Einleitung: Die Allgegenwart der Angst im Leben
Mit einem treuen Hörer unseres Bibeltrainings lebe ich ziemlich nah zusammen – nämlich mit meiner lieben Frau. Eines Tages fragte ich sie: „Was soll ich denn heute Abend machen?“ Vor einigen Tagen hatte sie zu mir gesagt: „Sprich doch einfach mal darüber, wo in der Bibel Angst vorkommt und was das eigentlich ist.“
Zunächst wollte ich das nicht, denn in der Ehe ist man ja mündig und hat auch eigene Ideen. Doch dann kam ich zurück und sagte: „Das ist ein toller Vorschlag, den möchte ich übernehmen.“
In der Bibel gibt es viele Stellen, die mit Angst und Furcht zusammenhängen. Ich möchte Sie zuerst einmal daran erinnern, dass das Wunder des Lebens in dieser Welt so kostbar ist, dass es von allen Seiten bedroht wird.
Als moderne Menschen vergessen wir das gerne, weil wir uns daran gewöhnt haben, das Leben zu sichern. Wenn wir von einem Land wie Surinam hören, sagen wir: „Die Leute dort sind ja von allen Seiten tödlichen Bedrohungen ausgesetzt. Die wissen nicht, wie dieses Jahr zu Ende geht.“ Dort gibt es Krankheiten ohne Behandlung, Hunger, eine schwierige wirtschaftliche und politische Lage.
Bei uns sieht das ganz anders aus. Aber wir täuschen uns, denn unsere Lage ist genau so. Das menschliche Leben ist auch hier bedroht.
Was haben Sie denn, wenn es beim reichen Kornbauer so weit kommt, dass Gott unsere Seele fordert? Was hast du dann?
Der moderne Mensch ist sich nicht bewusst, dass sein Leben bedroht ist. Menschen sagen immer wieder verzweifelt: „Ach, das ist furchtbar, wenn irgendetwas passiert.“ Das kommt daher, weil sie wissen: Mein Leben ist verloren, wenn dies oder jenes geschieht.
Wie neulich bei der Geiselnahme und Geiselbefreiung im Gefängnis von Celle. Da habe ich gedacht: „Das kann doch nicht möglich sein, dass man nur um das Leben von zwei Menschen zu sichern, ein Gefängnis öffnet.“ Wenn das Schule macht, kann man ja mit dem Leben von Menschen alles erzwingen.
Aber in der Tat ist bei uns das Leben von Menschen so kostbar, es ist unersetzlich. Und da machen die Leute schon deutlich, dass wir eigentlich unheimliche Angst haben.
Wenn dieses äußere Leben aufhört, was kommt dann? Die Leute reden mit ein paar Sprüchen oft sehr zuversichtlich, dass es irgendwie gut sei. Aber in Wirklichkeit sagen sie: „Dieses irdische Leben ist für uns alles. Das müssen wir sichern.“ Und sie haben Todesangst, dass ihnen das genommen wird.
Dass sie etwa morgen krebskrank werden können, dass ein Atomkrieg kommt, dass ihre Lebensmittel verseucht werden – all diese Ängste, die man immer wieder auch bei jungen Menschen hört, sind Zeichen unserer Zeit.
Die Realität der Angst und Jesu Zuspruch
Und Jesus hat den Nagel auf den Kopf getroffen, als er in Johannes 16,33 sagt: „In der Welt habt ihr Angst.“ Er behauptet, dass dies eines der bekanntesten Worte der Bibel ist: „In der Welt habt ihr Angst.“
Wenn Jesus so ein Seelsorger war, sollten wir von ihm lernen. Ihre Freunde und Bekannten haben in Wirklichkeit Angst. Vielleicht geben sie es nicht zu, aber jeder Mensch hat Angst. Die Frage „Was kommt? Was wird?“ tritt in unserem Leben immer stärker hervor, je mehr wir die Verbindung mit dem lebendigen Gott verlieren.
Das ist der Grund, warum Ängste in unserer modernen Zeit wieder so ein großes Thema sind. Ich weiß gar nicht genau, wann diese Bewegung richtig angefangen hat – vielleicht vor zwanzig Jahren. Früher hat man sich geschämt, über seine Ängste zu reden. Heute ist es fast schon Mode geworden.
Der Bundeskanzler Schmidt hat sich damals, gerade zur Wendezeit, darüber noch lustig gemacht. Er hat Witze gemacht und gesagt, es sei komisch, dass die stattlichsten Männer über ihre Ängste reden. Heute gilt das fast als Zeichen von Weltoffenheit.
Junge Leute sagen: „Wir haben große Angst.“ Die Welt ist bedroht, unser Leben ist gefährdet. Man redet offen über Ängste, und der Mensch hat letztlich nichts, was er dieser Angst entgegensetzen kann.
Das Vertrauen in die Politik ist erschüttert, der Optimismus zerbrochen. Immer wieder treffe ich Menschen, bei denen ich mich frage: Sind sie geisteskrank oder schon übergeschnappt? Wahrscheinlich sind sie ganz normal, wenn sie sagen, dass die Überbevölkerung sie kaputt macht oder dass sie sich fragen, wer später ihre Rente zahlt. Im Grunde scheinen alle Probleme der Welt unlösbar.
Wir heute verschwenden nicht nur unseren Wohlstand, sondern machen auch eine Verschuldung, die die Generation nach uns niemals bezahlen kann. Wenn ich mal rational über alles nachdenke, sieht es düster aus.
Eigentlich müssten wir heute Rücklagen bilden. Wenn schwache Geburtenjahrgänge kommen, müssten wenigstens die Renten abgesichert sein. Aber heute machen wir Neuverschuldung – nicht nur, um alte Schulden zu ersetzen, sondern zusätzlich 40 Milliarden Euro pro Jahr. Wer soll das einmal bezahlen?
Eine Katastrophe muss kommen – auf jedem Gebiet: wirtschaftlich, ökologisch und vielleicht auch politisch. Das, was wir als andere Vision haben, das Welteinheitsreich, gibt mir auch kein größeres Vertrauen.
Die biblische Perspektive auf Angst und Furcht
Ich bin so froh, dass in den Psalmen viel über Ängste gesprochen wird. Wir schlagen einfach mal ein paar Stellen auf. In der Konkordanz finden Sie viel, viel mehr. Psalm 48, Vers 7 zeigt, wie wir Menschen empfindsam werden und mitfühlen können.
Reden Sie den Leuten bitte nicht ihre Angst aus. Sie sagen, es ist gut, dass Sie das so klar sehen. Ich würde den Leuten nicht sagen: „Ach, brauchen Sie keine Sorgen.“ Stattdessen würde ich sagen: „Sie sind sehr wach, Sie sind verantwortungsbewusst.“
In Psalm 48, Vers 7 heißt es: „Zittern hat sie erfasst, Angst wie eine Gebärende.“ Ähnlich ist es in Jeremia 13. Die Frau in Kindsnöten – die Mütter unter uns wissen, was das ist. Jeremia 13, Vers 21 beschreibt diese Angst, wie wir sie empfinden, bis das Kindlein geboren ist.
Wir haben in der Bibel auch eine schöne Beschreibung der Angst, als Joseph verkauft wurde. Später sagt sein Bruder Ruben zu den Brüdern: „Wir haben ja seine Angst gesehen.“ Die Bibel kann menschliche Regungen so wunderbar beschreiben. Und wir sollten dafür wieder sensibel werden.
In 1. Mose 42, Vers 21 steht: „Wir sahen doch die Angst in seinen Augen.“ Ja, als wir die Angst seiner Seele sahen. Die Angst seiner Seele, als er uns anflehte, und wir wollten ihn nicht erhören.
Erinnern Sie sich, wie Sie am Krankenbett standen? Soll man mit dem Kranken über die Schwere seiner Krankheit sprechen? Und dann schaut er einen an – die Angst seiner Seele, hilflos, ohne Hoffnung.
Ganz ähnlich finden wir die Angst bei 2. Samuel 24, als David sich bei Gott versündigt hat. David sprach zum Propheten Gad: „Es ist mir sehr Angst, es ist mir sehr Angst vor dem Gericht Gottes.“ Es ist kein Zeichen von Reife, wenn wir keine Angst vor Gottes Gericht und vor der Heiligkeit Gottes haben. David, der gläubige Mann, ist ängstlich, wenn Gott unsere Sünden heimsucht. Er sagt: „Mir ist Angst.“
Es ist ganz wunderbar, wie uns durch das Bibellesen plötzlich bewusst wird, dass Angst eine ganz natürliche Äußerung unseres Lebens ist.
„Herr, sei mir gnädig, denn mir ist Angst, mir ist Angst.“ Die Angst ist wahrscheinlich auch hier vor dem Alter, vor der Schwäche, vor der Krankheit, vor dem Versagen. „Mein Auge ist trüben geworden, vor Kummer matt meine Seele. Und mein Leib, mein Leben ist hingeschwunden in Kummer, und meine Jahre in Seufzen.“ Die Bibel zeigt so eindrucksvoll, was wirklich das Leiden des Menschenlebens ist. Und die Angst gehört zu unserer ganz natürlichen Existenz.
Dann der große Psalm 22, der Jesuspsalm des Leidens: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Dort heißt es in Vers 12: „Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe, denn es ist hier kein Helfer. Gewaltige Stiere haben mich umgeben, mächtige Büffel haben mich umringt, ihren Rachen sperren sie gegen mich auf wie ein brüllender und reißender Löwe.“
Gehen Sie in die geschlossene Abteilung im Bürgerhospital und reden Sie dort mit den Menschen, die das jede Minute durchleben. Das, was hier steht: „Ich bin ausgeschüttet wie Wasser“ – seelisch in der Angst, nicht mehr möglich, selbst durch die härtesten Chemikalien nicht mehr runterzukriegen.
Gestern in einem Alten- oder Pflegeheim hat ein liebes Gemeindeglied gesagt: „Ach, wissen Sie, seit ein paar Wochen haben wir sie mit Psychopharmaka ruhiggestellt.“ Nichts mehr geht hinein in diese Angst, diese unvorstellbare Angst. Und da sind Menschen, auch gläubige, bei denen die Angst plötzlich fällt. Es ist unheimlich, was da gelitten wird.
Psalm 71, Vers 20 ist nur eine von vielen Psalmstellen, die etwas davon zeigen. Der schöne Psalm vom Alter, den wir ja immer bei goldenen Hochzeiten lesen: „Du lässt mich erfahren viele und große Angst.“ Auch Gott führt seine Leute durch Angst.
Die Angst kommt aus allen Richtungen, in allen Lebensbereichen zu uns. Wenn ich jetzt die Enkelkinder beobachte, die Kinder: Von Anfang an haben sie riesige Angst, wenn die Mutter das Zimmer verlässt. Sie kommen wieder. Das Schreien der Kinder in der Nacht, die Träume, die sie haben – das sind oft Wunden in den Seelen der Menschen. Und wir können es gar nicht verhindern.
Es wäre schlimm, wenn wir unsere Kinder nicht diesen Ängsten aussetzen würden. Wir sagen: „Jetzt gehen wir mit ihr mal in den dunklen Keller, jetzt gehen wir mal durch den Wald.“ Wir wollen ja Ängste abbauen. Aber es ist schwer, denn die Angst gehört einfach zu unserem Leben.
Die Überwindung der Angst durch den Glauben an Jesus
Die Bibel sagt, dass die einzige Möglichkeit, Angst zu überwinden, darin besteht, den Blick auf Jesus zu richten. Am schönsten ist dies in der Geschichte vom Sturm auf dem Meer beschrieben, zum Beispiel in Matthäus 8. Diese Geschichte kennen Sie sicher gut. Die Jesusjünger waren erfahrene Schiffer auf dem See Genezareth. Doch in dieser schrecklichen Sturmnot haben sie aufgeschrien (Matthäus 8,23-27).
Wir haben so etwas selbst erlebt, im Juli oder war es im Juni? Kurz bevor wir mit unserem Boot in den Kibbutz auf der anderen Seite einliefen, saßen wir oben und lachten noch. Wir sagten, dort oben ist eine dunkle Wolke, da wird man nass. Doch wir machten das eher als Witz. Ab April regnet es in Israel normalerweise überhaupt nicht. Die Leute sagten, so etwas habe es in den letzten 30 Jahren noch nie gegeben. Dann aber kam ein schrecklicher Wolkenbruch über den See Genezareth, und das in Windeseile. Wir waren alle patschnass auf dem Boot, obwohl es ein Dach hatte. So schnell begann der Sturm.
Man konnte gut verstehen, wie es auf dem See Genezareth zugeht. Wir durften nicht einmal in den Hafen einlaufen, weil die Wellen so stark waren – und das an einem sonst friedlichen Sonnentag im Juni. Das war ein besonderer Sturm. Diese hartgesottenen Männer bekamen Angst. Jesus sagte zu ihnen: „Oh, ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam?“ Wenn Jesus in unserem Boot ist, brauchen wir keine Angst zu haben. Das ist das Einzige, was wir zu den Ängsten dieser Welt sagen können.
Ängste haben ihren Grund. Was soll ich sagen? Krankheiten, Gifte, Infektionen – die Idee, sich vollkommen schützen zu können, ist absurd. Ich habe viele Menschen gekannt, die ihr ganzes Leben lang nur Körner gegessen und die teuersten Mittel aus dem Reformhaus gekauft haben. Sie hätten sich nie ein einfaches Weckchen beim Bäcker gegönnt, um einfach mal Spaß zu haben und in eine Brezel zu beißen. Doch sie sind an schrecklichen Leiden gestorben. So ist es leider. Ich möchte das nicht lächerlich machen. Es ist gut, wenn Sie auf Ihre Gesundheit achten. Aber oft sind unsere Sorgen so unwissend. Wir wissen gar nicht, wo wir uns wirklich schützen sollten.
Die Eltern unserer Schwester Margret Wörz, die Kirchengemeinderätin war, erlaubten ihr nicht, nach Israel zu reisen, weil es zu gefährlich sei. Doch sie starb in jungen Jahren bei einem Verkehrsunfall mit 26 Jahren. Man kann nicht aus der Angst leben. Das hat keinen Wert. Man kann sich nicht vollständig schützen. Aber wenn Jesus in unserem Boot ist, dürfen wir die Angst ablegen.
Psalm 18, Vers 7 sagt: „Als mir Angst war, rief ich den Herrn an und schrie zu meinem Gott.“ Sicher kennen Sie das auch, wenn Angst kommt – sei es vor einer Untersuchung beim Arzt oder um liebe Menschen, die nachts noch unterwegs sind, oder um die Kinder. In der Angst rufen wir den Herrn an. Dann können Sie einfach laut sagen: „Herr, du hast die Kontrolle. Du gebietest über all das, was geschieht. Ich lege alles in deine Hand.“
Psalm 18 beschreibt das so eindrücklich: „Es umfingen mich des Todes Bande, und die Fluten des Verderbens erschreckten mich. Des Totenreichs Bande umfingen mich, und des Todes Stricke überwältigten mich. Als mir Angst war, rief ich den Herrn an.“ Welche Nöte muss dieser Psalmist durchgemacht haben! Das müssen die schrecklichsten seelischen Leiden gewesen sein.
Doch er hat erlebt: Jesus ist da, der Herr, auf den ich schaue und dem ich gehöre. Er schützt und birgt mich. Für uns ist es der größte Trost, wenn wir Römer 8 aufschlagen, besonders die Verse 31 bis 39. Dort heißt es: „Gott ist für uns, wer kann gegen uns sein?“
Das ist mir beim Predigen immer wieder wichtig. Warum ist der Schutz Jesu uns gewiss? Weil Jesus für sündige, fehlbare und falsche Menschen gestorben ist – für jene, die ihn mit Füßen getreten haben. Ihnen will er seine Liebe zeigen, und zu denen gehöre ich. Nicht weil ich besser bin oder es verdient hätte, sondern weil seine Liebe gerade den Zerbrochenen gilt.
Darum ist das Kreuz Jesu der Pfand seiner Hilfe, seines Beistands und seiner Liebe. Gott ist für mich. Er hat sich in Jesus für mich erklärt, gerade für Menschen voller Versäumnisse und Sünden. Ihnen gibt er seine Liebe.
Römer 8,35 fragt: „Wer will uns scheiden von der Liebe Christi?“ Trübsal, Bedrängnis, Verfolgung, Hunger, Gefahr oder das Schwert – nichts kann uns von der Liebe Gottes trennen. Liebe Brüder und Schwestern in Surinam, deshalb gehört für uns zusammen: die Hilfe in den Flüchtlingslagern in Guyana und die Verkündigung: Keine Angst, Jesus ist da. Der Herr ist bei mir.
Die biblische Ermutigung: Fürchte dich nicht!
Wenn man die Konkordanzen in der Bibel aufschlägt, fällt auf, wie viel häufiger das Wort „fürchten“ vorkommt als „Angst“. Besonders beeindruckend ist, wie oft dort steht: „Fürchte dich nicht.“
Ich habe das in der großen und der neuen Kölner Konkordanz nachgeschlagen. Es gibt ganze Reihen von Versen, oft vierzehn oder mehr Zeilen hintereinander, in denen immer wieder „Fürchte dich nicht“ steht. Das sind herrliche Worte: „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir. Weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.“
Wenn man mit Ungläubigen darüber spricht, sagen sie oft: „Bewahrt mich Gott dann vor dem Sterben?“ Nein, irgendwann müssen wir alle sterben. Aber es ist ein großer Trost, dass wir dieses Wissen bis in die Todesnot hinein haben dürfen.
Als neulich unsere Frau Hoenez heimgegangen ist, die zu den Ältesten unserer Gemeinde gehörte, war es sehr bewegend, wie sie in der letzten Stunde, als sie große Atemnot hatte, einfach das sagen durfte, was sie fühlte. Eine Frau, ich glaube, sie war Italienerin, betete so schön, dass Frau Hoenez sagte: „Ich habe doch gar nichts gebetet, ich habe dort nur Gottes Worte gesagt.“
Genau das ist es: Wenn der Herr den angefochtenen, schwachen Sterbenden sagt: „Fürchte dich nicht, ich bin mit dir“ oder „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein“, dann ist das ein unerschütterlicher Trost.
Auch heute meinen wir oft, wir könnten auf die vielen Herausforderungen der Welt ein Rezept bieten. Manchmal frage ich mich selbst: Was tun wir, wenn die Katastrophe kommt? Wenn ein großes Problem auftaucht, müssen wir uns auch politisch und wirtschaftlich überlegen, wie wir damit umgehen. Aber wir sollten auch erkennen, dass wir in unserer modernen Wohlstandswelt nicht wirklich gesichert sind. Letztlich leben wir nur geborgen und sicher in unserem Herrn Jesus.
Unsere Situation unterscheidet sich nicht von der der Menschen im Süden Sudans, die gefährdet sind, oder von unseren Mitarbeitern in Zaire oder Haiti, wo Unruhen herrschen. Ich weiß: Jesus ist bei ihnen, schützt sie und gibt ihnen sein Wort. Er kennt alles, was sie bewegt, und selbst die Haare auf ihrem Haupt sind alle gezählt.
Solche Stellen finden wir zum Beispiel in Jesaja 41, Vers 10 oder Jesaja 43, Vers 1: „Fürchte dich nicht.“ Wenn Sie aufschlagen wollen, lesen Sie auch Markus 5, Vers 36. Dort sagt Jesus zum Vater Jairus, dessen kleines Töchterlein gestorben war: „Fürchte dich nicht, glaube nur.“ Ist das nicht herrlich? Selbst am Sarg noch Trost zu spenden!
Heute haben viele Menschen Angst davor, anderen Hoffnung zu machen. Doch gerade dann gilt umso mehr: „Fürchte dich nicht, glaube nur! Es geht doch zur Herrlichkeit.“ Wir brauchen niemanden, der um jemanden nachweint, der im Herrn stirbt.
Ich lebe gerne und freue mich an allem, was ich habe. Aber ich bin dankbar, dass ich die Angst überwinden darf in der Nähe Jesu.
Immer wieder freue ich mich, wenn unsere älteren Gemeindemitglieder bei den Geburtstagsbesuchen sagen: „Ich kann es kaum glauben.“ Und ich sage dann: „Richtig, uns allen geht es so.“ Aber wenn sie es nicht glauben, sind sie ohne Hoffnung. So ist es nun einmal.
Auch viele ältere Menschen, die ihr Leben lang in anderen Gedanken und Vorstellungen gelebt haben, erleben es in der Krankenzeit ganz praktisch: „Ist das wahr, dass Jesus vor mir steht?“
Ich genieße es, in der Gemeinde das Evangelisationsfeld bei den Alten zu haben. Dort ist die grundlegende Frage oft: „Darf ich es glauben?“ Neulich sagte mir jemand, schon ganz geschwächt, mit dem Notalarm um den Hals: „Ich kann es oft gar nicht glauben.“ Und ich sagte: „Sie dürfen es glauben.“
Psalm 27 habe ich am Sonntag gelesen: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft, wovor sollte mir grauen?“
Gott hat uns nie Anlass gegeben, ihn so zu verstehen, als wolle er uns alle Probleme wegnehmen. Aber er ist unser Schutz gegen alle Furcht und Angst.
Die Bedeutung der Gottesfurcht in der Angstbewältigung
Und jetzt folgt ein zweiter Hauptteil. Wir sind noch nicht am Ende; Sie haben noch Kraft.
Die Bibel spricht viel davon, dass man Gott fürchten soll. An dieser Stelle möchte ich Ihnen verdeutlichen: Die Menschen haben Angst, weil sie Gott nicht mehr fürchten. Sie können es gar nicht mehr ertragen, und es gibt eine starke Opposition in der Kirche.
Man sagt, man dürfe den Menschen nicht mehr Gott als Autorität verkünden, schon gar nicht den richtenden Gott. Stattdessen soll Gott nur noch als Erfüller unserer Wünsche dargestellt werden. So, als würde Gott sagen: „Ach, lieber Mensch, was möchtest du noch? Mach doch alles Liebe und Gute.“ Das ist aber nicht die Wirklichkeit des Wortes Gottes.
So kommt es, wenn man Menschenträume verkünden muss. Je mehr wir in der Verkündigung den heiligen Gott nicht mehr darstellen, desto mehr brechen Ängste in der Bevölkerung auf. Gerade bei den Nichtgläubigen nehmen diese Ängste überhand.
Ehrlich gesagt, ich habe nicht verstanden. Ich habe gern meinen Peterling gegessen und hatte keine Angst vor Strahlung oder um den Frieden. Sie haben nicht verstanden, wie sie die Hand gereicht haben. Auch nachträglich hat sich diese Frage nicht so brennend herausgestellt.
Man darf auch mal ein politisches Wort sagen: Wie die Friedensbewegung damals eine riesige Angst hatte, obwohl unsere Politiker eigentlich gute Arbeit geleistet haben. Es gab gar keinen Anlass zur Panik, aber die Ängste brechen irrational hervor. Das ist erschütternd.
Diese Ängste sind nicht einmal kontrollierbar, weil die Menschen in Gott keinen Halt mehr haben. Sie haben nur noch sich selbst. Und wenn man sich selbst anschaut, dann sagt man: „Was, der Kohl soll unsere Geschicke leiten?“ Da können Sie hinsetzen, wen Sie wollen. Und wenn Sie sich selbst im Spiegel ansehen, ich wollte mir selbst auch nicht trauen, dass ich das meistern könnte.
Wir Menschen merken plötzlich, dass wir uns gegenseitig keinen Mut zusprechen können. Wir haben nur noch uns. Das ist der Anlass für so viele Depressionen und so viel Verzweiflung. Ich habe es am Sonntag versucht zu sagen: Der moderne Mensch hat nur noch sich, er hat nichts anderes, an das er glauben kann. Alles andere ist Zufall.
Irgendwo aus der Evolution gekommen – da würde ich immer sagen: Wenn du an die Evolution glaubst, kannst du ja guter Dinge sein. Die nächsten 20 Millionen Jahre müssen ja super werden. Die Evolution geht auch weiter. Warum sollte sie plötzlich jetzt aufhören? Lass doch die Atombomben krachen, das wird schon alles schön, es wird eine neue Welt gestaltet. In der Evolution gab es schon manchen Urknall, und es geht immer weiter zu neuen Höhen.
Aber die Menschen haben diesen Glauben gar nicht. Die Leute, die alle an die Evolution glauben, glauben, dass sie heute aufhört. Und jetzt kommt das Chaos. Komisch!
Gucken Sie sich mal bei den Ungläubigen um. Sprechen Sie einfach liebevoll mit Leuten und sagen Sie: Merken Sie nicht, dass wir mit allen heutigen Möglichkeiten nicht mehr glauben, dass unsere Politiker das schaffen? Dass unsere Wirtschaftsleute das schaffen? Dass all die Möglichkeiten, die wir haben, dazu geeignet sind, das Ding zu meistern? Sondern dass wir Gott fürchten.
Dazu möchte ich Ihnen ein paar Stellen sagen.
Am Anfang des Buches Sprüche – im Grunde sind das ja nur Hiobs Alter, dann die Sprüche, Prediger und Hohes Lied. Also nach den Psalmen eine sehr schöne Lebensweisheit.
Da steht gleich am Anfang, Sprüche 1,7: „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis; die Toren verachten Weisheit und Zucht.“
Die Leute sind heute Meister darin, zu bewundern, was sie alles an Computern können und so weiter. Aber wir sind als moderne Menschen so dumm geworden gegenüber dem lebendigen Gott. Dumm!
Mir gefällt das immer so bei Johann Albrecht Bengel, wenn er von der Blödigkeit spricht. Aber beim anderen sagt er: „Nun lobt man seinen Herrn, den Blöden ist erhold.“ Das ist für uns Schwaben so wunderbar. Wir sind immer so Realisten und nicht so obenweg mit schönen Worten. Denn das ist wirklich töricht und dumm, wie wir oft Gott verleugnen.
Deshalb kommen wir in der Weisheit nicht richtig tief, weil wir Gott nicht fürchten. Die Furcht unseres Lebens kommt mit Vorliebe bei den Leuten, die sich noch nie vor Gott gefürchtet haben.
Matthäus 10,28: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten!“
Also ich habe immer Angst, ich sage es Ihnen ja, wenn ich an Zaire denke, wenn diese besoffenen Soldaten im Putsch losrennen und unsere Frauen unten in den Krankenhäusern sind und die Soldaten dann losgelassen werden.
„Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten können“ – da habe ich immer Angst. Und Jesus sagt: Das ist nicht das Schlimmste, wenn sie den Leib töten, doch die Seele nicht töten können. Fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann.
Es ist eine Höhle, dass wir heute unter Christen nicht mehr den Ernst haben, dass Menschen in Ewigkeit verloren sind, wenn sie Jesus verwerfen und ihn nicht als ihren Herrn annehmen.
Das ist so furchtbar. Unsere Kinder sollen das wissen.
Man hat jetzt bei der Beerdigung von Bruno Herm gesagt, er konnte immer nicht weitersprechen, wenn er predigte. Er sprach von den Menschen, die ohne Jesus verloren gehen. Das hat ihn bis ins Körperliche hinein zerbrochen.
Darum wollte er Missionar sein, weil er weiß, wie es ist, wenn Menschen ohne Versöhnung mit Gott ins Gericht gehen.
Und wenn wir da oben irgendwo rund um Stuttgart stehen und dieses schöne Stadtbild sehen, kann ich immer nur sagen: Babylon.
Wir sind wie einst Jona das Wort schuldig geblieben, dass wir allen Menschen sagen müssen: „Eins ist Not, eins ist Not.“
Schön wird ein Bräuninger innen aufgebaut, aber eins ist Not, nicht? Eure schönen Geschäfte und alles, was ihr da jagt – habt ihr Frieden mit Gott in der kurzen Zeit?
Und dann kommen die Leute und gehen im Saal hintereinander und sagen: „Herr Pfarrer, ich zweifle an Gott.“ Jetzt, dass das kommt, ist bei mir. Mit dem habe ich überhaupt nicht gerechnet.
Und meinen Sie, dass wir aus Evangelium verkündigen dann verstanden werden? Das verstehen die am allerwenigsten in der Situation, weil sie es nie begriffen haben.
Und wir – haben wir es eigentlich begriffen? Die Kirchen werden immer leerer.
Lukas 1,50 – viele, viele Stellen von der Gottesfurcht, hier nur ein paar: „Seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht bei denen, die ihn fürchten.“
Sie sagen ja, das ist Ehrfurcht, ja ja, aber gerade in der Liebe ist das so.
Wissen Sie, wir sind wieder bei einem Eheseminar. Da ist die Wurzel von so vielen Ehen, die nicht sein können, weil man sich nicht fürchtet – im rechten Sinn.
Ich sage immer meinen jungen Brautpaaren: Die zwei werden nicht verbunden miteinander, auch wenn es da heißt in der Bibel, sie seien ein Fleisch. Man bleibt eine Persönlichkeit auch im Gegenüber, die geehrt und gefürchtet sein will.
Wo es einen umtreibt: Werde ich meiner Frau gerecht? Habe ich die Gabe nicht missbraucht? Sonst kann ich so eine Gemeinschaft gar nicht leben.
Dieses Fürchten im echten Sinn, dieses Verantwortungtragen – wie eine rechte Mutter und ein rechter Vater sagt: Werde ich auch meinen Kindern gerecht? Die das umtreibt, die sich Rechenschaft geben.
Hier, bei denen, die Gott fürchten, haben wir es beim Cornelius, dem römischen Hauptmann, der dieses Gesicht sieht, wo das Tuch mit den Gewürmen herunterkommt. Er war gottesfürchtig und hat Gott begegnen können.
Kolosser 3,12 – so viele Stellen.
Aber es macht ja nichts aus, es tut uns mal gut. Wir machen das mit den anderen Bibelstunden, wo wir nicht mehr so viel nachschlagen.
So zieht nun an als die Erwählten Gottes, heiligen und Geliebten.
Kolosser 3,22: „Ihr Sklaven, seid gehorsam in allen Dingen euren irdischen Herren!“
Da geht es um die Sklaven, die ja wirklich in einem Unrechtsregime waren. Sie mussten Leibeigene sein bei wunderlichen Herren. Nicht mit dem Dienst vor Augen, um den Menschen zu gefallen, sondern in Einfalt des Herzens und in der Furcht des Herrn.
Sie sollen selbst in ihrem Sklavendienst ihren Herren dienen – in Furcht des Herrn. Das soll unser Leben prägen.
Herr, ich möchte es recht machen für dich, nicht für die Menschen.
Vor dir will ich das Recht machen – diese geistliche Einstellung.
Da können ruhig Leute sagen, das ist eine alte Moral.
Das ist der Grund meines Lebens, um Ängste zu überwinden: Ich will mein Leben vor Gott führen, nicht um Menschen zu gefallen.
Wenn Sie vorschlagen, Kolosser 1,17 ist auch wichtig: Alles besteht in Gott, alles hat nur seinen Sinn in Gott.
Darum können wir auch die Ängste nur überwinden, indem wir auf den Herrn Jesus blicken.
Sie können Ängste nicht therapieren, sondern anders, als wenn Sie sagen: Ich möchte das in meinem Glauben einstudieren.
Nun bleibt das bei uns die kreatürliche Angst. Die Gefühle, die einfach kommen, das ist eine spontane Reaktion.
Und doch darf ich in meinen Ängsten leben.
In der schwersten Zeit des Kommunismus in Russland war die stärkste Ausstrahlung der christlichen Gemeinden, dass sie ihre Ängste bei Gott abgelegt haben.
Und wo ungläubige Menschen diese Versammlungen besuchten, haben sie etwas gespürt von der Geborgenheit dieser Menschen.
Das hatten sie nicht, sondern sie haben es immer neu bekommen durch das Wort, das ihnen verkündigt wurde.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihnen leicht fiel, wenn sie für drei oder fünf Jahre in ein sibirisches Straflager gingen und dann fröhlich gingen, weil der Herr es ihnen geschenkt hat durch sein Wort.
Wir haben noch mehrere Stellen, die ich gut finde, aber ich breche hier ab.
Furcht und Liebe: Ein Spannungsfeld im Glauben
Ich möchte noch etwas zur Furcht sagen. Johannes betont nämlich, dass wir nicht aus einer knächtischen Angst heraus handeln sollen, wenn wir Gott fürchten. Diese Erfahrung kenne ich auch.
Manche Menschen sagen, sie hätten in ihrer Kindheit eine psychische Schädigung erlitten. Ihr Vater war ein Scheusal, hat sie gepiesackt und dann mit ihnen fromm gebetet. So sehen sie Gott oft nur als einen schrecklichen Übervater. Doch das ist nicht das richtige Bild.
Jesus sagt im Johannesevangelium und im Johannesbrief, dass Furcht nicht in der Liebe ist. Genau das ist gemeint – ähnlich wie in der Ehe, wo man sich gegenseitig in Würde und Größe annimmt. Viele Ehen leiden darunter, dass ein Partner den anderen missbraucht, als wäre er nur ein Stück Eigentum. So, als würde man sagen: „Mein alter Schlappschuh“, und den anderen einfach beiseitewerfen.
Jesus sagt jedoch: Nein, die Achtung und Liebe bleiben wie am ersten Tag. In der Liebe, wo die Furcht weggenommen ist, entsteht die schönste Innigkeit. Genau das gilt auch im Glauben. Dort, wo ich vor Gott keine Angst mehr habe und Gott dennoch Herr bleibt.
Das können Ungläubige kaum nachvollziehen. Meine Großmutter betete oft als Abendgebet: „Gute Nacht, lieber Heiland.“ Schon als Kind habe ich so gebetet. Diese Vertrautheit, Liebe und Innigkeit zeigen, dass Gott nicht nur der Herr aller Herren und Könige aller Könige ist, sondern auch mein geliebter Bruder.
Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die Liebe treibt die Furcht aus. Das mag wie ein Widerspruch zum Wort Gottes erscheinen, aber so ist es gemeint: Angst gehört zu unserem Leben und will richtig gelebt werden.
Diese Stellen finden sich in Johannes 14,15 und 1. Johannes 4,18: „Furcht ist nicht in der Liebe.“ Obwohl im Johannesbrief oft gesagt wird, dass Furcht dazugehört, wird sie in der Liebe überwunden.
Das mag widersprüchlich klingen, aber diesen Widerspruch muss man akzeptieren, denn ohne beides gibt es keine echte Liebe.
Schlussgedanken und Ermutigung zur Bibellese
Ja, das war jetzt eine ganze Fülle, ein großer Durchgang. Es ist nicht wichtig, ob Sie alles auf Anhieb verstanden haben. Dennoch möchte ich Ihnen immer wieder Appetit machen, sich Zeit für Ihre Bibellese zu nehmen.
Sagen Sie sich zum Beispiel: „Ich nehme mir morgen noch einmal meine Konkordanz vor und gehe anhand dieser Verse durch.“ Lesen Sie ein Stück und denken Sie: „Jetzt würde mich noch der Psalm interessieren.“ Vor allem aber merken Sie sich, dass die Psalmen eine ganz besondere Hilfe sind bei den großen Ängsten, die uns betroffen haben.
Darum fürchten wir uns nicht, auch wenn morgen die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken. Deshalb soll die Stadt Gottes fröhlich bleiben mit ihren Brunnen. Dass das die Juden heute Abend beten, am Vorabend der Madrider Konferenz, ist wunderbar. Der Herr hält alles in seiner Hand, was kommen wird.
Ich darf das in seine Hand legen, denn mehr können wir nicht tun.