Begrüßung und persönliche Vorstellung
Guten Morgen, liebe Geschwister, liebe Gemeinde, liebe Kinder, die heute auch sehr zahlreich anwesend sind, und liebe Gäste!
Ich freue mich sehr, hier sein zu dürfen. Ich war noch nie hier, aber durch den Glauben dürfen wir verbunden sein – über Bundesländergrenzen hinweg. So können wir uns heute gemeinsam Gedanken über den Schöpfer machen. Es soll nicht nur bei der Schöpfung bleiben, sondern wir wollen Gott anbeten.
Das ist natürlich auch das Ziel dieser Ausstellung: dass wir Gott erkennen, Tiefe erfahren und ihn lieben lernen. Ihr seid ja schon richtig in die Ausstellung hineingenommen worden. Bei uns in der Gemeinde ist es schon fast drei Jahre her, dass wir mitten im „Schöpfungsfieber“ sind, sozusagen.
Mein Name ist Benjamin Wiebe, ich bin 30 Jahre alt, komme ursprünglich aus der Gemeinde Frankenthal und wohne jetzt in Birkenfeld. Das ist eine Filiale von Frankenthal an der Grenze zum Saarland. Dort leben wir seit zwei Jahren mit meiner Frau Johanna. Wir haben seit acht Monaten einen kleinen Sohn, Theo, über den wir uns jeden Tag freuen dürfen.
Zum Glauben gekommen bin ich als Kind mit elf Jahren. Das war bei mir ein langer Prozess. Wenn man in einem gläubigen Elternhaus mit gottesfürchtigen Eltern aufwächst, genießt man den Segen und auch die Botschaft des Evangeliums, die uns schon früh erzählt wurde – durch die Sonntagsschule und auch in der Familie.
So war mir schon lange bewusst, dass ich keinen Frieden hatte. Das habe ich gespürt. Aber ich dachte immer: „Nächstes Jahr werde ich mich zu Jesus wenden.“ Dann habe ich noch ein Jahr gewartet, noch ein Jahr – und so verging die Zeit.
Bis ich mir eines Samstagabends vorgenommen habe: Heute muss ich mich zu Jesus bekehren. Ich wusste alles, was notwendig ist, um Frieden im Herzen zu finden. Ich wusste, wie ich beten soll.
So habe ich mich dann hingekniet und mich zu Jesus bekehrt. Das war der Anfang meines Glaubenslebens.
Ich kann nur sagen, dass es ein sehr schöner Weg ist, wenn man Gott dient, ein reines Gewissen hat und Frieden im Herzen spürt. Dann segnet Gott auch – das erlebt man an vielen Stellen.
Ja, wir haben vor etwa einem Jahr ein Kind vor der Geburt verloren. Da haben wir ganz besonders als Familie die Gnade Gottes erfahren. So dürfen wir an einen guten Schöpfer glauben, egal was wir erleben, und doch immer einen guten Schöpfer erleben.
Die Faszination der Schöpfung und der Mensch als Ebenbild Gottes
Mit der Schöpfung habe ich mich schon immer gerne beschäftigt, schon als Kind. Damals war mir klar, dass ich einmal Arzt werden möchte. Das ist jetzt auch der Beruf, den ich ausübe. Im Studium habe ich dann das eine oder andere gelernt.
Im Alter geht es bei mir mehr um kranke Menschen, aber doch um Menschen, die Gottes Ebenbild sind. Und genau darum soll es heute auch gehen: um den Menschen.
Die Schöpfungsausstellung hat uns in den letzten Jahren sehr beschäftigt. Angefangen hat das vor etwa fünf Jahren. Im Jahr 2021 begann die Schöpfungsausstellung zuerst bei uns in Frankenthal. Seitdem war sie schon in vielen Gemeinden zu sehen.
Ja, wir machen uns heute auf eine Reise. Ich weiß nicht, ob es möglich wäre, den Raum vorne ein wenig dunkler zu machen, damit man die Bilder etwas besser erkennt – zumindest bei den ersten Bildern. Jetzt sieht man es schon besser. Dankeschön!
Die gedankliche Reise ins Universum
Wir machen uns zusammen auf eine Reise – mit den Kindern und allen Erwachsenen, die interessiert sind. Kinder, ihr seid sicher schon viel gereist. Vielleicht wart ihr mal in den Bergen oder am Meer. Heute wollen wir gemeinsam mit euch eine Reise machen, aber nur in Gedanken.
Ins Weltall war sicher noch keiner von euch gereist, ich auch nicht. Aber dieses Bild wurde aus dem Weltraum aufgenommen. Stellt euch vor, ihr wart noch nie auf der Erde. Stellt euch vor, ihr wüsstet nichts von Menschen, Pflanzen oder Tieren. Ihr wärt noch nie hier gewesen und sitzt in einem Raumschiff, das durch das riesige Universum fliegt.
Diese Fotografie ist echt. Sie ist etwa vierzig oder dreißig Jahre alt und zählt zu den bekanntesten Weltraumfotografien. Sie heißt „Pale Blue Dot“, also „blass blauer Punkt“. Man sieht einen hellen Punkt mitten in einem Sonnenstrahl – das ist die Erde. Das Bild wurde aus sechs Milliarden Kilometern Entfernung von der Raumsonde Voyager 1 aufgenommen.
Euch Kinder interessiert jetzt dieser helle Punkt, und wir machen uns gemeinsam auf die Reise zu ihm. Ihr wart aber noch nie dort gewesen und wisst nicht, was euch erwartet. Wir fliegen in Richtung Erde und sind jetzt nur noch ein bis zwei Milliarden Kilometer entfernt.
Wir sehen, dass dieser helle Punkt schon etwas größer wird. Die größeren Kinder erkennen wahrscheinlich, wo wir uns befinden – nämlich in der Nähe des Saturns. Wir schauen unter dem Saturn hindurch in Richtung Erde. Auch das ist eine echte Fotografie.
Wir wollen aber genauer wissen, was auf dieser Erde so vor sich geht. Als wir nur noch einige Tausend Kilometer entfernt sind, sehen wir, dass die Erde auf der dunklen Seite – also der Seite, die nicht von der Sonne beschienen wird – viele helle Punkte hat. Das wundert uns jetzt, denn das haben wir noch nicht gesehen.
Als wir etwas näher sind, erkennen wir sogar Deutschland, die Niederlande und den Nil. Vielleicht erkennen die größeren Kinder auch schon die Mittelmeerküste. Auch in Südostasien sieht man viele helle Flecken. Jetzt verstehen wir nicht mehr so viel.
Wir haben im Universum schon vieles gesehen: helle Kometen, schöne Sonnen und viele Planeten. Aber dass ein Planet selbst leuchtet, das haben wir noch nicht entdeckt. Wir wollen wissen, was da passiert.
Als wir jetzt direkt über die Erdoberfläche fliegen, sehen wir unten seltsame Linien. Auf diesen Linien gibt es viele kleine Kästen, die sich hin und her bewegen. Das können wir jetzt nicht richtig einordnen.
Wir fliegen über den Urwald und sehen dort auch eine lange Linie, die über eine tiefe Schlucht gespannt ist. Komisch, wir wissen gar nicht mehr, wer das gemacht hat und was das überhaupt ist. Auch mitten im Urwald, über einem Fluss, entdecken wir eine weitere Linie.
Hier im Urwald sehen wir dann auch seltsame Gebäude. Aber so richtig erklären können wir das nicht. An Pflanzen haben wir uns mittlerweile gewöhnt, aber solche Gebäude haben wir bisher noch nirgends im Universum entdeckt.
Als wir dann über eine andere Gegend fliegen, sehen wir riesige Gebäude, die mehrere hundert Meter hoch sind. Wir haben jetzt genug gesehen und wollen lieber über den ruhigen Ozean fliegen.
Plötzlich fliegt unter uns ein riesiger, lauter Vogel vorbei. Das verschlägt uns völlig die Sprache. Wer kann so ein großes Gebilde bauen, das selbst fliegt? Und etwas weiter über dem Ozean sehen wir ein noch größeres Gebilde, das fährt und ganz viele kleine Kästen geladen hat.
Wir haben jetzt genug gesehen und müssen erst einmal darüber nachdenken. Dann fliegen wir wieder zurück ins Weltall.
Gerade als wir die Erde verlassen haben, schwebt neben uns ein riesiger Gegenstand – größer als hundert Meter – mit riesigen Sonnensegeln.
Wer kann Straßen bauen? Wer kann Fahrzeuge bauen, die sich selbst bewegen? Wer kann Flugzeuge entwickeln, die mehrere hundert Menschen gleichzeitig transportieren und sicher ans Ziel bringen? Wer kann Gebäude bauen, die mehrere hundert Meter hoch sind? Das finden wir nur auf der Erde.
Nach allem, was wir jetzt gesehen haben, interessiert uns eine Frage: Wer besitzt die Fähigkeiten, so etwas zu bauen? Wer oder was ist dafür verantwortlich?
Der Mensch als Krone der Schöpfung
Heute wollen wir uns den Menschen anschauen. Wahrscheinlich sind viele von euch schon einmal, oder zumindest die meisten, durch die Ausstellung gegangen. Dort geht es teilweise um leicht verständliche Themen, aber auch um Chemie und ganz schwierige Inhalte.
Wenn man heute nicht mehr genau weiß, worum es geht, dann muss man einfach nur auf sich selbst schauen – nämlich auf uns selbst, auf den Menschen, auf den menschlichen Körper.
Am sechsten und letzten Schöpfungstag, nachdem Gott alle Tiere und Pflanzen erschaffen hatte, schuf Gott den Menschen. Danach kam dieser Abschluss: „Und siehe, es war sehr gut.“ Man sagt ja landläufig, der Mensch sei die Krone der Schöpfung.
Jetzt eine Frage an die Kinder: Wer trägt eine Krone? Welche Menschen tragen eine Krone? Könige, sehr gut. Also kann man sagen, der Mensch ist so etwas wie ein König innerhalb der Schöpfung.
Das heißt aber auch, der Mensch muss etwas haben, das ihn von allen anderen Lebewesen unterscheidet, wenn er sozusagen die Krone der Schöpfung ist. Deshalb die Frage: Was macht den Menschen so einzigartig?
Ich lade auch die Kinder ein, mitzudenken und zu überlegen: Was denkt ihr, was macht den Menschen besonders? Ich mache mal einen Vorschlag.
Körperliche Eigenschaften im Vergleich zu anderen Lebewesen
Der Mensch ist vielleicht das größte aller Lebewesen. Hier seht ihr einen Menschen, der zu den größten des letzten Jahrhunderts gehörte: Robert Wettlau, ein Amerikaner. Er war zwei Meter zweiundsiebzig groß.
Ich weiß nicht, ob die Kinder wissen, wie groß ihre Väter sind. Mein Vater ist ungefähr 1,90 Meter groß, eurer vielleicht auch so groß oder ein bisschen kleiner, ein bisschen größer. Aber so groß sind mit Sicherheit keine eurer Väter.
Was denkt ihr? Vielleicht ist dieser Mann das größte Lebewesen? Kennt jemand ein Lebewesen, das größer ist als dieser Mann? Ja, genau, das war auch ein Mensch. Aber ich meine jetzt ein Lebewesen, also gibt es Tiere, die größer sind. Genau, Giraffen, Blauwale, sehr gut. Es gibt schon viele Vorschläge, das stimmt. Der Blauwal zählt zu den größten Lebewesen. Er wiegt 193 Tonnen und ist 33 Meter lang, also viel länger als ein Auto, mit dem wir jeden Tag fahren. Er wiegt so viel wie mehrere, wie viele Lkw, voll beladen.
Man sieht hier sogar einen Taucher daneben, der verschwindend klein aussieht. Aber ich verrate euch etwas: Das habe ich jetzt auch neu entdeckt, dass das nicht das größte Tier ist, zumindest nicht das längste. Man hat nämlich an der Küste von Schottland schon vor einigen Jahren, vor über hundert Jahren, einen Wurm gefunden, der 55 Meter lang war. Es sind Schnurwürmer. Das heißt, der Blauwal ist nicht das längste, nicht das größte Tier. Diese Würmer sind dann ungefähr so lang im Verhältnis.
Aber vielleicht ist der Mensch ja das stärkste aller Lebewesen. Vielleicht macht das ja den Menschen so einzigartig. Hier sieht man einen der stärksten Menschen der letzten Jahre oder Jahrzehnte. Mittlerweile lebt er nicht mehr. Er war ein Deutscher. Man sieht, dass er ein Pferd auf seine Schulter gepackt hat und mit diesem Pferd sieben, siebzehn Sprossen einer Leiter hochgelaufen ist. Das Pferd hielt er nur in einer Hand.
Dieser Mann hieß Emil Bahr. Er hat sogar einmal zwei Flugzeuge mit zwei Ketten an sich festgebunden. Dann versuchten diese Sportflugzeuge zu starten. Es waren kleine Sportflugzeuge, und er hat sie festgehalten. Sie haben es nicht geschafft zu starten, so stark war dieser Mann.
Kennt jemand ein Lebewesen, das stärker ist? Vielleicht ist der Mensch ja das stärkste aller Lebewesen. Gorilla, sehr gut. Weißt du, wie stark? Ich weiß es nicht genau, aber bestimmt stärker als der Mensch. Ich zeige euch aber ein Tier, das noch stärker ist: den Elefanten. Hier seht ihr einen indischen Elefanten.
Elefanten können bis zu neun Tonnen stemmen, deswegen werden sie zum Beispiel zum Transport von schweren Baumstämmen eingesetzt. Schon wieder hat der Mensch diesen Wettkampf verloren. Der Mensch ist also auch nicht das stärkste aller Lebewesen.
Ich mache noch einen Vorschlag: Vielleicht ist der Mensch ja das schnellste aller Lebewesen. Hier ist ein Mann, den vielleicht manche kennen: Usain Bolt. Er hat vor einigen Jahren den Weltrekord aufgestellt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das noch der aktuellste Weltrekord ist, aber zumindest gehörte er zu den schnellsten Menschen.
Was denken die Jungs? Kennt ihr ein Lebewesen, das schneller ist? Ja, das wissen die Jungs: der Gepard, sehr gut. Menschen können ungefähr 45 km/h schnell laufen, also so schnell wie ein Auto auf der Landstraße oder in der Stadt. Der Gepard kann 120 km/h schnell laufen.
Es gibt aber Tiere, die noch schneller sind, wie die Wanderfalken. Die können bis zu 300 km/h schnell werden. Schon wieder ist der Mensch nicht so besonders.
Wir haben schon fast die Hoffnung aufgegeben. Man könnte nämlich sagen: Der Blauwal ist größer, der Elefant ist stärker, der Gepard ist schneller, der Adler kann besser sehen. Und es gibt noch viel mehr Disziplinen, viel mehr Eigenschaften, in denen der Mensch gar nicht so besonders ist, wie wir uns vielleicht zuerst fühlen.
Die Einzigartigkeit des menschlichen Gehirns
Die Frage bleibt weiterhin: Was macht den Menschen so einzigartig? Die erste Antwort darauf ist dieses eine Organ, das jeder in sich trägt – das Gehirn. Es befindet sich im Schädel. Wenn man seine beiden Fäuste nebeneinanderhält, entspricht die Größe ungefähr der des Gehirns. Das Volumen beträgt etwa 1,6 Liter, also ungefähr so groß wie eine Saftflasche. Von außen fühlt sich das Gehirn weich an, ähnlich wie Pudding. Es sieht aus wie eine Walnuss mit vielen Furchen.
Man hört oft, auch im Schulunterricht, dass das Gehirn den Menschen so einzigartig macht. Diese Antwort wollen wir nun überprüfen, um zu sehen, ob sie wirklich stimmt.
Wie funktioniert das Gehirn? Ich hatte einmal eine Batterie auf den Tisch gelegt und einige Schnüre daran gebunden, um zu veranschaulichen, wie das Gehirn arbeitet. Es ist eigentlich gar nicht so kompliziert. Stellt euch vor, Kinder wissen, dass man beim Hausbau viele Ziegelsteine braucht. Diese Ziegelsteine werden aufeinandergestapelt, und so entsteht ein Haus. Genauso ist das Gehirn aus vielen kleinen Bausteinen aufgebaut, die Nervenzellen heißen.
Eine Nervenzelle ist hier dargestellt: Die Batterie symbolisiert die Zentrale, also den "Computer" der Nervenzelle. Oben befinden sich einige "Antennen", die Signale empfangen, und unten eine lange Leitung, die das Signal an die nächste Zelle weiterleitet. Das heißt, oben sind die Antennen, in der Mitte der Nervenzellkörper und unten die Leitung. Im Gehirn gibt es sehr viele solcher Nervenzellen, die miteinander verknüpft sind. Diese Verknüpfungen heißen Synapsen.
Im Gehirn sieht das ungefähr so aus, nur noch viel komplizierter. Dass das keine Erfindung ist, zeigt dieses Bild. Es ist eine echte Aufnahme mit einem Elektronenmikroskop. Man sieht unten kleine Kügelchen, die Nervenzellkörper darstellen, dann die langen Leitungen und oben viele Antennen oder Verbindungsstellen. Unten, was wie Wurzeln aussieht, sind ebenfalls Antennen. Das bedeutet, das Modell entspricht tatsächlich der realen Struktur im Gehirn.
Nun wollen wir uns überlegen, wie kompliziert das Gehirn wirklich ist. Vielleicht gibt es ja nur drei oder vier Nervenzellen? Ich habe mir ein Stück Gurke aus dem Kühlschrank geholt und daraus einen Würfel mit einem Volumen von einem Milliliter geschnitten. Jede Seite dieses Würfels ist ein Zentimeter lang. Wenn wir uns vorstellen, ein gleich großes Stück aus unserem Gehirn herauszuschneiden – was wir natürlich nicht tun – wie viele Nervenzellen wären darin enthalten?
In so einem kleinen Stück Gehirn gäbe es 460 Kilometer Antennen, 3.000 Kilometer Nervenleitungen, ungefähr so viele Nervenzellen wie Deutschland Einwohner hat, nämlich 81 Millionen, und 800 Billionen Nervenzellverbindungen. Das ist eine Zahl, die sich kaum jemand vorstellen kann.
Ich bin mir sicher, dass unser Gehirn größer ist als dieses kleine Stück. Deshalb hier neue Zahlen für das gesamte Gehirn: 560 Kilometer Antennen, 5,8 Millionen Kilometer Nervenleitungen, 100 Milliarden Nervenzellen und 10 hoch 18 Verbindungen – das entspricht einer Trillion. Diese Zahl sprengt jede Vorstellungskraft. Kein Mensch kann sich annähernd vorstellen, wie viele Verbindungen das Gehirn hat.
Dass das keine Fantasie ist, zeigt dieses Bild. Man sieht eine Nervenzelle von oben, dann einen kleinen Spalt, der etwas dunkel erscheint, und darunter die nächste Nervenzelle. Das ist die Synapse, also die Verbindung zwischen zwei Nervenzellen. Von diesen Verbindungen gibt es im Gehirn etwa 10 hoch 18, also eine Trillion. So viele Verbindungen haben wir im Gehirn.
Diese unglaubliche Menge hat Forscher dazu veranlasst, das Gehirn mit Computern darzustellen. Es gibt ein Projekt, das unter anderem in Heidelberg durchgeführt wird. Dabei wird ein Gehirn in ganz dünne Scheiben geschnitten, diese Scheiben werden mit einem Mikroskop gescannt und anschließend mit einem Computer zu einem 3D-Modell zusammengesetzt. So kann man sehen, welche Verbindungen wohin führen.
Man hat versucht, den gesamten Schaltplan des Gehirns aufzuzeichnen. Elektroniker oder Elektriker kennen solche Schaltpläne aus dem eigenen Haus. Genauso gibt es eine Verschaltung im Gehirn. Im Modell kann man tatsächlich nachvollziehen, welche Nervenzelle mit welcher verbunden ist.
Die Idee dahinter ist, dass man durch das Scannen und Darstellen aller Verbindungen das Gehirn besser verstehen kann – wie es funktioniert, wie Krankheiten entstehen und so weiter.
Es gibt jedoch ein großes Problem: Um das gesamte Gehirn in dieser Auflösung zu scannen, zu kartografieren und den Schaltplan zu entziffern, bräuchte man mit der besten derzeit verfügbaren Technik etwa zehn Millionen Jahre. Das bedeutet, dass es aktuell für den Menschen unmöglich ist, alle Verbindungen im Gehirn vollständig darzustellen.
Man kann sagen, das Gehirn sprengt jede Vorstellungskraft aufgrund seiner Komplexität. Kein anderes Tier besitzt so viele Nervenzellen wie der Mensch. Natürlich gibt es Tiere mit sehr vielen Nervenzellen und komplex aufgebauten Gehirnen, aber keine Art hat so viele Nervenzellen und Verbindungen wie der Mensch.
Der erste Punkt, der den Menschen vom Tier unterscheidet, ist also die Komplexität des Gehirns, dieses einzigartigen Organs.
Präzision und Ordnung im menschlichen Gehirn
Ich möchte noch einige Punkte ansprechen, die das Gehirn weiter unterscheiden. Ein Bild, das zunächst etwas unverständlich wirkt, kennen wir auch aus dem normalen Leben. Wenn man zum Beispiel als Elektriker ein Kabel durchschneidet, sieht man etwas Ähnliches. Man hat eine große äußere Umhüllung und im Inneren des Kabels viele einzelne Fasern.
Die Besonderheit hier ist, dass jede einzelne Faser in diesem Nervenfaserbündel isoliert ist. Es ist so wunderbar gemacht wie bei einem echten Kabel. Diese Nervenleitungen, die nichts anderes als Stromleitungen sind und elektrische Signale im Gehirn weiterleiten, führen ganz kleine Ströme. Deshalb müssen sie alle isoliert sein.
Ich erinnere mich, dass ich vor einigen Jahren aus Versehen ein Kabel mit 230 oder 240 Volt angefasst habe. Das hat sich nicht gut angefühlt. So ist es auch gefährlich, wenn im Körper Nervenfasern ohne Isolierung liegen. Das ist zum Beispiel das Problem bei Multipler Sklerose (MS), bei der die Isolierung beschädigt ist und dadurch Krankheiten entstehen.
Schaut man sich das jetzt im Detail an, zum Beispiel auf einer elektronenmikroskopischen Aufnahme, sieht man, dass dieses Nervenfaserbündel in der Mitte von vielen Umhüllungen umgeben ist. Die Nervenfaser ist sogar mehrere hundert Mal isoliert und umwickelt. Diese Isolierung ist so exakt gemacht, dass man auf dem Bild immer wieder Unterbrechungen erkennen kann.
Durch diese Unterbrechungen wird das Signal einerseits isoliert, springt aber andererseits von Unterbrechung zu Unterbrechung. Das klingt sehr kompliziert, doch man erkennt, wie präzise diese Isolierung und die Unterbrechungen konzipiert sind. Diese Unterbrechungen sind sehr wichtig und haben einen fest definierten Abstand von einem Nanometer.
Das bedeutet, dass der Kopf so präzise gebaut ist, dass er sogar im Nanometerbereich genau strukturiert ist. Man könnte sagen, dass die Präzision im Detail ein weiterer Punkt ist, der den Menschen besonders auszeichnet. In keinem anderen Lebewesen sind die Nervenfasern so präzise und so umfassend isoliert wie beim Menschen.
Entwicklung und Ordnung der Nervenzellen im Gehirn
Ein weiterer Punkt, den ich besonders spannend finde, ist die Frage: Wie ist das jetzt eigentlich? Wenn ein Mensch vor der Geburt entsteht, dann müssen sich die Nervenzellen irgendwie miteinander verbinden.
Am Anfang gibt es nur eine Nervenzelle, dann wachsen weitere. Die Frage ist nur: Woher wissen die Nervenzellen, mit welcher Zelle sie eine Verbindung eingehen müssen? Es kann ja nicht komplett zufällig sein, sonst hätten wir kein so gut funktionierendes Gehirn. Ohne diese Ordnung könnten wir nicht leben. Also muss es ein System geben.
Aber wo bitte ist dieser Schaltplan von diesem Gehirn, das so kompliziert ist, dass der Mensch ihn noch nicht vollständig entziffern kann? Es gibt verschiedene Ursachen. Ich möchte jetzt nur eine nennen: Es ist nicht eine verblühte Rose oder eine verblühte Blume, sondern die Spitze einer Nervenzelle.
Wenn die Nervenzellen entstehen und wachsen, zum Beispiel bei kleinen Kindern, dann haben sie vorne an der Spitze sozusagen eine „Nase“, mit der sie tatsächlich riechen können. Die Nervenzellen können Geruchsstoffe wahrnehmen. Wenn sie im Gehirn entstehen, wachsen sie in die Richtung von dem Geruchsstoff, den sie besonders mögen. Das heißt, sie wandern zum Beispiel in Richtung der Stirn oder in eine andere Richtung.
Sie können tatsächlich wandern. Wenn sie einen Geruchsstoff nicht mögen, wandern sie genau in die entgegengesetzte Richtung. Das wurde nachgewiesen. Die Nervenzellen können also riechen und wandern. Dadurch entsteht eine sehr hochgradige Ordnung, die man hier sieht.
Diese Linien sind solche „Schienen“, an denen sich die Nervenzellen entlanghangeln. So gelangen sie genau an die Position, an der sie hingehören. Dadurch entstehen solche „Stockwerke“, wie man sie in der Gehirnrinde findet. Diese weist eine sehr ausgeklügelte Architektur auf, also eine sehr große Ordnung im Gehirn.
Das sieht dann so aus: Hier ist ein Bild von der rechten und linken Hirnhälfte und einer Verbindung mit 250 Millionen Datenkabeln, also 250 Millionen Fasern, die von der linken in die rechte Hirnhälfte ziehen. Das ist kein Bild von einem Durcheinander, sondern von einer hochgradigen Ordnung im Gehirn.
Ja, Gott ist ein Gott der Ordnung. Das sieht man auch im Gehirn. Man sagt ja, dass bei Frauen die linke und die rechte Hirnhälfte besser verknüpft sind als beim Mann. Ob das wirklich so ist, weiß ich nicht. Das ist eher wahrscheinlich ein Spruch.
Aber man sieht es sowohl beim Mann als auch bei der Frau, dass sehr viele Fasern von der linken in die rechte Hirnhälfte ziehen.
Die Anpassungsfähigkeit des Gehirns
Dieser Teil ist für die Kinder besonders wichtig, denn er spielt eine entscheidende Rolle für das Gedächtnis. Der Hippocampus liegt mitten im Gehirn, genau in der Mitte. Man sieht hier viele Nervenzellen, die künstlich angefärbt wurden. Diese Zellen stehen fast wie Soldaten nebeneinander. Ihre Nervenleitungen verlaufen ordentlich nach unten oder in andere Richtungen.
Das Bild zeigt kein Durcheinander, bei dem einfach hundert Milliarden Nervenzellen in eine Kiste geworfen und geschüttelt wurden. Stattdessen erkennt man eine hochgradige, beeindruckende Architektur.
Eine weitere außergewöhnliche Sache beim Gehirn – nicht nur beim menschlichen Gehirn, aber besonders dort – ist folgendes: Auf dem Bild eines Gehirns fehlt etwas. Vielleicht fällt das den Kindern gar nicht sofort auf, weil sie solche Bilder noch nicht oft gesehen haben. Wer von den Kindern entdeckt, was in diesem Kopf fehlt?
Sehr gut! Es ist die Gehirnhälfte. Wir schauen von hinten auf den Kopf eines Menschen, eines Patienten, und die rechte Gehirnhälfte fehlt komplett. Ihr könnt mal zu Hause euren Papa fragen, ob ihr die Hälfte von eurem Computer ausbauen dürft und dann gucken, wie gut er noch funktioniert. Natürlich würde er nicht mehr richtig funktionieren.
Bei Menschen funktioniert das jedoch anders. Wenn die rechte Gehirnhälfte früh genug ausfällt oder sich nicht entwickelt – wie wahrscheinlich bei diesem Patienten durch einen Gendefekt vor der Geburt –, kann die andere Hirnhälfte fast alle Aufgaben übernehmen. Man nennt das Anpassungsfähigkeit oder Plastizität, also die Fähigkeit des Gehirns, Ausfälle komplett zu kompensieren.
Der bunte Bereich, der hinten im Gehirn eingefärbt ist, zeigt die Region, die für das Sehen und Wahrnehmen von Dingen zuständig ist. Diesen Patienten hat man nur zufällig entdeckt. Er war ein völlig normaler Mensch, der sich normal oder fast normal verhielt. Durch eine andere Krankheit kam er ins Krankenhaus, man machte ein Bild von seinem Kopf und wunderte sich, wie dieser Mensch nur mit der Hälfte seines Gehirns leben konnte.
Er konnte auch normal sehen, das heißt, dieser bunte Bereich hat die Aufgaben der fehlenden Gehirnhälfte komplett übernommen. Das ist eine sehr beeindruckende Fähigkeit, die man bei Maschinen oder anderen von Menschen entwickelten Dingen nicht findet.
Die Besonderheit des Gehirns ist, dass Hardware und Software – also das Programm – und das Gehirn als Organ nicht getrennt sind, sondern miteinander verschmelzen. Das Gehirn ist beides zugleich, und genau diese Anpassungsfähigkeit macht es so einzigartig.
Die Vielfalt der menschlichen Beziehungen und das Gedächtnis
Wie viele Menschen kennt ihr? Vielleicht die etwas älteren Kinder unter euch: Hier sehen wir eine Gruppe von etwa zwanzig bis dreißig Personen. Was schätzt ihr, wie viele Menschen kennt ihr? Ihr kennt eure Eltern, Geschwister, Opa und Oma, die Nachbarn, ein paar Klassenkameraden. Was schätzen die etwas älteren Kinder, wie viele Personen kennt ihr? Die Mädchen, ich habe eure Schätzungen noch nicht gehört. Über hundert? Die Jungs dürfen auch mitmachen. Wer möchte mal irgendeine Zahl schätzen? Bitte? 200, sehr gut, also 200 ist schon ziemlich viel.
Bei Kindern ist es vielleicht ungefähr so: Man weiß von Erwachsenen, dass man 5 bis 10 Personen unterscheiden kann, also auch ungefähr weiß, wo die hingehören. Und was wissen wir denn über Menschen? Wir kennen sehr häufig den Namen, vielleicht nicht von allen 10, aber doch von vielen. Wir wissen, wo sie wohnen, ungefähr. Wir kennen ihr Aussehen, die Haarfarbe, wir können sie erkennen, wir kennen ungefähr die Gesichtskonturen. Wir wissen vielleicht die Telefonnummer – früher mehr als heute, denn heute gibt es zu viele Nummern. Wir kennen den Geburtstag, das Auto, das sie fahren. Wir erkennen schon von weitem: Das muss die und die Person sein, weil das Auto das kenne ich.
Wir kennen vielleicht Instrumente, die diese Person spielt, die Stimme. Wenn wir die Stimme nur hören, ohne die Person zu sehen, dann wissen wir auch: Das ist meine Mama, das ist mein Papa. Das heißt, wir haben die Stimme auch gespeichert. Wir kennen den Charakter von Personen. Wir wissen, der eine ist immer so ganz hektisch, der andere eher langsam. Auch das haben wir in uns gespeichert.
Wir wissen, wo wir diese Person zum letzten Mal gesehen haben. Wir wissen von vielen, ob sie vielleicht eher gut Fußball spielen können oder eher gut im Schach sind, ob sie gut singen können oder ein gutes Instrument spielen. Wir kennen gemeinsame Erfahrungen. Wir wissen, wo wir ihn zum letzten Mal gesehen haben. Wir wissen sogar, ob er wahrscheinlich gerade zu Hause ist oder eher auf der Arbeit. Wir kennen ja selbst den Charakter und die Stimme.
Wenn mein Kollege morgen ins Zimmer kommt und so richtig aufgeregt und hektisch ist und irgendwas ruft, dann finde ich das ja nur seltsam, weil ich seinen normalen Charakter gespeichert habe. Ich weiß, dass er normalerweise nicht so ist und jetzt verhält er sich plötzlich anders. Das heißt, auch sein Charakter ist gespeichert.
Wenn meine Frau morgens eine ganz heisere Stimme hat, dann fällt mir das nur auf, weil ich ihre normale Stimme kenne und diese normale Stimme auch in meinem Kopf irgendwo in diesen hundert Milliarden Nervenzellen gespeichert habe. Plötzlich fällt mir auf, dass es anders ist.
Das heißt, wir wissen über diese fünf bis zehntausend Personen extrem viele Sachen, die uns häufig gar nicht bewusst sind, weil sie so schnell abgerufen werden. Man könnte also sagen, das Gedächtnis ist wie eine Bibliothek. Aber ich möchte gleich ein Beispiel zeigen, dass es noch viel komplexer ist als eine Bibliothek.
Der Mensch kennt etwa hunderttausend Wörter, bei Fremdsprachen sind es dann bis zu zweihunderttausend Wörter – Deutsch, Englisch, Russisch vielleicht. Man weiß, wenn man dieses Wort verwendet, weil man vielleicht das eine Wort eher nicht sagt, das andere Wort verwendet. Man weiß, wie man das Wort ausspricht, wie man es richtig schreibt – hoffentlich –, und wie man es im Satz einbindet. Weil man das eine Wort sagt, danach das andere, dann das dritte Wort. Wir wissen, welche Synonyme, also welche ähnlichen Wörter es gibt, und in welcher Sprache dieses Wort in einer anderen Sprache heißt.
Wir wissen, wie man sich die Schuhe bindet, wie man geht. Kein Mensch – oder zumindest die etwas älteren Menschen – muss überlegen: Jetzt den rechten Muskel anspannen, den großen Muskel entspannen, jetzt den linken Fuß nach vorne. Niemand überlegt, wie man zu gehen hat. Jeder hat es gespeichert.
Auch das ist im Gehirn, im Gedächtnis gespeichert: wie man geht. Keiner muss jeden Tag neu lernen, ein Instrument zu spielen. Wir haben es einmal gelernt und müssen dann üben. Aber an sich werden die Bewegungen, zum Beispiel beim Geige spielen, gespeichert. Wir kennen hunderte Melodien. Ihr müsst nicht bei jeder Versammlung die Lieder neu lernen. Auch Melodien speichert man, Worte speichert man.
Das Datum der Weltkriege kennt man vielleicht aus der Schule, mathematische Regeln, grammatikalische Gesetzmäßigkeiten. Wir wissen, wo wir gestern mittags waren, wo wir vor einem Jahr waren, was wir gestern zum Mittag gegessen haben, um wie viel Uhr wir heute morgens aufgestanden sind. All diese Erfahrungen, Erlebnisse und Eindrücke werden gespeichert. Natürlich nicht alles, aber das, was für uns wichtig ist.
Und das Abrufen von diesen Millionen Informationen funktioniert so schnell, dass wir uns wahrscheinlich noch kaum Gedanken darüber gemacht haben. Das ist aber noch besser als in einer Bibliothek.
Eine Frage an die älteren Kinder: War Napoleon, den man hier rechts sieht, einer der Menschen, einer der Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen? Jemand ganz schnell? Kennst du alle 60 Millionen Menschen, die im Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen? Nein? Woher weißt du dann, dass Napoleon nicht dabei war?
Schwierige Frage. Sehr gut, weil er nicht gelebt hat.
Und jetzt merken wir schon: Das menschliche Gedächtnis ist viel besser als eine Bibliothek. Man kann das Gedächtnis eher mit dem Bibliothekar, also mit dem Mitarbeiter in der Bibliothek, vergleichen. Kein Mensch kennt alle 60 Millionen Menschen, die im Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen. Trotzdem können wir wahrscheinlich fast alle mit Sicherheit sagen, dass Napoleon nicht zu diesen Menschen gehört haben kann, weil, wie gesagt wurde, er früher, deutlich früher gelebt hatte.
Das heißt, das Gehirn kann das eine Buch rausholen: Der Zweite Weltkrieg war ungefähr vor 70, 80 Jahren. Napoleon lebte noch früher. Das heißt, er kann nicht zu dieser Zeit umgekommen sein.
Genial: Man kann Sachen beantworten, die man gar nicht weiß, und trotzdem richtig antworten, indem man Informationen vergleicht und daraus Rückschlüsse zieht. Das heißt, das Gehirn hat nicht nur die Sachen gespeichert, die wir tatsächlich sagen oder abrufen können. Durch Vergleichen von Informationen wissen wir noch viel mehr und können so viel besser durchs Leben kommen.
Also, das war jetzt nur noch ein Beispiel. Aber die höheren Fähigkeiten sind so die fünfte Eigenschaft, die natürlich nicht nur den Menschen auszeichnen, aber in dieser Kombination den Menschen auch einzigartig machen.
Gefühle und das Geheimnis des Bewusstseins
Das letzte Beispiel, bevor wir ein gemeinsames Lied im Stehen singen und dann zum zweiten Teil übergehen, betrifft eine Eigenschaft, die den Menschen besonders macht: das menschliche Gehirn.
Wir sehen hier Aufnahmen von menschlichen Gehirnen. Bestimmte Bereiche sind rot oder gelb markiert, weil sie besonders aktiv sind, wenn man ein bestimmtes Gefühl hat. Man kann das durch verschiedene Messmethoden herausfinden. Das ist bei jedem Menschen in etwa gleich. Wenn jemand richtig Angst hat, kann man das messen. Dann ist dieser eine Bereich, der hier hell und bunt markiert ist, besonders aktiv. Das gilt auch bei Traurigkeit, Ekel, Zorn und anderen Gefühlen. So lassen sich bestimmte Bereiche im Gehirn feststellen, die besonders aktiv sind.
Aber was misst man da eigentlich? Man misst nur die Aktivität im Gehirn. Kein Mensch, kein Wissenschaftler kann mir sagen, was ich wirklich empfinde, wenn ich Angst vor einem Unfall habe oder wenn gerade etwas Schlimmes passiert ist. Wer kann mir sagen, was ich tatsächlich gedacht habe oder was ich wirklich gefühlt habe? Das entzieht sich vollkommen der Wissenschaft.
So schrieb ein deutscher Physiologe: Was mit den Methoden der Naturwissenschaft zu finden ist, ist Struktur und chemische Zusammensetzung. Das heißt, das, was man sehen und messen kann, sind die Organe und die Abläufe. Niemals aber wird man durch ein Mikroskop oder mit einem Messgerät eine seelische Regung im Nervensystem nachweisen können.
Wenn man wissen will, welche Gedanken, Wahrnehmungen oder Gemütserlebnisse das Gehirn hervorbringt, muss man den Menschen selbst fragen. Nicht einmal die einfachste Wahrnehmung, wie zum Beispiel Rot oder Sauer, ist mit den Methoden der naturwissenschaftlichen Hirnforschung zu erfassen.
Mit anderen Worten: Was wirklich im Gehirn passiert oder was wir uns zumindest vorstellen, was im Gehirn passiert, weiß kein Mensch. Wir können zwar ungefähr messen, was passiert. Wir können messen, wie viele Nervenzellen es gibt, wie viele Kilometer an Verbindungen, und wir wissen, welche Bereiche aktiv sind. Aber was Menschen tatsächlich fühlen, denken oder überlegen – was uns ja wirklich ausmacht – das ist der naturwissenschaftlichen Erforschung bislang völlig verschlossen. Und ich denke auch nicht, dass das jemals zugänglich sein wird.
Ein Zitat von Menschen, die sich nicht direkt zum christlichen Glauben bekennen, aber dennoch sagen: Wir erkennen, dass das Gehirn deutlich komplizierter aufgebaut ist, als wir es uns jemals vorgestellt haben. Viele neurobiologische Vorgänge entziehen sich noch immer einer endgültigen Erklärung.
Man kann also sagen: Was das Gehirn auch besonders macht, sind die vielen offenen Fragen, die wir haben. Das Eigentliche können wir nicht erklären. Auch das macht den Menschen besonders – das menschliche Gehirn. Vieles, was wir beobachten können, was wir erfahren und wodurch wir jeden Tag leben, kann nicht erklärt werden.
Abschluss des ersten Teils: Der Mensch als Geschöpf Gottes
Somit möchte ich mit diesem Zitat abschließen: „Diesen ersten Teil, der das Ohr der Menschen erschaffen hat, sollte er wirklich nicht hören, und der das Auge gebildet hat, sollte er nicht hinsehen“ aus Psalm 94.
Wir könnten jetzt ergänzen, vielleicht: Derjenige, der die hundert Milliarden Nervenzellen weise und sehr genial in einem Gehirn verbunden hat, mit wunderbaren Eigenschaften, sollte er wirklich nicht wissen, wer wir sind, was wir denken und was wir wirklich brauchen?
Bisher haben wir uns im ersten Teil die Frage gestellt: Was macht den Menschen so einzigartig? Unsere erste Antwort, der ich hoffe, dass alle zustimmen können, lautet: das Gehirn.
Doch ich denke, wir merken, dass das Gehirn nur ein Teil des menschlichen Körpers ist. Wir sind ja nicht nur Gehirn, wir sind noch viel mehr. Die Fähigkeiten des Gehirns sind beeindruckend, das Organ an sich ist sehr bemerkenswert.
Aber wir wollen jetzt einen Schritt zurückgehen und nicht nur auf das Organ schauen, sondern auch auf den Menschen als Ganzes. Dabei stellen wir uns die Frage: Ist es nur das Gehirn, das den Menschen einzigartig macht? Dahinter steht ja eigentlich die Frage: Wer ist der Mensch?
Der Mensch als Schöpfer und Entdecker
Noch einmal ein kurzer Ausflug ins Weltall mit den Kindern. Ihr wart hier schon einmal, aber jetzt sehen wir ein detaillierteres Foto von der ISS, die wir vorhin schon gesehen haben. Auf diesem Bild sieht man sogar Menschen, die dort schweben.
Die ISS ist für die Kinder, die sie noch nicht gesehen haben, manchmal am Himmel sichtbar. Es handelt sich um eine Raumstation, in der etwa sieben Personen wohnen. Diese Menschen leben dort in einer Höhe von etwa 400 Kilometern über der Erde. Dort gibt es keine Luft, zumindest nicht so, dass man atmen könnte. Die Menschen, die dort arbeiten, sind meistens Wissenschaftler. Sie führen verschiedene Projekte und Experimente durch und testen einige Dinge.
An diesem Projekt haben fünf Raumfahrtagenturen aus 16 Ländern mitgearbeitet. Doch was musste alles passieren, damit der Mensch so etwas bauen konnte?
Zuerst musste der Mensch Metall entdecken, das im Gestein vorkommt. Dann musste er lernen, es zu schmelzen und verschiedene Metalllegierungen, also Metallmischungen, herzustellen, die geeignet sind, um so etwas zu bauen. Auch Kunststoffe, Keramik und verschiedene andere Materialien mussten entdeckt und entwickelt werden. Natürlich nicht nur für die ISS, aber auch dafür.
Dann mussten Ingenieure überlegen, wie Menschen in einem luftleeren Raum überleben können. Die Raumstation muss luftdicht sein, Sauerstoff herstellen und Kohlendioxid entfernen. Außerdem musste dieses mehrere Tonnen schwere Gebilde gegen die Schwerkraft ins Weltall transportiert werden. Dort musste es dann zusammengebaut werden.
Was passiert, wenn ein kleines Loch durch einen Gesteinsbrocken entsteht? Dafür müssen Notfallpläne erstellt werden. Raketen mussten gebaut und getestet werden, und die Astronauten mussten ausgebildet und auf verschiedene Übungen vorbereitet werden.
Wie genial ist es, dass der Mensch aus nur wenigen Materialien – Keramik, Metall, Kunststoffe und vielleicht noch einigen anderen Stoffen wie Glas – ein so komplexes Gebilde baut, das wunderbar funktioniert und viele gute Experimente ermöglicht.
Ich weiß nicht, ob es hier Eichhörnchen gibt, die Aufzüge bauen und mit ihrem Aufzug in den Baum fahren, um schneller nach oben zu gelangen. So etwas gibt es natürlich nicht. Von Tieren kennen wir so etwas überhaupt nicht. Man kennt vielleicht Biber, die gewaltige Bauten im Fluss errichten, oder Bienen, die beeindruckende und sehr genaue Gebilde bauen, in denen sie wohnen und Honig speichern.
Tiere bauen also schon Dinge und entwickeln auch Sachen, aber eigentlich immer nur zum eigenen Schutz oder um Nahrung zu speichern. Nie aber in dem Sinn, wie es der Mensch tut, um neue Dinge zu entdecken.
Der Mensch wäre auch ohne diese ISS glücklich. Aber er hat einen Durst nach mehr Wissen. Er möchte mehr erkunden, mehr erforschen und ist neugierig. Die Fähigkeit zu einer solchen Entwicklung ist nur dem Menschen in diesem Ausmaß gegeben.
Die schöpferische Aufgabe des Menschen
Warum kann der Mensch so etwas tun? Dieses Bild ist vielleicht aus der Schöpfungsausstellung bekannt. Es soll den Garten Eden symbolisieren, auch wenn wir natürlich nicht wissen, wie er genau aussah. Es war ein schöner Garten, den Gott anlegte, wahrscheinlich noch ohne Hügel und ohne hohe Berge.
Als Gott den Menschen in diesen Garten setzte, lesen wir direkt im zweiten Kapitel: Gott setzte ihn in diesen Garten, damit er ihn bebaue und bewahre. Das heißt, Gott hat gleich zu Beginn der Menschheitsgeschichte dem Menschen kreative, also schöpferische Fähigkeiten verliehen.
Kreativ bedeutet hier nicht nur, besonders künstlerisch zu sein, wie im Kunstunterricht, sondern kreativ im Sinne von etwas Schöpferischem, etwas Neues zu erschaffen. Was heißt kreativ sein? Kreativ zu sein bedeutet, aus einigen wenigen Komponenten etwas völlig Neues zu schaffen, etwas, das in diesem Maß noch nicht existiert hat. Der Mensch baut aus wenigen Materialien ein ganz neues Gebilde, eine neue Maschine, etwas ganz Neues. Diese Fähigkeiten in diesem Ausmaß hat nur der Mensch.
Davon lesen wir direkt schon in diesem zweiten Kapitel: Der Mensch wurde in den Garten gesetzt, der mit verschiedenen Bäumen und Pflanzen ausgestattet war, und er sollte sie vielleicht neu kombinieren, irgendwie schön anlegen, einen schönen Garten erschaffen, Sachen anpflanzen – also auch eine schöpferische Aufgabe.
Warum sind diese schöpferischen Fähigkeiten so besonders? Ich denke, wer schon einmal an einem Auto etwas herumgeschraubt oder versucht hat, etwas zu reparieren, kann erst wirklich nachempfinden, wie kompliziert ein Auto aufgebaut ist. Wer immer nur Auto fährt und nie etwas daran verändert hat, weiß gar nicht, wie komplex ein Auto sein kann.
Vielleicht hatte Gott dem Menschen zum Teil deswegen diese schöpferischen Fähigkeiten verliehen, damit der Mensch auf die Idee kommt: Moment, wenn wir schöpferisch tätig sein können, aber nur in begrenztem Maße, wie genial muss dann der große Schöpfer sein, der diese Dinge, die wir nutzen, aus dem Nichts entwickelt hat.
Der Mensch kann nur schöpferisch tätig sein durch Sachen, die es schon gibt. Gott war Schöpfer, indem er Dinge erschuf, die es noch nicht gab. Also aus dem Nichts hat er komplett neu die Erde und das Universum erschaffen.
Die schöpferischen Fähigkeiten erweitern zum Zweiten unseren Horizont. Viele Dinge aus der Natur, vielleicht aus dem Mikroskop oder durch Teleskope, würden wir gar nicht kennen, wenn der Mensch nicht neue Sachen entdecken und erfinden könnte. Er kann Teleskope bauen, Raketen, Schiffe, Flugzeuge, Autos und so weiter. Diese Fähigkeiten erweitern also unseren Horizont und helfen uns, die Schöpfung Gottes wahrzunehmen.
Natürlich missbraucht der Mensch leider auch häufig die Entdeckungen für böse Zwecke, aber an sich erweitern sie unseren Horizont.
Der Mensch hat schöpferische Fähigkeiten, und das Interessante ist: Die erste Eigenschaft, die wir von Gott in der Bibel erfahren, ist genau diese. „Gott schuf“ – das sind die ersten Worte, die wir von Gott als Menschen hören: „Gott schuf“. Und etwas später, im zweiten Kapitel, erfahren wir, dass auch der Mensch in gewissem Maße ähnlich wie Gott erschaffen soll – natürlich viel eingeschränkter. Gott besitzt schöpferische Fähigkeiten und hat sie auch dem Menschen zum Teil verliehen.
Die besondere Gabe der Sprache
Eine Fähigkeit, die vielleicht zu den beeindruckendsten überhaupt gehört, ist die Sprache des Menschen. Ich denke, das ist die Eigenschaft, über die wir am wenigsten nachdenken, die aber gleichzeitig am beeindruckendsten ist.
Eigentlich sind sich alle Sprachwissenschaftler einig, unabhängig davon, ob sie an Gott oder einen Schöpfer glauben oder nicht, dass nur der Mensch die Fähigkeit zur Sprache hat. Kommunikation gibt es zwar auch im Tierreich. Wir wissen zum Beispiel, dass Wale kommunizieren können, Bienen ebenfalls, ebenso andere Tiere. Doch die Sprache, wie wir sie kennen, ist nur dem Menschen gegeben.
Ich weiß nicht, wie viele Sprachen ihr schätzt, dass es weltweit gibt. Für mich war es überraschend festzustellen, dass es etwa 7.000 unterschiedliche Sprachen plus unzählige Dialekte gibt. Ich weiß nicht, welcher Dialekt hier gesprochen wird. Bei uns ist es eher Saarländisch oder Pfälzisch, hier spricht wahrscheinlich jemand reines Hochdeutsch. Aber selbst innerhalb der deutschen Sprache gibt es viele verschiedene Dialekte.
Wenn man das weltweit zusammenzählen würde, käme man wohl auf mehrere Hunderttausend verschiedene Dialekte, aber etwa 7.000 an sich unterschiedliche Sprachen.
Was heißt eigentlich Sprache? Sprache bedeutet, dass ich einen Gedanken habe. Ein Gedanke ist erst einmal etwas Immaterielles, also etwas, das man nicht messen kann – weder mit einem Mikroskop noch mit anderen Messgeräten.
Dann wird dieser Gedanke durch verschiedene Organe, etwa meine Zunge, zu etwas Messbarem, nämlich zu Schallwellen. Diese Schallwellen dringen dann durch das Ohr in den gegenüberstehenden Menschen ein, und bei ihm entsteht wieder ein Gedanke.
Man könnte sagen, Sprache ist Gedankenübertragung: Ich denke etwas, ich sage etwas, und der andere denkt wieder etwas, das ich ihm gesagt habe. Das heißt, wir können komplexe Gedanken weitergeben.
Das ist das Wunder der Sprache, das Gott dem Menschen geschenkt hat. Wir haben fast unbegrenzte Ausdrucksmöglichkeiten. Jeder Mensch kann etwa 50.000 bis 100.000 Worte einsetzen.
Als Gott den Menschen schuf, gab er ihm genau diese Eigenschaft. Im zweiten Kapitel der Bibel lesen wir, dass der Mensch sprechen konnte – eine Fähigkeit, die sich nicht erst entwickeln musste, sondern die Gott dem Menschen direkt gab.
Das Beeindruckende ist auch: Gott sprach. Gott sprach, und diese Eigenschaft, die er von Ewigkeit her hatte, verlieh er dem Menschen.
Warum ist die Sprache so besonders? Wir können Immaterielles, also Dinge, die wir nur denken, zum Ausdruck bringen und dem anderen sagen. Wir können erzählen, was wir in der Vergangenheit erlebt haben. Wir können unsere Pläne für die Zukunft weitergeben.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Verstehen. Wir können unsere Emotionen ausdrücken, Gefühle, die kein Mensch messen kann. Wir können sagen: „Ich fühle mich gerade so oder so.“ Das hilft dem anderen, angemessen zu reagieren und uns vielleicht zu helfen.
Wir können Ideen weitergeben, zum Beispiel: „Ich habe vor, das und das zu tun.“ Dann kann der andere sagen: „Oh, lass das lieber, das ist nicht gut“ oder „Ja, sehr gut.“ Das ist eine wichtige Fähigkeit.
Außerdem können wir Eindrücke und Bewertungen zum Ausdruck bringen. Gott sprach, und auch der Mensch sprach. Gott brauchte genau dieses Kommunikationsmittel, dieses Werkzeug, um mit dem Menschen in Verbindung zu treten.
Weil Gott sprach, kann der Mensch auch sprechen. Weil Gott dem Menschen diese Fähigkeit gab, kann der Mensch sprechen wie Gott.
Die Fähigkeit zum Nachdenken über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Eine Fähigkeit, die den Menschen besonders auszeichnet – zumindest in dieser Tiefe – ist sein Denken über die Zeit. Der Mensch ist ein Wesen, das wie kein anderes Lebewesen, soweit wir es beurteilen können, sehr stark über die Vergangenheit nachdenken kann. Ebenso denkt er über die Zukunft nach und zieht daraus Rückschlüsse für die Gegenwart.
Ich habe noch nie Hasen gesehen, die sich auf der Wiese treffen und austauschen, was ihre Großeltern erlebt haben. Nur der Mensch überlegt, was die Menschen früher erlebt haben, was gut war, was nicht so gut war, was wir für die Gegenwart lernen können, was wir anders machen wollen und was wir so beibehalten möchten. Diese Art von Gedanken macht sich ausschließlich der Mensch.
Nur der Mensch fragt sich, warum die Titanic sank oder warum die Berliner Mauer gebaut wurde. Im Geschichtsunterricht muss der Lehrer erklären, damit die Kinder das verstehen. Man fragt sich, was die Menschen damals erlebt haben und ob sich Ähnliches vielleicht auch wiederholen könnte. Was können wir von früher lernen? Was können wir aus dem eigenen Leben lernen?
Auch die Zukunft ist ein ganz wichtiger Punkt im Denken. Die Mutter fragt sich, welche Folgen es für ihr Kind haben wird, wenn es weiterhin ohne Fahrradhelm zur Schule fährt. Wir überlegen uns, was passieren wird, wenn wir mit fast leerem Tank noch weiter auf der Autobahn fahren. Das sind Gedanken, die die Zukunft betreffen. Aber es gibt auch viel weitreichendere Fragen: Welche Zukunft hat die Erde? Welche Zukunft hat die Menschheit? Welche Zukunft habe ich? Was passiert mit mir, wenn ich sterben muss oder nach dem Tod?
Diese Fragen sind typisch menschlich. Tiere stellen sich solche tiefgehenden Fragen nicht. „Warum hast du das getan?“, fragte Gott den Menschen – ein Zitat aus den ersten Kapiteln der Bibel. Gott fragt die Frau, weil er weiß, dass sie sich an etwas aus der Vergangenheit erinnert, es bewerten und für die Gegenwart beurteilen kann. Dann muss die Frau antworten, und auch der Mann antwortet.
Das bedeutet, die Eigenschaft, über die Gegenwart und Zukunft nachzudenken sowie daraus Rückschlüsse zu ziehen, hat Gott dem Menschen gegeben. Interessant ist auch, dass Gott sieht, was er gemacht hat, und dann eine Bewertung vornimmt: „Siehe, es war gut“ oder „sehr gut“. Gott ist allmächtig, doch hier wird es fast menschlich ausgedrückt. Gott erinnert sich oder beobachtet, was er in der Vergangenheit gemacht hat, und bewertet es. Diese Eigenschaft kennen auch wir Menschen – wenn auch in viel abgeschwächter Form.
Diese Fähigkeit ist eine Eigenschaft, die den Menschen besonders auszeichnet.
Der freie Wille als besondere Eigenschaft des Menschen
Wir sehen hier viele Menschen: Einige gehen vielleicht, andere stehen und wissen nicht genau, wohin sie gehen sollen. Manche bewegen sich nach rechts, andere nach links.
Eine Eigenschaft, die den Menschen besonders auszeichnet, ist sein freier Wille – natürlich in gewissen Grenzen. Aber grundsätzlich hat der Mensch einen freien Willen.
War uns schon einmal bewusst, wie viel wir eigentlich selbst entscheiden können? Zum Beispiel, wohin wir gehen, wo wir morgen hinfahren wollen oder was wir heute Nachmittag machen. Ob wir jemanden einladen, ob wir an eine Ausstellung gehen oder einfach zu Hause bleiben. Wir können uns aussuchen, mit wem wir befreundet sein wollen. Vielleicht stellt sich eines Tages auch die Frage, wen man heiraten möchte – eine wichtige Entscheidung, die ebenfalls vom freien Willen beeinflusst wird.
Wir können jetzt entscheiden, welchen Beruf wir wählen wollen oder auf welche Schule wir gehen möchten. Oft entscheiden hier eher die Eltern, aber grundsätzlich haben wir eine Wahl. Ebenso können wir bestimmen, wie wir wohnen wollen – eher schlicht oder luxuriös – welches Auto wir uns kaufen möchten oder was wir spielen wollen. Und wir können uns entscheiden, Gutes zu tun oder Böses.
Kinder können sich entscheiden, der Mutter in der Küche beim Aufräumen zu helfen oder lieber ins Zimmer zu gehen – das alles geschieht, weil wir einen freien Willen haben. Wir sind keine programmierten Roboter, die einfach das tun, was in sie hineingespeichert wurde, ohne eine eigene Möglichkeit zur Entscheidung.
Gott schuf den Menschen auf der Erde in einem bestimmten Lebensraum, in einem gewissen Rahmen. Dort kann er seinen freien Willen, natürlich mit gewissen Einschränkungen, frei ausleben. Gott hatte Gefallen daran, ihm ähnliche Wesen zu erschaffen, die einen freien Willen besitzen, damit sie ihn aus eigenem Willen und aus eigener Überzeugung loben können.
Was wäre das für ein Lob, wenn nur Roboter im Chor stünden, die einfach ein einprogrammiertes Lied singen und dieses mechanisch abspulen? Ich denke, das merken wir selbst: Das ist kein echtes Lob. Echtes Lob kommt nur aus freiem Willen und aus einem freien Herzen.
Nur Menschen mit einem freien Willen können glauben. Glauben bedeutet unter anderem, freiwillig an einen unsichtbaren Gott zu glauben und mit ihm zu leben. Aber auch das geht nur, wenn man sich selbst dafür entscheidet. Es ist kein Glaube, wenn Roboter einfach einprogrammiert bekommen, dass es einen Gott gibt und sie an ihn glauben und zu ihm beten müssen. Das wäre kein echter Glaube.
Wir können nur glauben, weil Gott uns diesen freien Willen gegeben hat. Und nur ein Wesen mit einem freien Willen kann letztendlich zur Rechenschaft gezogen werden.
Gott könnte uns nicht zur Rechenschaft ziehen, wenn wir nur Gutes tun könnten oder nur Böses. Nein, Gott hat dem Menschen die Möglichkeit gegeben, sich so oder so zu entscheiden: Gutes zu tun oder Böses, sich für Gott oder gegen Gott zu entscheiden.
Das ist nur möglich, weil Gott dem Menschen den freien Willen gegeben hat.
Davon lesen wir auch in den ersten Kapiteln der Bibel. Es heißt nicht, dass Gott sagte: „Esst nicht davon.“ Und dann steht da, dass sie nicht davon essen konnten, weil Gott es verboten hatte. Nein, der Mensch konnte essen, obwohl Gott es abgeraten oder verboten hatte.
Und selbst bei Gott heißt es: „Gott sprach: Es werde.“ Es war Gottes Wille, und dann geschah es nach Gottes Willen, und es wurde.
Der Mensch hat einen freien Willen – natürlich in eingeschränktem Maße, wie auch Gott ihn in vollkommenem Maße hat.
Der Mensch als Ebenbild Gottes und Gemeinschaft mit Gott
Wir können festhalten: Der Mensch besitzt schöpferische Fähigkeiten. Er kann sprechen, nachdenken und hat einen freien Willen sowie viele weitere Eigenschaften, die wir hier nicht alle erwähnt haben.
Aber warum hat der Mensch viele Eigenschaften, die Gott ähnlich sind? Das liegt daran, dass der Mensch im Bilde Gottes geschaffen wurde, in seinem Ebenbild. Dies wird mehrfach in der Bibel betont. Der Mensch wurde nicht einfach als geniales Wesen erschaffen, sondern als ein Abglanz der göttlichen Herrlichkeit. Dieses Bild wird hier symbolisch dargestellt, etwa durch ein Spiegelbild, das sich zwar nicht ganz gleicht, aber doch gewisse Ähnlichkeiten aufweist.
Ich weiß nicht, ob jemand schon einmal eine Katze und eine Maus zusammen in einem Zimmer eingesperrt hat, in der Hoffnung, dass sie sich gut vertragen. Das wird meistens schiefgehen. Warum? Weil Katze und Maus zu unterschiedlich sind. Sie haben völlig verschiedene Interessen, deshalb funktioniert eine solche Gemeinschaft nicht.
Das bedeutet: Gott hat den Menschen mit bestimmten Werkzeugen oder Fähigkeiten ausgestattet, damit dieser mit ihm in Gemeinschaft treten kann. Der Mensch kann mit dem allmächtigen Gott in Kontakt treten, weil Gott ihn in seinem Ebenbild geschaffen hat.
Wir sehen noch einmal das Motiv aus Raum sieben. Es zeigt symbolisch die Erschaffung von Adam – natürlich nur symbolisch. Die Möglichkeit, mit Gott in Kontakt zu treten, ist nur dem Menschen vorbehalten. Diese Eigenschaft zeichnet den Menschen aus und unterscheidet ihn von allen Tieren. Nur der Mensch kann mit Gott eine Beziehung eingehen und Gemeinschaft haben.
Das Interessante ist: Die erste Frage, die Gott dem Menschen nach dem Sündenfall stellt, ist kein Vorwurf wie „Was hast du getan?“ oder „Ich habe es doch verboten!“. Stattdessen bringt diese erste Frage gerade den Wunsch Gottes nach einer Beziehung zum Ausdruck. Sie lautet: „Wo bist du?“ – eine Suche nach Gemeinschaft.
Ja, an Gott zu glauben und mit ihm Gemeinschaft zu haben, ist das größte Geschenk, das man sich vorstellen kann. Es ist das, was den Menschen wirklich auszeichnet und das größte Privileg, das wir als Menschen genießen dürfen.
Gott hat dich, jeden von uns, mit dem Ziel geschaffen, dass wir mit ihm in Gemeinschaft treten können. Suchst du diese Nähe? Du bist nur wirklich ein Mensch, wenn du diese Nähe und Beziehung zu Gott suchst und annimmst. Gott hat sie dir angeboten.
Schlussbild und Gebet
Ich möchte mit einem Bild enden, das wir ganz am Anfang gesehen haben, und ein kurzes Gedicht vorlesen. Es stammt ursprünglich aus dem Englischen und wurde von Carl Sagan verfasst. Er ist Astrophysiker und schrieb genau zu diesem Bild einige Zeilen.
Jeder Mensch, den es je gab,
jeder Mensch, von dem wir je hörten,
lebte hier sein Leben.
Dies ist die Plattform für alle Freuden dieser Erde und jedes Leid, für Jäger und Gejagte, jeden Helden und die vielen Vergessenen, für jeden König und jeden Bettler, jedes hoffnungsvolle Kind, für alle Väter und Mütter, für alle Erfinder und Eroberer. Sie alle lebten ihr Leben hier auf diesem Staubkorn, aufgehängt in einem Teil eines gleißenden Sonnenstrahls.
Ist für den allmächtigen Gott die Erde nicht auch so ein Staubkorn? Und wer sind wir dann? Der Staub auf dem Staubkorn? Dabei kommen mir die Worte des Psalmisten in Psalm 8, Vers 5 in den Sinn, der es so ausdrückte: „Was ist der Mensch, dass du an ihn gedenkst, und der Sohn des Menschen, dass du auf ihn achtest?“
Ist es nicht etwas Unvorstellbares, dass Gott uns winzige Wesen auf diesem winzigen Planeten mitten im Universum ausgewählt hat, damit wir mit ihm Gemeinschaft haben dürfen?
Ich möchte schließen mit diesem Bibelvers aus Offenbarung 21, der genau diesen Wunsch Gottes deutlich zum Ausdruck bringt: „Und er wird bei ihnen wohnen, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott.“
Das macht das Leben zutiefst bedeutsam und wertvoll. Es gibt uns auch die Verantwortung, mit Gott in Gemeinschaft zu leben. Amen.
Ich lade ein, dass wir gemeinsam beten. Wer möchte, kann gerne beten. Wir stehen dazu auf.
Jesus, ich danke dir, dass du uns besucht hast, dass du auf die Erde kamst, damit wir mit dem allmächtigen Vater in Verbindung und Gemeinschaft treten dürfen. Danke dir, dass du mir die Sünden vergeben hast. Danke dir für die wunderbare Schöpfung, über die wir staunen dürfen. Dich wollen wir auch als den Schöpfer dafür anbeten. Danke dir auch für diese Versammlung. Amen.