I. Die Große Freude (57-59a)
Die Freude ist gross
Nun gebar Elisabeth in ihrem hohen alter einen Sohn. Das blieb natürlich nicht verborgen. Nachbarn und Verwandte hörten von diesem besonderen Ereignis und sie freuten sich mit ihr. Wir würden vielleicht eher die Nase rümpfen und sagen: Das ist ja unmöglich, in diesem hohen Alter noch ein Kind. Bei uns meldet man schon Bedenken an, wenn eine Frau erst über dreissig ihr erste Kind hat, obwohl diese Volksweisheit sich als unbegründet erwiesen hat. In Israel dachte man anders über die Nachkommen. Schliesslich musste Sara auch 90 Jahre alt werden, bis sie ihren Sohn Isaak gebar. Und was ist aus diesem Sohn geworden! Isaak gehört zu den Erzvätern des Volkes Israel. Wäre Isaak nicht geboren, gäbe es das Volk Israel, wie es heute ist, nicht. Das Bewusstsein, dass in den Nachkommen die Vorfahren weiterleben war im Volk stark verwurzelt. Kinder galten grundsätzlich als eine Gabe Gottes. Und so war die Freude gross unter den Nachbaren und Verwandten und es war für sie klar: Dass Gott so grosses Erbarmen mit ihr (der Elisabeth) gehabt hatte. Lk.1,58.
Die Beschneidung
Am achten Tage kamen diese Nachbaren und Verwandten, um der Beschneidung des Kindleins beizuwohnen. Die Beschneidung der Vorhaut gehört zum Leben der Juden bis heute. Auch heute werden die jüdischen Buben am achten Tag beschnitten. Diese Beschneidung forderte Gott bereits von Abraham. So sagt er ihm: So haltet nun meinen Bund, du und deine Nachkommen von Geschlecht zu Geschlecht. / Das aber ist mein Bund, den ihr halten sollt zwischen mir und euch und deinem Geschlecht nach dir: Alles, was männlich ist unter euch, soll beschnitten werden; / eure Vorhaut sollt ihr beschneiden. Das soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und euch. Gen.17,9-11. Jedes Knäblein, wenn's acht Tage alt ist, sollt ihr beschneiden bei euren Nachkommen. Desgleichen auch alles, was an Gesinde im Hause geboren oder was gekauft ist von irgendwelchen Fremden, die nicht aus eurem Geschlecht sind. Gen.17,12. Sie ist ein Zeichen für den Bund Gottes mit Abraham. Und das Volk, die Nachkommenschaft Abrahams soll damit diesen Bund immer wieder bekräftigen. Aber es zeigte sich, dass Israel sich nicht an diesen Bund erinnerte und dieses Zeichen nicht dazu verhalf, dass sie Gott treu blieben und ihm vertrauten. So zeigte bereits Mose dem Volk, die tiefere Bedeutung dieser Beschneidung. Er sagt ihnen: So beschneidet nun eure Herzen und seid hinfort nicht halsstarrig. Dt.10,16. Und Paulus erklärt den Juden: Die Beschneidung nützt euch nur, wenn ihr das Gesetz befolgt. Wenn ihr es übertretet, steht ihr in Wahrheit den Unbeschnittenen gleich. Rö.2,25. Die äussere Beschneidung ist bereits im Alten Bund hinfällig geworden, wenn sie nur als traditionelle Handlung verstanden u. praktiziert wurde. Eigentlich sollte die äussere Beschneidung ein Zeichen für die innere Beschneidung, für die Beschneidung des Herzens sein.
Diese Beschneidung des Herzens kennen wir auch heute noch. Sie findet aber nicht am 8. Tag nach der Geburt statt, sondern dann, wenn wir uns Jesus zuwenden. So sagt Paulus: Die wahren Juden sind die, die es innerlich sind, und die wahre Beschneidung ist die Beschneidung des Herzens, die nicht nach dem Buchstaben des Gesetzes erfolgt, sondern durch den Geist Gottes. Juden in diesem Sinn suchen nicht den Beifall der Menschen, aber sie werden bei Gott Anerkennung finden. Rö.2,29.
Bist du inwendig an deinem Herzen beschnitten? In Christus allein wohnt wirklich und wahrhaftig die Heilsmacht Gottes in ihrer ganzen Fülle, / und durch ihn allein wird euch die Fülle des Heils zuteil, nicht durch irgendwelche andere Mächte. Denn Christus ist das Oberhaupt jeder Macht und Gewalt im ganzen Kosmos. / Durch Christus seid ihr auch beschnitten worden – nicht am Körper, sondern so, dass ihr den ganzen Körper, sofern er unter der Herrschaft der Sünde steht, abgelegt habt. Dies geschah in der Christus-Beschneidung, / der Taufe. Als ihr getauft wurdet, seid ihr mit Christus begraben worden, und durch die Taufe seid ihr auch mit ihm zusammen auferweckt worden. Denn als ihr euch taufen liesst, habt ihr euch ja im Glauben der Macht Gottes anvertraut, der Christus vom Tod auferweckt hat. Kol.2,9-12. Durch Jesus, im Glauben und Vertrauen auf ihn, werden unsere Herzen beschnitten. Bist Du schon beschnitten mit der Beschneidung, die nicht mit Händen geschieht? Das kann nur Jesus tun, wenn du Buße tust und Jesus nachfolgst, dann schenkt er Dir neues und ewiges Leben. Gerne helfen wir und erklären wie diese Beschneidung, die jeder von uns dringendst nötig hat, geschehen kann.
II. Berufen von Gott (59b-64)
Die Namensgebung
Nun war mit dieser Beschneidung offenbar verbunden, dass man dem Kind einen Namen gibt. Vielleicht kommt dies daher, weil im Zusammenhang mit der Beschneidung des Abrahams Gott den Namen Abrahams abänderte -> von Abram zu Abraham (Gen.17,5). Jedenfalls war es üblich bei der Beschneidung den Namen zu bestimmen, dies sehen wir auch bei Jesus, wenn es heisst: Und als acht Tage um waren und man das Kind beschneiden mußte, gab man ihm den Namen Jesus, wie er genannt war von dem Engel, ehe er im Mutterleib empfangen war. Lk.2,21. Nun werden die Nachbarn und Verwandten aktiv. Sie schlagen vor, wie dies Kind heissen sollte, nämlich Zacharias wie sein Vater. Elisabeth muss sich wehren und sagt: Nein, sondern er soll Johannes gerufen oder genannt werden. Das wiederum konnte niemand verstehen, denn in der ganzen Verwandtschaft gab es keinen der Johannes heisst oder geheissen hatte. Unmöglich kann man dieses Kind Johannes nennen! Nun wird Zacharias herbeigewunken und gefragt, wie denn das Kind heissen sollte. Und Zacharias immer noch stumm, fordert eine Tafel und schreibt: Johannes ist sein Name.
Zacharias bezeugt damit, im Unterschied zu den anderen, die immer fragten, wie er genannt werden sollte, dass sein Name Johannes ist. Sein Name ist Johannes schon vor der Empfängnis im Mutterleib. Dieses Kind kam nicht auf die Welt und man musste überlegen, wie man es nennen sollte. Dieses Kind kam mit dem Namen Johannes zur Welt. Es ist Johannes. Das konnten die Nachbarn nicht verstehen und sie verwunderten sich über alle Massen, denn das entsprach in keiner Weise den damaligen Gepflogenheiten.
Aber Gott setzt dadurch ein deutliches Zeichen. Er lässt die Menschen aufhorchen. Denn an Joahnnes soll offenbar werden, daß er ein Mann, von Gott gesandt, ist, der sowohl seinen Namen als auch seine Gaben und seine Berufung nicht aus seinem Vaterhause und aus seiner Freundschaft, sondern von Gott her hat. (1) Und wir sehen, wie Gott menschliche Gepflogenheiten - und mögen sie noch so gut und schön sein - übergehen und missachten kann. Seine Ordnungen befolgt er genau, aber menschliche Ordnungen und Traditionen kann er übergehen und missachten. Dadurch macht er auf das Besondere aufmerksam. Wir müssen achtsam sein, dass wir zwischen Gottes Ordnungen und menschlichen Ordnungen unterscheiden. Gottes Ordnung muss bestehen bleiben, menschliche Ordnungen können geändert werden. z.B. Kindersegnung Schärfen wir unseren Blick für die Ordnungen Gottes und für menschliche Ordnungen. Damit vermeiden wir es, uns in eine heillose Gesetzlichkeit zu verstricken. Und wir behalten uns die Möglichkeit durch ausserordentliches Verhalten auf Wesentliches aufmerksam zu machen.
Zacharias wird der Mund aufgetan
In diesem Augenblick, wo Zacharias den Namen des Johannes schreibt, wurde sein Mund aufgetan und er konnte wieder reden. Nun klagt er nicht über seine vergangene Zeit, die er nicht sprechen konnte und wie ihm Gott dadurch eine schwere Last auferlegt hatte. Und nun endlich könne er wieder wie ein normaler Mensch sprechen. Wie streng ist Gott mit mir gewesen, er hätte doch nicht gleich so handeln müssen. Solche Gedanken sind dem Zacharias aber völlig fremd. Er lobt Gott. Dies kann nur jemand von Herzen tun, der die Heiligkeit, Barmherzigkeit, Liebe und Gerechtigkeit Gottes kennt. Einer der sich selbst richtig einschätzen kann und sich seiner Bedeutungslosigkeit bewusst ist, wie Jakobus uns dies zeigt, indem er schreibt: Was ist euer Leben? Ein Rauch seid ihr, der eine kleine Zeit bleibt und dann verschwindet. Jak.4,14. Zacharias war sich seiner Stellung und der grösse Gottes bewusst, deshalb konnte er nicht anders, als Gott loben.
Können wir Gott von ganzem Herzen loben? Ist es unsere Absicht so wie die des Davids, wenn er schreibt: Ich will den Herrn loben allezeit; sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein. Ps.34,2. Oder sind wir uns selbst noch zu gross und machen Gott klein?
III. Die Botschaft vor dem Botschafter (65-66)
Diese Ereignisse erschreckte alle die davon hörten. Und im ganzen Gebirge Judäas wurde diese Geschichte bekannt. Diese Geschichte war so besonders, dass es sich jeder, der es hörte zu Herzen nahm und sie sich untereinander sagten: Was meinst du, will aus diesem Kindlein werden? Denn es war unverkennbar, dass die Hand des Herrn mit ihm war. Die Juden wussten genau, dass dieses Geschehen nicht ohne Vorbild war. So geschah es in ähnlicher Weise mit Simson, dessen Mutter auch unfruchtbar war (Ri.13). Und Simson für Israel Frieden schaffte.
Oder auch Samuel der grosse Richter Israels, dessen Mutter ebenfalls unfruchtbar war und ihr Sohn mit grosser Treue gegenüber Gott in Israel gewirkt hatte. Aufgrund von solchen Vorbildern erkannten sie, dass Gottes Hand in diesem Geschehen sichtbar geworden ist. Und die Frage, was wohl aus diesem Kind werden wird ist eigentlich völlig normal. Dadurch erreichte Gott, dass sein Bote in der ganzen Gegend wo er wirken wird bereits lange Jahre vorher beglaubigt wurde. Die Augen der ganzen Gegend waren nun auf dieses Kind gerichtet, weil sie wissen wollten, was aus diesem Kind werden wird. Wunderbar, wie Gott alles vorbereitet hat, damit das Volk ihn versteht. Auch hier hat er durch vorgängige Ereignisse wie Simson und Samuel alles vorbereitet, damit sein Volk, wenn der Retter kommt aufhorcht.
Wir können uns darauf verlassen, dass Gott heute und in Zukunft nicht völlig anders handeln wird. Er handelte nicht im Verborgenen für eine kleine eingeweihte Schar. Er wird so handeln, dass wir erkennen können, dass Seine Hand am Werk ist. Auch wenn es oft nur kleine Ansätze sind. Der Grundsatz den Amos uns aufzeigt gilt auch heute noch: Gott der Herr tut nichts, er offenbare denn seinen Ratschluß den Propheten, seinen Knechten. Amos 3,7. In Judäa mussten die Leute auch viele Jahre warten, vermutlich fast 30 Jahre, bis sie sehen konnten, was aus diesem Kind geworden ist.
Schluss
Gott hat seinen Botschafter beglaubigt in der ganzen Gegend wo Johannes nachher gewirkt hatte. Damit zeigt uns Lukas, wie wunderbar und einzigartig Gott alles gemacht hat. Denn er schrieb diese Zeilen für einen Mann Theophilus, mit der Begründung, damit du den sicheren Grund der Lehre erfahrest, in der du unterrichtet bist. Lk.1,4. Und in der Tat, wenn wir dies alles sehen, können wir uns darüber freuen, wie sicher der Grund unseres Glaubens ist. Amen
----------------------- (1)Wuppertaler: S. 34.