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Römer 11, 11-15

Der Römerbrief, Teil 9/14
10.01.2013Römer 11,11-15
SERIE - Teil 9 / 14Der Römerbrief

Einführung in die Thematik der Verwerfung Israels

 Römer Kapitel 11, Verse 11 bis 15 wollen wir jetzt lesen:

Ich sage also: Sind sie etwa gestrauchelt, damit sie fallen und liegen bleiben? Das sei ferne! Vielmehr ist durch ihren Fehltritt das Heil zu den Heiden gekommen, um sie zur Eifersucht zu reizen.

Wenn aber ihr Fehltritt der Reichtum der Welt ist und ihr Verlust der Heiden der Reichtum der Völker, wie viel mehr wird ihre Fülle sein!

Vers 12:

Wenn aber ihr Fehltritt der Reichtum der Welt ist und ihr Verlust der Heiden der Reichtum der Völker, wie viel mehr wird ihre Fülle sein!

Denn euch, die ihr von den Völkern seid, sage ich: Insofern ich der Apostel der Heiden bin, verherrliche ich meinen Dienst, damit ich auf irgendeine Weise die, die mein Fleisch sind, zur Eifersucht reizen und etliche von ihnen retten möge.

Denn wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was ist das Willkommenheißen anderes als Leben aus den Toten?

In diesem Abschnitt geht es also um die zweite wichtige Aussage des Apostels: Israels Verwerfung ist nicht notwendigerweise endgültig.

Zuerst hat er gesagt, Israels Verwerfung ist nur zum Teil. Es gibt einen Teil, der gar nicht verworfen ist – das sind die, die an den Messias glauben.

Jetzt sagt er, Israels Verwerfung ist nicht notwendigerweise endgültig.

Man merkt, dass diese Verse nicht zu den einfachsten der Bibel gehören. Es gibt viel Diskussion darüber, und wir wollen uns diese Verse langsam betrachten.

Vielleicht haben Sie auch bemerkt, dass ich eine etwas andere Übersetzung als die Schlachter-Übersetzung verwende, besonders in Vers 12 und Vers 15. Das sind die entscheidenden Verse.

Ich lese noch einmal Vers 12 und bitte Sie, vielleicht Ihre eigene Übersetzung zu untersuchen und zu schauen, wo hier die Unterschiede liegen.

Bedeutung der Übersetzung und Textanalyse

Wenn Ihr Fehltritt der Reichtum der Welt ist und Ihr Verlust der Reichtum der Heiden, wie viel mehr dann Ihre Heilsfülle? Vielleicht steht bei Ihnen einfach „Fülle“; das ist vollkommen richtig. In der Fußnote der Schlachterübersetzung werden Sie jedoch finden, dass dort auch „Heilsfülle“ steht. Man kann also beides so übersetzen, denn das Wort bedeutet einfach „Fülle“.

Wenn bei Ihnen „Vollzahl“ steht, sollten Sie das vielleicht korrigieren, denn es geht hier nicht um eine Zahl, sondern um die Fülle des Heils. Ich denke, die Luther- oder Elberfelder Übersetzung könnte hier „Heilsfülle“ haben.

In Vers 15 achten Sie bitte darauf: Dort heißt es „Denn wenn Ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist“. Falls bei Ihnen „zur Folge hat“ in Klammern steht, dürfen Sie diese Klammer getrost streichen. Statt „zur Folge hat“ können Sie einfach „ist“ schreiben, denn im Griechischen steht hier nichts anderes als das Wort für „ist“. Das Verb „sein“ muss man sich lediglich ergänzen.

Der Vers geht weiter: „Was ist das Willkommenheißen oder Annehmen anderes als Leben aus den Toten?“ Sie müssten also zweimal „ist“ dort stehen haben. Wenn aber zweimal „zur Folge hat“ steht, sollte man das hier korrigieren. Diese Ergänzung wurde eingefügt, steht jedoch nicht im Text.

Wir wollen versuchen, den Text so zu betrachten, wie er ursprünglich stand. Das hilft nämlich zum besseren Verständnis.

Die Schlachterübersetzung ist eine sehr gute Übersetzung, aber manchmal darf man auch dem Übersetzer ein wenig über die Schulter blicken und sagen: Hier ist vielleicht eine kleine Korrektur nötig. Das war nun zur Übersetzung.

Die Frage nach der Endgültigkeit von Israels Verwerfung

Die Frage, die der Apostel hier stellt, lautet: Ist damit Israels Verwerfung endgültig? Hat Israel jetzt keine Chance mehr? Er spricht immer von dem verworfenen Teil, während der andere Teil, der bei Christus ist – der Überrest – gerettet ist. Das ist wunderbar.

Was ist aber mit denen, die nicht glauben wollen? Der Apostel Paulus spricht von den Israeliten seiner Zeit. Das dürfen wir nicht vergessen. Er meint nicht irgendwelche Israeliten, die in zweitausend Jahren leben werden, sondern die Israeliten seiner Gegenwart.

Für sie ringt er in seinen Gebeten und fleht zu Gott, dass sie zu Christus kommen. In Römer 10,1 lesen wir: „Mein Flehen zu Gott für Israel ist ihre Rettung.“ Paulus möchte alles tun, was in seiner Macht steht, um die Israeliten zu retten. Er will nicht, dass sie verloren gehen. Es geht immer um den Teil Israels, der jetzt nicht glaubt.

Wenn sich Gott also nun den Heiden zugewandt hat, bedeutet das nicht, dass die Israeliten keine Chance mehr haben. Im Gegenteil: Gerade die Tatsache, dass Gott sich jetzt den Heiden zuwendet, sollte die Israeliten zur Eifersucht reizen. Dadurch sollen sie zum Glauben kommen.

Das ist der Gedanke in diesem Abschnitt. Die Bekehrung der Heiden soll die Israeliten zur Eifersucht reizen, damit auch sie zum Heil kommen. Sie sollen durch die Heiden sehen, wie reich und herrlich die Heilsfülle im Messias ist. Darum geht es hier.

Analyse der Verse im Einzelnen: Vers 11

Sehen wir uns die Verse im Einzelnen an, insbesondere Vers 11: „Ich sage also, sie sind gestolpert, damit sie fallen und liegen bleiben sollten.“

Hier steht im Text „fallen“. Das Fallen bedeutet, dass man so stark stolpert, dass man liegen bleibt. Man stolpert nicht nur und kann dann noch weiterlaufen, wie es manchmal passiert, sondern man stolpert so, dass man am Boden liegt. Das ist gemeint. Also stolperten sie, damit sie fallen und liegen bleiben sollten.

Heißt das jetzt, weil sie den Messias abgelehnt haben, dass die Israeliten keine Chance mehr haben und nie gerettet werden? Was ist mit den Verheißungen? Der Apostel gibt zu, dass das schuldige Israel gerichtet wird, aber soll es dabei bleiben? Gibt es keine Möglichkeit mehr?

Das sei ferne, sagt Paulus. Das sei ferne! Durch ihren Fehltritt ist das Heil zu den Heiden gekommen. Die Israeliten sagten: Nein, wir wollen nicht. Jetzt kommt das Heil zu den Heiden. Paulus wendet sich also den Heiden zu, das Evangelium öffnet sich für sie. Gott sagt, alle sollen kommen. Weil die einen nicht kommen wollten, sollen die anderen kommen. Das Heil geht jetzt zu den Heiden.

Und dennoch geht Paulus immer zuerst zu den Juden. Er sagt: Wenn sie das Evangelium verwerfen, dann wende ich mich den Heiden zu, sagt er in Antiochien. Und dann geht er in die nächste Stadt. Wo fängt er wieder an? Wieder bei den Juden. Er kommt nach Thessalonich – wo fängt er an? Wieder bei den Juden. Erst wenn sie „Nein“ sagen, lästern und schlecht über ihn reden, dann wendet er sich den Heiden zu.

Das heißt, Paulus versucht es immer wieder. Das ist sein Auftrag. Obwohl er der Apostel der Heiden ist, versucht er immer wieder, zuerst die Juden zu erreichen. Römer 1,16: Das Evangelium ist den Juden zuerst und auch den Griechen verkündet. Er musste immer wieder erleben, dass seine eigenen Volksgenossen das Heilsangebot in Jesus Christus ausschlugen, sodass er sich dann den Nichtjuden, den Heiden, zuwandte.

Auf diese Weise kam es also, dass durch ihren Fehltritt, durch ihre schuldhafte Ablehnung, das Heil zu den Völkern, den Heiden, kam.

Und wozu diente es, dass sie nun das Evangelium abgelehnt haben? Paulus fragt: Wozu soll das in Gottes Plan dienen? Jetzt sagt Paulus, dass das Evangelium zu den Heiden geht. Das ist gut für Israel. Wieso? Weil die Israeliten dadurch eifersüchtig werden sollen. Sie sollen gereizt werden.

Das ist sein Kampf um Israel. Er möchte, dass Israel gerettet wird. Gerade deshalb freut er sich, dass er zu den Heiden gehen kann. Wenn die Heiden das Evangelium annehmen, dann könnte es sein, dass die Juden hinüberschauen und sagen: „Oh, so viel bekommen die! So etwas bekommen die im Messias, und wir haben ihn verworfen.“

Dann will Paulus auf diese Weise die Israeliten wieder zum Nachdenken bringen. Sie sollen eifersüchtig werden. Dann kann er ihnen noch einmal das Evangelium sagen, damit sie sich bekehren und gerettet werden. Er will sie zur Eifersucht reizen. Also sollte es nicht bei dieser Ablehnung bleiben.

Und was haben wir in Kapitel 10, Vers 21 gelesen? Gottes Hände sind den ganzen Tag ausgestreckt nach diesem ungehorsamen Volk. Aber die Hände sind immer noch ausgestreckt. Obwohl Gott sie verworfen hat, sind seine Hände ausgestreckt. Sie sind eben nicht endgültig verworfen. Sie dürfen sich bekehren, sie dürfen noch kommen.

Verhärtung bedeutet also nicht, dass die Israeliten keine Chance mehr haben. Nein, diese Verhärtung, die im Volk entstanden ist, soll jetzt dazu dienen, dass das Evangelium zu den Heiden kommt. Und wenn das Evangelium zu den Heiden kommt, dann soll das dazu führen, dass die Verhärteten wieder weich werden, zum Heiland kommen und gerettet werden.

Das ist Paulus’ großes Anliegen.

Vertiefung des Gedankens: Vers 12

Vers 12: Wenn ihr Fehltritt – das heißt ihre Ablehnung des Messias – der Reichtum der Welt ist und ihr Niedergang oder Verlust der Reichtum der Heiden, wie viel mehr wird dann ihre Heilsfülle sein?

Achten wir auf den Satzbau. Hier steht „Fülle“ im Gegensatz zu Schaden, Niedergang oder Verlust. Die Fülle steht dem Verlust gegenüber: Israels Verlust und Israels Fülle. Wenn schon ihr Fehltritt ausreicht, um der Welt Reichtum zu bringen, und ihr Verlust den Reichtum der Heiden bedeutet, wie viel mehr dann ihre Fülle?

Es geht nicht um Zahlen. Ich habe in Kommentaren nachgeschaut, und die Kommentare sagen, dass dieses Wort, das wir hier für „Verlust“ haben, nichts mit Zahlen zu tun hat. Es bedeutet ihren Schaden, den sie erlitten haben – nämlich, dass sie den Messias zurückgewiesen haben. Das ist der Niedergang, der Schaden oder der Verlust.

Wenn sie jedoch zur Heilsfülle kommen, wie viel Reichtum wird sich dann zeigen! Die Juden sind wie törichte Bettler. Stellen wir uns einen Bettler vor, dem man einen Goldklumpen gibt. Der Bettler sagt: „Ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll. Ich brauche 100 Euro, keinen Goldklumpen.“ Er wirft den Goldklumpen weg. Andere nehmen ihn, sehen, was man damit alles kaufen kann, und dann kommt man noch einmal mit einem Goldklumpen zu dem Bettler. Nun sagt er: „Oh doch, doch, ich möchte den Goldklumpen haben.“ Erst jetzt wird ihm bewusst, wie reich diese Sache ist, die er vorher verworfen hat.

Der Gedanke, den der Apostel hier ausdrückt, ist genau dieser: Wenn der jüdische Verlust und Schaden der heidnischen Welt so viel Reichtum gebracht hat, wie viel mehr wird dann der Reichtum deutlich werden, wenn die Juden zur Eifersucht gereizt werden und das Heil annehmen.

Dann wird erst richtig zum Ausdruck kommen, wie reich diese Sache ist. Wenn diese törichten Bettler Buße tun, ihre Torheit einsehen und die Fülle des Reichtums in Jesus Christus annehmen, zeigen sie dadurch, dass dieser Reichtum ein übergroßer Reichtum ist.

Diese Stelle, dieser Vers, ist sehr umstritten. Der Gedanke, der hier ausgedrückt wird, ist nicht so, wie ich es jetzt gesagt habe: Wenn der jüdische Verlust der heidnischen Welt Reichtum brachte, dann wird die jüdische Bekehrung die heidnische Welt noch reicher machen.

Es geht nicht darum, dass die jüdische Ablehnung des Evangeliums die Heiden reich gemacht hat und die jüdische Bekehrung sie noch reicher macht. Nein, es geht darum, dass die jüdische Verwerfung des Evangeliums den Heiden Reichtum gebracht hat – nämlich den Reichtum, dass sie in Christus die ganze Fülle erhalten.

Und wenn das schon so viel ist, dann sagt Paulus: Wie viel mehr wird dann der Reichtum erst richtig zur Geltung kommen, wenn die Juden das wieder annehmen? Sie sind weggefallen, sie haben Verlust. Aber die Heiden bekommen jetzt das Heil.

Später, wenn die Juden zur Eifersucht gereizt werden und das Heil annehmen, diese Fülle, diese Heilsfülle, dann wird der Reichtum noch mehr herausgestellt. Dadurch wird noch deutlicher, wie groß der Reichtum der Heiden ist.

Es geht immer um den Überrest. Bitte beachten wir: Paulus spricht nicht davon, dass, wenn ihr Fehltritt der Reichtum der Welt war und irgendwann später alle sich bekehren, die Welt noch mehr Reichtum bekommt. Nein, das ist nicht der Gedanke.

Schon damals, zur Zeit, als Paulus schrieb, musste ihr Verlust als Reichtum für die Heiden betrachtet werden. Schon damals kam das Heil zu den Heiden, damit die Juden zur Eifersucht gereizt werden.

Paulus fragt: Wie viel mehr muss dann die Fülle des Heils als Reichtum gelten, wenn die Juden sich zur Eifersucht gereizt fühlen und das Heil annehmen?

Es geht um einen Kreis: Das Evangelium wird den Juden angeboten, sie verwerfen es, dann geht es zu den Heiden, die es annehmen. Die Juden werden eifersüchtig und nehmen es dann auch an. Dadurch zeigen sie, wie reich das Heil ist.

Wie viel mehr Reichtum ist ihre Heilsfülle, wenn sie diese Fülle annehmen! Dann erkennen sie: Es ist unser Heil, unser Heil. Zuerst sagen die Juden, dass das Heil nur ihnen gehört – sie waren immer exklusiv: „Wir allein sind Gottes Volk.“

Dann kommt Paulus, verkündet ihnen das Evangelium, sie verwerfen es. Das Evangelium geht zu den Heiden. Die Juden schauen zu den Heiden und fragen: „Was ist das für ein Evangelium?“ Paulus sagt: „Das ist euer Messias, den die Heiden haben.“ Einige Juden nehmen den Messias an und sagen: „Ach so, dann möchte ich den Messias auch, wenn er so viele andere bringt.“

Dann nehmen sie den Messias aus Eifersucht an und sagen: „Es ist nicht nur unser Heil. Unser Heil ist das Heil der ganzen Welt. Unser jüdischer Messias ist der Messias der ganzen Welt, aller Heiden.“ Welch großer Reichtum spricht hier heraus!

Paulus’ Stolz auf seinen Dienst und die Hoffnung für Israel

Der Apostel Paulus erklärt das im nächsten Vers. Er sagt: „Denn...“

Dieses „Denn“ wird in der Auslegung oft übersehen. Mir fällt auf, dass solche kleinen Wörter häufig nicht beachtet werden. Auch in der traditionellen Textfassung und in der Schlachterübersetzung findet man dieses „Denn“ nicht immer. Ebenso fehlt es in der alten Lutherübersetzung.

Paulus richtet sich an „euch, die ihr von den Völkern seid“, also an die Heiden. Er sagt: „Insofern ich, der Apostel, derer bin, die von den Völkern sind, also der Heiden, verherrliche ich meinen Dienst, ob ich auf irgendeine Weise sie, die mein Fleisch sind, zur Eifersucht reizen und etliche von ihnen retten möge.“

Warum ist Paulus so stolz auf seinen Dienst? Weil er weiß, dass die Annahme Israels eine Heilsfülle bringt. Der Reichtum des Heils wird erst richtig zum Ausdruck kommen, wenn die Israeliten aus Eifersucht gereizt werden und dann das Heil annehmen.

Vers 12 erscheint in einem anderen Licht, wenn man erkennt, dass Vers 13 den Vers 12 erklärt. Die Erklärung, wie die Israeliten doch noch zum Heil kommen, steht in Vers 13.

Achten Sie bitte genau auf den Text: „Denn euch, den Heiden sage ich, insofern ich der Heidenapostel bin, bin ich stolz auf meinen Dienst, denn ob ich auf irgendeine Weise meine jüdischen Freunde zur Eifersucht reizen kann und etliche von ihnen retten kann.“

Das war zur Zeit des Apostels Paulus so. Ich sage Ihnen voraus: Der Apostel Paulus spricht zu seinen jüdischen Mitmenschen, nicht zu Juden, die in zweitausend Jahren leben werden. Er spricht zu seinen jüdischen Freunden und möchte sie retten.

Er weiß, welchen Reichtum das für die Welt bringt, welchen Reichtum es für die Juden bedeutet. Der Reichtum dieses Heils kommt zum Ausdruck, wenn die Juden erkennen, dass dieses Heil ihr Heil ist. Ihr jüdischer Messias ist ein Weltmessias. Ihr jüdischer Messias ist für die ganze Heidenwelt da.

Welch ein Reichtum wird dadurch zum Ausdruck gebracht!

Vers 15: Die Bedeutung des Annehmens als Leben aus den Toten

Vers 15 sagt dasselbe noch einmal, aber diesmal mit einem neuen Licht. Lesen wir Vers 15: "Denn" – und es gibt wieder dieses "denn", das wir beachten sollten. Es ist immer noch ein "denn", mit dem er die Sache erklärt, die er in Vers 14 erwähnt hat, nämlich das Reizen zur Eifersucht. Das wird jetzt genauer erläutert.

Denn wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist – Israel hat den Messias verworfen – was bedeutet das? Das heißt, jetzt geht das Evangelium zu den Heiden. Nicht irgendwann später, sondern jetzt. Die Tür öffnet sich für die Heiden, weil die Israeliten den Messias verworfen haben.

Wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was ist das Annehmen anderes als Leben aus den Toten? Nicht: Was wird das Annehmen in tausend Jahren sein? Paulus spricht nicht von etwas, das in zweitausend Jahren geschehen wird. Nein, Paulus spricht von seiner Zeit und von seinen geliebten Juden, die er zur Eifersucht reizen möchte. Um diese Juden geht es ihm.

Er sagt: Wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist – die Heiden, die dürfen jetzt alle kommen. Natürlich kommen nicht alle, aber die, die sich bekehren. Viele, viele Heiden bekehren sich und werden versöhnt mit Gott.

Wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was ist das Willkommenheißen, das Annehmen, anderes als Leben aus den Toten? Wenn sie jetzt von Gott wieder angenommen werden, weil sie sich durch das Reizen zur Eifersucht endlich entschließen, den Messias wieder anzunehmen, dann nimmt Gott sie an.

Und was bedeutet das für Israel? Was bedeutet das für sie? Leben aus den Toten. Hier steht nicht Auferstehung. Es geht hier nicht um das Thema Auferstehung. Wenn Paulus Auferstehung gemeint hätte, hätte er geschrieben: Auferstehung aus den Toten, so wie er es sonst immer tut.

Wenn er von Auferstehung spricht, wenn er die leibliche Auferstehung meint, dann sagt er ausdrücklich Auferstehung. Überprüfen Sie das: Der Apostel Paulus sagt nie "Leben aus den Toten", wenn er von der leiblichen Auferstehung spricht.

Es geht hier nicht um die leibliche Auferstehung, sondern um einen geistlichen Tod. Israel liegt im Tod, und wer das Alte Testament kennt, weiß, was das bedeutet.

Das Bild der Totengebeine und die Hoffnung auf geistliches Leben

Vielleicht kennen Sie die Stelle im Alten Testament, in der vom Tod Israels die Rede ist. Was hat Gott mit dem abtrünnigen Israel gemacht? Was Gott verlassen hat, hat er nach Babylon geschickt. Und was geschieht dort? Dort erfahren sie den Tod. Wenn sie nicht im Land sind, ist Israel geistlich tot.

Was sagt Gott durch Hesekiel zu diesem Volk Israel? In Hesekiel Kapitel 37 finden wir ein eindrucksvolles Bild. Hesekiel, der damals lebte, als die Israeliten in der babylonischen Gefangenschaft waren, erhielt von Gott eine Weissagung über die Zukunft Israels. Er sagte ihnen: Das Haus Israel ist wie Totengebeine, die irgendwo herumliegen. Doch jetzt zeigt Gott Hesekiel etwas.

In der Vision sieht Hesekiel Totengebeine, die sich zu bewegen beginnen und sich zusammenlegen. Dann kommt Haut über die toten Gebeine, und aus ihnen entstehen leblos wirkende Körper. Gott sagt zum Geist, dass er in diese leblosen Körper hineinfahren und ihnen Leben geben soll.

Gott selbst erklärt Hesekiel die Bedeutung dieser Vision. Ich darf Ihnen aus Hesekiel Kapitel 37, Vers 21, vorlesen:

"So spricht der Herr: Siehe, ich will die Kinder Israel aus den Völkern, unter welchen sie zerstreut sind, zurückholen. Ich will sie von überall her sammeln und in ihr Land führen."

Israel war nicht nur in einem Land. Es gibt viele Stellen, die zeigen, dass, als Israel von Nebukadnezar weggeführt wurde, sie in viele Völker verteilt wurden. Gott sagt nun, dass er sie zurückführen wird.

Hesekiel prophezeit nicht etwas, das erst 2500 Jahre später geschehen wird. Nein, er spricht von den Ereignissen, die in den nächsten Jahren eintreten werden. Es geht um Israel damals. Die Rückführung geschah im Jahr 538 durch Kyrus. Die Israeliten kamen aus den Völkern zurück.

Lesen wir weiter:

"Ich werde sie sammeln von überall her und sie in ihr Land führen. Ich werde sie im Lande auf den Bergen Israels zu einem einzigen Volk machen."

Vorher waren sie immer zwei: Juda und Israel, das Nordreich und das Südreich. Diese zwei Gruppen waren oft zerstritten. Nun aber würde Gott sie zu einem einzigen Volk machen. Genau das geschah. Als Kyrus die Israeliten 538 v. Chr. zurückführte, war das Volk geeint.

Es kamen nicht nur Juden zurück, sondern auch Angehörige anderer Stämme. Später finden wir zum Beispiel eine Frau aus Asser. Paulus spricht später vom zwölfstämmigen Volk. Es waren nicht nur Juden, die zurückkamen. Natürlich kehrten nicht alle zurück, aber die, die es taten, vereinten sich und bildeten kein zweigeteiltes Volk mehr.

Gott sagt weiter:

"Sie sollen alle nur einen einzigen König haben."

Wann hatten die Israeliten einen König? Als sie zurückkamen, gab es keinen König und auch keinen Geist. Die Israeliten warteten darauf, dass ein König kommen würde. Sie warteten im Jahr 537 und in den folgenden Jahren, im Jahr 400, 300, 200, 100 vor Christus. Schließlich kam die Zeit, als Jesus geboren wurde – der König kam nach Israel.

Gott sagt weiter:

"Sie sollen nicht mehr zwei Völker bilden oder in zwei Reiche geteilt sein. Sie sollen sich nicht mehr mit ihren Götzen, Gräueln und Übertretungen verunreinigen. Ich will sie aus allen Wohnorten, in denen sie gesündigt haben, heraushelfen, sie reinigen. Sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein."

Wie war das mit den Israeliten? Der Messias kam und verkündete: Kommt zu mir, lasst euch reinigen, tut Buße! Er sprach von Sündenvergebung. Die meisten Israeliten wollten nicht hören, aber einige taten es.

Was geschieht mit den wenigen Israeliten, die hörten? Sie wurden gereinigt. Gott sagt:

"Mein Knecht David soll ihr König sein."

Wir wissen, wer dieser Knecht David ist: Er ist der, der sich nach Golgatha, wo er sein Blut vergossen hat, auf den Thron Davids gesetzt hat – zur Rechten Gottes.

Gott sagt weiter:

"Sie sollen alle einen einzigen Hirten haben."

Was hat Jesus gesagt? Er ist der gute Hirte, der einzige Hirte.

Sie werden in meinen Rechten wandeln und meine Satzungen beobachten und tun. Jesus sagte:

"Das ist der Bund, den ich mit euch schließen werde, der neue Bund in meinem Blut."

Das war die Erfüllung dessen, was Jeremia angekündigt hatte: "Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres schreiben."

Die Juden, die den Messias annahmen, erhielten den Heiligen Geist, der das Gesetz in ihr Inneres schrieb. Doch sie waren nur wenige – der Überrest, von dem Paulus spricht.

Sie werden wieder im Land wohnen, das Gott seinem Knecht Jakob gegeben hat, darin auch ihre Väter wohnten. Sie haben im Land gewohnt, seit sie 538 zurückkehrten.

Darin sollen sie ihre Kinder und Kindeskinder allezeit wohnen lassen. Gottes Knecht David soll ihr Fürst sein, ewiglich. Ewiglich soll David Fürst über sie sein.

Gott sagt weiter:

"Ich will auch einen Bund des Friedens mit ihnen schließen, einen ewigen Bund."

In Hebräer 13, Vers 20, lesen wir von dem Hirten der Schafe, der aus den Toten herausgeführt hat und den ewigen Bund des Friedens geschlossen hat.

Durch das Blut des ewigen Bundes hat er den großen Hirten der Schafe herausgeführt. Es ist das Blut des ewigen Bundes – ein israelitischer Bund, den Jesus mit dem Haus Israel und dem Haus Juda geschlossen hat.

Gott sagt:

"Ich will sie sesshaft machen und mehren und mein Heiligtum auf ewig in ihre Mitte stellen."

Der gleiche Jesus Christus, der König, hat gesagt, dass er sein Heiligtum ewig in ihre Mitte stellen möchte.

In der Offenbarung lesen wir von einem ewigen Heiligtum, das der Herr aufrichtet. Für wen? Für den Überrest Israels – die Totengebeine.

Israel kehrt zurück, aber es war immer noch tot. Dann kam der Messias. Viele lehnten ihn ab, einige nahmen ihn an.

Paulus sagt: Wenn Israel, wenn dieses Israel noch zur Eifersucht gereizt werden kann und den Messias annimmt, was wäre das anderes als Leben aus den Toten?

Sie werden lebendig, sie erhalten den Geist, der in ihnen wohnt. So entsteht ein Israel, das den Messias liebt – ein Israel, das eine ewige Heimat hat.

Zusammenfassung und Ausblick

Wir müssen zum Text zurückkehren. Ich möchte hier zum Schluss kommen, denn morgen haben wir noch genügend Zeit, diesen Gedanken weiterzuführen.

Wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was ist dann das Annehmen, das Angenommenwerden, anderes als Leben aus den Toten? Der Apostel Paulus sagt in Römer 6,13: „Ihr seid lebendig geworden aus den Toten.“

Es ist die geistliche Lebendigmachung aus den Toten. Paulus fordert: „Stellt eure Leiber Gott zur Verfügung als Lebende aus den Toten.“ Das ist es, was geschieht, wenn sich dieses Volk jetzt zuwendet.

Das Ziel des Paulus war – und wir sprechen hier von den Juden der damaligen Zeit, zur Zeit des Apostels Paulus – diese Juden zur Eifersucht zu reizen, damit sie zum Leben aus den Toten kommen. Das wird hier gezeigt. Auf diese Weise zeigt Paulus, dass für dieses Israel sehr wohl eine Zukunft da ist, eine großartige Zukunft. Und zwar die Zukunft, die im Alten Testament verheißen war.

Morgen wollen wir hier fortsetzen. Vielleicht habe ich jetzt eine ganze Reihe von Fragen aufgeworfen. Nehmen wir sie mit und überlegen wir bis morgen. Wir haben morgen noch einmal eine Stunde Zeit und wollen den zweiten Teil dieses Abschnitts weiter bedenken und prüfen, ob das wirklich aus dem Text hervorgeht.

Wir wollen aufstehen zum Gebet.

Geliebter Vater, ich danke dir, dass wir dich kennen dürfen. Ich danke dir, dass du ein Rettergott bist. Du möchtest Israel retten, und du weißt, welcher Platz der Heilsort für Israel ist: Jesus Christus. Amen.

Vielleicht leiten uns noch einige im Gebet.