Ja, hallo, schön, dass ihr wieder da seid. Mein Name ist Jürgen Fischer, und wir befinden uns im zweiten Teil unseres Online-Seminars mit dem Titel „Glauben an Kinder weitergeben – mit guten Gewohnheiten dem Zeitgeist trotzen“.
Im ersten Teil ging es mir darum, euch die Macht von Gewohnheiten vorzustellen. Gewohnheiten prägen tatsächlich unser Leben – viel mehr, als uns lieb ist. Leider wissen das auch die Werbung und die Welt um uns herum. Sie prägen unsere Familien, ohne dass wir das vielleicht merken und definitiv ohne, dass wir das wollen. Dies geschieht durch säkulare Gewohnheiten.
Wer, wie unsere Kinder, in eine Kultur hineingeboren wird, die uns durch alltägliche Routinen zur Selbstdarstellung, Oberflächlichkeit und auch zur Lust auf Unreinheit erzieht, hat es nicht leicht. Eine Kultur, die unser Herz auf falsche Götter und ein falsches Evangelium ausrichtet.
Wer in so eine Kultur hineingeboren wird, ist definitiv nicht zu beneiden. Er bräuchte eigentlich ganz viel Selbstreflexion. Doch genau davon wird er von einem Zeitgeist abgehalten, der Toleranz, Emotionalität und die simple Wahrheit puscht.
Die Prägung durch Gewohnheiten und die Herausforderung der Kultur
Aber schauen wir zuerst einmal zurück. Meine These beim letzten Mal war: Wir sind mehr Bauch als Kopf. Unser Bauch, das heißt der Autopilot, mit dem wir die meiste Zeit des Tages unterwegs sind, entscheidet ganz wesentlich darüber, wie wir leben. Er folgt unserem Herzen, dem inneren Wollen, das uns vorgibt, was wir lieben.
Ich hoffe, ihr erinnert euch noch daran: Unser Herz wird geprägt von unseren Gewohnheiten, nicht von unserem Wissen. Erst wenn sich Wissen – Stichwort „Du bist schön“ – in Gewohnheiten niederschlägt – Stichwort SMS –, dann wird aus Wissen ein Verhalten. Daraus entsteht hoffentlich ein intuitives Verhalten und daraus wiederum hoffentlich ein Charakter.
Gewohnheiten prägen also mein Herz. Sie bestimmen darüber, was ich liebe, und deshalb auch ganz stark, wer ich bin. Damit meine ich nicht meine Vorstellung von mir, sondern meine wahre Persönlichkeit. Ich formuliere das so, weil die Bibel uns ja recht deutlich vor Selbstbetrug warnt. Es lohnt sich wirklich, regelmäßig darüber zu beten, dass Gott einem den eigenen blinden Fleck zeigt. Und man sollte lieber davon ausgehen, dass es sich dabei nicht nur um einen Fleck handelt.
Das heißt aber: Wenn ich etwas lieben will – und dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um meinen Ehepartner, um Kardiotraining oder um die Bibel handelt – wenn ich etwas lieben lernen will, dann ist es nicht so sinnvoll, einfach nur für Liebe zu beten. Zum Beispiel: „Herr, schenke mir Liebe für Kardiotraining.“ Die Liebe dazu, wie er eine halbe Stunde täglich auf dem Crosstrainer trainiert, kommt nicht durch das Gebet, sondern durch das Training.
Wer seine Liebe zum Kardiotraining entdecken will, kann gerne Gott um Disziplin bitten – das ist ja immerhin eine Frucht des Geistes – und dann steigt er bitteschön auf den Crosstrainer. Das klingt banal, aber Gewohnheiten prägen mein Herz, nicht oder kaum mein Wissen.
Zu sagen: „Ich weiß, dass ich ab fünfzig eine gute Mischung aus Kraftsport und Kardiotraining brauche“ – solches Wissen führt nicht dazu, dass ich Sport plötzlich liebe. Gewohnheiten prägen mein Herz. Sie bestimmen darüber, was ich liebe und worauf mein Herz ausgerichtet ist.
Und säkulare Gewohnheiten erziehen unsere Kinder deshalb ganz leicht zu Götzendienern. Sie richten ihr Herz auf Selbstdarstellung, auf Oberflächlichkeit, auf das Böse aus. Das muss uns einfach bewusst sein. Und das hatten wir beim letzten Mal.
Die Bedeutung von Reflexion, Vorbild und Jüngerschaft
Wenn wir das jetzt verstanden haben und daran glauben, müssen wir uns das Prinzip der Gewohnheiten zu eigen machen.
Der Titel des heutigen Vortrags lautet „Die Chance, durch gute Gewohnheiten das Evangelium in unser Familienleben zu bringen“. An dieser Stelle möchte ich drei Aspekte besonders betonen: Reflexion, Vorbild und Jüngerschaft.
Mehr dazu wird es dann sicherlich noch in den Breakout-Rooms geben.
Reflexion als Grundlage
Punkt eins: Reflexion.
Wir hatten diesen Punkt schon beim letzten Mal kurz angesprochen, aber ich möchte ihn noch einmal ausführlicher darstellen. Der Herr Jesus spricht in Markus 9 davon, dass wir Salz in uns selbst haben sollen. Salz ist an dieser Stelle in Markus 9 ein Bild für Gericht. „Habt Salz in euch selbst“ bedeutet also so viel wie: Geht mit euch selbst ins Gericht.
Das ist, wie ich finde, ein sehr wichtiger Punkt im Leben eines Christen. Wir dürfen immer wieder einen ausgesprochen kritischen Blick auf unser eigenes Leben als Eltern werfen. Und wir dürfen das tun, weil wir aus Gnade leben. Niemand, wirklich niemand, vor allem nicht uns selbst, müssen wir etwas vormachen.
Wisst ihr, wir als Kinder Gottes sind die einzigen, die wissen, dass sie nie genügen und trotzdem genau wissen, dass sie bedingungslos geliebt werden. Wir sind diejenigen, die täglich um Vergebung bitten, weil wir mehr Interesse an einer intakten, genussvollen Beziehung mit Gott haben als an der Aufrechterhaltung eines frommen Scheins.
Ja, die fromme Show interessiert uns nicht, hoffentlich nicht. Deswegen stellen wir uns jeden Tag in Gottes Licht, einfach deshalb, weil wir ihn wollen. Das ist aus Gnade leben. Wir dürfen einen kritischen Blick auf unser eigenes Leben werfen und uns ganz ehrlich die Frage beantworten: Was liebe ich? Wofür schlägt mein Herz? Also, wofür schlägt es wirklich?
Wofür gebe ich gern Geld aus, auch schon mal zu viel? Womit verbringe ich meine Freizeit? Auf welchen Internetseiten treibe ich mich eigentlich herum? Oder lasst es mich so formulieren – und das ist jetzt ein ganz klein bisschen fies: Wenn ich mir anschauen würde, wofür du im letzten halben Jahr Geld ausgegeben hast und auch noch deinen Browserverlauf durchgehen könnte, für was für eine Art von Mensch würde ich dich dann halten?
Würde man an deinem Umgang mit Geld, Social Media und Unterhaltung erkennen, dass du zum Reich Gottes gehörst? Würde man daran erkennen, dass Jesus in deinem Leben Herr ist – also ich meine so richtig Herr, jemand, der dir etwas sagen darf? Ganz ehrlich, diese Frage hat mich selbst in der Vorbereitung auf diesen Vortrag schon herausgefordert.
Welche Gewohnheiten, welche Routinen finden sich in deinem Leben? Und da sind sie wieder: die Gewohnheiten. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Wir stehen tatsächlich immer in der Gefahr, uns selbst zu betrügen. Damit meine ich, dass wir in der Gefahr stehen, zu denken, wir seien Christen, obwohl wir eigentlich wie Heiden leben.
Wir müssen uns also fragen: Wofür schlägt mein Herz wirklich? Eben Reflexion. Und wir dürfen dabei nicht länger denken, dass es schon reicht, die richtigen Antworten auf Bibelfragen zu wissen.
Es ist traurig, aber ich glaube, wir kennen alle ältere Christen, die viel Bibelwissen haben, aber mit ihrer zornigen, unbarmherzigen und oft auch entmutigenden Art einer ganzen Gemeinde und ihrer eigenen Familie zur Last fallen. Unreife und sogar Unglaube lassen sich leicht hinter Bibelwissen verstecken. Das wissen wir, oder?
Frage: Was läuft eigentlich falsch, wenn ich viel weiß, sich mein Wissen aber nicht in meinem Verhalten widerspiegelt? Wenn ich also viel know what und nicht so viel know how habe? Die Antwort liegt auf der Hand: Wenn ich viel weiß und wenig tue, dann habe ich mein Wissen nie übersetzt – übersetzt in Leben, in Inkarnation.
Und mir ist schon klar, dass es eine Instanz in mir gibt, die sich dem widersetzt. Mein Fleisch hat keine Lust auf Veränderungen. Vor allem hat es dann keine Lust auf Veränderungen, wenn es schon eine ganze Weile seinen eigenen Weg geht und aus dem Hintergrund den Ton in meinem Leben angibt.
Der Apostel Paulus warnt vor der Macht des Fleisches, davor, dass unser Fleisch im Hintergrund die Strippen zieht, wenn er schreibt in Römer 13,13-14: „Lasst uns anständig wandeln wie am Tag, nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht und Ausschweifungen, nicht in Streit und Eifersucht, sondern zieht den Herrn Jesus Christus an und treibt nicht Vorsorge für das Fleisch, dass Begierden wach werden.“
Wenn man Vorsorge für das Fleisch treibt, dann werden Begierden wach. Ich kann also einen Lebensstil an den Tag legen, der es mir schwer macht, als Christ zu leben. Schwer macht, weil das, was ich ganz praktisch tue, den unerlösten Anteil meiner Persönlichkeit, die Sünde, die in mir wohnt, ständig befeuert.
Und genau das ist der Punkt, wo säkulare Gewohnheiten ansetzen. Bekehrung ist, wenn ich sie recht verstehe, immer eine Bekehrung zu Jesus-Gewohnheiten hin. Es ist nie nur genug, ein Hörer zu sein. Wir sollen, wir müssen Täter dessen sein, was Jesus gesagt hat.
Johannes 14,15: „Wenn ihr mich liebt, so werdet ihr meine Gebote halten.“ Und ihr merkt schon, hier steht „halten“, nicht „kennen“. Nicht: „Wenn ihr mich liebt, so werdet ihr meine Gebote kennen“, nein, „halten“.
Es geht um eine Chance, durch gute Gewohnheiten das Evangelium in unseren Familien zu leben. Mein erster Punkt ist also der Punkt Reflexion, die Frage: Wie lebe ich mein Leben, und welches Evangelium predige ich mir selbst Tag für Tag durch die Routinen und Liturgien meines Alltags? Welche Geschichte hört mein Herz von mir selbst, wenn es über das reflektiert, was ich ihm täglich zu schauen, zu lesen, zu denken und zu erleben gebe?
Bitte vergesst das nie: Die Welt hält für uns einen anderen Jesus bereit, einen anderen Geist und ein anderes Evangelium. Und sie will unser Herz wovon abwenden?
2. Korinther 11,3: „Ich fürchte aber, dass, wie die Schlange Eva durch ihre List verführte, so vielleicht euer Sinn von der Einfalt und Lauterkeit Christus gegenüber abgewandt und verdorben wird.“
Das ist, worum es dem Teufel geht. Er will unseren einfachen, ehrlichen Umgang mit unserem Herrn Jesus kaputtmachen. Deshalb lasst mich die Frage wiederholen: Welches Evangelium predige ich mir selbst Tag für Tag durch die Routinen und Liturgien meines Alltags?
Dabei geht es nicht nur um das, was ich tue. Um noch einmal auf mein Eingangsbeispiel im ersten Vortrag mit der Liebes-SMS zurückzukommen: Wenn ich aufhöre, meine Frau zu bewundern, sie mit Worten und mit Zärtlichkeit zu beschenken, dann verhalte ich mich aus der Perspektive des Heiligen Geistes nicht nur megamäßig dämlich. Ich predige mir selbst etwas.
Ich predige nämlich das Nein zur Bewunderung. Und dieses Nein zur Bewunderung ist ein Ja zu etwas anderem. Lasst uns das nie vergessen: Eine Gewohnheit kann auch darin bestehen, etwas nicht zu tun.
Wenn ich aufhöre, meine Frau zu bewundern, dann predige ich meinem Herzen, dass sie meine Bewunderung nicht oder nicht mehr länger verdient. Jürgen, jetzt übertreibst du aber! Nur weil ich meiner Frau keine SMS schreibe, heißt das doch nicht, dass ich sie nicht mehr bewundere.
Doch, genau das heißt es. Es muss natürlich keine SMS sein, stimmt, aber irgendetwas. Und wenn da nichts ist, dann magst du ja denken, dass du sie noch bewunderst. Aber ich garantiere dir, dass sich dein Herz über kurz oder lang umorientiert.
Die Welt, in der wir leben, bezeichnet Frauen als Schlampen, degradiert sie zu Sexobjekten und raubt ihnen durch Filme und Lieder jede Würde. Frauen sind es nicht wert, dass man ihnen Würde und Majestät und Herrlichkeit zuspricht.
Wer rät denn heute noch dazu, dass man nach einem Streit – wohlgemerkt nach einem Streit, den die eigene Frau verursacht hat – ihr dann mit solchen Worten begegnet?
Hoheslied 6,10: „Wer ist sie, die da hervorglänzt wie die Morgenröte, schön wie der Mond, klar wie die Sonne, furchterregend wie Kriegsscharen?“
Könnt ihr die Hochachtung spüren, mit der Salomo seiner Sulamit begegnet? Wie er ihr Schönheit, Großartigkeit und Kraft zuspricht? Die Welt, in der ich lebe, tut das genaue Gegenteil.
Außer etwas romantischem Kitsch gibt es keine Bewunderung mehr für eine starke Frau. Sie hat ihren Mann zu stehen und den Mund zu halten, schließlich ist sie jetzt doch gleichberechtigt. Und wo ich aufhöre, in dasselbe Horn zu stoßen wie diese Welt, wo ich aufhöre, meine Frau zu bewundern, predige ich meinem Herzen, dass meine Frau nicht schön ist und schon gar nicht stark.
Und nur um das anzudeuten: Dasselbe gilt auch für Anbetung. Wo meine Anbetung flach und unreflektiert wird, predige ich meinem Herzen, dass der Gott, den ich da anbete, es eigentlich nicht wert ist, dass ich mich intensiver mit ihm beschäftige.
Das war Punkt eins: ein kritischer Blick auf meine Gewohnheiten, Reflexion. Bin ich ehrlich zu mir selbst? Sorge ich dafür, dass mein Herz die richtigen Dinge liebt? Und wo haben sich Verhaltensweisen eingeschlichen, die vielleicht nicht auf den ersten Blick falsch im Sinne von sündig sind, aber doch irgendwie unklug, unrein oder eben so sind, dass sie mein Herz von Jesus weg auf etwas anderes lenken?
Und damit wir uns nicht falsch verstehen: Mir geht es kein Stück um Perfektion. Ich halte Perfektionismus sogar für eine Sünde. Mir geht es nicht um Perfektion, sondern ums Echtsein.
Ich muss mich selbst so sehen, wie ich bin, jedenfalls so weit mir das möglich ist. Ein bisschen rosarote Brille behalten wir wahrscheinlich alle auf, wenn wir uns selbst anschauen. Aber Reflexion ist wichtig. Reflexion ist die Voraussetzung für meinen zweiten Punkt, nämlich für Vorbild.
Vorbild durch gelebte Beziehung
Und wenn du jetzt nicht gut darin bist, über dich selbst nachzudenken – und solche Menschen gibt es –, dann gibt es zwei Arten: Die einen denken ständig über sich nach, die anderen tun das so gut wie gar nicht. Wenn du nicht gut darin bist, lass dir helfen. Bitte andere Menschen, dir ein Feedback zu geben. Frag sie, wie du wirkst, welche Eigenarten sie an dir wahrnehmen und wo sie dir vielleicht raten würden, mal genauer hinzuschauen. Das war Punkt eins.
Punkt zwei: Vorbild. Ich möchte hier mit einem Unterschied anfangen: Gute Gewohnheiten kontra stumpfsinnige Rituale. Oder anders ausgedrückt: Warum lebst du genau so, wie du lebst? Noch deutlicher gefragt: Ist dein Lebensstil – und natürlich meine ich hier dein Christsein – Ausdruck der Sattheit, der Ruhe und des Friedens, den du in der Gegenwart des Herrn Jesus gefunden hast? Betonung auf „gefunden hast“.
Ich frage das so, weil ich immer wieder auf Christen stoße, die sich die einfachsten Fragen im Glauben so gut wie nie gestellt haben. Die einfachste Frage lautet doch: Erfüllt mich mein persönliches Leben mit Jesus? Also erfüllt mich dieses Leben ganz praktisch jeden Tag mit Sinn, mit Geborgenheit, mit Schalom? Bin ich wirklich in der bedingungslosen Liebe meines Vaters angekommen oder eigentlich noch auf der Suche nach dem wahren Leben?
Wisst ihr, der Herr Jesus verspricht uns Dinge wie: „Wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit.“ Oder: „Ich bin das Brot des Lebens, wer zu mir kommt, wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr dürsten.“ Oder: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke; wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus seinem Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Oder: „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben!“ Oder eine letzte Stelle: „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch.“
Und Jesus sagt diese Dinge, weil er sie so meint. Als der Herr Jesus in Johannes 6 ins Boot der Jünger steigt, sind sie mit ihrem Boot sofort am Ziel. Wir dürfen diese Gegenstandslektion, wie mir scheint, auf uns übertragen: Mit Jesus bin ich am Ziel, ich bin angekommen.
Frage: Bist du angekommen? Angekommen in einer Beziehung zu Gott, die deine Seele satt macht, die dir Ruhe spendet, dir Frieden schenkt, dir die Angst nimmt und dir einen Sinn gibt? Es ist wichtig, dass wir beim Thema Gewohnheiten nicht vergessen, worum es im Leben mit Gott geht.
Es geht nämlich nicht darum, einen Lebensstil zu kopieren, den wir bei anderen gesehen haben und für christlich halten. Es geht nicht darum, das zu tun, was der Prediger oder der Pastor tut. Es geht darum, solche Gewohnheiten zu kultivieren, die mein Herz auf Jesus ausrichten, die mein Herz an Gott binden und die mein Herz täglich Gottes Güte schmecken lassen.
Ich formuliere das so, weil es sich nirgends so sehr lohnt, ehrlich zu sein, wie im Blick auf meine Beziehung zu Gott. Wenn ich unzufrieden bin mit meiner Beziehung zu Gott, dann stecken dahinter falsche Gewohnheiten, die mein Herz eben nicht an Gott binden und die mich nicht in seiner Liebe und in seinem Frieden ankommen lassen.
Oder lasst es mich so sagen: Die Qualität meiner Gewohnheiten entscheidet über die Qualität meiner Gottesbeziehung. Und damit – Achtung, jetzt wird es ganz wichtig – über die Attraktivität meines eigenen geistlichen Lebens für meine Kinder.
Wir sind ja hier unter uns, deshalb lasse mich einen gewagten Vergleich bringen: Woran erkennt man schlechten Sex? Wenn Sexualität in all ihren Formen dazu da ist, gute Gefühle zu schaffen, dann erkennt man schlechten Sex daran, dass emotionale Bedürfnisse nicht gestillt werden. Wo ein Hunger nach Zärtlichkeit bleibt, ist der Sex nicht gut. Dabei ist es mir jetzt einfach mal egal, woran das liegt, das ist nicht unser Thema. Ich will nur einen Vergleich machen: Schlechten Sex erkennt man daran, dass ein Hunger nach Zärtlichkeit bleibt.
Eine schlechte Freundschaft erkennt man daran, dass ein Hunger nach Gemeinschaft bleibt. Und schlechte Gebetszeiten erkennt man daran, dass ein Hunger nach Nähe zu Gott bleibt. Schlechte Zeiten mit der Bibel erkennt man daran, dass ein Hunger nach guten biblischen Impulsen, nach Weisheit und nach Stoff zum Nachsinnen bleibt.
Stichwort Vorbild: Die Frage, die uns beschäftigen sollte, ist die: Bin ich in einer Beziehung zu Gott angekommen, die mir als Person entspricht? Ich sage das so, weil wir alle unterschiedlich sind. Deswegen entspricht mir und meiner Seele das an Sattheit, Ruhe, Frieden, Kraft, Fokus usw., wonach sie sich sehnt.
Ich frage das nicht, weil mein Herz, wenn ich nicht angekommen bin, sich nach anderen Göttern ausstrecken wird. Das war Reflexion. Das ist das Problem von Leuten, die nicht gläubig, sondern nur religiös sind. Ihr Herz wird sich einen Gott suchen, aber das ist jetzt nicht der Punkt.
Ich stelle die Frage nach dem Angekommensein, weil ich nur dann, wenn ich selber satt bin, wenn mir meine Beziehung mit Gott schmeckt, nur dann kann ich Vorbild für meine Kinder sein. Wenn mein Leben von lebensspendenden Gewohnheiten und nicht von stumpfsinnigen Ritualen geprägt wird, dann wird es ansprechend.
Meine Kinder werden mich nämlich durchschauen. Da dürfen wir uns nichts vormachen. Sie werden genau erkennen, was mir das Leben mit Gott bringt oder eben auch nicht bringt. Und sie werden sehr genau merken, ob mein Herz für Gott schlägt, weil sich das für einen Christen halt so gehört, oder ob da mehr ist.
Wirklich eine Qualität von Beziehung, die wächst und über die Jahre hinweg reift. Eine Beziehung, an der ich als Kind Gottes echtes Interesse habe, die ich nicht nur irgendwie erledige, sondern eine Beziehung, die mich verändert.
Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine. Und auch hier lasse mich noch einmal betonen, dass es niemals um Perfektionismus geht. Wir sind auch dann Vorbild, wenn wir Fehler machen. Wir sind auch dann Vorbild, wenn wir um Vergebung bitten.
Und ich habe das im letzten Vortrag schon gesagt: Veränderungen brauchen Zeit. Sie brauchen gute neue Gewohnheiten. Diese Gewohnheiten müssen sich einschleifen. Wir dürfen uns selbst Zeit geben, um geistlich zu wachsen. Wir dürfen nur eines nicht tun: stehenbleiben.
Geistliches Leben ist dynamisch. Wir leben aus Gnade, aber Gnade ist in der Bibel eine Lehrerin, die uns erziehen will. Titus 2,11-12: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend allen Menschen, und unterweist uns, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen und besonnen, gerecht und gottesfürchtig leben in dem jetzigen Zeitlauf.“
Was Gott möchte, ist, dass wir in der Beziehung zu ihm immer reifer werden. Die Dinge lassen, die uns hindern, ihn zu genießen. Die Dinge lassen, die uns daran hindern, als wahre Menschen zu leben.
Und wisst ihr, woran man erkennt, dass mir eine Beziehung wirklich am Herzen liegt? Das ist ein ganz einfacher Punkt: Wenn mir eine Beziehung am Herzen liegt, dann bin ich bereit, meine Gewohnheiten an die Bedürfnisse dieser Beziehung anzupassen.
Was ich liebe, davon kann ich nicht genug bekommen. Wenn ich meine Frau liebe – also es nicht nur behaupte, sondern wirklich tue – dann wird man das daran erkennen, dass ich mehr will, als den Status quo der letzten Jahre beizubehalten.
Jetzt könnte jemand fragen: „Jürgen, was ist denn falsch daran, einfach so weiterzumachen, wie es sich bewährt hat?“ Hm, also mal vorausgesetzt, dass beide das wirklich so sehen, ich meine, dass es sich bewährt hat.
Selbst wenn es so wäre, würde das nur bedeuten, dass zwei Personen ihre Ehe behandeln wie eine Maschine. Bei meinem Auto bewahre ich den Status quo: genug Sprit, gutes Öl, Reifendruck stimmt. Aber ich behaupte, für eine wirklich gute Beziehung ist das zu wenig.
Wer mir nicht glaubt, der mag einfach mal die Psalmen durchlesen. Da geht es auch um Leben, um Dynamik, um Dramatik, um Sehnsucht, um Leidenschaft.
Die Bewahrung des Ist-Zustandes ist kein brauchbarer Ersatz dafür, den Partner wahrzunehmen, seine Bedürfnisse zu erkennen und sie auf immer neue Weise zu erfüllen und gemeinsam jedes Jahr etwas mehr aufeinander zuzuwachsen.
Und das gilt für eine Ehe genauso wie für die Beziehung mit Gott. Wenn wir nicht aufeinander zuwachsen, dann werden wir uns aus dem Blick verlieren, das verspreche ich euch.
So wie im Zentrum einer leidenschaftlichen Ehe gute Gewohnheiten stehen – neue gute Gewohnheiten. Wollt ihr dazu noch mal Sula mithören? Hohelied 7,14: „Die Liebesäpfel geben ihren Duft, und an unserer Tür sind allerlei auserlesene Früchte, neue und alte, die ich, mein Geliebter, dir aufbewahrt habe.“
Die Liebesäpfel stehen hier für Ausdrucksformen von Zärtlichkeit. Sulamit lockt ihren Salomo mit neuen und alten, interessanten Erfahrungen.
Ja, gute Routinen sind wertvoll. So hat sich zum Beispiel das geliebte Samstagsfrühstück seit Jahren nicht verändert: Brötchen, Spiegeleier, Nutella. Routinen sind wertvoll, aber das richtige Maß an Spontaneität und Veränderung hält eine Beziehung am Leben.
Einfach deshalb, weil wir uns verändern, weil wir uns dadurch besser kennenlernen, weil wir heiliger werden und weil wir mehr verstehen, was es heißt, einander zu lieben.
Und wenn das stimmt, dass im Zentrum einer schönen Ehe gute Gewohnheiten stehen, die uns als Ehepaar immer mehr aneinander hängen lassen, so ist das auch in der Beziehung mit Gott.
Die richtigen Gewohnheiten sorgen dafür, dass wir am Ende eine Form von Gottesbeziehung pflegen, die nicht nur – und das klingt jetzt ein bisschen hart – eine ritualisierte Kopfsache ist, sondern etwas Echtes.
Ein Miteinander, das auf Wachstum, Drama und Erlösung hinausgerichtet ist.
Deshalb lasst uns darüber nachdenken, welche guten Gewohnheiten – gern auch neue – dazu führen, dass ich Gott besser erkenne und ihn mehr genießen kann.
Auch wenn es sich vielleicht ein wenig mystisch anhört – und ich bin definitiv kein Mystiker, ich bin nicht einmal sonderlich emotional – aber entweder ist meine Beziehung zu Gott das Beste, was meiner Seele so passiert, oder ich habe ein Problem.
Und nicht nur als Vorbild für meine Kinder, sondern ganz grundsätzlich.
Nochmal zu unserem Thema: Die Chance, durch gute Gewohnheiten das Evangelium in unseren Familien zu leben. Das ist unser Thema heute.
Zuerst einmal verschaffen gute Gewohnheiten mir selbst die Möglichkeit, in meinem Leben das Evangelium als eine frohe Botschaft zu leben.
Ja, gute Gewohnheiten machen mich im besten aller Sinne beziehungsfähig – beziehungsfähig im Umgang mit meinem Partner, beziehungsfähig im Umgang mit Gott. Etwas, was, wie ich denke, vielen Menschen verloren gegangen ist.
Und wenn mich die Beziehung mit Gott packt, dann muss ich mir tatsächlich um das Thema Vorbild nicht allzu viele Gedanken machen.
Problematisch ist es, wenn ich zwar sage, ich lebe für Gott und mit Gott und er begeistert mich, aber so ganz praktisch schlägt mein Herz für Bayern München, und Gott bekommt seine übliche halbe Stunde am Morgen.
Und da merken wir schon: Das ist wahrscheinlich dann zu wenig.
Jüngerschaft als gelebte Weitergabe
Punkt eins: Reflexion, Punkt zwei: Vorbild, dritter Punkt: Jüngerschaft.
Wenn sich meine Beziehung zu Gott nicht nur auf Wissen beschränkt, sondern sich in gelebten Gewohnheiten zeigt, dann wird sofort klar, dass es nicht ausreicht, meinen Kindern nur Bibelwissen zu vermitteln. Natürlich ist Bibelwissen wichtig. Ich halte es für sehr wichtig, unseren Kindern biblische Geschichten zu erzählen. Ich bin auch dafür, mit ihnen zusammen Bibelverse auswendig zu lernen, gemeinsam gute Videos anzuschauen und Ähnliches.
Wenn jedoch das stimmt, was ich schon oft gesagt habe – dass es nicht reicht, etwas nur im Kopf zu wissen –, wenn mein Herz mehr durch Gewohnheiten geprägt wird als durch Wissen, dann darf unser Fokus als Erziehende nicht nur auf dem Gewissen liegen. Wir müssen überlegen, wie wir Theorie und Praxis, wie wir das Miteinander verbinden.
Spätestens hier wird klar, warum mir das Vorbild so wichtig ist. Es sind unsere eigenen guten geistlichen Gewohnheiten, die wir unseren Kindern im Rahmen der Jüngerschaft beibringen müssen. Statt ihnen nur zu erklären, dass man beten soll, weil der Herr Jesus das gesagt hat, sollten wir ihnen vielmehr einen Einblick in unser Gebetsleben geben.
Warum beten wir so, wie wir beten? Wie sorgen wir bei unserem eigenen Beten für Ausgewogenheit, für Tiefgang und für Abwechslung? Wie strukturieren wir unsere Anliegen? Wie halten wir unsere Anbetung frisch? Wie finden wir kluge Anliegen für die Fürbitte?
Wenn es wirklich auf gute Gewohnheiten ankommt, dann müssen wir in der Erziehung unseren Fokus auch auf unsere eigenen guten Gewohnheiten legen. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir diese lebensspendenden Liturgien, die sich hoffentlich seit Jahrzehnten in unserem Leben bewährt haben, an unsere Kinder weitergeben.
Natürlich müssen wir das nicht alleine tun. Wir könnten mit unseren Kindern ein Seminar zum Bibelstudium besuchen und anschließend gemeinsam neue gute Gewohnheiten einführen. Warum nicht etwas lernen und das Neue gemeinsam anwenden? Ich glaube sogar, dass Eltern von ihren Kindern lernen können.
Oder wie wäre es, eine neue Gebets-App auszuprobieren? Wie wäre es, gemeinsam ein Format für Familiengebet vor und für den Gottesdienst einzuführen, vielleicht auch erst einmal die Sache zu entwickeln?
Ich möchte darauf hinaus, dass wir der Jüngerschaft mehr Wert beimessen. Jüngerschaft ist der Prozess, bei dem ich meine Kinder lehre, Zitat Jesus, „alles zu bewahren oder alles zu halten, was ich euch geboten habe“.
Merkt ihr, es geht wieder um mehr als Wissen. Hier schwingt die Idee von guten Gewohnheiten mit. Jetzt versteht ihr auch, warum ich vorhin den Unterschied zwischen lebensspendenden Gewohnheiten und stumpfsinnigen Ritualen gemacht habe.
Wir wollen unseren Kindern geistliches Leben mitgeben, kein protestantisches Bildungsbürgertum. Auch nicht die stasi-bewehrte ostdeutsche Variante. Dieses Leben soll etwas sein, das wächst und uns selbst begeistert, weil wir merken, wie Gott in unserem Leben wirkt.
Dieses Leben zeigt sich in seiner Dramatik durch neue Ideen, durch Versagen, durch Bekenntnis, durch Vergebung und Neuanfang. Und das alles eingebettet in bedingungslose Liebe, die mich nie aufgibt, weil Gott restlos und immer zu mir steht.
Dieses Leben, das sich nach Gott sehnt – Psalm 42, „Wie der Hirsch lechzt nach Wasserbächen, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir“ –, so ein Leben wird von guten geistlichen Gewohnheiten getragen, die wir unseren Kindern mitgeben können.
Wenn ich über das Thema nachdenke – die Chance, durch gute Gewohnheiten das Evangelium in unseren Familien zu leben –, dann möchte ich nicht nur bei den typischen Verdächtigen wie Gebet oder Bibellesen stehen bleiben.
Wir können die Herzen unserer Kinder genauso auf Familie, auf Gemeinde, auf gute Werke, auf Fleiß, auf Vergebung, auf Genügsamkeit oder Dankbarkeit ausrichten – oder auf was immer wir wollen.
Wenn wir davon reden, ein Evangelium zu leben, dann umfasst diese gute Botschaft unser ganzes Familienleben. Was hält uns eigentlich davon ab, die guten Gebote Gottes zu nehmen und mit unseren Kindern darüber nachzudenken, wie wir sie uns in Form von neuen Gewohnheiten lieb machen?
So wie wir irgendwann mit unseren Kindern darüber reden müssen, was säkulare Gewohnheiten mit ihnen machen und wie diese Welt tickt, in der Menschen ihr größtes Glück nur noch in sich selbst finden – in ihrem Wohlbefinden als ihren Gott. Darüber muss ich mit meinen Kindern reden.
Aber warum ihnen nicht schon früh die Methodik guter Gewohnheiten beibringen? Warum nicht gemeinsam überlegen, wie man bestimmte ethische Lektionen einüben könnte?
Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen, damit es nicht zu theoretisch bleibt. Der erste Bibelvers, den ich mit meinen Kindern auswendig gelernt habe, war Sprüche 27,2: „Lass dich rühmen von einem anderen und nicht von deinem eigenen Mund, ein Fremder und nicht deine eigenen Lippen.“
Das ist ein Vers gegen Angeberei. Jetzt die Frage: Welche gute Gewohnheit könnte ich aus diesem Vers ableiten? Ich soll mich selbst nicht loben – Eigenlob stinkt. Okay, aber hier steht auch, dass ein anderer loben soll.
Ich schlage eine neue gute Gewohnheit vor: Wie wäre es, wenn wir einen Familienabend einführen, und in der Vorbereitung bekommt jeder eine Person zugewiesen, die er loben soll? Das schönste und treffendste Lob wird belohnt.
Versteht ihr, es ist eine Sache, dass meine Kinder wissen, sie sollen keine Angeber sein. Das ist total wichtig, keine Frage. Aber was wäre, wenn meine Kinder auch Menschen würden, die gelernt haben, durch gute Gewohnheiten liebevoll lobend an anderen Menschen das zu erkennen, was lobenswert ist?
Es ist die gute Gewohnheit, die es uns ermöglicht, der Versuchung zur Sünde zu widerstehen. Ich denke dabei an Epheser 4,28: „Wer stiehlt, stehle nicht mehr, sondern arbeite und wirke mit seinen Händen das Gute, damit er dem Bedürftigen etwas mitgeben kann.“
Hier steht, der ehemalige Dieb soll eine Gewohnheit entwickeln, Bedürftigen mit Geld zu helfen. Statt einfach nur nicht mehr zu stehlen, tritt hier die gute Gewohnheit der Spendenfreudigkeit an die Stelle des alten Triebs.
Wenn es ihm in den Fingern juckt, etwas zu stehlen, dann lässt er es stattdessen zum Spenden jucken. Mit jeder Spende predigt er sich selbst das Evangelium von einem persönlichen Neuanfang in Heiligkeit und einer Liebe zum Geben statt zum Nehmen. Geben ist halt seliger als Nehmen.
Wenn wir darüber nachdenken, wie gute Gewohnheiten gefördert werden können, weil sie die Herzen unserer Kinder mehr prägen als gutes Wissen, dann bin ich sicher, dass sich für uns ganz neue Ideen in der Kindererziehung und der Jüngerschaft auftun.
Wir können natürlich auch säkularen Gewohnheiten widerstehen. Erinnert euch an den letzten Vortrag: Es ging um Selbstdarstellung, um Oberflächlichkeit, um die Lust auf Unreinheit. Wäre es nicht spannend, darüber nachzudenken, wie man diesen säkularen Gewohnheiten nicht nur durch Wissen, sondern durch gute Gewohnheiten etwas entgegensetzt?
Also nicht nur Aufklärung, sondern ein neuer Lebensstil. Ich denke, die Zeit ist reif dafür, dass wir uns von der Idee verabschieden, in einer christlichen Kultur zu leben und so zu tun, als müssten wir als Evangelikale nur die Auswüchse beschneiden, um unseren Glauben irgendwie doch zu leben.
Für mich ist dieses Denken inzwischen weltfremd. Unsere Kultur hat sich von ihren christlichen Wurzeln abgewandt – in der Stadt vielleicht noch mehr als auf dem Land. Es wird Zeit, nicht nur über ein paar Gewohnheiten nachzudenken, sondern größer zu denken.
Die Gewohnheiten als Teil einer Gegenkultur zu verstehen. Wir sind dazu berufen, die Werke der Finsternis bloßzustellen, nicht stillschweigend mit ihnen einen Kompromiss zu schließen.
Mich macht immer das Beispiel von Lot betroffen. Über ihn heißt es in 2. Petrus 2,7-8: „Und wenn er, das ist Gott, den gerechten Lot rettete, der von dem ausschweifenden Wandel der Gottlosen gequält wurde, denn der unter ihnen, das sind die Einwohner von Sodom, der unter ihnen wohnende Gerechte quälte durch das, was er sah und hörte, Tag für Tag seine gerechte Seele mit ihren gesetzlosen Werken.“
Lot quälte seine Seele. Aber er tut nichts, er passt sich an. Und wisst ihr was? Lot selbst schafft das irgendwie, er hält an seinem Gott fest. Er verliert seinen Glauben nicht.
Aber seine Töchter – seine Töchter werden so von dem geprägt, was sie Tag für Tag sahen und hörten, von säkularen Gewohnheiten –, dass ihr moralischer Kompass völlig durcheinandergerät. Und sie verführten später ihren eigenen Vater zum Inzest.
Der Vater hat irgendwie seinen Glauben bewahrt, Lot der Gerechte, die Töchter schaffen das nicht mehr. Wir stehen heute, wie mir scheint, in derselben Situation.
Passivität wird uns nicht retten. Der Druck, den diese Welt auf uns aufbaut, wird zunehmen. Wenn wir die Herausforderung annehmen und uns daran machen, eine Gegenkultur aufzubauen, dann sind es tatsächlich gute Gewohnheiten, die dieser Gegenkultur Leben und Stabilität geben.
Amen!