Die zentrale Botschaft der ersten missionarischen Predigt des Apostels Paulus
Szenographisch exakt ist uns die erste missionarische evangelistische Predigt erhalten, die der Apostel Paulus in Antiochien in Pisidien gehalten hat. Der Spitzensatz dieser Verkündigung lautet Apostelgeschichte 13,39: „Gott macht den gerecht, der an Jesus glaubt.“
Ich muss bekennen, ich hätte wahrscheinlich anders eine Evangelisation begonnen. Ein großer Verkündiger unserer Tage hat mir einmal gesagt: Wenn man evangelistisch reden will, muss man die Menschen zuerst abholen. Man muss ihnen Mut machen. Man muss Verständnis zeigen für die Spannungen ihres Lebens und für die Beziehungskrisen, sie brauchen Trost.
Man muss auch Verständnis zeigen dafür, dass die christliche Moral nicht gleich so attraktiv ist. Und wenn schon etwas tiefer gelotet werden soll, muss man auf die Zweifel eingehen, die die Menschen haben. Sehr oft ist es ja dann auch so bei unserer missionarischen Verkündigung in Traktaten und Rundfunkansprachen: Da hört man selten etwas davon, dass Gott gerecht macht.
Das ist ein bisschen harte Kost, nicht? Gott liebt, Gott versteht, Gott erhört Gebet. Wenn Jesus in deinem Leben da ist, wird alles hell, du bekommst weite Horizonte. Die Probleme deines Lebens werden gelöst.
Entschuldigung, „Gott macht gerecht“ – das ist doch hoch theologisch. Damit kann man doch den Menschen nicht kommen. Kann man uns damit kommen?
Dankbarkeit und die seltene Thematisierung der Gerechtigkeit
Wir sind dankbar, dass wir viele Bewahrungen Gottes erlebt haben und hoffen, dass uns weitere Bewahrungen geschenkt werden.
Wir sind dankbar, dass viele Gebete erhört wurden, und trauen es Gott zu, dass er auch weiterhin Gebete erhört. Außerdem sind wir dankbar für die Gemeinschaft, die wir in seiner Gemeinde haben.
Mal ehrlich: Habe ich in letzter Zeit dafür gedankt? Lieber Gott, ich danke dir, dass du mich gerecht machst. Ich würde nicht fragen, wie es bei Ihnen ist. Aber das ist ein Thema, das weithin ausgeblendet wird.
Ich war perplex, als mir das bewusst wurde. Der Apostel Paulus wollte all das, was wir sonst auch sagen – Jesus ist lieb und er versteht dich –, hätte er auch sagen können, wäre gar nicht daneben gewesen. Aber er wollte das Zentralste sagen, das Unverwechselbare, was es nur bei Jesus gibt. Wonach sich im Grunde genommen jeder Mensch sehnt.
Das menschliche Sehnen nach Gerechtigkeit und die Herausforderung der Selbstgerechtigkeit
In allen Religionen besteht der Wunsch, dass der Dreck unseres Lebens abgewaschen wird und dass unsere armselige Körperlichkeit verwandelt wird in das strahlende Licht der Verklärung. Paulus sagt dazu, dass genau das der Gott erfüllt, der uns Jesus geschickt hat. Gott macht gerecht, wer an Jesus glaubt. Er macht euch gerecht von all dem, wovon ihr euch selbst nicht gerecht machen konntet.
Das ist eigentlich ein Menschheitsthema. Eigentlich müsste es uns auf den Nägeln brennen. Doch es gibt vieles, was uns auf den Nägeln brennen sollte.
Derzeit darf ich eine Zusammenstellung machen, so eine Art Führer für den neuen Friedhof, der inzwischen schon wieder ein alter Friedhof ist. Dabei bin ich doch erschrocken, dass viele Grabstätten von denen, die vor dreißig, vierzig Jahren für unser Korntal und für unsere Brüdergemeinde etwas bedeutet haben, gar nicht mehr da sind, sondern eingeebnet wurden.
Was bleibt denn von meinem ganzen Schaffen? Rotiert, wenn es gut geht, ein ungepflegter Grabhügel in dreißig Jahren, wenn es gut geht. Das müsste uns auf den Nägeln brennen, aber wir schieben es von uns weg.
Es müsste uns auf den Nägeln brennen, dass wir in einer Zeit, in der es uns so gut geht wie keiner Generation vor uns, der nachfolgenden Generation eine Schuldenlast hinterlassen, wie es sie noch nie gegeben hat. Aber wir leben fröhlich weiter und sagen: Die nächste Regierung schafft es ja auch nicht.
Ja, und? Wir müssen doch aufschreien über die größte soziale Ungerechtigkeit, die es gibt. Aber es gibt Fragen, die wir wegschieben.
Die biblische Frage nach Gerechtigkeit vor Gott
Im Buch Hiob wird erzählt, dass Eliphas von Theman bei Nacht, als alle anderen Menschen schliefen, ein Flüstern hörte. Die Haare standen ihm zu Berge, er begann zu zittern und wurde blass. Das alles geschah wegen einer einzigen Frage: Wie kann der Mensch gerecht sein vor dem, der ihn geschaffen hat?
Gerecht! Wie kann ich einmal vor meinem Schöpfer, der mir mein Leben gegeben hat, gerecht sein? Vollendet, wie unschuldig waren wir einst als kleine Säuglinge, vollkommen – doch was ist seitdem alles passiert? Wie kann ein Mensch gerecht sein vor dem, der ihm gerecht ist?
Die Bibel sagt etwas anderes. Sie stellt klar: Kein Mensch schafft die Gerechtigkeit. Alles, was wir machen, ist falsch.
Es gibt ein anschauliches Bild in der Bibel: „All unsere Gerechtigkeit ist wie ein unflätiges Kleid, wie ein von Unflat verunstaltetes Kleid.“ Das bedeutet, unsere Gerechtigkeit ist wie ein schönes Kleid, eine weiße Weste. Doch ein einziger Saucenfleck auf der weißen Weste ist umso schlimmer.
Das heißt nicht, dass die ganze Weste schlecht ist, sondern dass unsere Unflätigkeit so ist wie unsere Gerechtigkeit – ein unflätiges Kleid, ein wunderbares weißes Kleid, aber mit Flecken darauf.
Persönliche Erfahrungen mit der Unvollkommenheit menschlicher Gerechtigkeit
Ich vergesse nie, wie ich in Ulm als junger Pfarrer eine Beerdigungsansprache hörte. Ein Redner sprach zu den erwachsenen Töchtern der Verstorbenen und sagte: „Ihr habt euch ja um eure Mutter gekümmert und mit großer Hingabe ihr zurückgegeben, was sie an Mutterliebe euch geschenkt hat.“
Die drei Töchter schluchzten so sehr, dass ihre Schultern bebten, gerade in dem Moment, als er sie loben wollte. Sie hatten Gutes an der verstorbenen Mutter getan. Doch gleichzeitig fiel ihnen ein, wie viel mehr sie hätten tun können. Sie erinnerten sich an die Augenblicke, in denen sie zornig waren und dachten: „Kann die Mutter nicht auch endlich sterben oder ins Altenheim gehen?“
Unsere Gerechtigkeit ist wie ein schmutziger Fleck. Wie kann ein Mensch vor seinem Schöpfer gerecht sein?
Die Herausforderung, das Thema Gerechtigkeit anzunehmen
Nach dem Frühgottesdienst hat jemand gesagt: „Sie packen aber ein schweres Thema an.“
Es bewegt mich, warum diese Grundfrage so selten bei uns verhandelt wird. Warum sagen wir alles Mögliche Herrliche und Lobenswerte über Jesus und Gott? Dem Apostel Paulus war es wichtig, dass der, der an Jesus glaubt, von Gott gerecht gemacht wird. Wir schieben diese Frage von uns weg.
Warum eigentlich die Frage nach der Gerechtigkeit? Wir haben sie nicht gerne, weil in uns eine Stimme ist, die sagt: „Ja, es ist nicht alles in Ordnung. Aber wenn alles so wäre wie ich, dann würde es in der Welt schon ein bisschen anders aussehen.“
Sie ahnen nicht, welche Macht neben der Selbstliebe die Selbstgerechtigkeit hat. „Ich bin schon recht!“ Der große Erweckungsprediger unseres Landes, Ludwig Hofacker, hat noch sterbend gesagt: „Ihr seht mich falsch an. Ihr ahnt nicht, wie viel Selbstgerechtigkeit hier in meinem Herzen ist.“
In einem seiner letzten Briefe schrieb er seinen Freunden: „Warum geht es nicht voran in euren Gemeinden? Warum ist so viel Stillstand? Weil ihr euch selbst viel zu viel zutraut! Heraus aus dem lumpigen Zeug eurer Selbstgerechtigkeit! Traut endlich Gott mehr zu!“
Der Erweckungsprediger teilt so viel Selbstgerechtigkeit, dass es so ist, als würden wir diese Frage gar nicht an uns heranlassen: Wie kann ich gerecht werden vor Gott?
Paulus’ Motivation und die biblische Grundlage für die Rechtfertigung durch Glauben
Den Apostel Paulus hat dieses Thema sehr bewegt. Deshalb hat er es in seiner ersten großen evangelistischen Predigt besonders betont. Hätte man ihn gefragt: „Wie kommst du eigentlich immer wieder auf dieses Thema?“ – dann hätte er geantwortet, dass der Römerbrief voll davon ist.
Niemand wird gerecht durch die Werke des Gesetzes (Römer 3). Stattdessen wird gerecht, wer durch den Glauben an Jesus gerecht gesprochen wird (Römer 3). Wenn wir also durch den Glauben gerecht geworden sind, haben wir Frieden mit Gott.
Die Fülle der Gnade ist zugleich die Fülle der Gerechtigkeit. Es gibt nicht verschiedene Gnaden, die zur Gerechtigkeit führen. Paulus, gefragt, warum er dieses Thema immer wieder aufgreift, hätte sicher gesagt: „Nein, das habe ich bei Jesus gelernt.“
Wenn man an die Bergpredigt denkt, heißt es dort: „Selig sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.“ Dies haben wir neulich in der Donnerstagsstunde der Hanischen Gemeinschaft noch einmal neu gehört.
Die Gerechtigkeit im Neuen Testament und ihr praktischer Bezug
Gott schafft Recht für seine Auserwählten. Der Zöllner mit seinem verkrachten Ganovenleben wird im Vergleich zum vorbildlichen Pharisäer gerechtfertigt. Dieser ging hinab gerechtfertigt vor Gott, weil er gebetet hat: „Sei mir sündergnädig.“ Er wurde gerechtfertigt.
Jesus sagt: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer...“ Man könnte meinen, es sei kaum möglich, es besser zu machen. Diese haben sich Tag und Nacht mit aller Anstrengung bemüht, vor Gott gerecht zu sein. Doch Jesus fordert: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist, dann bedeutet das noch mehr Druck, noch mehr Heiligung, noch mehr Anstrengung und noch ernsthafteres Bemühen.
Gerecht gemacht wird jedoch jeder, der an Jesus glaubt – gerecht gemacht ohne Druck, geschenkt. Paulus hat diese Erkenntnis von Jesus selbst erhalten. Von Jesus ließ er sich auch den Blick öffnen für den weiten Horizont des Alten Testaments und die prophetischen Weisungen.
Die prophetische Verheißung der Gerechtigkeit durch den Knecht Gottes
So wie Jesus, der Auferstandene, seinen Jüngern die Schrift öffnete, begann er von Mose und den Propheten zu sprechen. Er erklärte, dass in Jesaja 53 steht: „Er, der Gerechte, mein Knecht, wird in vielerlei Hinsicht Gerechtigkeit schaffen.“
So wie der Schöpfer am Schöpfungstag, als anstelle von Tohowa Boho Licht geschaffen wurde, die vollkommene Welt erschuf, wird auch er Gerechtigkeit schaffen. Nicht nur anerkennen, beglaubigen oder bestätigen – er wird sie wirklich schaffen.
Liebe Brüder und Schwestern, was könnte in unserem Leben geschehen, wenn wir nach dieser Gerechtigkeit hungern und dürsten? Einer Gerechtigkeit, die uns durchdringt und in die Kavernen unseres Lebens, die durchbohrt sind, wieder als vollendete Gerechtigkeit Gottes einströmt.
Der Prophet Jeremia sagt: „Siehe, ich will dem David ein gerechtes Gewächs erwecken, der Gerechtigkeit üben soll. Und sein Name wird sein: Der Herr, unsere Gerechtigkeit.“
Die Verbindung von Jesu Opfer und der Gerechtigkeit der Gläubigen
Apostel Paulus hat verstanden, dass Gott selbst der Gerechte ist – unsere Gerechtigkeit. Jesus hat, als er gestorben ist und sein Leib und Blut gegeben hat, sich mit uns blutsverwandt gemacht. Seine Gerechtigkeit, sein unerschöpfliches Konto an Gerechtigkeit, steht uns nun zur Verfügung.
Diese Gerechtigkeit kann in unser Leben hineinströmen, so wie das Wesen unserer Eltern und Vorfahren in uns hineinströmt, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit. Das hat Paulus erkannt und als wichtig empfunden. In einer Welt, die sich eigentlich nach Gerechtigkeit sehnt, auch wenn sie es nicht wahrhaben will, wird der gerecht gemacht von Gott, der an Jesus glaubt.
Glaube als Weg zur Gerechtigkeit und praktische Konsequenzen
Glauben ist nicht nur eine Kopfsache. Wer mit Jesus verbunden ist, wer mit ihm rechnet und ihn anruft, bekommt nicht nur Trost, einen neuen Horizont und Ermutigung, sondern auch Gerechtigkeit.
Der Apostel Paulus hat genau beschrieben, wie das praktisch bei uns wird. In Römer 8 heißt es: Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Es gibt tatsächlich Menschen, die nicht viel von Gott halten. Sie sagen zum Beispiel über die, die in den Gottesdienst gehen: „Von denen weiß ich auch einiges, da ist nicht alles in Ordnung im Leben.“ Wer sich auf Jesus beruft, wird oft kritisch beäugt, beschuldigt, angeklagt und angegriffen.
Was sagt Paulus weiter? Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen, obwohl sie selbst Fehler in ihrem Leben haben? Nein, Gott ist hier der Gerechtmacher. Es stimmt, dass Fehler gemacht werden, aber Gott macht gerade diejenigen gerecht, die der Gerechtigkeit bedürfen.
Gott ist hier der Gerechtmacher. Wenn ich entdecke, wie viel Liebe ich versäumt habe – sei es gegenüber meinen Eltern oder meinen Kindern – dann ist Gott derjenige, der gerecht macht.
Leiden und Gerechtigkeit im Leben der Gläubigen
Paulus hat es durchkonjugiert, wie das ist, wenn Schweres über uns kommt. Er hat selbst viel Schweres erlebt. Muss ich dann sagen: Lieber Gott, warum zeigst du mir die gelbe Karte? Womit habe ich das verdient? Was habe ich falsch gemacht? Warum werde ich jetzt bestraft?
Nein, die Auserwählten Gottes, die gerecht gemacht sind, werden nicht mehr bestraft. Wenn sie ins Leiden hineinkommen, sollen sie, wie Paulus, sagen: Es ist keine Strafe, sondern für mich ein Signal dafür, wie eng ich mit Jesus verbunden bin – dem leidenden Jesus. Nun habe ich Teil an den Leiden des Christus.
Ich muss auch nicht patzig gegen Gott werden und sagen: Das haben doch andere mehr verdient, warum gerade ich? Nein, ich bin bei Gott in Gnaden.
Die Freude an der Gerechtigkeit in Christus
Vergangenen Dienstag, beim ersten großen Motettenkonzert im Rahmen der Bachmusikwoche, hat ein international besetzter Chor junger Künstler gesungen, wie ich es noch nie gehört habe: die Motette „Jesu, meine Freude“.
Fulminant, jubelnd und überzeugend erklang sie. So ist nun nichts, nichts, nichts Verdammliches an denen, die in Christus Jesus sind. Nichts Verdammenswertes, nichts zu kritisieren. Die in Jesus sind, sind geborgen in seiner Gerechtigkeit.
Mein Jesus ist meine Ehre, mein Glanz und schönstes Licht. So praktisch ist das: Gott macht die Gerechten an Jesus Glauben.
Lassen wir doch endlich Gott machen, eines der schönen Verben von Gott. Gott kann machen, er wird es wohl machen, denn er hat uns gemacht zu seinem Volk.
Die Einladung, Gottes Wirken der Gerechtigkeit zu vertrauen
Wir sind in unserem Leben oft erfüllt von dem, was wir tun. Im Ruhestand fühlt man sich manchmal fast beleidigt, weil man nicht mehr viel tun darf und einem nicht mehr so viel zugetraut wird.
Gott ist der große Macher. Lassen wir Gott machen. Gott kann Gerechtigkeit schaffen. Er macht gerecht, wer an Jesus glaubt.
Unter den vielen herrlichen Prophetenworten liebe ich besonders eines: Jeremia 9. Dort heißt es: Wer sich rühmen will, der rühme sich, dass er mich kennt, dass ich der Herr bin, der Recht, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit auf Erden übt. Denn solches gefällt mir.
Gott hat unbändigen Spaß daran, Gerechtigkeit wirken zu dürfen. Er wartet bei denen, die ihn lieben – bei uns allen – darauf, dass er uns mit der Gerechtigkeit beschenken kann, die uns jubeln lässt.
Der Friede Gottes als Folge der Gerechtigkeit durch Glauben
Nun sind wir gerecht geworden durch den Glauben und haben Frieden mit Gott.
Wie viel könnte in dieser friedlosen Zeit aus unserem Leben an Frieden Gottes ausstrahlen, wenn das wahr wird: Wir sind gerecht geworden durch den Glauben! Amen!
