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Brasilien 5: Gefahr am Fluss | Die Doppeldecker Crew | Hörspiel für Kinder (Hörbuch)

01.11.2022
Oh nein, der Fluss ist total verdreckt! Den Fischen geht es überhaupt nicht gut, viele sind schon gestorben. Wir müssen schnell was tun! Gut, dass die Forscher aus der Station schon eine Idee haben. Aber dafür ist voller Körpereinsatz gefragt – und echt viel Mut. #Kinderhörspiel #Hörspiel #Hörbuch #kindergerecht doppeldecker-crew.de

Die Idee mit dem Doppeldecker und der Elektromotor

Hi, hier ist Toni, und ich bin Philipp. Ich heiße Marie. Ah, und einer darf bei uns auch nicht fehlen: Sammy. Uhu, hier bin ich – die Doppeldecker!

Marie, Philipp und Toni wollen den Doppeldecker wieder in die Luft bringen. Da er nicht mehr fliegt, hatten sie eine andere Idee: Sie wollten ihn wie eine Lampe in Mikes Scheune aufhängen.

Philipp will es schaffen, dass sich auch der Propeller wieder dreht. Während er auf dem Schulhof an seinem Pausenbrot kaut, denkt er darüber nach. Am besten wäre ein Elektromotor. Der wiegt nämlich viel weniger als ein Dieselmotor. Dann wäre der ganze Doppeldecker leichter und ließe sich besser aufhängen. Leider sind Elektromotoren ziemlich teuer.

„Ach, Schreber“, sagt Philipp im Selbstgespräch, „sonst hat mit dir ja keiner geredet.“ Na ja, offensichtlich redest du ja mit mir.

„Ich gehe jetzt rein.“

„Warte noch mal, ich kann dir helfen.“

„Hä, wobei?“

Der Kauf des Motors und erste Schwierigkeiten

Am selben Abend im Garten von Jonas' Familie.

„Den Motor da drin kannst du haben. Für fünfzig Euro.“

„Echt? Aber der Rasenmäher sieht doch fast nagelneu aus. Und teuer.“

„Sicher, dass dein Vater den nicht mehr braucht?“

„Das passt schon, ich kann damit machen, was ich will.“

„Okay, oh warte, kann ich dir morgen das Geld geben? Ich habe gerade nicht so viel dabei.“

„Bringst du es Montag in die Schule mit.“

„Oh danke, stark! Dann rufe ich mal meinen Kumpel Tonjan an, der kennt sich nämlich mit Schrauben aus.“

„Ne, mach mal selbst und ein bisschen plötzlich. Mein Vater kann es nicht leiden, wenn hier Fremde rumrennen. Er kommt in einer Stunde heim.“

„Ciao! Warte, wo ist denn überhaupt der Schraubenzieher?“

Und schon ist Jonas im Haus verschwunden.

Stutzig steht Philipp vor dem modernen Rasenmäher und einem Werkzeugkasten. Ein bisschen irritiert ist er schon, aber er freut sich über das gute Geschäft. Also macht er sich daran, den Motor auszubauen.

Zum Glück gibt es für alles eine Doku, und er hat schon mal in einer gesehen, wie das geht. Kann also eigentlich nichts schiefgehen.

„Oh Mist, das ist kaputt.“

„Na ja, wird ja nicht mehr gebraucht. Die anderen werden sich richtig freuen.“

Strahlend geht Philipp mit dem Motor unter dem Arm nach Hause. Dort angekommen, fällt ihm etwas auf.

Die Schulden und die Konfrontation mit Jonas

Am Montag in der Schule muss Philipp Jonas gestehen, dass er keine fünfzig Euro mehr hat. Das hatte er total vergessen.

„Dein Ernst? Du willst mich übers Ohr hauen?“

„Nein, echt nicht. Ich habe ja hier schon mal zwanzig, und den Rest kann ich dir geben, wenn ich...“

„Mix da, ich will alles und zwar sofort.“

„Aber ich habe es doch nicht.“

„Ist das mein Problem? Pass auf, ich habe gerade gute Laune. Du bekommst noch zwei Tage, dann zahlst du siebzig Euro mit Zinsen.“

„Was? Du kannst doch nicht einfach den Preis ändern. Wir hatten doch vereinbart, dass es für...“

„Steht das vielleicht irgendwo?“

„Nein, aber wir haben es doch besprochen.“

„Siebzig Euro bis übermorgen. Punkt.“

Damit lässt Jonas ihn einfach stehen. Wie soll er das bezahlen?

Philipp kann sich überhaupt nicht mehr auf den Unterricht konzentrieren. Die ganze Zeit rutscht er unruhig auf dem Stuhl hin und her. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit ist die Schule endlich aus.

Der kaputte Fahrradreifen und die Isolation

Missmutig verlässt er das Klassenzimmer, setzt den Helm auf und geht zum Fahrradständer. Dort sieht er etwas. Beide Reifen sind platt? Das kann doch nicht wahr sein. Am Vorderreifen ist ein großer Riss im Schlauch.

Ob das gerade passiert ist? Hier steht etwas im Staub: „Besser du zahlst.“ Oh Mann, das war Jonas. Erst die Zinsen und jetzt das. Was soll ich jetzt machen?

Eine vertraute Stimme lässt ihn aufblicken. „Hey Phil, wollen wir zusammen nach Hause fahren?“
„Nee, sorry Marie, ich hab’s echt eilig. Bis morgen.“
„Hä, wir fahren doch immer zusammen.“

Hastig verwischt Philipp die Schrift im Staub und schwingt sich aufs Rad. Ratlos sieht Marie ihm hinterher, wie er mit den platten Reifen unbeholfen davonfährt.

Kaum ist Philipp um die Ecke gebogen, steigt er stöhnend wieder ab. Er will jetzt nicht mit Marie über den Schlamassel reden. Bestimmt versteht sie ihn sowieso nicht.

Der Zusammenstoß und die Eskalation mit Jonas' Vater

Den Rest der Strecke läuft er. Er versinkt so tief in seinen sorgenvollen Gedanken, dass er den Mann vor sich gar nicht bemerkt. Beim Zusammenstoß ergießt sich dessen Kaffee komplett über seinen sehr teuer aussehenden Anzug.

„Oh, spinnst du? Pass doch auf!“

„Entschuldigen Sie?“

„Nichts da! Für die Reinigung wirst du schön zahlen.“

„Aber, aber ich habe das doch nicht mit Absicht ...“

„Ist das mein Problem? Warte mal, dich habe ich doch schon mal gesehen.“

„Echt? Also, ich wüsste nicht wo ...“

„Klar, wüsstest du es nicht, ich saß ja noch im Auto. Du bist der Kriminelle, der meinen Rasenmäher zerstört hat.“

„Also, äh, so war das gar nicht ...“

Der Mann wird immer wütender. Er muss Jonas’ Vater sein. Aber hatte Jonas nicht gesagt, er nutze den Rasenmäher gar nicht mehr? Wo also ist das Problem?

Wobei, war es Philipp nicht von Anfang an komisch vorgekommen, dass er den Motor so schnell und heimlich ausbauen sollte?

Die Intervention von Mike und ein unerwarteter Konflikt

Durch das Autofenster sieht jemand die beiden am Straßenrand. Er fährt rechts ran und steigt aus.

Mal ganz langsam, ja? Hören Sie sofort auf, ihn anzuschreien! Mike!

Am späten Nachmittag sitzen Philipp und Mike mit Marie und Toni in der Scheune zusammen.

Du bist ja super aufgeregt, Phil. Was ist denn los?

Na ja, also, wir haben jetzt auf jeden Fall einen Elektromotor. Ist doch toll, oder?

Aha, komm erst mal zur Ruhe, Phil. Solange wir den Motor einbauen, erzähle ich euch eine Geschichte, okay?

Super gern! Vielleicht magst du nachher Marie und Toni mehr erzählen.

Das würde ich auch zu gern wissen.

Erst zahlt der Streber nicht, und dann werde ich bestraft, weil er den Rasenmäher kaputt macht. Das werde ich dir heimzahlen, euch allen hier.

Doch davon ahnt niemand etwas. Keiner hat bemerkt, dass Jonas heimlich von draußen durch das gekippte Scheunenfenster mithört und sich in seine Rachegedanken vertieft.

Die Geschichte vom Amazonas und der Umweltverschmutzung

Ich will euch von einem Abenteuer am Amazonas erzählen, dem zweitlängsten Fluss der Erde. Gleich nach dem Nil ist der Amazonas bis zu zehn Kilometer breit. Wow, echt riesig!

Ja, am sumpfigen Ufer muss man gut aufpassen, um keine nassen Füße zu bekommen. Also passt auf: Das Wasser plätschert gemächlich im Sonnenschein dahin. Von weit weg hört man manchmal das Signal einer Schiffshupe und natürlich die singenden und kreischenden Urwaldtiere ringsherum.

Wie immer erzählt Mike so lebhaft, dass sich Marie, Toni und Philipp das richtig vorstellen können. Plötzlich ist es, als wären sie mittendrin.

Uah, iih, los raus hier!
Ja, sehr witzig, du bist ja nicht im Wasser gelandet. Schnell, komm raus, Marie! Das kühle Flusswasser ist doch super angenehm bei der Hitze hier. Es riecht nur ein bisschen komisch.

Los jetzt, schnell weg vom Ufer! Sieh mal da hinten im tiefen Wasser!
Oh, so ein hässliches Eichhörnchen habe ich ja noch nie gesehen.
Das liegt daran, dass es kein Eichhörnchen ist, sondern ein Krokodil-Temm, ein Kaiman, um genau zu sein.

Gut, dass er nicht auf uns zugekommen ist. Hier sind wir wohl weit genug. Doch das Krokodil hatte die Crew überhaupt nicht bemerkt. Träge treibt es vor sich hin. Aus sicherer Entfernung schauen sie aufs Wasser. Da entdeckt Sammy etwas auf dem Boden.

Oh, guck mal da!
Was denn?
Und rennt wieder in Richtung Wasser.
Sammy, bleib stehen! Ich komme gleich wieder!

Sammy hebt den kleinen Gegenstand umständlich vom Boden auf. Er klemmt ihn sich zwischen die Nagezähne und trippelt auf allen Vieren zur Crew zurück. In seinen Kulleraugen blitzt Stolz auf, weil er den schönen Schatz zuerst gefunden hat. Plötzlich verändert sich etwas in seinem Ausdruck. Er spuckt aus und schüttelt sich.

Ist das eklig! Bleib weg damit von meinen Schuhen!
Ist das eine Muschel? Am Fluss?
Sieht ganz so aus. Ja, Muscheln gibt es nicht nur im Meer, sondern auch manchmal in Flüssen.

Was ist damit, Sammy?
Marie geht ein paar Schritte auf die Muschel zu und hebt sie vom Boden auf. Eigentlich sieht sie ganz hübsch aus.
Wartet!
Lässt sie dann aber auch genau so schnell wieder fallen. Die Muschel ist mit einem seltsamen Schleim überzogen. Normal ist das nicht.

Lange können sie aber nicht darüber nachdenken, denn …
Leute, da pfeift jemand!
Sicher, dass du kein Vogelsingen hörst?
Hör mal genau hin und sag du es mir, Professor!

Hallo!
Oh nein!
Oh, äh, können wir ihm beim Tragen helfen?
Da war ich blind wie ein Maulwurf. Hoffentlich ist nichts kaputtgegangen.
Wir helfen Ihnen beim Aufheben.
Ja, danke. Aber Vorsicht mit den Messelektroden. Die sind zerbrechlich wie ein rohes Ei.

Was sind denn Messelektroden?
Messelektroden – mit D. Damit kann man messen, wie viel von etwas im Wasser aufgelöst ist. In Flüssen lernt man dadurch, wie gut die Wasseroberfläche ist, also ob mit dem Wasser alles in Ordnung ist – oder eben nicht.

Danke fürs Aufheben, Junge.
Klar, ist denn mit dem Wasser etwas nicht in Ordnung?
Allerdings. Schau mal genau hin auf die Wasseroberfläche: So viel Dreck, das geht auf keine Kuhhaut.
Oh ja klar, sieht genauso aus wie das schlammige Zeug an der Muschel. Bestimmt ist es auch das, was so komisch riecht. Da drüben liegt auch ein riesiger toter Fisch.
Gut, dass ich nicht im Wasser stand.
Das ist gar kein Fisch, sondern ein Flussdelfin.

Was ist denn hier eigentlich los?
Das erklärt Forscherin Amelie in aller Eile, während sie Plastikflaschen, Glasschälchen und Messgeräte sorgfältig auf einem Tuch auf dem Boden ausbreitet.

Seit heute Morgen schwimmt dieser Schlamm auf der Wasseroberfläche. Es sind viele Fische gestorben. Deshalb müssen wir jetzt ganz schnell herausfinden, wie der Hase läuft, was es ist, wo es herkommt und vor allem, wie wir es am besten wieder loswerden.

Die Forschungsstation und die Teams

Können wir dabei helfen? Diese Frage hört Amelie gern. Sie erklärt Marie und Toni den Weg zu ihrer Forschungsstation. Dort können sie sich einem der Teams anschließen, die sich gerade zusammenfinden.

Philipp bleibt hier, um Amelie bei den Wasserproben zu unterstützen. Er schaltet die Messgeräte ein und macht erste Notizen. Dabei behält er die Wasseroberfläche sehr aufmerksam im Blick, damit ihn kein Krokodil überrascht.

In der Station angekommen, begrüßen Marie und Toni die anderen. Wildhüter, Forscher, Vogelexperten – viele geschäftige Menschen sind hier versammelt. Toni schließt sich einer Gruppe junger Männer und Frauen an, die mit dem Motorboot flussabwärts fahren. Gemeinsam beladen sie das Boot mit Seilen, Netzen und dicken, schwimmenden Schläuchen. Diese sollen verhindern, dass sich der Schmutz weiter ausbreitet.

Marie sieht sich inzwischen aufmerksam um. „Hey, magst du bei Lennart und mir mitkommen? Ich bin übrigens Martha.“
„Hey, ich bin Marie. Wo geht ihr denn hin?“
„Flussaufwärts. Wir wollen sehen, wo das alles herkommt und verhindern, dass noch mehr davon ins Wasser gelangt.“
„Klingt gefährlich, aber wenn es euch wirklich hilft, kann ich mitkommen. Darf Sammy auch mit?“
„Ja, ich will die Kokos verscheuchen.“
„Wo kam das denn her?“
„Hier unten in der Umhängetasche, hallo!“
„Ihr könnt beide mitkommen, aber bleibt unterwegs in der Tasche, Sammy. Das ist im Wald viel sicherer.“

Martha, Lennart und Marie ziehen Tarnkleidung an. Sie wissen nicht, ob jemand Böses vorhat und absichtlich den Fluss verschmutzt. Deshalb wollen sie sich anschleichen können, ohne gleich entdeckt zu werden. Sonst haben sie nur kleine Rucksäcke mit dem Allernötigsten dabei. Damit kommen sie am dicht bewachsenen Ufer schnell voran.

Lange marschieren sie einfach schweigend hintereinander her.
„Kann ich euch was fragen?“
„Klar, nur bitte nicht so laut. Wir wollen niemanden unnötig auf uns aufmerksam machen, weißt du? Und die Tiere auch nicht.“
„Au, äh klar, ähm, können wir nicht näher am Wasser laufen? Von hier aus sehen wir den Fluss doch gar nicht.“

Als Antwort auf die Frage hört Marie ein lautes Platschen, gefolgt von einem kräftigen „Krr“.
„Was war das?“

Flussabwärts brütet Philipp nachdenklich über seinen Notizen. Amelie bemerkt sein Grübeln und blickt auf.
„Ja, so geht’s mir auch. Ich schaue auf die Messdaten und stehe hier wie der Ochse vor dem Berg. Es ergibt irgendwie alles keinen Sinn. Ich vergleiche gerade die Messergebnisse mit den ausgedruckten, die du früher mal für das saubere Wasser gemacht hattest. Alles fast haargenau gleich, aber man sieht doch ganz deutlich, dass das nicht stimmen kann.“

„Das ist echt die Katze im Sack. Ich will wissen, womit wir es zu tun haben. Ich hatte ja zuerst an Öl oder Diesel gedacht, aber das passt auch nicht.“
„Komm, lass uns mal schauen, wie der pH-Wert ist und herausfinden, ob irgendetwas Saures oder Basisches im Wasser ist.“
„Alles klar, dafür ist diese Glasvelektrode hier, oder?“
„Ja, genau.“

Maries Angst vor Krokodilen und die Sicherheit der Gruppe

Marie ist ganz aufgewühlt. Was sie eben gehört hat, war der Beutezug eines Krokodils. War es dasselbe, das sie vorhin schon gesehen hatten? Doch sie waren bereits mehrere Kilometer gelaufen! War es so weit flussaufwärts geschwommen, um Beute zu suchen? Oder gab es hier noch Meerkrokodile?

Deshalb sind wir nicht so nah am Ufer, hier ist es sicherer. Keine Angst, Marie, in den Wald kommen sie nicht. Bleib einfach bei Martha und mir.

Okay. Wir müssen trotzdem wieder ans Wasser schauen, damit wir nicht die Stelle verpassen, an der der Dreck hineingelangt.

Und das Krokodil? Alles gut, ich gehe schon. Ich gehe ans Ufer, verschaffe mir einen Überblick und komme dann sofort wieder hoch. Keine Angst, ich passe gut auf mich auf.

Aber lass ihn gehen, Marie, hab Vertrauen.

Die Erkundung des Ufers und die Entdeckung der Quelle

Er zwängt sich zwischen fernen Lianen und dicken Baumstämmen hindurch, bis der Bewuchs schließlich dünner wird und er aufs Wasser spähen kann. Für Marie vergehen die Sekunden quälend langsam. Das waren bestimmt schon zwei Minuten nur die Ruhe, denkt sie, als es plötzlich wieder im Gebüsch raschelt.

"Hallo, ihr zwei, in drei," flüstert jemand.
"Hennart, psst, leise bleiben, alle beide."
"Ja, sorry."
"Upsi, und?"
"Wir sind noch mehr tote Fische. Wir kommen also der Quelle näher. Ich bin sicher, wir finden sie bald."

Lennart geht wieder voran und schiebt behutsam die ersten Farne beiseite. So geht die Gruppe weiter durchs dichte Gebüsch. Da kommt Marie ein erschreckender Gedanke: "Wir nehmen Wasserproben, und Toni ist im Boot untergebracht – auch wenn dort Krokodile sind."

Tatsächlich ist sie nicht die Einzige, die von dieser Frage umgetrieben wird.
"Amelie?"
"Ja, Philipp?"
"Ein bisschen unwohl ist mir schon hier am Wasser. Wir haben vorn einen Kaiman gesehen."
"Ich denke nicht, dass uns einer zum Mittagessen kriegt. Hier im Amazonas leben schwarze Kaimane. Diese Art geht eher nachts auf Jagd."
"Ja, ich weiß ja. Und auch, dass sie nie Menschen angreifen. Aber was, wenn doch?"
"Dann merken wir es rechtzeitig. Ich schaue mich schon die ganze Zeit mit Adlagung auf der Wasseroberfläche um."
"Ja, ich ja auch. Dann sind wir doppelt sicher. So sehen wir einen Kaiman früh genug und können die Fliege machen."

"Was hast du denn eigentlich über den pH-Wert herausgefunden?"
"Ja, ach so. Also das ist wirklich sehr seltsam. Viele Sachen führen dazu, dass das Wasser eher sauer wird. Manchmal auch basisch."

Im Boot ist auch Toni vor den gefährlichen Reptilien sicher. Marie ist beruhigt, als Lennart und Martha ihr das erklärt haben. Doch Maries Freude wird schon wieder unterbrochen. In ihrer Umhängetasche fängt Sammy auf einmal an, sich zu winden und zu stöhnen.

"Sammy, was ist? Hast du Albträume?"
"Oh nein, ich bin wach. Ganz schlecht ist mir."
"Können wir kurz anhalten, Lennart?"
"Ja, okay. Nur hoffentlich nicht allzu lange."

Behutsam legt Marie die Tasche vor sich auf den Boden und macht sie weit auf. Sammy krümmt sich und atmet flach.
"Hast du irgendwas gegessen da drin?"
"Nein, gar nicht. Das stinkt so."
"Gib ihm ein bisschen Wasser, Marie."
"Okay."

"Sammy, schaffst du das, wenn Marie dich weiter in der Tasche trägt? Das schaukelt so."
"Und wenn ich dich in den Arm halte, ist das besser?"
"Oh, vielleicht."
"Halt ihn nur gut fest. So kann es weitergehen."

Vorsichtig trägt Marie Sammy im Arm. Schnell fällt er in einen leichten Schlaf, aus dem er ab und zu hochschreckt. Wenn man genau hinschaut, findet Marie, sieht er trotz des Fells sehr blass im Gesicht aus. Auch was sie dann sieht, hebt nicht gerade die Stimmung.

"Was ist denn?"
"Hey, ist schon gut, wir gehen außen herum."
"Da vorbei? Und wenn da noch mehr sind?"
"Komm, nimm meine Hand, Marie."
"Na gut."

Marie ist gar nicht begeistert. Das Spinnennetz vor ihr spannt sich über einen Meter weit zwischen großen Staudenblättern. Sie will lieber nicht seiner Bewohnerin begegnen. Aber es führt kein Weg daran vorbei. So nimmt sie ihren Mut zusammen, um Lennarts Stimme um die Staude herum zu folgen. Mit Semmi in der einen Hand, Marthas Hand in der anderen und fest geschlossenen Augen.

"Mach die Augen wieder auf, wir sind vorbei. Ich habe die Spinne im Netz gesehen, sie wird uns nicht verfolgen."

Das tröstet Marie ein bisschen. Aber sie sorgt sich um Sammy und dann all diese gefährlichen Tiere hier. Warum eigentlich waren ihr die vorher nie aufgefallen? Marie ist inzwischen überhaupt nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee war, mitzukommen. Bestimmt kämen Martha und Lennart viel besser ohne sie voran. Die beiden sind so freundlich zu ihr. Aber bestimmt nur, weil sie Mitleid haben.

Irgendwann wird Lennart langsamer, bleibt schließlich stehen und hält horchend inne.
"Was ist denn los?"
"Ich glaube, ich höre da was aus Richtung Fluss."
"Hm, vor lauter Spinnen und Streifenhörnchen haben wir schon länger nicht mehr ins Wasser geschaut. Wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, oder?"
"Ja, das denke ich auch, Martha. Sammy geht super schlecht."

Lennart schaut mitfühlend auf den kleinen Sammy, der sich in Maries Armen nervös im Schlaf windet. Dann blickt er hoch in Maries tränengefüllte Augen. Er kann die Angst darin deutlich sehen.
"Marie, ist es nicht nur wegen Sammy, oder?"
"Okay, wir haben nicht viel Zeit, aber lass uns hier kurz hinsetzen."
"Okay, lass mich so lange mal nach Sammy schauen. Ich habe mir in einer Tierarztpraxis ausgeholfen, vielleicht fällt mir noch was ein."

Behutsam gibt Marie Martha den immer noch schlafenden Sammy in die Hand und ringt mit den Tränen. Während Martha sich einige Schritte entfernt, bettet sie Sammy vorsichtig auf einen großen Stein und schaut ihn sich genau an.

"Willst du mir vielleicht sagen, was dir solche Angst macht?"
"Die Krokodile, das war so laut vorhin, was wir gehört haben. Und das Krokodil, das wir heute Mittag gesehen haben, das war so riesengroß, und ich wollte mutig sein und dachte, ich kann schon mit euch mit, aber jetzt bin ich überhaupt nicht mutig und halte euch nur auf."

"Marie, lass mich dir zwei Dinge sagen und dann gehen wir weiter, ja? Also, erstens ist das sehr mutig von dir, wie du dich mit uns durch den dichten Wald kämpfst, wie du das Netz der gruseligen Spinne umgangen hast und wie du auf ein ungewisses Ziel zugehst, um den Tieren und Menschen am Fluss zu helfen. Lass dir von niemandem erzählen, das wäre nicht mutig."
"Meinst du echt? Störe ich euch nicht?"
"Nein, überhaupt nicht. Martha und ich haben dich sehr gern dabei. Wir wollen unser Ziel gar nicht ohne dich erreichen."

Ehrlich?
"Ja, ganz ehrlich." Es ging so schnell, dass man es sehr leicht übersehen konnte. Aber Lennart hat das kleine Lächeln bemerkt, das um Maries Mundwinkel spielte. Hoffungsvoll schaut sie ihn an.
"Und was ist das Zweite?"
"Das Zweite ist, dass ich nicht zulassen werde, dass dich ein Krokodil angreift."

In seinen braunen Augen sieht Marie so viel Mitgefühl und Liebe, dass sie ihm glaubt, dass er sie vor allen Krokodilen beschützen würde. Sie ist immer noch ängstlich, aber seine aufrichtige Freundschaft hilft ihr, die Verzweiflung langsam loszulassen.

"Aber lass uns jetzt weitergehen, ja? Meine Freunde und deine zählen auf uns."
"Ja, okay. Martha, können wir weiter? Kann ich ein paar Nüsse haben? Sammy, geht's dir besser?"
"Er hat gehustet und etwas Schleim ausgespuckt. Jetzt sollte es besser gehen. Bestimmt war das von der Muschel von vorhin."
"Nüsse?"
"Ja, hier."
"Wunderbar, dann gehen wir jetzt den Stimmen nach, ich höre sie nämlich noch. Willst du vorgehen?"
"Wir gehen alle zusammen."

Sammy bleibt ab jetzt wieder in Maries Tasche.
"Schaffst du es dort still zu sitzen? Ist das Knuspern zu laut?"
"Schluck den Bissen noch runter und sei dann still."

Wir bleiben dicht beieinander und halten Ausschau in alle Richtungen am Wasser. Krokodile können zwar an Land gehen, jagen aber immer vom Wasser aus.
"Packen wir das, Marie?"
"Ja, schätze schon."
"Dann los."

Die Entdeckung des Frachters und die Rettungsaktion

Martha, Lennart und Marie staunen nicht schlecht, als sie aus dem Gebüsch treten und sehen, was da auf dem Wasser ist.

„Hey, da ist jemand! Hey ihr, hört ihr uns? Wir brauchen Hilfe!“

Eilig verschwindet der Mann, der eben von der Reling gerufen hat, ins Innere des Schiffes.

Auf dem Fluss liegt ein riesiger Frachter. Das ist an sich nicht ungewöhnlich. Zwei Dinge fallen allerdings sofort ins Auge:

„Boah, da sind aber viele Leute drauf! Manche sehen eher nach Urlaubern aus als nach Seeleuten.“

„Und ein ganz schönes Schiefschiff ist das!“

Philipp und Amelie sind inzwischen ins Labor der Station umgezogen. Dort untersuchen sie die Wasserproben gründlich und entdecken ebenfalls etwas Unerwartetes.

„Können wir uns ganz sicher sein, dass das nichts anderes ist? Das würde sich doch nicht teilweise im Wasser auflösen.“

„Ziemlich ja. Wir haben alles untersucht, und eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass es etwas Biologisches ist. Auch kein Treibstoff. Haushaltschemikalien wie etwa Cremes oder Waschmittel sind es auch nicht, obwohl die hier oft per Frachter transportiert werden. Und es sind keine Metalle in den Wasserproben, deshalb kommt es nicht aus Metallminen am Fluss. Für mich ist die Sache klar wie Klosbrühe: Es muss ein Lack sein. Das erklärt die Farbe, den Geruch und eigentlich fast alles andere auch.“

Philipp ist noch ein bisschen skeptisch.

„Ein Lack löst sich doch nicht einfach im Wasser auf, aber die gesammelten Messergebnisse sprechen deutlich dafür – oder besser gesagt gegen alles andere.“

Flussaufwärts haben die Freunde jetzt die Quelle der Verunreinigung gefunden.

Da es ein Lack ist, der aus dem Frachter ausläuft, wissen sie noch nicht genau, wie viel, denn sie haben gerade Dringenderes zu tun.

Inzwischen ist der Kapitän an die Reling gekommen. Laut rufend verständigt er sich mit Lennart.

„Habe ich hier noch nie erlebt, überhaupt nie. Normalerweise sieht man das ja vorher.“

„Und was ist dann passiert?“

„Oh, sie sind aufgesetzt. Es geht nicht voran, vorwärts nicht, rückwärts nicht. Dann habe ich Kollegen angerufen, bei allen entweder ist sie zu groß oder zu weit weg. Wir sitzen seit vielen Stunden fest. Die Leute sind sehr ängstlich, viele können nicht schwimmen, und Krokodile sind auch im Wasser!“

„Was ist mit Rettungsbooten? Gibt es welche? Können die helfen?“

„Den Frachter können wir ganz bestimmt nicht bewegen, aber vielleicht können wir ihm helfen, die Leute vom Boot zu holen.“

Lennart wird von einem ohrenbetäubenden Ächzen und Krachen gerüttelt. Dort beginnen die Menschen ängstlich zu schreien.

Marie starrt hilflos auf das Schiff, das sich ganz langsam, aber unfassbar laut mehr und mehr zur Seite neigt. Vor ihrem inneren Auge sieht sie, wie bald die ersten Menschen ins Wasser fallen müssen – in diesen stinkenden Schlamm mit Krokodilen.

Panik steigt in Marie auf.

Doch plötzlich Stille. Es hält an. Ein Glück. Es muss sich verkeilt haben. Lange wird das nicht halten.

„Bitte, Herr Kapitän, bringen Sie alle auf dem Schiff dazu, Ruhe zu bewahren. Sie dürfen nicht mehr herumlaufen und erst recht nicht rennen.“

„Sie, Sie, ja, ja, ich, ich mache.“ Sehr erfahren wirkt er selbst nicht.

„Und hast du das gesehen, dass der Schmutz aus diesem Schiff ausläuft? Dahinter sieht’s wieder sauber aus.“

„Ja, das werden wir alles klären müssen. Aber jetzt müssen erst mal die Leute vom Schiff.“

„Hm, ähm, funken wir die Station an für den Hubschrauber?“

„Ich denke, Boote sind besser. Sie sind schneller hier und können mehr Leute mitnehmen. Und bis dahin müssen wir den Frachter stützen. Wir haben doch noch Kletterseile im Rucksack.“

„Hilfen die?“

„Ich denke eher nicht. Aber wenn es lange, stabile Seile an Bord gibt, könnten sie uns die zuwerfen. Dann binden wir sie hier an Bäumen fest, und das Schiff kann nicht weiter von uns wegkippen. Das müsste halten, bis die Boote hier sind.“

So eine Rettungsaktion ist auch für Lennart und Martha neu. Sie haben noch nie eine ganze Schiffladung Menschen von einem Frachter gerettet.

Zügig bereiten sie ihren Plan vor, damit die Leute nicht in dem gefährlichen Wasser schwimmen müssen.

Martha funkt die Station an.

An Bord des Frachters gibt es einige Spulen mit Stahlseilen. Deren Enden soll der Kapitän Lennart zuwerfen.

Gar nicht so einfach!

„Och, nicht weit genug, das Ufer ist so weit weg!“

Er versucht es ein zweites Mal, ein anderer Mann ein drittes Mal und ein viertes Mal. Sie schaffen es einfach nicht, bis zum Ufer zu werfen, das sind immerhin fast dreißig Meter.

„Wir müssen's anders machen.“

„Halt, hör auf zu werfen! Hey! Lennart, das Schiff knarzt wieder. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Martha ist noch am Funkgerät, deshalb müssen wir das zu zweit schaffen.“

„Und wie?“

„Wir nehmen doch die Kletterseile. Ich schwimme raus und verbinde deren Seilenden mit unserem. Du bleibst hier am Ufer und wickelst das Seil um einen Baum. Dann musst du es gut festhalten und straff ziehen, sobald alles verknotet ist, okay?“

„Aber dann musst du doch ins Wasser.“

„Oder ein Rettungsboot bauen, da kommen die Eichhörnchen nicht rein.“

„Krokodile meinst du.“

„Martha, hast du alles mitbekommen?“

„Alles mitgehört, so machen wir das.“

„Okay, dann machen wir jetzt zwei Seile, jede von euch befestigt eins.“

„Ist das nicht viel zu gefährlich?“

„Ich passe auf, so gut ich kann. Aber die Leute auf dem Schiff sind ebenso in Lebensgefahr. Es ist im Zweifel besser, wenn nur mir etwas passiert und sie dadurch gerettet werden.“

„Nein, Lennart!“

„Marie, es muss sein. Halt mich bitte nicht ab.“

„Hältst du dein Seil fest?“

„Okay. Lass das Seil auf keinen Fall los. Wenn du Hilfe brauchst, ruf Martha. Aber halt unbedingt das Seil fest!“

Marie nimmt das dicke Kletterseil in die Hand. Lennart erreicht das Wasser und schwimmt los.

Aus sicherer Entfernung zum Ufer schaut sie ihm nach.

Mit kräftigen Zügen schwimmt Lennart auf die Stahlseilenden im Wasser zu.

Marie sieht dann, wie Martha ihr Seil einmal um einen dicken Baumstamm wickelt und macht es ihr nach.

Da erschreckt sie ein Rascheln im Gebüsch.

„Was war das?“

Da war es schon wieder.

Seilfest umklammert schaut sie vorsichtig in die Richtung. Das Rascheln kommt näher, ist jetzt vielleicht noch zehn Meter entfernt.

Für ein riesiges Krokodil klingt es zu leise. Aber es ist sehr nah am Ufer, und man kann nie genau wissen.

Für einen kurzen Moment verstummt es. Vielleicht ist es weg.

Dann bricht die Herde kleiner Tiere aus dem Gebüsch.

Die sehen ja aus wie Meerschweinchen, aber ziemlich groß und dick. Es sind nahe Verwandte.

Was Marie sieht, ist eine Familiengruppe von Capybaras oder Wasserschweinen.

Die Nagetiere werden bis zu fünfundsiebzig Kilo schwer und sind die größten ihrer Art.

Fasziniert schaut Marie zu, wie sich die Tiere vorsichtig schnuppern, eins nach dem anderen aus dem Dickicht wagen.

„Die sind ja super niedlich, aber trotzdem besser, wenn die mich nicht bemerken, so groß wie ich bin.“

Begeistert schaut sie den aufmerksamen Müttern und den tapsigen Babys zu.

Auf einmal fällt ihr etwas ein.

„Das Wasser, das ist doch vergiftet!“

„Oh nein, die Babys gehen schon zum Wasser! Was mache ich jetzt?“

Hingehen und die Babys vom Wasser wegscheuchen? Aber was, wenn die Mamas sauer werden?

Und da ist noch etwas, an das sich Marie erinnert:

„Lass das Seil auf keinen Fall los!“

Sie darf das Seil nicht loslassen, aber irgendwie muss sie verhindern, dass die Tiere das Wasser trinken.

„Hinzulaufen kann ich nicht.“

„Hm, ja, ich werfe es in ihre Richtung, bestimmt hauen sie dann ab.“

Marie hebt einen Kieselstein auf und wirft ihn. Noch einen.

Gar nicht so einfach, weil sie das Seil in der anderen Hand hält.

Außerdem sind die Steinchen zu klein.

Die Wasserschweine haben nicht mal bemerkt, dass einer direkt neben ihnen gelandet ist.

Marie versucht es noch einige Male.

„Gucken ja nicht mal hoch. Ich muss schnell was machen, bestimmt trinken sie gleich.“

„Da hinten! Dort liegt ein größerer Stein, bestimmt groß genug, um die Wasserschweine zu erschrecken. Wenn ich bloß rankäme, da fehlt nur noch ein halber Meter.“

„Lass das Seil auf keinen Fall los.“

„Da hinten ist Lennart. Er hat Marthas Seil schon festgebunden, eins noch nicht.“

„Hm, okay, ich leg mich ganz kurz hin, werf den Stein und halte sofort wieder fest.“

Gesagt, getan.

Ganz nah bei der Capybara-Familie fällt der Stein ins Gebüsch.

Die Tiere erstarren einen Moment, schnuppern vorsichtig und verschwinden blitzartig im Dickicht.

Marie schaut einen Moment hinterher, bis sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnimmt.

„Das Seil, Mist!“

Lennart hatte das Seil ein Stück zu sich herangezogen, um es mit dem anderen zu verknoten. Er denkt ja, dass Marie das Ende festhält.

Es hat sich vom Baumstamm gelöst, und sie sprintet dem Seilende hinterher, das sich immer schneller aufs Wasser zubewegt.

In letzter Sekunde bekommt sie es zu fassen.

Vor lauter Erleichterung merkt Marie gar nicht, dass sie jetzt fast knietief im Wasser steht.

Entsetzt blickt sie auf und sieht den riesigen Kaiman auf sich zuschwimmen.

„Hilfe, Lennart, Martha!“

Erst jetzt bemerkt Martha, dass Marie nicht mehr bei ihrem Baum ist.

Sie sieht sie im Wasser stehen und rennt sofort los.

„Hey, hey, Marie, was ist los?“

Wie als Antwort schnellt ein Kiefer voller spitzer Zähne direkt vor Marie aus dem Wasser hervor und packt Lennart!

Der Kaiman zerrt Lennart ins tiefere Wasser.

Martha fasst Marie am Arm und zieht sie ans Ufer.

„Los, raus hier!“

Wie im Traum taumelt Marie hinter Martha her.

Als sie sich umdreht, sieht sie Lennart im Wasser versinken.

„Nicht umdrehen, weiter, ein paar Meter noch!“

In sicherer Entfernung hilft Martha Marie dabei, sich auf den sandigen Boden zu setzen.

Sie achtet darauf, dass Marie außer Gefahr ist und sicher sitzen kann, und dreht sich wieder zum Ufer.

Kaum ausgesprochen, rennt Martha zum Wasser und schwimmt los.

Marie kann überhaupt nicht hinsehen.

Eine Zeit lang sitzt sie einfach nur da.

Sie merkt gar nicht mehr, wie die Leute vom Schiff rufen.

Auch nicht, wie Sammy aus der Tasche krabbelt und sich ganz vorsichtig an ihre Seite kuschelt.

Alles ist auf einmal weit weg.

Nur schwach bekommt sie mit, wie Martha Lennart aus dem Wasser bringt.

„Hier ist die Uferkante, schön langsam.“

„Lass mich das machen, er hat dich.“

Sachte zieht Martha Lennart über den Ufersand vom Wasser weg.

Nach einigen Metern ist sie weit genug und legt ihren Kollegen und Freund ab.

Ihr Rucksack liegt in der Nähe.

Sie zieht dort eine Rettungsdecke heraus, um Lennart warmzuhalten.

Vorsichtig deckt sie ihn zu.

Marie ist inzwischen aufgestanden und kommt langsam auf die beiden zu.

„Lennart, alles wieder gut?“

„Es tut mir so leid, Lennart. Krokodil, dich angreifen.“

„Danke, Lennart, du hast ihr das Leben gerettet.“

„Jesus, Jesus sagt: Liebt einander, wie ich euch geliebt habe.“

Das war das Letzte, was Lennart gesagt hat.

Fassungslos schaut Marie auf seine geschlossenen Augen und weint.

Auch Marthas Augen füllen sich mit Tränen.

Lennart war ihr bester Freund gewesen, und sie wird ihn unbeschreiblich vermissen.

So vieles hatte sie miteinander verbunden.

„Ich bin zu spät!“

„Hanna! Hol dich ein bisschen aus, Marie.“

„Nein, Amelie, dort sind noch viele Leute auf dem Schiff, die uns brauchen. Hol sie mit den Motorbooten!“

Lennart hat verhindert, dass das Boot umkippt und die Menschen untergehen.

Marthas Stimme klingt für Marie, als wäre sie weit weg.

Um sie herum scheint alles irgendwie zu verschwimmen.

Sie hört nicht mal mehr Philipp und Toni, die besorgt auf sie zukommen.

Das Letzte, was sie noch mitbekommt, ist, wie Sammy sich auf ihre Schulter kuschelt und ihr „Ich hab dich lieb, Marie“ ins Ohr flüstert.

Die Erholung und die Erkenntnis

Als Marie das nächste Mal die Augen öffnet, sieht alles ganz anders aus. Es hört sich anders an, und es fühlt sich auch anders an. Marie merkt, dass sie nicht mehr am Ufer des großen Flusses sitzt, sondern in einem weichen Bett liegt. Um sich herum sieht sie freundliche Gesichter.

Was ist los? Habe ich das alles nur geträumt? Kommt darauf an, aber das am Fluss wohl eher nicht. Toni und ich waren auch da.

Toni? Cool, dass du wieder wach bist. Ich war auch da, Sammy! Voller Freude drückt sie das kleine Hörnchen an sich, ist aber ein bisschen verwirrt. Als Philipp und Toni ihr erzählen, was dort am Ufer passiert ist, kommen auch ihre eigenen Erinnerungen langsam zurück.

Die Boote haben sich aufgestellt, und dann konnten alle in letzter Minute vom Schiff gebracht werden. Danach ist das Schiff ganz gekippt. Das war vielleicht laut! Ist das zu fassen, keiner wurde verletzt. Ohne das wäre das Schiff viel früher umgefallen. Lennart hat sie alle gerettet.

Lennart? Als sie seinen Namen hört, bricht Marie wieder in Tränen aus. Er, ist er? Er hat den Krokodilangriff leider nicht überlebt.

Und ich, also er, ich, er, er hat mir das Leben gerettet. Er hat das ernst gemeint. So zu lieben, wie Gott ihn liebt, wäre ein starker Typ. So etwas hat Lennart auch gesagt. Das weiß ich noch. Er hat gesagt: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe.“

Was bedeutet das? Den Satz kannte Lennart aus der Bibel. Jesus hat das gesagt. Jesus, der Sohn von Gott und Lennarts größtes Vorbild. Er hat Jesus echt voll vertraut.

Was hat Jesus denn mit dem Krokodil zu tun? Als Marie dem Kaimanen gegenüberstand, gab es keinen Ausweg mehr. Er hatte schon zum Angriff angesetzt, und den hätte sie nicht überlebt. Egal, wie schnell sie gerannt wäre und egal, wie sehr sie sich angestrengt hätte.

Da ist Lennart vor sie gesprungen und war ihre Rettung. Er hat sein Leben hergegeben und ihr damit ihres geschenkt.

Hat Jesus auch jemandem das Leben gerettet? Das hat er allerdings.

Das mit dem Kaiman war jetzt eine sehr spezielle Situation. Das passiert zum Glück nur sehr wenigen Menschen. Aber von Gott getrennt zu sein, das Problem haben alle Menschen. Wenn das für immer so bleiben würde, wäre das ganz schlimm für uns.

Kann man sich davor auch nicht retten? Egal, wie schnell man rennt oder wie sehr man sich anstrengt?

Nein, sich selbst retten kann man wirklich nicht.

Das ist ja super schlimm.

Ja, das wäre es. Aber erinnert ihr euch daran, dass Gott uns Menschen sehr liebt? Er ist der, der uns retten kann.

So wie Lennart?

Ein bisschen ja. Gottes Sohn Jesus hat sein Leben für uns hergegeben. Er ist einen sehr schlimmen Tod gestorben. Damit hat er uns nicht vor einem Krokodil gerettet, sondern davor, dass wir immer von Gott getrennt sein müssen.

Damit hat er uns ein neues Leben geschenkt, weil er uns so liebt. Ich vertraue ihm echt wie ein Schaf dem Hirten.

Aber Lennart ist doch jetzt trotzdem weg.

Von hier ist er weg, aber Lennart hat sich von Jesus retten lassen. Deshalb lebt er jetzt dort bei ihm.

Wäre ich nicht ins Wasser gelaufen, wäre Lennart doch hier.

Weißt du, was Lennart uns immer gesagt hat?

Was denn?

Wenn jemand dadurch erfährt, wie sehr Jesus ihn oder sie liebt, dann wäre es ihm das wert, dafür sein Leben herzugeben.

Marie ist immer noch furchtbar traurig, dass Lennart nicht mehr da ist. Aber irgendwie nimmt sie jetzt alles anders wahr. Sie spürt so deutlich die Hoffnung und die Liebe, die Martha und Amelie haben. Und Marie hat ja gemerkt, dass Lennart sie auch hatte.

Mit diesen Gedanken beschäftigt hört Marie schweigend den anderen zu.

Wie Tonis Team erfolgreich Barrieren im Wasser aufgestellt hat, so konnte aller oben schwimmende Schmutz abgeschöpft werden. Amelie und Philipp hatten herausgefunden, dass es eine spezielle Sorte Lack für Baumaschinen war. Der sollte eigentlich ganz toll und schnell biologisch abbaubar sein, ist er aber nicht.

Stattdessen hat sich ein bisschen Lack im Wasser aufgelöst und dort die Tiere vergiftet. Am Frachter konnte zum Glück festgestellt werden, dass nur ein einziges Fass ausgelaufen war. So würde sich der Fluss nun bald erholen können.

Das Schiff wurde mit großen Schleppern geborgen. Der Kapitän hatte es zu schwer beladen lassen und war damit in zu flaches Wasser gefahren. Deshalb war es auf Grund gelaufen, und es entstanden große Lecks.

Nach dieser Erfahrung nahm er sich fest vor, die Fahrten in Zukunft umsichtiger vorzubereiten. Er ist unendlich dankbar dafür, dass Lennart allen an Bord das Leben gerettet hat. Von dem Abenteuer wird er wohl noch lange seinen Neffen und Nichten erzählen.

So wie du uns.

Gut, dass das nur eine Geschichte war.

Lennart ist gestorben, um mich und die ganzen anderen Leute zu retten. Zum Glück ist das nicht wirklich passiert.

Ja, stimmt, Lennart habe ich mir nur ausgedacht. Aber wisst ihr was? Jesus ist echt, und er ist wirklich gestorben, um uns Menschen das Leben zu retten.

Ist Jesus ein bisschen so wie du, Mike?

Wenn überhaupt, dann bin ich ein bisschen so wie Jesus. Er hat für mich echt alles gegeben. Deshalb will ich ihm immer ähnlicher werden.

Und er ist gestorben, um dir das Leben zu retten? Wovor?

Ja, eher nicht vor einem Krokodil oder Kaiman. Davor, für immer von Gott getrennt zu sein.

Damit das völlig klar wird, hat Gott Jesus sogar wieder lebendig gemacht. Aber das verdient eine eigene Geschichte.

Cool, freue mich schon drauf.

Erzählst du uns jetzt deine Geschichte, Phil?

Eigentlich kann ich das schon machen. Also, als ich den Motor aus dem Handel…

Philipp lässt kein Detail aus. Er will jetzt offen mit seinen Freunden sein. Deshalb erzählt er von Jonas' tollem Angebot für den Elektromotor, vom kaputten Rasenmäher und dem Zusammenstoß mit Jonas' Vater. Und den hohen, hohen Schulden.

Jonas hatte mich angelogen, sein Vater wollte den Rasenmäher ganz normal weiter benutzen. Aber ich war es ja, der ihn kaputt gemacht hat und nichts gesagt hat.

Mir war richtig schlecht, als er sagte, wie teuer die Reparatur wird und die Reinigung von seinem Anzug. So viel Geld hatte ich noch nie.

Und dann?

Jonas' Vater war richtig wütend auf mich. Er hat sich gar nicht mehr eingeregelt und wurde total laut.

Oh, das klingt ja fast gefährlich.

Ich wusste überhaupt nicht, was ich machen soll. Und dann kam auf einmal Mike. Er hat sich voll für mich eingesetzt und hat alles bezahlt.

Das Geld gebe ich dir irgendwann zurück, Mike, versprochen.

Na, das hatten wir doch geklärt, Phil. Deine Schulden sind bezahlt, und ich will kein Geld von dir. Sei bitte in Zukunft einfach umsichtiger, wenn du dich auf einen Deal einlässt.

Ja, auf jeden Fall. Aber warte mal, woher hast du denn jetzt den Elektromotor? Jonas' Vater wollte den doch sicher wieder haben.

Hä, was war das?

Was denn?

Doch, Toni antwortet nicht, sondern steht auf und geht rüber zum Doppeldecker.

Was wird das, wenn's fertig ist?

Fass mich nicht an! Finger weg vom Doppeldecker!

Hey, mach doch gar nichts, immer schnell locker bleiben!

Lass mich raten, Jonas?

Ja?

Bitte klopf beim nächsten Mal an, wenn du mich besuchen willst.

Ich wusste nicht, dass die Ihnen, also eigentlich wollte ich mit Philipp reden.

Ja, genau. Jetzt setz dich erst mal und nimm dir einen Cookie. Ich geh kurz rein zu Gudrun und hol dir eine Teetasse.

Was?

Etwas unsicher nimmt Jonas die Einladung an und setzt sich zu den anderen. Zunächst herrscht betretenes Schweigen. Die Crew beäugt Jonas misstrauisch, und er sie.

Nach ein paar holprigen Versuchen kommen sie aber doch ins Gespräch.

Jonas hatte es nicht immer leicht, weil sein Vater sehr streng ist. Jonas hatte selbst Schulden gemacht und sich nicht getraut, mit ihm darüber zu reden. Aus Angst vor einer Strafe wollte er irgendwie an Geld kommen.

Deshalb hatte er so heftig reagiert, als Philipp nicht zahlen konnte. Die Gartengeräte verkaufte Jonas, weil er dachte, dass das bestimmt nicht auffiele. Sein Vater hat ihn hart bestraft, nachdem er das alles herausfand.

Das tut mir super leid, dass ihr so einen schlimmen Streit hattet.

Muss ich halt mit leben.

Sorry, Stree, mein Philipp, hätte ich nicht an dir rauslassen sollen. Ich habe auch nichts kaputt gemacht an einem Flugzeug. Ihr habt mich ja vorher entdeckt.

Danke, Jonas. Als Mike alles bezahlt hat, war dein Vater auch richtig nett zu uns. Er hat uns sogar einen anderen, älteren Elektromotor geschenkt.

Ach so!

Du solltest auch noch mal mit deinem Vater reden, Jonas. Auch wenn ihr es manchmal schwer miteinander habt, lass du nicht zu, dass etwas zwischen euch steht. Und wenn du was ausgefressen hast, dann entschuldige dich dafür.

Ja, kann ich vielleicht mal versuchen.

Also ganz ehrlich, Marie, dein Onkel ist ein echt cooler Typ. So einen hätte ich auch gern.

Wenn du magst, kannst du uns ja mal wieder besuchen. Wir wollen den Doppeldecker hier drin aufhängen, du kannst gern mithelfen.

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