Ich glaube, die wenigsten Menschen schauen sich am Ende eines Films gerne noch den Abspann an. Bei uns zu Hause ist das ein bisschen anders.
Ich würde mal behaupten, wir gucken nicht viele Filme. Aber wenn wir als Familie mal Zeit finden, zusammen einen Film zu schauen, und der Abspann am Ende beginnt, dann sagen unsere Kinder meistens: „Papa, Papa, nicht abschalten, vielleicht kommt da noch was.“
Und ich muss euch ganz ehrlich sagen: So mancher Abspann hat mich tatsächlich überrascht, da kam noch etwas.
Römer 16, das Ende des Römerbriefs, liest sich ein bisschen wie ein Abspann. Dort werden viele Namen erwähnt, es wird erzählt, wer was getan hat. Paulus grüßt einige Leute, und man bekommt den Eindruck: „Okay, das ist jetzt der Abspann, das Wesentliche ist vorbei.“
Was ich euch heute sagen möchte, ist: Bitte nicht abschalten, da kommt noch etwas heute, okay? Kapitel 16 steckt noch einmal so viel drin.
Wir glauben daran, dass jeder einzelne Text in der Bibel inspiriert ist. Gott möchte durch jeden einzelnen Text in der Bibel zu uns reden, auch durch so einen Abspanntext wie Römer 16.
Die heutige Predigt ist tatsächlich meine letzte Predigt in der Römer-Reihe. Ich habe sie im Jahr 2020 begonnen. Wir haben jetzt etwa drei Jahre lang durch den Römerbrief gepredigt, und ich glaube, ich selbst habe wahrscheinlich am meisten von dieser besonderen Reihe profitiert.
Ich hoffe, dass diese Reihe auch für euch ein großer Segen war und euch viel Freude am Herrn und am Evangelium in eurem Herzen bewirkt hat.
Die letzte Predigt habe ich überschrieben mit den Worten: „Zu guter Letzt, zu guter Letzt.“
In Römer 16, Verse 1 bis 27, hat Paulus den wesentlichen Inhalt seines Briefes eigentlich abgeschlossen. Dennoch möchte er zum Schluss noch einige wichtige Dinge mitgeben. Insgesamt sind es heute fünf Punkte.
Zuerst eine Empfehlung. Schauen wir uns die Verse 1 und 2 einmal genauer an. Paulus empfiehlt euch Schwester Vöbe, die eine Dienerin der Gemeinde in Kentrea ist. Er bittet euch, sie aufzunehmen, denn sie ist der Heiligen würdig. Unterstützt sie, wo immer sie eure Hilfe braucht, denn auch sie ist vielen ein Beistand gewesen, auch Paulus selbst.
Wer mit den Paulusbriefen vertraut ist, weiß, dass es charakteristisch für Paulus ist, immer wieder für seine Mitarbeiter einzustehen. Besonders auffällig ist jedoch, dass Paulus hier in Römer 16, Vers 1, das Verb "empfehlen" verwendet. Das tut er sonst nur selten in diesem Zusammenhang. Das bedeutet, dass wir es hier mit einer ausdrücklichen Empfehlung zu tun haben.
Was hier besonders ist: Meistens erwähnt Paulus seine männlichen Mitarbeiter und tritt für sie ein. In diesem Abschnitt empfiehlt er jedoch eine Mitarbeiterin, die Vöbe.
Zunächst müssen wir uns die Frage stellen: Wer ist Vöbe? Sie ist in der Bibel relativ unbekannt. Der Name Vöbe lässt darauf schließen, dass sie einen heidnischen Hintergrund hatte. Vöbe stammt aus der griechischen Mythologie, das heißt, sie ist nicht in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. Hätte Vöbe fromme Eltern gehabt, hätten sie sie wahrscheinlich Esther, Ruth, Elisabeth oder Sarah genannt – aber nicht Vöbe. Der Name stammt aus der griechischen Mythologie.
Umso besonderer ist hier die Kombination „Schwester Vöbe“. Das hat ein wenig den Effekt von „Bruder Mohammed“. Wir wissen, Mohammed hatte einen muslimischen Hintergrund, ist jetzt aber Bruder geworden. Schwester Vöbe – aus der griechischen Mythologie kommend. Ihre Vergangenheit wird in Römer 1 beschrieben: die gottlosen Heiden.
Was besonders ist: Sie ist jetzt Schwester Vöbe. Sie hat die rettende Kraft des Evangeliums in ihrem Leben erfahren. Gott hat sie zur Familie Gottes hinzugefügt, ganz konkret in der Ortsgemeinde in Kentrea. Kentrea ist ein Ort direkt neben Korinth. Von Korinth aus schreibt Paulus den Römerbrief, das heißt, Vöbe ist in der Nachbargemeinde, daher kennt er sie wahrscheinlich auch.
Im Text wird sie als Dienerin der Gemeinde bezeichnet. Im Griechischen steht hier das Wort Diakonos. Das hat zu einer kleinen Diskussion auch unter bibeltreuen Auslegern geführt: War Vöbe so etwas wie eine Diakonin? Hatte sie ein offizielles Amt in der Gemeinde?
In 1. Timotheus 2 sagt Paulus mit Verweis auf die Schöpfungsordnung, dass eine Frau in einer gemischten Versammlung in einer Gemeinde nicht leiten und nicht lehren soll. Das verstehen wir auch in unserer Gemeinde so – das ist unsere Position.
Der Dienst einer Diakonin würde jedoch noch nicht automatisch gegen 1. Timotheus 2 verstoßen. Es würde damit nicht unbedingt kollidieren. Dennoch können wir nicht ganz sicher sein, ob sie wirklich eine Diakonin im offiziellen Sinne war. Das griechische Wort Diakonos wird in der Bibel auch immer wieder für Leute verwendet, die einfach dienen.
Jemand, der dient, ist ein Diener. Und das war Vöbe auf jeden Fall. Sie sticht als Dienerin in der Gemeinde hier hervor.
Paulus verfolgt mit seiner Empfehlung für Schwester Phöbe ein doppeltes Anliegen. Er möchte, dass die römischen Christen diese Schwester aufnehmen und ihr Beistand gewähren.
Wir müssen wissen: Phöbe ist eine alleinstehende Frau. Ihr Mann wird hier nicht erwähnt. Sie wird von Korinth aus nach Rom reisen – wohlgemerkt mit dem Römerbrief im Gepäck. Den größten Brief der Bibel hat also eine Frau überbracht: Phöbe den Römerbrief.
Paulus setzt sich für diese Schwester im Glauben ein. Er will nicht, dass sie als Frau alleine in der Großstadt Rom unterwegs ist. Er schätzt sie so sehr, dass er mit seiner Empfehlung sicherstellen möchte, dass die römischen Christen sich um alle ihre Belange kümmern. Sie sollen sie herzlich aufnehmen, wie es unter Gläubigen üblich sein sollte, und ihr in allem beistehen. Das heißt geistlich, emotional, finanziell und organisatorisch – rundum all inclusive.
Dann nennt Paulus den Grund: Auch sie ist vielen ein Beistand gewesen, auch ihm selbst. Ihr Lieben, was für eine wunderbare Frau ist das! Viele Menschen haben durch den Dienst dieser alleinstehenden Frau sehr viel Segen erlebt.
Am Ende sagt der große Apostel Paulus – wohl der bedeutendste Christ in der Kirchengeschichte – dass sie auch ihm ein großer, großer Beistand war. Das ist Phöbe: eine alleinstehende Frau, die ihr Leben dem Herrn ganz zur Verfügung gestellt hat, für viele Menschen ein Segen geworden ist und den wohl wichtigsten Brief der Bibel überbracht hat.
An Phöbe sehen wir zum einen, wie kostbar und wichtig der Dienst einer Frau in der Gemeinde ist.
Aber wir sehen an Vöbe auch, dass Gott sich gerade durch das Leben einer alleinstehenden Frau auf beeindruckende Weise verherrlichen kann.
Ich musste an Gladys Allwood denken. Vielleicht kennen einige von euch sie. Gladys Allwood wurde 1902 in einer Arbeiterfamilie in England geboren und erhielt nur eine begrenzte Bildung. Im Teenageralter kam sie zum Glauben und spürte früh den Wunsch, als Missionarin nach China zu gehen.
Als junge Teenagerin hatte sie zweieinhalb Pennies in der Hand und betete folgendes Gebet: „Oh Gott, hier ist meine Bibel, hier ist mein Geld, hier bin ich, gebrauche mich.“ Sie bewarb sich bei einer Missionsgesellschaft, die sie jedoch aufgrund mangelnden Intellekts ablehnte.
Einige Jahre später öffnete sich für Gladys eine Tür in Nordchina, in den Bergen von Nordchina. Dort konnte sie einer anderen Missionarin helfen. Im Laufe ihres Dienstes in China lernte sie viele Waisenkinder kennen und nahm eines nach dem anderen bei sich auf.
Im Jahr 1940 hatte sie hundert Waisenkinder – allein hundert. Während des Japan-Krieges musste sie mit diesen hundert Kindern über die Berge fliehen. Dabei verlor sie beinahe ihr Leben, brachte aber alle hundert Waisenkinder sicher ans Ziel.
Jahre später gründete sie ein Waisenhaus und verbrachte ihr ganzes Leben im Dienst für den Herrn. Liebe Gemeinde, Gott kann sich durch das Leben einer alleinstehenden Frau gewaltig verherrlichen. Das sehen wir an Vöbe, das sehen wir an Gladys, und das sehen wir an vielen anderen Frauen auch in unserer Gemeinde.
Einige unserer alleinstehenden Schwestern bereiten sich gerade auf die Mission vor, und ich freue mich sehr darüber, dass es immer mehr werden. Viele andere arbeiten vorbildlich in verschiedenen Bereichen der Gemeinde mit.
Ich möchte euch heute sagen: Ihr Lieben, ihr seid in der Gemeinde nicht wegzudenken, ihr seid so wichtig! Wir brauchen euch, wir lieben euch, wir schätzen euch und wir würden euch immer weiterempfehlen.
Aber es ist oft sehr schwer, alleinstehend zu sein, und die Weihnachtszeit macht es nicht unbedingt leichter. Dieses Leiden erleben gerade viele Schwestern in unserer Gemeinde sehr real.
Deshalb gilt für uns als Gemeinde genau das, was Paulus der Gemeinde in Rom schreibt: Nehmt sie auf! Und kümmert euch in jeder Hinsicht um sie. Damit ist keine Sonderbehandlung gemeint – das wollen sie nicht –, sondern ein normales Dazugehören und Miteinbeziehen.
Ich möchte dir heute sagen: Wenn du mit Einsamkeit zu kämpfen hast, kannst du Gott deine Wünsche nennen. Du darfst für einen Mann beten. Du kannst Gott deine Wünsche anvertrauen.
Weißt du, ich weiß nicht, welchen Plan Gott für dein Leben hat, aber eins weiß ich: Gott möchte sich in deinem Leben gewaltig verherrlichen. Und er kann das, wenn du dich ihm ganz hingibst.
Ich möchte dich ermutigen: Schau nicht nur auf das, was du nicht hast, sondern gib dich dem Herrn ganz hin. Stell dich ihm zur Verfügung. Er kann dich auch wie eine Waffe gewaltig gebrauchen, um für viele ein ganz besonderer Segen zu sein.
Das möchte ich dir heute mitgeben, liebe Schwester.
Zu guter Letzt gibt es nicht nur eine Empfehlung, sondern auch sehr, sehr viele Grüße im Römerbrief Kapitel 16. Ich habe mir vorgenommen, keinen Vers auszulassen. Ich lese daher diese ganze Liste einmal durch, zunächst die Verse 3 bis 15.
Dort sagt Paulus: Grüßt Priska und Aquilla, meine Mitarbeiter in Christus Jesus, die für mein Leben ihren eigenen Hals riskiert haben. Nicht nur ich danke ihnen, sondern auch alle Gemeinden der Nationen und die Gemeinde in ihrem Haus. Grüßt Epenetus, meinen Geliebten, der der Erstling Asiens für Christus ist. Grüßt Maria, die viel gearbeitet hat. Grüßt Andronikus und Junias, meine Verwandten und Mitgefangenen, die unter den Aposteln ausgezeichnet sind und schon vor mir in Christus waren. Grüßt Ampliatus, meinen Geliebten im Herrn. Grüßt Urbanus, unseren Mitarbeiter in Christus, und Stachys, meinen Geliebten. Grüßt Apelles, den Bewährten in Christus. Grüßt die vom Haus des Aristobulus. Grüßt Herodion, meinen Verwandten. Grüßt die vom Haus des Narzissus, die im Herrn sind. Grüßt Tryphäne und Tryphosa, vermutlich Zwillingsschwestern, die im Herrn arbeiten. Grüßt Persis, die Geliebte, die viel gearbeitet hat. Grüßt Rufus, den Auserwählten im Herrn, und seine und meine Mutter. Grüßt Asynkrytus, Phlegon, Hermes, Patrobas, Hermas und die Brüder bei ihnen. Grüßt Philologus und Julia, Nereus und seine Schwester, Olympas und alle Heiligen bei ihnen.
Ich werde nicht auf jedes Detail eingehen, auch wenn hier viele spannende Details vorhanden sind. Es sind viele Grüße. Insgesamt grüßt Paulus 26 Personen namentlich. Doch insgesamt grüßt er noch mehr als 26 Personen, denn einige nennt er nicht namentlich, zum Beispiel die vom Haus des Aristobulus. Wir wissen nicht, wie viele das sind, aber namentlich werden 26 Personen genannt.
Um jetzt herauszufinden, wie viele Männer und wie viele Frauen Paulus grüßt, müssen wir uns eine spannende Frage stellen: Ob in Vers 7 neben Andronikus der männliche Junias oder die weibliche Junia erwähnt wird. Die Bibelübersetzungen sind sich da nicht ganz einig. In der Lutherübersetzung steht: „Grüßt den Andronikus und die Junia“ (weiblich). Schlachter übersetzt: „Grüßt Andronikus und Junias“. Auch in der Elberfelder Übersetzung – das ist meine Lieblingsübersetzung – steht „Junias“. Bei mir steht hier eine Fußnote, die unten erklärt: „Oder Junia“.
Das heißt, es ist nicht ganz klar, ob es eine Frau oder ein Mann war. Die Unsicherheit rührt daher, dass die griechische Form, die hier verwendet wird, je nach Akzentuierung – das ist so ein kleiner Strich im Griechischen – entweder eine männliche oder eine weibliche Form ist. Hundertprozentig können wir uns also nicht sicher sein.
Es gibt jedoch aus meiner Sicht ein paar Gründe, die für eine Frau sprechen. Zum Beispiel wird die männliche Form dieses Namens sonst außerbiblisch nie erwähnt in der griechischen Literatur, während der Name Junia sehr wohl bekannt ist. Das heißt, unser Pastor Viktor Kamniew hat alles richtig gemacht, als er seine Tochter Junia genannt hat und nicht seinen Sohn Junias.
Dementsprechend haben wir hier im Text sieben Frauennamen, wenn wir davon ausgehen, dass es eine Frau ist, und neunzehn Männernamen. Auffallend ist auch, dass die Mehrzahl der Namen griechisch oder lateinisch ist. Das lässt darauf schließen, dass der Großteil der Gemeinde in Rom eher Heidenchristen waren, nur wenige Judenchristen.
Der Stil ist sehr freundschaftlich. Hier werden Personen erwähnt, die Paulus sehr nahe stehen. Einige stehen ihm vielleicht nicht ganz so nahe, aber auch zu ihnen möchte er eine Verbundenheit ausdrücken. Nur einige sind seine Verwandten.
Dann folgt in Vers 16 eine Aufforderung zum gegenseitigen Gruß: „Grüßt einander mit dem heiligen Kuss.“ Jetzt wird es spannend, oder? Wollen wir das heute einführen? Wir machen es nicht.
Warum ist der Kuss heilig? Der Kuss ist heilig, weil Heilige sich küssen. Gläubige in der Bibel werden als Heilige bezeichnet. Paulus greift hier eine Begrüßungsform auf, die in der damaligen Welt gang und gäbe war. Das ist bis heute so: In einigen Kulturen grüßt man sich mit Küsschen rechts und Küsschen links.
Paulus nimmt also etwas auf, was in der Gesellschaft verbreitet war, und sagt: Ihr Christen sollt euch dadurch auszeichnen, dass die herzliche Verbundenheit, die ihr ja zueinander habt, auch durch eine herzliche Begrüßung zum Ausdruck kommt. Diese war damals ebenfalls üblich.
Ich denke, die heutige Entsprechung kann für uns eine herzliche, geschwisterliche Umarmung sein. Wichtig ist, dass unsere Verbundenheit auch nach außen hin sichtbar wird.
Dann folgen noch ein paar weitere Grüße im zweiten Teil von Vers 16. Anschließend ziehe ich einige Verse vor aus den Versen 21 bis 23. Dort sagt Paulus: Es grüßen euch alle Gemeinden Christi. Es grüßen euch Timotheus, mein Mitarbeiter, und Lucius, Jason und Sosipater, meine Verwandten.
Ich, Tertius, der den Brief geschrieben habe, grüße euch im Herrn. Es grüßt euch Gaius, mein und der ganzen Gemeinde Wirt. Es grüßen euch Erastus, der Schatzmeister, und der Bruder Quartus.
Das heißt, das sind Personen, die zur Zeit der Abfassung des Briefes auch in Korinth waren, im Umfeld von Paulus. Sie haben gesagt: Paulus, wenn du den Römerbrief schreibst, grüß die mal von uns. Und das macht Paulus hiermit.
Nebenbei wird erwähnt, dass der Finanzminister von Korinth, Erastus, auch gläubig ist. In einem Nebensatz erfahren wir, dass Paulus den Brief nicht selbst niedergeschrieben hat, sondern durch einen Schreiber, Tertius. Das ist so, als wenn der Kameramann auch mal kurz in die Kamera winkt.
Hier sehen wir viele, viele Grüße. Zu guter Letzt finden sich im Römerbrief ganz viele Grüße.
Und vielleicht fragst du dich jetzt: Du sitzt hier und denkst, ja, das ist vielleicht ganz spannend, aber was will uns dieser Text eigentlich sagen?
Ich möchte vier Beobachtungen mit euch teilen, die ich auf der Basis dieses Textes gemacht habe.
Zunächst einmal stellen wir fest, ...
Das Evangelium rettet Einzelpersonen, es rettet individuell. Die Liste dieser Namen ist eine Liste von erretteten Menschen. Darauf setzt Paulus hier immer wieder den Schwerpunkt.
Schauen wir uns zwei Beispiele an: In Vers 5 grüßt Paulus Epanethos, seinen Geliebten, der der Erstling Asiens für Christus ist. Er sagt, dass Epanethos als erster in ganz Asien zum Glauben gekommen ist. In Vers 7 grüßt er Andronikus und Junia, seine Verwandten und Mitgefangenen, die unter den Aposteln ausgezeichnet sind und schon vor ihm in Christus waren. Paulus denkt an ihre Errettung, da sie schon vor ihm zum Glauben gekommen sind.
Römer 16 ist eine Liste von erretteten Menschen. Ich finde es faszinierend, dies im Aufbau des Römerbriefs zu betrachten. Im ersten Kapitel stellt Paulus eine These auf, eine Behauptung. In Römer 1,16 sagt er: „Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht, ist es doch Gottes Kraft zum Heil für jeden Glaubenden, sowohl den Juden zuerst als auch den Griechen.“
Ganz am Anfang des Briefes stellt er diese Behauptung auf. Diese untermauert er in den folgenden Kapiteln. Am Ende liefert er den Beweis: „Hier habt ihr die Liste, das sind Menschen, zu denen könnt ihr gehen, ihr könnt sie fragen. Die Kraft des Evangeliums ist in ihrem Leben wirksam geworden.“ Die Kraft aus Kapitel 1 wird wirksam in Menschen aus Kapitel 16. Das Evangelium hat eine rettende Kraft.
Ich habe euch ein Bild von einem Tornado mitgebracht. Ein Tornado hat so viel Kraft, dass er Lkws durch die Luft wirbeln kann. Das haben wir in Texas erlebt, während unseres Studiums. Aber das Evangelium hat eine rettende Kraft. Der Tornado besitzt eine zerstörerische Kraft. Wenn er durch eine Stadt fegt, hinterlässt er eine Schneise der Verwüstung.
Doch eins können wir hier am Text sehen: Wenn das Evangelium durch eine Stadt fegt, hinterlässt es eine Schneise von veränderten Menschen. Ihr Leben wird verändert. Wir sehen hier in Römer 16 die Schneise, die das Evangelium in Rom hinterlassen hat. Menschen sind nicht mehr dieselben. Menschenleben wurden verändert, Sünden wurden vergeben.
Vielleicht sitzt du heute hier und hast die rettende Kraft des Evangeliums noch nie in deinem Leben erfahren. Ich möchte dich einladen, diesem Evangelium heute Glauben zu schenken. Das Evangelium ist eine Botschaft. Sie beginnt mit der schlechten Nachricht, dass du ein Sünder bist und Gott nicht gefallen kannst. Egal, was du tust, du kannst dich nicht durch gute Werke erretten.
Aber das Evangelium sagt uns auch, dass Gott seinen Sohn Jesus Christus in die Welt gesandt hat – das feiern wir ja an Weihnachten –, um Sünder zu retten. Jesus ist nicht für die Gesunden gekommen, er ist für die Sünder gekommen, und er kann dich retten.
Mein Anliegen ist, dass du nicht aus diesem Gottesdienst gehst – oder wenn du die Predigt im Livestream verfolgst, dass du nicht den Livestream ausschaltest –, ohne die rettende Kraft des Evangeliums in deinem Leben erfahren zu haben. Jesus starb für dich und bietet dir heute Versöhnung an.
Wenn du das annimmst, wenn du kapitulierst und sagst: „Ja, ich bin ein Sünder, ich brauche Vergebung“, dann möchte dich Jesus retten. Dann erlebst du diese rettende Kraft des Evangeliums, die hier so viele Menschen in Römer 16 auch erlebt haben.
Zu guter Letzt finden wir diese Grußliste im Römerbrief, und sie lehrt uns noch etwas Wichtiges: Das Evangelium schafft Beziehungen. Wer grüßt, hat eine Beziehung. Das Verb „grüßen“ kommt in diesem Abschnitt so häufig vor wie sonst in keinem anderen Abschnitt der Bibel.
Paulus hat so viele Beziehungen – das fasziniert mich. Er war ja noch nie in Rom, kennt aber schon viele Leute dort namentlich. Es ist so schön, übergemeindliche Beziehungen zu haben. So viele Namen, wie sie hier in der Bibel erwähnt werden, finden wir sonst nur in Geschlechtsregistern im Alten Testament.
Doch wisst ihr was? Die Geschlechtsregister im Alten Testament handeln von biologischen Verwandtschaftsbeziehungen. Da wird beschrieben, wer wen gezeugt hat: Y zeugte X, beziehungsweise X zeugte Y, und Y zeugte daraufhin Z. Es sind familiäre Beziehungen, es besteht eine Blutsverwandtschaft.
Bei den Geschlechtsregistern geht es also um Verwandtschaftsbeziehungen. Aber, ihr Lieben, Römer 16 ist kein Geschlechtsregister. Römer 16 ist ein Errettungsregister – ein Errettungsregister, und das ist Gottes Gedanke. Es entstehen neue Beziehungen im Herrn.
Ich freue mich so sehr auf Heiligabend, in diesem Jahr irgendwie noch einmal ganz besonders. Ich freue mich nicht nur auf die Gottesdienste, auch darauf. Aber nach dem Gottesdienst haben wir als Familie circa 15 Personen zu uns eingeladen. Mit den meisten von ihnen verbindet uns keine biologische Verwandtschaft.
Wir werden zusammensitzen, und zwar aus mehreren Kontinenten – mindestens drei. Darunter sind Alleinstehende und Ehepaare, die zu uns eingeladen sind. Es sind Personen, die schon lange im Glauben sind, und eine Person hat sich erst vor vier Wochen bekehrt. Sie wird auch kommen.
Ich freue mich auf den Gedanken, dass wir zusammen feiern werden – unseren Retter Jesus Christus, der für uns in diese Welt kam, um uns von unseren Sünden zu retten. Und jetzt haben wir eine Beziehung zueinander.
Ihr Lieben, das Evangelium schafft Beziehungen. Das ist Gottes Gedanke mit der Gemeinde.
Eine dritte Beobachtung aus der Grußliste: Das Evangelium spornt zum Dienst an. Paulus erwähnt so viele Namen. Doch woran denkt Paulus, wenn er an diese Namen denkt?
Schaut mal: Priska und Aquilla, die für sein Leben ihren eigenen Hals riskiert haben. Dann kommt ihm Maria in den Sinn, und er sagt, Maria hat viel für euch gearbeitet. Andronikus und Junias saßen im Gefängnis für den Glauben; sie sind ausgezeichnet unter den Aposteln. Urbanus ist ein Mitarbeiter in Christus.
Dann denkt er an die Schwestern Tryphaena und Tryphosa und sagt, sie haben im Herrn gearbeitet. Und schließlich denkt er an den geliebten Perses und sagt, sie hat viel im Herrn gearbeitet.
Ihr Lieben, das sind alles Personen, die sich dem Herrn völlig zur Verfügung gestellt haben. In Römer 12,1 sagt Paulus: „Ich ermahne euch aber, angesichts der Erbarmung Gottes, eure Leiber als ein lebendiges Opfer hinzugeben“ – völlige Hingabe angesichts des Evangeliums.
In Kapitel 15 sehen wir, wie sich diese Hingabe bei Paulus zeigt: Er ist ständig unterwegs mit dem Evangelium. In Kapitel 16 erfahren wir, wie sich das auch bei anderen Menschen zeigt. Sie brennen für den Herrn und haben ihr Leben dem Reich Gottes völlig verschrieben.
Ihre Motivation zum Dienst ist jedoch nicht, ihr Heil zu sichern. Ihre Motivation kommt einzig und allein aus dem Evangelium.
Meine Frage wäre: Wenn Paulus uns heute einen Brief schreiben würde, was stünde dann hinter deinem Namen? Was würde er mit dir verbinden? Setzt du dich auch im Reich Gottes ein?
Ich habe eine letzte Beobachtung anhand dieser Grußliste: Das Evangelium schafft Vorbilder, die lobenswert sind. Paulus lobt hier fast überschwänglich viele Personen namentlich.
Schaut mal in Römer 12,10, da hat Paulus Folgendes gesagt: „In der Ehrerbietung komme einer dem anderen zuvor.“ Das sollte das Miteinander in der Gemeinde sein. Und wir sehen es hier jetzt am Ende des Römerbriefs, wie Paulus genau das lebt. Er ehrt die Mitarbeiter.
Ihr Lieben, wenn Paulus einen Brief an die evangelische Freikirche Köln geschrieben hätte, würde er vermutlich so lauten:
Liebe Heiligen aus Köln, ich grüße Irina Schneider, die sich unermüdlich dafür verwendet, das Gemeindehaus singend sauber zu machen. Ich grüße Alexandra Alberg, die viel arbeitet im Sekretariat mit ihren Helferinnen und dafür sorgt, dass die Pastoren keinen Burnout bekommen. Ich grüße die geliebte Schwester Maria Derksen, die seit Jahrzehnten als Witwe unablässig für die Gemeinde betet. Ich grüße Peter Enz, der die Kranken regelmäßig besucht. Ich grüße Jürgen Gessner, der die Tafelausgabe seit vielen Jahren jeden Mittwoch leitet. Ich grüße Julia Schneider, Nadine Bartel und Annette Martens, die mit ihren Teams unermüdlich in der Küche und in der Cafeteria arbeiten, damit der Gottesdienst im Untergeschoss fortgesetzt werden kann. Ich grüße Michael Löschke, der die Missionare und Missionskandidaten wunderbar begleitet. Ich grüße Alexander und Andreas Loschitz, die durch ihr Vorbild den Diakondienst prägen usw. usw.
Wisst ihr, ich könnte hier noch sehr, sehr viele Namen nennen, wenn ich in die Reihen gucke. Und ich habe fast ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht alle nenne. Aber ihr sollt wissen, von uns als Pastoren: Wir schätzen euren Dienst so sehr, egal ob er auf der Bühne geschieht oder im Hintergrund, da, wo ihn sonst keiner sieht. Wir schätzen ihn so sehr. Ihr Lieben, das möchten wir als Pastoren euch Mitarbeitern am Ende dieses Jahres sagen: Wir sind so dankbar. Wir wissen, ihr tut diesen Dienst nicht für uns, sondern für den Herrn.
Aber wenn ich auf dieses Jahr zurückschaue, dieses Jahr war wieder extrem voll, oder? In diesem Jahr ist bei uns in der Gemeinde so viel gelaufen. Wir hätten es nicht machen können, wenn ihr nicht dabei wart. Deswegen würde ich sagen: Jetzt noch mal einen Applaus für alle, auch die nicht namentlich genannten Mitarbeiter.
Ihr Lieben, lasst uns das nicht nur heute tun. Lasst uns in der Gemeinde eine Atmosphäre der Wertschätzung leben, damit wir immer wieder Mitarbeiter ermutigen für ihren Dienst.
In Römer 16 gibt es leider auch Personen, die Paulus nicht lobt, die er nicht loben kann und vor denen er sogar warnen muss. Zu guter Letzt – das ist der dritte Punkt – folgt eine Warnung. Ich lese die Verse 17 und 18 zuerst vor:
„Ich ermahne euch aber, Brüder, dass ihr achthabt auf die, welche entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, Parteiungen und Ärgernisse anrichten, und wendet euch von ihnen ab. Denn solche dienen nicht unserem Herrn Christus, sondern ihrem eigenen Bauch, und durch süße und schöne Reden verführen sie die Herzen der Arglosen.“
Paulus warnt hier vor Irrlehrern. Vor ihnen muss man immer auf der Hut sein. Man muss jederzeit, auch wir heute, mit Irrlehrern rechnen.
Was kennzeichnet diese Irrlehrer? Paulus sagt, sie lehren etwas, das entgegen der Lehre ist, die ihr gelernt habt. Die Christen in Rom haben das gesunde Wort Gottes bekommen. Sie haben das ganze unverfälschte Evangelium erhalten, ja nicht zuletzt auch noch einmal mit dem Römerbrief. Paulus sagt, die Irrlehrer lehren etwas anderes, etwas, das der Bibel widerspricht – das ist eine Irrlehre.
Dann sagt er, dadurch richten sie Parteien an. Das ist klar: Das Evangelium eint eine Gemeinde. Gemeindespaltung entsteht nur dort, wo man sich auf Nebenschauplätze begibt. Wo wir das Evangelium im Fokus behalten, schafft Christus Einheit in der Gemeinde. Aber dort, wo Lehrer etwas anderes verkündigen und einzelne Gemeindemitglieder etwas anderes glauben, entsteht Spaltung.
Er sagt weiter, sie dienen nicht Christus, sondern ihrem eigenen Bauch. Das heißt mit anderen Worten: Sie versuchen nicht, Gott zu gefallen, sondern suchen ihren eigenen irdischen Vorteil. Das ist das Kennzeichen eines Irrlehrers. Dabei machen sie schöne Worte.
Das ist das Problem: Irrlehrer können häufig sehr, sehr gut reden. Man kann ihnen sehr gut zuhören. Denkt zum Beispiel an Joseph Prince oder Joel Osteen. Man findet sie überall bei YouTube. Sie sind begabte Redner, verkünden aber ein falsches Evangelium.
Ich warne an dieser Stelle öffentlich namentlich vor ihnen. Das macht Paulus auch an anderer Stelle. Paulus ist radikal. Eckhart Schnabel sagt über Paulus, dass er in seinen Briefen falsche Lehre nicht mit akademischer Distanz behandelt, sondern mit einer scharfen Klarheit, die keinen Zweifel lässt. Er lehnt nicht nur die von problematischen Lehrern vertretenen Positionen ab, sondern will diese Personen selbst von den Gemeinden fernhalten.
Die Römer sind darin vorbildlich. Vers 19 sagt: „Denn die Kunde von eurem Glauben ist zu allen gekommen. Daher freue ich mich euretwegen. Ich will aber, dass ihr weise seid zum Guten, doch einfältig zum Bösen.“
Die römischen Christen waren nicht so naiv, dass sie den Irrlehrern auf den Leim gegangen sind. Paulus sagt aber, das muss auch so bleiben. Das ist die Aufgabe jeder Gemeinde zu jeder Zeit.
Ich könnte jetzt viele Irrlehren aufzählen, das ist aber nicht meine Absicht. Entscheidend ist, das richtige Wort Gottes zu kennen. Dann erkennt man schnell eine Irrlehre.
Auf drei Formen eines verfälschten Evangeliums möchte ich ganz kurz eingehen:
Zum einen gibt es das menschzentrierte Evangelium, das heute in vielen Gemeinden gepredigt wird. Es lautet ungefähr so: „Du bist so wertvoll.“ Das stimmt, jeder Mensch ist wertvoll, auf jeden Fall. Damit will ich nicht missverstanden werden.
Aber das Evangelium lautet: „Du bist so wertvoll, und das hat Gott gesehen. Gott hat irgendwann deinen Wert erkannt. Du bist sogar so wertvoll, dass Gott kommen musste auf diese Welt.“
Was ist das für ein Evangelium? Es ist ein Evangelium, in dem sich der Mensch wichtig fühlt und Gott klein ist.
Liebe Gemeinde, du bist wertvoll, ihr seid wertvoll. Aber der Beweggrund für die Errettung liegt nicht im Wert des Menschen. Wir Menschen sind elende Sünder gewesen, das ist, was die Bibel sagt. Gott hat dich nicht errettet, weil du der bist, der du bist. Gott hat dich gerettet, weil er ist, wer er ist. Deswegen hat er dich gerettet, deswegen hat er sich entschieden – und dann gehört alle Ehre Gott.
Dann gibt es das verkürzte Evangelium. Dieses Evangelium lautet: „Jesus liebt dich, komm zu ihm.“ Das ist alles richtig. Er liebt dich, und die Einladung, zu ihm zu kommen, steht. Aber es ist nicht alles gesagt. Die Sünde wird ausgeklammert.
In Gemeinden, in denen das verkürzte Evangelium verkündigt wird, kannst du dich wohlfühlen in deinen Sünden. Du hast Jesus dabei, und dein altes Leben – der schmale Weg – wird breit gemacht. Flieht aus solchen Gemeinden!
Das Evangelium verliert jede Kraft, wenn wir es verkürzen.
Dann gibt es auf der anderen Seite das ergänzte Evangelium: „Du brauchst Christus plus …“ Ja, Errettung ist aus Glauben allein. Aber dann musst du ganz genau darauf achten, dass du heilig lebst, was grundsätzlich auch stimmt.
Aber nur wenn du die Gebote auch wirklich einhältst, wirst du am Ende im Himmel ankommen. Das hört sich fromm an, aber wisst ihr, was der Knackpunkt ist? Dann ist das Heil, mein Heil, doch wieder von meiner Leistung abhängig und nicht von Gottes Zusage. Es ist ein „Christus plus deine Leistung“-Evangelium.
Liebe Gemeinde, ich möchte uns ermutigen, auf der Hut zu sein. Je besser wir das Wort Gottes kennen, desto eher werden wir Irrlehren entlarven.
Wir werden hier bei uns auch im nächsten Jahr das reine, unverfälschte Evangelium predigen. Dazu haben wir uns verpflichtet.
Ich möchte dich ermutigen: Wenn du bei YouTube unterwegs bist, wenn du dir Predigten anhörst und dir etwas komisch vorkommt, frag lieber reife Christen, wie das Ganze einzuordnen ist. Es gibt leider auch so viel Müll.
Paulus sagt: Habt auf sie acht und weist sie von euch.
Nachdem Paulus eine Warnung ausgesprochen hat, folgt zum Schluss ein großer Zuspruch in Vers 20: „Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter euren Füßen zertreten. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch.“
Hier begegnet uns erneut das göttliche „Aber“, ähnlich wie im Schluss des Thessalonicherbriefs. Wenn ihr an die Predigt von Daniel Siemens denkt, erinnert ihr euch vielleicht an die Worte „Der Gott des Friedens aber“. Die Christen in Rom sind angefochten, du bist angefochten. Wir müssen darauf achten, dass wir nicht durch Irrlehrer auf den falschen Weg geführt werden. Das Leben als Christ ist oft ein Kampf.
Doch der Gott des Friedens wird in Kürze den Satan unter euren Füßen zertreten. Wisst ihr, eigentlich ist der Sieg schon errungen. Mein Lieblingswort in der Bibel ist das griechische Wort „Tetelestai“. Auf Deutsch bedeutet es: „Es ist vollbracht.“ Im Griechischen ist es nur ein Wort.
Als Jesus am Kreuz hing und dieses Wort ausrief, hat er in diesem Moment den Sieg errungen. Er ist der Nachkomme der Frau, der der Schlange den Kopf zertreten hat. Wir kämpfen als Gläubige nicht mehr um den Sieg, sondern vom Sieg her.
Doch wir leben noch in dieser Zwischenzeit. Der Sieg ist schon unser, wenn wir in Christus sind. Aber Gott lässt dem Satan noch einen gewissen Spielraum, bis er ihn am Ende der Zeit endgültig vernichten wird.
Ganz ehrlich: Das Christsein ist manchmal hart in dieser Zwischenzeit, weil Satan umhergeht wie ein brüllender Löwe und aktiv sucht, wen er verschlingen kann. Das erklärt die Kämpfe, die du als Christ immer noch hast.
Wir leben in dieser Zwischenzeit, und Paulus weiß, dass wir in dieser Zeit viel, viel Gnade brauchen. Diese Gnade spricht er den Gläubigen zu, indem er sagt: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch.“
Wenn Paulus das Wort „Gnade“ am Ende des Römerbriefs erwähnt, dann wissen wir, was Gnade bedeutet. Er hat uns den ganzen Römerbrief hindurch die Gnade erklärt. Und jetzt sagt er am Ende: „Diese Gnade sei mit euch, lieber Bruder, liebe Schwester, diese Gnade sei mit dir.“
Diese Gnade brauchen wir jeden Tag, bis zu dem Tag, an dem Satan endgültig besiegt ist.
Im Louvre-Palast in Paris hängt ein sehr bekanntes Gemälde. Dieses Gemälde heißt Schachmatt. Es zeigt auf der linken Seite in Rot den Teufel. Es soll ihn darstellen, wie er gegen einen jungen Mann Schach spielt.
Wenn man den Teufel genau anschaut, wirkt er auf dem Bild siegessicher. Der junge Mann hingegen wirkt verzweifelt.
Gemäß einer Erzählung kam eines Tages eine Gruppe Prominenter zu einer Tour in den Louvre-Palast. Unter dieser Gruppe war auch ein Schachweltmeister. Sie bekamen eine Führung. Als die Gruppe vor diesem Gemälde steht, erklärt der Tourguide: „Das hier ist das Bild von einem jungen Mann, der das Spiel gegen den Teufel verloren hat. Das Gemälde heißt übrigens Schachmatt.“ Danach nimmt er die Gruppe mit zu den anderen Bildern.
Der Schachweltmeister bleibt jedoch vor diesem Gemälde stehen. Er schaut es sich sehr genau an und folgt der Gruppe nicht mehr. Der Tourguide kommt zurück, weil er den Schachweltmeister alleine vor dem Bild stehen sieht, und fragt ihn, was los sei.
Daraufhin sagt der Schachweltmeister: „Wissen Sie was, ich habe mir dieses Bild jetzt mehrere Minuten ganz genau angeschaut, und etwas stört mich daran. Ich bin Schachweltmeister, und mir fallen deswegen Dinge auf, die anderen Menschen nicht so einfach auffallen. Es gibt mit diesem Bild ein Problem. Das Bild trägt nämlich, wie Sie ja gerade gesagt haben, den Titel Schachmatt. Und genau das ist das Problem. Schachmatt bedeutet, der Teufel hat gewonnen. Aber ich habe dieses Bild genau studiert und bin zu dem Ergebnis gekommen: Der König hat noch einen Zug. Und dieser Zug ändert alles.“
Lieber Bruder, liebe Schwester, manchmal fühlst du dich doch schon schachmatt. Wir leben in einer Welt, in der Satan noch umhergeht wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann. Manchmal, wenn wir ganz ehrlich sind, erleben wir als Christen auch in unserem persönlichen Leben mehr Niederlagen als Siege.
Vielleicht geht es dir heute Morgen so, und du denkst: Was ist eigentlich los? Warum ist Christsein so kompliziert? Ich fühle mich wie in die Ecke gedrängt. Dann hörst du von anderen Christen, dass es ihnen genauso geht. Alle sind so halb noch mit dem Kopf über Wasser. Einige sind vom Glauben weggegangen, einige sind der Dekonstruktion gefolgt und glauben nicht mehr, wie wir es in der Gemeinde gelernt haben.
Ich fühle mich manchmal so, als hätte Satan gewonnen. Lieber Bruder, liebe Schwester, lass dir heute sagen: Der König hat noch einen Zug. Und genau dieser Zug ändert alles. Noch einen Zug.
Dieser Zug wird in Römer 16,20 beschrieben: „Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter euren Füßen zertreten.“ Gib nicht auf, du bist auf der Siegerseite. Der letzte Zug muss einfach noch gespielt werden.
Zu guter Letzt finden wir im Römerbrief einen würdigen Schluss. Es ist ein Lobpreis, und diese Verse möchte ich hier zum Abschluss mit uns lesen. Paulus schließt den Römerbrief mit den Worten:
„Dem aber, der euch zu stärken vermag nach meinem Evangelium und nach der Predigt von Jesus Christus, nach der Offenbarung des Geheimnisses, das ewige Zeiten hindurch verschwiegen war, jetzt aber offenbart und durch prophetische Schriften nach Befehl des ewigen Gottes zum Glaubensgehorsam an alle Nationen bekannt gemacht worden ist, dem allein weisen Gott durch Jesus Christus, ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“
Schaut mal: Jetzt richtet Paulus den Blick noch einmal nach oben. Er hat zuvor vieles Zwischenmenschliches in der Gemeinde geklärt und Grüße weitergegeben. Doch nun ist er am Ende dieses großen Briefes angekommen, und sein Blick geht nach oben. Er schaut auf den Gott, der die Macht hat, die Gläubigen zu erhalten.
Ganz ehrlich: Der Lobpreis ist zwischendurch schon immer wieder durchgedrungen – in Kapitel 5, Kapitel 8, Kapitel 9, Kapitel 11. Und jetzt kommt alles aus Paulus heraus. Gott ist der, der die Macht hat, die Christen im Glauben zu erhalten. Genau das tut Gott ja durch das Evangelium. Er hat die Macht, dich im Glauben zu erhalten – durch das Evangelium.
Das Evangelium ist nicht nur Gottes Kraft zur Rettung, sondern auch Gottes Kraft zur Erhaltung deines Glaubens. Paulus beschreibt hier das Evangelium mit vielen verschachtelten Sätzen – typisch Paulus. Er sagt, das Evangelium sei einmal die Predigt von Jesus Christus. Dann nennt er es die Offenbarung eines Geheimnisses.
Dieses Geheimnis war lange Zeit verborgen: nämlich dass Gott schon immer Heiden und Juden retten wollte und aus ihnen ein Volk machen wollte. Gott hat den Zeitpunkt bestimmt, zu dem Paulus dieses Geheimnis des Evangeliums offenbaren sollte.
Bei der Offenbarung dieses Geheimnisses bezieht sich Paulus die ganze Zeit auf die prophetischen Schriften. Im Römerbrief wird das sehr deutlich: Das Evangelium kommt aus dem Alten Testament. Paulus möchte klar machen, dass Gott der Initiator seiner eigenen Heilsgeschichte ist. Ihm gebührt alle Ehre, und die Nationen sollen ihm gehorchen und für ihn leben.
Nachdem Paulus das Evangelium so ausführlich erklärt hat, möchte ich abschließend den Römerbrief noch einmal kurz zusammenfassen.
Der Römerbrief beginnt in Kapitel 1 mit der schlechten Nachricht – der Verlorenheit der Heiden. Sie haben nicht Gott angebetet, sondern das Geschaffene.
In Kapitel 2 zeigt Paulus, dass auch die frommen Juden verloren sind, weil sie das Gesetz nicht halten können, obwohl sie so fromm erscheinen.
In Kapitel 3 kommt Paulus im ersten Teil zu folgendem Fazit: Kein Mensch schafft es, den Maßstab Gottes zu erreichen. Alle sind Sünder. Das ist der erste Teil von Kapitel 3. Dann folgt eine wunderbare Wende. Paulus sagt, dass das, was wir nicht tun konnten, Gott getan hat. Er sandte seinen Sohn in diese Welt. Jesus hat den Maßstab Gottes vollständig erfüllt und alle Gesetze gehalten. Danach geht er ans Kreuz und stirbt stellvertretend für unsere Schuld.
Wenn wir darauf vertrauen, sagt Römer 3, wird uns die Gerechtigkeit Gottes, die Gerechtigkeit Jesu Christi, durch den Glauben angerechnet.
In Kapitel 4 liefert Paulus das Beispiel von Abraham als Illustration für diese wunderbare Wahrheit: Gott rettet den Sünder durch Glauben. Einfach durch Glauben – ein Geschenk, das angenommen werden muss.
In Kapitel 5 sehen wir die Folgen dieser Rechtfertigung: Wir haben Frieden mit Gott. Am Ende von Kapitel 5 sagt Paulus: Durch Adam ist die Sünde in die Welt gekommen, durch Christus ist die Gnade in die Welt gekommen. Und da, wo die Sünde groß war, ist die Gnade übergroß geworden.
In Kapitel 6 zeigt Paulus, dass wir eine neue Identität haben. Er sagt: Wenn du wissen willst, wer du bist, schau nicht in den Spiegel, sondern in die Bibel. Du bist gestorben für dein altes Leben. Die Sünde kann dich nicht mehr versklaven. Du bist gestorben für dein altes Leben und auferstanden mit Christus zu einem neuen Leben. Du hast eine neue Identität in Christus.
In Kapitel 7 werden wir von der Alltagsrealität eingeholt. Wir stellen fest: Wir leben noch im Fleisch. Es gibt noch dieses Gesetz der Sünder. Paulus sagt: Das Gute, das ich tun will, tue ich nicht. Stattdessen tue ich das Böse, das ich eigentlich nicht tun will. Das ist doch unsere Erfahrung als Christen, oder? Wir versagen immer wieder.
Deshalb stellt sich am Ende von Kapitel 7 die Frage: Wer wird uns retten? Die Antwort kommt in Kapitel 8: Christus rettet uns. Das Leben im Geist ist die Lösung. Wer im Geist lebt, wird die Werke des Fleisches nicht vollziehen. Dieser Geist setzt sich für uns ein und vertritt uns im Gebet. Er macht uns deutlich: Nichts und niemand kann uns von der Liebe Gottes trennen, die in Christus Jesus, unserem Herrn, ist.
In den Kapiteln 9 bis 11 verteidigt Paulus das Evangelium anhand von Israel. Israel ist der Elchtest für die Wahrheit des Evangeliums. Paulus macht deutlich, dass Gott einen Plan hat, auch wenn es zurzeit nicht so aussieht, weil viele Juden nicht glauben. Dieser Plan wird trotz aller Tragödie durchgeführt.
In den Kapiteln 12 bis 16 kommt Paulus zum praktischen Teil des Römerbriefs. Er zeigt uns, wie wir als Christen leben sollen.
Am Ende des Briefes bricht Paulus in einen Lobpreis aus. Das Besondere daran ist, dass Paulus dreizehn Briefe geschrieben hat, und keiner der anderen zwölf Briefe endet mit einem Lobpreis. Ich habe das gestern extra noch einmal nachgeprüft, um sicherzugehen.
Paulus orientiert sich an der damaligen Briefform und endet seine Briefe in der Regel mit einem Segenswort. Er nimmt die Form eines Briefes in der römischen Welt und füllt sie mit geistlichem Inhalt. Deshalb schließen alle anderen Paulusbriefe mit einem Segen.
Hier jedoch schließt Paulus nicht irgendeinen Brief ab, sondern den Römerbrief. Und ich habe den Eindruck, dass ihm an dieser Stelle jede Form egal ist. Er bricht einfach in einen Lobpreis aus für dieses wunderbare Evangelium. Er sagt dem allein wahren Gott, durch Jesus Christus, ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit. Soli Deo Gloria – Gott allein die Ehre. Amen.
Ich würde vorschlagen, auf diese Predigt mit einem Lobpreis zu antworten, indem wir unseren Herrn und Retter besingen und anbeten. Lasst uns dazu aufstehen!