5 Ab Vers 13 bis Vers 22
Freiheit und Leben im Geist
Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder. Nutzt diese Freiheit jedoch nicht als Anlass für das Fleisch, sondern dient einander durch die Liebe.
Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Wenn ihr aber einander beißt und fresset, so achtet darauf, dass ihr nicht voneinander verzehrt werdet.
Ich sage aber: Wandelt im Geist, so werdet ihr die Lust des Fleisches nicht erfüllen. Denn das Fleisch begehrt gegen den Geist auf, und der Geist gegen das Fleisch. Diese sind einander entgegengesetzt, damit ihr nicht das tut, was ihr wollt.
Wenn ihr aber durch den Geist geleitet werdet, seid ihr nicht unter dem Gesetz.
Offenbar sind aber die Werke des Fleisches: Unzucht, Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Hader, Eifersucht, Zornausbrüche, Streiterei, Zwistigkeiten, Parteiungen, Neiderei, Trinkgelage, Völlerei und dergleichen.
Von diesen sage ich euch im Voraus, wie ich auch vorhergesagt habe, dass die, die solches tun, das Reich Gottes nicht ererben werden.
Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit.
Die Realität der Sucht in der Gesellschaft
Wir hören noch zwei weitere Lieder vom Singethem. Wenn wir das Wort Sucht hören, denken wir wahrscheinlich zuerst an die Drogenabhängigen, die irgendwo auf der Straße liegen, ihre harten Drogen spritzen und irgendwann einmal tot in einer Bahnhofstoilette aufgefunden werden.
Tatsächlich sind sehr viele Menschen abhängig von Drogen und süchtig danach. In Deutschland, in den sogenannten alten Bundesländern, rechnet man damit, dass etwa zwischen 1,5 und 2,5 Millionen Menschen von Drogen abhängig sind. Weltweit nehmen etwa 50 Millionen Menschen regelmäßig Rauschgift. Der Umsatz liegt jährlich zwischen 900 Milliarden und 1450 Milliarden D-Mark.
Daran sieht man, dass Drogen und Sucht nicht nur etwas sind, was in einem kleinen Bereich am Rande der Gesellschaft stattfindet. Sucht und Drogen sind etwas, das tagtäglich um uns herum geschieht und die Welt um uns herum beeinflusst.
Moderner und vor allem bei jungen Leuten weiter verbreitet sind sogenannte Bio- oder Designer-Drogen, die auf Technopartys konsumiert werden. Eines der bekanntesten Beispiele ist Ecstasy. Vielleicht habt ihr schon davon gehört. Wie viele Jugendliche diese Drogen nehmen, wie viele davon abhängig sind und geschädigt werden, ist bis heute unbekannt.
Die häufigste Suchterscheinung sind wahrscheinlich die Alkoholkranken. Es gibt nur Schätzungen, aber man rechnet damit, dass in der Bundesrepublik pro Kopf und Jahr etwa 175 Liter alkoholhaltiger Getränke getrunken werden. Ihr könnt euch vorstellen, wie viel davon auf euch entfällt – zumindest bei meinem Alkoholkonsum müsstet ihr mindestens das Doppelte trinken.
Jedenfalls ist es so, dass im Durchschnitt so viel Alkohol konsumiert wird. Man schätzt, dass etwa zehn Prozent der Bundesdeutschen mehr oder weniger vom Alkohol abhängig sind. Das führt dazu, dass Gesundheitskosten von 50 Milliarden bis 120 Milliarden Mark für die soziale und gesundheitliche Versorgung von Menschen aufgewendet werden müssen, die körperliche, gesundheitliche und psychische Störungen aufgrund des Alkoholkonsums haben.
Man schätzt, dass etwa 30.000 bis 40.000 Menschen in der Bundesrepublik jährlich an den Folgen von übermäßigem Alkoholkonsum sterben.
Historische Perspektiven auf Suchtmittel
Alkohol und Drogen, ebenso wie die damit verbundenen Süchte, sind nichts, was erst in den letzten Jahren erfunden wurde oder das wir erst seit den Siebzigerjahren kennen. Damals haben einige Leute, wie zum Beispiel Aldous Huxley, gesagt, dass man Drogen empfehlen sollte, um Bewusstseinserweiterung zu erleben und die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist.
Doch wie wir am Beispiel des Alkohols sehen, ist das Thema schon wesentlich älter. In der Bibel finden wir einen Hinweis auf den ersten Weinbauer, der Noah war. Nachdem er aus der Arche herausgekommen war, pflanzte er Weinstöcke. Wie Sie wissen, konnte er nicht ganz gut mit dem Alkohol umgehen. Einmal lag er völlig betrunken in seinem Zelt, und seine Söhne gingen nicht gerade vornehm mit ihm um.
Jedenfalls haben wir hier schon einen Hinweis auf die Abhängigkeit und die Krankheit durch Alkohol. Man weiß, dass etwa um das Jahr 3000 vor Christus die älteste bisher gefundene Form von Bier gebraut wurde. Allerdings war das damals in Sumer und nicht in Deutschland.
Etwa um das Jahr 1300 vor Christus wurde der Mohn entdeckt. Aus dem Mohn kann man bekanntlich Opium gewinnen, und er wurde wahrscheinlich als älteste Droge eingenommen. Haschisch wurde etwa um 1200 vor Christus entdeckt und auch sofort richtig eingesetzt, um sich daran zu berauschen.
Der Tabak, von dem einige unserer Mitbürger abhängig sind und den andere gerne einmal genießen, wurde erst ziemlich spät hier eingeführt und bekannt gemacht. Erst im Jahr 1493, als Kolumbus nach Amerika segelte und sich wunderte, was aus den Mündern der Indianer rauchte. Ihm wurde erklärt, dass man diesen Tabak benutzen kann, um sich die Pfeife zu stopfen oder später auch eine Zigarette zu drehen.
Im Jahr 1604 erhöhte König Jakob I. von England, als er sah, dass der Tabakkonsum immer weiter zunahm, die Importsteuer um 4000 Prozent. Er wollte den Konsum strikt unterbinden, doch das führte lediglich dazu, dass sich innerhalb weniger Jahre die Zahl der Tabakkonsumenten verdoppelte.
Im Jahr 1650 wurde in Zürich, Bayern und Sachsen der Tabakkonsum strikt verboten. Das, was Präsident Clinton für Jugendliche in den USA gerne durchsetzen würde, wurde damals fortschrittlicherweise in Bayern und Sachsen umgesetzt. Obwohl Bayern oft als konservativ und zurückhaltend gilt, war man hier sehr streng.
Wer im Jahr 1691 in Lüneburg rauchte, wurde mit dem Tod bestraft. Man ging also sehr strikt gegen den Tabakkonsum vor.
Die British East India Company hatte im Jahr 1803 ein Opiummonopol. Damals verdienten also auch Staaten und Regierungen kräftig an der Sucht der Menschen mit. Etwas später wurde sogar der sogenannte Opiumkrieg in China geführt, um Englands Macht für den Verkauf von Opium zu sichern.
Die Firma Bayer erfand im Jahr 1898 ein Mittel, das als Beruhigungs- und Hustenmittel eingesetzt wurde. Später wurde dieses Mittel in einem ganz anderen Zusammenhang bekannt: Es hieß Heroin und galt damals als Wundermittel. Heroin wurde in Apotheken als Hustenmittel verkauft. Bald erkannte man jedoch, dass es auch einige andere Nebenwirkungen gab, wenn die Leute es nahmen. Trotzdem wurde es noch relativ lange produziert.
Frühe Beobachtungen und gesellschaftliche Auswirkungen
1902 lesen wir in einem Bericht eines Lehrers aus Köln: Durch auffallende Schläfrigkeit und geistige Trägheit meiner neuen Schulneulinge wurde ich kürzlich montags zu Nachforschungen bei den sechsjährigen Knaben veranlasst. Von 54 Schülern des ersten Schuljahres waren neunzehn am Sonntag vorher im Gasthaus gewesen. Zwanzig hatten Wein, vierundzwanzig Bier, neunzehn Schnaps, siebzehn Wein und Bier, vierzehn Schnaps, Wein und Bier usw. usw. getrunken.
Erstklässler, bei denen es im Leberer auffällt, die nicht mehr ganz am Unterricht folgen können.
1903 wurde das damals schon relativ bekannte Coca-Cola geändert. Bis dahin wurde Kokain dem Cola beigemischt, heute ist es nur noch das etwas harmlosere Koffein.
Daraus sehen wir: Die Sucht, die Abhängigkeit von Suchtmitteln – sei es Tabakkonsum, sei es alkoholisches oder die klassischen Drogen – sind schon ziemlich alt.
Ich habe gesagt, dass das erste Bier nicht bei den Germanen gebraut wurde, also auch nicht mit dem bayerischen Reinheitsgebot zusammenhing, sondern dass das im Fernsumerien geschah.
Tacitus, ein römischer Schreiber, schreibt um die Zeit, wo Jesus Christus gelebt hat, etwas über die Germanen, was ich interessant fand: Das Getränk der Germanen ist ein Gebräu aus Gerste und Weizen, das durch Gärung in eine Art Wein verwandelt wird. Die, welche nahe unserer Grenze wohnen, kaufen auch Wein. Die Germanen essen sehr einfach usw. usw.
Tacitus schreibt weiter: Nur um den Hunger zu stillen, im Trinken sind sie nicht so mäßig. Würde man ihre Trunksucht ausnützen und ihnen zu trinken verschaffen, so viel sie wollen, könnte man sie leichter durch dieses Laster als durch Kriege vernichten.
Er schreibt auch etwas weiter über eine andere besondere Vorliebe der Germanen: Dann gehen sie an die Arbeit, aber noch öfter zu einem Gelage. Nie sind sie dabei unbewaffnet. Tag und Nacht in einem Fort zu zechen, ist für niemanden eine Schande. Natürlich gibt es da auch Handgreiflichkeiten, denn bei Betrunkenen kommt es immer wieder vor, nicht selten mit bloßen Schimpfereien, sondern meist endet es mit Mord und Totschlag.
Die Wirkung und Ursachen von Sucht
Das ist also die Sucht. Hier sehen wir gleich eine der Auswirkungen, die Sucht haben kann: Sie verändert die Persönlichkeit. Sucht macht Menschen anders, als sie eigentlich natürlich wären und wie sie von Gott gedacht waren.
Wenn Menschen süchtig sind, stellt sich die Frage: Warum suchen sie nach etwas? Was wollen sie durch den Konsum dieser Mittel erreichen? Wahrscheinlich ist es zunächst die Steigerung von Lust. Man empfindet etwas Besonderes, wenn man zu viel getrunken hat oder eine Droge genommen hat. Man fühlt sich besser, beschwingter und leichter. Hemmungen, anderen Menschen gegenüberzutreten, fallen weg. Bestimmte Triebe werden leichter befriedigt.
Manchmal ist das Verhalten auch angelernt. Man ist es einfach so gewohnt, hat irgendwann damit angefangen oder vielleicht sogar die Eltern haben es vorgelebt, und so wurde es übernommen. Auch das Selbstwertgefühl kann dadurch aufgebaut werden. Man fühlt sich dann: „Ich bin doch einer!“
In Norddeutschland gibt es einen Piraten, der Störtebecker heißt – beziehungsweise den es früher einmal gab. Er ist dort relativ bekannt. Sein Name bedeutet auf Deutsch so viel wie „Stürz den Becher“. Bekannt wurde er dadurch, dass er einen großen Maßkrug mit einem Liter Bier in einem Zug heruntertrinken konnte. Das zeigt, dass das Selbstbewusstsein auch durch solche Dinge aufgebaut werden kann.
Sucht dient auch der Schmerzbekämpfung. Sie bringt das Gewissen zum Schweigen und zur Ruhe. Oft ist sie eine Ersatzbefriedigung, wenn man mit der Umgebung, in der man lebt, nicht zurechtkommt. Sie hilft, die Leere zu beseitigen und auszufüllen – der Drang, an die Stelle der Leere etwas anderes zu setzen.
Eine Sucht fängt meistens nicht sofort an, sondern beginnt im Kleinen. Zunächst ist es eher eine kleine Vorliebe, die sich steigern kann. Daraus wird ein Hang, dann eine Gewohnheit und schließlich ein Leiden. Der Mensch leidet darunter, weil er abhängig wird und in eine Sucht hineingerät. Er wird gefangen von etwas, das er eigentlich gar nicht beabsichtigt hat.
Es handelt sich um eine Abhängigkeit, bei der die Gewöhnung über die Gewohnheit zur Abhängigkeit geworden ist. Die Sucht führt dann zum Leiden. Viele Menschen leiden daran, dass sie Wutausbrüche bekommen und dass die Menschen um sie herum unter den Auswirkungen ihrer Sucht leiden.
Verschiedene Formen von Sucht
Sucht – ja, wir könnten uns fragen: Ist Sucht in dieser Weise eine Krankheit, oder ist Sucht etwas ganz Normales?
Ich möchte kurz fünf Süchte vorstellen, mit denen wir sonst vielleicht weniger die Sucht verbinden, die aber vielleicht gerade auch für Christen relevant sind.
Da ist zuerst die Selbstsucht, das Egoistischsein. Zum Teil ist es natürlich notwendig, einen gewissen Grad an Selbstsucht und Egoismus zu haben. Wenn ein kleines Baby das nicht hätte und nicht schreien würde, wenn es Hunger hat oder gewickelt werden muss – wo man sagen könnte, es denkt ja nur an sich und nicht daran, dass die Mutter vielleicht schlafen möchte oder der Vater sich ausruhen will – dann wäre das sicherlich ein gesundes Maß an Egoismus, das an ganz richtiger Stelle ist. Denn sonst würde es dem Kind schaden.
Es gibt aber viele Sprichworte, zum Beispiel „Hilf dir selbst und zwar mit allen Mitteln“ oder „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott“. Auch „Erst komme ich, dann wieder ich und dann lange noch nichts und dann die anderen“ oder „Das Hemd ist mir näher als der Rock“ sind ähnliche Sprichworte, die diese Selbstsucht stützen wollen. Sie sollen uns zeigen, dass an Selbstsucht eigentlich nichts Schlimmes sei.
Aber wir merken: Selbstsucht heißt, dass nicht irgendein Rauschmittel im Mittelpunkt meines Interesses steht, auf das ich alle meine Aufmerksamkeit richte, um es zu bekommen und damit zu leben. Nein, hier bin ich selbst im Mittelpunkt. Ich selbst bin das, wonach ich mich ausstrecke und was ich versuche, mit allen Mitteln zu verwirklichen und zu erreichen.
Dann gibt es die Sehnsucht, die auch eine Sucht sein kann. Hier merken wir noch viel mehr den Aspekt des Suchens, der bei allen Süchten im Hintergrund steht. Es ist das Suchen nach Erfüllung, nach mehr, nach etwas, das mir Sinn und Ziel gibt, das mich ausfüllt, beruhigt und mir einen Ausgleich verschafft. Es ist die Suche nach der Leere in mir, die gefüllt werden will.
Die Sehnsucht nach der Liebe führt manche Menschen dazu, von einem Partner zum nächsten zu gehen, weil sie mit niemandem zufrieden sind. Sie merken nach kurzer Zeit, dass die Beziehung ihre Sehnsucht nach Liebe letztlich nicht erfüllt.
Es gibt die Sehnsucht nach der Heimat, die in vielen Liedern besungen wird. Die Sehnsucht nach dem Tod, die Menschen dazu treibt, dem Leben ein Ende zu setzen. Auch die Sehnsucht nach der Vergangenheit, die wir besonders bei alten Menschen finden, die fast nur noch in ihrer Jugendzeit leben oder in der Zeit, in der früher alles besser gewesen sein soll. Irgendwo merken sie, dass es so, wie es im Moment ist, nicht stimmt. Da ist etwas nicht in Ordnung. Sie fühlen eine Leere und versuchen, diese mit einer idealisierten Vergangenheit zu füllen, die gar nicht so war, wie sie sie tatsächlich erlebt haben.
Als Nächstes möchte ich die Geltungssucht vorstellen und Friedrich Schiller zitieren, der gesagt hat: „23 Jahre und nichts für die Unsterblichkeit getan.“ Nun, ich weiß nicht, was ihr schon für eure Unsterblichkeit getan habt – sicherlich keine Dramen oder Bücher geschrieben, so wie Friedrich Schiller es getan hat. Vielleicht auch schon, ich weiß es ja nicht. Aber er hat versucht, dieses Problem auf diese Weise zu lösen.
Geltungssucht heißt, ich muss Anerkennung von anderen Menschen bekommen. Ich versuche, mich in den Mittelpunkt zu spielen, damit die Blicke auf mich gerichtet sind, ich Beifall bekomme und Zustimmung erfahre. Mein Ehrgeiz treibt mich dazu, auch von anderen auf die Schulter geklopft zu werden.
Damit hängt sicherlich die Herrschsucht zusammen, die wir in Familien oder Gemeinden finden, dort wo Menschen unbedingt die Macht an sich reißen wollen. Das gibt es sicher auch in der Politik, aber im ganz kleinen Rahmen zeigt es sich dort, wo Menschen unbedingt bestimmen und im Mittelpunkt stehen wollen.
Dann gibt es die Arbeitssucht. So habe ich vor einiger Zeit mit einem Manager gesprochen, der die Arbeit im Mittelpunkt seines Lebens hat. Er schläft im Büro, kommt alle zwei, drei Tage mal nach Hause und hat auch dann keine Zeit, mit der Familie zusammen zu sein. Stattdessen muss er sich ausruhen und schlafen, um wieder frisch für das Büro zu sein.
Arbeitssucht dient dazu, Anerkennung zu bekommen und im Mittelpunkt zu stehen – gerade dort, wo man das in der Familie nicht erfährt. Man meint, unentbehrlich zu sein. So schreibt Wilhelm Busch in einem Gedicht: „Wirklich, er war unentbehrlich, überall, wo etwas geschah, zum Wohle der Gemeinde. Er war tätig, er war da: Schützenfest, Kasinobälle, Pferderennen, Preisgericht, Liedertafel, Spitzenprobe – ohne ihn ging es nicht, ohne ihn war nichts zu machen. Keine Stunde hatte er frei. Gestern, als sie ihn begruben, war er richtig auch dabei.“
Nun sehen wir natürlich, wohin das führen kann, wenn man immer dabei sein will und in diese Geltungssucht hineingerät.
Genusssucht und weitere Süchte
Die Verse, die wir aus dem Galaterbrief gelesen haben, weisen uns auf eine andere Sucht hin: die Genusssucht. Diese wird wahrscheinlich auch in unserem Umfeld sehr gepflegt. Dazu gehören die Liebenslust, der Leichtsinn, das Lotterliegen, der Luxus, die Maßlosigkeit, der Taumel, der Überfluss, die Unmäßigkeit, die Üppigkeit, das Wohlleben, die Wollust, die Vergnügungssucht, die Verschwendungssucht und viele weitere Begriffe. Man könnte eine ganze Reihe aufzählen.
Viele Menschen laufen dem Genuss nach, indem sie Medien konsumieren, Erlebnisse sammeln oder Sammelleidenschaften nachgehen. Ich habe in der Schweiz einmal in Anzeigenblättern gesucht. Dort stand oft „Suche krd“ und „Verkaufe krd“. Ich stellte mir immer die Frage, was das wohl bedeutet, denn ganze Seiten waren damit gefüllt. Ich weiß nicht, ob das jemand von euch kennt. „Krd“ steht für Kaffee Rahm Deckli. Das ist natürlich ein schweizerischer Begriff. In Deutschland würde man diese Dinger anders nennen, ich weiß nicht wie. Jedenfalls waren die Seiten voll davon, weil die Leute Kaffee Rahm Deckli gesammelt haben.
Ich habe mit manchen Sammlern gesprochen. Sie kauften kleine Sahneportionen, also Kaffeesahne, nur wegen der Deckel. Die Sahne wurde weggeworfen, aber die Deckel wurden aufgehoben und in ein Buch eingeklebt. Sie verbrachten Tage damit. Wahrscheinlich gibt es nichts, was man nicht sammeln kann. Manchmal, wenn die Zeitung nichts zu berichten weiß, schreibt sie eben darüber. Es gibt Leute, die behaupten, sie hätten 2500 Bierdosen aus aller Welt gesammelt. Andere legen für eine hundert oder zweihundert Jahre alte Briefmarke mehrere Millionen auf den Tisch.
Doch dahinter steckt eine Sucht. Was ist der Wert eines kleinen Stückchen Papiers? Ist es wirklich so viel wert? Stell dir vor, wie viel ihr in eurem ganzen Arbeitsleben sparen könntet. Vielleicht eine Million, wenn ihr fleißig zur Seite legt. Ist es wirklich wert, ein ganzes Leben für ein kleines Stück Papier zu arbeiten, das mehrere hundert Jahre alt ist und irgendwo in einem Tresor liegt? Man darf es nicht einmal anschauen, weil es sonst jemand stehlen könnte.
Ich weiß es nicht, ich glaube eher nicht.
Es gibt auch die sogenannte Sportsucht. Nichts gegen etwas sportliche Aktivität, obwohl es das schöne Sprichwort gibt: „Sport ist Mord“. Ganz so ist es wohl nicht. Es gibt die Sportsucht, bei der Mediziner versuchen zu erklären, dass bei einem Erfolgserlebnis, wenn man Höchstleistungen erbracht hat, der Körper körpereigene Endorphine ausschüttet. Diese bewirken, dass der Mensch wieder diese Spitzenleistung erreichen möchte, um erneut das Glücksgefühl zu erleben, von dem Sportler berichten, wenn sie im Leistungssport sind. Das ist oft der Grund, warum sie nicht aufhören wollen.
Dann gibt es die Verschwendungssucht, die Vergnügungssucht, die Konsumsucht und die Spielsucht, von der viele Menschen abhängig werden.
Ich habe in Zürich in einer Zeitung gelesen, dass ein Mann über seine Spielsucht geschrieben hat. Er hat etwa 500 Schweizer Franken verspielt. Er war natürlich vollkommen abhängig vom Sozialamt, denn er musste täglich Geld zugeteilt bekommen. Auch seiner Frau ging es dabei nicht gut.
Doch ich will das nicht weiter ausführen. Ich möchte nur zum Letzten kommen, worüber die Bibel sehr scharf spricht: die Habsucht.
Habsucht und die Warnungen der Bibel
Leonard Frank, ein Dichter, schreibt dazu, dass das Ziel des Bürgers ist: haben, haben, haben und noch mehr haben. Dabei bleibt er in der Regel gesund. Es stellt sich nur die Frage, ob diese Gesundheit nicht die Krankheit ist, an der die Menschheit zugrunde geht.
Ja, dieses Haben – oft kommt es gar nicht darauf an, die Dinge wirklich zu gebrauchen und zu genießen. Vielmehr geht es nur darum, sie zu kaufen und zu besitzen. Es wird dann zu einer Freizeitbeschäftigung, am Samstagnachmittag durch die Geschäfte zu gehen. Irgendwann, wenn der Dachboden wieder ganz voll ist, steht der Sperrmülltag an. Dann kann man die Sachen, selbst wenn sie noch fest verpackt sind, wieder loswerden, um Platz für Neues zu schaffen. Manchmal gibt es auch die Möglichkeit, die Dinge mildtätig nach Rumänien zu schicken, wo die Leute sie gebrauchen können.
Ich muss sagen, das ist natürlich ganz gut. Es ist besser, als wenn der Kleiderschrank überfüllt ist und man keinen Platz mehr hat, wenn neue Sachen gekauft werden. Aber ich will nichts dagegen sagen, ich habe ja auch einen Kleiderschrank. Die alten Germanen hatten übrigens nur zwei Kleidungsstücke: eines, das sie im Sommer trugen, und eines für Herbst und Winter. Allerdings haben sie dabei wahrscheinlich etwas gerochen.
Die Kaufsucht ist jedoch etwas wesentlich Ernsteres. Dabei werden wir abhängig. Wir suchen nach etwas und versuchen, diese Leere auf diese Weise zu füllen, um dadurch Befriedigung zu erlangen. Ich habe gestern ein Beispiel von einer jungen Frau gebracht, die Viviane heißt. Meine Frau in der Schweiz kannte sie sehr gut. Immer wenn es Viviane schlecht ging, kaufte sie, um diese Leere zu füllen. Am liebsten ging sie zu H&M, um sich etwas Neues auszusuchen und es dann zu präsentieren und zu zeigen. Danach fühlte sie sich besser.
Die Bibel weist uns sehr stark darauf hin, dass das nicht richtig ist, dass das falsch ist. Im ersten Timotheusbrief, Kapitel 6, Vers 10, lesen wir: Die Geldgier ist die Wurzel von vielem Übel.
Vielleicht kann mir jemand helfen. Ich sage euch ein paar Verse, und jeweils schlägt jemand sie auf und liest sie vor. So seid ihr mit daran beteiligt, und ich muss nicht so lange suchen.
Schlagt bitte jemand den ersten Timotheus 6,10 auf. Wer macht das? Ich schaue kurz, damit nicht alle dieselbe Stelle aufschlagen. Und jemand anders schlägt Lukas 12,15 auf. Und noch jemand anderes Psalm 10,3.
Wer aufgeschlagen hat, liest bitte gleich laut vor, damit alle es hören können.
Wir müssen daran denken, dass Paulus hier an Christen schreibt. Er schreibt nicht an Menschen, die Jesus Christus noch nicht kennen. Er sagt, die Geldgier ist die Wurzel von vielem Übel. Hier sehen wir, dass derjenige, der habsüchtig ist, also nach dem Wollen und Habenwollen ausgestreckt ist, damit eigentlich Gott verachtet.
Es gibt noch eine dritte Warnung. Wir könnten zahlreiche weitere finden. In der Bibel ist dieses Thema wichtig. Gott will uns darauf hinweisen, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen sollen.
Jesus drückt es so aus: Man kann nicht zwei Herren dienen, nicht Gott und dem Mammon. Das bedeutet, dass wir, wenn wir uns nach Besitz und Habenwollen ausstrecken und dies zur Sucht wird, uns in eine gefährliche Situation bringen.
Sucht heißt, wir suchen nach etwas, das die Leere in unserem Leben füllt, das uns Befriedigung geben kann. Und wir tun es immer wieder, um diese Befriedigung zu erreichen.
Weitere biblische Beispiele und der Weg zur Befreiung
Ich möchte euch bitten, drei weitere Stellen aufzuschlagen: Kolosser 3,5; Jeremia 13,27; sowie Römer 13,13-14.
Hier haben wir gleich mehrere Süchte: den Geiz, die Geldgier, die Geldsucht, die Sexualität, die ebenfalls zur Sucht werden kann, und noch einige andere Beispiele.
Darf ich den nächsten Vers hören? Wir merken, die Bibel spricht eine ganz deutliche Sprache. Ich glaube, dazu brauche ich nicht viel zu sagen. Nehmen wir den nächsten Vers dazu: Römer 13,13-14. Vielen Dank!
Das sollen nur Beispiele sein, an denen wir erkennen, dass die Bibel ganz deutlich über Sucht spricht. Auch wenn nicht immer das Wort „Sucht“ dabei steht, merken wir beim Lesen dieser Verse, dass es darum geht, dass etwas uns so gefangen nimmt. Etwas ist so fixierend in unserem Leben, dass es uns immer wieder dazu auffordert, dem nachzugehen, etwas zu suchen, etwas auszufüllen. Als Menschen in unserer Zeit müssen wir das als Sucht bezeichnen.
Was ist nun mit dieser Sucht? Wir sehen, dass irgendwo etwas in unserem Leben uns gefangen nimmt. Sei es, dass wir selbst im Mittelpunkt stehen, sei es die Habgier, die Genusssucht, die Geldgier oder einige der anderen Beispiele, die ich genannt habe.
Ich denke, der erste Schritt ist, dass wir uns eingestehen müssen, dass wir nach etwas suchen. Dass da etwas ist, was in unserem Leben noch nicht ganz befriedigt ist, etwas, das ausgefüllt werden muss.
Wenn wir Jesus Christus kennen, können wir das bekennen – vor Menschen und vor Gott. Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er unsere Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit, lesen wir im 1. Johannes 1,7-8.
Da ist der Hinweis: Wenn wir zu Gott kommen mit dem, was uns eigentlich belastet, auch wenn wir das selbst nicht merken. Oftmals sind Menschen, die alkoholabhängig oder drogenabhängig sind, der Meinung, das sei ganz normal, das gehöre einfach dazu, weil sie sich nur in bestimmten Kreisen bewegen.
Heutzutage sind Habsucht, Sexualitätssucht oder andere Süchte etwas, das an der Tagesordnung ist. Niemand würde euch darauf aufmerksam machen. Aber etwas tritt an die Stelle von Jesus Christus. Etwas will uns Befriedigung und Ausfüllung geben, die wir eigentlich von Jesus Christus erwarten und bekommen können.
Dann geht es natürlich auch darum, wenn wir dieses Bekenntnis haben, eine Säuberungsaktion einzuleiten. Wir müssen uns irgendwie von dem befreien. Beispielsweise nicht immer wieder am Zigarettenautomaten vorbeigehen, den vollen Bierkasten nicht mehr in den Keller stellen, wenn ich doch gar kein Bier mehr trinken will. Oder auch nicht mehr zu H&M gehen, wenn ich mir eigentlich vorgenommen habe, meine Frustration nicht dadurch auszufüllen. Meine Befriedigung soll ich nicht dadurch bekommen, eine neue Stereoanlage oder eine neue Schallplatte zu kaufen oder sonst etwas.
Das heißt aber auch, die Vergebung anzunehmen und ernst zu nehmen. Zu wissen, dass Gott mich dort ausfüllen will. Gott möchte das Vakuum füllen, das in mir ist. Wir müssen ein neues Verhalten einüben, an die Stelle der alten Gewohnheiten neue Gewohnheiten setzen und beginnen, Jesus dafür zu danken, was er uns gegeben hat und weiterhin geben will.
Es gibt Stellen wie Matthäus 13,12, wo Gott uns die Fülle geben will, oder Römer 5,17, wo wir die Fülle der Gnade empfangen sollen. Gott will uns mit Freiheit und Gerechtigkeit erfüllen, lesen wir in Philipper 1,11.
Es gibt viele andere Verse, die uns darauf hinweisen, dass wenn wir suchen und bei Jesus Christus suchen – ich erinnere an Matthäus 7,7: „Suchet, so werdet ihr finden“, sagt Jesus dort. Oder: „Kommet her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken und Ruhe geben für eure Seelen.“
Jesus gibt die Antwort darauf, wenn wir auf der Suche sind. Wenn wir etwas brauchen, das in unserem Leben ausgefüllt und erfüllt werden soll, dann sollen wir keine Ersatzbefriedigungen nehmen. Wir sollen nichts nehmen, was uns vorläufig immer wieder dazu zwingt, es in stärkeren Dosen zu tun.
Das ist nicht unbedingt Rauschgift. Es kann etwas anderes sein, zum Beispiel Geltungssucht, Ich-Sucht, Herrschsucht und so weiter. Wir sollen auf Jesus Christus schauen, nach Gott suchen und uns von Gott ausfüllen lassen. So hat die Suche und damit auch die Sucht ein Ende. Wir sehen, dass Jesus all unsere Bedürfnisse ausfüllen kann – nicht etwas, das wir an dieser Stelle setzen.
Das merken wir auch bei dem Beispiel, wo Jesus mit der Samaritanerin am Jakobsbrunnen spricht und ihr sagt: „Wenn ich dir zu trinken gebe, wirst du nie mehr Durst haben.“ Das heißt so viel wie: Wenn ich dich ausfülle, brauchst du keine Ersatzbefriedigung mehr. Du wirst dich nicht mehr selbst in den Mittelpunkt stellen müssen. Du wirst nicht mehr Geldgier, Habsucht, Kauf- oder Genussucht an erster Stelle haben.
Jesus sagt in Matthäus 6,31-33: „Sorgt euch nicht um den morgigen Tag; trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.“
Oder in Johannes 4,13-14, die Geschichte, die ich gerade erzählt habe: Wir werden keinen Durst mehr haben. Unsere Suche wird ein Ende haben, wenn wir Jesus gefunden haben.
Amen!
Gebet zum Abschluss
Wir beten zusammen und schließen damit ab.
Herr Jesus Christus, du kennst uns, denn du hast uns geschaffen und geführt. Du sprichst immer wieder zu uns, weil wir deine Kinder sind. Wir möchten dich bitten, dass du auch in unser Leben hineinsprichst. Zeige uns die Stellen, die bei uns wund sind, dort, wo wir etwas anderes an die Stelle gesetzt haben von der Fülle, die du uns geben willst.
Es gibt Dinge, die uns Befriedigung zu geben scheinen, wo wir hingehen, um mit Schwierigkeiten fertigzuwerden und Freude zu finden. Diese Dinge sind an deine Stelle getreten. Wir bitten dich, uns das zu zeigen, denn wir wollen mit dir leben. Wir möchten nur von dir abhängig sein, dass du uns ausfüllst und uns die Fülle gibst, die du im Neuen Testament verheißen hast.
Jesus, wir möchten uns dir anvertrauen und in dir zur Ruhe kommen. Wir wollen nicht ständig unserem Durst oder anderen Dingen nachlaufen.
Herr Jesus, wir vertrauen dir auch diese Nacht an. Wir bitten dich, dass du uns führst in all unseren Gesprächen und in allem, was wir tun und vorhaben. Geh du mit uns und leite uns auch in den nächsten Tagen unserer Freizeit.
Amen.