Ankunft und Einführung zum Thema
Grüßen Sie heute Abend! Ich bin gerade mit dem Zug aus Köln angekommen. Nach Köln bin ich heute Mittag von Zürich geflogen.
Ich bin jetzt auf einer Reise, die drei Wochen dauern wird. Die erste Woche darf ich hier bei Ihnen verbringen, die zweite Woche bin ich in Daun, und die dritte Woche in Neuwied-Urbach. Danach geht es wieder nach Hause.
Ich freue mich, dass wir uns nach einem Jahr wiedersehen dürfen. Wir haben ein schönes Thema für diese Woche: den Römerbrief, die Kapitel sechs bis acht. Vielleicht steigen wir gleich ein.
Wie lange habe ich Zeit? Eine Stunde? Ist das gut? Vielleicht sage ich ein paar einleitende Worte zum Römerbrief.
Überblick über den Römerbrief und seine Bedeutung
Im Römerbrief haben wir einen klassischen Lehrbrief vor uns. Das bedeutet, er ist ganz systematisch aufgebaut und eignet sich besonders gut für den Unterricht in der Bibelschule. Dieser Brief ist nicht stark an eine konkrete Situation gebunden. Paulus möchte mit ihm seine Lehre, sein Evangelium erklären.
Paulus war zu diesem Zeitpunkt noch nie in Rom. Der Römerbrief dient als Vorbereitung für einen geplanten Besuch in Rom. Eine Schwester namens Phöbe reiste dorthin. Sie stammte aus Korinth, genauer gesagt aus dem Hafenort Kenchrea. Der Römerbrief wurde ihr mitgegeben.
Im letzten Kapitel erwähnt Paulus diese Schwester Phöbe und bittet die Geschwister in Rom, sie aufzunehmen. Er möchte sie besonders empfehlen. In Kapitel 16, Vers 1 schreibt er: „Ich empfehle euch unsere Schwester Phöbe, die eine Dienerin der Gemeinde in Kenchrea ist, dass ihr sie bei euch aufnehmt im Herrn.“
So wurde der Römerbrief dieser Schwester mitgegeben. Die Kapitel 1 bis 15 bilden vor allem einen systematischen Lehrbrief über das Evangelium.
Heute lesen wir daher in Römer 1, Vers 16, wo Paulus das Thema zusammenfasst: „Ich schäme mich nicht des Evangeliums von Christus, denn es ist Gottes Kraft zur Rettung für jeden, der glaubt, dem Juden zuerst und auch dem Griechen. Denn darin wird die Gerechtigkeit Gottes offenbart – aus Glauben für Glauben, wie geschrieben steht: ‘Der Gerechte wird aus Glauben leben.’“
Das Thema Gerechtigkeit Gottes und seine Bedeutung
In diesen Versen im ersten Kapitel zeigt der Apostel schon das Thema an, worum es in diesem Brief geht. Es geht um die Gerechtigkeit Gottes, das heißt die Frage: Wie bekommt man die Gerechtigkeit Gottes?
Wir verstehen das manchmal etwas schwer, weil das Wort Gerechtigkeit nicht so geläufig ist. Würden wir stattdessen fragen: Wie wird man gerettet?, dann verstehen wir es besser. Wie bekommt man also die Gerechtigkeit Gottes?
Das Wort Gerechtigkeit wird sehr oft im Römerbrief verwendet. Dabei ist das Wort „gerecht“ nicht so zu verstehen, wie wir es manchmal im Alltag verwenden. Wenn Kinder zum Beispiel Äpfel verteilen und ein Kind sagt: „Das ist nicht gerecht, der hat zwei Äpfel bekommen und ich nur einen“, dann ist das eine andere Bedeutung von gerecht.
Hier wird das Wort gerecht so verwendet, wie Gott es ursprünglich meint. Gerecht heißt nämlich richtig vor Gott, Recht vor Gott. Gerecht ist das Gegenteil von sündig. Ungerecht ist sündig, und gerecht ist Gott wohlgefällig.
Die Frage lautet also: Wie werde ich ein Mensch, der Gott wohlgefällt? Wie wandelt man so, dass man dem Gesetz Gottes entspricht? Die Juden haben von Gott das Gesetz bekommen, und das Gesetz war der Maßstab, wie sie leben sollten. Sie haben versucht, so zu leben. Doch das Gesetz hat ihnen immer mehr gezeigt, dass sie Sünder sind und ungerecht.
Durch das Gesetz erkannten sie, dass sie sündig sind. Wie wird man also gerecht vor Gott? Wie wird man so ein Mensch, der Gott wohlgefällt? Der Apostel Paulus erklärt im Römerbrief, wie man gerecht wird.
Er sagt: Durch das Evangelium. Er schämt sich nicht des Evangeliums, denn das Evangelium ist die Kraft Gottes zur Rettung jeden Menschen, der glaubt. Darin wird Gottes Gerechtigkeit offenbart – aus Glauben zu glauben.
Das bedeutet: Nicht durch das Gesetz wird man gerecht, sondern durch den Glauben wird man gerecht. Aus Glauben zu glauben heißt, man beginnt mit Glauben und setzt fort mit Glauben. So wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben.
Das ist die Lehre des Apostels und die Lehre des Evangeliums: Man wird gerecht aus Glauben.
Aufbau und Hauptteile des Römerbriefs
Paulus geht in diesem Brief ganz systematisch vor. Im Römerbrief erklärt er Kapitel für Kapitel das Thema Gerechtigkeit. Er beginnt in Kapitel 1, Vers 18. Das erste Kapitel, von Vers 1 bis Vers 17, ist noch eine Einleitung.
Dann beginnt der erste Hauptteil, von Kapitel 1, Vers 18 bis Kapitel 3, Vers 20. Insgesamt gibt es fünf Hauptteile in diesem Brief. Im ersten Hauptteil zeigt Paulus, dass der Mensch keine Gerechtigkeit besitzt, dass der Mensch ungerecht ist und Rettung braucht. Er ist ein Sünder.
Paulus geht langsam vor und zeigt, dass jeder Mensch sündig ist und keiner vor Gott gerecht werden kann – weder durch eigene Werke noch aus eigener Kraft. Alle Menschen fallen durch, weil sie Sünder sind.
In Kapitel 3, Vers 10 heißt es: „Es ist keiner, der gerecht ist, wie geschrieben steht: Es ist keiner, der gerecht ist, es ist keiner, der verständig ist, auch nicht einer. Es ist keiner, der nach Gott sucht; alle sind abgeirrt, sie alle sind unbrauchbar geworden. Es ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer.“
Paulus kommt zu dem Schluss, dass der Mensch aus eigener Kraft und durch eigene Werke niemals vor Gott bestehen kann. In Vers 19 schreibt er: „Aber wir wissen, dass alles, was das Gesetz sagt, es denen sagt, die unter dem Gesetz sind, damit jeder Mund verschlossen wird und die ganze Welt Gott schuldig ist.“
Jeder Mensch steht unter einem Gesetz. Besonders die Juden, die das Gesetz Mose erhalten haben. Aber auch Menschen ohne das mosaische Gesetz haben ein Gesetz – es ist in ihren Herzen geschrieben. Das Gewissen meldet sich und sagt ihnen zum Beispiel: „Das ist Lüge, du darfst nicht lügen“ oder „Das ist Diebstahl, du darfst nicht stehlen“ oder „Du darfst den anderen Menschen nicht töten.“ Das Gewissen weist jeden Menschen auf das Gesetz hin.
Jeder Mensch trägt das Werk des Gesetzes in sich. Das Ziel des Gesetzes wird im Menschen durch eine innere Stimme wach, die ihm sagt, dass er ein Sünder ist. Gott hat das Gewissen in den Menschen hineingelegt.
Darüber spricht Paulus auch in Kapitel 2, auf das ich hier nicht näher eingehe.
Zusammenfassend zeigt der erste Teil des Römerbriefs, von Kapitel 1, Vers 18 bis Kapitel 3, Vers 20, dass der Mensch sündig ist und Heil, also Rettung, braucht.
Rechtfertigung durch Glauben und die Gnade Gottes
Im zweiten Teil, in Kapitel 3 ab Vers 21 bis Kapitel 5, erklärt Paulus, wie man gerettet wird. Rettung und Rechtfertigung kommen nur durch den Glauben an Jesus Christus.
Vers 21 lautet: „Nun aber ist ohne Gesetz Gottes Gerechtigkeit geoffenbart worden, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten.“ Gottes Gerechtigkeit wird durch den Glauben an Jesus Christus für alle offenbart, die glauben. Denn es gibt keinen Unterschied: Alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes. Sie werden geschenkweise gerechtfertigt durch die Gnade, durch die Erlösung, die in Jesus Christus ist.
Hier spricht Paulus von der herrlichen Tatsache, dass Gott seinen Sohn gesandt hat, der für uns gestorben ist. Dadurch werden wir durch den Glauben an ihn und an das, was er für uns getan hat, gerechtfertigt – geschenkweise gerechtfertigt. Das bedeutet, Gott schenkt uns die Gerechtigkeit Jesu Christi, das, was der Herr Jesus für uns vollbracht hat. Dies geschieht kostenlos; es ist nichts zu bezahlen. Die Gerechtigkeit Gottes kann man nur geschenkt bekommen.
Sie wird geschenkweise gerechtfertigt durch seine Gnade. Gnade bedeutet Geschenk. Wenn Gott etwas schenkt, dann ist es Gnade. Wenn es nicht mit Bedingungen verbunden ist, dann ist es Gnade.
Im Römerbrief erklärt Paulus in Kapitel 3 ab Vers 21 sowie in Kapitel 4 und 5, wie man vor Gott gerechtfertigt wird. Gott rechnet uns die Gerechtigkeit Jesu an. Das bedeutet, es findet ein Tausch statt: Ich darf ihm meine Sünden und meine Ungerechtigkeit geben, und er schenkt mir seine Gerechtigkeit. Juristisch gesehen ist das so, als ob man vor einem Richter steht. Ich werde so gerecht gesprochen, als ob ich nie gesündigt hätte.
Stellen Sie sich das vor: Das ist Vergebung. Gott sagt, ich gebe dir jetzt die Gerechtigkeit Jesu Christi. Ich schenke dir deine Sünden und vergebe sie. Du musst die Strafe nicht absitzen und nicht erleiden. Die Strafe wäre der ewige Tod, die ewige Trennung von Gott.
In Jesus Christus erhalten wir Rechtfertigung. Das heißt, Gott spricht uns gerecht, er sieht uns so an, als ob wir gerecht wären. Er gibt uns das Leben des Herrn Jesus. Wir hatten den Tod verdient, doch wir bekommen das Leben.
In Kapitel 3 und 4 wird dies erklärt. In Kapitel 4 betont Paulus, dass die Rechtfertigung nicht durch Werke geschieht, sondern nur durch Glauben, nicht durch das Gesetz, sondern allein durch Glauben.
In Kapitel 5 geht Paulus noch einmal darauf ein, was die Folgen der Rechtfertigung sind. Vers 1 lautet: „Sind wir also gerechtfertigt aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott.“ Wenn wir also gerechtfertigt sind, haben wir Frieden in unserer Beziehung zu Gott durch unseren Herrn Jesus Christus. Durch ihn haben wir durch den Glauben Zutritt zu der Gnade, in der wir stehen.
Hier beschreibt Paulus die Auswirkungen der Rechtfertigung: Wir haben Frieden und Zutritt zu dieser Gnade durch den Glauben. Wir haben Zutritt zu Jesus Christus, zu Gott und zu all seinen Geschenken. Wir stehen jetzt in Gunst bei Gott. Wir sind an die Stelle des Herrn Jesus getreten. Er ist der einzige Mensch, der Gunst bei Gott hat. Doch wegen ihm dürfen auch wir begünstigt sein.
Das ist vergleichbar mit der Geschichte von Mephibosheth, dem Sohn von Jonathan (2. Samuel 9). Mephibosheth war von Geburt an lahm. Als kleines Kind stürzte er und fiel bei der Flucht. Er wird vor den König gebracht, und der König sagt: Du darfst jeden Tag deines Lebens am Tisch des Königs sitzen und essen. Er weiß gar nicht, wie er dazu kommt – es wird ihm einfach geschenkt. Und warum? Wegen Jonathan, weil Jonathan sein Vater war.
So wird Mephibosheth ein Günstling des Königs, nicht aus Verdienst, sondern nur aus Gnade, aus Geschenk. Ebenso darf jeder Gläubige wegen Jesus in Gunst bei Gott stehen. Wir haben Frieden mit Gott.
Weiter heißt es in Kapitel 5, Vers 2: „Und wir rühmen uns aufgrund der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes.“ Das bedeutet, wir haben große Zuversicht, dass wir bei Gott angenommen sind und dass er uns eines Tages in Herrlichkeit aufnehmen wird. Wir werden die Herrlichkeit Gottes empfangen. Wir rühmen uns aufgrund der Hoffnung, also aufgrund dieses zukünftigen Ereignisses, dass wir die Herrlichkeit Gottes erlangen.
Vers 3 sagt: „Aber nicht nur das, sondern auch in den Bedrängnissen rühmen wir uns, da wir wissen, dass Bedrängnis Ausdauer bewirkt.“ Paulus erklärt hier, dass wir eine wunderbare Ausgangsposition haben. Wir dürfen zuversichtlich und mit großer Freude in Bezug auf Gott leben. Alles, was uns geschieht, geschieht zum Guten für uns. Alles, was geschieht, bewirkt etwas Gutes in uns.
Davon spricht Paulus später auch noch in Römer 8. Hier jedoch hat er etwas ganz Allgemeines über das Heil gelehrt – in den Kapiteln 3, 4 und 5 – wie man gerettet wird und was das Ergebnis ist: Wir haben Frieden mit Gott, eine herrliche Hoffnung, Zugang zu Gott und eine herrliche Zukunft.
Die Auswirkung der Sünde und der Tod in der Menschheit
In Kapitel 5, Vers 12 spricht Paulus ein weiteres Thema an, das ebenfalls zum Thema Sünde gehört: den Tod und die Sünde. Dort heißt es, dass durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen sei und durch die Sünde der Tod. Auf diese Weise sei der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil alle gesündigt hätten.
Paulus erklärt hier, dass die Folge der Sünde der Tod ist. Der Tod ist in die Menschheit eingezogen – nicht nur in den Körper, sondern auch geistlich. Geistlich gesehen sind die Menschen wie tot; sie haben nicht das Leben Gottes. Der Tod hat sich auf alle Menschen ausgebreitet. Das bedeutet nicht nur, dass jeder Mensch sterben muss, sondern auch, dass jeder Mensch innerlich von Gott entfremdet ist. Innerlich ist etwas geschehen, das die Menschen zum Sündigen zieht.
Man braucht nur kleine Kinder zu beobachten. Irgendwann merkt man, dass sie nicht nur lieb sind, sondern dass etwas in ihnen steckt, das nicht lieb ist. In jedem Kind wohnt ein Hang, eine Neigung zum Bösen. Diese Neigung ist in jedem Menschen seit dem Sündenfall Adams vorhanden. Auch in dieser Weise hat der Tod in den Menschen gewirkt, und uns zieht es zum Sündigen hin. Nachdem Adam gesündigt hat, haben alle Menschen gesündigt, weil der Tod in die Menschen eingezogen ist.
Paulus schreibt dann über das, was durch Adam geschehen ist: Durch die eine Sünde Adams sind alle Menschen zu Sündern geworden. Das heißt, sie haben eine Neigung zum Sündigen.
Was ist ein Apfelbaum? Vielleicht denken manche, ein Apfelbaum ist ein Baum, auf dem Äpfel wachsen. Aber ist das wirklich so? Was ist mit dem Apfelbaum im Winter? Da sind keine Äpfel dran. Ist er dann kein Apfelbaum mehr? Natürlich ist er es. Ein Apfelbaum ist ein Baum, der irgendwann Äpfel bringt. Es steckt in ihm drinnen, dass er Äpfel hervorbringt.
Der Apfelbaum ist nicht deshalb ein Apfelbaum, weil Äpfel dran sind, sondern weil er Äpfel hervorbringt. Ebenso ist der Mensch ein Sünder. Er bringt Sünde hervor. Man sieht es nicht immer sofort, aber er sündigt, weil er ein Sünder ist. Nicht der Mensch ist ein Sünder, weil er sündigt, sondern er sündigt, weil er ein Sünder ist. Der Apfelbaum bringt Äpfel, weil er ein Apfelbaum ist.
Das Problem der Sünde wird hier in Römer 5, im zweiten Teil, angesprochen. Es geht um das Ergebnis des Sündenfalls Adams für uns alle Menschen.
Vielleicht ist Ihnen beim Lesen des Römerbriefes aufgefallen, dass Paulus ab Kapitel 5, Vers 12 von „Sünde“ in der Einzahl spricht, nicht mehr von „Sünden“. Vorher spricht er von „Sünden“ – das sind einzelne Taten, Worte oder Gedanken, also einzelne Sünden. Aber ab Kapitel 5, Vers 12 spricht er von der Sünde in der Einzahl. Das zeigt, dass es hier um etwas anderes geht. Es geht nicht um einzelne Sünden, sondern um ein tieferes Problem.
Das tiefere Problem ist, dass die Sünde eine Kraft ist, ein Prinzip in uns, eine Neigung zum Sündigen. Wenn ich zum Beispiel einen Kugelschreiber loslasse, zieht es ihn nach unten. Das passiert immer wieder. Deshalb sagen wir, dass eine Kraft nach unten wirkt. Diese Kraft nennen wir in der Physik Schwerkraft.
Der Kugelschreiber ist schwerer als Luft, deshalb wird er von der Erde angezogen und fällt nach unten. Weil das immer so passiert, sprechen wir vom Schwerkraftgesetz. Das ist ein Prinzip, das fast immer gilt. Im luftleeren Raum wäre das anders, aber auf der Erde unter normalen Bedingungen gilt dieses Gesetz.
Mit der Sünde ist es ähnlich. Die Sünde ist ein Kraftgesetz, das heißt, sie zieht immer nach unten. In uns wirkt eine Kraft, die uns zum Sündigen zieht. Das ist das Thema.
In den Kapiteln 6 bis 8 des Römerbriefes geht es besonders um dieses Thema. Wir wollen diese Kapitel in dieser Woche genauer betrachten, denn sie sind sehr wichtig. In Kapitel 5 wird schon der Grund gelegt. Paulus erklärt dort, dass durch den Sündenfall Adams in unserem Menschsein etwas geschehen ist: Es ist eine Kraft oder Tendenz eingezogen, die uns zum Sündigen zieht. Das ist das Gesetz der Sünde.
Paulus sagt einfach nur „Sünde“. Man könnte auch „Sündengesetz“ oder „Sünden-Kraft“ sagen, aber er verwendet das Wort „Sünde“. Die Sünde kam in die Welt, und deshalb sündigen wir immer wieder. Diese Tendenz, diese Neigung zum Sündigen, hört nicht auf.
Da könnte man fragen: Was soll man tun, wenn das nicht aufhört? Wir möchten ja, dass das aufhört. Es gibt eine Lösung, aber die will ich jetzt noch nicht verraten. Wir wollen es ein bisschen spannend machen.
In Kapitel 8 finden wir die Lösung. In Römer 8 gibt es die große Antwort auf das Problem. In den Kapiteln 6 und 7 baut Paulus das Problem auf, und in Kapitel 8 folgt die Antwort.
Also geht es um das Sündenproblem. In den Kapiteln 6 bis 8 geht es um die Frage, wie sich die Rettung praktisch in unserem Leben auswirken kann und wie wir mit der Sünde fertigwerden können.
Die weiteren Hauptteile des Römerbriefs
In Kapitel neun, zehn und elf folgt dann der vierte Teil im Römerbrief. Dieser umfasst die Kapitel neun bis elf.
Der erste Teil des Briefes reicht von Kapitel eins, Vers achtzehn bis Kapitel drei, Vers zwanzig. Der zweite Teil umfasst Kapitel drei, Vers 21 bis Kapitel fünf. Der dritte Teil erstreckt sich über Kapitel sechs bis acht. Der vierte Teil umfasst die Kapitel neun bis elf.
In diesem Abschnitt geht es um die Frage nach der Zukunft Israels, um die Verwerfung Israels und darum, wie es mit den Verworfenen aussieht. Haben sie keine Hoffnung mehr oder doch? Diese Frage wird dort behandelt. Können sich Juden überhaupt noch bekehren, oder wie ist das eigentlich? Darauf geht der Verfasser sehr deutlich ein.
Der fünfte Teil umfasst die Kapitel zwölf bis fünfzehn. Hier geht es um die ganz konkreten Auswirkungen. Es wird thematisiert, wie wir jetzt leben sollen und was wir zu tun haben. Es ist also sehr, sehr praktisch.
Nun zurück zu den Kapiteln sechs bis acht. Diese drei Kapitel – Römer 6, 7 und 8 – möchten wir uns in dieser Woche näher anschauen.
Thematische Einführung zu Römer 6 bis 8
In Römer 6 wird die Frage gestellt: Was werden wir also sagen? Sollen wir bei der Sünde bleiben, damit die Gnade zunimmt? Hier geht es um die Beziehung zwischen der Gerechtfertigung und der Sünde. Wie geht Paulus damit um? Soll man weiterhin sündigen oder nicht? Und warum nicht?
In Kapitel 7 geht es um die Frage der Gerechtfertigung und das Gesetz. Welche Rolle spielt das Gesetz?
In Kapitel 8 schließlich wird die Frage behandelt, wie Gerechtfertigte mit dem Heiligen Geist leben. Welche Rolle spielt der Heilige Geist in unserem Leben? Und wie hilft er uns, über das Sündige zu siegen?
Römer 6,1 lautet: Was werden wir also sagen? Sollen wir bei der Sünde verbleiben, damit die Gnade zunimmt? Das sei ferne! Wie können wir, die wir der Sünde gestorben sind, noch in ihr leben?
Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft wurden? Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod, damit wir, wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten erweckt wurde, auch in einem neuen Leben wandeln.
Denn wenn wir mit ihm in der Ähnlichkeit seines Todes verbunden sind, werden wir es auch in der Auferstehung sein. Wir wissen, dass unser alter Mensch mit ihm mitgekreuzigt wurde, damit der Leib der Sünde außer Wirksamkeit gesetzt wird. So sollen wir der Sünde nicht länger Sklavendienst leisten.
Denn wer gestorben ist, ist von der Sünde gerechtfertigt worden. Wenn wir aber mit Christus gestorben sind, glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden. Wir wissen, dass Christus, nachdem er von den Toten auferweckt wurde, nicht mehr stirbt. Der Tod hat keine Macht mehr über ihn.
Denn was er gestorben ist, hat er für die Sünde ein für allemal gestorben. Was er aber lebt, lebt er für Gott. So sollt auch ihr euch selbst als tot für die Sünde rechnen, aber lebendig für Gott in Christus Jesus, unserem Herrn.
Lasst also die Sünde nicht in eurem sterblichen Leib herrschen, um seinen Lüsten zu gehorchen. Stellt auch nicht eure Glieder der Sünde als Waffen der Ungerechtigkeit zur Verfügung. Stattdessen stellt euch selbst Gott zur Verfügung als Lebende aus den Toten und eure Glieder als Waffen der Gerechtigkeit.
Gott wird euch dann als Waffen der Gerechtigkeit zur Verfügung stehen. Denn die Sünde wird nicht Herr über euch sein, weil ihr nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade seid.
Die Frage nach dem Leben in der Sünde und die Antwort Paulus’
Paulus formuliert oft lange Sätze und manchmal auch etwas komplexe Gedanken. Doch wenn wir die Verse langsam lesen, wird das Verständnis leichter. In diesem Abschnitt wird eine Frage gestellt: „Was sollen wir sagen? Sollen wir bei der Sünde verharren, damit die Gnade zunimmt?“ Darauf folgt eine kurze Antwort: „Das sei ferne!“ Anschließend gibt es eine ausführliche Erklärung, die von der Mitte des Verses 2 bis Vers 10 reicht. Ab Vers 11 folgt eine Schlussfolgerung. Schauen wir uns das genauer an.
Zuerst wird die Frage gestellt: Sollen wir weiterhin in der Sünde leben, also bei der Sünde verbleiben? Manche stellen diese Frage tatsächlich. Sie meinen: Wenn wir durch Gnade gerettet sind und alles ein Geschenk Gottes ist, können wir dann nicht noch mehr sündigen? Denn je mehr wir sündigen, desto mehr kann Gott uns vergeben, und so wird die Gnade umso größer. Wo viel Dunkelheit ist, kann viel Licht hineinkommen. Wenn die Wäsche sehr schmutzig ist, sieht man beim Waschen umso deutlicher, wie weiß sie danach wird. Also sollten wir noch wütender sündigen, damit die Reinheit der Vergebung umso klarer wird. Da alles geschenkt ist, so denken manche, können wir ja weiterhin sündigen – es macht ja nichts, weil wir die Gnade in Jesus Christus haben. Er hat uns alles vergeben, also können wir weitermachen.
Paulus geht auf diese Frage ein. Er weiß natürlich, dass vielen Christen klar ist, dass man nicht sündigen soll. Doch er stellt die Frage bewusst, um die Christen zum Nachdenken anzuregen: Wenn wir aus Gnade gerettet sind, sollen wir dann bei der Sünde bleiben, damit die Gnade zunimmt? Die Antwort lautet klar: Nein, natürlich nicht. Doch warum nicht? Nun folgt die Erklärung.
Paulus zeigt, dass die Botschaft von der Rechtfertigung aus Gnade nicht das Sündigen fördert. Im Gegenteil: Sie fördert das Überwinden der Sünde, den Sieg über die Sünde. Die kurze Antwort heißt daher: „Das sei ferne!“ Es wäre ein schlimmes Missverständnis zu glauben, das Evangelium fördere das Sündigen.
Jetzt folgt die ausführliche Antwort in den Versen 2 bis 10. Paulus erklärt, warum ein Leben in der Sünde für uns nicht mehr in Frage kommt. Er gibt mehrere Argumente. Zunächst sagt er: In der Sünde zu leben kommt nicht in Frage, weil wir gestorben sind. Er fragt: „Wie werden wir, die wir der Sünde gestorben sind, noch in ihr leben?“ Ein Leben in Sünde ist unmöglich, denn wir sind gestorben – und zwar deshalb, damit wir nicht mehr der Sünde Sklavendienst leisten, sondern für Gott leben. Wir sind gestorben in Bezug auf unseren alten Herrn, die Sünde.
Der erste Satz lautet also: Es wäre unsinnig, für etwas zu leben, in Bezug auf das man gestorben ist. Wie sollen wir noch in der Sünde leben, wenn wir der Sünde gestorben sind? Wir sind gestorben.
Nun fragt man sich: Wann bin ich denn gestorben? Ich lebe doch noch. Wann ist das passiert? Jesus sagt: Du bist vor zweitausend Jahren gestorben. Paulus sagt das auch: Du bist vor zweitausend Jahren gestorben, weil Jesus an deiner Stelle gestorben ist. Wenn er an deiner Stelle gestorben ist, gilt sein Sterben als dein Sterben, sein Tod als dein Tod. Du bist rechtlich tot. Das ist eine juristische Sichtweise.
Der Tod Jesu Christi war ein stellvertretender Tod. Wenn jemand an der Stelle eines anderen stirbt, gilt der andere rechtlich als tot. Ein Beispiel aus dem amerikanischen Bürgerkrieg verdeutlicht das: Ein Bauer, der viele Knechte hatte, erhielt den Einberufungsbefehl zum Krieg. Er stellte den Antrag, einen Knecht an seiner Stelle an die Front zu schicken, da er als wichtiger Bauer seine Soldaten unterstützte. Das wurde genehmigt. Der Knecht zog in den Krieg und fiel. Als der Bauer erneut zum Dienst eingezogen werden sollte, zeigte er das Dokument vor, das besagte, dass der Knecht an seiner Stelle gestorben war. Rechtlich war der Bauer somit tot und musste nicht mehr kämpfen.
Genauso ist es mit dem Tod Jesu: Wenn Jesus an meiner Stelle gestorben ist, bin ich rechtlich tot. Das ist das Argument von Paulus. Es wäre unsinnig, für etwas zu leben, in Bezug auf das man tot ist.
Der Grund, warum wir der Sünde nicht mehr dienen müssen, ist, dass Jesus an unserer Stelle gestorben ist. Wir sind mit ihm gestorben, wir sind tot. „Wenn einer für alle gestorben ist, dann sind alle gestorben“, heißt es in 2. Korinther 5,14. Wir gelten also als gestorben in Bezug auf die Sünde.
Das war das Thema, denn Jesus ist für unsere Sünde gestorben. Nicht nur für die vielen einzelnen Sünden, die wir begangen haben, sondern auch für die Sünde als Kraft, als Herrscher in unserem Leben. Paulus spricht hier personifizierend, als wäre die Sünde ein Mensch, der Befehle gibt: „Du musst mir dienen, sündigen, meinen Lüsten gehorchen.“ Paulus sagt, wir müssen diesem alten Herrn, der Sünde heißt, nicht mehr gehorchen, denn wir gelten als tot. Dieser Tod geschah vor zweitausend Jahren und zwar durch Kreuzigung. Nicht durch Köpfen, Erhängen oder Ertränken, sondern durch Kreuzigung. Christus wurde gekreuzigt, und seine Kreuzigung gilt als meine Kreuzigung. Ich bin tot, damals gestorben mit Christus und in Christus. Das gilt für mich heute, seit ich an Jesus Christus glaube und ihn als meinen Stellvertreter angenommen habe.
Das ist das Erste, was Paulus sagt. Vers 2: Es wäre unsinnig, für etwas zu leben, in Bezug auf das man tot ist.
In Vers 3 fragt Paulus: „Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Jesus Christus getauft wurden, auf seinen Tod getauft wurden?“ Er sagt also, dass wir tot sind – und das haben wir in der Taufe bestätigt und gezeigt. Mit anderen Worten: Was habt ihr getan, als ihr ins Taufwasser eingetaucht seid? Ihr habt bekannt, dass ihr tot seid. Die Taufe ist ein Bild für eine Beerdigung. Sie ist das Zeugnis und die Bestätigung der Tatsache, dass Jesus für uns gestorben ist und dass wir deshalb gestorben sind.
Paulus sagt: Wenn ihr das nicht versteht, denkt an eure Taufe zurück. Ihr seid alle getauft worden und habt damit bezeugt, dass ihr tot seid. Man beerdigt nur Tote, nicht Lebende. Das Begräbnis zeigt, dass jemand gestorben ist. Das ist sichtbar für alle.
Man kann also voraussetzen, dass die Christen in Rom sich an ihre Taufe erinnern. Sie wurden auf den Tod Jesu Christi getauft, das heißt, auf Christus. Manche Übersetzungen sagen „in den Tod“, aber es sollte eigentlich „auf den Tod“ heißen.
In der Taufe gibt es vier Elemente: den Täufer, den Täufling, das Wasser und den Taufbezug. Auf was bist du getauft? Paulus fragt: Worauf seid ihr getauft? Der Taufbezug ist der Tod Jesu Christi. Ihr seid nicht „in den Tod“ getauft, sondern „auf den Tod“ – auf den Tod Christi in Bezug darauf, dass ihr beerdigt werdet, weil Christus gestorben ist. Deshalb könnt ihr diese Beerdigung sichtbar durchführen.
In 1. Korinther 1,13 fragt Paulus: „Ist Christus zerteilt worden? Wurde Paulus für euch gekreuzigt? Oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft?“ Er betont, dass wir nicht auf Paulus getauft sind.
In 1. Korinther 10,1-2 heißt es: „Unsere Väter wurden alle unter der Wolke hindurch durch das Meer geführt und alle auf Mose getauft.“ Auch hier steht „auf Mose“. Das bedeutet, Mose war ihr Führer. Sie wurden auf ihn getauft, machten sich mit ihm eins.
Genauso sind wir auf Christus getauft, auf seinen Tod. Wir haben uns mit seinem Tod eins gemacht, der jetzt als unser Tod gilt.
Zurück zu Römer 6: Es geht hier um die Wassertaufe. Vers 4 sagt: „Wir sind also mit ihm begraben worden durch die Taufe auf den Tod, auf den Tod Christi.“ Symbolisch natürlich, niemand wurde wirklich begraben, aber wir zeigen damit, dass wir tot sind. Wenn wir Christen sind, dann sind wir gestorben.
Vers 4 fährt fort: „Damit, gleichwie Christus von den Toten auferweckt wurde durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in einem neuen Leben wandeln sollen.“
In den Versen 4 bis 10 bringt Paulus den nächsten Gedanken: Wenn wir gestorben sind, getauft auf den Tod Jesu Christi, dann sind wir nicht nur gestorben, um tot zu sein. Jesus ist von den Toten auferstanden. So sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln.
Der Tod Jesu war nicht das Ende. Jesus ist auferstanden und lebt jetzt für Gott. So sollen auch wir jetzt für Gott leben. Es ist unlogisch, als Christ weiter zu sündigen. Du bist mit Christus gestorben in Bezug auf die Sünde und auferstanden, um für Gott zu leben. Du hast ein neues Leben bekommen.
Der Sinn und Zweck des Mitbegrabenseins in der Taufe ist der Wandel zu einem neuen Leben. Die Einheit mit dem Tod Christi bringt auch die Einheit mit seiner Auferstehung mit sich.
Vers 5 sagt: „Denn wenn wir mit ihm zusammengewachsen sind in der Gleichheit seines Todes, so werden wir es auch in der Gleichheit seiner Auferstehung sein.“ Wenn wir mit ihm gestorben sind, dann sind wir sicher auch mit ihm auferstanden. Das ist eine logische Folge.
Vers 6 führt aus: „Wir wissen, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt wurde, damit der Leib der Sünde außer Wirksamkeit gesetzt sei, damit wir der Sünde nicht länger Sklavendienst leisten.“
Paulus sagt: Wir wissen, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt wurde. Das bedeutet, rechtlich gesehen, sind wir gestorben in Bezug auf die Sünde. Unser alter Mensch ist das, was wir früher waren, unsere alte Lebensweise, unser früheres Denken, Reden und Handeln. Das haben wir abgelegt. Wir sind mit Jesus am Kreuz gestorben.
Wenn das rechtlich so ist, dann sollen wir uns auch so verhalten. Es ist nicht logisch, weiter so zu leben wie früher, als wir noch Sklaven der Sünde, unserer Lüste und Begierden waren.
Paulus fordert uns auf, entsprechend zu handeln. Wir sollen der Sünde nicht mehr dienen, denn unser Körper ist ein Leib der Sünde. Immer wieder sündigen wir, mit der Zunge, den Augen, der Hand oder dem Temperament. Doch wir sind nicht mehr Sklaven der Sünde.
Der Apostel möchte zeigen, wie unlogisch es ist, als Christ weiterhin der Sünde zu dienen. Vielleicht sagst du: „Ich sündige leider immer wieder.“ Das behandelt Paulus später in Kapitel 7 und 8. Zunächst zeigt er nur, wie unlogisch es ist, sich der Sünde hinzugeben.
Er sagt: Ich bin mit Christus gekreuzigt worden. Das ist meine rechtliche Stellung vor Gott. Das heißt nicht, dass ich nicht mehr sündigen könnte. Meine Erfahrung zeigt mir immer wieder, dass ich sündigen kann, wenn ich wollte. Ich könnte alle Sünden wieder tun, die ich früher getan habe.
Warum? Weil in mir das Fleisch ist, das zieht mich zur Sünde hin. Das Fleisch wurde nicht wiedergeboren. Neu hinzugekommen ist der Heilige Geist, der Kraft gibt. Doch von dieser Kraft spricht Paulus erst in Kapitel 8. Zuerst muss er noch etwas klären.
Die Zeit ist nun um. Wir müssen morgen weiter darüber nachdenken. Vielleicht lest ihr bis dahin schon Römer 6 und 7, dann seid ihr etwas vorbereitet.
Vielen Dank. Nun könnten wir eine Gebetszeit machen. Danach stehen wir zum Gebet auf.
