sohn bestimmt, der Retter zu werden.
In Hebräer 9 können wir lesen, dass Jesus sich schon von Ewigkeit her geopfert hat, also sein Einverständnis gegeben hat, das Lamm Gottes zu werden, das unsere Sünde hinwegträgt. Er hat schon vor Grundlegung der Welt das Evangelium geschaffen.
Das lesen wir am Ende des Römerbriefs: Dieses Geheimnis Gottes war von ewigen Zeiten her verborgen. Das Evangelium war also da, es war nur noch verborgen.
Die Erwählung der Gläubigen in Christus
Und dann hat er genau das getan, was wir eben im Epheser 1 gelesen haben: Er hat uns in Christus erwählt, das heißt festgelegt. In Christus liegt die Erlösung. Er hat zuvor bestimmt, dass Menschen, die gerettet werden, Kinder Gottes sind. So wie der Sohn Gottes der Sohn Gottes ist, durften auch wir Kinder Gottes werden.
Was natürlich immer wieder die theologischen Phantasien verschiedener Prägungen angeregt hat, ist die Vorstellung, dass vor Grundlegung der Welt die Namen der Kinder Gottes im Lebensbuch des Lammes eingeschrieben waren. Wie das genau vonstattenging, darüber streiten sich die Theologen seit Jahrhunderten. An diesem Streit beteilige ich mich nicht mehr. Ich staune lieber über das Wunder, dass meine Errettung ihre Wurzeln in der Ewigkeit hat.
So war das Geschehen schon bereit, bevor Gott überhaupt daran ging, die Erde und den Menschen zu schaffen. Das Evangelium war schon da. Das ist für mich das Großartige.
Dann kam all das, was wir hier oft betrachten: die vollkommene Schöpfung. Es war alles sehr gut. Danach kam der Sündenfall Satans, und schließlich der Sündenfall des Menschen.
Gottes Heilsweg im Alten Testament
Und dann hat Gott den Ausweg bereits angedeutet: Wir werden durch den Glauben gerecht. Außerdem hat er die Opfer im Tempeldienst gegeben, damit Versöhnung möglich ist und unsere Sünden bedeckt werden können.
Daraufhin hat Gott das Gesetz gegeben. Dieses Gesetz sollte dem Menschen deutlich machen, wie verdorben wir sind und dass nichts Gutes an uns ist – wie Paulus später im Römerbrief Kapitel sieben schreibt.
Gott ließ dieses Gesetz dann etwa 1.500 Jahre lang bestehen. In dieser Zeit galt das Gesetz mit seinen Geboten: „Du sollst…“. Doch der Mensch zerbrach daran. Gott ließ es zu, damit die Sünde überaus sündig würde.
Alex hat es heute Morgen bereits erwähnt: In Galater 4 heißt es, dass Gott, als die Zeit erfüllt war, seinen Sohn sandte. Diesen Sohn hatte er im gesamten Alten Testament angekündigt. Immer wieder finden wir dort Hinweise und Schlaglichter, in denen von Jesus die Rede ist.
Für mich und die Geschwister aus Stuttgart, die das von mir schon ein paar Mal gehört haben, ist es immer wieder faszinierend. Ich könnte es jeden Tag hören, so wunderbar ist es: 700 Jahre vor Christus deutet Gott an, dass eine andere Zeit kommen wird. Er würde einen anderen Bund mit uns schließen – nicht wie den Bund am Horeb am Sinai, sondern einen neuen Bund, den wir heute das Neue Testament nennen.
Das Evangelium im Alten Testament – Gottes Verheißung
Und das müsste ich jetzt mit mir lesen. Lasst den Finger in Epheser 1, ich komme darauf zum Schluss noch mal zurück.
Aber in Hesekiel 36 ist für mich das Evangelium im Alten Testament jedes Mal unglaublich packend. Wir haben eben gesagt, der Mensch musste von Gott überführt werden von seiner Sündhaftigkeit und Verlorenheit. Durch das „Du sollst“ musste er scheitern.
Dann sagt Gott in Hesekiel 36, im Vers 25: „Ich will nicht mehr sagen ‚Du sollst‘ an den Menschen, sondern Gott sagt: ‚Ich will reines Wasser über euch sprengen, damit ihr rein werdet. Von all euren Unreinheiten und euren Götzen will ich euch reinigen. Ich will euch ein neues Herz geben. Ich will einen neuen Geist in euch hineinlegen. Ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen.‘“
In Vers 27 heißt es weiter: „Ich will meinen Geist in euch geben, und ich will solche Leute aus euch machen.“ Das begeistert mich jedes Mal. Das ist das Evangelium, dieses Wunder, das vor Grundlegung der Welt vollkommen ausgestaltet war.
Und als die Zeit erfüllt war, sendet Gott seinen Sohn, der auf die Erde kommt, um das offenbar zu machen, was vor Grundlegung der Welt geschaffen war, aber noch verhüllt war, wie so ein Standbild, das verhüllt ist.
Die Offenbarung des Heilsplans in Christus
Ja, und dann kommt der Tag der Enthüllung. Das geschah, als Christus am Kreuz starb. Wir wissen, dass damals der Vorhang im Tempel zerriss. Offenbar sagt Gott damit: Ich will Neues schaffen. Das ist das Evangelium.
Jetzt komme ich zum Schluss noch einmal auf Epheser 1 zurück. Dort heißt es in Vers 10 schließlich: „Damit der Heilsplan in der Erfüllung der Zeiten ausgeführt wird, in Christus als dem Haupt alles zusammenzuführen, was im Himmel und was auf der Erde ist, in ihm.“ Hier wird der Bogen gespannt – von der Grundlegung der Welt bis zur Erfüllung der Zeiten.
Wir lesen, dass der Heilsplan in der Erfüllung der Zeiten ausgeführt wird. Aus menschlicher Sicht steht uns das noch bevor. Das Evangelium ist bereits fix und fertig. All seine Werke, sagt Hebräer 4, sind in Gott völlig vollendet. Jetzt stehen wir kurz davor, dass die Erfüllung des Heilsplans Gottes vor aller Welt offenbart wird.
Das ist der große Bogen – von der Grundlegung der Welt bis in die Ewigkeit Gottes, von der Zeit vor aller Zeit bis hin zur Zeit nach der irdischen Zeit. Das ist der große Bogen des Evangeliums.
Gottes souveräne Bewahrung und unsere Zuversicht
Und das macht Gott völlig souverän. Das hat er sich vorgenommen, das hat er vor den Menschen geschaffen, das hat er durch die Jahrtausende bewahrt, und das wird er vollenden. Er hat es in der Bibel aufgeschrieben, so wird es kommen, und der Teufel kann nichts daran ändern.
Und, Geschwister, das ist mein großer Trost: Wenn unser Gott so einen gewaltigen Bogenspann, solch einen Heilsplan schaffen kann, der durch nichts aufgehalten werden kann, kann er dann mich und dich nicht bewahren? Kann er, der das Ewige schafft und das Ewige beherrscht – also das Vor aller Zeit und bis in alle Ewigkeit –, nicht auch das Zeitliche beherrschen, das dein und mein Leben angeht?
Wird er, der auf den Zorn des Lammes eine Antwort fand, uns nicht vor dem Zorn Satans retten können? Und wenn der, der seinen Sohn aus dem Tod errettet hat, wird er uns nicht auch aus der Gewalt des Antichristen retten können? Und wenn der, der in allem durch Satan versucht wurde, wird er uns nicht aus allen Versuchungen retten können, damit wir in sein Reich hineinkommen?
Deswegen, glaube ich, war der Hinweis buchstäblich Gold wert, wenn wir über die künftige Zeit nachdenken, die vielleicht bedrängend sein wird. Wenn Gott nicht verzögert oder verzieht, werden wir es vielleicht erleben – vielleicht erst unsere Kinder und Enkel.
Das ist die große Botschaft: Beschäftigt euch mit dem Evangelium, denn dieses Evangelium ist es wert, dass man dafür sein Leben gibt. Und dieses Evangelium ist stark genug, uns sogar durch den Tod hindurchzutragen. Denn auch unser Herr wurde aus dem Tod errettet, so lesen wir es im Hebräer 5, und er wird das Gleiche auch mit uns tun.
Persönliche Haltung und Gebet für die Zukunft
Geschwister, ich gehe nicht leichtfertig in die Zukunft. Ich gehe nicht locker pfeifend in die Endzeit hinein.
Auch Wilhelm Busch hat das Grauen der Finsternis im Gefängnis der Gestapo beschrieben. Dort brauchte es viel Gnade, damit das Evangelium wieder durchdrang und er ermutigt weitergehen konnte.
Das Evangelium aber, die Vorgründung der Welt, war vollkommen fertig und kannte dich schon. Dein Name war bereits im Lebensbuch des Lammes eingetragen – wie immer das auch genau theologisch zu verstehen ist. Er wird uns bewahren und seinen Heilsplan in der Erfüllung der Zeiten vollenden.
So stehe ich in diesem großen Bogen. Was soll mich aus der Hand meines Gottes reißen? Ich bin zu schwach, um standzuhalten. Mein Glaube ist viel zu schwach, um Prüfungen auszuhalten. Ich bin viel zu feige und wehleidig, um diese Dinge zu ertragen.
Aber mein Gott, der mich in seine Hand genommen hat, wird mich nie wieder loslassen.
Das gilt auch für unsere Geschwister in der Ukraine und in Russland. Alex hat gesagt: Vergesst die russischen Geschwister und das russische Volk nicht. Der Herr hat sie genauso lieb wie die Ukrainer und die Deutschen.
In diesem Sinne lasst uns beten, auch für unsere Geschwister, und mutig in die künftige Zeit gehen.
Ich sage noch einmal: Beschäftigt euch viel mit den Tiefen des Evangeliums, beschäftigt euch viel mit der Person unseres Herrn. Seht in Gottes Wort und lasst eure Herzen von der Wahrheit des Wortes Gottes durchdringen.
Vergesst eure Social Medias und eure vielen Zeiten im Internet, damit ihr wieder Zeit habt für Gottes Wort. Diese Dinge mögen auch ihre Nützlichkeit haben, aber oft rauben sie das Wichtigere.
Deshalb lasst uns Menschen sein, die von Gottes Wort erfüllt und durchdrungen sind, so dass der Name Gottes geehrt wird.
Abschlussgebet und Lobpreis
Und jetzt stehen wir zum Schluss noch auf und beten.
Lieber Herr Jesus, wir danken dir von ganzem Herzen für diesen Tag, den du uns ermöglicht hast. Danke für Freiheit und Frieden, dass wir völlig ungestört hier zusammenkommen durften. Danke für den Wohlstand, den wir genießen. Danke für die geschwisterliche Gemeinschaft heute, danke für diesen Feiertag, auch wenn er etwas ausdrückt, was wir gar nicht teilen.
So danken wir jedoch, dass wir heute frei hatten und Zeit hatten, hier zu sein, dass wir uns mit deinem Wort beschäftigen konnten und dass wir hören durften, wie du dich verherrlichst mitten in einem Krieg. Wir danken, dass Geschwister dort dankbar werden für den Krieg, weil sie dein Werk darin sehen und die Frucht erkennen.
Herr, wir wissen nicht, was auf uns zukommt, aber wir wissen, wer kommt: du kommst. Was wir jetzt erleben, das ist der Schatten, der deinem Kommen vorausgeworfen wird. Die Gerichte müssen ja kommen, dein Wort sagt es, aber du wirst dich auch verherrlichen an deiner Gemeinde, an der du dein Evangelium vor Grundlegung der Welt abgeschlossen hattest.
Du hast es vor zweitausend Jahren sichtbar gemacht und wirst es am Ende der Tage vollenden. Wenn eines Tages der neue Himmel und die neue Erde sein werden, dann wird dein Werk vollkommen abgeschlossen sein. Wir werden von Ewigkeit zu Ewigkeit in dieser Herrlichkeit sein dürfen.
Auf dich wollen wir sehen, von dir wollen wir durchdrungen sein, dir wollen wir dienen, bis du wiederkommst. Dank sei dir für deine große Treue, wir beten dich an. Amen.