Historischer Hintergrund und prophetische Perspektive
Man muss immer daran denken, in welchem Zusammenhang das Gesagte steht. Wir befinden uns im Jahr 520 v. Chr., und die Situation der Juden ist schwierig. Der Tempelbau kommt nur langsam voran. Sacharja und Haggai predigen, dass das Volk den Tempel dennoch weiterbauen sollte – trotz der heidnischen Rebellion gegen die Juden.
In diese Situation hinein erhält Sacharja diese Prophetie und blickt dann in die Ferne. Die Frage ist natürlich, wie weit diese Ferne reicht. Dabei ist es wichtig zu bedenken, dass der Prophet, wenn er in die Ferne blickt, zunächst nur einen Punkt sieht. Dieser Punkt, von dem er spricht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als eine Zeitspanne, ein Strich. Das ist typisch für Sacharja. Wenn er hier von einem Tag spricht, an dem Gott den Geist ausgießen wird, meint er nicht nur einen einzelnen Moment.
Wir wissen aus alttestamentlichen Stellen bereits viel über die Geistausgießung. Joel hat davon gesprochen und diesen Moment ebenfalls als einen Punkt gesehen. Auch Jesaja beschreibt die Geistausgießung an zwei Stellen: Jesaja 32 und Jesaja 44. Hesekiel erwähnt sie an drei Stellen: Jesaja 36, Hesekiel 37 und Hesekiel 39.
All diese Stellen zur Geistausgießung beziehen sich auf dasselbe Versprechen: Gott hat verheißen, dass eines Tages der Geist ausgegossen wird. Dann beginnt die messianische Zeit, die Zeit der Herrlichkeit.
Die Verheißung der Geistausgießung und ihre Bedeutung
Und hier ist die Rede von dieser Geistausgießung: „Ich werde Geist ausgießen über das Haus Davids und über die Bewohner von Jerusalem, den Geist der Gnade und des Flehens und Gnade.“
Das bedeutet, dass sie auf mich blicken werden, den sie durchbohrten. Sie werden Yahweh ansehen und erkennen, was sie ihm angetan haben. Sie werden sich ihrer Schuld bewusst sein, sozusagen. Sie sind schuldig, denn sie haben etwas getan – sie haben Yahweh verworfen.
Diese Textstelle wird in Johannes 19,34 zitiert: „Einer von den Soldaten stach mit einem Speer in seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus.“
Weiter heißt es in Johannes 19,34-37: „Und der, der es gesehen hat, hat es bezeugt, und sein Zeugnis ist wahr. Derjenige weiß, dass er Wahres sagt, damit ihr glaubt. Denn diese Dinge geschahen, damit die Schrift erfüllt werde: Es wird kein Knochen an ihm zerbrochen werden. Und wiederum sagt eine andere Schrift: Sie werden sehen auf den, den sie durchstochen haben.“
Das heißt also, Johannes gibt uns eindeutig den Hinweis, dass diese Stelle – das Sehen auf den, den sie durchbohrt haben – sich auf die Juden bezieht, die den Messias verworfen haben.
Jenes Geschlecht, bitte! Nicht die Söhne werden für die Sünden ihrer Väter bestraft, sondern jeder wird für das bestraft, was er getan hat. Wenn hier die Rede ist von jemandem, der auf ihn blickt und den er durchbohrt hat, dann ist damit diese Generation gemeint und nicht irgendwelche Menschen, die zweitausend Jahre später leben. Die haben das ja nicht getan.
Das ist also das Erste: „Sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrten“ bezieht sich auf jene Generation, die den Messias verworfen hat, als er bei ihnen war. Yahweh war bei ihnen, hat sie besucht, und sie haben ihn durchbohrt.
Die Reaktion des Volkes und die Bekehrung
Ja, und jetzt stellt sich die Frage: Wann genau geschah es, dass sie ihn anblickten und über ihn wehklagten? Sogar die einzelnen Frauen, jeder Einzelne besonders, das Haus Schlewi besonders, das Haus der Semiter besonders und alle übrigen Geschlechter – das heißt, jeder einzeln.
Jeder Einzelne muss erkennen, was er getan hat. Jeder wird erkennen und, wie hier bei Sacharja gesagt, über seine Sünde wehklagen.
Wenn wir zurückdenken: Als Jesus gekreuzigt wurde, haben sie nicht geklagt, sondern gelacht. Doch eine Zeit später wurde das Evangelium verkündigt, und der Geist wurde ausgegossen – zunächst nur auf die Hundertzwanzig. Danach wurde das Evangelium weiterverbreitet.
Was taten die Juden dann? Es ging ihnen durchs Herz, und sie fragten: Was sollen wir jetzt tun? Ein Schrecken überfiel sie. Sie wussten nicht, wie sie reagieren sollten. Dann kam die Aufforderung: Tut Buße und bekehrt euch, lasst euch taufen!
Der Geist wirkte schon, bevor er in ihnen wohnte. Er bewirkte dieses innere Überführtsein, ein tiefes Erkennen der Schuld. Im hebräischen Text heißt es, es sei ein Geist des Flehens um Gnade – ein Geist der Gnade und des Flehens.
Das bedeutet, es geht hier um die Bekehrung der Juden. Diese Bekehrung geschah jedoch nicht an einem einzigen Tag. Sie begann am Pfingsttag, und zwar bei den Juden, die Jesus durchbohrt hatten – aber auch nicht bei allen.
Das Thema hier ist, dass dasselbe Volk, diese selben Juden, dieses Geschlecht, die ihn durchbohrt haben, selbst, jeder Einzelne besonders, über seine Sünde klagen wird.
Die Quelle der Reinigung und der Beginn der Heilszeit
Und wie geht es weiter? In Kapitel 13, Vers 1 heißt es: An jenem Tag wird dem Hause David und den Bewohnern Jerusalems eine Quelle eröffnet sein für Sünde und für Unreinheit.
Ab diesem Tag geht also eine Quelle auf, und jeder kann nun seine Sünden waschen. Kapitel 13, Vers 1 beschreibt, dass an jenem Tag die Quelle geöffnet wird und die Menschen ihre Sünden reinigen.
Ab wann gilt das? Ab wann ist die Geistausgießung und ab wann ist die Quelle offen? Die Antwort lautet: Ab Pfingsten. Die Heilszeit beginnt mit der Inthronisation des Königs und der Ausgießung des Geistes.
Zacharias blickt in die Ferne und sieht in einem Punkt, was eigentlich eine Zeitdauer ist, denn das dauerte ja eine Weile. Wir müssen also darauf achten, wenn wir die Propheten lesen, dass wir uns in die Zeit hineinversetzen und immer daran denken: Der Prophet sieht nicht alles, sondern einzelne Dinge.
Die Endzeitvision: Krieg und Gottes Eingreifen
Und die andere Stelle ist Kapitel 14, Vers 3, eigentlich Vers 1. Dort steht: „Siehe, ein Tag kommt für Yahweh.“ Hier steht „ein Tag“, also ist das klar. Ein Tag kommt für Yahweh, an dem deine Beute in deiner Mitte verteilt wird. „Versammeln werde ich alle Völker nach Jerusalem zum Krieg.“
Kennen wir diesen Text nicht? Wir haben heute Morgen Joel studiert. „Versammeln werde ich alle Völker zum Krieg.“ Was haben wir in Joel gelesen? Bitte, lies mal Joel. Lies noch einmal Joel. Joel spricht auch von Krieg, doch dort steht es so: Joel 4, Gott sagt: „Gott setzt sich ins Tal Josaphats und sagt: ‚Bitte schön, kommt, alle Völker, kommt nur, rüstet euch zum Krieg, bitte schön, ich warte hier auf euch.‘“
Ja, aber es ist auch Josaphat, oder? Beides. Hier ist ein ähnlicher Fall. Ganz ähnlich spricht er hier. Gott versammelt also alle Völker nach Jerusalem zum Krieg.
Die Stadt wird eingenommen, die Häuser werden geplündert, die Frauen vergewaltigt, die Hälfte der Stadt wird in die Gefangenschaft weggeführt. Aber der Überrest des Volkes wird nicht aus der Stadt ausgerottet werden. Und Yahweh wird ausziehen und Krieg führen gegen jene Völker.
Wir haben hier also zweierlei: Einerseits eine große Not in Jerusalem. Teilweise wird nicht die ganze Stadt eingenommen, aber teilweise wird die Stadt erobert und die Häuser geplündert. Es ist ein schreckliches Gericht, eine schreckliche Not über das Volk.
Andererseits wird der Überrest des Volkes nicht aus der Stadt ausgerottet werden. Yahweh wird ausziehen und Krieg führen gegen jene Völker – wie an dem Tag, an dem er Krieg führt, am Tag der Schlacht.
Jetzt geht Gott also in den Krieg. Er zieht den Helm an, sozusagen, und nimmt das Schwert in die Hand oder was auch immer. Bei den Assyrern heißt es einmal, dass Yahweh da steht und die Assyrer mit der Rute schlägt, sie durchschlägt.
Das ist – da muss ich noch einmal schauen – welche Stelle das war. In Jesaja 10 oder Hesekiel? Nein, ich glaube, es war Jesaja.
Gottes Gericht über die Feinde Israels
Da steht er da und schlägt die Assyrer genauso. Ich muss jetzt... Moment, Notes... Was ist mit Jesaja 10,26-34? Lesen wir mal Jesaja 10. Dort ist die Rede davon, dass der Herr der Heere über ihn die Geißel schwingen wird, wie in der Niederlage Midians am Felsen Oreb.
Also da steht, der Herr nimmt seine Geißel und schlägt auf Assur ein. Und sein Stab – er hat auch einen Stab in der Hand – wird über das Meer sein. Er wird ihn erheben, wie er ihn über Ägypten erhob. Und es wird an jenem Tag geschehen, dass seine Last von deiner Schulter weichen wird. Es geht also um Assur.
Dann heißt es weiter in Vers 33: Siehe, der Herr der Heere haut mit Schreckensgewalt die Äste herunter, und die Hochwüchsigen werden gefällt, die Emporragenden werden erniedrigt. Er schlägt das Gestrüpp des Waldes nieder mit Eisen, und der Libanon fällt durch einen Mächtigen.
Hier steht Gott am Tage der Schlacht, oder? Hier steht er und haut mit Gewalt zu. Er schlägt die Heere nieder, die Großen, diese riesigen Leute, und das Gestrüpp des Waldes.
Das ist aber nicht das einzige Mal. Das ist nur eine der Stellen, wo Gott eingreift zum Krieg, wo Gott Krieg führt, wie er sonst auch am Tage der Schlacht Krieg führt.
Einmal reitet er auf einer Wolke, Jesaja 19,1. Dort reitet Gott auf einer Wolke nach Ägypten, um Ägypten zu schlagen. Jesaja 19,1 beschreibt, dass er wie auf einem Pferd sitzt, aber auf der Wolke reitet.
Oder Jesaja 34,6: Da zieht er das Schwert. Das ist auch sehr interessant. Jesaja 34,6 sagt: Das Schwert des Herrn ist voll Blut. Es ist gesättigt vom Fett, vom Blut der Lämmer und Böcke, vom Nierenfett der Witter.
Denn Yahweh hat ein Schlachtopfer in Bosra und eine große Schlachtung im Lande Edom. Wildochsen stürzen mit ihnen hin, Stiere mit kräftigen Ochsen. Ihr Land wird trunken vom Blut, und ihr Staub ist vom Fett gesättigt.
Denn Yahweh hat einen Tag der Rache, ein Jahr der Vergeltungen für die Rechtssache Zions. Hier tritt Gott für Zion ein, also für sein Volk, und er schlägt die Edomiter nieder.
Die Wiederkunft Gottes und die endgültige Erlösung
Und jetzt gehen wir zurück zu Sacharja. Dort steht Gott nochmals in Sacharja 14,3:
„Ja, Jakob wird ausziehen und Krieg führen gegen jene Völker, wie am Tage, an dem er Krieg führt, am Tag der Schlacht. Und seine Füße werden an jenem Tag auf dem Berg der Olivenbäume stehen, dem Ölberg, der vor Jerusalem im Osten liegt. Der Ölberg wird von seiner Mitte aus gespalten werden, nach Osten und nach Westen hin, zu einem sehr großen Tal. Eine Hälfte des Berges wird nach Norden weichen, die andere nach Süden. Und ihr werdet fliehen ins Tal meiner Berge.“
Hier steht also, dass Jahwe auf dem Ölberg steht. Man stellt sich das in übernatürlicher Größe vor, denn sonst wüsste man nicht, wie er auf dem ganzen Berg stehen kann. Jedenfalls spaltet sich unter seinen Füßen der Berg – oder besser gesagt: der Berg teilt sich. Es heißt nicht ausdrücklich „unter seinen Füßen“, sondern einfach, der Berg wird sich spalten. Dadurch entsteht ein Tal, und sobald das Volk in dieses Tal flieht, ist es gerettet.
Das Tal, dieser Spalt, den Gott öffnet, ist also die Rettung des Volkes.
Dann wird er kommen. In Vers 5 heißt es:
„Und ihr werdet in das Tal fliehen, wie ihr geflohen seid in den Tagen Usijas, des Königs von Juda. Und es wird kommen Jahwe, mein Gott, und alle Heiligen mit ihm.“
Jetzt ist die Wiederkunft Gottes. Jetzt ist das Kommen Gottes. Gott kommt mit seinen Engeln oder wer auch immer mit den Heiligen gemeint ist. Er kommt mit seinen Scharen.
An dem Tag gibt es kein Licht, die Gestirne werden sich zusammenziehen (Vers 6-7).
Es wird ein einziger Tag sein, weder Tag noch Nacht. Es wird geschehen, dass zur Zeit des Abends Licht sein wird.
Und es wird geschehen, an jenem Tag, da werden lebendige Wasser von Jerusalem ausgehen, die eine Hälfte zum östlichen Meer, die andere Hälfte zum hinteren Meer. Das wird im Sommer und im Winter so sein.
Jahwe wird König sein über die ganze Erde.
Das ist das, was wir heute auch in Joel gelesen haben, Joel 4. Der Strom, der ausgeht und alles bewässert, und der Herr ist König.
Wie lange ist er König? Natürlich in aller Ewigkeit.
Das ganze Land wird sich verwandeln, alles wird sich verwandeln. Es wird genau alles genannt, sogar die Türme, und dann wird man darin wohnen (Vers 11).
Kein Bann wird mehr sein, kein Fluch wird mehr sein – so heißt es – und Jerusalem wird in Sicherheit wohnen.
Zeitliche Einordnung und Ausblick
Wenn diese Nationen versammelt werden, wann wird das sein? Wenn man nun wieder auf Matthäus 24 zurückgeht, könnte man sagen, dass die Versammlung der Nationen dort erwähnt wird. Matthäus 24 bezieht sich auf das Jahr 70 n. Chr. Das, was er hier sieht, liegt also zeitlich viel später. In Matthäus 24 wird die Versammlung der Nationen jedoch nicht explizit genannt.
Sprechen wir tatsächlich über das, was auch in Offenbarung 20 oder in Offenbarung 19 beschrieben wird? Dort, wenn der Herr der Herrlichkeit kommt – insbesondere in Vers 5 –, steht es klar: „Dann wird Yahweh kommen und alle Heiligen mit ihm.“ Dieser Ausdruck, dass Gott kommt und alle Heiligen mit ihm, wird auch von Paulus verwendet. Er bezieht sich auf die Wiederkunft Jesu Christi.
In Vers 5 am Ende ist das klar. Nicht jedoch die Stelle, an der seine Füße auf dem Ölberg stehen. Dass Yahweh am Ölberg steht, ist eine Bildsprache, die beschreibt, wie Gott kämpft – so wie er es immer am Tag der Schlacht tut. Der Spalt, der dabei entsteht, erinnert an die erste Errettung des Volkes. Damals entstand ein Spalt nicht am Berg, sondern im Wasser. Sobald das Volk durch diesen Spalt gezogen war, war es auf der anderen Seite gerettet.
Hier ist es ähnlich: Sobald das Volk durch den Spalt zieht, ist es erlöst. Das ist die zweite Erlösung des Volkes, ganz parallel zur ersten. Offensichtlich verwendet der Text hier Bildersprache.
Schlussbemerkung zur Auslegung und Haltung
Damit schließen wir also ab. Ich möchte zum Abschluss noch sagen, um das Ganze abzurunden: Versuchen wir, vorsichtiger zu sein.
Wir müssen uns ohnehin immer wieder korrigieren, aber wir sollten nicht zu schnell aufgeben einerseits und andererseits nicht zu schnell meinen, wir hätten alle Antworten gefunden. Stattdessen sollten wir weiterhin forschen, beten und nicht spekulieren. Es ist immer besser, sich vorsichtig auszudrücken.
Vielen Dank für das Gespräch, das muss ich schon sagen.
