Einleitung und Vorstellung der Bibelschule Brake
Ich komme zu euch von der Bibelschule Brake, gestern und auch heute. Viele von euch kennen die Bibelschule bereits, einige waren schon dort, und viele habe ich eben auch dort kennengelernt.
Für diejenigen, die damit nichts anfangen können, besteht natürlich die Möglichkeit, bei mir nachzufragen. Draußen liegen auch einige Rundbriefe von der Bibelschule aus. Diese könnt ihr gerne mitnehmen und darin lesen, was uns beschäftigt und was wir an der Bibelschule so machen.
Darüber hinaus habe ich auf dem Büchertisch einige Bücher ausgelegt, die ich in den letzten Jahren geschrieben habe. Darunter findet ihr unter anderem ein Buch über Weihnachtsbräuche: woher sie kommen, was sie bedeuten und was wir darin alles sehen können. Dieses Buch kann uns durchaus dabei helfen, die Weihnachtszeit besser zu verstehen und die Bräuche zu interpretieren.
Außerdem gibt es ein Büchlein über Schöpfung und Evolution, eines über chinesische Heilmethoden und eines über das Sakrileg. Letzteres beschäftigt sich mit dem Bestseller-Roman von Brown, seiner Geschichte und der Behauptung, die Bibel sei verfälscht und Jesus gar nicht der Sohn Gottes. Solche Vorstellungen haben viele Leute im Kopf, und ich versuche, einige dieser Punkte zu erläutern.
Ein weiteres neues Buch behandelt neue Bibelübersetzungen, insbesondere die Volksbibel und die Bibelübersetzung in gerechter Sprache. Auch ein Buch mit dem Titel „Der Juniorchef“ ist dabei. In diesen Büchern setze ich mich damit auseinander, was die Leute eigentlich wollen, wie wir das beurteilen und wie wir damit umgehen.
Auch dazu findet ihr am Büchertisch noch weitere Informationen.
Einführung in den Bibeltext und Lesung
Nun möchte ich gerne zu einem Bibeltext kommen und euch einladen, diesen mit mir aufzuschlagen. Es handelt sich um den ersten Thessalonicherbrief, Kapitel 2, Vers 13.
Ich lese zunächst den Text vor und werde danach einige Gedanken dazu teilen. Diese sollen uns hoffentlich dabei helfen, den Text besser zu verstehen und zu erkennen, was er uns heute Morgen sagen möchte.
Ich lese vor: 1. Thessalonicher 2,13 bis zum Ende des Kapitels:
Darum danken wir auch Gott unablässig, dass ihr, als ihr das von uns verkündigte Wort Gottes empfangen habt, es nicht als Menschenwort aufgenommen habt, sondern als das, was es in Wahrheit ist: als Wort Gottes, das auch wirksam ist in euch, die ihr gläubig seid.
Denn ihr, Brüder, seid Nachahmer der Gemeinden Gottes geworden, die in Judäa in Christus Jesus sind, weil ihr dasselbe erlitten habt von euren eigenen Volksgenossen wie sie von den Juden.
Diese haben auch den Herrn Jesus und ihre eigenen Propheten getötet und haben uns verfolgt. Sie gefallen Gott nicht und stehen allen Menschen feindlich gegenüber, indem sie uns hindern wollen, zu den Heiden zu reden, damit diese gerettet werden.
Dadurch machen sie allezeit das Maß ihrer Sünden voll. Es ist aber der Zorn Gottes über sie gekommen bis zum Ende.
Wir aber, Brüder, nachdem wir für eine kleine Weile von euch getrennt waren – dem Angesicht nach, nicht dem Herzen – haben uns mit großem Verlangen umso mehr bemüht, euer Angesicht zu sehen.
Darum wollen wir auch zu euch kommen, ich, Paulus, einmal, sogar zweimal. Doch der Satan hat uns gehindert.
Denn ihr seid unsere Hoffnung, unsere Freude und unsere Krone des Ruhms. Seid nicht auch ihr es vor unserem Herrn Jesus Christus bei seiner Wiederkunft? Ja, ihr seid unsere Ehre und Freude.
Soweit der Bibeltext.
Drei zentrale Herausforderungen aus dem Thessalonicherbrief
Ich möchte heute Morgen drei Aspekte besonders hervorheben.
Der erste Aspekt lautet: Lies das Wort Gottes. Ich würde sagen, das ist die erste Herausforderung. Lies die Bibel bewusst und regelmäßig.
Die zweite Herausforderung besteht darin, dir Vorbilder zu suchen.
Die dritte Herausforderung ist, Gemeinschaft mit anderen Christen zu suchen.
Ich glaube, das sind die drei Hauptpunkte, die Paulus in diesen Versen im 1. Thessalonicherbrief im Blick hat.
Die Bedeutung des Wortes Gottes ernst nehmen
Also das Erste, da schreibt er: Darum danken wir Gott unablässig. Warum? Das schreibt er am Anfang dieses Kapitels. Weil die Thessalonicher zum Glauben gekommen sind, weil Gott ihr Leben verändert hat, weil sie ihr Vertrauen auf Gott gesetzt haben.
Das beobachtet Paulus, der ja bei der Gründung der Gemeinde dabei gewesen war. Und jetzt sagt er: Darum danken wir Gott unablässig. Hier ist sicherlich auch eine Herausforderung, dass wir in unserer Gemeinde und auch mit anderen Christen, mit denen wir zu tun haben, das Wirken Gottes erkennen können und Gott dafür dankbar sind. Also nicht nur den Blick auf die Probleme richten, die sicherlich da sein können, sondern auch auf das, was Gott positiv wirkt.
Er dankt aber nicht nur allgemein dafür, dass sie sich Gott geöffnet haben, sondern insbesondere dafür, dass sie das Wort Gottes als Wort Gottes aufgenommen haben. So sagt er. Er sagt ja: Das ist es ja auch. Ihr habt das, was ich, Paulus, euch gepredigt habe, als Wort Gottes aufgenommen, und das ist es auch.
Wir sehen: Paulus erhebt hier den Anspruch, nicht einfach seine Meinung weiterzusagen, wo wir sagen könnten: Na ja, das ist meine fromme Überlegung, so könnte das ja sein. Sondern er erhebt hier den Anspruch, das, was ich euch gesagt habe, ist Wort Gottes. Der Anspruch, den im Alten Testament die Propheten gehabt haben, die gesagt haben: So spricht Gott der Herr, der sagt euch das weiter, den erhebt er hier für sich.
Hier ist, glaube ich, auch die Aufforderung an uns, die ich so formuliert habe: Suche das Wort Gottes oder lies ihm Wort Gottes. Das wäre ja eine Auswirkung davon. So ist die Frage: Haben wir das heute auch noch so, dass wir das Wort Gottes als Wort Gottes ernst nehmen und annehmen?
Ich glaube, die große Entscheidung, die bei uns ansteht, ist: Entweder nehmen wir das Wort Gottes als menschliches Wort. Vielleicht würden wir das nicht direkt so sagen, aber wir gehen mit der Bibel so um. Und bei einem menschlichen Wort ist das für uns höchstens Berater. Da sagen wir: Na, das ist eine gute Meinung, die ziehen wir auch noch in Erwägung für unsere Entscheidungen.
Das ist so, als wenn wir von irgendeinem klugen Menschen etwas lesen, von jemandem, der uns gerne hat, der lebenserfahren ist. Dann hören wir uns das an und übernehmen das eine oder andere. Aber es ist ein grundsätzlicher Unterschied, wenn ich sage: Das ist Wort Gottes. Dann drücke ich damit aus: Das ist autoritativ. Das ist von demjenigen, der mich geschaffen hat, der diese ganze Welt geschaffen hat, von demjenigen, der am besten weiß, was ich tun soll.
Das ist nicht nur eine fromme Empfehlung, sondern es ist autoritativ. Das ist etwas, woran ich mich richten muss, wenn ich es als Wort Gottes annehme. Wenn ich mir das anhöre und später ganz anders handle, dann ist das bloß in meinem Bekenntnis Wort Gottes, aber nicht in meiner Tat.
Also wenn ich auch in meiner Tat sage: Das ist Wort Gottes, dann handle ich dementsprechend. Wenn Gott sagt: Du sollst nicht lügen, und ich dann sage: Na, ich überlege mir das, also in diesem Fall ist Lüge vielleicht doch ganz gut, dann ist das für mich in dem Moment nicht Wort Gottes. Dann nehme ich das als fromme Meinung, aber eben nicht als Wort Gottes.
Das hebt Paulus hier ganz besonders hervor. Es ist nicht nur die Überlegung des Paulus, die wir hier lesen. Es ist nicht nur seine Lebenserfahrung oder irgendetwas, was er da hineinlegt, sondern Wort Gottes, sagt er.
Die Kraft und Wirkung des Wortes Gottes
Ich habe in der Bibel etwas herumgeblättert, um herauszufinden, was dort über das Wort Gottes steht, welche Wirkung es bei uns entfaltet und welche Kraft darin steckt. Dabei bin ich auf verschiedene Stellen gestoßen, die deutlich machen, dass es sich nicht nur um eine persönliche Meinung handelt.
Beispielsweise wird uns in Römer 10,17 gesagt, dass das Wort Gottes unsere Errettung wirkt. Ähnlich heißt es auch, dass der Glaube aus der Predigt kommt und die Predigt aus dem Wort Gottes. Das bedeutet, dass der Glaube und letztlich auch unsere Errettung aus der Bibel, aus dem Wort Gottes, stammen.
Im 2. Timotheus 3,16-17 lesen wir eine ganze Reihe von Dingen, die das Wort Gottes in unserem Leben bewirken kann. Besonders betont wird, dass es Belehrung bringt, uns hilft, so zu denken, wie Gott denkt, und uns lehrt, die Welt so zu verstehen und zu interpretieren, wie Gott sie sieht – nicht nur nach unserem begrenzten menschlichen Verständnis.
Im Psalm 119,105 steht, dass das Wort Gottes unsere Führung ist. Es zeigt uns, wohin Gott uns führen will, und nimmt uns durch das Wort Gottes an die Hand, gerade dort, wo uns sonst die Orientierung in unserer Umgebung fehlt.
Weiter heißt es in Psalm 19,12, dass das Wort Gottes eine Warnung für uns ist. In manchen Dingen gibt uns Gott in der Bibel wie ein Stoppschild das Signal: „Pass auf, nicht weiter, halte an, orientiere dich neu!“ Diese Wirkung entfaltet das Wort Gottes aber nur, wenn wir es als Wort Gottes ernst nehmen. Wenn wir es nur als freundliche Ermahnung sehen, hören wir es zwar, richten uns aber nicht danach.
Nehmen wir es hingegen als autoritativ an, so wie wir ein Stoppschild im Straßenverkehr ernst nehmen, dann halten wir auch an. Wir tun das entweder aus Angst vor der Polizei oder weil wir ahnen, dass es einen guten Grund gibt, hier anzuhalten. Wer das Wort Gottes nur als fromme Empfehlung sieht, fährt weiter, ohne anzuhalten – manchmal geht das gut, manchmal nicht.
Doch das Wort Gottes ist nicht nur mit einem Schild im Straßenverkehr vergleichbar. Dahinter steht Gott, der allwissend und allmächtig ist. Wenn er uns durch sein Wort ein Stoppschild gibt, ist es wirklich wichtig, darauf zu achten.
In Johannes 17,17 wird gesagt, dass das Wort Gottes zu unserer Ernährung dient. Jesus selbst sagt etwas Ähnliches, als er in der Wüste mit dem Teufel spricht, der ihn verführen will: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kommt.“
Das Wort Gottes dient also unserer Ernährung. Das meint nicht den Hunger im Bauch, sondern den Hunger im Kopf oder in der Seele. Dieser Hunger wird durch das Wort Gottes gestillt. Ich erlebe das oft so: Wenn ich Orientierung brauche und jemanden, der mich vollkommen versteht – das kann nur Gott, nur Jesus –, dann trifft mich das Wort Gottes sehr stark.
Ich habe das auch schon einmal erwähnt: Vor einigen Jahren war ich wegen Krebs längere Zeit im Krankenhaus. In dieser Zeit habe ich gemerkt, wie das Wort Gottes meinen Hunger nach Antworten, Geborgenheit, Liebe, Zuflucht, Verständnis und Weiterführung stillt.
Außerdem befreit uns das Wort Gottes. In Johannes 8,31-32 lesen wir, dass es uns von Sünde und Gebundenheit befreit – egal, ob uns eigene Süchte oder die Vorstellungen anderer binden, die uns manipulieren wollen. Das Wort Gottes gibt uns einen ideologiekritischen Blick auf das, was andere sagen. Es zeigt uns, dass wir nicht daran gebunden sind, sondern dass Gott unseren Blick weitet.
Das Wort Gottes schenkt uns auch Erkenntnis. In Kolosser 3,16 wird sogar gesagt, dass alle Erkenntnis letztlich aus dem Wort Gottes kommt, wenn wir es richtig verstehen – für unser Alltagsleben, unseren Beruf, unser Familienleben und unsere Partnerschaft.
Psalm 119,28 sagt, dass das Wort Gottes uns stärkt, besonders dort, wo wir uns schwach fühlen und keine Antworten auf die Fragen und Probleme unseres Lebens haben. Dort finden wir Trost, Zuversicht und Stärkung im Wort Gottes.
Ich glaube, in bestimmten Situationen können wir nur dort die richtige Tröstung finden. Bei mir war es so, als ich im Krankenhaus lag und mich mit dem Gedanken auseinandersetzen musste, dass ich vielleicht daran sterben könnte. Kein noch so netter Wunsch oder Zuspruch half mir in dieser Situation wirklich weiter. Worte wie „Nach Regen kommt auch wieder Sonnenschein“ mögen für andere tröstlich sein, aber ich wusste es in dem Moment nicht.
Da habe ich gemerkt, dass gerade das Wort Gottes Trost geben kann – über das momentane Leiden und die scheinbar aussichtslose Situation hinaus. Ohne dass Gott mir verspricht, dass immer alles besser wird. Aber ich spüre: Jesus ist da, er lässt mich nicht allein. Er hilft mir zu tragen und gibt mir eine Perspektive, die über die aktuelle Problematik hinausgeht.
Ich erinnere mich an Verse, die ich damals gelesen habe, wie zum Beispiel im Psalm: „Deine Gnade ist mir wichtiger als Leben.“ Das habe ich im Krankenhaus erst richtig verstanden. Da dachte ich, das Leben sei mir wichtig – und das ist es auch heute noch. Aber ich habe erkannt, dass unser aller Leben hier auf der Erde begrenzt ist. Ob wir noch zehn oder zwanzig Jahre leben oder morgen sterben – sicher ist, dass wir sterben und vor Gott Verantwortung ablegen müssen für das, was wir getan haben.
Viele Dinge, die uns hier wertvoll und wichtig erscheinen und für die wir viel Energie, Zeit und Geld aufwenden, werden angesichts der Ewigkeit keinen Wert mehr haben. Da wurde mir klar: Die Gnade bei Gott zu finden, ist das, was dauerhaft wichtig ist. Das ist viel wichtiger als alle anderen Dinge, mit denen ich mich vorher und auch heute noch beschäftige. Denn das Leben ist voll von Kleinigkeiten, die geregelt werden müssen und nicht unwichtig sind, aber die Reihenfolge ist eine andere.
Das kann uns das Wort Gottes geben.
Im Psalm 19,8 lesen wir außerdem, dass das Wort Gottes uns Freude schenkt. Wenn wir das Wort Gottes in uns aufnehmen, wenn es uns prägt und wir es auswendig lernen, kann es uns so gehen wie Paulus im Gefängnis in Philippi.
Mitten in der Nacht beginnt er zu singen und Gott zu loben, obwohl die Umstände alles andere als günstig sind. Er ist ungerecht eingesperrt, hat seine Arme und Beine in einem Stock gefesselt, leidet unter Rückenschmerzen, kann nicht schlafen und weiß nicht, wie es weitergeht. Trotzdem lobt er Gott mitten in der Nacht.
Das gelingt ihm, weil er auf das Wort Gottes vertraut, weil es ihn prägt und weiterführt.
Hier möchte ich noch einmal festhalten: Der erste Appell lautet, das Wort Gottes zu suchen und sich davon prägen zu lassen.
Doch es genügt nicht, das nur theoretisch zu sagen. Wenn jeder von euch mir zustimmt und sagt: „Ja, die Bibel ist das wichtigste Buch in meinem Leben“, dann muss das auch Auswirkungen haben.
Das bedeutet, dass ich mich bemühe, die Bibel eifrig zu studieren und sie nicht nur im Kopf zu haben, sondern auch entsprechend in meinem Leben zu handeln. Sonst ist das nur eine Lüge.
Wenn jemand sagt, die Bibel sei das wichtigste Buch in seinem Leben, es aber praktisch keine Rolle spielt und er alles selbst entscheidet, dann stimmt etwas nicht. Dann ist das nur Lippenbekenntnis, aber nicht im Herzen und nicht im Leben angekommen.
Deshalb: Sucht das Wort Gottes, setzt euch damit auseinander und lasst euch davon prägen. Schaut auf all das, was ich gerade gesagt habe. Es wird versprochen, dass all das in euer Leben kommt, wenn ihr auf das Wort Gottes vertraut und euch damit beschäftigt.
Vorbilder suchen und nachahmen
Zweiter Punkt: Suche dir Vorbilder. Das beginnt ab Vers 14, wo es heißt: „Denn ihr, Brüder, seid Nachahmer der Gemeinden Gottes geworden.“ Das lesen wir übrigens auch schon am Anfang, ich denke in Kapitel 1, Vers 6, wo Paulus an die Thessalonicher schreibt: „Ihr seid unsere und des Herrn Nachahmer geworden.“ Also zweimal in zwei Kapiteln erwähnt er, dass sie Nachahmer sind – einmal von uns, wie Paulus sagt, und einmal von den Gemeinden Gottes, die in Judäa sind. Hier hebt er das positiv hervor. Sozusagen sagt er: Wir brauchen das, wir müssen Nachahmer sein, wir sollen uns Vorbilder suchen. Das würde ich aus diesem Text herausziehen.
Übrigens finden wir das auch bei Jesus: Wir sollen so leben, wie Jesus gelebt hat. Paulus fordert uns häufig dazu auf. Manchmal sagt er auch: Macht es so wie ich. Das würde ich heute Morgen nicht tun, denn ihr kennt mich ja auch zu wenig, um beurteilen zu können, wie ich tatsächlich lebe. Aber nehmen wir das hier, was Paulus herausstellt: Er hebt positiv hervor, seid Nachahmer. Ich glaube, das tut uns in unserem Leben gut, wenn wir Menschen – und hier sind es ja Menschen und Gemeinden – als Vorbilder nehmen. Die Gemeinden in Judäa waren Menschen, Paulus war ein Mensch. Es ist gut, dass wir uns Menschen als Vorbilder nehmen, die uns in bestimmten Phasen herausfordern und motivieren können.
Manchmal ist es so, dass Menschen als Vorbilder viel anschaulicher sind als abstrakte biblische Aussagen. Wenn einfach steht: „Leb so und so“, wirkt das wenig greifbar. Wenn wir aber einen Menschen haben, vielleicht einen, der heute noch lebt, dann können wir ihn anschauen und sagen: Ja, so möchte ich sein, so möchte ich reagieren, wie der das tut.
Darüber hinaus ist es eine Herausforderung – ich würde euch empfehlen, Kirchengeschichte zu studieren. Ich unterrichte mit Begeisterung Kirchengeschichte auch an der Bibelschule, und das kann ein gutes Reservoir an Vorbildern bieten. Ich kann sagen: Mein Ding ist es, so zu sein wie Martin Luther. Vielleicht nicht in jeder Hinsicht, aber in mancher Hinsicht. So wie er das Wort Gottes geschätzt hat, so wie er furchtlos den Menschen entgegentreten ist, die ihn versucht haben, vom Glauben abzubringen – so will ich sein. Das kann richtig motivieren, solche Leute als Vorbilder zu nehmen.
Ich muss mich ja nicht erdrücken lassen und nicht alles übernehmen. Es gibt keinen perfekten Menschen. Aber ich kann bestimmte Aspekte herausnehmen. So ging es mir in meinem Leben immer wieder, und so ist es eigentlich bis heute. Ich habe immer wieder Personen gehabt, die ihr möglicherweise gar nicht kennt. Das müssen nicht berühmte, bekannte oder große Persönlichkeiten sein, sondern Leute, mit denen ich nichts direkt zu tun hatte, die für mich Vorbild und Herausforderung waren.
Als junger Christ zum Beispiel war in der Gemeinde, in der ich groß geworden bin, ein Absolvent der Bibelschule Brake, der dort Prediger war. Ich bin mit 14 Jahren zum Glauben gekommen. Sein Name ist Siegfried Kebedys. Jeden Samstag war er zunächst in der Fußgängerzone mit einem Stand dabei und ging dann von Haustür zu Haustür, immer wieder in denselben Vierteln, um mit den Leuten über den Glauben zu sprechen. Ich bin mit ihm Monate, vielleicht sogar Jahre lang, immer wieder an die Haustüren gegangen, um mit Menschen zu sprechen.
Er war für mich ein Vorbild – ein Vorbild, wie er sich in der Liebe zu den Menschen erniedrigte, selbst wenn die Leute sagten: „Ah, was ist denn das für einer? Wir wollen ja gar nicht hören.“ Trotzdem ist er hingegangen. Dadurch hat er einzelne Menschen für den Glauben gewonnen. In dieser Konsequenz hat er sich nicht über andere gestellt, sondern die anderen hochgesetzt. Er hat auch Spott eingesteckt und ist immer wieder dran geblieben. Das hat mich herausgefordert, und ich habe ihn als Vorbild genommen.
Später habe ich Sommereinsätze mit Operation Mobilisation gemacht. Ich erinnere mich an eine der ersten Schulungen, bei der George Verwer sprach, der Gründer und langjährige Leiter von OM. So wie ich ihn kennengelernt habe, war das für mich eine Herausforderung: die Liebe zu den Menschen und die Kreativität, Menschen, die Jesus Christus nicht kennen, den Glauben weiterzugeben.
Ich erinnere mich an die Schweiz, wo ich als Jugendlicher einen Einsatz gemacht habe. Dort war einer der Leiter Hein Struppler. Was mich an ihm beeindruckt hat, war seine lebendige Art zu beten, mit Jesus und mit Gott zu sprechen und ihm wirklich Gedanken auszudrücken – nicht nur festgelegte Formulierungen.
Oder bei uns an der Bibelschule: Als ich dort anfing, war Bobby Bettdorf für mich ein Vorbild in Bezug auf Ermutigung. Ich habe manche Schüler so behandelt, dass ich dachte: „Der schafft das nicht, der bringt das nicht, der muss es selbst richten.“ Das war eigentlich nicht gut. Ich habe gesehen, wie Bobby Bettdorf im Musikunterricht selbst bei Schülern, die mehr wie ein kaputter Ventilator klangen, wenn sie sangen, noch etwas herausgeholt hat. Sie sangen im großen Chor mit, vielleicht kein Solo, aber sie waren dabei. Durch seine Ermutigung hat er bei den Leuten etwas bewirkt. Das habe ich gelernt: Das ist richtig und gut. In dieser Hinsicht war er ein Vorbild für mich.
Ich könnte euch jetzt ganz verschiedene Leute nennen, aus der Geschichte und aus der Gegenwart, die für mich Vorbilder sind. Ich denke, sie handeln so, wie ich es mir vorstelle oder wie es sein sollte. Dann schaue ich genauer hin: Wie machen die das? Wie kann ich das genauso machen? Ich spreche vielleicht mit den Leuten. Das dient dazu, dass ich Jesus ähnlicher werden kann, dass ich Stück für Stück daran lerne und vorankomme.
Genau das hebt Paulus hier hervor und sagt: Es ist gut, dass ihr euch Vorbilder gesucht habt und ihnen nachgeeifert habt. Denn so wird Jesus in euch deutlich, so wird euer Leben verändert. Ihr lebt mehr so, wie ihr eigentlich leben solltet, weil ihr Vorbilder habt.
Bis heute ist es für uns wichtig, solche Vorbilder zu haben. Die wechseln auch mal. Dann merkt man: Jetzt bin ich ein Stück vorangekommen, jetzt brauche ich eine andere Person, die mich herausfordert und für mich ein Vorbild ist. Es muss nicht immer dieselbe Person sein.
Diese Sache mit dem Vorbild hat natürlich auch eine andere Seite: Du suchst dir Vorbilder, vielleicht sogar in der Gemeinde, wo du sagst: In dieser Hinsicht ist der für mich ein Vorbild. Zum Beispiel, wie er seine regelmäßige Gebetszeit hält, wie er das Wort Gottes liebt, wie er sich mit der Arbeit in der Gemeinde einsetzt, wie liebevoll er mit anderen Menschen umgeht oder wie frei er auf Fremde zugeht, die im Gottesdienst zu Besuch sind.
Aber die Sache mit dem Vorbild ist auch, dass du selbst immer ein Vorbild bist – entweder ein schlechtes oder ein gutes. Es gibt ja diesen Satz in der Erziehung, vielleicht kennt ihr ihn: Man kann sich bemühen, wie man will, die Kinder zu erziehen und ihnen alles beizubringen, aber letztendlich machen sie es doch so, wie man es selbst vormacht. Das klingt vielleicht etwas resignativ, aber es ist etwas Wahres dran.
Wenn du nie in der Bibel liest, kannst du deinen Kindern jeden Tag sagen: „Lies in der Bibel, das ist das Wichtigste.“ Aber sie werden es nicht tun, weil sie denken: „Man muss das nur erzählen, aber tun muss man es nicht, denn Papa oder Mama macht es ja auch nicht.“ Es muss nicht immer so funktionieren, zum Glück übernehmen Kinder nicht immer die Fehler der Eltern, aber in vielen Fällen schon.
Die Herausforderung ist: Denk daran, nicht nur du brauchst Vorbilder, sondern du bist auch ein Vorbild – egal, ob du willst oder nicht. Bemühe dich, ein gutes Vorbild zu sein, nicht nur für deine Kinder, sondern auch für die Menschen an deinem Arbeitsplatz, für die Leute in der Gemeinde, in der Familie und in der weiteren Familie.
Du suchst dir also gute Vorbilder und lässt dich von ihnen motivieren. Gleichzeitig denkst du daran, dass du selbst Vorbild bist. Überlege, was die Leute in dir sehen und was du nach außen vermittelst.
Paulus versucht das hier auch anzuwenden, wenn er sagt, in welcher Hinsicht die Gemeinde in Jerusalem beziehungsweise in Judäa als Vorbild genommen wurde. Dort steht, sie wurden verfolgt von ihren eigenen Volksgenossen. Die Juden hatten die Propheten getötet und verfolgten auch die Christen. Dann heißt es, sie seien hinterher Feinde für alle Menschen.
Jetzt frage ich mich: Warum sind die Juden allen Menschen feindlich gesinnt? Das lag an einem gewissen Egoismus: „Wir als Juden sind das erwählte Volk Gottes, wir sind gerettet. Aber die anderen Menschen können ruhig verloren gehen. Wenn sie gerettet werden wollen, dann sollen sie Juden werden.“ Deshalb waren sie feindlich gegenüber den Heidenchristen, die keine Juden waren, und sagten, sie könnten gar nicht gerettet werden, weil sie keine Juden seien. So verfolgten sie andere und gingen gegen sie vor. Die Christen litten unter diesem Druck.
Hier soll gesagt werden: Was Jesus eigentlich schon gesagt hat: „Mich haben sie verfolgt, euch werden sie auch verfolgen.“ So ging es in der Gemeinde in Thessalonich. Die Thessalonicher stöhnten natürlich: „Jetzt geht es uns so schwer, wir sind in Verfolgung. Wie kommt das Leiden? Wie gehen wir damit um?“ Paulus will ihnen sagen: Freut euch darüber, dass ihr so leidet. Denn genauso erging es den Propheten des Alten Testaments, genauso eurem großen Vorbild Jesus und genauso ihm selbst. „Mich haben sie auch verfolgt“, sagt Paulus. Das gehört zum Christsein dazu.
Ihr seid konsequent Jesus nachgefolgt, ihr seid konsequent der Gemeinde in der Urgemeinde in Jerusalem und Judäa nachgefolgt. Deshalb ist das, was ihr jetzt erlebt, eine Folge und eine Auswirkung davon. Wenn wir zu Jesus stehen, wird es früher oder später Widerstand in unserer Umgebung geben.
Natürlich, wenn Paulus hier die Juden angreift, ist das kein Antisemitismus. Er ist nicht gegen Juden per se – er ist ja selbst Jude, und ein großer Teil der Gemeinde waren Juden. Er ist gegen die Juden, die aufgrund ihrer falschen Vorstellung von Erwählung und Volk Gottes alles andere ablehnen und mit den Heidenchristen nichts zu tun haben wollen.
Paulus setzt sich häufiger damit auseinander. Wir lesen das auch im 2. Korinther 4,16-18, wo es um das Leiden der Gemeinde in Korinth geht. Dort schreibt er:
„Darum lassen wir uns nicht entmutigen, sondern wenn auch unser äußerer Mensch zugrunde geht, so wird doch der innere Tag für Tag erneuert. Denn unsere Bedrängnisse, die schnell und vorübergehend und leicht sind, verschaffen uns eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit. Wir sehen nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, ist zeitlich, und was unsichtbar ist, ist ewig.“
Das ist genau dieselbe Sichtweise. Ihr werdet jetzt zwar verfolgt, und das ist schlimm, aber denkt daran: Eigentlich ist das nur schnell, vorübergehend und leicht. Die Perspektive von Paulus ist eine ganz andere als unsere manchmal. Wir denken: „Das dauert vielleicht schon eine Woche, zwei Wochen, ein Jahr oder zwei Jahre.“ Paulus sagt: „Was ist das schon für eine kurze Zeit hier auf der Erde angesichts der Ewigkeit im Himmel? Das spielt doch keine Rolle, das ist eine Kleinigkeit.“
Paulus weiß, wovon er redet. Im weiteren Verlauf des 2. Korintherbriefs erzählt er, wie oft er gesteinigt, ausgepeitscht, ins Gefängnis geworfen wurde, unter Räubern gelitten hat, von falschen Brüdern ausgeraubt und zusammengeschlagen wurde. Er weiß, wovon er spricht.
Trotzdem sagt er: Angesichts der Herrlichkeit, die wir bei Gott haben, ist das alles nur zeitlich, schnell und vorübergehend. Diese Perspektive gibt er auch den Thessalonichern mit: Freut euch darüber, dass ihr verfolgt werdet. Nicht, weil sie euch verfolgen, sondern weil ihr Jesus ähnlich geworden seid. Das ist ein Kennzeichen davon.
Da ist etwas Wahres dran: Wenn wir nur den Menschen genau so reden, wie sie es gerne hören wollen, haben wir keine Probleme. Aber umgekehrt heißt das nicht, dass, wenn jemand etwas an uns bemängelt, es immer wegen Jesus ist. Manchmal ist es auch einfach, weil wir unklug sind.
Wenn ich zum Beispiel meinen Nachbarn ärgere, weil ich am Sonntagmorgen um fünf Uhr den Rasen mähe, und er sich darüber beschwert, dann leide ich nicht um Jesu Willen, sondern wegen meiner eigenen Dummheit.
Aber in vielen Fällen, wenn wir Jesus konsequent nachfolgen, können wir Probleme bekommen. So seid ihr: Ihr habt es genauso wie Jesus, ihr habt es genauso wie die Urgemeinde. Auch sie erlebte Verfolgung.
Gemeinschaft als Ausdruck des christlichen Lebens
Dann sind wir beim letzten Abschnitt. Da sagt er: „Wir aber, Brüder, nachdem wir für eine kleine Weile von euch getrennt waren...“ Paulus spricht immer wieder von Brüdern und Schwestern. Wir haben uns heute angewöhnt, das ebenfalls so zu tun. Damals war das eher eine Ausnahme. Ich glaube, für Paulus war das keine Floskel wie „Brüder und Schwestern“, ähnlich wie sich SPD-Mitglieder mit „Genossen und Genossinnen“ anreden. Das meinte er nicht so. Für ihn war es wirklich ein Ausdruck der Verbundenheit.
Jesus hat gesagt: Nicht die sind meine Brüder und Schwestern, die meine leiblichen Brüder sind, sondern die, die den Willen meines Vaters im Himmel tun. Deshalb gehören wir als diejenigen, die sich Christen nennen, untereinander verwandt, wir gehören zu einer Familie – sogar mehr als die leiblichen Geschwister. Das will Paulus dadurch ausdrücken.
Jetzt ist natürlich die Sache: Wir müssen diese Verbundenheit auch pflegen. Einerseits sind wir hineingeboren in diese Gemeinschaft, aber andererseits müssen wir uns auch darum bemühen. Wenn wir das hier lesen, merken wir, welche innige Verbindung und Sehnsucht Paulus zu den Thessalonichern hat. Er sagt, wir sind für eine kleine Weile getrennt gewesen, aber er betont: „Nicht dem Herzen nach.“ Damit macht er deutlich, dass er dem Herzen nach die ganze Zeit bei ihnen war. Sie waren ihm nicht gleichgültig. Er hat mit ihnen gerungen, für sie gebetet und über ihre Probleme nachgedacht.
Das ist auch eine Herausforderung für uns: Diese Gemeinschaft, die wir als Christen haben, ist nicht einfach nur da, sondern wir müssen uns dafür einsetzen. Gerade in unserer westlichen Kultur ist das etwas, worum wir wirklich kämpfen müssen. Wenn ihr zum Beispiel Christen besucht, die im Nahen Osten, in Asien oder Afrika leben, dann ist diese Gemeinschaft meistens viel stärker ausgeprägt. Warum? Weil in diesen Kulturen das Gemeinschaftsleben viel mehr normal ist.
Bei uns im Westen, sowohl in Westeuropa als auch in Nordamerika, gibt es einen Trend, den die Trendforscherin Faith Popcorn „Kokoning“ nennt. Kokoning bedeutet, dass sich die Menschen in ihr Privatleben zurückziehen. Am wichtigsten ist erst einmal das eigene Privatleben, dann die Familie. Erst alles für die Familie einsetzen, danach kommt alles andere.
Das führt oft zu einer ganz anderen Sichtweise als die, die wir in der Bibel finden. Natürlich ist auch in der Bibelfamilie die eigene Familie wichtig, aber dort wird gesagt: Unsere eigentliche Familie sind die Geschwister im Glauben. Es geht also nicht nur darum, dass wir uns zwangsläufig zwei- oder dreimal die Woche treffen oder vielleicht nur einmal oder manchmal nur alle zwanzig Tage. Sondern wir sollen uns nach ihnen sehnen, denn das sind die Menschen, mit denen wir in der Ewigkeit zusammen sein wollen.
Hier ist die Perspektive ganz anders: Nicht nur die kleine Kernfamilie, sondern ein weiterer Blick auf die Gemeinschaft. Das hat Konsequenzen im Leben. Paulus sagt, sie haben sich mit großem Verlangen darum bemüht, das Angesicht der Thessalonicher zu sehen. Das „große Verlangen“ bedeutet nicht nur: „Naja, wir haben mal überlegt, ob wir euch nicht besuchen“, sondern: „Ich habe mich wirklich dafür eingesetzt, ich habe darum gekämpft.“
Paulus sagt, er wollte zu ihnen kommen, einmal, sogar zweimal. Er hat es immer wieder geplant und daran gearbeitet. Damit drückt er aus, wie wertvoll und wichtig sie ihm sind. Dann sagt er, dass der Satan ihn daran gehindert hat, so zu handeln, wie er es eigentlich vorhatte.
Hier sehen wir, was Paulus uns sagen will: Der Satan wird versuchen, Gemeinschaft zu zerstören. Warum? Weil er uns alleine viel besser fertig machen kann. Das sehen wir im Alten und Neuen Testament. Wenn wir einzeln in Versuchung fallen – sei es wegen schlimmer Erlebnisse oder Zweifel, die uns innerlich zerfressen – dann ist die Gefahr viel größer, dass wir abstürzen, von Jesus wegkommen oder dass die Zweifel unser ganzes Glaubensleben lähmen.
Wenn wir aber Geschwister haben, von denen wir wissen, dass sie nicht nur neben uns sitzen, sondern wirklich ein Anliegen für uns haben, die für uns beten und sich auch um Alltagssachen kümmern, dann ist das eine große Hilfe. Zum Beispiel, wenn jemand nicht mehr alleine kochen kann, dann kommt jemand und putzt die Wohnung oder kocht das Essen. Wenn jemand mit einem gebrochenen Bein nicht zum Arzt kommt, fährt ihn jemand hin. Oder ein Jugendlicher, der nicht weiß, wie es mit dem Beruf weitergeht, setzt sich mit jemandem zusammen, um gemeinsam zu überlegen, wie das funktionieren kann. Sie gehen zusammen zu einem Betrieb und bewerben sich.
Das heißt, Gemeinschaft ist nicht nur eine Sache im Kopf, sondern sie drückt sich auch praktisch aus. Das ist bei Paulus ganz wichtig. So können wir uns gegenseitig stärken und aufbauen. Wenn es dem einen schlecht geht, können die anderen ihn ermutigen. Wenn es dem anderen schlecht geht, braucht er Hilfe.
Gemeinschaft ist etwas ganz Wichtiges. Paulus erwähnt das hier ja auch deutlich.
Die Hoffnung und Freude in der Gemeinschaft
Und dann schreibt er weiter in Vers 19: Denn ihr seid unsere Hoffnung, unsere Freude und unsere Krone des Ruhms.
Dann stellt sich die Frage: Was gilt in der Ewigkeit? Worauf baue ich mich? Worauf will ich mich vor Jesus berufen? Sage ich dann: „Ich bin ja ganz toll“, wenn Jesus mich fragt? „Ich habe hier auf der Erde ein Haus gebaut.“
Ein Haus zu bauen, ist schon eine große Sache. Wir haben zum Beispiel ein gebrauchtes Haus, 120 Jahre alt, und man kann dort viel Arbeit investieren. Wenn man dann irgendwann ein Stück weit fertig ist – wobei man nie wirklich fertig wird – kann man stolz sein und sagen: „Ja, das habe ich geschafft.“
Aber natürlich, wenn ich zu Jesus komme und sagen kann: „Ich habe mein ganzes Leben eingesetzt, um dieses Haus umzubauen“, wird Jesus wahrscheinlich mit den Schultern zucken und sagen: „Ja, und? Und dann?“ Das ist ja kein Selbstzweck. Dieses Haus, das ich jetzt baue, wird spätestens in 500 Jahren, wenn Jesus nicht wiedergekommen ist, wahrscheinlich kein Stein mehr sein. Dann wird alles weg sein. Wie viele Häuser gibt es schon, die so alt sind?
Bei anderen Dingen sage ich vielleicht: „Ich bin Generaldirektor XY von der großen Firma geworden.“ Da wird Jesus wahrscheinlich auch sagen: „Ja, ist ja schön. Und dann? Was hast du noch gemacht?“ Denn was gilt das vor den Augen Jesu in der Ewigkeit?
Deshalb sagt er hier: Das, was in der Ewigkeit gilt, das seid ihr, ihr als Geschwister. Ich habe mich für euch eingesetzt. Ich habe daran gearbeitet, dass ihr geistlich wachst und vorankommt. Und das nennt er seine Krone. Das ist das, was er in den Himmel mitnehmen kann.
Jesus sagt: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles dazugegeben.“ Das ist die Perspektive, die wir hier auch brauchen.
Ich habe den Eindruck, dass gerade in diesen Versen, die wir jetzt gelesen haben, im ersten Thessalonicherbrief drei Herausforderungen ganz wichtig für uns sind – für euch und für mich in der nächsten Woche.
Erstens: Sucht das Wort Gottes – und zwar wirklich. Nicht nur so, dass ich sage, es ist wichtig, sondern so, dass ich merke, es prägt meinen Alltag. Indem ich mich damit auseinandersetze und es in meinem Leben anwende.
Zweitens: Suche dir Vorbilder! Achte bewusst darauf, wo es Menschen gibt, die dich herausfordern können. Setze dich mit ihnen zusammen oder beschäftige dich mit ihnen. Wie machen die das? Lies eine Biografie, wenn es eine verstorbene Person ist, die dich inspirieren kann. Denk auch daran: Du bist selbst ein Vorbild. Achte darauf, wie du auf andere Menschen in deiner Umgebung wirkst.
Drittens: Suche Gemeinschaft! Hier sehen wir, dass Gemeinschaft der Ausdruck des christlichen Lebens ist. Das gehört dazu. Es ist eine der Hauptaufgaben, die wir miteinander haben. Gemeinschaft mit anderen Christen zu suchen, ist nicht nur eine Nebensache, die man machen muss, weil es nicht anders geht. Es ist eigentlich ein ganz wesentliches, zentrales Ausleben unseres Glaubens.
Mit diesen Appellen und Herausforderungen möchte ich euch in den Sonntag gehen lassen. Ich hoffe, dass euch das heute und in der nächsten Woche noch weiter bewegt und auch Früchte trägt.
Nur eine Predigt zu halten, bringt ja nichts. Es ist nur dann wertvoll, wenn sie Auswirkungen in unserem Leben hat – erst im Denken und dann im Handeln. Damit das geschieht, wollen wir auch noch gemeinsam Gott darum bitten, dass er uns hilft, das im Alltag umzusetzen.
Schlussgebet
Vater im Himmel, wir danken dir, dass du uns hier auf der Erde nicht allein gelassen hast. Du hast dich nicht einfach in den Himmel zurückgezogen, um uns machen zu lassen, was uns gerade einfällt. Stattdessen gibst du uns ganz konkrete Hilfen, Tipps und Herausforderungen, wie wir leben können, wie es dir gefällt.
So danken wir heute Morgen auch für den Text aus dem 1. Thessalonicherbrief. Wir bitten dich, dass du uns ansprichst und uns zeigst, wo Veränderung nötig ist oder wo du uns bestätigen und ermutigen willst, weiterzumachen wie bisher.
Ich bitte dich, dass wir alle in der nächsten Woche und darüber hinaus dein Wort als das Wort Gottes ernst nehmen – nicht nur als menschliche Empfehlung. Mach mir und auch anderen deutlich, wenn wir in der Bibel lesen, dass das nicht nur eine abstrakte theologische Sache ist, sondern etwas, das mit Autorität in unser Leben hineinspricht.
Ich bitte dich auch, dass du mir und uns allen Kraft gibst, das dann umzusetzen. Dass dein Wort Auswirkungen hat und Früchte trägt in unserem Leben.
Zeige uns Menschen, die uns Vorbilder sein können: Menschen in der Bibel, die wir lesen und die uns herausfordern. Menschen aus der Kirchengeschichte, mit denen du ganz besonders gewirkt hast und die du gebraucht hast – sie können uns eine Herausforderung sein. Und auch Menschen heute in unserer Umgebung, die wir kennen: Zeige uns, wo sie uns Vorbild sein können.
Lass uns selbst gute Vorbilder sein, damit wir anderen Menschen auf dich hinweisen können. Dass sie sehen, so möchte ich auch gerne sein. Gebrauche uns als gute Vorbilder.
Ich bitte dich auch für den Punkt, den wir noch gelesen haben: Du siehst Gemeinschaft als so wichtig an. Hilf uns, Gemeinschaft ebenfalls als wichtig anzusehen. Dass wir nicht nur gleichgültig oder ein bisschen Anteil nehmend miteinander umgehen, sondern die Erfahrung der tiefen Gemeinschaft erleben. Lass uns da immer weiterkommen, auch wenn der Zeitgeist in unserer Umgebung in eine ganz andere Richtung läuft und mehr auf Vereinzelung hinausläuft.
Mach uns in unserem Herzen so bewusst, wie wichtig Gemeinschaft ist, dass das auch Veränderung in unserem Denken und Handeln zur Folge hat.
Vielen Dank, dass du uns in all diesen Herausforderungen nicht allein lässt, sondern uns den Heiligen Geist gegeben hast, der uns weiterführt und uns Kraft gibt, das zu tun.
Darum bitten wir dich: Erinnere uns in der nächsten Woche an all diese Sachen und wirke durch den Heiligen Geist in uns, damit wir es auch tun können. Amen.