Die zentrale Bedeutung des Wortes Gottes im Leben
Wir haben jetzt den letzten Abend. Das heißt, wir haben keinen weiteren Abend mehr über Medien. Es geht dabei um Medien in Konkurrenz zum Wort Gottes. Das beste Mittel, das wir überhaupt haben, um Sieg zu erlangen über das, was uns von den Medien so sehr anzieht, ist, dass wir einen Geschmack für das Wort Gottes bekommen.
Wenn wir wirklich begeistert sind vom Wort Gottes, dann wird anderes verblassen. Nun stellt sich die Frage: Wie bekommt man Freude an der Bibel?
Ich habe darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass es eigentlich auf die gleiche Weise funktioniert, wie man Freude an Gott bekommt. Denn Gott und die Bibel, Gott und sein Reden kann man ja nicht trennen. Genauso wenig kann ich meine Frau und das Reden meiner Frau trennen. Das geht nicht. Das gehört zusammen, es ist ein Ganzes. Ebenso kann man Gott und sein Reden nicht trennen.
Die Frage lautet also: Wie bekommt man Freude an Gott? Die Sache ist nicht so schwierig. Wenn Gott die schönste und herrlichste Person des Universums ist, dann bekommt man Freude an Gott, indem man ihm den ersten Platz gibt – den Platz, der ihm gebührt. Außerdem lernt man ihn besser kennen, indem man Zeit mit ihm verbringt. Denn so lernt man ihn besser kennen.
Das Gleiche gilt für das Wort Gottes. Wir geben dem Wort Gottes den ersten Platz im Leben, den zentralen Platz. Wir sorgen dafür, dass wir das Wort Gottes besser kennenlernen und verbringen Zeit mit dem Wort Gottes. Dann wird die Freude an der Bibel wachsen.
Das Wort Gottes als Zentrum im Leben Israels
Das Wort Gottes hatte in Israel einen zentralen Platz.
Zum Beispiel während der Wüstenwanderung war das Volk Gottes unterwegs. Wenn sie lagerten, gab es eine Lagerordnung: Drei Stämme standen im Norden, drei im Süden, drei im Westen und drei im Osten. In der Mitte befand sich die Stiftshütte.
Das Zentrum der Stiftshütte war das Allerheiligste. Es war der heilige Ort. In der Mitte des Allerheiligsten stand die Bundeslade. In der Bundeslade lag das Wort Gottes, das Gesetz Gottes, also die Tafeln des Gesetzes.
Später wurde offenbar auch eine Abschrift des Gesetzes im Tempel platziert. Tatsächlich war das Wort Gottes bei den Israeliten das Zentrum vom Zentrum vom Zentrum.
Ob unterwegs oder später im Tempel – das Wort Gottes hatte einen vollkommen zentralen Platz.
Die Suche nach geistlichen Schätzen
Jemand hat einmal gesagt, Gold liegt nicht auf der Straße. Gott hat die Welt so geschaffen, dass die Bodenschätze im Verborgenen liegen und wir graben müssen, um sie zu finden.
Wir müssen nach Edelsteinen suchen. Einmal waren wir im Habachtal. Ich kann mich noch gut daran erinnern: Es war im Mai, und oben lag noch Schnee. Dort sind wir auf Smaragd-Suche gegangen, hoch oben in den Bergen. Wir haben in einem Zelt übernachtet, trotz der eisigen Kälte. Unser Ziel war ein Tunnel, in dem Smaragde zu finden sind.
Wir haben tatsächlich Smaragde gefunden, wenn auch nur wenige. Es hat etwas gekostet, diese Smaragde zu holen.
Wir müssen also graben. Ohne Fleiß kein Preis. Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen, heißt es in der Bibel (2. Thessalonicher 3,10). Geistlich trifft das genauso zu: Wer nicht geistlich arbeiten will, bekommt nichts zu essen. Das bedeutet, Gott will, dass wir fleißig sind.
Psalm 119: Die Freude am Wort Gottes
Am Anfang möchte ich einige Verse aus Psalm 119 lesen. Psalm 119 ist ein ganz besonderer Psalm mit 176 Versen – das entspricht achtmal zweiundzwanzig. Das hebräische Alphabet hat nämlich zweiundzwanzig Buchstaben, und immer acht Verse beginnen mit demselben Buchstaben des Alphabets. So beginnen die ersten acht Verse mit A, die zweiten acht Verse mit B, die dritten acht Verse mit Gimel, also dem dritten Buchstaben, und so weiter bis zum letzten Buchstaben.
Fast jeder Vers im Psalm 119 handelt vom Wort Gottes. Es gibt, glaube ich, zwei oder drei Ausnahmen, ansonsten beziehen sich alle Aussagen auf das Wort Gottes. Dieses wird dort mit verschiedenen Begriffen bezeichnet: Weisung, Tora, Gesetz, Zeugnis, Vorschrift, Satzung, Gebot, Wort und Verordnung. Das sind nur Synonyme oder sehr ähnliche Begriffe für das Wort Gottes.
Ich möchte nun einige Verse aus Psalm 119 vorlesen:
Vers 14: „Am Wege deiner Zeugnisse freue ich mich, wie über jegliches Wohlbehagen.“ Man merkt hier, dass der Schreiber ein fröhlicher Mensch ist, der Freude gefunden hat.
Vers 16: „An deinen Satzungen habe ich meine Wonne, dein Wort will ich nicht vergessen.“
Vers 24: „Auch sind deine Zeugnisse meine Wonne, meine Ratgeber sind sie.“
Vers 35: „Lass mich wandeln auf dem Pfad deiner Gebote, denn an ihm habe ich Lust.“
Vers 47: „Ich habe meine Wonne an deinen Geboten, die ich liebe, und ich will aufheben meine Hände zu deinen Geboten und nachsinnen über deine Satzungen.“
Oder Vers 70: „Stumpf wie Fett ist ihr Herz usw.“ – „Ich habe Wonne an deiner Weisung, also an deiner Tora, an deinem Gesetz.“ Das Wort Tora bedeutet Weisung. Die Weisung Gottes wird oft einfach mit Gesetz übersetzt.
Vers 77: „Lass deine Erbarmungen über mich kommen, dass ich lebe, denn deine Weisung, dein Gesetz ist meine Wonne.“
Vers 92: „Wäre nicht deine Weisung meine Wonne gewesen, wäre ich umgekommen in meinem Elend.“ Wäre also nicht dein Gesetz, deine Tora meine Wonne gewesen, wäre ich umgekommen in meinem Elend.
Vers 97: „Wie liebe ich deine Weisung, sie ist mein Sinnen, mein Nachdenken, den ganzen Tag.“
Vers 103: „Wie süß ist dein Wort meinem Gaumen, mehr als Honig meinem Munde. Aus deinen Vorschriften empfange ich Einsicht, darum hasse ich jeden Pfad der Lüge.“
Vers 111: „Deine Zeugnisse sind mein Erbteil für ewig, ja, sie sind meines Herzens Frohlocken.“
Vers 113: „Die Doppelherzigen hasse ich, aber deine Weisung liebe ich.“
Vers 119: „Wie Schlacken räumst du alle Ehrfurchtslosen von der Erde hinweg, darum liebe ich deine Zeugnisse.“
Vers 127: „Darum liebe ich deine Gebote mehr als Gold und gediegenes Gold, also Feingold.“
Vers 140: „Wohl geläutert ist dein Wort, und dein Knecht liebt es.“
Vers 143: „Angst und Bedrängnis haben mich erreicht, deine Gebote sind meine Wonne.“
Oder weiter unten Vers 159: „Siehe her, ich liebe deine Vorschriften, belebe mich nach deiner Gnade, Herr!“
Die Summe deines Wortes ist Wahrheit, und jede Verordnung deiner Gerechtigkeit währt ewiglich.
Vers 162: „Ich freue mich über dein Wort, wie einer, der große Beute findet. Lüge hasse und verabscheue ich, deine Weisung liebe ich.“
Vers 165: „Großen Frieden haben die, die deine Weisung lieben, und für sie gibt es kein Fallen.“
Vers 167: „Meine Seele hält deine Zeugnisse, und ich liebe sie sehr.“
Vers 174: „Ich sehne mich nach deinem Heil, und deine Weisung, dein Gesetz, ist meine Wonne. Meine Seele soll leben, damit ich dich preise.“
Man sieht hier, dass der Psalmist eine große Freude am Wort Gottes hat.
Wir wollen ja ganz praktisch Freude an der Bibel gewinnen. Manche Leute lesen die Bibel, sagen dann, heute hat das Wort Gottes nicht zu mir gesprochen, und gehen dann zur Arbeit. Das ist aber ein Missverständnis. Gott redet immer, denn das, was Gott geredet hat, ist sein Wort, sein Reden. Wenn es sein Reden ist, dann ist es gesprochen.
Ich sage auch nicht zu meiner Frau: „Rede durch dein Wort zu mir.“ Was heißt das? Ihr Wort ist ja ihr Reden. Sie kann nicht durch ihr Wort zu mir reden. Wenn sie etwas gesagt oder geschrieben hat oder mir eine Botschaft vermittelt hat, dann ist das ihr Reden. Und wenn Gott uns eine Botschaft übermittelt hat, die wir schriftlich haben, dann ist das sein Reden.
Es ist also eigentlich nicht richtig, wenn wir sagen: „Herr, rede du zu mir.“ Vielleicht ist es besser, wenn wir beten: „Herr, öffne mir die Augen, dass ich sehe, oder die Ohren, dass ich höre. Hilf mir, mich zu konzentrieren auf das, was du geredet hast, dass ich es aufnehmen, verstehen und schätzen kann.“
Dann beschäftigen wir uns mit dem Wort, und es wird uns zunehmend vertraut. Wenn es uns vertraut wird, wird es unsere Nahrung. Es ist nicht nötig, jedes Mal ein Hocherlebnis oder ein gewaltiges Gefühlserlebnis beim Bibellesen zu haben. Je mehr wir uns mit Gottes Wort befassen, desto innerlich gefestigter werden wir und lernen Gott selbst besser kennen.
Eigentlich haben wir nicht zwei getrennte Dinge – Gott und sein Wort –, sondern es ist eins und dasselbe. Wenn ich die Bibel lese, lese ich auch Gott. Wenn ich die Bibel kennenlerne, lerne ich Gott kennen. Wenn ich die Bibel liebe, liebe ich Gott. Wenn ich die Bibel nicht lese und nicht liebe, dann ist es auch klar, dass es mir mit Gott so geht.
Ich habe festgestellt, dass es immer wieder wichtig ist, erfrischt zu werden. Das betet der Psalmist mehrfach in Psalm 119. Wir wissen nicht, von wem dieser Psalm ist, es steht nicht da, aber der Schreiber hat unter Eingebung des Heiligen Geistes geschrieben.
Immer wieder bittet er: „Belebe mich nach deinem Wort.“ Zum Beispiel in Vers 25: „Am Staub klebt meine Seele, belebe mich nach deinem Wort.“ Das heißt: Belebe mich so, wie du es gesagt hast, wie du es uns versprochen hast, wenn wir zu dir beten.
Oder Vers 37: „Wende meine Augen davon ab, nach Nichtigem zu schauen, belebe mich in deinen Wegen.“
Vers 40: „Belebe mich in deiner Gerechtigkeit.“
Vers 50: „Das ist mein Trost in meinem Elend, dass dein Wort mich belebt hat.“
Solche Aussagen finden wir immer wieder. Wir brauchen ständig Erfrischung und dass Gott uns die Augen öffnet für sich, für sein Wesen und seine Art. Es gibt sehr viel zu entdecken in der Bibel. Das braucht Zeit und Nachdenken.
Ich habe mir einige Dinge notiert, die mir helfen, und vielleicht helfen sie auch euch. Dazu möchte ich einige Beispiele aus der Bibel bringen.
Das Erste ist sicher: Wir müssen Menschen werden, die viel in der Bibel lesen. Wir müssen nicht viel Zeitung lesen oder Romane, sondern viel in der Bibel lesen. Man braucht gar nicht so lange Zeit zum Lesen. Zum Nachdenken braucht man Zeit, aber zum Lesen an sich nicht unbedingt viel, vor allem wenn man viel liest. Je mehr man liest, desto vertrauter wird man mit dem Text. Wenn du zum Beispiel Psalm 119 zehnmal gelesen hast, liest du ihn beim zehnten Mal schneller als beim ersten Mal, weil er dir vertrauter ist.
Man kann die Texte übrigens auch anhören. Ich habe festgestellt, es ist eine große Hilfe für mich, wenn ich morgens zehn bis zwanzig Minuten Turnübungen mache und nebenbei die Bibel auf mp3 laufen lasse. Das ist gut zur Auffrischung, nicht zum Nachdenken, denn dafür habe ich keine Zeit, aber zur Auffrischung des Textes, vor allem der Texte, die ich schon kenne.
Wenn ich zum Beispiel den Epheserbrief laufen lasse, den wir mal auswendig gelernt haben, dann ist er mir noch viel präsenter. Viel lesen! Der Herr Jesus Christus hat zu den Schriftgelehrten gesagt: „Habt ihr nicht gelesen?“ Viermal sagt er das zu ihnen, an verschiedenen Stellen (Matthäus 21). Einmal sagt er zu ihnen: „Ihr kennt die Schrift nicht.“ Das waren Fachmänner, die ihr Leben mit der Bibel verbracht haben. Er sagt, sie kennen die Schrift und die Kraft Gottes nicht.
Das heißt, es braucht mehr als nur Auswendiglernen. Es braucht Verständnis und dass der Herr uns die Augen öffnet und uns in gewisse Dinge hineinführt. Wir beten: „Herr, nimm uns an der Hand und bring uns hinein in dein Wort, denn dein Wort bist du selbst, und jetzt möchte ich von dir lernen.“
Dann ist es wichtig, nach Herzenslust zu lesen, richtig mit Freude. Wenn du gerne liest und deine Bibel anstreichen möchtest, dann mach das. Ich weiß nicht, wie viele Bibeln ich mit Farben angestrichen habe – es sind wohl etwa zehn. Ich habe immer wieder eine neue Bibel gekauft und mit Farben markiert.
Neulich habe ich einem Bruder eine große Hausbibel geschenkt, eine alte Schlachter-Übersetzung mit gotischer Schrift, aber sehr angenehm zu lesen. Die Seiten sind so dick, dass man sogar noch reinschreiben kann. Das ist ganz normales 80-Gramm-Papier, das er vergrößert und binden ließ. Er sagte, es werde eine Malbibel.
Ich habe natürlich mein System mit Farben. Ich habe gemerkt, wenn man die Bibel anmalt, muss man aufpassen, nicht zu viel zu markieren. Meine ersten Bibeln waren so voller Farben, dass ich den Überblick verloren habe. Das bringt nichts. Wenn man aber so viele Farben hat, dass man noch ein System erkennt, ist es perfekt.
Bei den Psalmen habe ich bei jedem Psalm den Zentrumspalm besonders gekennzeichnet, denn jeder Psalm hat ein Zentrum. Eigentlich jeder Psalm, einige haben sogar zwei Zentren, zum Beispiel Psalm 73. Die meisten Psalme haben aber ein Zentrum ziemlich in der Mitte.
Die Hebräer haben eine eigene Art der Dichtkunst. Als ich das Buch der Psalmen übersetzt habe, habe ich mich intensiv damit beschäftigt und viel darüber gelesen. Die Hebräer schreiben ihre Gedichte nicht mit Reimen wie wir, sondern sie verwenden zum Beispiel Anfangsbuchstabenreime, also alphabetische Psalmen.
Psalm 9 und 10 gehören zusammen und beginnen jede Zeile mit einem Buchstaben des Alphabets. Psalm 25 und 37 sind weitere Beispiele für solche alphabetischen Psalmen.
Noch wichtiger ist, dass sie Wörter zählen. Im Hebräischen braucht man viel weniger Wörter als im Deutschen oder Englischen. Zum Beispiel Psalm 1, Vers 1: „Selig ist der Mann.“ Im Hebräischen heißt das „Aschrei ha-isch“ – nur zwei Wörter.
Man kann sehr schnell sehen, wie viele Wörter verwendet werden, und so Gruppen bilden. Im Psalm 23, den wir alle gut kennen, ist das ein schönes Beispiel. Der Psalm ist ein hebräisches Kunstwerk.
Insgesamt hat er 55 Wörter. Genau in der Mitte stehen drei Wörter, eingerahmt von 26 Wörtern vorne und 26 Wörtern hinten. Die Zahl 26 ist für die Hebräer eine besondere Zahl, denn sie ist der Zahlenwert von JHWH, dem Namen Gottes.
J (Jota) hat den Zahlenwert 10, H den Wert 5, W (Waw) den Wert 6, und das zweite H den Wert 5. Zusammen ergibt das 26.
Der Psalm verwendet also 26 Wörter vorne, dann den Mittelsatz „Denn du bist bei mir“ und 26 Wörter hinten. Das Zentrum des Mittelsatzes ist das Wort „Du“ (im Hebräischen „Atah“), das genau in der Mitte steht.
So drückt der Psalm aus, dass Gott nicht nur vor und hinter ihm steht, sondern auch mitten in ihm ist: „Du bist bei mir.“
Der Psalm beginnt mit „Der Herr ist mein Hirte, JHWH ist mein Hirte“ und endet fast ebenso: „Ich werde bleiben im Hause des Herrn, im Hause JHWHs.“ Das vorletzte und das erste Wort sind JHWH.
Diese Dichtkunst zeigt die Kostbarkeit des Wortes Gottes.
Zum Beispiel in Psalm 19, der von den zehn Geboten spricht. Dort sind die Verse 8, 9 und 10 besonders gestaltet:
„Das Gesetz des Herrn ist vollkommen, es stellt die Seele wieder her. Das Zeugnis des Herrn ist zuverlässig und macht die Einfältigen weise. Die Vorschriften des Herrn sind richtig und erfreuen das Herz. Das Gebot des Herrn ist lauter und erleuchtet die Augen. Die Furcht des Herrn ist rein und bleibt ewiglich. Die Verordnungen des Herrn sind Wahrheit, allesamt gerecht.“
Diese drei Verse haben jeweils vier Aussagen, aber jeder Vers besteht aus zehn Wörtern. Warum zehn? Weil die zehn Gebote dargestellt werden. Psalm 19 hat also im Zentrum dreimal zehn Wörter, die das Wort Gottes repräsentieren. Das ist hebräische Dichtkunst, die man im Deutschen nicht so nachahmen kann, weil wir mehr Wörter brauchen.
Zurück zum Thema „viel Bibel lesen nach Herzenslust“. Das heißt, die Bibel so lesen, wie es Freude macht, nicht nur „ich muss heute zehn Kapitel lesen“. Ich habe das lange Zeit so gemacht, aber das ist nicht gut. Wenn man nur liest, um Seiten zu schaffen, hat man wenig davon.
Man muss so lesen, dass man einen Gewinn hat. Einen Gewinn hat man nur, wenn man sich innerlich freut. Ein Beispiel: Ich habe die Offenbarung so oft gelesen, dass ich es kaum zählen kann. Ich habe mich sehr damit befasst, viele Fehler gemacht, aber immer wieder gelesen.
Einmal wollte ich nur etwas nachschauen und habe dann zwölf Kapitel gelesen, ohne es geplant zu haben. Ein Thema hat mich gepackt, und ich bin dem nachgegangen.
Man kann die Bibel auch ausdrucken und thematisch markieren. So hat man das ganze Buch auf einen Blick und kann es thematisch durchgehen.
Vielleicht hat man keine Stunde Zeit, dann fängt man mit einer Viertelstunde an, morgens, mittags, abends, und ist dann schnell durch.
Ich habe oft solche Faltblätter gemacht – biblische Bücher auf A4-Seiten mit zwei Spalten pro Seite. Dann klebe ich die Blätter aneinander und falte sie als Ziehharmonika. So kann man sie nebeneinanderlegen und vergleichen.
Das ist eine sehr schöne, biblische Art, denn früher hatten die Menschen Buchrollen, die sie auseinanderrollten. Sie waren auch in Spalten geschrieben.
Manchmal hat mich gestört, dass Versabteilungen und Fußnoten stören. Mit dem Computer kann man das entfernen, und ich habe zum Beispiel das Johannes-Evangelium ohne Vers- und Kapitelnummern gelesen – nur den Text. Das war eine neue, angenehme Erfahrung.
Lesen wir nach Herzenslust, dann nimmt der Herr uns an die Hand und zeigt uns die Schätze.
Das Johannes-Evangelium ist für mich das Evangelium, über das ich am meisten gepredigt und gelesen habe. Es ist mir ein Koststück geworden.
Wenn man viel in einem biblischen Buch ist, wird es sehr kostbar. Man erkennt Zusammenhänge und Parallelen.
Einmal war ich im Urlaub in der Schweiz und habe mir das Markus-Evangelium mitgenommen. Ich habe die Texte übersichtlich aufgeteilt und jeden Morgen gelesen, während die anderen noch schliefen.
Der Herr hat mir einige Dinge gezeigt. Das Markus-Evangelium hat eine klare Struktur, Geschichten stehen einander gegenüber.
Zum Beispiel kommt ein Blinder, Bartimäus, der ruft: „Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ Jesus fragt ihn: „Was willst du, dass ich dir tue?“
Dann kommt die Mutter zweier Apostel, die Jesus bittet, ihre Kinder an seiner rechten und linken Seite im Reich zu setzen. Jesus fragt auch sie: „Was wollt ihr, dass ich euch tue?“
Diese Geschichten stehen nebeneinander, und man sieht den Unterschied zwischen dem hilflosen Blinden und der stolzen Mutter.
Beide liebt Jesus, beide werden freundlich behandelt. Das ist ein Edelstein, den man durch Graben und Suchen findet.
Viel lesen, nach Herzenslust lesen!
Man kann Gottes Wort lesen, ohne es zu verstehen, aber man kann es nicht verstehen, ohne es zu lesen.
Wenn man es nicht versteht, liest man es erneut. Wenn man es immer noch nicht versteht, liest man den größeren Zusammenhang. Wenn es dann immer noch unklar ist, liest man andere Bibelstellen und kommt später zurück.
Die Bibel erklärt die Bibel.
Natürlich kann man auch Kommentare oder Brüder um Hilfe bitten, aber es ist besser, aus der Schrift selbst Erkenntnisse zu gewinnen.
Vor kurzem war ich in einer Gemeinde, wo es um Endzeitfragen ging. Ich sagte: „Ich gebe euch keine Antworten, sondern Hinweise. Sucht die Antworten in der Bibel selbst. Fangt bei den klaren Aussagen von Jesus und den Aposteln an. Dort müsst ihr eure Pfeile einschlagen. Von klaren zu unklaren Stellen.“
Man kann nicht bei den unklaren Stellen anfangen und alles drumherum gruppieren.
Die Lehre der Apostel ist die Grundlage. Wenn man Fragen hat, muss man wissen, was die Apostel klar gesagt haben.
Ein Bruder hat mir mal gesagt: „Du machst einen Fehler, wenn du ein fertiges Lehrsystem suchst, das alle Fragen beantwortet. Du musst von Text zu Text gehen und bei den klaren Stellen bleiben. Lerne, mit Lücken zu leben.“
Das war eine große Hilfe für mich.
Das Licht gibt der Herr zur rechten Zeit, damit man weiterkommt im Fragen und Suchen.
So macht Bibellesen Freude. Man liest mit einer Frage, sucht Antworten und entdeckt Zusammenhänge.
Das ist Arbeit, aber man kommt in das Denken Gottes hinein.
Heute Vormittag habe ich zum Beispiel über das Thema Kleidung nachgelesen. Es war eine Hilfe, das zu tun.
Es ist gut, fortlaufend zu lesen und auch langsam mit wenig Text und viel Nachdenken.
Beides braucht man.
Als ich jung war, etwa zwanzig Jahre alt, habe ich auf einer Jugendfreizeit einen Bruder bewundert, der sehr diszipliniert war. Er hat die Bibel auswendig gelernt und vor dem Schlafengehen noch Bibelverse wiederholt.
Er sagte: „Wenn du die Bibel studieren willst, verschaffe dir zuerst einen Überblick. Lies die Bibel drei- bis viermal einfach durch, ohne zu studieren, und dann kannst du anfangen zu studieren.“
Ich dachte: „Oh, man muss die Bibel mehrmals lesen.“
Es gibt Menschen, die lesen die Bibel einmal von vorne bis hinten und sagen dann: „Jetzt bin ich fertig.“ Sie haben noch nicht wirklich begonnen.
Das ist erst ein Kratzen an der Oberfläche.
Jeder Christ, der lesen kann, darf diese Arbeit tun. Es ist nicht nur für Theologen gedacht.
Ich möchte euch ermutigen: Spart euch manches vom Internet und lest stattdessen die Bibel.
Man kann die Bibel auch am Computer oder im Internet lesen, aber es ist viel besser auf Papier.
Warum? Wenn ich die Bibel auf Papier lese, habe ich immer die gleichen Seiten. Ich sehe den Text, markiere Stellen, schreibe mit dem Kugelschreiber, merke mir die Seiten und habe ein Bild vor mir.
Papier kann man anfassen und riechen. Das ist wichtig zum Lernen.
Ein Bruder sagte mir, er liest die Bibel, wie die Juden murmeln. Wenn sie nachdenken, murmeln sie laut vor sich hin.
Der Psalmist schreibt: „Glücklich ist der Mensch, der über dein Wort nachsinnt, Tag und Nacht.“ Das Wort für „sinnen“ ist das gleiche wie „murmeln“.
Laut zu denken ist eine gute Methode, auch wenn man nicht überall laut sprechen kann.
Ich bete oft so, dass ich es selbst höre, und denke laut vor mich hin.
Natürlich lese ich auch am Computer, weil ich verschiedene Übersetzungen vergleichen kann. Aber das eigentliche Bibellesen brauche ich auf Papier.
Ich bin noch beim ersten Punkt: viel lesen.
Ich merke, ich schaffe das nicht immer, deshalb hier einige kürzere Punkte.
Betend lesen heißt nicht, dass man ein formelles Gebet spricht, sondern dass man im Gespräch mit dem Herrn bleibt.
Man sagt zum Beispiel: „Herr, ich verstehe diesen Vers nicht, bitte gib mir Licht und Verständnis.“
Dann liest man den Text noch einmal.
Beten und Vertrauen gehören dazu.
Nicht jeder ist Lehrer oder Theologe, aber jeder braucht Gottes Wort zum Leben.
Nicht jeder muss viel lesen. Manchmal reicht ein Vers, der einem kostbar ist.
Der Herr gibt, was wir brauchen.
Wenn wir das tun, verblasst das Internet und digitale Medien.
Ich schaue lieber ins Markus-Evangelium als einen Film.
Zwei Stunden Markus studieren bringen mehr als zwei Stunden Fußball schauen.
Aufmerksam und genau lesen ist wichtig.
Ich habe oft gemerkt, dass ich nicht genau gelesen habe.
Vor kurzem habe ich das Buch Daniel oft gelesen, aber erst in Kasachstan ist mir etwas klar geworden.
Daniel 2 beschreibt vier Weltreiche. Ich hatte viele Gedanken dazu.
Ein Kommentar aus dem 18. oder 19. Jahrhundert gab mir einen Hinweis.
Dann habe ich weitergedacht und gemerkt: Daniel 11 erklärt Daniel 2.
So einfach!
Das Buch Daniel erklärt sich selbst.
Das hat mir viel Freude gemacht.
Früher dachte ich, die Schrift wird durch kluge Kommentare erklärt.
Nein, die Schrift wird hauptsächlich durch die Schrift erklärt.
Ich benutze Kommentare, lese verschiedene, aber das Schönste ist, wenn ich selbst Entdeckungen mache.
Vielleicht mache ich Fehler, die später korrigiert werden.
Wir sind eine Gemeinschaft, eine große Gemeinde weltweit.
Wir können uns gegenseitig ermuntern und hinweisen.
Jeder hat etwas gesehen, und wenn wir zusammenkommen, sprechen wir darüber.
So gibt es ein gesundes Hin und Her, Schulter an Schulter, nicht Angesicht gegen Angesicht.
Wir sind zusammen.
Genau lesen und auf gute Übersetzungen achten.
Bitte vergesst die „Hoffnung für alle“ und die „Gute Nachricht“ nicht, aber ich persönlich empfehle genauere Übersetzungen.
Die Elberfelder Übersetzung ist nach wie vor sehr gut, ebenso die revidierte Schlachter.
Kauft euch genaue Übersetzungen.
Es gibt Brüder, die jahrelang an Übersetzungen mitgearbeitet haben, und man schätzt diese Arbeit.
Wir brauchen genaue Übersetzungen.
Manchmal versteht man Elberfelder nicht beim ersten Lesen.
Aber wenn man die ganze Bibel einmal oder zweimal durchgelesen hat, wird es leichter.
Man gewöhnt sich daran, und es ist genauer.
Ich möchte nichts Falsches lesen, sondern den Text so, wie er im Urtext steht.
Zum Schluss noch einige Punkte zum Bibelstudium.
Es gibt neun Punkte, die man sich leicht merken kann:
- Beten
- Beten
- Beten
- Lesen
- Lesen
- Lesen
- Fragen stellen
- Fragen stellen
- Fragen stellen
Das ist das Geheimnis.
Wir müssen zu Gott kommen, lesen und die Bibel mit Fragen bombardieren: Warum steht das hier? Warum nicht anders? Was genau steht da?
Interessant ist, dass viele über den Antichristen reden, aber das Wort „Antichrist“ steht nur in den Briefen des Johannes (1. Johannes 2, 4, 7 und 2. Johannes 7).
Nicht in Daniel, der Offenbarung oder den Thessalonischen Briefen.
Dort sind andere Begriffe.
Wir müssen genau sein und die Sprache der Bibel sprechen.
Warum nennt der Johannes es „Antichrist“ und in Thessalonich etwas anderes?
Wir müssen lernen, genau zu denken und die biblischen Begriffe zu verwenden.
Maria hat das Wort in ihrem Herzen bewegt (Lukas 2,19). Das heißt, sie hat sich damit befasst, und ihre Gedanken haben weitergearbeitet.
Wenn wir spazieren gehen oder mit dem Bus fahren, können wir in Gedanken noch bei der Bibel sein.
Manchmal bewusst, manchmal unbewusst.
Nachdenken ist wichtig.
Was mir hilft: Die Chinesen sagen, Schreiben ist besser als Merken.
Man sollte sich Notizen machen, Gedanken aufschreiben, die man sich merken möchte.
Ich habe einen Schuber, in den ich Zettel von 1. Mose bis Offenbarung einsortiere.
Wenn ich in einer Predigt etwas Wichtiges höre, schreibe ich nicht die ganze Predigt mit, sondern nur die wichtigsten Gedanken mit der Bibelstelle auf.
Dann lege ich das Blatt an die richtige Stelle.
So sammle ich wertvolle Erkenntnisse.
Wenn ich dann mal gebeten werde, etwas zu einem bestimmten Kapitel zu sagen, kann ich meine Zettel hervorholen und weitergeben.
Das ist eine gute Methode, die Freude am Forschen in der Schrift fördert.
Jeder Christ darf forschen und weitergeben.
Nicht jeder kann predigen, und nicht jeder kann überall reden.
Der Herr schenkt uns Gelegenheiten, etwas weiterzugeben, und die sollten wir nutzen.
Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen.
Ich bin noch nicht fertig, das war erst der Anfang.
Ich möchte euch noch etwas zu den Urtexten sagen.
Es ist wichtig, Gottes Wort ernst zu nehmen und auswendig zu lernen.
Früher haben wir Briefe wie den Jakobusbrief auswendig gelernt.
Ich habe beim Baumann in St. Johann gearbeitet und den Hebräerbrief 1 bis 9 auswendig gelernt.
Man muss nicht alles schaffen, aber es ist ein Schatz, den man nie verliert.
Ich kann heute nicht mehr jedes Wort, aber der Epheserbrief ist mir noch sehr präsent.
Wenn man wiederholt, kommt das Wissen schnell zurück.
Zum Schluss: Anwenden!
Was kann ich über Jesus Christus lernen? Was über mich selbst?
Gibt es ein Beispiel, ein Gebot, eine Warnung, eine Verheißung, einen Rat, eine Liste, eine Ermutigung oder ein Gebet?
Ein Bruder sagte immer: „Schreib dir biblische Gebete auf!“
Du möchtest dein Gebetsleben verbessern? Dann such dir Gebete in der Bibel, die dir gefallen, und schreibe sie auf.
Zum Beispiel: Paulus schreibt: „Die Herzen der Heiligen sind erquickt durch dich, lieber Bruder.“
Dann kannst du beten: „Herr, mach mich zu einem Menschen, durch den die Herzen der Heiligen erquickt werden.“
Solche Gebete zu sammeln und zu beten ist sehr hilfreich.
Das macht das Bibellesen schön, das Gebetsleben reich und die Beziehung zu Gott lebendig.
Wir wachsen und merken, dass wir weiter sind als vor einem Jahr.
Natürlich gibt es Rückschläge, auch ich habe genug.
Aber das Schöne ist: Ich kann umkehren, Buße tun und weitermachen.
Der Herr nimmt uns an die Hand und führt uns hinein in den kostbarsten Schatz, der auf dieser Welt zu finden ist: das Wort Gottes.
Die Notwendigkeit ständiger Erfrischung durch Gottes Wort
Ich habe festgestellt, dass es immer wieder wichtig ist, erfrischt zu werden. Das betet der Psalmist mehrfach in Psalm 119. Wir wissen nicht genau, von wem dieser Psalm stammt, denn es steht nicht dabei. Doch der Verfasser dieses Psalms hat unter der Eingebung des Heiligen Geistes geschrieben.
Immer wieder schreibt er: „Belebe mich nach deinem Wort.“ Ähnliche Aussagen finden sich zum Beispiel in Vers 25: „Am Staub klebt meine Seele, belebe mich nach deinem Wort.“ Das bedeutet, belebe mich so, wie du es gesagt hast, wie du es uns versprochen hast, wenn wir zu dir beten.
Oder in Vers 37: „Wende meine Augen davon ab, nach Nichtigem zu schauen, belebe mich in deinen Wegen.“ In Vers 40 heißt es: „Belebe mich in deiner Gerechtigkeit.“ Und in Vers 50: „Das ist mein Trost in meinem Elend, dass dein Wort mich belebt hat.“
Solche Aussagen finden wir immer wieder. Wir brauchen also ständig Erfrischung. Wir brauchen auch immer wieder, dass Gott uns die Augen öffnet – für sich, für sein Wesen, für seine Art.
Es gibt sehr, sehr viel zu entdecken in der Bibel. Das braucht aber Zeit und Nachdenken.
Praktische Tipps zum Bibellesen
Ich habe mir einige Dinge notiert, die mir helfen können. Vielleicht sind sie auch für euch nützlich. Dazu möchte ich immer wieder Beispiele aus der Bibel bringen.
Das Erste ist ganz sicher, dass wir Menschen werden müssen, die viel in der Bibel lesen. Wir müssen nicht unbedingt viele Zeitungen lesen oder andere Bücher oder Romane. Für unser geistliches Leben ist es aber sehr wichtig, dass wir viel in der Bibel lesen.
Man braucht dafür gar nicht so viel Zeit. Zum Nachdenken braucht man Zeit, aber zum Lesen an sich nicht unbedingt. Besonders wenn man viel liest, wird man mit dem Text vertrauter. Wenn du zum Beispiel den Psalm 119 zehnmal gelesen hast, dann liest du ihn beim zehnten Mal schneller als beim ersten Mal. Das ist ganz automatisch, weil der Text dir vertrauter geworden ist.
Zum reinen Lesen braucht man also nicht unbedingt viel Zeit. Übrigens kann man sich den Text auch anhören. Ich habe festgestellt, dass es für mich eine große Hilfe ist, wenn ich morgens zehn bis zwanzig Minuten Turnübungen mache und dabei die Bibel als mp3 laufen lasse. Das ist gut zur Auffrischung.
Es ist zwar nicht gut zum Nachdenken, denn dafür habe ich keine Zeit, aber zur Auffrischung des Textes ist es sehr hilfreich – vor allem bei Texten, die ich schon kenne. Wenn ich zum Beispiel den Epheserbrief laufen lasse, den wir mal auswendig gelernt haben, dann ist er mir durch das Anhören noch viel präsenter.
Also: viel lesen!
Die Bedeutung des genauen Lesens und Verstehens
Der Herr Jesus Christus hat zu den Schriftgelehrten gesagt: „Habt ihr nicht gelesen?“ Viermal wiederholt er diese Frage. An verschiedenen Stellen, zum Beispiel in Matthäus 21, fragt er sie: „Habt ihr nicht gelesen?“ Einmal sagt er sogar zu ihnen: „Ihr kennt die Schrift nicht.“ Diese Schriftgelehrten waren die Fachmänner, die ihr Leben damit verbracht hatten, die Bibel zu lesen. Dennoch sagt er ihnen, dass sie die Schrift gar nicht kennen – und auch die Kraft Gottes nicht.
Das bedeutet, es reicht nicht aus, die Schrift nur auswendig zu lernen. Es braucht ein echtes Verständnis. Es ist notwendig, dass der Herr uns die Augen öffnet und uns in bestimmte Dinge hineinführt. Deshalb beten wir: „Herr, nimm uns an der Hand und bring uns hinein in dein Wort, denn dein Wort bist du selbst. Jetzt möchte ich von dir selbst lernen.“
Es ist wichtig, dass man mit Freude liest – ganz nach Herzenslust. Wenn du gerne liest und deine Bibel anstreichen möchtest, dann tue es! Ich weiß nicht, wie viele Bibeln ich mit Farben angestrichen habe. Wahrscheinlich waren es etwa zehn Bibeln. Immer wieder habe ich mir eine neue Bibel gekauft und sie mit Farben markiert.
Neulich, im Dezember, habe ich einem Bruder eine große Hausbibel geschenkt. Sie ist riesengroß und sehr angenehm zu lesen. Es handelt sich um eine alte Schlachter-Übersetzung mit gotischer Schrift, aber sie ist herrlich zu lesen. Die Seiten sind so dick, dass man sogar hineinschreiben kann. Es ist ganz normales 80-Gramm-Papier. Er hat die Bibel vergrößert, kopiert und dann binden lassen. Dieses Geschenk hat mich sehr gefreut.
Ich habe mich dann daran gemacht, wie er sagte: „Das wird wieder eine Malbibel.“ Natürlich habe ich mein eigenes Farbsystem. Ich habe schon gemerkt, dass man beim Anmalen der Bibel aufpassen muss, nicht zu viel Farbe zu verwenden. Meine ersten Bibeln waren so voller Farben, dass ich den Überblick verloren habe. Das bringt dann nichts.
Ich habe nun so viele Farben, dass man noch erkennen kann, dass ein System dahintersteckt. Zum Beispiel habe ich das für meine Augen perfekt gemacht: Es sind so viele Farben, dass es immer noch übersichtlich bleibt.
Die Schönheit der hebräischen Dichtkunst in den Psalmen
Bei den Psalmen habe ich bei jedem Psalm den Zentrumpsalm besonders gekennzeichnet, denn es gibt bei den Psalmen immer ein Zentrum. Eigentlich bei jedem Psalm. Es gibt ein paar Psalme, bei denen es zwei Zentren gibt, zum Beispiel Psalm 73. Die meisten Psalme haben jedoch ein Zentrum, das ziemlich in der Mitte liegt.
Die Hebräer hatten eine eigene Art der Dichtkunst. Als ich das Buch der Psalmen übersetzt habe, habe ich mich intensiv damit beschäftigt. Ich habe auch einiges darüber gelesen und viel Hilfe bekommen.
Die Hebräer schreiben ihre Gedichte nicht mit Reimen, wie wir es kennen. Stattdessen verwenden sie zum Beispiel Anfangsreime, das heißt, sie beginnen die Zeilen mit Buchstaben des Alphabets. Es gibt einige Psalmen, bei denen jede Zeile mit einem Buchstaben des Alphabets beginnt. So sind zum Beispiel Psalm 9 und Psalm 10 miteinander verbunden. Jede Zeile beginnt mit einem Buchstaben von A bis Z. Psalm 25 und Psalm 37 sind weitere Beispiele für solche alphabetischen Psalmen.
Darüber hinaus zählten die Hebräer auch die Wörter in ihren Psalmen. Das ist im Hebräischen ganz einfach, weil sie viel weniger Wörter brauchen als wir. Wir Deutschen oder auch Engländer benötigen viel mehr Wörter. Zum Beispiel braucht man für Psalm 1, Vers 1, auf Deutsch vier Wörter: „Selig ist der Mann“. Im Hebräischen sagt man „Aschrei ha-isch“. „Aschrei“ bedeutet „selig“ und „ha-isch“ ist „der Mann“. Dort sind es nur zwei Wörter. Manchmal sind es sogar noch weniger Wörter, also weniger als die Hälfte.
Dadurch kann der Hebräer sehr schnell erkennen, ob eine Gruppe aus neun, zehn, fünf oder vier Wörtern besteht. So lässt sich leicht die Anzahl der Wörter zählen. Ein schönes Beispiel dafür ist Psalm 23, den wir alle gut kennen. Dieser Psalm ist ein hebräisches Kunstwerk, das man bewundern muss – nicht nur in der deutschen Übersetzung, sondern auch im Hebräischen selbst.
Der Psalm ist so aufgebaut, dass er insgesamt 55 Wörter enthält. Genau in der Mitte stehen drei Wörter, die eingerahmt sind von jeweils 26 Wörtern vorne und hinten. Die Zahl 26 ist für die Hebräer eine ganz besondere Zahl.
Was bedeutet 26? 26 ist die Zahl Jachwes. Jachwe (JHWH) besteht aus vier Buchstaben: J (Jota) hat den Zahlenwert 10, H hat den Wert 5, W (Waw) hat den Wert 6 und das letzte H hat wieder den Wert 5. Zusammen ergeben diese Zahlen 10 + 5 + 6 + 5 = 26. Der Zahlenwert von Yahweh ist also 26.
Im Psalm verwendet der Dichter 26 Wörter vorne, dann einen Mittelsatz, und danach noch einmal 26 Wörter. Und was ist der Mittelsatz? Er ist das Kostbarste: „Denn du bist bei mir“. Dieser Satz steht genau in Vers 4 in der Mitte.
Das „Du“ in „Du bist bei mir“ ist im Deutschen fünf Wörter, im Hebräischen jedoch nur drei: „ki atah imadi“. Diese drei Wörter haben wiederum ein Zentrum. Das Zentrum von diesen drei ist „atah“, das heißt „Du“. Das bedeutet, dass das „Du“, mit dem der Herr angesprochen wird, genau in der Mitte des gesamten Psalms steht.
Dieses „Du bist bei mir“ drückt aus, dass Gott bei mir ist. Das wird dadurch unterstrichen, dass vorne und hinten jeweils 26 Wörter stehen. Die Zahl 26 steht für Yahweh. Yahweh wird also durch 26 Wörter vorne, 26 Wörter hinten und in der Mitte durch „Du bist bei mir“ dargestellt. Das heißt: Du bist nicht nur vor mir und hinter mir, sondern auch genau in der Mitte bei mir.
Außerdem verwendet der Psalm nur zweimal das Wort Yahweh. Ganz am Anfang steht „Der Herr ist mein Hirte“ – „Yahweh ist mein Hirte“. Und fast am Ende heißt es: „Ich werde bleiben im Hause des Herrn“, also im Hause Yahwes. Das vorletzte Wort ist Yahweh, und das erste Wort ist ebenfalls Yahweh.
So drückt der Psalm mit Worten, Zahlen und dem Zentrumssatz „Denn du bist bei mir“ die zentrale Aussage aus. Dadurch wird klar, warum dem Psalmisten nichts mangelt, warum er kein Übel fürchtet und warum er getröstet ist: „Du bist bei mir.“ Diese Botschaft wird durch die gesamte Dichtkunst des Psalms unterstrichen.
Weitere Beispiele hebräischer Dichtkunst: Psalm 19
Das kann man sichtbar machen, wenn man es jetzt aufschreibt. Man schreibt es in Zeilen auf, die eigentlich Halbverse sind. Dann kann man diese Halbverse so anordnen, dass die Mittelzeile mit den drei Wörtern genau in der Mitte des Psalms steht.
Ich habe das in der Übersetzung, die ich mit Herbert Janssen gemacht habe, versucht so darzustellen. Wir haben, wie viele Zeilen sind das jetzt? Es sind neun Zeilen vorne, dann kommt die zehnte Zeile „Denn du bist bei mir“ und danach noch einmal neun Zeilen hinten. Auch mit Zeilen kann man also arbeiten.
Die Zeilen sind nicht willkürlich gewählt, sondern orientieren sich an den hebräischen Trennern. Das Hebräische hat solche Trenner im Vers, das sind Zeichen, die von den Masoreten eingefügt wurden. Die Urschriften hatten diese Zeichen nicht, aber die Masoreten – Juden im 8. Jahrhundert nach Christus – haben den hebräischen Text vokalisiert. Das heißt, sie haben Vokale (A, I, O, U) hinzugefügt, denn das Hebräische besteht nur aus Konsonanten.
Sie haben Punkte und Striche unter die Konsonanten gesetzt und außerdem Trenner und Verbinder eingefügt. Diese Zeichen zeigen an, welche Wortgruppen zusammengehören und welche nicht. So kann man den Text sehr schön wie ein Gedicht aufschreiben und darstellen.
Dann denkt man: Mensch, so schön! Das ist nicht nur inhaltlich schön, sondern auch formell. So kostbar ist das Wort Gottes.
Zum Beispiel in Psalm 19 ist die Rede von den zehn Geboten. Was macht der Psalm, um die zehn Gebote formell darzustellen? In Psalm 19, Vers 8, 9 und 10 heißt es:
„Das Gesetz des Herrn ist vollkommen, es stellt die Seele wieder her.
Das Zeugnis des Herrn ist zuverlässig und macht die einfältigen Weise.
Die Vorschriften des Herrn sind richtig und erfreuen das Herz.
Das Gebot des Herrn ist lauter und erleuchtet die Augen.
Die Furcht des Herrn ist rein und bleibt ewiglich.
Die Verordnungen des Herrn sind Wahrheit, allesamt gerecht.“
Das sind drei Verse, und jeder Vers besteht aus vier Aussagen. Das hat man beim Lesen vielleicht schon bemerkt. Drei Verse, jeder mit vier Aussagen, aber jeder Vers hat genau zehn Wörter.
Warum zehn Wörter? Weil die zehn Gebote dargestellt werden sollen. In jedem Vers sind es zehn Wörter: Vers 8 zehn Wörter, Vers 9 zehn Wörter, Vers 10 zehn Wörter. Das ist das Zentrum von Psalm 19.
Wenn man Psalm 19 durchzählt, sowohl mit Wörtern als auch mit Zeilen, kommt man genau auf dieses Zentrum: Vers 8, 9 und 10. Das Wort Gottes steht im Zentrum dieses Psalms, dargestellt durch dreimal zehn Wörter.
Das ist formell wunderschön gemacht – hebräische Dichtkunst. Im Deutschen kann man das natürlich nicht so nachahmen, weil wir viel mehr Wörter brauchen als im Hebräischen. Aber im Hebräischen muss man das wissen, um die Schönheit der hebräischen Psalmen noch mehr zu schätzen.
Nach Herzenslust und mit Freude Bibel lesen
Aber wo war ich eigentlich beim Thema viel Bibel lesen? Nach Herzenslust – das war unser Thema: nach Herzenslust Bibel lesen. Das heißt, die Bibel so zu lesen, wie es mir wirklich Freude macht. Nicht: „Ah, jetzt muss ich meine zehn Kapitel lesen heute.“ Das ist nicht gut.
Ich habe das lange Zeit so gemacht: Ich habe meine zehn Kapitel oder fünf Kapitel oder vier Kapitel oder vier Seiten gelesen. Ich habe alles Mögliche ausprobiert. Wenn man jeden Tag vier Seiten liest, kommt man ziemlich genau einmal im Jahr durch die Bibel. Das ist wunderbar, man kann das machen. Aber wenn du nur liest, damit du deine Seiten gelesen hast, was hast du davon? „Nein, ich habe meine Seiten gelesen, immerhin. Ich kann am Ende des Jahres sagen, ich habe meine Bibel gelesen.“ Aber vielleicht hast du nur das. Das wäre dann sehr schade.
Das heißt, ich muss so lesen, dass ich wirklich einen Gewinn habe. Einen Gewinn habe ich nur, wenn ich mich innerlich schon richtig freue. Zum Beispiel: Heute gehe ich an die Offenbarung. Mir ist es einmal so gegangen: Meine Offenbarung habe ich so oft gelesen, dass ich es nicht zählen kann, weil ich mich sehr viel mit der Offenbarung befasst habe. Sie hat mich sehr interessiert. Dabei habe ich viele Fehler gemacht und so weiter, aber immer wieder habe ich die Offenbarung gelesen.
Einmal wollte ich eigentlich nur etwas nachschauen. Dann habe ich gelesen und gemerkt, dass ich zwölf Kapitel gelesen hatte. Dabei hatte ich nicht vor, zwölf Kapitel in der Offenbarung zu lesen. Ich habe etwas gesucht, ein Thema hat mich gepackt, und dann bin ich dem Thema nachgegangen und habe so gelesen.
Oder ihr schneidet die Bibel aus oder druckt sie, zum Beispiel mit dem Computer, auf ein Blatt. Dann legt ihr das ganze Buch der Offenbarung – das ist ungefähr so groß, wenn man es ausdruckt – vor euch hin. So habt ihr das Ganze auf einen Blick und könnt es durchlesen. Man kann Themen thematisch anzeichnen. Das ist sehr interessant.
Vielleicht sagt man: „Das schaffe ich nicht, ich habe nicht eine Stunde Zeit.“ Na gut, man kann ja mal anfangen: eine Viertelstunde. Morgen eine Viertelstunde, übermorgen eine Viertelstunde, am Morgen eine Viertelstunde, zu Mittag eine Viertelstunde und am Abend eine Viertelstunde. Wenn man das dreimal macht, ist man schon durch die Offenbarung.
Das ist so eine Methode. Ich habe immer wieder solche Faltblätter gemacht: das biblische Buch auf A4-Seitenhöhe mit zwei Spalten pro Seite. Dann habe ich die Blätter aneinandergeklebt. Meine Frau kann ein Lied davon singen, ich habe immer wieder solche Sachen gemacht. Dann habe ich das jeweils so gefaltet, dass ich eine Spalte habe – eine Ziehharmonika aus dem biblischen Buch. So kann man das sogar so falten, dass man gewisse Sachen nebeneinander hat, so wie man es gerade haben möchte. Oder man macht das Ganze auf.
Das ist eine sehr schöne Art. Sie ist übrigens ganz biblisch, denn früher hatten die Menschen Buchrollen. Sie haben sie auseinandergerollt und hatten so auch ziemlich viel vor sich. Die Texte waren ebenfalls in Spalten geschrieben, aber gerollt. Man kann das auch machen, wenn man will, also auch rollen.
Jedenfalls hat man das Ganze vor sich. Manchmal hat mich gestört, dass die Versabteilungen und Fußnoten dazwischen waren. Deshalb habe ich das alles rausgelöscht. Mit dem Computer kann man das leicht machen. Ich habe mir gesagt: „Jetzt lese ich mal das Johannes-Evangelium ohne jegliche Vers- und Kapitelangaben dazwischen, keine Ziffern und keine Fußnoten, nur den Text.“ Das war angenehm, richtig – das war eine neue Erfahrung.
Jedenfalls: So richtig nach Herzenslust lesen, und der Herr nimmt uns an die Hand, führt uns hinein und sagt: „Komm, ich zeige dir jetzt mal die Schätze.“
Die Freude an einem biblischen Buch vertiefen: Beispiel Markus Evangelium
Das Johannes-Evangelium, ich glaube, es ist das Evangelium und überhaupt das biblische Buch, über das ich am meisten gepredigt habe, mit Menschen gelesen und darin geforscht habe. Es ist mir zu einem echten Koststück geworden. Ich habe gemerkt, wenn man viel in einem biblischen Buch liest, dann wird es einem ganz, ganz kostbar. Man erkennt neue Dinge.
Einmal waren wir im Urlaub, ich kann mich gut erinnern, in der Schweiz. Da habe ich mir das Markus-Evangelium mitgenommen. Ich habe es irgendwo aufbewahrt und schon vorbereitet, aber ich hatte nie die Zeit, das Markus-Evangelium richtig zu studieren. Dann nahm ich es mit, mit großen Blättern, auf denen ich alle Texte so aufgeteilt hatte, dass es übersichtlich war. Es waren mehrere Blätter.
Ich kann mich erinnern: Jeden Morgen, während die anderen noch schliefen, saß ich beim Markus-Evangelium. Das war so schön, eine ganze Woche lang jeden Morgen Markus-Evangelium. Der Herr hat mir einige Dinge gezeigt. Da muss doch eine Struktur drin sein im Markus-Evangelium. Da müssen doch Verbindungen und Parallelen sein.
Mit der Zeit ergab das eine das andere. Mensch, das ist ja lehrmäßig so schön aufgebaut. Die eine Geschichte steht der anderen gegenüber. Da kommen die Jünger und fragen: „Na, wie war das?“ Da kommt Jesus zu einem Blinden. Der Blinde, Bartimäus, schreit zum Herrn Jesus. Jesus fragt ihn: „Was willst du, dass ich dir tue? Was wünschst du, dass ich dir tue?“
Dann lese ich weiter. Die nächste Geschichte: Die Mutter von zwei Aposteln kommt zu Jesus. Jesus fragt sie, und sie sagt: „Wir haben eine Bitte an dich.“ Er fragt: „Was wünscht ihr, dass ich euch tue?“ Das steht genau nebeneinander.
Da ist ein Blinder, der ruft: „Sohn Davids, Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ Und da kommt eine Mutter mit ihren stolzen Kindern und sagt: „Wir möchten mit dir reden. Wir haben eine Bitte.“
Da ist einer, der schreit, er hat eine große Not. Jesus sagt: „Was wünschst du, dass ich dir tue? Kann ich dir irgendwie behilflich sein?“ Da kommt eine stolze Mutter, die will, dass ihre Kinder im Königreich links und rechts neben Jesus sitzen. Jesus ist auch ganz freundlich und fragt: „Was wünscht ihr, dass ich euch tue?“
Das steht so nebeneinander im Markus-Evangelium. Das habe ich immer überlesen. Da denkst du dir: Mensch, was für ein Unterschied zwischen dem einen und dem anderen! Jesus sagt zu dem einen: „Herr, dass ich wieder sehen kann.“ Und die anderen sagen: „Herr, dass wir den besten Platz im Himmel haben.“ Kannst du dir das vorstellen?
Jesus sagt: „Ich bin da, ich bin da.“ Die einen bekommen eine andere Botschaft als die anderen. Trotzdem kann man hier etwas lernen, wie Jesus mit diesen Menschen umgeht. Beide liebt er, beide liebt er genau – die einen, die so stolz sind, und den anderen, der so blind und hilflos ist.
Plötzlich findest du ein Goldstück, einen Edelstein. Der liegt aber nicht auf der Straße, den findest du nur durch Graben und Suchen. Dann wird er so kostbar. Viel lesen, nach Herzenslust lesen.
Das Verständnis der Schrift durch Lesen und Fragen
Jemand sagt, man kann Gottes Wort lesen, ohne es zu verstehen, aber man kann es nicht verstehen, ohne es zu lesen. Also, wir müssen sowieso lesen, denn ohne Lesen können wir es nicht verstehen.
Was tun, wenn ich es nicht verstehe? Wenn man es nicht versteht, sollte man es nochmal lesen. Und wenn man es wieder nicht versteht, nochmal lesen – vielleicht einen größeren Zusammenhang lesen. Wenn man es immer noch nicht versteht, dann sollte man alles andere in der Bibel lesen und zum Schluss wieder auf die Stelle zurückkommen und sie nochmal lesen. Warum? Weil man dann mehr Kontext und mehr Zusammenhang hat. Die Bibel erklärt die Bibel.
Natürlich kann man immer sofort zu irgendeinem Bruder rennen und fragen, was das bedeutet, oder einen Kommentar suchen, die allwissenden Kommentare herbeiziehen. Aber es ist viel besser, wenn wir von der Schrift her etwas erkennen.
Brüder, vor kurzem war ich in einer Gegend, wo es um die Endzeit ging und verschiedene Fragen aufkamen. Ich habe gesagt: Brüder, ich gebe euch nicht die Antworten auf eure Fragen. Es ist viel besser, wenn ihr selbst die Antworten in der Bibel sucht. Ich gebe euch ein paar Hinweise: Ihr müsst dort anfangen, wo die Klartext-Aussagen sind, was der Herr Jesus und die Apostel im Klartext sagen. Dort müsst ihr anfangen. Dort müsst ihr eure Pfeile einschlagen. Erst dann könnt ihr von den klaren Stellen zu den unklaren Stellen gehen.
Man kann nicht umgekehrt bei den unklaren Stellen anfangen und dann alles andere darum herum gruppieren. Man muss bei dem beginnen, was draußen vor der Tür steht. Wisst ihr, was draußen vor der Tür steht? Sie blieben beständig in der Lehre der Apostel. Genau das müssen wir tun: bei der Lehre der Apostel anfangen.
Wenn ich etwas nicht verstehe, was war denn die Lehre der Apostel? Systematische Theologie, das heißt Themen in der Bibel. Da gibt es ja viel Streit unter Christen. Ich muss immer zuerst fragen: Was ist die Lehre der Apostel? Ich muss dort anfangen, bei den Klartext-Aussagen der Lehre der Apostel.
Ich habe den Brüdern gesagt, ihr müsst das machen. Wenn ihr das macht, habt ihr eure Pfeiler, was ganz klar ist. Die Sachen, die unklar sind, lasst ihr unklar, bis mehr Klarheit kommt.
Mir hat der Bruder Herbert Janssen einmal gesagt – und ich war so froh – es war in der damaligen Zeit, als ich so durcheinander war und so viele Fragen hatte. Er hat gesagt: Du machst einen großen Fehler. Du willst in deinem Bibelstudium ein System bekommen, ein Lehrsystem, das alle deine Fragen beantwortet, und du suchst nach einem fertigen Lehrsystem. Du gehst den falschen Weg.
Der richtige Weg ist: Du musst in die Bibel gehen und von Text zu Text gehen. Du musst die Texte anschauen, die klare Aussagen haben, und bei diesen Texten bleiben. Da habe ich gesagt: Mensch! Und der Rest? Du musst mit Lücken lernen, du musst lernen, mit Lücken zu leben. Du musst lernen, die Fragen offen zu lassen, bei denen du einfach noch keine Antwort hast.
Das war die Lösung für mein Leben. Ich war so froh um diesen Rat. Und dann hat er gesagt: Du kannst doch nicht bestimmen, wann du Klarheit über eine Lehrfrage bekommst. Das bestimmt doch der Herr Jesus, wann du Klarheit bekommst. Das heißt nicht, dass du dich auf die faule Haut legen sollst. Du sollst fleißig sein. Aber trotzdem gibt der Herr das Licht zu seiner Zeit, sodass du weiterkommst in deinem Suchen und Fragen über irgendwelche Themen der Bibel.
Das war eine große Hilfe. Und dann macht man Entdeckungen. Dann wird das Bibellesen so interessant. Man liest die Bibel, hat eine Frage, liest die Bibel auf die Frage hin durch und bekommt Antworten. Das heißt natürlich viel Arbeit. Aber gleichzeitig, während ich die ganze Bibel auf die Frage durchlese, lese ich ja viele Dinge, und das bringt mich überhaupt in die Bibel hinein und in das Denken Gottes.
Ich habe heute Vormittag gesagt: Thema Kleidung. Ich habe einmal angefragt, was die Bibel eigentlich über dieses Thema sagt. Das war eine große Hilfe für mich, da hineinzulesen. Es ist gut, das fortlaufende Lesen, und es ist gut, das langsame Lesen mit wenig Text und viel Nachdenken. Beides braucht man.
Wir müssen Texte lesen, wir müssen den großen Zusammenhang lesen, und wir müssen dann auch Zeit nehmen, über einzelne Texte nachzudenken.
Mir hat das so viel geholfen, als ich ganz junger Christ war, kaum zwanzig Jahre alt, drei Jahre Christ. Ich war bei einer Jugendfreizeit in Kärnten, ich glaube, ich war noch nicht zwanzig. Dort war mein Grundendorf-Bruder Alois Wagner, und ich habe ihn sehr bewundert wegen seiner Bibelkenntnis und seiner Disziplin.
Ich habe gestaunt, wie er die Bibel auswendig lernte. Um zwei Uhr in der Nacht, bevor er ins Bett ging, hat er seine Bibelverse noch einmal wiederholt. Ich war richtig erstaunt, wie er das machte. Dann haben wir ihn mit Fragen bombardiert, und er hat uns gesagt: Wenn du die Bibel studieren willst, musst du dir zuerst einen Überblick verschaffen.
Dann sagt er: Du musst die Bibel drei- oder viermal einfach so durchlesen. Ich schaute ihn an: Wie bitte? Du musst die Bibel drei- oder viermal einfach so durchlesen, ohne zu studieren. Einfach mal so durchlesen. Das verschafft dir einen Überblick, und dann kannst du anfangen zu studieren.
Aha, habe ich mir gedacht. Ach so, man muss die Bibel mehrmals durchlesen. Es gibt Leute, die lesen die Bibel von vorne bis hinten durch und sagen: Jetzt bin ich fertig. Ja, was soll ich jetzt lesen? Diese Menschen haben noch nie wirklich angefangen, die Bibel zu lesen. Sie haben nicht verstanden, was Bibellesen heißt. Das war erst ein Kratzen an der Oberfläche.
Diese Arbeit darf jeder Christ tun, jeder Christ, der lesen kann. Es ist nicht gedacht, dass nur die theologischen Lehrer, die ganz Gescheiten, die Bibel öfter durchlesen. Wir einfachen Christen begnügen uns mit einem Vers pro Tag. Das ist nicht so gedacht gewesen.
Deshalb möchte ich sehr ermutigen: Wir können uns viel Lesen vom Internet ersparen und stattdessen die Bibel lesen. Wenn man will, kann man auch die Bibel am Computer lesen, und man kann sie auch im Internet lesen. Aber es ist viel, viel besser auf Papier.
Warum? Wenn ich die Bibel auf Papier lese, habe ich erstens immer die gleichen Seiten. Der Text ist links, und dieser Vers ist da oben links, der andere Vers habe ich da unten rechts angezeichnet. Das ist Papier, das riecht nach etwas, und meine Augen begegnen einer gewissen Farbe, vielleicht mehreren Farben. Ich kann dann mit Kugelschreiber etwas reinschreiben. Ich merke mir, wo das gewesen ist, auf welcher Seite oder an welcher Stelle des Blattes. Ich habe dann ein gewisses Bild vor mir. Ich habe Materie vor mir. Das ist Papier, das kann man anfassen. Das ist alles wichtig zum Lernen.
Ich greife, ich rieche, ich lese mit den Augen, ich habe dann Farben, ich kann es mir auch vorsprechen. Ein Bruder hat mir gesagt, wenn er Bibel liest, liest er immer so, wie die Juden. Das geht dann so: "Der Herr höre dich am Tage der Not, der Name des Gottes Jakobs rücke dich in Bord." Die Juden nennen das Murmeln, und genau dieses Wort verwendet der Psalmist, wenn er schreibt: "Glücklich ist der Mensch, der über dein Wort nachsinnt, Tag und Nacht." Dieses Wort für "sinnen", "nachdenken", ist das gleiche Wort wie "murmeln".
Warum? Weil die Juden, wenn sie nachdenken, laut murmeln. Sie murmeln das vor sich hin. Ich habe festgestellt, dass es eine sehr gute Methode ist, laut zu denken. Man kann natürlich nicht überall laut denken, aber es tut mir gut.
Mir geht es oft so: Ich gehe spazieren und bete, auch murmelnd oder laut. Ich bete fast so, dass meine Ohren hören, was ich bete. Dann denke ich über manches nach, und wenn ich nachdenke, rede ich wie vor mir her. Wenn mich jemand beobachten würde, würde er vielleicht denken, ich hätte ein Handy im Ohr. Früher hätten sie gedacht, ich sei ein bisschen eigenartig.
Das war eine ganz wichtige Erkenntnis für mich. Natürlich lese ich auch die Bibel am Computer, weil ich ein gutes Bibelprogramm habe. Ich muss das sowieso, weil ich dann verschiedene Bibelübersetzungen nebeneinander habe. Aber das ist nur ein Zusatz. Das eigentliche Bibellesen brauche ich auf Papier. Das geht nicht anders.
Also, ich bin immer noch beim ersten Punkt: viel lesen. Ich merke, dass ich das nicht schaffe.
Betendes Lesen und das Gespräch mit Gott
Betend lesen bedeutet nicht, dass man ein formelles Gebet formuliert. Beten heißt vielmehr, immer wieder im Gespräch mit dem Herrn zu sein. Man kann zum Beispiel sagen: „Ich komme jetzt nicht mit, was hast du hier gemeint? Ich verstehe diesen Vers nicht. Bitte gib mir Licht und Verständnis. Ich steige da nicht durch, könntest du mir helfen?“ Danach liest man den Text noch einmal.
Es geht darum, im Gespräch mit dem Herrn zu bleiben, wenn wir die Schrift, das Wort lesen. Beten bedeutet auch Vertrauen. Der Herr wird uns das geben, was wir brauchen. Nicht jeder ist ein Lehrer oder ein Theologe, aber jeder braucht Gottes Zusagen und Gottes Wort zum Leben.
Nicht jeder muss viel lesen. Es kann sein, dass du heute nur einen Vers liest. Doch dieser eine Vers ist dir so kostbar, dass du ein richtiges geistliches Essen hattest. Es heißt bei den Mannersammlern: „Der, der wenig sammelte, hatte genug, und der, der viel sammelte, hatte keinen Überfluss.“ Der Herr gibt uns, was wir brauchen.
Ich sage nur: Wenn wir in dieses Gespräch mit dem Herrn eintauchen, dann verblasst das Internet, und die digitalen Medien treten in den Hintergrund. Dann schaue ich lieber in das Markus-Evangelium, als mir irgendeinen Film anzusehen. Zwei Stunden Markus studieren bringen mir viel mehr als zwei Stunden Fußball schauen.
Genaues und aufmerksames Lesen
Aufmerksam und genau lesen – das ist wichtig. Ich habe oft festgestellt, dass ich nicht genau gelesen habe. Immer wieder komme ich an einen Punkt und merke: Ich habe da nur drüber gelesen, immer und immer wieder.
Vor kurzem, wie war das? Ich habe das Buch Daniel schon so oft in meinem Leben gelesen, wirklich sehr oft. Und erst vor kurzem, als ich in Kasachstan war, wurde mir etwas klar. Ich hatte völlig falsch gedacht, besonders in Bezug auf Daniel Kapitel 2.
Ich habe mir oft Gedanken gemacht über die Königreiche in Daniel Kapitel 2. Dort werden vier Weltreiche oder Königreiche aufgeführt. Ich habe darüber nachgedacht und mir verschiedene Gedanken gemacht. Dann fiel mir ein Hinweis in einem Kommentar aus dem 18. oder Anfang des 19. Jahrhundert auf. Das brachte mich zum Weiterdenken. Dabei wurde mir klar: Daniel Kapitel 11 erklärt Daniel Kapitel 2. So einfach!
Gibt es das wirklich? Ist das wirklich so einfach? Das Buch Daniel selbst gibt die Antwort auf die Fragen. Für mich war das eine große Überraschung, eine echte Entdeckung. Der ganze Zusammenhang passt besser in die Geschichte, und das Buch Daniel erklärt sich selbst. Das hat mir so viel Freude gemacht. Ich merke, die Schrift wird durch die Schrift erklärt.
Früher dachte ich immer, die Schrift wird durch kluge Kommentare erklärt, die irgendwelche Leute im Lauf der Geschichte geschrieben haben. Nein, die Schrift wird hauptsächlich durch die Schrift erklärt. Ich habe nichts gegen Kommentare. Ich benutze Kommentare, ich lese viele verschiedene Kommentare. Aber ich merke: Das Beste und Schönste ist immer, wenn ich selbst Entdeckungen in der Schrift mache.
Vielleicht mache ich auch falsche Entdeckungen. Diese werden dann später korrigiert. Denn der Herr hat uns als Gemeinschaft hingestellt. Wir sind nicht allein, sondern eine große Gemeinde, bestehend aus allen Gliedern der Familie Gottes auf der ganzen Welt.
Wir können uns gegenseitig ermuntern und hinweisen. Jeder hat vom Herrn etwas gezeigt bekommen. Wenn wir zusammenkommen, sollten wir viel mehr darüber sprechen: „Du, wisst ihr, ich habe gerade das und das gelesen. Mir ist klar geworden, dass und dass ...“ Und der andere sagt: „Ach so!“ Dann schaut er nach. Der eine sagt: „Ja, aber das kann doch nicht sein.“ So korrigieren wir uns gegenseitig oder lernen voneinander.
Es entsteht ein gesundes Hin und Her, Schulter an Schulter, nicht Angesicht gegen Angesicht. Wir sind alle zusammen.
Die Bedeutung guter Übersetzungen
Also, genau lesen und auf gute Übersetzungen achten. Wir sollten wirklich gute Übersetzungen haben. Vergesst die „Hoffnung für alle“ und die „Gute Nachricht“. Wenn ich jetzt etwas brutal wäre, würde ich sagen: Werft sie in den Papierkorb. Aber ich bin freundlich und sage: Stellt sie irgendwo zurück ins Regal.
Kauft euch gute Übersetzungen. Die Elberfelder Übersetzung ist nach wie vor eine sehr, sehr gute Übersetzung. Auch die revidierte Schlachter ist eine gute Übersetzung. Kauft euch genaue Übersetzungen.
Es gibt Brüder, die sich sehr bemüht haben. Wenn man selbst zehn Jahre an der Bibelübersetzungsarbeit mitgearbeitet hat, dann schätzt man, was das für eine Arbeit ist, die sich die Brüder da angetan haben.
Wir brauchen genaue Übersetzungen. Dann sagt man: „Ja, aber die sind so schwer, ich verstehe Elberfelder nicht.“ Du verstehst sie nur beim ersten Lesen nicht. Nachdem du einmal die ganze Bibel in Elberfelder gelesen hast, wirst du es viel leichter verstehen.
Man sollte das mal ausprobieren. Wenn du Elberfelder nicht verstehst, lies die Elberfelder Bibel zweimal durch – von 1. Mose bis Offenbarung. Du wirst sehen, dass du Elberfelder viel besser verstehst. Man gewöhnt sich daran, und es ist einfach genauer.
Ich möchte nichts Falsches in meiner Bibel lesen. Ich möchte nichts Falsches stehen haben. Ich möchte, dass etwas so dasteht, wie es im Urtext oder im Grundtext steht.
Neun Punkte fürs Bibelstudium
Dann einige Punkte noch zum Bibellesen. Es gibt neun Punkte, die man sich ganz leicht merken kann. Jeder wird sich diese neun Punkte fürs Bibelstudium merken können.
Erstens: beten.
Zweitens: beten.
Drittens: beten.
Viertens: lesen.
Fünftens: lesen.
Sechstens: lesen.
Siebtens: Fragen stellen.
Achtens: Fragen stellen.
Neuntens: Fragen stellen.
Genau das ist das Geheimnis. Wir müssen diese Dinge tun. Wir müssen zu Gott kommen, wir müssen lesen und wir müssen die Bibel mit Fragen bombardieren. Fragen stellen wie: Warum steht das da? Warum steht es gerade hier? Warum sagt es nicht anders? Und was steht denn genau da?
Der Begriff Antichrist in der Bibel
Die interessante Feststellung ist, dass viele Menschen sehr viel über den Antichristen sprechen. Manche sagen sogar „Antichristen“, als ob es mehrere gäbe. Dabei gibt es nicht einfach „den Antichristen“ oder „die Antichristen“. Die Engländer haben es richtig: Sie sagen „Antichrist“.
Was bedeutet „Antichrist“? Es heißt nicht „Anti-Christ“, sondern „Antichrist“. Es bedeutet „gegen Christus“, nicht „gegen den Christen“. Das wollte ich nur kurz klarstellen.
Die Gläubigen reden also viel über den Antichristen. Dabei habe ich mich gefragt: Wie oft wird das Wort „Antichrist“ eigentlich in der Bibel erwähnt? Man hört oft, dass es überall vorkommt – in Daniel, in der Offenbarung, im Thessalonicherbrief und so weiter. Aber wisst ihr, wo tatsächlich vom Antichristen gesprochen wird?
Das Wort „Antichristus“ findet sich nur in 1. Johannes 2, in 1. Johannes 4 und in 2. Johannes Vers 7. An diesen Stellen wird vom Antichristen gesprochen. Überall sonst in der Bibel steht dieses Wort nicht.
Daraus folgt: Wenn das Wort „Antichristus“ an bestimmten Stellen verwendet wird, dann muss es dort auch genau so verstanden und gebraucht werden. An anderen Stellen, wo es nicht steht, muss ein anderes Wort verwendet werden. Wenn ich denke, etwas sei ähnlich wie der Antichrist, dann brauche ich trotzdem das genaue Wort, das dort steht. Das hilft mir, die Bedeutung richtig zu erfassen.
Ich muss also genau sein und die Sprache sprechen, die die Bibel verwendet. Dann wird alles viel klarer und verständlicher.
Warum wird im ersten Johannesbrief „Antichrist“ gesagt, während im Thessalonicherbrief und in der Offenbarung sowie in Daniel andere Begriffe verwendet werden? Ich muss lernen, genau zu denken, genau zu lesen und mir überlegen, welche Begriffe die Bibel an den jeweiligen Stellen verwendet. Nur so kann ich die Aussagen richtig verstehen.
Das Wort im Herzen bewegen und weiterdenken
Dann hat Maria das Wort in ihrem Herzen bewegt, wie es in Lukas 2,19 heißt. Im Herzen bewegen bedeutet, dass man etwas aufgenommen hat und sich damit beschäftigt. Daraufhin beginnen unsere Gedanken weiterzuarbeiten.
Wenn wir zum Beispiel spazieren gehen oder mit dem Bus zur Arbeit fahren, sind wir in Gedanken oft noch bei dem, was wir gelesen haben – etwa in der Bibel. Dieses Nachdenken setzt sich fort, manchmal bewusst, manchmal unbewusst. Es ist wichtig, dass ich nachdenke und mich mit dem Gelesenen auseinandersetze.
Notizen machen und Gedanken sammeln
Was mir hilft, ist eine einfache Methode als Kultschreiber. Jetzt weiß ich: Die Chinesen haben gesagt, dass Schreiber und Papier besser sind als alles, was man sich sonst merken will. Also ist das Geschriebene besser als das, was man im Kopf behält.
Wenn man einen Zettel bei sich hat, kann man sich kurz notieren, was man gerade gedacht oder überlegt hat. Das sollte man sich merken und dann aufschreiben. So kann man das später abwägen. Ich habe einen Schuber, in den solche Zettel kommen. Das ist sehr praktisch, denn von 1. Mose bis Offenbarung kann man die Zettel dort einordnen und aufbewahren.
Wenn ich etwas in der Predigt mitgeschrieben habe, schreibe ich nicht einfach die ganze Predigt mit. Das hilft nicht. Was macht man mit dem, was man mitgeschrieben hat? Man bewahrt es irgendwo auf, oder? Und nach zehn Jahren? Dann wird meist ausgemistet und alles weggeworfen. Gut, es hat wenigstens geholfen, dass ich es geschrieben habe. Beim Schreiben habe ich es mir besser gemerkt, das ist schon gut.
Aber es gibt noch etwas Besseres. Wenn der Prediger etwas Interessantes oder Wichtiges sagt, was ich mir merken will, zum Beispiel über 1. Mose 1, Vers 1, dann schreibe ich auf einen Zettel „1. Mose 1, Vers 1“ und notiere diesen Gedanken. Wenn er dann noch etwas über Offenbarung 22 sagt, nehme ich einen zweiten Zettel und schreibe „Offenbarung 22“ und den wichtigen Gedanken dazu. Diese Zettel lege ich dann ab.
Vielleicht steht nur eine Zeile darauf, aber es ist eine Zeile. Das von Offenbarung 22 kommt zu den Zetteln zu Offenbarung 22, das von 1. Mose 1 zu den Zetteln zu 1. Mose 1. So muss ich das nicht mehr abschreiben. Sobald ich zuhause bin, kommt es an den richtigen Ort. Später habe ich dann eine ganze Sammlung von Aussprüchen über 1. Mose 1, über Offenbarung 22 und über alles dazwischen.
So sammle ich wertvolle Gedanken. Wenn du einmal gebeten wirst, beim nächsten Frauenkreis etwas über 1. Mose 1 zu sagen, nimmst du deinen Zettel zu 1. Mose 1 und kannst sagen: „Jetzt habe ich euch einige ganz wichtige Erkenntnisse, die ich weitergeben darf.“ Vielleicht weiß man nicht mehr genau, wer es gesagt hat, aber es ist einem wichtig geworden. Und vielleicht hat man auch einen eigenen Gedanken dazu, den man weitergeben kann.
Ich finde, das ist eine sehr gute Methode. Sie macht auch Freude, weiter in der Schrift zu forschen. Jeder Christ darf forschen, jeder Christ darf reden und weitergeben. Natürlich kann nicht jeder Christ predigen, und man kann nicht überall reden. Aber der Herr schenkt uns bestimmte Zeiten und Gelegenheiten, in denen wir in einem persönlichen Gespräch oder in einem Kreis etwas weitergeben dürfen. Diese Gelegenheiten sollte man nutzen.
Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen.
Auswendig lernen und Gottes Wort im Herzen bewahren
Also bin ich nicht fertig geworden. Eigentlich war das jetzt nur der Anfang. Ich möchte euch noch von meinen Urbeschriften erzählen. Das bedeutete, Gottes Wort ernst zu nehmen, darauf einzugehen und es auswendig zu lernen.
Die Mahlis hat damals gemeinsam mit Elli oder jede für sich den Jakobusbrief auswendig gelernt, zusammen mit Helma. Das war damals, als wir jung waren und unser Hirn noch viel frischer war. Wenn ihr jung seid, ist das gut. Jetzt die Briefe in der Bibel auswendig lernen – das ist eine wertvolle Sache.
Ich habe beim Baumann in Sankt Johann gearbeitet. Ich kann mich genau erinnern, dass ich dort während der Arbeit, wenn es erlaubt war, den Hebräerbrief auswendig gelernt habe. Bei der Arbeit musste ich nicht viel denken, denn ich hatte eine stereotype Tätigkeit. So habe ich den Hebräerbrief, Kapitel 1 bis 9, auswendig gelernt. Ich bin nicht weitergekommen, aber immerhin.
Anders haben wir gelernt: Mit einem Bruder haben wir den Galaterbrief auswendig gelernt. Oder wir haben gemeinsam Römer Kapitel 1 bis 8 gelernt. Solange das Hirn noch frisch ist, wenn man jung ist, kann man das viel besser auswendig lernen. Das ist ein Schatz, den man nie mehr hergibt.
Natürlich kann ich heute nicht mehr jedes Wort auswendig. Aber der Epheserbrief, den ich einmal gelernt habe, ist mir noch sehr präsent. Wenn man wiederholt, kommt er sehr schnell zurück.
Das andere lassen wir hier.
Das Gelernte anwenden und im Leben umsetzen
Anwenden
Was kann ich hier über den Herrn, über Jesus Christus lernen? Was kann ich über mich selbst erfahren? Gibt es ein Beispiel, ein Gebot, eine Warnung, eine Verheißung, einen Rat oder eine Liste von Dingen? Vielleicht eine Ermutigung oder ein Gebet?
Ein Bruder hat mir einmal gesagt: „Schreib dir biblische Gebete auf.“ Wenn du möchtest, dass dein Gebetsleben besser wird, dann suche in der Bibel nach Gebeten, die dir gefallen. Vielleicht sind es nur einzelne Wendungen, die dir zusagen. Schreib sie dir auf und sammle diese Gebete.
Ein Beispiel: In vielen Briefen heißt es, dass Paulus schreibt: „Die Herzen der Heiligen sind erquickt durch dich, lieber Bruder.“ Das finde ich schön. Da ist ein Mensch, durch den die Herzen der anderen erfrischt und gestärkt werden. Daraus kann man ein Gebet formulieren: „Herr, mach mich zu einem Menschen, durch den die Herzen der Heiligen erquickt werden.“
Solche Gebete sollte man notieren und sammeln – und dann natürlich beten. Es ist wichtig, diese Gebete bewusst zu sammeln. Das sind wertvolle Anliegen, und man findet sehr viel, wenn man sich diese Gewohnheit aneignet.
So wird das Bibellesen zu einer schönen Erfahrung, das Gebetsleben wird lebendig, und die Beziehung zu Gott wird tief und bereichernd. Wir lernen, wachsen und merken, dass wir weitergekommen sind als im Jahr zuvor.
Natürlich gibt es auch Rückschläge. Ich habe genug Rückschläge erlebt. Aber das Schöne ist: Ich kann umkehren, Buße tun und wieder neu anfangen.
Der Herr nimmt uns an die Hand und sagt: „Komm, ich führe dich hinein in den kostbarsten Schatz, der auf dieser Welt zu finden ist – das Wort Gottes.“
