
Wir haben heute für unsere ABC-Schützen gebetet. Ich finde es gut, dass man einen Gottesdienst speziell für diesen wichtigen Lebensabschnitt Schule veranstaltet. So können wir im Gebet mit Gott über die Schule sprechen und darum bitten, dass er unseren Kindern hilft, in der Schulzeit Gutes zu lernen.
Gleichzeitig bitten wir auch darum, dass er sie davor bewahrt, falsche Schlussfolgerungen, die ihnen erzählt werden, zu ihrer eigenen Lebenseinstellung zu machen.
Wenn unsere kleinen Fünkchen dann hier vorne sitzen, fragt man sich vielleicht auch: Wie war das eigentlich noch mit meinem ersten Schultag?
Ich persönlich kann mich gut an meinen ersten Schulranzen erinnern. Er war knallorange und hatte elektrische Blinker an der Seite. Man dachte, da läuft so ein Abschleppwagen. Das war damals der letzte Schrei, ich hatte den modernsten Ranzen.
Aber Schule ist ja bekanntlich kein Spaß. Ich war zum Lernen da, und das fiel mir nicht immer leicht.
Vor ein paar Wochen habe ich das aktuelle Zeugnis meiner Tochter mit meinem Zeugnis aus derselben Klasse verglichen. Ich glaube, keine Note war gleich – ihre waren überall besser. Das ist schon gemein, wie schnell man heute gute Noten bekommt, oder? Das war natürlich ein Scherz.
Ich sagte ja schon, mir fiel das Lernen nicht so leicht. Erst in den höheren Klassen wurden die Noten etwas besser.
Aber wenn man die Schule hinter sich hat, hat man ja nicht unbedingt ausgelernt. Vieles, was man lernt, lernt man gar nicht in der Schule. Das lernt man auf der Straße des Lebens.
Auch in der Bibel ist Lernen ein großes Thema. Deshalb möchte ich heute Morgen mit dieser Predigt einen Beitrag dazu leisten, über das Lernen anhand der Bibel nachzudenken. Mehr kann es in den vierzig Minuten, die mir zur Verfügung stehen, nicht sein.
Ihr seht, der Titel der Predigt auf der Folie ist etwas sperrig, aber er deckt immerhin alles ab, worüber ich sprechen möchte. Ich habe die Predigt überschrieben mit dem Satz: „Bleibe ein Lernender, um Gottes Weisheit zu verstehen und bei Jesus einen neuen Lebensstil zu sehen.“
Es geht hier im Grunde genommen um drei Teile: Erstens, bleibe ein Lernender; zweitens, verstehe Gottes Weisheit; und drittens, schau dir bei Jesus einen neuen Lebensstil ab, den du dann mit seiner Kraft auch im Alltag umsetzen kannst.
Also bleibe ein Lernender. Warum ist das wichtig? Selbst von Herrn Jesus lesen wir in Lukas 2: Jesus nahm zu an Alter, aber nicht nur an Alter, sondern auch an Weisheit. Das ist ganz entscheidend wichtig, und das ist das Normale.
Kinder werden größer, sie stellen Fragen und bekommen Antworten. Sie finden sich mehr und mehr im Leben zurecht. Irgendwann können sie dann auch Verantwortung übernehmen, auch für andere, weil sie mehr den Überblick haben, wie das Leben funktioniert.
In unserer Gesellschaft ist es in der Regel so: Wenn ich mehr gelernt habe, dann habe ich bessere Ausgangsvoraussetzungen, um einen guten Beruf zu bekommen. Dadurch kann ich mich auch mit Dingen beschäftigen, die ich gerne mache – manchmal zumindest.
Ich habe von einer Untersuchung gehört, die sich damit beschäftigte, warum manche Menschen, die Christen werden, gesellschaftlich aufsteigen. Das ist nicht immer der Fall, aber manchmal passiert es – natürlich vor allem in Gesellschaften, in denen sie nicht verfolgt oder aktiv bekämpft werden. Das ist die Voraussetzung.
Die Antwort, die ich dort las, schien mir logisch: Wenn Menschen zu Jesus umkehren, dann wollen sie ihn natürlich besser kennenlernen. Wie lernt man Jesus besser kennen? Indem man die Bibel liest.
Also beginnen Menschen, die vorher mit Büchern wenig anfangen konnten, die Bibel zu lesen – und nicht nur die Bibel. Sie beginnen, über das, was sie lesen, nachzudenken und zu reflektieren. Das hilft ihnen dann auch, über andere Bücher nachzudenken, die sie lesen. So entdecken sie eine Quelle des Lernens, die sie vorher nicht kannten.
Sie können sich Inhalte zugänglich machen, die ihnen vorher verschlossen waren. Nicht selten erreichen sie dadurch auch höhere Bildungsabschlüsse. Auch wenn das Lesespektrum heute breiter geworden ist – durch Kindle, Onlinekurse und so weiter – bleiben Lesen und Reflektieren zentrale Dinge, die man lernen sollte.
Gerade als Menschen, die mit Jesus unterwegs sind, sollten wir Lernende bleiben. Es gibt in der Welt sehr viel zu entdecken: was Gott geschaffen hat an Biologie, an mathematischen und physikalischen Grundgesetzen, an gesellschaftlichen Prinzipien und an Einsichten, die aus der Geschichte kommen.
Das nächste Schuljahr bietet genug Möglichkeiten, manches davon kennenzulernen. Um komplexe Dinge zu verstehen, brauche ich Zeit. Ich muss mich immer wieder damit beschäftigen.
Lernen heißt doch, dass ich neues Wissen erlange, damit sich kurzfristig mein Denken und mein Handeln und langfristig mein Charakter verändern kann. Ich lerne also mit Kopf, mit Herz und mit Hand.
In christlichen Kreisen wird sehr gerne Sprüche 3,5 zitiert: „Vertraue auf den Herrn von ganzem Herzen und stütze dich nicht auf deinen Verstand.“ Der Schwerpunkt liegt dann oft auf dem zweiten Teil dieses Bibelverses: „Stütze dich nicht auf deinen Verstand.“
Das wird dann als Argument benutzt, dass wir unseren Verstand nicht zu sehr gebrauchen sollen. Ich habe zum Beispiel von einem Gläubigen gehört, dass er zu seinem Sohn sagte: „Na ja, du willst schon wieder den nächsten Abschluss machen? Geh mal auf den Friedhof, da siehst du, wo die Schlauen alle liegen.“ Das ist natürlich eine große Motivation.
Immer wieder wird als Argument verwendet, dass Gott will, dass wir unseren Verstand nicht zu sehr gebrauchen. Es sei eine Gefahr, sich auf den Verstand zu verlassen. Der zweite Satz stimmt: Es ist eine Gefahr, sich auf den Verstand zu verlassen, wenn ich den Verstand von Gott abkopple und mich selbst beweihräuchere. Wenn ich mich auf mich selbst verlasse und nicht auf Gott.
Aber das gilt genauso für mein Gefühl und genauso für praktische Tätigkeiten. Der Herr Jesus zitiert ja einmal 5. Mose 6 in Matthäus 22 und sagt: „Du sollst Gott lieben.“ Unter anderem sagt er: „Du sollst Gott lieben mit deinem Verstand.“ Er sagt das sehr direkt.
Es gibt in der Bibel also nicht den Gegensatz Geist und Verstand. Den bauen wir auf, aber er ist nicht biblisch. Es gibt in der Bibel nur den Gegensatz Geist und Fleisch. Natürlich können meine Gefühle, mein praktisches Handeln und auch mein Verstand vom Fleisch bestimmt sein – also von der Haltung, die sich selbst zum Mittelpunkt macht. Dass ich mich mehr auf mich selbst verlasse als auf den Herrn.
Aber deshalb ist der Verstand doch nicht schlecht. In Jesaja 11 heißt es vom Heiligen Geist sogar, dass er ein Geist des Verstandes ist. Der Verstand soll wachsen – und das passiert nur, wenn ich lerne. Deshalb bleibe ein Lernender. Dazu gibt es keine Abkürzung.
Wissen wird nicht transfundiert, sondern repetiert. Ich kann mich also nicht nur hinlegen und sagen: „Dann lass mal reinlaufen.“ Sondern ich muss Dinge immer wiederholen, und dann wächst der Verstand. Dabei gehören Theorie und Praxis zusammen.
Ich las letztens, dass jemand diese beiden Begriffe, Theorie und Praxis, mit Denken und Handeln umschrieb. Das fand ich besser. Es ist beides wichtig: dass ich denke und dass ich handle. Mein Denken beeinflusst mein Handeln, und mein Handeln korrigiert mein Denken. So lerne ich.
Der unerfahrene Praktiker sagt: „Was interessiert mich eigentlich die Farbtemperatur, wenn ich Leuchtstoffröhren kaufe? Hauptsache, sie sind lang genug, dass ich sie da reinpacke, und dann brennen sie ja.“ Dann kaufe ich irgendwelche, stecke sie rein und sehe: „Ah ja, die eine leuchtet weiß, die andere gelb und die noch irgendwie anders.“
Ich merke, vielleicht ist es gar nicht so dumm, sich auch über die Farbtemperatur Gedanken zu machen, weil nämlich das jeweils bestimmt, wie so eine Lampe leuchtet. Also korrigiert mein Handeln dann mein Denken. Ich sage: „Ich sollte vorher darüber nachgedacht haben.“
Christen sollten dadurch auffallen, dass sie Menschen sind, die nachdenken und sich auch etwas sagen lassen. Martin Luther übersetzt Jakobus 3,17 mit dem Satz: „Die Weisheit lässt sich etwas sagen.“
Wie dumm ist es, wenn ich mir nichts mehr sagen lasse, wenn ich denke, ich weiß ja sowieso alles besser. Dann lerne ich nicht, wie ich es wirklich besser machen kann, und das bringt mich auch nicht weiter. Weiter bringt es mich, wenn ich mich frage: „Was kann ich von dem anderen lernen?“
Deshalb bleibe ein Lernender.
Und damit kommen wir zum zweiten Gedanken: Bleibe ein Lernender, um Gottes Weisheit zu verstehen. Dazu möchte ich Kolosser 2,2-4 lesen. Dort geht es um Weisheit. Paulus sagt: „Damit eure Herzen getröstet werden, vereinigt in Liebe und zu allem Reichtum an Gewissheit des Verständnisses, zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes, das ist Christus, in dem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen sind. Dies sage ich aber, damit niemand euch verführt durch überredende Worte.“
Paulus redet hier von Gottes Weisheit. Wenn ich diese Verse lese, muss ich mir bewusst machen: Gottes Weisheit zählt in dieser Welt nichts. Das schreibt Paulus schon den Korinthern. Er sagt, das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit. Und weil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, hat es Gott gefallen, durch die Predigt, durch die Torheit der Predigt, Menschen zu retten.
Wenn ich Gottes Weisheit erkennen will, also seinen Plan für diese Welt und für mein Leben, dann komme ich an Jesus nicht vorbei. Hier ist der Tresor, in den Gott seine gesamte Weisheit eingeschlossen hat. Das sagt dieser Vers aus dem Kolosserbrief aus. An Jesus wird deutlich, welchen Weg Gott gegangen ist, damit ich, verlorener Sünder, ewig im Himmel sein kann.
Jesus ist stellvertretend für meine Schuld gestorben, der Unschuldige für mich Schuldigen, damit die Anklageschrift Gottes gegen mich aufgehoben werden kann. Ich erlebe Gottes Vergebung dann auch ganz persönlich, wenn ich im Gebet zu Jesus komme und ihn um Vergebung für meine rebellische Haltung ihm gegenüber und um Vergebung für meine Lebensschuld bitte. Der Herr Jesus ist der zentrale Stützpfeiler meines Denkgebäudes. Das wird er dann.
Aber er kommt als dieser Stützpfeiler in dieser Welt nicht vor. Das hat einen ganz einfachen Grund: „Der Anfang der Weisheit ist die Furcht des Herrn“, so heißt es in Sprüche 1,7. Deswegen sagt Paulus hier im Kolosserbrief: Christus ist das Geheimnis Gottes. Er ist der Stützpfeiler allen weisen Denkens.
Biblische Weisheit heißt, sich im Leben zurechtzufinden nach dem Willen Gottes. Aber genau diesen Willen Gottes lehnt man ja im Denkgebäude dieser Welt ab. Die Furcht des Herrn ist nicht das Fundament des Lernens und der Weisheit. Das werden unsere Kinder in der Schule sehr schnell feststellen, denn man erklärt diese Welt ohne Gott.
Das merkt man sehr schnell, wenn man nur die ersten zwei Seiten der Bibel anschaut. Das erste Buch Mose fängt an mit dem Satz: „Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.“ Geht gar nicht. Dass man das unseren Kindern erzählt, sagt das gesellschaftliche Denksystem: Es ist doch klar, dass wir nur auf dieser Erde sind, weil wir zufällig auf diese Erde gekommen sind, nicht weil Gott uns geschaffen hat.
Dann liest man ein paar Verse weiter, 1. Mose 1,27: „Gott schuf sie als Mann und Frau.“ Die Bibel sagt also, es gibt zwei Kategorien, und diese Kategorien sind vorgegeben. „Quatsch!“, sagt das gesellschaftliche Denksystem. Man kann sich für sein soziales Geschlecht entscheiden und dann auch sein biologisches umoperieren lassen. Vielleicht bin ich ja nur im falschen Körper.
Da liest man ein bisschen weiter, 1. Mose 2,24: „Ein Mann wird Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und die zwei werden ein Fleisch sein.“ Mann und Frau – das ist Gottes Ehekonzept. „Wir widersprechen!“, ruft hier das gesellschaftliche Denksystem. Ehe ist für alle da und nicht nur für Mann und Frau.
Der Kolosserbrief sagt: Die Weisheit liegt in Christus. Das wird daran deutlich. Das ist ein sehr aktueller Satz, denn nur wenn ich von Christus her denke, fällt mir auf, von welchen Gedanken unser Denk- und Lernsystem bestimmt wird.
Deshalb muss man als Christ Gottes Wort gut kennen. Das ist sehr wichtig, um die Fake News von der richtigen News unterscheiden zu können. Was steht in der Bibel und was steht da nicht drin? Das muss ich wissen. Und damit ich es weiß – und da sind wir wieder beim Thema – muss ich es lernen.
Ich wünsche mir, dass Christen vom irrtumslosen Wort Gottes sehr denken und zeigen können, wie viel vernünftiger es ist, an Gottes Wort zu glauben, als sich auf ein Denksystem ohne Gott einzulassen.
Ich finde es sehr treffend, was der Christ und Denker Francis Schaeffer dazu gesagt hat. Ein sehr spannender Satz: Er sagt einmal sinngemäß: „Das Christentum verkündigt die Wahrheit. Und wenn ich es ablehne, weil ein anderer Denkrahmen mir lieber ist – also er ist nicht wahr, sondern er ist mir nur lieber –, dann verliere ich den objektiven Blick für die Welt, wie sie wirklich ist, und verstricke mich in gedanklichen Zwickmühlen, dass es so war.“
Also ihr habt verstanden, was er sagt: Die Bibel zeigt mir, wie die Welt wirklich ist. Ich will das nicht, also greife ich nach einem anderen Denkrahmen. Und dann komme ich natürlich in gedankliche Zwickmühlen, die ich lieber übergehe, als dass ich mich ihnen stelle.
Wer nicht an Gott glaubt, der lebt nicht in einem luftleeren Raum. Es ist Quatsch, wenn Menschen sagen: „Ich glaube an gar nichts.“ Sie haben Grundvoraussetzungen, von denen sie ausgehen. Und diese Überzeugungen sind oft sehr viel unlogischer als die Bibel – nur weil man die Bibel eben ablehnt.
Diese Überzeugungen sollte ich erkennen können, um im Vergleich mit der Bibel zu begreifen, wo die gedanklichen Zwickmühlen sind, von denen Schaeffer hier redet.
Warum sollte ich zum Beispiel für Menschenrechte kämpfen, wenn ich es ablehne, dass es ethische Überzeugungen geben kann, die von einer höheren Autorität gegeben sind? Darum muss man mal nachdenken.
Warum kämpfe ich dann für Menschenrechte? Weil ich sage, es gibt ja keine Autorität, die über mir steht. Wenn Menschenrechte nur gesellschaftlich verankert sind, dann sind sie sehr subjektiv. Und wer sagt mir, ob sie nicht temporär sind, also sehr zeitlich begrenzt? Warum soll ich denn mein Leben einsetzen, um dafür zu kämpfen?
Eine andere Zwickmühle: Man fordert ständig Gerechtigkeit, mehr Zeit für Gerechtigkeit. Das haben wir jetzt in den letzten Wochen sehr häufig gehört. Aber warum fordere ich das, wenn ich nicht davon ausgehe, dass Gott gerecht ist und er Gerechtigkeit liebt? Warum fordere ich das? Wo ist der Punkt?
Wenn es keinen Gott gibt, dann wird am Schluss immer der Täter triumphieren, und das Opfer ist der Dumme. Warum schreie ich denn jetzt nach Gerechtigkeit, wenn am Ende sowieso das Unrecht triumphiert?
Noch eine Zwickmühle eines Denkgebäudes ohne Gott: Man propagiert gerne Freiheit ohne Einschränkung, weil man Gott mit seinen Vorgaben als den großen Einschränker sieht. Also weg mit den Geboten! Wir wollen Freiheit ohne Einschränkung.
Freiheit hat aber immer Einschränkungen. Das weiß jeder Diabetiker, der seine Freiheit, Zucker zu essen, einschränkt wegen seiner Gesundheit. Das könnte er ja.
Das heißt, jeder Fußballstar, der seine Freiheit, den Vormittag im Bett zu verbringen, einschränkt und sich sechs Stunden lang quält, um irgendetwas zu üben, was er nachher auf dem Fußballfeld am Samstag dann können sollte – nur damit er seiner Leidenschaft nachgehen kann, Fußball zu spielen.
Freiheit hat immer Einschränkungen.
Ihr merkt: Gott gehört in den Mittelpunkt unseres Denkens. Wenn ich Christus als Stützpfeiler aus der Mitte meines Denkens nehme und mich nicht mehr am Wort Gottes orientiere, dann wird mein Denkgebäude baufällig und es wird einstürzen.
Und ich kann darüber natürlich noch manchen Fake bringen, dass es alles toll aussieht, aber die Bausubstanz ist marode.
Deshalb: Bleibt Lernende, um Gottes Weisheit zu verstehen, die so viel höher ist als unsere menschlichen Gedanken.
Ich sage unseren Kindern immer wieder: Wenn ihr Nachrichten seht, wenn ihr irgendetwas lest, dann fragt eine ganz entscheidende Frage: Welche Message will man mir vermitteln? Was soll ich am Ende glauben? Und von welchen Voraussetzungen geht man hier aus?
Ich glaube, dass das sehr hilfreich ist, um das, was man schlussendlich dann hört, auch beurteilen zu können.
Je mehr du dich mit Gottes Gedanken beschäftigst, desto klarer wird dir, wie brüchig und wie widersprüchlich das Denksystem dieser Welt ist, das man dir als ganz große Weisheit verkaufen will.
Ich habe am Anfang gesagt: Denken und Handeln gehören zusammen. Es ist wichtig, dass wir als Christen unsere Bibel kennen und deshalb gut nachdenken können über die Werte, die man uns als wertvoll verkaufen will.
Die angeblichen Hauptgewinne sind bei genauem Hinschauen Mogelpackungen. Lass dich nicht von leeren Pappschachteln beeindrucken.
Wir haben gesehen: Bleibe ein Lernender, um Gottes Weisheit zu verstehen. Nun geht es darum, bei Jesus einen neuen Lebensstil zu erkennen. Das betrifft nicht nur mein Denken, sondern es soll sich auch im Handeln zeigen.
Jesus möchte, dass ich wissbegierig bin und immer mehr den Denkrahmen entdecke, den er mir in seinem Wort offenbart. Gleichzeitig will er, dass ich konkret von ihm lerne und dass er mein Vorbild ist.
Ich lerne von Jesus, indem ich die Evangelien lese und darauf achte, was Jesus wichtig war und was nicht. Ich schaue, was er im Alltag gelebt hat und was er getan hat.
Der Apostel Johannes sagt das einmal im ersten Johannesbrief Kapitel zwei: Wir sind Jesus schuldig, so zu leben, wie er gelebt hat. Dabei sagt er das nicht ohne gleichzeitig die Kraft zu erwähnen, aus der der Herr Jesus heraus gelebt hat – und aus der auch ich leben kann. Johannes erklärt, dass man, um dieses Leben zu führen, in Jesus bleiben muss, wie eine Rebe am Weinstock.
Die Kraft für dieses Leben kommt nicht aus der Rebe, sondern aus dem Weinstock. Doch in der Rebe sieht man die Frucht.
Welche Frucht soll man in meinem Leben sehen? Hier gibt es einige Antworten dazu. Weil mein Punkt heißt „Schau dir bei Jesus einen neuen Lebensstil an, lerne von ihm“, möchte ich Jesus selbst zu Wort kommen lassen – auch mit dem Satz, den wir hier auszugsweise an der Wand stehen haben.
Matthäus 11,28 sagt der Herr Jesus: „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig. Und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen.“
Es geht hier also um zwei Punkte, die ich von Jesus lernen soll, nachdem ich das Joch Jesu auf mich genommen habe – also bewusst mit ihm in seiner Spur laufe. Bei anderen Gelegenheiten redet der Herr Jesus über andere Dinge, die ich von ihm lernen kann. Zum Beispiel ist er gekommen, um Sünder zu rufen – das soll ich auch von ihm lernen, zum Beispiel in Matthäus 9. Ich soll lernen, meine Feinde zu lieben, ich soll lernen, Gott zu vertrauen. Aber hier in Matthäus 11 geht es dem Herrn Jesus um diese beiden Dinge, die mein Denken und Handeln prägen sollen: Ich soll lernen, demütig zu sein, und ich soll lernen, sanftmütig zu sein.
Gott ist eine demütige Haltung in meinem Leben sehr wichtig, denn von Natur aus bin ich stolz. Ich stelle mich gerne als Mensch immer wieder in den Mittelpunkt. Und wenn ich das dann öffentlich nicht kann, weil ich schüchtern bin, dann zumindest für mich selber. Das muss ich nicht lernen, da muss ich mich gar nicht anstrengen. Gott die Ehre zu rauben, das kann ich intuitiv – das ist so ein Gebiet, da sind die Männer oft intuitiver als die Frauen.
Demut heißt: Ich bin mir meiner Fähigkeit bewusst, aber auch meiner Grenzen. Und ich nehme diese Grenzen an. Es gibt Dinge, da sind andere Leute begabter als ich, und deswegen ist es besser, sie machen es und nicht ich. Aber die Gaben, die Gott mir gegeben hat, die sind auch Aufgabe für mich. Das wurde bei der Gemeindeaufnahme sehr deutlich, und diese Gaben, die ihr hier vorne stand, die dürft ihr auch einsetzen. Und wenn Menschen mir für diese Gaben Danke sagen, dann dürfen sie das.
Es gibt ein komisches christliches Denken: „Ich will den anderen ja nicht loben, damit er demütig bleibt.“ Schade! Du hättest ihn mit deinem Danke so motivieren können. Übrigens, er kann auch hochmütig sein, wenn du ihn nicht lobst. Es liegt nicht wesentlich an deinem Lob, aber vielleicht wird er bald frustriert aufgeben, weil du ihm dein positives Feedback nicht gesagt hast. Schade!
Gott hätte ich so gerne gebraucht, dass du dich nicht gebrauchen ließest von Gott. Wenn ich gelobt werde – ich bin bei Demut ja – dann darf ich das annehmen, aber nicht festhalten, sondern ich darf es weitergeben. Ich gebe Lob an Gott weiter und sage ihm danke, dass du mir die Kraft und die Weisheit geschenkt hast, Dinge gut zu machen. Das ist gelebte Demut. Ich weiß, ich bin abhängig von Gott, und ich empfinde das auch als Glück und nicht als Einschränkung.
Demut lebt von der Einstellung, die Paulus in 1. Korinther 4,7 so formuliert: „Was hast du eigentlich, das du nicht empfangen hast? Wenn du es aber empfangen hast, was rühmst du dich, als wenn du es nicht empfangen hättest?“ Demut heißt, ich weiß, was ich von Gott empfangen habe, dessen bin ich mir bewusst, und ich setze es verantwortlich ein. Aber das Gelingen buche ich nicht auf mein Konto, sondern ich weiß, Gott hat es mir geschenkt, und ich schenke es weiter.
„Ich habe euch gegeben, was ich vom Herrn empfangen habe“, so formuliert es Paulus mal in 1. Korinther 11. Das ist die Haltung. Der Herr Jesus hat Demut gelebt, und deshalb war es ihm wichtig, dass sein Vater durch sein Leben großgemacht werden sollte. Wenn ich unter dem Joch des Herrn Jesus in seiner Demutspur laufe, dann wird es mir auch wichtig sein, dass der Herr Jesus durch mein Leben großgemacht wird und nicht ich.
Der Esel, auf dem der Herr Jesus saß, als er in Jerusalem einritt, hat auch nicht gedacht: „Toll, wie die Leute mir alle zujubeln.“ Er hat nur dem Herrn Jesus gedient, und dazu bin ich gerufen, meinem Herrn in Demut zu dienen. Das ist das Erste, was Jesus betont: Demut.
Die andere Eigenschaft, die Jesus mir beibringen möchte und die ich lernen darf, ist Sanftmut. Sanftmütig ist der, der die Macht und auch das Recht hat, jemanden zu strafen oder ihm zu schaden, es aber nicht tut, sondern ihm freundlich begegnet. Er hat den Mut, sanft zu sein und nicht hart zu reagieren. Auch wenn ich hart reagieren könnte, mache ich das nicht. Ich lasse dich sehen und spüren, dass ich dich wohlwollend behandle. Ich bin für dich.
Das schließt nicht aus, dass wir auch bei der einen oder anderen Sache über Konsequenzen reden müssen. Aber du spürst: Ich bin für dich. Und ich freue mich nicht darüber, dir wehzutun, auch vielleicht bei Konsequenzen. Ich möchte, dass es dir hilft, wenn es Konsequenzen gibt, deinen Charakter zu verändern. Ich habe nur das Beste für dich im Sinn.
Das Wort für sanftmütig kann man auch mit freundlich übersetzen. Es gibt noch ein anderes Wort, das man auch mit freundlich übersetzt, aber auch dieses Wort, das Jesus hier gebraucht, kann man durchaus mit freundlich übersetzen. Diese Bedeutungsvielfalt spiegelt sich dann auch in der englischen ESV wider, in der dieser Satz übersetzt wird. Die Sanftmütigkeit wird dort mit „gentle“ übersetzt, das heißt sanft oder freundlich. Also ein Gentleman ist ein sanfter und freundlicher Mann, auch wenn in der eigentlichen englischen und französischen Wortbedeutung die gesellschaftliche Stellung noch mitschwingt – das ist hier weniger der Fall.
Jesus sagt also: Lernt von mir, demütig zu sein und ein freundlicher Gentleman zu sein. Petrus verwendet genau das gleiche Wort in 1. Petrus 3,4, aber für die Frauen. Dort geht es um „gentle ladies“, das heißt, es ist ihr Schmuck, schreibt er, einen sanften – und da könnte man übersetzen – freundlichen und stillen Geist zu haben, denn das ist vor Gott sehr köstlich. Auf diese Freundlichkeit legt Gott sehr viel Wert.
Freundlichkeit hängt also mit einem stillen Geist zusammen. Interessant! Auch in Matthäus 11 geht es um Ruhe. Auch hier haben wir die gleiche Kombination, auch hier geht es um Stille. Wenn ich bei Gott zur Ruhe komme und wenn ich aus Gottes Ruhe heraus lebe, dann wird diese Ruhe in meinem Alltag sichtbar werden, unter anderem auch an der Freundlichkeit.
Menschen, die innerlich getrieben sind, werden es sehr schwer haben, jemand anderem, der neben ihnen herläuft, freundlich zu begegnen.
Mit dieser Aussage „Lerne von mir Demut und Sanftmut“ zeigte Herr Jesus das Kontrastprogramm zur damaligen Denke – und auch zur heutigen Denke. Die damalige Denke war, das können wir nachlesen in Lukas 22,25: Echte Männer herrschen über andere, notfalls auch mit Gewalt, aber sie wollen trotzdem einen Ruf als Wohltäter haben. So kannst du es lesen in Lukas 22.
Und Jesus hält dagegen gegen diese Denke und sagt: „Ihr aber nicht so.“ Ja, wenn nicht so, wie denn dann? Wir haben es schon gehört im Rahmenprogramm: Der Größte sei wie der Jüngste. Also lebe in Demut, und der Führende soll wie der Dienende sein. Menschen, die anderen aus Überzeugung dienen wollen, werden das mit Freundlichkeit tun.
Jesus mischt sich mit diesem Beispiel in die Unterhaltung der Jünger ein, die in Lukas 22 diskutiert hatten: Wer ist denn der Größte? Das haben sie gerade verhandelt. Jesus sagt: Der ist der Größte, der Demut lebt und der mit seiner Leiterschaft anderen dienen möchte und der nicht über sie herrschen will.
Jesus selbst hat diese Freundlichkeit gelebt. Ein paar Kapitel vorher, in Lukas 18, kommen Frauen mit ihren Kindern zu Jesus nach einem anstrengenden Tag. Die Jünger sind genervt – kann man sich so richtig vorstellen: „Haut ab, was wollt ihr jetzt hier noch? Sprechstunde ist geschlossen, merkt ihr nicht, dass wir müde sind?“ und was sie alles gesagt haben mögen.
Und Jesus redet dazwischen. Er sagt: „Lasst die Kinder zu mir kommen.“ Er reagiert freundlich, genauso wie es hier in Matthäus 11 sagt. Er reagiert den Menschen zugewandt. Ich kann mir vorstellen, Jesus hat die Frauen angestrahlt, er hat sie angelächelt, und damit hat er Freundlichkeit gelebt.
Echte Freundlichkeit wirkt immer einladend und lässt den anderen empfinden: „Da freut sich jemand über mich, dass er mich sieht.“ Und echte Freundlichkeit schafft auch sehr schnell Vertrauen. Freundliche Leute werden sehr schnell die Bedürfnisse des anderen im Blick haben, und sie werden versuchen, ihm zu helfen. Sie haben offene Augen für den anderen.
Sprüche 16,24 sagen: „Freundliche Worte sind süß wie Honig.“ Das heißt, die hört man gerne, sie sind Heilung für das Gebein, auch wenn die Not an sich sich nicht verändert. Wenn man mich freundlich behandelt, dann hilft es oft schon so viel.
Also wenn ältere Leute beim Arzt sind, kriege ich das immer wieder mit: „Er war freundlich.“ Ja, also das ist etwas ganz Wesentliches.
Ich soll von Herrn Jesus also lernen, freundlich durch diese Welt zu laufen und damit Gottes Freundlichkeit in meinem Leben auszustrahlen. Deswegen halte bewusst Ausschau, wenn du die Bibel liest, nach Situationen, in denen der Herr Jesus freundlich reagiert, und frag dich mal: Wie macht er das? Wie behandelt er denn die Menschen, denen er dort begegnet?
Und wenn ich darüber nachdenke, wie kann ich freundlich handeln, könnte es auch eine Hilfe sein, mich damit zu beschäftigen, wie sich eigentlich ein Gentleman oder eine Lady benehmen sollte. Manche der Benimmregeln stammen zugegeben wirklich aus dem letzten Jahrhundert. Die sind heute dann eher peinlich. Aber andere kann man durchaus auf unsere Zeit übertragen, weil es praktische Anleitungen sind, wie ich Freundlichkeit leben kann.
Ein erster grundsätzlicher Schritt vom Denken zum Handeln ist: Nimm die Leute um dich herum wohlwollend wahr, lächle sie vielleicht mal bewusst an, sag ihnen freundliche, hilfreiche Worte, schreib ihnen freundliche Worte, schenke ihnen etwas und zeig ihnen, du bist mir wichtig.
Das Beste ist: Ich muss das nicht aus eigener Kraft schaffen. Freundlichkeit und Sanftmut sind eine Frucht des Heiligen Geistes. Das wissen wir aus Galater 5, dort hat Paulus es aufgeschrieben. Das heißt, der Heilige Geist will in mir diese Freundlichkeit und diese Sanftmut leben, damit der Herr Jesus durch meinen Alltag sichtbar wird.
Ich hoffe, dass diese Predigt uns motivieren konnte, bewusst mehr aus Gottes Wort lernen zu wollen und nicht zu denken: „Ich weiß schon alles.“ Es gibt so viel zu entdecken.
Wir haben mit Gottes Weisheit einen großen Schatz, der die Weisheiten dieser Welt alle in den Schatten stellt. Das Zentrum ist der Stützpfeiler der Weisheit Gottes in Christus.
Das ist derselbe Christus, von dem ich lernen darf, so zu leben, dass Gott groß gemacht wird. Es ging heute um Demut, um Sanftmut und um Freundlichkeit – Eigenschaften, die ich nur leben kann, weil der Herr Jesus in mir die Kraft dazu ist.
Deshalb wünsche ich es mir und euch, dass wir in der kommenden Woche mit offenen Augen durch den Alltag gehen. Mit dem Wunsch, den ihr hinter mir seht: Ich will ein Lernender bleiben, um Gottes Weisheit zu verstehen und bei Jesus einen neuen Lebensstil zu entdecken.
Amen.