Einführung in das Thema Anfechtung
Jakobus 1,12 unter der Überschrift „Der Christ in der Anfechtung“ lautet:
Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet, denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott verheißen hat denen, die ihn lieben.
Ich lese noch einmal:
Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet, denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott verheißen hat denen, die ihn lieben.
Es geht um das Thema Anfechtungen. Jeder Christ kennt Anfechtungen. Sie können ganz unterschiedlicher Art sein. Was für den einen gar keine Gefahr darstellt, ist für den anderen vielleicht die größte Anfechtung.
Aber das Ziel ist bei den Anfechtungen immer dasselbe: Sie wollen uns aus der Bahn werfen, sie wollen uns zum Straucheln bringen, sie wollen uns verwunden, sie wollen uns zurückwerfen, sie wollen uns von Gott wegbringen. Das sind Anfechtungen.
Ursprung und Bedeutung von Anfechtungen
Wir fragen heute Morgen zunächst: Wo kommen eigentlich Anfechtungen her?
Das deutsche Wort „Anfechtung“ wird vorwiegend im juristischen Bereich verwendet. Ein Urteil wird zum Beispiel manchmal angefochten, man geht dagegen vor. Oder ein Testament wird angefochten. Das bedeutet, eine erklärte Sache soll wieder ungültig gemacht werden.
Auf diesen Aspekt komme ich später noch einmal zurück. Anfechtung heißt also, an etwas wird gerüttelt, etwas soll ungültig gemacht werden.
Das griechische Wort, das im Neuen Testament verwendet wird, ist perasmos. Es hat zwei verschiedene Bedeutungen. Es meint Anfechtung im Sinn von Erprobung. Diese Anfechtung kommt von Gott. Er konfrontiert uns mit Schwierigkeiten in unserem Leben, an denen wir wachsen und reifen sollen.
Wenn wir diese Anfechtungen mit ihm bewältigen, dann erfolgt eine Bewährung und eine Reifung im Glauben.
Ein besonders gutes Beispiel für eine solche Erprobung finden wir im Leben Abrahams, als er Isaak, seinen geliebten Sohn, opfern soll. Das war eine Erprobung. Es heißt, nach diesen Geschichten erprobte Gott Abraham. Er stellte ihn auf die Probe, ob sein Herz wirklich ganz allein an ihm hängt, an Gott, und nicht an den Gaben Gottes. Auch nicht an seinem geliebten Sohn. Dort wurde Abraham erprobt – Anfechtung im Sinn von Erprobung.
Das Wort, das im Neuen Testament verwendet wird, hat aber noch eine ganz andere Bedeutung: Anfechtung im Sinn von Versuchung. Diese Anfechtung kommt nicht von Gott, sondern von Satan, vom Teufel. Er will unser Vertrauen verwunden und uns aus der Bahn werfen. Er ist der Versucher, so tritt er in der Bibel auf.
Diese Versuchung kommt nicht von Gott.
Der Ursprung der Versuchung nach Jakobus
Ich denke, wir haben Jakobus einst noch aufgeschlagen. Wenn wir mal gerade weiterlesen, in den Versen 13 bis 15, finden wir die Überschrift „Der Ursprung der Versuchung“.
Jakobus schreibt: „Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand zur Sünde.“ Damit ist gemeint, dass Gott uns niemals zur Sünde versuchen oder verleiten will. Das wäre völlig absurd, denn Gott hasst die Sünde.
Weiter heißt es in Vers 14: „Sondern ein jeder, der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt und gelockt.“ Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde. Die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.
Also ist in Vers 13 ganz eindeutig gesagt: Gott versucht niemanden. Die Versuchung kommt von Satan, nicht von Gott.
Die Bedeutung des Vaterunsers im Kontext der Versuchung
Zwischenfrage: Warum beten wir im Vaterunser „Und führe uns nicht in Versuchung“? Schließlich beten wir zu Gott: „Und führe uns nicht in Versuchung.“ Aber eben haben wir gelesen, dass Gott niemand versucht. Warum also beten wir diese Bitte?
Die Antwort gibt uns die Bibel in der Offenbarung des Johannes. Dort wird von einer Stunde der Versuchung berichtet, die einmal über den ganzen Erdkreis kommen wird. Diese Stunde meint die letzte antichristliche Zeit dieser Weltgeschichte.
Wenn wir im Vaterunser beten „Führe uns nicht in Versuchung“, dann meinen wir damit, dass Gott uns nicht in diese letzte schreckliche Zeit kommen lassen soll. Wir bitten, dass er uns vorher aus dieser Welt herausnimmt.
Vielleicht haben wir diese Bitte im Vaterunser jahrelang unbewusst gebetet. Aber wenn wir sagen „Führe uns nicht in Versuchung“, meinen wir nicht, dass Gott uns zur Sünde verleiten soll – das wird er niemals tun. Vielmehr bitten wir: Führe uns nicht in diese letzte Zeit, in der der Antichrist auf der Erde regieren wird. Nimm uns vorher weg.
Das ist die Bedeutung dieser Bitte im Vaterunser.
Zusammenfassung der Bedeutungen von Anfechtung
Ich fasse das bisher Erarbeitete noch einmal zusammen. Das in der Bibel verwendete Wort Anfechtung hat, wie eine Münze, zwei Seiten: eine positive im Sinne von Erprobung, bei der Gott uns durch Schwierigkeiten auf die Probe stellt, und eine negative im Sinne von Versuchung, die von Satan kommt und uns zu Fall bringen will.
Bis hierhin denke ich, ist das nicht schwer zu verstehen. Jetzt wird es ein wenig schwieriger. Wir müssen alle unseren Geist auf den vierten Gang schalten. Ich hoffe, dass wir alle gut ausgeschlafen sind und das, was ich jetzt sagen will, gut erfassen können.
Jetzt wird es etwas komplizierter: Jede Versuchung zur Sünde, die in unser Leben kommt, ist von Gott her gesehen gleichzeitig eine Erprobung, aus der wir bewährt hervorgehen sollen. Darf ich das noch einmal sagen? Jede Versuchung zur Sünde, die vom Teufel in unser Leben kommt, will Gott trotzdem als eine Erprobung gebrauchen, an der wir uns bewähren sollen.
Ganz gleich, was an uns herankommt – wir sind nie vorher dazu verurteilt, zu unterliegen. Von Gott her gesehen besteht immer die Möglichkeit, eine Schwierigkeit in unserem Leben zu meistern. Mit seiner Hilfe können wir jede Anfechtung bestehen.
Wir bestehen nicht jede Versuchung, wir fallen immer wieder, aber von Gott her gesehen ist der Sieg möglich. Darum ist jede Versuchung zur Sünde, die der Teufel in unser Leben bringt, von Gott her gesehen gleichzeitig eine Erprobung, an der wir wachsen und reifen können.
Beispiel aus dem Alltag: Bewährung durch Gefahr
Ein Beispiel
Unsere frühere Wohnung in Karlsruhe lag im ersten Stockwerk. Dort gab es eine ziemlich hohe, steile und nicht ganz ungefährliche Treppe für kleine Kinder. Unser Benjamin war damals im sogenannten Grabbelalter. Er war natürlich immer in Gefahr, auf dieser Treppe zu stürzen.
Einige Leute rieten uns, oben ein Gitter anzubringen. Wenn er die Treppe herunterfällt und purzelt, könnte er sich schließlich schwer verletzen. Innerlich rangen wir mit uns: Sollten wir wirklich ein Gitter anbringen, um ihn zu schützen?
Dann dachten wir aber weiter: Unten auf dem Hof gab es noch eine Kellertreppe. Dort müssten wir dann auch ein Gitter anbringen. Am Haus, an der Rückwand, war sogar noch eine Wendeltreppe als Notausgang. Auch dort müsste ein Gitter hin. Schließlich entschieden wir: Nein, wir machen kein Gitter hin.
Wir versuchten stattdessen, den kleinen Benjamin von Anfang an an die Gefahr der Treppen im Haus und auf dem Grundstück zu gewöhnen. Wir setzten ihn also in gewisser Weise der Gefahr aus – aber nicht mit der Absicht, dass er herunterfällt und sich alle Knochen bricht. Vielmehr war unser Ziel, dass er sich bewährt und sich an die Gefahr gewöhnt.
Er sollte lernen, mit der Gefahr umzugehen. Gott hat uns Bewahrung geschenkt: Er hat keinen einzigen nennenswerten Sturz auf den Treppen gemacht. Es ist gut gegangen. Er hat sich an die Treppen gewöhnt und kann sie inzwischen natürlich problemlos hoch- und runterlaufen.
Seht, genauso macht es der himmlische Vater mit uns. Gott schirmt uns nicht vor allen Gefahren unseres Lebens ab. Er lässt uns nicht in einem Glashaus aufwachsen. Stattdessen lässt er auch Versuchungen zur Sünde in unserem Leben zu – nicht damit wir straucheln und fallen, sondern damit wir uns bewähren.
Die Bedeutung der Bewährung im Glauben
Mir ist in letzter Zeit in der Bibel etwas ganz Besonderes aufgefallen: Gott legt großen Wert auf die Bewährung seiner Kinder – auf Bewährung. Nur was bewährt ist, gilt in Gottes Augen als echt.
Manchmal haben wir bestimmte Wahrheiten aus der Bibel im Kopf. Doch wenn diese Wahrheiten sich nicht im praktischen Alltag bewähren, taugen sie überhaupt nichts. Die reine Theorie im Kopf nützt nichts, wenn sie sich im Leben nicht bewährt.
Und genau das will Gott: Er möchte, dass wir bewährt werden. Deshalb heißt es in Jakobus 1,12: „Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet, die er besteht; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen.“
Wenn wir also die Anfechtung durchstehen, findet Bewährung in unserem Leben statt. Das ist eine ganz wichtige Sache.
Umgang mit Versagen und Gottes Treue
Und wenn wir uns nicht bewähren, wenn wir schwach sind und versagen – was ist dann? Dann ist Gottes Treue groß. Fallen ist nicht das Schlimme, liegenbleiben ist das Schlimme. Es ist Gottes größte Freude, seine gefallenen Kinder wieder aufzuheben, wenn wir auf der Nase liegen.
Ich denke an unseren Benjamin, als er Laufen gelernt hat. Meint ihr, als er zum ersten Mal auf die Nase gefallen ist und in der Pfütze lag, haben wir gesagt: „Du lernst das Laufen nie. Das schaffst du einfach nicht, wir tragen dich für den Rest deines Lebens“? Nein, wir haben gesagt: „Komm, steh auf, ist nicht so schlimm, das putzen wir ab, kein Problem, lauf weiter.“
So macht es Gott auch mit uns. Der Teufel kommt und sagt: „Komm, bleib liegen, du schaffst es nie, das hat keinen Sinn, gib es auf.“ Das ist immer die Stimme des Feindes. Gott hingegen ist der große Ermutiger, der sagt: „Mach weiter, steh auf, lauf weiter, ich hab dich an meiner Hand.“
Und wenn du noch einmal fällst – in den Sprüchen im Alten Testament steht: „Der Gerechte fällt siebenmal.“ Das heißt, er fällt immer und immer wieder. Aber dann heißt es weiter: „Und steht wieder auf.“ Das ist wichtig: Steh wieder auf!
Also, wenn wir uns mal nicht bewähren, wenn wir versagen – weitermachen, aufstehen, weitergehen.
Die positive Sicht auf Anfechtungen
Ihr Lieben, wir müssen lernen, Anfechtungen in unserem Leben positiv zu sehen. Nichts läutert unseren Glauben so sehr wie der Schmelzvorgang der Anfechtung.
Vorhin haben wir gehört, wie das Gold durchs Feuer bewährt wird. Dabei wird die Schlacke herausgeschmolzen. Alles Unedle muss entfernt werden, damit das Gold wirklich seinen Wert erhält. So macht es auch Gott mit uns. Er lässt uns manchmal in einen Schmelzvorgang kommen. Das ist nicht angenehm, aber das Ziel ist immer die Bewährung.
Ein anderes Bild ist der Sturm. Wenn der Sturm durch die Wälder hindurchfegt, müssen sich die Bäume bewähren. Alles Morsche und kranke Holz wird abgefegt und muss herunterfallen. Das, was stehen bleibt, wird verwurzelt, damit es noch fester steht.
Das kann man immer wieder beobachten: Die Bäume am Waldrand haben viel tiefere Wurzeln als die, die mitten im Wald stehen. Sie müssen sich im Sturm bewähren.
Also, ihr Lieben, ich möchte eigentlich keine Zeit in meinem Leben missen. Aber die Zeit der Anfechtung, die Zeiten, in denen Gott mich in Schwierigkeiten und sogar in große Nöte geführt hat, möchte ich niemals missen. Das waren Zeiten, in denen Verwurzelung in Jesus geschah, Zeiten, in denen es tief nach unten ging.
Lasst uns das positiv sehen.
Anfechtungsbereiche im Leben
Jetzt eine zweite Frage: Wann und wo treten eigentlich Anfechtungen auf? Wir haben bereits gesehen, woher sie kommen. Doch wann und wo genau treten sie auf? Das ist natürlich von Person zu Person verschieden. Dennoch gibt es einige Bereiche in unserem Leben, die besonders anfällig für Anfechtungen sind und in denen wir besonders gefährdet sind.
Ich möchte zunächst ganz von der Bibel herkommen. Dazu müssen wir eine Stelle im ersten Johannesbrief aufschlagen. Wir haben zuvor den Jakobusbrief gelesen. Wenn ihr etwas zurückblättert, kommt der Hebräerbrief, und dann gleich der erste Johannesbrief, auf Seite 266.
Dort lesen wir 1. Johannes 2,15-17. Das ist eine Schlüsselstelle für den Bereich der Anfechtungen. Johannes schreibt: „Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist! Wenn jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters. Denn alles, was in der Welt ist, Fleischeslust, der Augenlust und hoffärtiges Leben, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. Und die Welt vergeht mit ihrer Lust, wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit.“
In Vers 16 werden drei Hauptbereiche der Anfechtung genannt: Fleischeslust, das heißt körperliche Begierde; Augenlust, das heißt Begehrlichkeit der Augen; und hoffärtiges Leben, was wir heute als Überheblichkeit bezeichnen würden. Diese drei Bereiche werden hier besonders hervorgehoben.
Wenn wir in der Bibel weiterlesen, sehen wir, dass der Feind gerade auf diesen Gebieten immer wieder besonders angreift.
Biblische Beispiele für die drei Anfechtungsbereiche
Wir finden die Versuchungsgeschichte ganz am Anfang der Bibel, als Eva verführt wird. Wir wollen die Geschichte hier nicht im Detail nachlesen, sehen aber, dass der Teufel genau drei Bereiche angreift.
Zunächst die Lust der Augen: Eva sieht den Baum im Paradies und erkennt, dass die Früchte davon gut zu essen sind. Dann kommt die Begehrlichkeit der Augen hinzu – sie nimmt von der Frucht und isst davon. Hier spielt die körperliche Begierde, also Hunger und Essen, eine Rolle. Schließlich wirkt auch die Überheblichkeit mit: Die Schlange hatte zuvor zu Eva gesagt, sie werde sein wie Gott.
Diese drei Bereiche – Lust der Augen, körperliche Begierde und Überheblichkeit – finden wir bei der Versuchung von Adam und Eva im Paradies.
Wenn wir nun Jahrtausende weitergehen, sehen wir, dass Jesus Christus, der zweite Adam, in der Wüste vom gleichen Feind, dem Satan, versucht wird. Auch hier sind es wieder diese drei Bereiche.
Zuerst fordert der Teufel Jesus auf, aus Steinen Brot zu machen – also die körperliche Begierde nach Essen. Jesus hatte Hunger, weil er vierzig Tage gefastet hatte. Dann nimmt der Teufel Jesus mit auf einen hohen Berg und zeigt ihm alle Reiche der Welt in einem Augenblick. Diese Versuchung richtet sich an die Lust der Augen. Wir können uns kaum vorstellen, wie es ist, alle Reiche der Welt auf einmal zu sehen.
Schließlich bringt der Teufel Jesus auf die Zinne des Tempels und fordert ihn auf, herunterzuspringen, mit dem Versprechen, dass Engel ihn auffangen würden. Das ist eine Versuchung zur Überheblichkeit: Wenn Jesus gesprungen wäre und erwartet hätte, dass ihn die Engel tragen, hätte er sich über Gott gestellt.
Auch hier sehen wir wieder die drei Bereiche, die schon im Paradies angegriffen wurden. Der Feind nimmt diese Bereiche besonders ins Visier.
Wenn der Teufel also Eva und Jesus Christus auf diesen Gebieten versucht hat, wird er es bei uns nicht auch versuchen?
Ausführungen zu den drei Anfechtungsbereichen
Körperliche Begierde
Körperliche Begierde – darf ich das ein bisschen ausführen? Manche Menschen sind fresssüchtig. Das ist eine ganz große Not. Ich sage das nicht richtend und auch nicht von oben herab. Es ist einfach eine große Not. Diese Menschen müssen immer essen, essen, essen – das ist furchtbar.
Oder es gibt die süße Sucht, immer Süßigkeiten zu futtern. Ich weiß, dass tiefe psychische Probleme die Ursache sein können. Deshalb sage ich das ganz bewusst vorsichtig. Ich möchte nur einfach einmal einige Beispiele aufzählen: Alkoholsucht. Das alles gehört zur unterkörperlichen Begierde.
Wir haben über zwei Millionen Alkoholiker im vereinten Deutschland. Die Dunkelziffer kennt niemand. Viele sind Feierabend-Alkoholiker. Dann gibt es die Nikotinsucht und die sexuelle Sucht – Menschen, die süchtig nach Sex sind. In unserer sexualisierten Gesellschaft heute sind viele genau daran gebunden.
Ihr Lieben, wenn ich das so aufzähle, gehört auch das Folgende dazu: Wenn wir merken, dass wir irgendwo betroffen sind – auch ich musste das prüfen, als ich mich auf diese Predigt vorbereitet habe –, dann lasst uns das als Anfechtung im Sinne von Versuchung erkennen und damit zu Jesus kommen.
Bei ihm sind wir ganz gewiss an der richtigen Adresse. Er allein kann uns freimachen, auch von solchen Dingen der körperlichen Begierde. Er hat gesagt: „Wenn euch nun der Sohn freimacht, dann seid ihr wirklich frei.“
Augenlust
Ich möchte den Bereich der Augenlust ansprechen, die Begehrlichkeit der Augen. Das fällt alles unter das Stichwort Habgier. Man sieht etwas und will es unbedingt haben. Habgier zeigt sich darin, gierig nach Geld zu sein, gierig nach bestimmter Kleidung, gierig nach einem Auto, einem Haus, Land, einem Motorrad oder anderen Gegenständen, die angeboten werden. Ich kann gar nicht alle aufzählen. Man sieht etwas und will es haben.
Ein weiterer Bereich ist die Mediensucht – nicht Mädchensucht, die es zwar auch gibt, sondern die Sucht nach Fernsehen. Wir wissen aus Statistiken, dass es heute in Amerika Vierzehnjährige gibt, die bereits zehntausend Morde im Fernsehen gesehen haben. Sie ziehen von morgens bis abends sämtliche Filme rein. Wenn diese Saat einmal aufgeht im Leben eines jungen Menschen, sind das zehntausend Morde, viele Vergewaltigungen, Ehebrüche und all die Dinge, die ständig in den Medien und im Fernsehen verherrlicht werden.
Ich bin kein Fernsehgegner, habt keine Angst. Ich sage nicht, dass wir das Fernsehen komplett abschaffen müssen. Es geht darum, richtig damit umzugehen. Das Gerät hat einen Knopf zum Einschalten – und meistens auch denselben zum Ausschalten. Nur muss man den richtigen Zeitpunkt finden.
Dann gibt es die Videoseuche, ihr wisst, was ich meine, und Zeitschriften. Alles fällt unter den Bereich der Augenlust, wo der Teufel heute versucht, uns zu verführen. Ihr Lieben, ihr müsst nur mal in einen normalen Edeka-Laden, einen Minimarkt oder wie die heißen, oder in eine Tankstelle gehen. Man will dort Benzin tanken und kommt nicht darum herum, dass einem irgendwelche pornografischen Sachen ins Auge fallen.
Vor dreißig Jahren wäre das unmöglich gewesen. Damals hätten die Leute solche Läden boykottiert und gesagt: „In den Laden gehe ich nie mehr, in die Tankstelle gehe ich nie mehr.“ Heute haben wir uns daran gewöhnt. Man kann hingehen, wo man will – überall gibt es Pornografie. Das ist unsere Gesellschaft, und wir leben mittendrin.
Sich im Bereich der Augenlust, der Begehrlichkeit der Augen, zu bewähren, ist nicht leicht. Aber wir können zu dem kommen, der nie begehrlich eine Frau angeschaut hat, obwohl er viel mit Frauen zu tun hatte: zu Jesus. Er kann uns da helfen – gerade uns Männern, auch mir.
Überheblichkeit
Augenlust, Überheblichkeit und Geltungsbedürfnis sitzen tief in uns drin. Stolz, Egoismus, Eifersucht und Machtstreben sind Bereiche, in denen der Teufel uns packen will.
Viele Probleme in der Politik, in Betrieben und auch in Gemeinden haben letztlich die verborgene Wurzel der Geltungssucht. In Gemeinden kommt es oft zu Spaltungen und Zerwürfnissen. Häufig liegt die Ursache darin, dass jemand seine eigenen Interessen durchsetzen will.
Deshalb müssen wir aufmerksam und wachsam sein.
Weitere Bereiche der Anfechtung
Und es gibt natürlich neben diesen drei Schwerpunktbereichen, die uns die Bibel nennt, noch weitere Bereiche unseres Lebens, in denen wir angefochten werden können. Ich möchte einfach noch einige aufzählen.
Da ist zum Beispiel die Welt der Gedanken. Wie kann der Teufel dort einwirken und uns in gedankliche Zwänge bringen? Die Gedanken sind nicht frei. Der Spott von Nichtchristen kann uns wirklich zur Anfechtung werden, etwa wenn Arbeitskollegen spotten.
Auch Beate, die Tochter von Frau Rentsch, die in einer Behindertenwerkstatt arbeitet, erlebt das. Sie wird sogar von Vorgesetzten oder anderen verspottet, weil sie sagt, dass sie an Gott glaubt.
Oder die Krankheit: Wie kann Krankheitsleiden zur Anfechtung werden, gerade für Kinder Gottes, die dadurch an der Liebe Gottes zweifeln oder ins Wanken geraten? Leiden und Not können solche Anfechtungen auslösen.
Ich habe gestern einen Anruf bekommen, bei dem ich schon nach den ersten Worten merkte, dass eine Frau tief angefochten ist. Sie rief aus dem Krankenhaus an und sagte: „Wilfried, ich bin so angefochten. Ich habe eine Operation im Unterleib hinter mir, und jetzt funktioniert meine Blase nicht.“
Ich weiß nicht, wer das schon einmal erlebt hat, aber das ist eine große Anfechtung. Man will, aber man kann nicht. Die Blase funktioniert nicht. Das ist eine ganz schwere Anfechtung. Sie sagte: „Ich habe gebetet, Herr, hilf doch, du kannst das doch wieder in Ordnung bringen.“ Aber es ging nicht. Sie musste einen Katheter bekommen und so weiter.
Das ist eine Anfechtung, bei der man ins Wanken kommen kann: „Herr, hast du mich denn nicht mehr lieb? Du siehst doch, wie ich hier sitze.“
Als diese Frau fertig war, kam noch eine Türkin ins Zimmer, die von morgens bis abends Besuch hatte und einen lauten Fernseher anstellte. Die Frau war ohnehin schon am Boden. Und dann sagte sie: „Herr, ich bin so angefochten.“
Solche Situationen gibt es im Alltag. Nichts gegen die Türkin, damit das niemand falsch versteht. Es gibt auch Deutsche, die viele Besucher haben.
Wir haben gesehen, dass es Bereiche gibt, in denen wir besonders angefochten werden können. Ich weiß nicht, wo du angefochten bist, aber ich denke, jeder von uns kennt seine Schwachstellen.
Zeiten besonderer Anfechtung
Nun zur Frage, wann Anfechtungen besonders häufig auftreten. Ich habe bei mir selbst beobachtet, dass Anfechtungen in Zeiten geistlicher, seelischer und körperlicher Schwachheit zunehmen und sich häufen.
Das ist besonders gemein, denn gerade wenn es uns ohnehin schon schlecht geht, werden wir noch stärker angefochten. Dann scheint der Teufel regelrecht an uns zu „rennen“. Er will uns nicht nur ein bisschen ärgern, sondern uns wirklich von Gott, von der Bibel und von der Gemeinde wegbringen – immer mit dem gleichen Ziel.
In der Schwachheit sieht diese Frau im Krankenhaus jetzt noch besonders viele Anfechtungen. Wenn wir fix und fertig sind, wenn Körper und Seele keine Abwehrkraft mehr besitzen, dann ist die Versuchung am größten. Wenn der Herr nicht für uns streiten würde, wären wir sicher verloren. Doch Jesus Christus hat dem Teufel den Kopf zertreten. Der Feind ist besiegt und darf nur noch Rückzugsgefechte führen. Daran halten wir fest.
Anfechtungen nehmen auch dann zu, wenn Gott in besonderer Weise segnet in unserem Leben. Im Leben derer, für die wir beten, oder in der Gemeinde – besondere Segnungen Gottes sind oft mit besonderen Anfechtungen verbunden.
Vielleicht ist es ein Sieg über eine Bindung, die mich schon lange belastet hat. Vielleicht ein Durchbruch zum Glauben bei einem Menschen, um den ich lange gerungen habe. Oder bei der Evangelisation oder einer schweren Seelsorge, wo ein Durchbruch geschieht – das kann mit besonderer Anfechtung verbunden sein.
Alle, die in der Verkündigung stehen, kennen das auch: Vor und nach der Verkündigung können besondere Anfechtungen auftreten. Ich kann euch sagen, ich habe für kaum eine Predigt so lange Vorbereitungszeit gebraucht wie für diese Predigt heute Morgen über Anfechtung. Ich sitze seit Monaten an dieser Predigt und habe gestern den dritten Anlauf genommen – das ist mir selten passiert.
Ich habe einfach auch mit dem Herrn gerungen und erwarte einen besonderen Segen heute Morgen durch diese Predigt, weil sie so angefochten war. Ich zähle das einfach auch auf, damit wir uns wappnen können. Diese Bereiche gilt es zu kennen, denn erkannte Gefahr ist ein Stück weit gebannte Gefahr. Darum müssen wir wissen, wo wir besonders gefährdet sind und wann Anfechtungen besonders häufig auftreten.
Wie Christen in der Anfechtung bestehen können
Lasst mich in einem dritten und abschließenden Teil noch darauf eingehen: Wie können wir nun als Christen in der Anfechtung bestehen? Welche Hilfen haben wir? Was gibt uns Gott an die Hand, damit wir am bösen Tag standhalten können?
Zunächst gilt es, auf den Herrn Jesus zu schauen. Er wurde versucht wie wir. Die Bibel sagt im Hebräerbrief, Kapitel 4, Vers 15, dass er versucht wurde wie wir, doch ohne Sünde. Das ist sehr tröstlich für uns, denn wir haben einen Herrn, der in denselben Kämpfen stand wie wir. Er war unter dem gleichen Beschuss, doch er wurde nie besiegt. Er stand fest und widerstand. An ihn dürfen wir uns klammern – er, der Sieger, ist auf unserer Seite.
Berder Isselmann sagt: Mit Jesus sind wir immer in der stärksten Partei. Wenn wir auf seiner Seite stehen, ist das ganz, ganz wichtig. Darum sollen wir auf Jesus schauen, auf den Anfänger und Vollender des Glaubens.
Dann gilt es, wachsam zu sein. Die Bibel mahnt immer wieder zur Wachsamkeit. Das meint eine innere Wachsamkeit, natürlich auch eine äußere. Aber vor allem brauchen wir wache Augen gegenüber Satan und der Welt. Ebenso wichtig ist ein gesundes Misstrauen gegenüber uns selbst, gegenüber unserem eigenen Herzen.
Die Bibel sagt, unser Herz ist von Jugend an böse und betrügt uns. Oft werden wir von unserem eigenen Inneren betrogen. Dort lauern viele Gefahren, und dort gilt es, standzuhalten.
Jakobus schreibt: „Widersteht dem Teufel, dann flieht er von euch.“ Wir brauchen nicht vor dem Teufel zu fliehen. Nirgendwo in der Bibel steht, dass wir vor dem Teufel fliehen sollen. Wo sollten wir auch hinfliehen? Er ist Geist und kann uns überall versuchen.
Wir sollen nicht vor dem Teufel fliehen, sondern vor der Sünde. Das ist ein wichtiger Unterschied. In der Bibel steht viermal: „Flieht die Sünde“, „flieht die Lüste der Jugend“, „flieht die Hurerei“ und „flieht die Unsucht“. Joseph zum Beispiel floh, als ihn die Frau seines Herrn Potiphar verführen wollte. Aber es steht nirgends, dass wir vor dem Teufel fliehen sollen. Stattdessen heißt es: „Widersteht dem Teufel.“
Heute gibt es viele Gläubige, die der Sünde widerstehen wollen, aber vor dem Teufel fliehen. Sie meinen, sie könnten bestimmte Dinge, die im Grenzbereich der Sünde liegen, aus einer falsch verstandenen christlichen Freiheit tun. Aber vor dem Teufel haben sie Angst und laufen vor ihm weg. Sie fürchten sich, in bestimmte Gebäude zu gehen, weil dort vielleicht einmal eine Veranstaltung war, die nicht gut war. Doch wir können in solche Gebäude gehen, ohne Angst zu haben.
Unsere Missionare in Neuguinea gehen mutig in solche Orte, nicht aus Gier oder Leichtfertigkeit, sondern weil sie wissen: Jesus wohnt in mir, und er ist stärker als die Mächte der Zauberei. Als die Neuguinesen das sahen, kamen sie zum Glauben an Jesus. Sie erkannten, dass der Gott, den wir anbeten – Jesus Christus – stärker ist als ihre Zaubermächte.
Wenn andere Neuguinesen in diese Häuser gingen, fielen sie tot um. Todeszauber, Sanguma gibt es auch im Vodukult in Brasilien und anderen Orten. Wir sehen also: Wir brauchen nicht vor dem Teufel zu fliehen, sondern wir sollen ihm widerstehen.
Wie widersteht man dem Teufel? Jakobus sagt: „Naht euch zu Gott, dann naht er sich zu euch.“ Das bedeutet, im Augenblick der Versuchung, wenn ich merke, dass der Feind angreift, mich Gott nahe zu bringen. Im Gebet zu Gott zu schreien, zu ihm zu fliehen, zu Jesus zu kommen, unter sein Kreuz.
Wir singen ein Lied: „Satan flieht, Satan flieht, Satan flieht“, wenn er Gottes Kinder unterm Kreuz sieht. Dann muss er fliehen. Das ist ganz wichtig: Zu Jesus nahen.
Jesus selbst sagt im Garten Gethsemane zu seinen Jüngern: „Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt.“ Das ist der Weg: Wachen und beten, zum Herrn fliehen, zu ihm schreien: „Herr, ich bin angefochten. Sieh, da kommt wieder die Versuchung. Der Feind naht, er will mich zu Fall bringen. Er will mein Vertrauen zerstören, er will mir die Gültigkeit dessen nehmen, was du mir geschenkt hast. Du hast mich doch angenommen, ich bin doch dein Kind. Du hast mir die Sünden vergeben, du hast mir die Gewissheit geschenkt, dass ich gerettet bin, dass ich ein Christ bin.“
Und das will er mir alles rauben. „Herr, ich fliehe zu dir, halte mich jetzt fest!“ Das ist der Weg.
Natürlich kann es auch helfen, wenn ich einen Menschen um Hilfe bitte. Wenn jemand anruft und sagt: „Ich bin sehr angefochten, bitte betet für mich.“ Oder in der Gemeinde sagt: „Ich bin angefochten, bitte betet diese Woche für mich.“ Das ist selbstverständlich auch möglich.
Abschlussgedanken zur Anfechtung
Ich muss zum Schluss kommen: Die Bibel zeigt sehr deutlich die Gefahren der Anfechtung auf. Sie schildert aber auch die positive Seite, nämlich dass wir in diesen Kämpfen und Anfechtungen Bewährung erleben können. Wenn wir diese Prüfungen durchstehen, sind wir nicht mehr dieselben. Wir sind gereift und haben unsere Wurzeln tiefer im Herrn versenkt – das ist Bewährung.
Darum kann Jakobus sogar in Kapitel 1, Vers 2 sagen: „Meine lieben Brüder, achtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallt.“ (Jakobus 1,2) Man könnte meinen, das sei irgendwie daneben. Doch die Bibel sieht das so. Wir dürfen uns sogar freuen, denn Anfechtung ist eine Gelegenheit zur Bewährung. Sie will uns letztlich im Glauben weiterhelfen, weil der Herr treu ist und uns durchhilft.
Anfechtungen sind Umarmungen Gottes, hat Martin Luther gesagt. Sie sind uns zur Bewährung gegeben. Denkt daran: Nur was bewährt ist, ist echt in Gottes Augen.
Wir wollen jetzt einen Augenblick still werden, jeder für sich auf seinem Platz. Dann wollen wir diese Stille mit einem Gebet abschließen.
Herr Jesus Christus, jetzt kommen wir zu dir und wollen dir von ganzem Herzen danken, dass du uns so gut verstehen kannst. Du warst Mensch und hast ein Leben auf dieser Erde gelebt. Du hast genau die gleichen Anfechtungen durchgemacht und hast widerstanden. Du bist siegreich hindurchgegangen, und wir sind jetzt auf deiner Seite.
Ach Herr, du kennst jeden Einzelnen von uns. Du weißt, wo wir besonders angefochten sind – vielleicht auch jetzt gerade, heute Morgen. Danke, dass du uns lieb hast, dass du uns verstehst und dass du uns aufrichten und stärken willst. Danke, dass du jetzt auch mit uns in diese Woche gehst, in der vielleicht die eine oder andere Anfechtung auf uns zukommt.
Lass uns lernen, das positiv zu sehen: Dass es von dir her Gelegenheiten zur Bewährung sind. Hilf, dass sich jeder von uns bewähren kann in den Kämpfen, dass wir fest werden in dir und unsere Wurzeln ganz tief gehen.
Wir preisen dich, dass du uns mit ganz großer Geduld und Liebe trägst. Das wirst du auch weiterhin tun. Amen.
Gebetsabschluss
Es scheint, dass kein Text zum Überarbeiten vorliegt. Bitte stellen Sie den zu überarbeitenden Text bereit, damit ich Ihnen helfen kann.
