Die Herrschaft Jesu im Leben erkennen und annehmen
Ich muss mein Leben unter seine Herrschaft stellen, so dass es ihm gefällt. Das bedeutet, dass wir in dieser Stunde alle ansprechen wollen. Dabei geht es zunächst um die Frage der Herrschaft Jesu in unserem Leben.
Jeder ist hier gemeint: Egal, ob du ledig bist, verheiratet, Kind, erwachsen, jung oder alt – das spielt keine Rolle. Alle von uns befinden sich irgendwo in einer Familiensituation, und jeder hat einen Auftrag in dieser Welt. Diesen Auftrag können wir jedoch nicht wahrnehmen, wenn wir nicht richtig vor dem Herrn wandeln.
Ihr werdet gleich sehen, dass ich kein Künstler bin, aber ich hoffe, dass klar wird, was hier gemeint ist. Manche von euch kennen diese drei Kreise von Campus für Christus sehr gut, bekannt durch die mitteilbaren Konzepte, wie die sogenannten vier geistlichen Gesetze.
Hier auf der linken Seite sehen wir ein Leben unter der Herrschaft des eigenen Ichs. In diesem linken Kreis steht ein Thron, und auf diesem Thron sitzt mein Ego. Ein Mensch, der unter seiner eigenen Herrschaft lebt, hat verschiedene Bereiche seines Lebens. Diese Bereiche sind mehr oder weniger in einem Durcheinander und Chaos, wenn sie unter eigener Herrschaft und Regie gelebt werden.
Jesus Christus ist in diesem Leben außen vor. Dieser Mensch lebt für sich selbst, nach eigenem Gutdünken, eigener Kraft und eigener Ausrichtung.
Dann begegnet Jesus Christus unserem Leben. Er kommt in uns hinein und übernimmt den Thron unseres Lebens. Das habe ich nie vergessen: Unsere Persönlichkeit wird dabei nicht vernichtet, sondern entthront. Jesus übernimmt die Herrschaft über unser Wesen und unser Leben und beginnt, durch uns effektiv zu wirken.
Es ist nicht mehr ein Leben nach dem eigenen Ich, sondern ein Leben nach dem Plan Jesu – ein Leben, das ihm gefallen soll. Ein Leben durch seine Vergebung und durch die Kraft seines Heiligen Geistes.
Er bestimmt, wohin es geht, wie lange es dauert, warum es so ist. Er bestimmt mein ganzes Sein, mein Wesen, mein Denken, mein Handeln und mein Reden.
Das ist ein geistlicher Christ – ein Mensch, der unter der Führung und in der Herrschaft Jesu lebt.
Herausforderungen im Glaubensleben und die Entscheidung zur Hingabe
Es gibt viele Christen, die in diesem Bereich nach dem dritten Kreis beschrieben werden können. Sie haben Christus als ihren Retter, das Kreuz ist Teil ihres Lebens, wie es hier steht. Paulus sprach solche Menschen in 1. Korinther 2 an: „Ich wollte euch geistlich ansprechen, aber ich konnte nicht, denn ihr wart nicht geistlich, sondern fleischlich.“ Sie sind zwar wiedergeboren, leben aber dennoch nach eigener Regie und unter eigener Herrschaft.
Diese Menschen stehen vor einer wichtigen Entscheidung. Wenn du heute Nachmittag in diesen dritten Kreis passt, dann ist Christus zwar dein Retter, du weißt um die Ausrichtung deines Lebens und bist himmelgerichtet. Dein Leben geht also auf den Himmel zu, aber es wird noch nach eigener Regie geführt. Es geht darum, ob du den Herrschaftswechsel wirklich vollziehst und Christus die Herrschaft über dein Leben übergibst.
Ich selbst habe mit siebzehn Jahren bewusst die Entscheidung getroffen, Christus die Herrschaft über mein Leben zu übergeben. Zuvor, mit acht Jahren, bin ich bewusst zum Glauben an Christus gekommen. Mit siebzehn habe ich die Frage meiner Zukunft endgültig geklärt: Herr, ich will für dich leben. Mir war schon damals klar, dass es dem Herrn überlassen bleibt, ob ich in der Mission oder im vollzeitlichen Dienst stehe oder später in einer Gemeinde tätig bin. Aber ich stellte mich ihm völlig zur Verfügung, egal was kommt.
1973 musste ich durch einen Strafzettel der Polizei erkennen, dass mein Leben immer noch unter meiner eigenen dickköpfigen, egoistischen Herrschaft stand. Ich war in Stuttgart auf dem Rückweg von einem Verkündigungsdienst und hatte einige Verkehrsvorschriften missachtet. Einige Wochen später erhielt ich einen Strafzettel. Ein Polizist hatte mich beobachtet, meine Kennnummer notiert und mir einen freundlichen Brief über mein Vergehen geschickt.
Jesus Christus sprach mich zu dieser Zeit durch diesen Strafzettel an. Ich wusste, dass ich zu schnell und unkorrekt gefahren war und dass ich mein Leben unter seine Regie stellen sollte. Trotzdem ärgerte ich mich mehr über den Strafzettel als über mein Fehlverhalten. Ich zahlte die 30 oder 40 Mark Strafe und beließ es dabei.
Ein paar Wochen später, auf dem Weg zu einem anderen Dienst, fuhr ich 115 Kilometer pro Stunde auf einer vierspurigen Straße, auf der 80 km/h erlaubt waren. Ich wurde von einem Radar erwischt. Ein freundlicher Polizist winkte mich an den Straßenrand, fragte nach meinem Beruf, und als ich sagte, ich sei Pastor, meinte er zynisch: „Ach, auch die fahren mal schnell.“ Das beschämte mich sehr, weil ich durch mein Verhalten Schande über den Namen meines Herrn gebracht hatte. Ich lebte nach eigener Regie, nach meinem eigenen Wohlwollen – auch was meinen Fahrstil anging.
Ein paar Wochen später erhielt ich einen dritten Strafzettel. Insgesamt hatte ich nun mehr als 250 Mark Strafe für diese drei Verstöße bezahlt. Das brachte mich zum Nachdenken: Wer regiert eigentlich mein Leben? Ich gehörte eigentlich zum dritten Kreis, Christus war in meinem Leben, ich predigte und verkündigte, aber die Entscheidung, wie ich Gas gebe, traf ich nach meinem Gutdünken.
Ich hatte mir gesagt, ich fahre so, dass ich im Rückspiegel sehe, ob ich nicht erwischt werde. Wenn nicht, ist alles in Ordnung. Doch 1973 erkannte ich, dass diese Haltung grundlegend unbiblisch ist. Christus hat die staatliche Gewalt eingesetzt, und ich muss nicht sündigen, indem ich 80 km/h überschreite, wo 80 vorgeschrieben sind.
Ich missachte damit keine Gebote der Schrift, sondern sehe die Gesetzgebung als von Gott gegeben an. Meine Missachtung der Geschwindigkeitsregelung ist eine Missachtung der Gebote Gottes – ich sündige gegen Gott. Das hatte ich bis dahin nicht so verstanden. Ich fuhr einfach, wie ich wollte.
In den folgenden Monaten begann ich, tief über mein Leben nachzudenken. Ich bekannte meine Sünde dem Herrn. Meine Frau war natürlich etwas verärgert über mich, und wir sprachen oft bis spät in die Nacht darüber, wohin unser Leben gehen soll.
Diese Zeit der Züchtigung durch den Herrn war gut für mich. Ich lernte, dass mein Leben nicht unter meiner Herrschaft stehen darf. Ich wiederholte in diesen Tagen immer wieder das, was man das „abhängige Leben“ nennt. Hudson Taylor nannte es das „ausgetauschte Leben“: Nicht mehr mein Ich steht in der Herrschaft, sondern Christus allein herrscht über mein Leben.
Das ist es, was hier gemeint ist: Nicht mehr mein Wille, sondern sein Wille. Wir sagen ja so leicht: „Dein Wille geschehe, nicht mein Wille.“ Diese Worte kommen uns leicht über die Lippen, aber häufig fehlt die tiefe Herzensbedeutung dahinter.
„Dein Wille geschehe“ in meinem Fahrstil, in meinem Umgang mit meiner Frau oder meinem Mann, in meinem Umgang mit meinen Kindern und Eltern. Sein Wille ist gut. Er will nur das Beste für uns.
Die Bedeutung geistlicher Reife und das Leben unter Jesu Herrschaft
Ende des Jahres hatte ich das Vorrecht, an einer Tagung von Campus für Christus teilzunehmen. Daher stammen auch die drei Kreise. Auf dieser Tagung lernte ich neu das kennen, was ich schon Jahre zuvor gehört hatte, nämlich dass Christus in meinem Leben dominant sein will.
Ich bin dorthin gegangen und dachte, vielleicht lerne ich das Geheimnis des christlichen Sieges. Und wisst ihr was? Es ist ein offenes Geheimnis. Alle Leute, die ich über den Sieg in Christus gelesen habe, haben genau dasselbe gesagt – nur mit vielleicht anderen Worten formuliert.
Das ausgetauschte Leben von Hudson Taylor, das Leben in der Abhängigkeit von Georg Müller und das Leben nach dem Willen Gottes, wie es andere Gottesmänner und -frauen der Vergangenheit und Gegenwart beschrieben haben, ist ein Leben unter seiner Herrschaft. Und das ist ein offenes Geheimnis des Sieges. Christus hat dieses Geheimnis nicht versteckt.
Das Problem von Roger Pugh im Jahr 1973 war, dass er nach seinem eigenen Willen leben wollte. Das Problem von uns allen ist, dass wir unser Ich entthronen müssen. Wir leben in einer schnelllebigen Gesellschaft und wollen irgendwo eine Tablette schlucken, die plötzliche Gesundheit bringt. Wir wollen einen Knopf drücken und plötzlich alle Daten vor uns haben. Wir leben in der Knopfdruckzeit und wollen schnell alles haben.
Und wisst ihr was? Geistliche Reife kommt nicht schnell. Geistliche Reife ist ein Wachstumsprozess, bei dem wir die Herrschaft über unser Leben abgeben und in der Ähnlichkeit Jesu wachsen.
Jeder von uns ist gemeint – ledig, verheiratet, Mann, Frau, jung, alt, Kind, Vater – das ist völlig egal, welchen Stand oder welche familiäre Situation wir haben. Christus meint dich unter seiner Herrschaft.
Und die Frage zu Beginn heute Nachmittag ist: Bist du bereit zu sagen, ich will deinen Geist durch mich regieren lassen und unter deiner Herrschaft reden lassen? Das ist die Hauptfrage dieser Tage.
Wir brauchen eigentlich nicht allzu viel über die Familie zu sagen. Wenn Gottes Geist in uns regiert und wir die Liebe Jesu haben, finden wir den Weg über seine Liebe. Aber wir wollen lernen, unter seiner Herrschaft zu leben und dann durch seine Herrschaft in der Welt effektive Diener zu sein.
Man kann dienen, man kann aktiv sein, ohne effektiv zu sein. Aber wenn Gottes Geist uns regiert, dann kommt die Effektivität unseres Dienstes, die Wirksamkeit, sodass Gott durch uns wirkt – nicht wir reden, nicht wir tun, sondern er wirkt durch uns.
Es ist die Frage: Wer hat die Herrschaft über dein Leben? Wer sitzt an der Lenkstange deines Lebens? Wer hat das Lenkrad in der Hand? Wer führt und regiert deine Gedanken, das, was du liest, wohin du gehst, was du mit deiner Zeit tust? Wer entscheidet diese Dinge? Gibst du diese Dinge an den Herrn, damit er bestimmt, oder bestimmst du und bittest dann um eine Absegnung vom Herrn?
Die erste Frage des Nachmittags lautet: Wer regiert? Wenn er regiert, dann haben wir die Möglichkeit, wirksam zu sein in dem Familienstand, in dem wir stehen.
Die Bedeutung des ledigen Zustands im Dienst Gottes
Das zweite Thema, das ich heute Nachmittag ansprechen möchte, betrifft diejenigen unter uns, die ledig sind. Entweder waren sie nie verheiratet – warst du nie verheiratet? – oder sie sind verwitwet oder geschieden.
Ich möchte bitten, dass wir 1. Korinther 7 lesen. Dieses Kapitel gibt uns Aufschluss über den Stand des Verheiratetseins und des Ledigseins.
Vor einigen Jahren habe ich zum ersten Mal über die Familie gesprochen und dabei gemerkt, dass ich die Ledigen übersehen hatte. Vor allem, weil sie mich angesprochen hatten, wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, auch sie mit einzubeziehen. Selbst wenn man über Familie spricht, kommen Ledige doch aus einer Familie, sind Kinder einer Familie und haben auch die Möglichkeit, in dieser Familie zu dienen.
In 1. Korinther 7, Vers 20 heißt es: „Jeder bleibe in dem Stand, darin er berufen worden ist.“ Bist du als Sklave berufen worden, so sei deshalb ohne Sorge. „Kannst du aber frei werden, so benutze es lieber, denn der im Herrn berufene Sklave ist ein Freigelassener des Herrn, desgleichen auch der berufene Freie ein Knecht Christi. Ihr seid teuer erkauft. Werdet nicht der Menschen Knechte, Brüder, es bleibe ein jeglicher vor Gott in dem Stand, worin er berufen worden ist.“
In Vers 32 sagt Paulus: „Ich will aber, dass ihr ohne Sorgen seid. Der Unverheiratete ist für die Sache des Herrn besorgt, wie er dem Herrn gefalle. Der Verheiratete aber sorgt für die Dinge der Welt, wie er der Frau gefalle, und ist geteilt.“ Ebenso ist es bei der Frau: „Die Frau, die keinen Mann hat, und die Jungfrau ist besorgt um die Sache des Herrn, dass sie heilig sei am Leibe und am Geist. Die Verheiratete aber sorgt für die Dinge der Welt, wie sie dem Mann gefalle.“
Paulus fügt hinzu: „Das sage ich aber zu eurem eigenen Nutzen, nicht um euch eine Schlinge um den Hals zu werfen, sondern damit ihr in allem Anstand und ungeteiligt bei dem Herrn verharren könnt.“
In Vers 25 spricht Paulus über die Jungfrauen: „Ich habe aber keinen Auftrag vom Herrn, ich gebe aber ein Gutachten als einer, der vom Herrn begnadigt worden ist, treu zu sein. So halte ich nun um der bevorstehenden Not willen es für richtig, dass es nämlich für einen Menschen gut sei, so zu sein.“
Er sagt weiter: „Bist du an eine Frau gebunden, so suche keine Lösung. Bist du los von der Frau, so suche keine Frau.“
Paulus beschreibt hier den ledigen Zustand als einen von Gott gewollten Zustand für manche Personen.
Bist du heute ledig, so ist das erste, was die Schrift dazu sagt: Sag ja zu diesem Weg Gottes für dich. Wir singen ja das Lied: „Sag ja zu Gottes Wegen, Gottes Wege sind immer gut.“
Es gibt Ledige unter uns, die sich damit abfinden müssen, ledig zu sein. Aber den Ledigen sagen wir, die Verheirateten, dass es auch Verheiratete gibt, die sich damit abfinden müssen, verheiratet zu sein. Denn es ist nicht immer leicht, verheiratet zu sein, genauso wenig wie es immer leicht ist, ledig zu sein. Beide Situationen haben ihre Vorteile und Nachteile.
Den Ledigen sagen wir ganz deutlich, als Verheiratete, dass dieser Text der Schrift vollkommen Recht hat. Wir haben eine geteilte Haltung. Ich weiß das aus eigener Erfahrung: Wenn ich irgendwohin zum Dienst fahre, alleine weg von der Familie, habe ich in dem Moment eigentlich keinen Anhang.
Als ich sechs Wochen von meiner Familie weg war, habe ich meine Zeit tagsüber so eingeteilt, wie ich konnte und musste, je nach den Bedürfnissen. Leute kamen und fragten: „Kann ich um fünf mit dir sprechen?“ – „Gut, ich komme um fünf.“ „Kann ich um sieben kommen?“ – „Gut, komme um sieben.“ Wir trafen uns dann weiter um neun, manchmal auch um Mitternacht, und am nächsten Morgen ging es schon um sechs los mit manchen Gesprächen, je nachdem.
Ich war ungeteilt und frei, meine Zeit für den Dienst einzuteilen. Eine ledige Person ist auch beweglicher, was den Dienst betrifft. Das ist ein Vorteil, der aus diesem Text hervorgeht.
Nutze diesen Vorteil, wenn du ledig bist. Sei froh darüber und nutze ihn voll aus in deinem ledigen Zustand.
Wenn du verheiratet bist, ist man nicht so beweglich, das kann ich bezeugen. Ich habe vier Kinder, wir haben Verantwortung füreinander. Wir haben uns zu dieser Verantwortung entschlossen. Es ist ein guter Stand, aber er bringt Verantwortung mit sich.
Daher sage ich auch den Ledigen heute: Freut euch darüber, dass der Herr euch bis jetzt als ledig gehalten hat und dass ihr diesen Stand bejahen könnt, in dem ihr jetzt noch steht oder vielleicht jetzt wieder steht, wenn ihr geschieden oder verwitwet seid.
Christus will, dass wir lernen, erstens ein Ja dazu zu sagen und zweitens mit der Gabe zu dienen, die er uns gegeben hat.
Dienstmöglichkeiten für Ledige und Beispiele aus der Missionsgeschichte
Es gibt gute Dienstmöglichkeiten für Ledige. Vielleicht ist es hilfreich, kurz einige dieser Möglichkeiten anzusprechen. Welche Dienste in der Gemeinde Jesu oder in der Welt können ledige Personen übernehmen? Lassen Sie uns einige Beispiele nennen.
Eine wichtige Möglichkeit ist, dass Ledige oft mehr Zeit für den Dienst am Herrn haben, da sie keine familiären Verpflichtungen haben. Das bedeutet, sie können mehr Dienstzeit investieren. Außerdem eignen sich Dienste, die Schichtarbeit erfordern, zum Beispiel als Krankenschwester, da sich Ledige leichter abwechseln können.
Ein weiterer Punkt ist, dass eine ledige Person, wie zum Beispiel eine Diakonisse, mit wenigen finanziellen Mitteln viel Zeit in die Not anderer Menschen investieren kann. Das ist sehr wichtig.
Weil sie anhangslos sind, haben sie leichter Zugang zu bestimmten Diensten und gefährden dabei nicht andere Personen. Auch in der Freizeitarbeit sind sie flexibel, da sie nicht von Schulferien oder ähnlichem abhängig sind. Das ist ebenfalls von großer Bedeutung.
Ledige können andere Ledige oft besser verstehen und daher fundierte Gespräche mit ihnen führen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen eine Frage stellen: Was haben Sie in Ihren Berichterstattungen über die Ermordung der fünf missionarischen Männer in Ecuador und von den Auker-Indianern in den fünfziger Jahren erkannt?
Sie wissen ja von den wieder freigestellten Frauen, den ledigen Frauen, die keine Männer mehr hatten. Sie zogen als Frauen, ledig und teilweise mit Kindern, zu den Auker-Indianern. Weil sie anhangslos waren, hatten sie eine besondere Freiheit.
Man stellte später fest, dass die Auker-Indianer die Männer als Bedrohung empfanden, als diese zuerst kamen. Als jedoch die Frauen mit der vergebenden Liebe Jesu kamen, wurde das Evangelium glaubwürdiger angenommen. Heute gibt es eine gläubige Gemeinde unter den Auker-Indianern, hauptsächlich dank dieser ledigen Frauen. Sie gingen anhangslos und frei zu den Auker-Indianern und konnten vergebend das Evangelium hineintragen. Dafür gebührt ihnen große Anerkennung.
Jahre später durfte ich auch die Frau von Rachel Saint kennenlernen, die hier in Deutschland zu Besuch war. Kennen Sie das Buch „Dschungelpilot“? Ich empfehle es herzlich. Auch „Im Schatten des Allmächtigen“ von Elizabeth Elliot ist vielleicht einigen bekannt. Ich empfehle diese Bücher, die über dieses Ereignis geschrieben wurden, sehr. Es sind Bücher von Frauen Gottes, die Gott in einer Zeit gebraucht hat, in der sie anhangslos waren. Gott sandte sie aus, um einen Stamm von Menschenfressern zu Jesus Christus zu bringen.
Ich spreche hier vom ledigen Zustand in diesem besonderen Moment. Weil sie anhangslos waren, die Sprache beherrschten und einen besonderen Auftrag sahen, den Mördern ihrer Männer das Evangelium zu bringen, hatten sie eine offene Tür, die sonst niemand hatte.
Auch im ledigen Zustand gibt es offene Türen, die niemand sonst hat. Diese Türen sollten genutzt werden, um das Evangelium zu verkünden.
Ledige Menschen sind oft allein, aber sie sollten nicht im Einzelgänger-Christentum leben. Wir sprechen hier von Ledigen, die anhangslos sind, wie zum Beispiel Diakonissen. Sie stehen meistens in einer Gruppe oder einem Team zusammen.
Ein Team von Ledigen unterscheidet sich von einem Team Verheirateter. Jedes verheiratete Paar hat auch Aufgaben außerhalb des Teams. Ein Team von Ledigen konzentriert sich meist ausschließlich auf die gemeinsame Aufgabe. Dennoch brauchen sie Gemeinschaft und sollten in ein Team eingebettet sein, auch wenn sie ledig sind.
Ich halte es für sehr wichtig, dass Ledige nicht isoliert im Einzelgänger-Christentum dienen. Das sollte auf keinen Fall geschehen. Sie sollten sich mit anderen Christen verbinden, selbst wenn sie nicht verheiratet sind, und gemeinsam den Dienst tun.
Teamarbeit und die Balance im Dienst
Zwei Fragen hierzu. Paulus wusste um die kurze Zeit und auch um die Notwendigkeit, die Welt heute zu retten. Der Sendebefehl war im Alten Testament anders, das stimmt. Doch man merkt bei Paulus, wenn man die Apostelgeschichte liest, dass mindestens zehn verschiedene Teams in der apostolischen Zeit gebildet wurden. Wir wissen auch um die Notwendigkeit von Teamarbeit.
Aber hier sprechen wir von Ledigsein und Verheiratetsein, nicht unbedingt von Team oder Nicht-Team. Ich denke, man sollte hier unterscheiden: Ledigsein in der Gemeinde Jesu um der bevorstehenden Not willen, also der Trübsalszeit (1. Korinther 7), und auch um der großen Aufgaben willen. Es ist problemlos möglich, dem Herrn auch im ledigen Zustand zu dienen – eben wegen dieser beiden genannten Gründe.
Herr Präsident, ich preise den Herrn für jeden, der alleine gehen und auch stehen bleiben kann. Wir waren sieben Jahre lang als Ehepaar alleine in unserem Dienst in Stuttgart. Wenn ich es noch einmal machen müsste, würde ich es nie wieder tun, sage ich ganz offen. Sieben Jahre sind eine lange Zeit, als Ehepaar ganz alleine zu dienen, ohne Team. Aber der Herr bewahrte uns.
Der Herr segnet auch den alleinstehenden Bruder, der irgendwo in einer Großstadt hingeht und das Evangelium verkündet. Ich bin dankbar für die Gnade des Herrn, die auch durch alleinstehende Diener wirkt – manche sind mutige Diener, die gehen, und vielleicht sind sie sogar bahnbrechend.
Doch die Frage stellt sich: Wie wäre es, wenn er, wie Paulus, einen Timotheus mitnähme, ihn schulte und sie zusammenarbeiteten? Paulus ging oft mit Teams. Er diente und verkündigte, während andere die Nacharbeit leisteten, Jüngerschaftsschulung machten und die Gemeinde formten.
Könnte es nicht sein, dass manche, die Einzelgängertum in ihrem Dienst praktizieren, viel effektiver wären, wenn sie sagen würden: „Ich multipliziere meine Effektivität, indem ich ein paar Leute mitnehme“? Nichts dagegen, dass das Evangelium von Einzelgängern verkündigt wird. Ich preise den Herrn, dass es so gemacht wird.
Meine Frage ist, ob nicht mehr Effektivität herauskäme durch Mitarbeit mit anderen. Eine ledige Person muss nicht fallen. Vor allem möchte ich hier noch einmal die Notwendigkeit unterstreichen, eingebettet zu sein – in eine geistliche Gemeinschaft, eine gute Gemeinde und geistliche Gemeinschaft. Von diesem Fundament aus hat die ledige Person gute Dienstmöglichkeiten und muss nicht unbedingt scheitern, nur weil sie ledig ist.
In diesem Fall sagt Paulus auch, dass die ledige Person sich allein dem Herrn widmen kann und den Herrn sozusagen als ihren Ehemann hat. Ich kann das von meiner Mutter bezeugen, die jetzt über siebzig ist und verwitwet. Man würde sagen: „Gut, sie könnte wieder heiraten.“ Ich würde es ihr gönnen, wenn der Herr so führen würde, aber ich denke nicht, dass es dazu kommt – ich weiß es nicht.
Ich weiß aber, dass sie sich in dieser Zeit am Herrn genügt, weil sie keinen Ehemann hat. 49 Jahre Ehe, gute Jahre, aber jetzt im neuledigen Zustand, in dem sie alleine steht, dient sie dem Herrn auch so. Wir persönlich staunen darüber, wie sie dem Herrn dient, natürlich im Rahmen der Gemeinde. Sie tut viele Dienste innerhalb des Kreises der Gemeinde mit der Unterstützung anderer Christen.
Es ist vielleicht ein heikles Thema für manche, aber ich möchte es nicht so gesehen wissen. Ich sehe es nicht als problematisch. Der Herr segnet sowohl den einen als auch den anderen Stand und bewahrt beide. Ich bin dankbar, dass wir sehen dürfen, dass wir uns gegenseitig dem Herrn empfehlen dürfen.
Vor allem möchte ich uns davor warnen, irgendeine Wertschätzung oder Bemerkungen über den niedrigen Stellenwert oder Ähnliches von ledigen Personen fallen zu lassen. Ohne den Dienst von ledigen Personen wäre viel in der Mission überhaupt nicht denkbar gewesen – vor allem der Dienst mancher lediger Frauen.
Wir hätten nicht einmal einen Bruchteil dessen erlebt, was in der Weltmission geschehen ist, wenn es nicht den Dienst dieser Personen gegeben hätte. Ich bin sehr, sehr dankbar und denke, wir sind alle zu Dank verpflichtet für das, was durch den Dienst von alleinstehenden Menschen geschehen ist, die ihr Leben dem Herrn geopfert und gewidmet haben – auch im Dienst an anderen Menschen.
Ehepaare im Dienst und die Bedeutung der Ehequalität
Die Frage bei Ehepaaren betrifft den dritten Bereich. Zunächst geht es um die Fülle des Geistes, dann folgt ein Wort an die Ledigen, und drittens ein Wort an die Ehepaare unter uns.
Ich denke, das, was wir in den letzten Tagen über das Eheleben gehört haben, sollte hier im Mittelpunkt stehen: Regle deine Beziehung zu deinem Ehepartner. Es muss nicht ständig an der Beziehung gearbeitet werden, wenn man hat, um zu geben.
Vor ein paar Jahren war ich auch in vorehelichen Seelsorgegesprächen tätig. Übrigens gibt es irgendwo ein paar Umschläge, die vorbereitet werden können, falls du gerade die Unterlagen für voreheliche Seelsorge haben möchtest. Wir zirkulieren Umschläge. Schreibe bitte deine Anschrift darauf, und ich schicke sie euch dann nächste Woche zu. So muss ich die Umschläge nicht selbst adressieren, und ihr könnt sie erhalten. Ich wäre dankbar, wenn vielleicht eine Mark für die Portokosten beigelegt werden könnte. Damit hätte es sich.
In dieser Zeit, als ich vielleicht fünf oder sechs Hochzeiten in einem Jahr hatte, stöhnte ich zwölf Stunden mit jedem Paar. Sechs Hochzeiten fanden innerhalb von vielleicht acht Wochen statt. Dann kam die Vorbereitung dazu. Ich habe gedacht: „Oh Herr, Montagnachmittag um fünfzehn Uhr ein Gespräch von zwei Stunden mit einem Paar, dann um neunzehn Uhr Montagabend ein Gespräch mit einem anderen Paar.“ Ich wusste nicht mehr, ob ich im zweiten Gespräch mit dem ersten Paar oder im dritten Gespräch mit dem zweiten Paar war. Wo war ich überhaupt?
Ich habe den Paaren immer gesagt: Haltet euch fest, wo wir aufgehört haben, damit wir beim nächsten Gespräch dort weitermachen können, wo wir aufgehört haben. Ich konnte es von Gespräch zu Gespräch nicht behalten. Es waren einfach zu viele, und ich war ermüdet.
Dann habe ich mich hingesetzt und mir gesagt: Eine gesunde biblische Gemeinde besteht aus gesunden biblischen Paaren. Die Familie ist die kleine Zelle der Gemeinde. Wenn die Gemeinde in ihren Zellen gesund ist, dann ist auch der Organismus gesund.
Der Grund, warum so viele Gemeinden heute krank sind, ist, dass die Ehen krank sind – von oben bis unten. Neulich habe ich die Frage gestellt: Von hundert Paaren in einer Gemeinde, die ihr kennt, wie viele würdet ihr auf einer Skala von eins bis zehn, wobei zehn sehr hoch ist, mit der Qualität acht bis zehn bewerten? Die Antwort war: weniger als fünf Paare von hundert. Schade und tragisch – in einer Gemeinde, in der das Wort Gottes verkündigt wird, muss man so ein Urteil über die schlechte Ehequalität fällen.
Ich garantiere euch: Wenn die Qualität der Ehe nicht stimmt, dann ist auch die Qualität des Dienstes nach außen hin gering. Die Wirksamkeit der Familie in der Welt ist sehr gering.
Daher ist meine Ermutigung und Ermahnung an die Ehen unter uns: Ich möchte das mit allem, was ich kann, einschärfen – bringe deine Ehe in Ordnung. Durch diese jungen Paare und die Gespräche mit ihnen haben wir das tatsächlich entdeckt: Sie wurden gesund in ihrer Beziehung zueinander. Sie heirateten, und wie das häufig der Fall ist bei jungen Paaren, bekommen wir vielleicht eine Dreiviertelstunde oder eine halbe Stunde mit dem Pfarrer oder Pastor vorehelich. Man spricht dort über die Trauzeremonie und über nichts anderes.
Ein paar Worte werden vielleicht gewechselt, und ein kurzes Gebet, dass der Herr diese Beziehung segnen möge. Aber sonst keine Vorbereitung. Sie heiraten, und in den ersten zwei Jahren sieht man sie überhaupt nicht im Gottesdienst, vielleicht auch vier oder fünf Jahre nicht. Man fragt ein bisschen nach, und dann stellt man fest: An der Beziehung hapert es hinten und vorne. Sie sind ständig zerstritten, verstehen die Welt nicht mehr und wissen nicht warum.
Es braucht manchmal Jahre, bis sie zurechtkommen. In diesen Jahren ist ihr Dienst für die Gemeinde verloren gegangen. Ihr Dienst in der Welt ist verloren gegangen, weil sie nur mit sich selbst beschäftigt sind.
Daher möchte ich ermutigen: Bring deine Ehesituation unter die Herrschaft Jesu in Ordnung, so dass Christus die Herrschaft hat und Liebe zwischen euch als Paar funktioniert. Die Liebe soll herrschen und deutlich, täglich und regelmäßig zum Ausdruck gebracht werden und gebracht werden können.
Ladet andere mit ein und motiviert sie ebenfalls, mitzukommen im Dienst und in der Liebe an der Welt.
Vorteile des Dienstes für Ehepaare
Ich denke dabei an die Vorteile, die Eheleute im Dienst haben. Wenn wir vorhin über die Vorteile des Dienstes gesprochen haben, können wir vielleicht kurz austauschen, welche Vorteile ein Ehepaar im Dienst hat. Ich möchte einige Gedankenanregungen geben.
Was sehen wir als die Vorteile des Dienstes an, die Eheleute haben? Was denken wir?
Ja, sie haben die Möglichkeit, jemanden in die Geborgenheit ihrer Familie aufzunehmen und für eine Zeit, vielleicht auch für längere Zeit, bei sich zu beherbergen. Außerdem können sie Eheberatung geben, weil man im ledigen oder verheirateten Zustand aus der eigenen Erfahrung mit dem Herrn in der Ehe sprechen kann.
Durch Kinder hat man sehr schnell Kontakt zu Nachbarn, zu Leuten aus dem Kindergarten, anderen Eltern, den Leuten vom Elternabend in der Schule und weiteren Gelegenheiten, die sich über die Kinder ergeben. Man braucht manchmal nur auf der Straße zu laufen, da kommen Leute auf einen zu, um mit dem Kind zu sprechen, und so kommt man leicht ins Gespräch. Mit Kindern passieren oft lustige Dinge.
Was noch? Vorteile des Dienstes an der Welt, weil man verheiratet ist?
Ich habe die Möglichkeit, auch aus dem Hintergrund des Verheiratetseins heraus anders weiterzugeben. Außerdem habe ich eine ganz andere Situation, weil ich Leute in eine Familie einladen kann.
Eine Illustration: Was kann ein Lediger nicht machen, was Verheiratete tun können?
Ohne Problem können wir ledige Frauen zu uns einladen. Warum? Weil meine Frau da ist. Ich kann sagen: Kommt zu uns zum Abendessen oder zu einem anderen Treffen, und meine Frau ist dabei. Aber eine ledige Frau kann keine ledigen Männer zu sich einladen, es sei denn, sie lädt vielleicht noch ein Ehepaar oder andere Personen ein und gibt ihnen so die Möglichkeit zur Gemeinschaft. Die Situation und Zusammensetzung einer solchen Einlademöglichkeit und des Dienstes sieht bei einer Familie anders aus als bei ledigen Personen.
Was noch? Wegen des verheirateten Zustands habe ich auch eine andere Ausstrahlung und ein anderes Vertrauen. Die Leute wissen, ich bin verheiratet, und können mir vielleicht auch andere Dinge anvertrauen – eben weil ich verheiratet bin.
Ich möchte anregen, über die Vorteile beider Situationen nachzudenken. Es gibt natürlich auch Begrenzungen: Ehepaare haben eventuell nicht dieselbe Wirksamkeit in manchen Situationen wie Ledige, und umgekehrt. Beide Situationen haben ihre Begrenzungen und Vorteile. Ich möchte die Vorteile hervorheben, denn das soll uns vor Augen stehen: Wir als verheiratete Menschen haben die Möglichkeit zum Dienst.
Ich denke, es ist wichtig, dass wir unsere Familie im Dienst einsetzen. Als meine Frau und ich heirateten, wussten wir, dass wir ein offenes Haus haben wollen und Leute einladen möchten. Wir haben zu Hause ein Gästebuch, in das die Leute sich eintragen, wenn sie kommen. Es ist kein Gästebuch, in dem jemand eine ganze Seite unterschreibt, sondern nur eine Zeile mit Name, Tag, Adresse usw. So halten wir einfach fest, wer da war.
Wir haben schon ein Gästebuch voll und ein zweites fast voll. Dabei haben wir mindestens die Hälfte der Leute übersehen, weil wir oft vergessen haben, das Gästebuch auszulegen. Es gibt Wochen, in denen wir vielleicht zehn oder zwanzig verschiedene Personen bei uns am Tisch zum Essen haben – das kommt häufig vor. Dann gibt es Wochen, in denen kaum jemand kommt.
Im Laufe der Jahre haben wir erfahren, wie wunderbar es ist, ein offenes Haus für andere Leute zu haben. An dieser Stelle lobe ich nochmals öffentlich meine Frau und bin dankbar, dass ich weiß: Wenn jemand bei mir im Büro kurz vor dem Mittagessen zum Seelsorgegespräch ist, kann ich sagen: „Was machst du zum Mittagessen?“ – „Ich gehe vielleicht irgendwo in ein Lokal.“ – „Komm mal zu uns zum Mittagessen.“
Zehn Minuten vor der Mittagszeit laufe ich dann einfach mit zwei Personen durch die Tür und sage: „Schatz, wir haben zwei Personen zum Mittagessen“, ohne dass sie gleich aus der Fassung gerät. Meine Frau sieht das als Unterstützung des Ehredienstes, und ich kann das nicht genug loben.
Ich bin dankbar, dass es nicht häufig vorkam, dass ich ohne Anmeldung kam. Meistens konnte ich telefonieren oder durchmelden, dass ich ein paar Leute mitbringe, damit sie noch etwas zum Essen mitbringen konnten. Manchmal war das aber durch die Umstände nicht mehr möglich. Ich wusste aber immer, wie meine Frau reagieren würde, denn sie ist voll eingestiegen in den Dienst und sagte damals bei der Heirat: „Ich bin voll dabei, du kannst mit mir rechnen.“
Es ist sagenhaft, wenn man so in der Ehe zusammenarbeiten kann im Dienst.
Ich denke an eine Situation, die wir neulich hatten: Wir waren in den USA und hörten von einer jungen Frau, die von ihrem Mann weggehen musste, weil er sie geschlagen hatte. Wir sagten ihr, unsere Wohnung stehe leer. Sie bekam dann eine Wohnung, aber musste lange warten. Als ich zurückkam aus den USA, wohnte sie schon drei Wochen bei meiner Frau, und dann war sie noch weitere sechs Wochen mit ihren zwei kleinen Töchtern bei uns.
Das ist eine Bereicherung für unsere Familie, jemanden mit uns zu haben. Die Bereicherung, die wir als Familie haben, besteht darin, dass wir andere Leute aufnehmen können. Wie Friedl so gut gesagt hat: Die Kinder lernen dabei.
Ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir unsere Familie oder unsere Wohnung als Dienstwerkzeug für den Herrn sehen – in einer anonymen Gesellschaft, in der Menschen Menschen brauchen. Gerade du und ich mit den Gaben, die der Herr uns gegeben hat, können gebraucht werden.
Dienst in Familie und Gemeinde in Balance bringen
Ich möchte jetzt noch eine Frage stellen, die mir mehrfach gestellt wurde und die vielleicht für uns hier von großer Aktualität sein könnte: Was ist wichtiger – der Dienst in der Gemeinde oder der Dienst in der Familie? Kommt die Familie zuerst oder der Dienst?
Ich denke, die Bibel hat zu diesem Punkt nicht geschwiegen. Ich habe zwei Bibelstellen, mit denen ich in den nächsten Minuten arbeiten möchte. Zunächst einmal 1. Timotheus 3,4-5. Die Bibel und auch die Erfahrung haben zu diesem Thema gesprochen.
1. Timotheus Kapitel 3:
1 Glaubwürdig ist das Wort: Wer nach einem Aufseheramt, einem ältesten Amt in einer Gemeinde, trachtet, der begehrt eine schöne Wirksamkeit.
Nun soll aber ein Aufseher untadelig sein, eines Weibes Mann, nüchtern, besonnen, ein Ehemann, gastfrei, lehrtüchtig, kein Trinker, kein Raufbold, sondern gelinde, nicht händelsüchtig, nicht habsüchtig, einer, der seinem eigenen Hause wohlvorsteht und die Kinder mit aller Würde in Schranken hält.
Wenn aber jemand seinem eigenen Hause nicht vorzustehen weiß, wie wird er für die Gemeinde Gottes sorgen?
Mir ist diese Bibelstelle sehr wichtig, weil sie auch mich betrifft. Ich bin anerkannt als Ältester in einer Gemeinde und stehe seit über zwanzig Jahren in diesem Dienst. Diese Bibelstelle ist für mich treffend. Ich bin immer davon ausgegangen, dass die Wahrheit dieses Textes lautet: Zunächst muss es in der Familie stimmen.
Wenn es in der Familie nicht stimmt, wird die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit des Dienstes nach außen hin schwer beeinträchtigt. Die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit eines Mannes, dessen Familie in Ordnung ist, wird nach außen hin stärker unterstrichen, untermauert und getragen. Wenn aber seine Familie zum Beispiel nicht im Glauben steht und seine Kinder den Weg des Glaubens nicht gehen, wie soll er dann ein wirksames Zeugnis über Jesus Christus in der Gemeinde und in der Welt tragen?
1. Timotheus 3 sagt, dass die Voraussetzung für die Zulassung zum Ältestenamt zunächst ist, dass die Familie in Ordnung ist. Die Familie ist die Basis. Zuerst kommt die Familie, bevor der Dienst in der Gemeinde groß wird. Die Familie ist die Grundlage für den Dienst draußen, für den Auftrag und das Werk am Missionsauftrag.
Eine zweite Bibelstelle finden wir in Apostelgeschichte Kapitel 20. Paulus spricht hier zu den Ältesten in Ephesus, als er auf der Durchreise ist. Er ruft sie zu sich, und die Ältesten kommen nach Milet, einige Kilometer von Ephesus entfernt. Paulus sagt Folgendes in Vers 28. Ich zitiere auch Vers 25, um den Zusammenhang besser zu zeigen:
„Nun siehe, ich weiß, dass ihr mein Angesicht nicht mehr sehen werdet, ihr alle, bei welchem ich umhergezogen bin und das Reich Gottes gepredigt habe. Darum bezeuge ich euch am heutigen Tag, dass ich rein bin von aller Blut, denn ich habe nichts zurückbehalten, dass ich euch nicht den ganzen Ratschluss Gottes verkündigt hätte. So habt nun Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welche der Heilige Geist euch zu Aufsehern gesetzt hat, die Gemeinde Gottes zu weiden, welche er durch das Blut seines eigenen Sohnes erworben hat.“
Paulus fordert also auf, zuerst auf sich selbst Acht zu geben und dann zweitens auf die Gemeinde. Für mich ist aus dem Text und der Reihenfolge der Ermahnung klar ersichtlich, dass ich zunächst dafür sorgen muss, dass es in meiner Familie stimmt. Sonst kann ich meine Aufgabe in der Gemeinde nicht wahrnehmen.
Ich höre manchmal Stimmen von Leuten, die sagen, wenn ein Mann Ältester ist, kommt die Gemeinde an erste Stelle und dann die Familie. Ich glaube, das ist ein falsches Denken. Es ist nicht so, dass Gemeinde und Familie getrennt sind oder dass die Priorität hier oder dort liegt. Vielmehr gilt: Aus einer gesunden Familie heraus entsteht der Dienst in der Gemeinde.
Das heißt, beide Bereiche sind wichtig und gehören zusammen. Ich kenne eine Situation in den Vereinigten Staaten, wo viele junge Paare in den Dienst des Herrn gehen wollen. Sie sagen: „Zuerst meine Familie – Family first.“ Man findet sie kaum bei Gemeindeanlässen, sie sind kaum auffindbar, wenn es um Aktivitäten oder Dienste in der Gemeinde geht. Sie sagen, sie müssten sich um ihre Familie kümmern.
Doch sie haben nicht gelernt, die Familie in den Dienst mitzunehmen, in die Aufgabe, in die sie hineingestellt wurden – auch in der Gemeinde. Sie versuchen, beide Bereiche zu trennen. Das, was Friedl so wohlweislich gesagt hat, ist hier wichtig: Wenn man die Familie mitnimmt in den Dienst, sind beide Bereiche präsent.
Ich denke, es geht nicht darum, das eine auf Kosten des anderen zu tun. Im Gegenteil: Die gesunde Mischung von beidem sorgt dafür, dass eine gesunde Familie erhalten bleibt und daraus auch gesunde und wirksame Dienste in der Gemeinde entstehen können.
Persönliche Erfahrungen und Ermutigung zur Balance
Im Laufe der zwanzig Jahre unseres Dienstes in Deutschland haben wir ständig gerungen und gekämpft, um hier die Ausgewogenheit in unserer Ehe und Familie zu wahren. Ihr kennt ja die Geschichte: Wir haben vier Kinder, und sie großzuziehen braucht Zeit.
Ich bin, wie man im Englischen sagt, ein Workaholic. Ein Alkoholiker ist bekannt, ein Arbeiterholiker vielleicht auch, aber ein Workaholic – ich arbeite gern und viel. Die Gefahr bei mir war ständig, zu wenig Zeit meiner Familie zu widmen. Doch ich habe immer die Notwendigkeit gesehen, sechzig bis siebzig Arbeitsstunden pro Woche sind gang und gäbe, das ist das Normale in unserer Familie – meine Frau arbeitet genauso viel. Wir beide arbeiten gern und schwer im Dienst und freuen uns über diese Möglichkeiten.
Aber wir wissen auch um die Notwendigkeit des Familienlebens und der Pflege unserer Beziehung zueinander und zu unseren Kindern. Über Ostern hatten wir Zeit, wir gingen in die Berge und konnten abschalten – von allem. Wir hatten nur Zeit für uns, was einmal notwendig ist.
Wir haben auch freie Tage in unseren Terminplan eingesetzt, damit wir als Familie Zeit füreinander haben. Außerdem achten wir regelmäßig darauf, zuhause die Mahlzeiten gemeinsam einzuhalten. Ich kann im Dienst mittags und abends wenigstens bei der Familie sein, bei den Mahlzeiten. So sehen wir uns regelmäßig zu diesen Zeiten als Familie.
Es gibt auch andere Möglichkeiten, den Kontakt zur Familie zu pflegen, damit die Beeinflussung der Kinder gewährleistet wird, so wie Gott das will. Aber ich bin nicht dafür, wenn man sagt, die Bibellehre verlange, der Dienst komme vor der Familie. Nein, ich halte das für eine völlig unbiblische Behauptung.
Die biblische Aussage nach 1. Timotheus 3 und Apostelgeschichte 20 ist, dass Dienst in der Familie und Dienst in der Gemeinde so miteinander verbunden sein müssen, dass beide getan werden können. Das bedeutet natürlich, gut zu arbeiten, die Prioritäten richtig zu setzen und die Zeit richtig einzuteilen.
Im vergangenen Herbst war ich in der Wohnung eines verstorbenen Evangelisten in den USA, Billy Sunday. Er ist den meisten von euch nicht bekannt, aber manche Lieder seines Gesangsleiters Ira Sankey sind in deutscher Sprache zu finden. Ich kenne momentan keines dieser Lieder namentlich, aber ich weiß, dass ich sie in deutscher Übersetzung gesehen habe.
Billy Sunday predigte vor Millionen. Es wird von ihm gesagt, dass, wenn er die Leute aufrief, nach vorne zu kommen, mehr als eineinhalb Millionen Menschen in seinen Evangelisationen nach vorne kamen – ein sehr wirksamer Evangelist.
Er ging meistens in eine Stadt, wo sie ein großes Haus errichteten – eine riesige Scheune mit Platz für circa sechstausend Menschen, ein sogenanntes Tabernakel. Dieses wurde schnell aus Holz hochgezogen, damit sie ein Dach über dem Kopf hatten. Dort verkündigte er manchmal sechs, manchmal zehn Wochen lang in einer Stadt.
In der Zeit predigte er gegen Alkohol. Er verkündete das Evangelium so stark, dass nach seinem Weggang aus den Städten alle Kneipen mangels Kundschaft schließen mussten. Die Leute kamen zum Glauben an Christus. Ich denke, er war ein gesegneter Mann Gottes.
Etwa 1500 Menschen gaben bekannt, dass sie in den vollzeitlichen Überseemissionsdienst gingen, weil sie durch seinen Dienst den Glauben an Jesus Christus erfahren hatten. Sein eigener Sohn glaubte jedoch nicht an Jesus Christus.
Für mich war das eine tiefe, große Ermahnung, als ich in seiner Wohnung stand, dort, wo er und seine Frau zum Schluss seines Dienstes lebten. Freunde von uns mieten die Wohnung oben, und sie führten uns durch die Memorabilien von ihm – all die Anerkennungen von Staatsleuten und Präsidenten. Er war weltbekannt zu seiner Zeit. Dennoch glaubte sein eigener Sohn nicht an Jesus Christus.
Ich nehme das persönlich als große Mahnung: Nicht nur anderen zu verkündigen, sondern auch die eigene Familie zu gewinnen. Der Dienst darf nicht auf Kosten der Familie gehen. Das ist nicht gemeint im Auftrag Jesu.
Vielmehr gilt: Sowohl die Familie als auch die Gemeinde müssen harmonisch und von Gott gewollt miteinander verbunden sein. Was wir in diesen Tagen gehört haben, dass unsere Kinder mit in den Dienst einbezogen werden, halte ich für äußerst wichtig.
Noch etwas ist hier zu beachten: Nicht jede Familie ist gleich. Was wir ertragen können, können andere eventuell nicht. Wir haben eine Sekretärin, und ich habe ihr gesagt, als sie kam: Ich arbeite sechzig, manchmal siebzig Stunden in der Woche. Manchmal bin ich bis zehn oder elf Uhr abends im Büro.
Ich sagte ihr auch, sie solle nicht denken, dass ich erwarte, dass sie genauso viele Stunden im Büro verbringt wie ich. Nicht jeder Mensch ist gleich. Was eine Familie an Dienst, Ausstrahlung und Kraft geben kann, kann eine andere aus verschiedenen Gründen nicht leisten.
Man sollte sich davor hüten, zu sagen, eine Familie setze den einzigen Maßstab für alle. Suche vor Gott die harmonische Vermengung zwischen Familie und Dienst – für dich, deine Familie oder dein Ledigsein und deinen Dienst in der Gemeinde und im Auftrag des großen Missionsauftrags Jesu.
Ich denke, es ist sehr wichtig zu sehen, dass der Herr uns gebrauchen will, gerade in einer verlorengehenden Welt. Gerade wir, die wir eine gesunde Familie haben, haben etwas zu geben, was die Welt dringend braucht.
Wenn wir es nicht geben, wird die Welt es wahrscheinlich nicht bekommen. Durch uns hören die Menschen, was es bedeutet, Christ zu sein und ein Leben mit Jesus zu führen.
So kann ich euch nicht genügend ermutigen, Jesus Christus nachzufolgen und euren ganzen Eifer hineinzusetzen. Setzt euer Familienleben, euer ganzes Wesen persönlich in den Dienst an einer verlorengehenden Welt.
Ich bitte euch: Setzt euer Leben um Christi Willen ein, setzt eure Familie um Christi Willen ein, dient dem Herrn mit Freuden und betet, dass der Herr euch die Weisheit gibt, das wunderbare Gleichgewicht zwischen Dienst und Familienleben zu finden.
So können beide harmonisch miteinander verwoben werden – zu einer Harmonie, die Gott gefällt. Christus will uns gebrauchen, und er will gerade dich gebrauchen, damit Ströme des himmlischen Segens durch dich und mich in unserem Dienst auf diese Welt herabfallen.
Zum Schluss bitte ich, dass wir eine Gebetsgemeinschaft bilden. Wir machen das noch einmal an den Tischen, rücken zusammen und beten miteinander. Während wir ein Schlusslied singen, könntest du die Umschläge austeilen für die Leute, die gern diese Unterlagen haben wollen.
Wenn du ein Marktstück hineinwerfen kannst, fein, wenn nicht, ist das auch okay. Aber ich wäre dankbar, wenn du wenigstens die Anschrift auf den Umschlägen anbringst. Dann muss ich nicht extra dasselbe machen. Danke.
Wir gehen jetzt gemeinsam an den Tischen ins Gebet!
