
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von machbar, dem Podcast für Alltagsmissionare. Ich bin Jochen. Wer uns schon öfter gehört hat, weiß, dass ihr nun eine Bibelarbeit zu einem Thema erwarten könnt, das im Hauptformat zumindest angeschnitten wurde.
In den Bibelarbeiten untersuche ich üblicherweise, wie unser Herr Jesus Christus Mission unter Menschen gemacht hat, wie er die Menschen auf das Evangelium angesprochen hat und wie er sich dabei vorgestellt hat. Heute wird es ein wenig anders sein.
Unser letztes Hauptformat hatte das Thema „Gemeinde mit Mission“. Philipp Bartholomä war zu Gast. Deshalb möchte ich heute die Missionsbefehle etwas genauer unter die Lupe nehmen. Dabei geht es nicht darum, wie Jesus mit Menschen gesprochen hat, die gläubig werden sollen, also Menschen, die noch nicht gläubig sind.
Vielmehr geht es darum, was Jesus den Gläubigen befohlen hat. Es geht also um das, was er der Gemeinde und jedem einzelnen Christen in Bezug auf Mission und Evangelisation gesagt hat.
Wenn ihr an Gemeinde und Mission denkt, insbesondere an den Missionsbefehl, kommt euch sicher sofort Matthäus 28 in den Sinn. Dort heißt es: „Geht hin zu allen Völkern und macht sie zu Jüngern.“ Vielleicht denkt ihr dann sofort: „Ah, Mission unserer Gemeinde! Ja, wir haben doch Missionare in Südostasien, in Südamerika, einen Missionar im Sudan oder in Sibirien.“ Ja, das haben wir getan. Wir sind zu allen Völkern gegangen, jedenfalls im Rahmen der Möglichkeiten und Mittel, die uns zur Verfügung stehen.
Ich habe nichts gegen die Aussendung von Missionaren durch Gemeinden. Aber ich glaube, das ist – vielleicht überraschend für dich – nicht die hauptsächliche Anwendung des Missionsbefehls. Wie komme ich zu dieser Aussage?
Meine erste Beobachtung, die ich mit euch teilen möchte, ist unter Theologen relativ bekannt, aber vielleicht unter Laien nicht so häufig diskutiert oder beachtet. Im Neuen Testament gibt es in keinem Brief einen direkten Befehl, Missionare auszusenden und sie zu allen Völkern zu senden. Auch wird kein einzelner Christ ausdrücklich aufgefordert: „Wenn du Christ geworden bist, dann geh in ein fernes Land, um den Missionsbefehl zu erfüllen.“
Interessanterweise finden wir eine solche Aufforderung nicht. Natürlich ist es immer schwierig, aus dem Schweigen der Schrift besondere Lehren abzuleiten. Dennoch gibt es viele Bibelverse mit Aufforderungen, die uns selbstverständlich erscheinen. Zum Beispiel sollen wir beten oder einander lieben. Das scheint fast selbstverständlich.
Nicht selbstverständlich ist jedoch der Befehl, dass wir Missionare aussenden oder in ferne Länder reisen sollen, um den Missionsbefehl zu erfüllen. Könnte es sein, dass im eigentlichen Sinne etwas anderes gemeint ist?
Gut, jetzt mögt ihr sagen: Es gibt dort ein Beispiel. Ich würde sagen, es gibt nur ein Beispiel, aber immerhin, das gibt es.
In Apostelgeschichte 13 sendet die Gemeinde in Antiochia zwei Missionare aus. Das ist der Beginn der Missionsreisetätigkeit, wie wir sie so nennen – der drei von uns sogenannten Missionsreisen des Paulus. Obwohl er schon vorher missionarisch unterwegs war, ist dies hier sicherlich ein besonderer Auftakt.
Wir lesen in Apostelgeschichte 13,2: „Während sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondere mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werk aus, zu dem ich sie berufen habe.“
Also scheint es so, dass die Gemeinde hier nicht, wie es manchmal dargestellt wird, zu einem Gottesdienst versammelt war, um die Frage zu klären, wen sie wohin aussenden sollen. Vielmehr war es ein ganz normaler Gottesdienst. Sie dienten Gott, sie waren versammelt, und in diese Versammlung hinein spricht der Heilige Geist und sagt: „Sondere mir Barnabas und Paulus aus.“
Das tun sie dann unter Gebet und Fasten. Sie waren aber nicht versammelt, um zum Beispiel, wie wir erwarten könnten, dem Befehl zu entsprechen, Missionare auszusenden. Stattdessen muss der Heilige Geist ihnen das ausdrücklich sagen. Dann sind sie natürlich gehorsam. Ich wünschte, jeder Missionar könnte sagen, dass er eine Gemeinde hinter sich hat, die ihn ausgesendet hat. Aber das ist das einzige Beispiel.
Vielleicht sagst du jetzt noch: Apostelgeschichte 8, da ist doch die Rede davon, dass Petrus und Johannes nach Samaria gehen sollen. Das war doch die Gemeinde in Jerusalem, die ihnen das auftrug. Aber das ist wohl kaum eine Mission in fernen Ländern. Petrus und Johannes sind sehr bald wieder zurück in Jerusalem. Zumindest von Petrus wissen wir das genau aus dem weiteren Fortgang der Apostelgeschichte.
Ja, also, wie hat sich denn die Gemeinde ausgebreitet, wenn es keine Sendung der Missionare gab oder nur eben die von Paulus? Die Gemeinde war doch schon überall in der Welt verbreitet, als Paulus und Barnabas hier ausgesendet werden. Offensichtlich oder sehr bald danach lesen wir von Gemeinden an vielen, vielen Orten.
Sie hat sich ausgebreitet, lesen wir auch in Apostelgeschichte 8 und in Apostelgeschichte 11. Dort wird es noch einmal wiederholt durch einen besonderen Umstand, den Gott eingeführt hatte, und das war Verfolgung.
Sie werden zerstreut. Apostelgeschichte 11,19: „Die nun zerstreut waren durch die Bedrängnis, die wegen Stephanus entstanden war, zogen hindurch bis nach Phönizien und Zypern und Antiochia und redeten zu niemandem das Wort als allein zu Jesus.“
Das ist mitnichten eine Aussendung, wie wir sie heute in unseren Gemeinden erleben. Es ist eine Aussendung durch die Not, durch die Verfolgung. Sie mussten Jerusalem verlassen, es ging um ihr Leben, und das hatte Gott so bewirkt.
Nun siedeln sie sich woanders ein, reisen zum Teil weit weg aus Jerusalem und sogar aus Judäa und gründen dort kleine Gemeinden. Diese entstehen einfach dadurch, dass Christen jetzt an diesem Ort sind – also durch Verfolgung, nicht durch Strategie oder Aussendungskonzepte.
Zweitens muss ich natürlich sagen, dass es ausgesendete Missionare gab. Paulus haben wir bereits erwähnt, und natürlich sollte auch Petrus nicht unerwähnt bleiben. Er war nicht nur in Samaria tätig, sondern wurde auch vom Heiligen Geist von Joppe nach Caesarea zu Cornelius geschickt. Darüber hinaus gibt es noch weitere Personen, die missionarisch unterwegs waren.
Allein 14 Personen habe ich gezählt, die man mit Sicherheit aus den Briefen und der Apostelgeschichte als missionarisch mit Paulus oder anderen unterwegs ansehen kann. Dazu gehören zum Beispiel Johannes Markus mit Barnabas, die ihre eigentliche Heimatgemeinde verlassen haben.
Es wird von Timotheus gesprochen, von Aquila und Priscilla, die nach Korinth kommen und von Paulus mitgenommen werden – zuerst nach Ephesus, später wieder in Rom ihre Heimat haben und dann erneut in Ephesus tätig sind. Auch Silas, Epaphras und Titus werden erwähnt.
Alle diese Personen waren nicht nur in ihrer Heimatgemeinde aktiv, sondern auch fernab ihrer Heimat unterwegs.
Nichts gegen ausgesendete Missionare, aber dies war nicht der übliche Weg und schon gar nicht der, den die ersten Christen und Gemeinden vor Augen hatten – obwohl es gerade bei ihnen so offensichtlich sein sollte.
Ja, wie kommt das? Schauen wir uns den Missionsbefehl im Lukasevangelium an. Vielleicht überrascht dich das jetzt. Vielleicht hattest du im Kopf, dass der Missionsbefehl doch Matthäus 28 ist. Ja, das ist er auch, aber es gibt weitere Missionsbefehle, zum Beispiel den in Lukas 24, Verse 46 bis 48.
So steht geschrieben: „Und so musste der Christus leiden und am dritten Tag auferstehen aus den Toten, und in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden gepredigt werden allen Nationen, angefangen von Jerusalem. Ihr seid Zeugen hiervon.“
Die Elberfelder Übersetzung drückt das hier so aus, dass man nicht sofort merkt, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem, was in den Schriften steht – nämlich dass Christus sterben und auferstehen musste – und dem, was hier schon Vergangenheit ist. Denn das spricht Jesus nach seiner Kreuzigung und seiner Auferstehung. Und nun wird das, was gepredigt werden soll, allen Nationen, angefangen von Jerusalem, beschrieben.
Viele Übersetzungen fügen hier noch ein „werden“ oder einen ähnlichen Ausdruck ein, um deutlich zu machen, dass hier ein zukünftiger Zustand beschrieben wird. Ein Zustand, der vielleicht schon in den alttestamentlichen Schriften angedeutet oder verheißungsvoll angekündigt ist, aber vor allem jetzt noch umgesetzt werden muss.
Also ist das indirekt ein Missionsbefehl. Und ganz sicher haben die Jünger diesen Nachsatz „Ihr seid Zeugen hiervon“ als Auftrag, als Befehl und als Bevollmächtigung empfunden.
Vielleicht noch ein Wort zu dem Begriff „Zeugen“: „Ihr seid Zeugen hiervon“ ist ein juristischer Begriff. Er wird eigentlich vor Gericht benutzt, wenn man einen Augenzeugen meint, der tatsächlich bezeugen kann, dass das, was behauptet wird, auch wahr ist. Ein Zeuge, der sagen kann: „Meine Augen und meine Ohren haben das vernommen.“
Im eigentlichen Sinne sind hier die zwölf Jünger gemeint, beziehungsweise in diesem Fall die elf, die tatsächlich das erlebt haben und bezeugen können: „Jawohl, ich bin Augenzeuge. Ich kann vor der ganzen Welt bezeugen, dass es genau so war: Jesus Christus ist gestorben und Jesus Christus ist am dritten Tag auferweckt worden.“
Und von Jerusalem aus sollten sie beginnen. Dort waren diese elf, und von dort aus sollten sie zu allen Völkern, das heißt zu allen Nationen, in der Welt hinausgehen und dies predigen.
Ganz offensichtlich hat der Herr hier nicht nur an die elf Apostel gedacht, sondern an mehr Personen, denn es gibt ja auch mehr Augenzeugen. Paulus berichtet davon, dass es über fünfhundert Augenzeugen der Auferstehung gibt.
In dem anderen, dem zweiten Band, den Lukas über die Geschichte und das Wirken Jesu schreibt – nämlich in der Apostelgeschichte – heißt es dann auch, dass in Apostelgeschichte 1 und 2 120 Menschen versammelt sind. Sie alle hören diesen Auftrag oder werden in den Kontext von diesem berühmten Vers, Apostelgeschichte 1,8, gestellt: „Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist, und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an die Enden der Erde.“
Zweifellos sind die zwölf Apostel und alle anderen Augenzeugen ausgesandte Zeugen, um das in die Welt zu tragen – von Jerusalem, von Israel ausgehend – was der Herr getan hat: dass er gestorben und auferstanden ist.
Ich gehe jetzt zu Matthäus 28, dem berühmten Missionsbefehl, genauer gesagt Matthäus 28,18-20.
Jesus trat zu ihnen, redete mit ihnen und sprach: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu bewahren, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“
Ich möchte diese Verse jetzt nicht ausführlich auslegen, aber eindeutig ist hier eine größere Zahl von Menschen vor Augen als nur die zwölf Jünger. Offensichtlich sind auch mehr als die fünfhundert Augenzeugen gemeint. Denn bis zum Ende der Tage, also bis zum zweiten Wiederkommen Jesu, das ist deine Zeit, können die 500 Augenzeugen, wie wir jetzt wissen, nicht alleine wirken. Sie sind längst beim Herrn.
Und bis an die Enden der Erde – auch das ist kaum vorstellbar, dass dies im wortwörtlichen Sinne von den zwölf, den fünfhundert oder auch den tausenden der ersten Generation der Augenzeugen erfüllt werden kann.
Wir können hier tatsächlich sagen, dass dieser Missionsbefehl, wenn wir ihn auf uns beziehen, uns alle anspricht. Es sind nicht nur die Jünger gemeint, sondern auch wir, auch wenn wir keine direkten Augenzeugen waren.
Wir lesen hier wieder, dass sie zu allen Völkern gehen sollen. Sie haben bis an die Enden der Erde zu verkündigen.
Ich möchte noch einmal betonen, dass man hier, glaube ich, keine Völkerlehre daraus entwickeln sollte. Man hört manchmal, es müsse jedes Volk erreicht sein. Dann stellt sich natürlich die Frage, was in den Augen Gottes ein Volk ist – nicht nach unserer heutigen Definition von Volk.
Ich glaube nicht, dass es hier tatsächlich um Abstammung, Völkerschaften oder Familien geht. Das mag in der Offenbarung das Thema sein, wenn davon die Rede ist, dass aus jedem Volk, jeder Stammsprache und Nation Menschen vor dem Herrn sein werden, die er errettet hat.
Hier ist, wie auch in anderen Stellen, einfach gemeint, dass die Botschaft von Jesus zu allen Menschen, zur ganzen Menschheit, hinausgetragen werden muss. Zum Beispiel lesen wir in Markus, dass die gute Nachricht zuerst allen Völkern verkündigt werden muss (Markus 13,10). Oder in Markus 14,9 heißt es: „Denn ich sage euch: Wo immer die gute Nachricht in der ganzen Welt verkündigt wird, wird man auch das, was sie getan hat, in Erinnerung behalten.“
Der Gedanke ist also, dass die Botschaft von Jesus sich zu allen Menschen verbreiten soll. Hier ist kein völkerkundlicher Begriff gemeint.
Eine zweite Sache möchte ich noch zu Matthäus 28 sagen, und zwar ganz kurz zum Ende: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“
Der Missionsbefehl beginnt damit, dass Jesus sagt, ihm sei alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben. Das bedeutet mit anderen Worten, dass es keinen Ort auf der Erde oder im Universum gibt, an dem die Jünger nicht auf die Macht Jesu vertrauen könnten. Er hat alle Macht in seinem Reich. Er ist der Messias, der gestorben und auferstanden ist.
Wenn die Jünger also hinausgehen und überall hingehen, dann wird Jesus an jedem Ort bei ihnen sein. Er sagt: „Ich bin bei euch.“ Damit wird ein Prinzip deutlich, das im Alten Testament so noch nicht klar war. Dort war die heilige Gegenwart Gottes an einen bestimmten Ort gebunden – die Bundeslade, Jerusalem, den Tempel usw.
Jetzt aber sollen die Jünger hinausgehen, von Jerusalem in die Welt hinein. Sie brauchen keine Angst zu haben, denn Jesus wird auch dort bei ihnen sein. Sie gehen also mit ihm.
Jemand hat das so ausgedrückt, und ich lese es mal vor: „Die Jünger können nun Israel verlassen, ohne Angst zu haben, dass sie sich von der heiligenden Gegenwart Gottes entfernen, denn diese Gegenwart geht mit ihnen in Jesus, der immer bei ihnen ist. So werden die Grenzen des heiligen Landes erweitert, um alle Völker einzubeziehen.“
Die Jünger gehen also hinaus in die Welt, zu allen Menschen. Das ist das Prinzip des Missionsbefehls, wie wir in Lukas 24 und Matthäus 28 gelesen haben.
Wir kommen nun zum dritten Missionsbefehl, den ich zitieren möchte, und zwar aus Johannes 20, Vers 21. Dort lesen wir: Jesus sprach wieder zu ihnen: „Friede sei mit euch! Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich auch euch.“
Nachdem er dies gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: „Empfangt den Heiligen Geist.“
Der Heilige Geist ist ein wesentliches Element in der Aussendung, wie bereits in Apostelgeschichte 13 deutlich wird.
Worauf ich hier hinaus will, ist, dass dieser Vers, den Jesus den Jüngern sagt – „Wie der Vater mich ausgesandt hat, so sende ich auch euch“ – bereits im Johannes-Evangelium angedeutet wird. Dies zeigt sich besonders in dem berühmten Gebet unseres Herrn in Johannes 17, Vers 18: „Wie du mich in die Welt gesandt hast, habe auch ich sie in die Welt gesandt.“
In diesem Gebet heißt es weiter: „Und ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie geheiligt seien durch die Wahrheit.“
Hier habe ich vom Kreislauf der Sendung gesprochen und euch dieses Bild mitgebracht. Wir können also sagen, dass die Sendung, der Kreislauf der Sendung, folgendermaßen verläuft: Der Vater sendet seinen Sohn. Johannes 3, Vers 16 sagt: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gesandt hat.“
Diese Sendung beinhaltet das Sterben und die Auferstehung Jesu. Davon sind die Jünger Zeugen. Nun werden die Jünger vom Sohn so ausgesandt, wie der Vater den Sohn ausgesandt hat. Sie werden ausgesandt, um zu bezeugen, dass genau das wahr ist: So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Sohn in Tod und Auferstehung gab.
Diese Jünger führen mit ihrem Zeugnis andere zum Glauben. Sie selbst sind zwar keine Augenzeugen der Auferstehung mehr, aber durch ihr Wort bringen sie andere zum Glauben. In der Einheit, die diese Glaubenden bilden und bilden sollen, bezeugen sie, dass tatsächlich der Vater den Sohn gesandt hat.
Bitte versteht das nicht so, dass die Glaubenden den Vater senden – natürlich nicht. Aber die Glaubenden sind in ihrer Einheit Zeugen der bereits erfolgten Sendung des Vaters an den Sohn.
Die Einheit der Glaubenden ist ein eigenes Thema, das wir hier nicht vertiefen, doch sie hat eine große Wirkung für das Evangelium.
In dieser Einheit sind sie Teil des Kreislaufs der Sendung, wie er in Johannes 17 und Johannes 20 beschrieben wird.
Ja, wirklich, geht es denn nicht nur einfach um die zwölf Jünger? Nein, ihr habt schon gemerkt, ich zitiere aus Johannes 17,21. Dort heißt es nämlich in Johannes 17,20:
„Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben, damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, damit auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.“
Und in Vers 23 heißt es noch einmal, dass sie eins sein sollen, „damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie geliebt hast.“
Tatsächlich ist die Botschaft: Gott liebt die Welt. Um diese Botschaft zu verkörpern und darzustellen, ist Jesus in die Welt gesandt worden. Die Jünger sind Augenzeugen gewesen, und wir dürfen daran glauben, dass das so ist. Indem wir diese Einheit des Glaubens bilden, sind wir Zeugen dafür, dass Gott die Welt tatsächlich liebt und gesandt hat.
Wir sind mit hineingenommen. Wenn wir das so verstehen, dann merken wir, wo die Lösung liegt und warum es keine direkten Befehle gibt wie: „Du bist jetzt Christ geworden, also lass dich aussenden nach Sambia, nach Südamerika oder woanders hin.“ Deshalb hatten die Gemeinden das gar nicht als ersten Punkt auf ihrer Tagesordnung: „Wir müssen Missionare aussenden, wir müssen dafür sorgen, dass alle Völker überall das hören, indem wir einzelne Menschen aussenden.“
Nun, ich würde hiermit sagen: Ihr seid ja bereits ausgesandt in die Welt, ihr seid ja schon in der Welt. Das sagt Johannes 17 mehrfach. „Ja, ich bitte nicht darum, dass du sie aus der Welt herausnimmst, sondern sie sind nicht von dieser Welt, aber sie sind in der Welt.“ Deswegen sollen sie geheiligt werden, und deswegen ist es wichtig, dass sie eine Einheit bilden, damit sie tatsächlich die Liebe des Vaters und des Sohnes widerspiegeln.
Aber sie sind eben in der Welt. Deshalb brauchen sie gar nicht zu reisen, sondern dort, wo sie sind, sind sie bereits an ihrer Missionsstelle. Ihr Missionsland ist bereits erreicht. Das gilt zumindest grundsätzlich.
Ich habe gesagt, ich habe nichts prinzipiell gegen die Aussendung von Missionaren. Ich freue mich für jeden Missionar, der das jetzt hört und sich freut, an anderen Stellen zu sein als in seiner Heimat. Aber es funktioniert auch in der Heimat, und es ist sogar hauptsächlich in der Heimat gemeint.
Also: Wir sind Missionare, wir sind Ausgesandte vom Vater über den Sohn, über die ersten Jünger bis hin zu uns. Wir sind ausgesandt in unserer Umgebung. Und dadurch, dass Gott dafür sorgen wird, dass überall solche Ausgesandten sind, wird sich die Botschaft auf der ganzen Erde verteilen.
Funktioniert das? Ist das wirklich gemeint? Ich lese euch abschließend einige Verse vor, insbesondere zwei Verse aus den Anfangskapiteln der Paulusbriefe.
Im ersten Thessalonicherbrief schreibt Paulus, der nur wenige Wochen, vielleicht drei, in Thessaloniki gewesen ist. In Kapitel 1, Vers 8 heißt es: „Denn von euch aus ist das Wort des Herrn erschollen, nicht allein in Mazedonien und in Achaia, sondern an jedem Ort ist euer Glaube an Gott ausgebreitet worden, so dass wir nicht nötig haben, etwas zu sagen.“
Paulus sagt hier quasi, dass er gar nichts mehr sagen muss, weil der Glaube der Thessalonicher so weit verbreitet ist. Der Glaube der Gläubigen in Thessaloniki hat sich nicht nur in Mazedonien, also in ihrem ganzen Gebiet, ausgebreitet, wo diese Gemeinde ist, sondern auch in der angrenzenden Provinz Griechenlands, Achaia, wo Korinth die Hauptstadt ist. Sogar, wie Paulus sagt, an jedem Ort.
Wie ist ihr Glaube so ausgebreitet worden? Offenbar, indem sie an ihrem Ort geblieben sind. Hier ist von keiner Aussendung die Rede. Man kann sich auch schwer vorstellen, wie ihnen das in den wenigen Wochen, in denen sie überhaupt gläubig sind, gelungen ist. Aber sie haben ihren Glauben so sehr in dieser Welt demonstriert, dass er offenkundig wurde. Reisende und Menschen, die umziehen, haben diesen Eindruck von den Gläubigen und ihr Zeugnis an ihrem Ort weitergetragen.
Sie sind nicht hinausgegangen, aber das Wort des Herrn ist durch ihr Leben mit dem Herrn hinausgegangen.
Ganz ähnlich heißt es im Römerbrief 1, Vers 8: „Zuerst einmal danke ich meinem Gott durch Jesus Christus für euch alle, weil euer Glaube verkündigt wird in der ganzen Welt.“
Ich habe bei Römer 1 nicht den Eindruck, dass von Missionaren die Rede ist, die in die ganze Welt gesandt wurden. Es scheint vielmehr so gewesen zu sein, dass diese Weltstadt, in der Handelsreisende kamen und viel Bewegung herrschte – das Zentrum des Römischen Reiches –, eine Gemeinde so öffentlich lebte und wahrgenommen wurde, dass Reisende, Umziehende und Durchreisende alle einen Eindruck vom Wort Gottes hatten. So breitete sich Jesus Christus durch sie in Rom aus und wurde in andere Länder, Völker und geografische Gebiete verkündet.
Paulus sagt das auch im Philipperbrief, in Kapitel 1, Verse 12-14. Er berichtet, dass er im Gefängnis in Rom ist und dass die Brüder dort durch sein Beispiel Mut bekommen haben, das Wort Gottes weiter zu verkünden. Nicht indem sie hinausgingen, sondern indem sie in Rom verkündigten. Sogar bis in das kaiserliche Haus kamen Menschen zum Glauben. Die kaiserliche Wache, das Prätorium, wurde durch Paulus, aber auch durch die Brüder, die das Evangelium in Rom verkündigten, mit dieser Botschaft bekannt.
Das passt auch zu Philipper 2, Verse 15 und 16: „Damit ihr untadelig und lauter seid, unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter denen ihr scheint wie Lichter in der Welt, indem ihr das Wort des Lebens darstellt.“
Die Botschaft ist eindeutig: Die Gläubigen in Philippi mussten gar nicht reisen. Sie sollten wie eine Lampe hoch auf einem Berg oder noch besser wie ein Stern in einer dunklen Welt des Todes leuchten und das Wort des Lebens darstellen. Dadurch würden sie ein Zeugnis mit großer Wirkung sein und über ihren eigentlichen örtlichen Kreis hinaus wirken – nicht, indem sie hinausgingen, sondern indem sie dort blieben, wo sie sind.
Sie sollten mitten inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts leben – also nicht isoliert hinter Gemeindemauern und verschlossenen Türen, sondern als offensichtliche Menschen, die diese verdrehte und verkehrte Welt durchaus sehen können. Nicht Sterne, die von Wolken verdeckt sind, sondern ein sternenklarer Himmel, der von den Philippi-Gemeinden sichtbar war.
In 1. Korinther 12, 13 und 14 behandelt Paulus das Problem, wie die Gottesdienste in der Gemeinde in Korinth abliefen. Er argumentiert, dass sie bedenken sollten, dass Ungläubige bei ihnen hereinkommen könnten. Sie sollten nicht denken, diese seien verrückt, sondern vielmehr, dass hier wirklich Gott spricht und sie überführt.
Paulus geht davon aus, dass die Gemeindestunden offen waren und dass immer wieder Ungläubige hereinkamen. Dabei meint er nicht eine spezielle Evangelisationsveranstaltung, bei der Einladungskarten verteilt werden, sondern offensichtlich die ganz normalen, üblichen Gottesdienste.
Es ist sogar möglich, dass jede Predigt von Ungläubigen, die vorbeikamen, zugehört oder einfach vorbeigeschlendert sind, mitgehört wurde. Das zieht Paulus in seine Überlegungen ein und bittet die Gemeinde, ebenfalls so zu handeln.
Eine Stelle aus 1. Timotheus 2 ist uns gut bekannt, glaube ich. Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Flehen, Gebete, Fürbitten und Danksagung getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst (1. Timotheus 2,1-2).
Oft machen wir hier einen Punkt und sagen: Okay, wir beten, dass wir uns weiterhin in Frieden versammeln können. Wir sind dankbar, dass wir das können und dass unsere staatlichen Gewalten uns in gewisser Weise schützen, sodass wir uns einfach so versammeln können.
Aber der Vers geht weiter, und zwar mit einem „Denn“. Das heißt, das Nächste gehört unbedingt dazu. Und zwar so: „Denn dies ist gut und angenehm vor unserem Rettergott, der will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Timotheus 2,3-4).
Das heißt, ein Leben in Ruhe und Stille bedeutet nicht Absonderung. Keiner soll wissen, dass wir Christen sind, keiner soll uns mitbekommen, und unsere Gemeindestunden sollen so etwas wie Geheimtreffen sein. Nein, wir sollen in Ruhe und Stille leben können – nicht in Kriegsunruhen, nicht dort, wo die Menschen verzweifelt sind, alles unordentlich ist und man sich gar nicht mehr versammeln kann.
Doch diese Versammlung soll ein Zeugnis nach draußen sein, weil wir einen Rettergott bezeugen, der möchte, dass Menschen errettet werden.
Ich ende mit 2. Korinther 3,3: Von euch aber, Korinther, ist offenbar, dass ihr ein Brief Christi seid, angefertigt durch uns im Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinernen Tafeln, sondern auf fleischernen Tafeln des Herzens.
Ja, ein Brief – das ist etwas, das man lesen kann. Wenn er nicht versiegelt ist und als Geheimbrief umhergeht, dann können andere ihn lesen und sagen: Das ist die Botschaft. So hatte Paulus sich offenbar die Korinther gewünscht, oder so beschreibt er sie auch: Sie sind offene Briefe, die man schreibt, um allen wissen zu lassen, das habe ich zu sagen, das habe ich geschrieben.
Und zwar sind sie das nicht, indem sie Missionen irgendwo tun, sondern indem sie in Korinth, in diesem ungöttlichen Milieu, in diesem unheiligen Umfeld, tatsächlich in ihrem Herzen verändert sind. Sie führen ein verändertes Leben mit Jesus und werden dort als Briefe Christi wahrgenommen. Das wird den Korinthern geschrieben.
Also, ihr merkt: Alltagsmission ist mindestens so wichtig wie Mission in fremden Ländern. Die Bibel redet jedenfalls mehr, ganz eindeutig mehr davon, dass wir in unserem Alltag als Gemeinde, die einen Missionsauftrag umsetzt, dieses tun – und nicht so sehr, dass wir uns damit trösten, dass wir irgendwen irgendwo hingeschickt haben.
Ich sage danke fürs Zuhören. Vielleicht denkst du an diesen Kreislauf der Sendung, den du erfüllen kannst, ohne dass du zu irgendwelchen unentdeckten Völkerstämmen und Sprachen gehst. Das kannst du auch so machen. Aber du kannst es auch tun, indem du an deiner Stelle als Alltagsmissionar tätig bist.
Viel Freude dabei, Gottes Segen und bis bald. Danke fürs Zuhören.