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Handgreifliche Verkündigung

Begegnungen mit Jesus, Teil 6/6, Matthäus 21,12-17

Einleitende Gedanken

Der Tempel in Jerusalem war das Herzstück des geistlichen Lebens in Israel. Bei der Einweihung des Tempels versprach Gott dem König Salomo, dass er an diesem Ort in besonderer Weise gegenwärtig sein wird: Er sagte zu Salomo: »Ich habe dein Gebet erhört. Ich habe diesen Tempel, den du gebaut hast, erwählt und zu einer Stätte gemacht, an der mein Name wohnt für alle Zeiten. Meine Augen sind stets auf dieses Haus gerichtet, dort ist mein ganzes Herz euch zugewandt. (1. Könige 9, 3)Wie die Moslems heute in Richtung Mekka beten. Beteten die Juden in Richtung Tempel, egal wo sie sich auf der Welt befanden, denn Salomo bat Gott: Wenn dein Volk in deinem Auftrag gegen Feinde in den Kampf zieht und dabei in der Ferne zu dir betet, den Blick zu der Stadt gerichtet, die du dir erwählt hast, und zu dem Haus, das ich deinem Namen gebaut habe, dann höre sein Gebet im Himmel und verhilf ihm zu seinem Recht! (1. Könige 8, 44-45)

Daniel ist ein Beispiel für diese Praxis. Daniel hatte im Obergeschoss seines Hauses Fenster in Richtung Jerusalem. Dreimal täglich kniete er dort nieder, um Gott zu preisen und seine Bitten vor ihn zu bringen. (Daniel 6, 11)Der Tempel galt also als Zentrum, der Ort, an dem sich Gott niedergelassen hatte. Wer die Geschichte Israels kennt, weiss aber, dass der Tempel, der zur Zeit Jesu stand, nicht der erste war. Gott sagte Salomo nämlich auch, dass er den Tempel verlassen werde, wenn Israel sich gegen ihn versündigen würde. Er werde es sogar zulassen, dass der Tempel zerstört würde. Das geschah dann auch. Der Tempel, der zur Zeit von Jesus in Jerusalem stand, wurde von Herodes dem Grossen monumental ausgebaut. Jesus anerkannte diesen Tempel, als Ort, wo seinem Vater besondere Ehre erwiesen werden sollte. Aber, wie wir in der Schriftlesung gehört haben, war es um diesen Tempel nicht zum Besten bestellt. Das wollen wir nun etwas genauer ansehen.

Bibelstellen zum Nachschlagen:1. Könige 8, 22 – 1. Könige 9, 9; Daniel 6, 11; Markus 11, 15-19; Lukas 19, 45-48; Johannes 2, 13-17 (Parallelberichte)

I. Leidenschaftlich für Gott

Jesus zog umjubelt in Jerusalem ein. Nicht auf einem Pferd, sondern auf einem Esel. Vor und hinter Jesus drängten sich die Menschen und riefen: "Gepriesen sei der Sohn Davids! Gesegnet sei er, der im Namen des Herrn kommt!' Gepriesen sei Gott in der Höhe!" Matthäus 21, 9. Jerusalem war zum bersten voll, voller Menschen, so wie an einem Züri Fäscht, denn es war die Zeit des Passahfestes. Aus allen Ländern reisten die Juden nach Jerusalem, um hier dieses Fest zu feiern. Im Tempel herrschte Hochbetrieb.

Die Verantwortlichen für die festlichen Gottesdienste und für das Schlachten der zahlreichen Passahlämmer waren für den Ansturm der Massen von Pilgern gerüstet. Als gute Organisatoren und geschäftstüchtige Priester hatten sie dafür gesorgt, dass sich die Pilger alles, was sie brauchten, bequem an Ort und Stelle kaufen konnten. Der Tempelplatz war dazu hervorragend geeignet. Dort konnte man Rinder für Brand- oder Dankopfer, Schafe für die täglichen Opfer, junge Lämmer für das festliche Passamahl und Tauben für die Armen, die sich kein anderes Opfertier leisten konnten, kaufen. Viele Pilger benutzen die Gelegenheit, gleich die Tempelsteuer zu bezahlen. Die meisten besassen römische Münzen, auf die das Bild des römischen Kaisers geprägt war. Die durfte man deswegen nicht für die Bezahlung der Tempelsteuer verwenden. Deshalb benötigte man auch Geldwechsler, die diese Münzen eintauschten und selbstverständlich verdienten sie nicht schlecht dabei. Alle waren mit dieser Organisation zufrieden. Die Pilger schätzten den angebotenen Service, die Händler und Geldwechsler machten satten Gewinn und die Tempelbehörde kassierte stattliche Provisionen.

Was sich da abspielte war ein riesiger Klamauk, ein pulsierender Jahrmarkt, bei dem es um viel Geld ging. Dieser ganze Rummel spielte sich auf dem Platz der Heiden ab (Bild). Als Jesus in Jerusalem eingetroffen war, ging er natürlich in den Tempel, wie er sich das gewohnt war. Er war über das Treiben schockiert: Jesus ging in den Tempel und wies alle hinaus, die dort Handel trieben oder etwas kauften. Er warf die Tische der Geldwechsler und die Sitze der Taubenverkäufer um Matthäus 21, 12. Das war das einzige Mal, wo Jesus handgreiflich wurde. Hier wären seine Worte untergegangen. Wenn er verstanden werden wollte, musste er handeln. Er sagte dann klipp und klar, warum ihn diesen Rummel so erregte: "Es heisst in der Schrift: 'Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein.' Ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus!" Matthäus 21, 13.

Im Zentrum stand nicht mehr die Anbetung Gottes, sondern der Rummel ums Geld. Der Tempel war zum Wahrenhaus verkommen. Gott wurde zur absoluten Nebensache, obwohl sich im Tempel eigentlich alles um ihn drehen sollte. Jesus machte hier deutlich, wie wichtig Gott die Anbetung ist. Er duldet es nicht, wenn man ihn mit grosser Geschäftigkeit zur Seite schiebt. Was Jesus hier tat, lehrt uns etwas ganz Wichtiges. Gott möchte, dass wir mit ungeteilten Herzen zu ihm kommen. Er möchte, dass wir ihn mit derselben Leidenschaft begegnen, die Jesus durch seinen handgreiflichen Einsatz zeigte. Alles, was die Anbetung hindert, muss beseitigt werden, denn –wie Jesus sagte – der Tempel ist ein Haus des Gebets. Wichtig ist, dass wir das richtig verstehen, was Jesus damit meinte, denn Gebet und Anbetung wird nicht so verstanden, wie wir das normalerweise verstehen. Wir assoziieren mit diesen Worten, dass wir die Hände falten oder Anbetungslieder singen. Das ist aber nur ein kleiner Teil der Anbetung. Bethaus heisst, dass in diesem Haus Gott das Thema ist. Alles, was in diesem Haus geschieht, sollte mit ihm in Verbindung stehen. Als Jesus die Händler raus warf, nahm er sich nicht zuerst Zeit zum Gebet, sondern er heilte kranke Menschen. Das ist eben auch Anbetung, denn dadurch wird Gott verehrt, seine Kraft und Barmherzigkeit finden Ausdruck. Wir wissen auch, dass Jesus, wenn er in Jerusalem war, im Tempel lehrte: Tagsüber lehrte Jesus im Tempel. Lukas 21, 37.

Später als Jesus bereits zum Vater zurückgegangen war, wurden die Apostel eingesperrt, weil sie das Evangelium verkündigten. In der Nacht befreite sie ein Engel und beauftragte sie: "Geht in den Tempel, tretet vor das Volk und verkündet unerschrocken die Botschaft, die der Herr gebracht hat und die zum Leben führt." Apostelgeschichte 5, 20. Bethaus ist also viel umfassender zu verstehen, als wir das im ersten Moment verstehen. Bethaus heisst, dass alles, was geschieht zur Ehre Gottes geschieht. Wenn im Bethaus verkündigt wird, ist das Anbetung, weil Gottes Gedanken Respekt verschafft wird, weil sich Menschen mit der Botschaft Gottes beschäftigen. So gesehen, ist es interessant, was die Apostel über den Tempel Gottes lehren. Seit dem Tod und der Auferstehung von Jesu ist nämlich nicht mehr der Tempel in Jerusalem das Zentrum der Gegenwart Gottes. Das Zentrum der Gegenwart Gottes sind wir, die Gemeinde. Paulus sagte den Korinthern: Wisst ihr nicht, dass ihr der Tempel Gottes seid und dass Gottes Geist in eurer Mitte wohnt? 1. Korinther 3, 16. Später schrieb er, dass sogar jeder einzelne Christ ein Tempel Gottes ist, der Ort, wo Gott wohnt: Habt ihr denn vergessen, dass euer Körper ein Tempel des Heiligen Geistes ist? Der Geist, den Gott euch gegeben hat, wohnt in euch, und ihr gehört nicht mehr euch selbst. 1. Korinther 6, 19.

Das heisst doch nichts anderes, als alles, was wir tun, zur Ehre Gottes geschehen soll. Wenn wir Tempel Gottes sind, dann sind wir Bethäuser und zwar eben in diesem Sinn, dass in unserem Handeln Gott im Zentrum steht. Aber wie der Tempel in Jerusalem, kann unser Tempel überstellt sein. Er kann so überladen sein, dass Gott gar nicht mehr wirklich Platz hat. So musste Paulus die Korinther ermahnen: Haben Götzenbilder etwas im Tempel Gottes zu suchen? Und das sind wir doch: der Tempel des lebendigen Gottes! Denn Gott hat gesagt: »Ich will bei ihnen wohnen und mitten unter ihnen leben. Ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein.« (2. Korinther 6, 16)Gott möchte, dass wir ihm leidenschaftlich hingegeben sind. Er möchte, dass wir alles ausräumen, dass unsere Verhältnis zu ihm trübt. Was würde Jesus wohl bei Dir rausschmeissen, wenn er Deinen Tempel betritt? Würde er vielleicht Deinen Terminplan rauswerfen, weil er Dir keine Zeit mehr zur Besinnung lässt? Würde er Deine Filmsammlung rauswerfen, weil Du nichts mehr anderes tun kannst, als einen Film nach dem anderen anzusehen? Würde er Deinen Internetanschluss rauswerfen, weil Du ständig auf Sex- und Pornoseiten rumsurfst? Würde Jesus Dein Aktienpaket rauswerfen, weil Du Dich nur noch und leidenschaftlich mit den Aktienkursen beschäftigst? Würde er Deine Freundin rauswerfen, mit der Du Deine Frau betrügst? Was würde Jesus rauswerfen, was Dich von der leidenschaftlichen Hingabe fernhält?

Bibelstellen zum Nachschlagen:1. Könige 8, 44; Jesaja 56, 7; Jeremia 7, 11; Habakuk 2, 20; Sacharja 14, 21; Maleachi 3, 1-5; Matthäus 21, 9+23; Lukas 21, 37; Johannes 7, 14; Apostelgeschichte 5, 20+42; 1. Korinther 3, 26; 1. Korinther 6, 19; 2. Korinther 6, 16; Epheser 2, 21- 22; Hebräer 6, 19

II. Leidenschaftlich gegen Gott

Nachdem Jesus die Händler rausgeschmissen hatte, heilte er Menschen: Während er im Tempel war, kamen Blinde und Lahme zu ihm, und er heilte sie. Matthäus 21, 14. Wie wunderbar und faszinierend muss das gewesen sein. Menschen, die sich z.T. schon seit Jahren im Tempel aufhielten und blind und lahm waren, können plötzlich sehen und sich wieder frei bewegen. Man müsste denken, dass das die hartgesottenen Gegner von Jesus hätte erweichen müssen. Sogar die Kinder jubelten und riefen: "Gepriesen sei der Sohn Davids!" Matthäus 21, 15. Aber eben, die hartgesottenen Gegner von Jesus konnte das nicht erweichen. Es geschah etwas ganz Eigenartiges: Aber die Wunder, die er tat, und der Jubel der Kinder, die im Tempel riefen: "Gepriesen sei der Sohn Davids!", erregten den Unwillen der führenden Priester und der Schriftgelehrten. Matthäus 21, 15. Die Priester und Schriftgelehrten ärgerten sich offensichtlich nicht daran, dass Jesus den Tempel räumte. Sie ärgerten sich darüber, dass Jesus im Tempel Menschen heilte und dass ihn die Kinder als Messias priesen, als den Sohn Gottes. Es ist unfassbar wie blind religiöse Menschen sein können. Es ist beängstigend, wie leidenschaftlich man gegen Gott sein kann, obwohl sie meinten, sie würden Gott dienen. Die Priester und Schriftgelehrten hätten schon bei der Tempelräumung nachdenklich werden müssen. Sie wussten, dass im Psalm 69 stand: Die Liebe zu deinem Haus - sie verzehrt mich wie ein Feuer. Die Schmähungen, mit denen man dich lästert, sie treffen mich. (Psalm 69, 10) Noch nie hatten sie erlebt, dass jemand mit solcher Leidenschaft für Ordnung im Tempel sorgte. Aber zudem mussten sie gesehen haben, wie Jesus Blinde und Lahme heilte. Auch hier mussten sie vom AT klar erkennen, das müsste der Messias sein. Schliesslich antwortete Jesus den Jüngern von Johannes dem Täufer, als er ihn fragen liess, ob er der Messias sei: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden geheilt, Taube hören, Tote werden auferweckt, und den Armen wird Gottes gute Botschaft verkündet." Lukas 7, 22.

Dazu riefen es die Kinder, sie jubelten Jesus zu und bezeugten ihn als den Sohn Davids, also als den Messias. Berücksichtigt man diese verschiedenen Aspekte, so hätte sie das sehr nachdenklich stimmen müssen. Es war eigentlich offensichtlich, dass Jesus der Messias ist. Aber sie waren so was von blind, sie waren so leidenschaftlich gegen Gott, dass sie nichts Besseres wussten, als Jesus anzugreifen. Abschätzig riefen sie: "Hörst du eigentlich, was die da rufen?" Matthäus 21, 16. Sie störten sich daran, dass Jesus als Sohn David verehrt wurde. In ihren Augen durfte Jesus nicht der Messias sein. Sie wollten einen anderen Sohn Davids, sie hatten andere Vorstellungen. Jesus war um eine Antwort nicht verlegen. Habt ihr das Wort nie gelesen: "Unmündigen und kleinen Kindern hast du dein Lob in den Mund gelegt'?" Matthäus 21, 16. Jesus konnte den Tempel verlassen, ohne dass sie ihm etwas antun konnten – noch war es nicht so weit. Ihre Stunde würde bald kommen, aber jetzt konnten sie noch nicht ausführen, was in ihren Herzen längst beschlossen war.

Leider sind bis heute sehr viele Menschen leidenschaftlich gegen Gott. Sie sind zwar religiös, sie meinen sie würden Gott dienen, so wie Paulus meinte, er würde für Gott eifern als er die Christen verfolgte, aber in Wirklichkeit kämpfte er leidenschaftlich gegen Gott. Er war verblendet, bis ihm Jesus die Augen und das Herz öffnete. Möge Gott schenken, dass noch viele leidenschaftliche Gegner Gottes, zu leidenschaftlichen Nachfolger werden. Paulus ist das Beispiel dafür, dass Gott nichts unmöglich ist. Jesus ging nach Betanien, wo er mit seinen Jüngern das Passah feierte, bevor er dann auf Golgatha hingerichtet wurde.

Bibelstellen zum Nachschlagen:Psalm 8, 3; Psalm 69, 10; Lukas 7, 22; 1.Timotheus 1, 12-16

Schlussgedanke

Bei Jesus sehen wir, was es heisst, leidenschaftlich für Gott zu sein. Er scheute sich nicht, handgreiflich zu werden, auch wenn das hätte missverstanden werden können. Jesus macht uns dadurch deutlich, wie wichtig es ihm ist, dass seinem Vater ungehindert und mit ungeteiltem Herzen gedient wird. Für uns bleibt die Frage: Was würde Jesus in unserem Leben hinauswerfen? Paulus schrieb: Habt ihr denn vergessen, dass euer Körper ein Tempel des Heiligen Geistes ist? Der Geist, den Gott euch gegeben hat, wohnt in euch, und ihr gehört nicht mehr euch selbst. 1. Korinther 6, 19. Gott hat euch als sein Eigentum erworben; denkt an den Preis, den er dafür gezahlt hat! Darum geht mit eurem Körper so um, dass es Gott Ehre macht! 1. Korinther 6, 20.

Bibelstellen zum Nachschlagen:1. Korinther 3, 17; Korinther 6, 19-20

Amen