Wir möchten jetzt über persönliche Evangelisation sprechen. Das ist ein spezieller Bereich innerhalb des großen Themas, das ich gerade vorgestellt habe.
Mein Wunsch ist, dass wir dieses Thema gemeinsam als Vorbereitung für den Mai betrachten. Im Mai findet hier eine Evangelisation statt, und ich sehe das sehr als Zusammenarbeit. Ich darf predigen, und ihr bringt die Menschen zu den Gottesdiensten und Abendveranstaltungen, damit sie das Evangelium hören.
Ich empfinde das bereits als große Verbundenheit. Kürzlich habe ich einige junge Brüder aus dieser Gemeinde getroffen. Lukas, glaube ich, sagte zu mir: „André, du sollst wissen, wir beten regelmäßig für den Mai.“ Das hat mich sehr bewegt.
Lassen Sie uns nun unter diesem Gesichtspunkt auch über persönliche Evangelisation sprechen. Sie ist die notwendige Vorbereitung für eine solche Evangelisationswoche.
Ein paar Vorbemerkungen
Ich bin ein Freund davon, Dinge zunächst einmal zu definieren. Wie definieren wir persönliche Evangelisation?
Helge Stadelmann definiert persönliche Evangelisation ganz einfach als die Weitergabe des Evangeliums von Mensch zu Mensch. Genau das ist gemeint. Es ist eigentlich ganz einfach: von Mensch zu Mensch.
Bei einer Evangelisation hingegen erfolgt die Verkündigung von der Kanzel zu einer Menschenmenge.
Bei persönlicher Evangelisation sprechen wir dagegen von Mensch zu Mensch – zum Beispiel mit unserem Arbeitskollegen in der Kantine während der Mittagspause. Das ist persönliche Evangelisation.
Hier kann man zwischen ungeplanter und geplanter persönlicher Evangelisation unterscheiden.
Ungeplante persönliche Evangelisation ist zum Beispiel, wenn du mit einer Bibel in der Hand im Bus, in der Straßenbahn oder in der Bahn unterwegs bist – etwa nach Bielefeld zur Uni, nach Paderborn oder Osnabrück. Dann spricht dich jemand an: „Was liest du da?“ „Ja, die Bibel.“ So entsteht ein Gespräch. Das ist ungeplante persönliche Evangelisation.
Die geplante persönliche Evangelisation hingegen ist der Schwerpunkt dieses Vortrags. Dabei baue ich bewusst eine Beziehung zu einer Person aus meinem Umfeld auf, mit dem Ziel, sie für Christus zu gewinnen. Dieses Anliegen steht im Mittelpunkt dessen, worüber wir sprechen.
Wir sehen bereits einige biblische Vorbilder, und an dieser Stelle möchte ich zunächst die biblische Grundlage darlegen.
Zum einen sehen wir dies bei Paulus. Er hat nicht nur vor großen Menschenmengen gepredigt, sondern auch mit Einzelnen über das Evangelium gesprochen. Ein Beispiel dafür finden wir in Philippi. Ich beginne direkt bei Vers 13: „Am Tag des Sabbats gingen wir hinaus vor das Stadttor, an einen Fluss, wo wir eine Gebetsstätte vermuteten. Wir setzten uns nieder und redeten zu den Frauen, die sich dort versammelt hatten.“
Unter diesen Frauen war auch eine namens Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, die Gott anbetete. Sie hörte zu, und der Herr öffnete ihr Herz, sodass sie auf das achtete, was Paulus sagte.
Hier wird deutlich, dass Paulus nicht einfach nur predigte, sondern persönlich über das Evangelium sprach. Im Griechischen wird dafür ein anderes Verb verwendet, das den persönlichen, von Mensch zu Mensch geführten Austausch betont.
Besonders deutlich wird dies am Beispiel des Jüngeren Andreas. Er ist ein starkes Vorbild für persönliche Evangelisation, wie zum Beispiel in Johannes 1 beschrieben wird. Andreas, der Bruder von Simon Petrus, war einer der beiden, die von Johannes dem Täufer gehört hatten und ihm nachgefolgt waren.
Er findet zuerst seinen eigenen Bruder Simon und sagt zu ihm: „Wir haben den Messias gefunden“, was übersetzt Christus bedeutet (Johannes 1,41). Anschließend führt er ihn zu Jesus. Das war die Bekehrung von Petrus. Interessanterweise begann diese Evangelisation zu Hause. Und genau dort muss persönliche Evangelisation immer starten – in den eigenen vier Wänden, bei den eigenen Kindern oder beim Ehepartner. Wenn man selbst zum Glauben kommt und der Ehepartner noch nicht, dann beginnt die Evangelisation zu Hause.
In diesem Zusammenhang sehen wir Andreas als ein besonderes Beispiel. Obwohl wir sonst nicht viel über ihn lesen, steht er oft im Schatten von Petrus. In der Bibel wird er häufig als „Andreas, der Bruder von Simon Petrus“ bezeichnet. Er wird also stets über seinen bekannteren Bruder definiert. Das ist vergleichbar mit der Situation, wenn jemand als „der Sohn von…“ bekannt ist, weil der Vater berühmt ist, während die eigene Person weniger bekannt bleibt. So war es bei Andreas: Er stand eher im Hintergrund.
Aber immer, wenn wir von Andreas lesen, führt er jemanden zu Jesus. Zum Beispiel in Johannes 6,1 bringt er den kleinen Jungen mit fünf Gerstenbroten und zwei Fischen zu Jesus. Besonders bemerkenswert ist auch Johannes 12,20. Dort wird berichtet, dass einige Griechen Philippus aufsuchen, weil sie Jesus sehen wollen. Anstatt sie direkt zu Jesus zu bringen, führt Philippus sie zu Andreas, und Andreas bringt sie dann zu Jesus.
Es scheint, als sei Andreas dafür bekannt, dass er immer alle zu Jesus bringt. Wenn jemand Jesus sehen möchte, soll er zu Andreas gehen. In Johannes 12,20-22 heißt es: „Diese kamen nun zu Philippus von Bethsaida in Galiläa und baten ihn und sagten: Herr, wir möchten Jesus sehen.“ Philippus geht daraufhin zu Andreas und gemeinsam sagen sie es Jesus. Andreas bringt die Leute zu Jesus.
Andreas ist somit das leuchtende Vorbild dafür, den einzelnen Menschen – nicht die Masse – zu Jesus zu führen. Und genau darüber sprechen wir jetzt: über persönliche Evangelisation.
Ich habe noch eine weitere wichtige Vorbemerkung. Wir befinden uns in einem Spannungsfeld zwischen 1. Korinther 3 und 1. Korinther 9.
Wir leben in einer Zeit, in der so vieles möglich ist. Wir sind stark geprägt von einem Machbarkeitswahn – alles scheint irgendwie machbar zu sein. Was jedoch nicht machbar ist, ist, einen Menschen zu retten. Das ist nicht in unserer Hand.
Deshalb ist mir ein wichtiger Satz besonders wichtig, den ich dem Vortrag gerade noch hinzufügen möchte: Ob eine Gemeinde missionarisch aktiv ist, kann man nicht daran messen, wie viele Leute zum Glauben kommen. Vielmehr entscheidet, was die Gemeinde unternimmt, um Menschen zu erreichen.
Es gibt Gemeinden in Ostdeutschland, die sehr missionarisch sind, aber kaum jemand kommt zum Glauben. Trotzdem kann man sagen, dass diese Gemeinden Christus durch ihren missionarischen Eifer ehren. Auf der anderen Seite gibt es Gemeinden, die kaum evangelisieren, aber dennoch viel Zulauf haben.
Ich möchte nicht behaupten, dass alle unsere Geschwister sich darum bemühen, Menschen für Jesus zu gewinnen. Wir haben Max, wir haben Pijo und andere, die sehr viel tun. Wir stoßen auf viel Offenheit. Doch dass viele Leute kommen, bedeutet nicht automatisch, dass wir schon eine wunderbare missionarische Gemeinde sind. Da haben wir noch sehr viel zu tun. Das möchte ich hier klarstellen.
In 1. Korinther 3,6 heißt es: Paulus sagt, ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber hat das Wachstum gegeben. Wenn also jemand zum Glauben kommt, dann ist Gott am Werk – und nur Gott. Er allein kann die Herzen öffnen.
Jesus sagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn der Vater ihn nicht zieht. Es liegt nicht in unserer Hand. Wir können weder unsere Kinder noch unsere Arbeitskollegen retten. Jesus muss sie retten. Dafür beten wir und lassen uns gebrauchen. Vielleicht möchte er uns als Werkzeug gebrauchen, vielleicht auch andere Menschen.
Doch Paulus sagt in 1. Korinther 9: „Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise etliche rette.“ Moment, André, du hast doch gerade gesagt, nur Gott kann retten. Paulus sagt hier: Ich rette. Ja, und das lässt sich nicht völlig voneinander trennen. Gott gebraucht uns als Werkzeug, um Menschen zu retten.
Wir müssen beide Aussagen im 1. Korintherbrief zusammensehen: Gott muss handeln, sonst passiert nichts. Und doch möchte er uns durch die Verkündigung gebrauchen – sei es eins zu eins oder in einem größeren Rahmen – um Menschen zu retten.
Aber es liegt an Gott, und wir müssen immer für die Errettung beten. Deshalb bin ich so dankbar, dass ihr als Gemeinde schon jetzt für den Mai betet, dass Gott Menschen rettet.
Punkt zwei: Die Effektivität der persönlichen Evangelisation.
Es gibt Statistiken, die zugegebenermaßen schon etwas älter sind, aber ich denke, sie sind immer noch tendenziell zutreffend. Die Frage ist: Wie kommen Menschen heutzutage zum Glauben? Ich finde es interessant, wenn wir uns die Zahlen einmal anschauen.
76 Prozent der Menschen, die zum Glauben kommen, sagen, sie seien durch Freunde oder Verwandte zu Jesus geführt worden. Das ist persönliche Evangelisation. 22 Prozent geben an, durch einen Pastor nach der Predigt zum Glauben gekommen zu sein und sich bekehrt zu haben. 12 Prozent sagen, sie hätten einfach mal vorbeigeschaut – heutzutage vielleicht eure Homepage im Internet gefunden –, die Predigt habe sie angesprochen, und sie seien gerettet worden.
8 Prozent kommen durch eine Notsituation zum Glauben, 5 Prozent durch eine Großevangelisation, 4 Prozent durch ein Bildungsprogramm der Gemeinde, etwa eine Bibelschule oder andere Angebote. Weitere 4 Prozent wurden durch einen Hausbesuch zum Glauben geführt, und 0,5 Prozent nennen Radio und TV als Weg.
Leider ist die Statistik etwas älter. Ich weiß nicht, wie es mit Livestreams aussieht. Das wäre jetzt eine interessante Zahl, dazu kann ich leider nichts sagen.
Ich möchte jetzt auch nicht auf die einzelnen Details eingehen, und ich glaube, alles ist wichtig. Man sollte nicht daraus schließen, wir machen keine Großevangelisation mehr. Jede Methode ist wichtig, aber es ist viel effektiver, wenn wir ganz bewusst in unserem persönlichen Umfeld anfangen, Menschen zu evangelisieren.
Jesus hat bewusst den Besessenen zurück nach Hause geschickt. Dazu gibt es eine Situation in Markus 5, ab Vers 18: "Und als er in das Boot stieg, bat ihn der, der besessen gewesen war, dass er bei ihm bleiben dürfe. Er gestattete es ihm aber nicht, sondern sprach zu ihm: Geh in dein Haus zu den Deinen und verkündige ihnen, wie viel der Herr an dir getan hat und wie er sich deiner erbarmt hat."
Und er ging hin und fing an, im Gebiet der Zehn Städte auszurufen, wie viel Jesus an ihm getan hatte, und alle wunderten sich.
Das ist eine interessante Begebenheit. Menschlich gesehen könnte man sagen: Jesus, das wäre doch super, so einen Mann bei dir zu haben, ein lebendiges Zeugnis. Den lässt du zu Wort kommen mit seinem Zeugnis, und Jesus sagt: Nein, du kommst nicht mit mir mit. Wichtiger ist, dass du zu Hause bei dir anfängst, in den persönlichen Beziehungen, die du hast.
Persönliche Evangelisation bietet viele Vorteile. Ich möchte dazu anregen, sich damit zu beschäftigen, und gleichzeitig auch mich selbst motivieren.
Jeder kann es in gewisser Weise: Jeder Christ kann erzählen, was Jesus in seinem Leben getan hat. Das sollte jeder können.
Nicht jeder kann predigen oder sich hinter eine Kanzel stellen, um eine Evangelisation zu halten – das muss auch nicht jeder. Aber wir alle sollen Zeugen sein. Jeder kann im eigenen Umfeld davon berichten.
Ja, es kostet Überwindung, aber zu sagen, was Jesus in deinem Leben getan hat, das kann jeder. Das ist das Gute daran: Es gibt so viele Evangelisten, die genau das im persönlichen Umfeld können.
Zweitens: Es gibt viele Möglichkeiten. Evangelisationswochen finden vielleicht einmal im Jahr statt. Versteht mich nicht falsch, sie sind sehr wichtig und sollten gut vorbereitet werden.
Aber persönliche Evangelisation kann jeden Tag stattfinden. Es gibt so viele Gelegenheiten, persönlich mit Menschen über Jesus zu sprechen.
Habt ihr schon einmal die Erfahrung gemacht, morgens zu beten: „Herr, bitte gib mir heute eine Gelegenheit, auf der Arbeit Zeugnis zu sein“? Dann kommt diese Gelegenheit tatsächlich. Das ist eigentlich ein gefährliches Gebet – gefährlich, weil es uns aus unserer Komfortzone holt.
Jesus hört dieses Gebet. Wenn wir mit diesem Anliegen und Gebet durch den Tag gehen, eröffnen sich viele Möglichkeiten.
Ein großer Vorteil ist auch, dass man sehr spezifisch ansetzen kann. Das ist der nächste Punkt.
Als Prediger kann man Situationen nur erahnen. Ich kenne das ja selbst. Gerade wenn man in einer Gemeinde ist, weiß man nicht genau, was die Menschen im Publikum bewegt. Natürlich nutzt der Heilige Geist das Wort, um jeden anzusprechen – versteht mich nicht falsch. Aber wir als Prediger, und jeder, der predigt, weiß das: Wir können Lebenssituationen oft nur erahnen. Das formulieren wir dann in den Anwendungen auch so. Vielleicht gehst du gerade durch eine Ehekrise. Vielleicht hast du aber... wir wissen es nicht genau.
Bei der persönlichen Evangelisation kannst du genau dort ansetzen. Dein Arbeitskollege sagt dir: „Ich gehe gerade durch eine Ehekrise.“ Dann kannst du sehr spezifisch ansetzen. Du bekommst es von deiner Arbeitskollegin mit: Sie hat wieder einen neuen Partner, und die letzte Beziehung ist gescheitert. Du kannst genau bei Johannes 4 ansetzen.
Nicht allgemein, sondern du kannst sagen: „Guck mal, es gibt eine Frau in der Bibel, der ging es genauso wie dir. Eine Beziehung nach der anderen ist gescheitert. Aber dann kommt Jesus in ihr Leben.“ Man kann so spezifisch ansetzen in der persönlichen Evangelisation. Und das macht sie so wirkungsvoll: Da trifft das Wort genau auf den – oft nicht immer, aber oft auf den – guten und vorbereiteten Boden.
Der nächste Punkt ist: In der Postmoderne werden Beziehungen wieder wichtiger.
Persönliche Evangelisation ist keine Erfindung der Postmoderne, sondern stammt aus dem Neuen Testament. Dennoch wird die Postmoderne oft zu Recht kritisiert, insbesondere wegen des Wahrheitsrelativismus, der sehr problematisch ist.
Im Zeitalter der Moderne stritt man sich noch heftig um die Wahrheit. In der Postmoderne hingegen sagt man: „Okay, du hast deine Wahrheit, das ist für dich in Ordnung, und ich habe meine Wahrheit.“ Das ist schwierig und problematisch.
Was in der Postmoderne jedoch wieder viel wichtiger geworden ist, ist Gemeinschaft. Man sieht das auch in Unternehmen: Dort arbeitet man nicht mehr nur mit einem Geschäftsführer, sondern mit Leitungsteams. Die Welt erkennt zunehmend, dass Zusammenhalt wichtig ist.
Das kann man nur bestätigen, wenn man sich mit Nicht-Christen unterhält. Es gibt dort einen großen Wunsch nach Gemeinschaft. Das ist eine Chance für uns als Christen, Beziehungen zu knüpfen und Menschen einzuladen.
Deshalb denke ich, dass persönliche Evangelisation gerade auch in der Vorbereitung für eine Evangelisation eine große Chance für uns ist.
Jetzt möchte ich praktisch werden und mögliche Schritte aufzeigen. Wie können wir denn anfangen? Vielleicht denkst du jetzt: „Andre, das stimmt, und ich will gerne, aber wie? Wie soll ich das konkret machen?“
Ich denke, ein erster guter Schritt ist, den Ist-Zustand in deinen Beziehungen und Kontakten zu erfassen. Das heißt, dafür brauchen wir jetzt Zeit und Ruhe. Vielleicht machst du es heute Abend zu Hause und überlegst: Wo habe ich Berührungspunkte mit Nichtchristen in meinem Umfeld?
Es können die Arbeitskollegen sein, der Arzt, der Friseur oder viele andere Menschen. Zum Beispiel im Fußballverein, die Eltern aus dem Kindergarten oder die anderen Eltern aus dem Fußballverein, in dem dein Kind spielt. Was sind meine Kontakte? Einfach mal das zu erfassen.
Wenn man zu dem Ergebnis kommt: „Ich habe kaum Kontakte zu Nichtchristen“, ist das eigentlich ein unguter Zustand. Wir leben in dieser Welt. Wir sind nicht von der Welt, aber wir sind in der Welt. Wenn wir überhaupt keine Berührungspunkte mit Nichtchristen haben, heißt das, wir bewegen uns in einer frommen Blase. Wie sollen wir da Licht sein für die Welt?
Bitte nicht falsch verstehen: Ich mache einige Punkte ein bisschen deutlicher, aber damit will ich nicht sagen, dass die Gemeinschaft unter Christen unwichtig ist. Das ist überhaupt nicht mein Thema. Die wichtigste Beziehung, die ein Christ haben kann, sind die Beziehungen zu anderen Christen, zwischenmenschlich.
Aber wo habe ich Kontakte zu Nichtchristen? Lasst uns da mal kreativ werden, wenn wir keine haben. Ich musste das selbst erkennen: Meine Arbeitskollegen sind alle bekehrt – Daniel Siemens ist bekehrt. Versteht ihr, was ich meine? Das ist ja noch mal eine andere Herausforderung.
Aber wenn ich es nicht vorlebe, Kontakte zu Nichtchristen zu haben, wie will ich das von der Gemeinde erwarten? Ich bin Vorbild.
Ich habe für nichtchristliche Freunde gebetet. Plötzlich sitze ich beim Friseur, und er stellt Fragen: „Was machst du beruflich?“ Ich antworte: „Ich bin Pastor.“ Er sagt: „Wow, du bist immer direkt beim Thema.“
Ich bin bewusst wieder zu diesem Friseur gegangen, und wir haben direkt wieder angesetzt. Er konnte sich an das Gespräch vom letzten Mal erinnern und stellte theologische Fragen. Irgendwo suchen. Mein Freund ist extra Jäger geworden. Er hat einen Jagdschein gemacht, damit er mit Nichtchristen zusammen sein kann, um sie für Jesus zu gewinnen.
Ich habe es eine Zeit lang versucht, wieder in den Fußballverein zu gehen – nach der Bibelschulzeit. Einfach nur, um mit Nichtchristen zusammen zu sein. Wo liegen sich Männer sonst weinend in den Armen? Beim Fußball. Und da kann man irgendwann über Jesus sprechen.
Wir versuchen einfach bewusst, wenn wir keine Kontakte haben, diese bewusst zu suchen und dafür zu beten, dass Gott sie schenkt. Ganz praktisch kann es auch sein, einfach mal anzufangen, die Menschen in der Umgebung zu begrüßen.
Es gibt einen Mann bei uns im Dorf, der ist immer mit seinen zwei Hunden unterwegs, und wir grüßen uns immer. Wir haben noch kaum miteinander geredet, aber immer, wenn ich vorbeifahre, grüßt er. Irgendwann, wenn wir uns das nächste Mal persönlich sehen, kann ich da ansetzen, weil wir irgendwie eine Beziehung haben – zumindest schon mal über das Begrüßen.
Damit kann es anfangen. Es ist eigentlich so leicht. Oft gehen wir an einem Nichtchristen vorbei und begrüßen ihn nicht. Esbekamp ist keine Großstadt. Ich glaube, auf dem Dorf, also ich wohne in Altenrath, da grüßt sich jeder. Und Esbekamp ist nicht so groß. Ich glaube, da kann man sich auch mit den Nichtchristen grüßen.
Das sagt Kolosser 4,6: „Eure Worte seien allezeit freundlich, mit Salz gewürzt, damit ihr wisst, wie ihr jedem einzelnen antworten sollt.“ Aber es beginnt mit freundlichen Worten.
Ich möchte euch eine ermutigende Geschichte erzählen. Sie basiert auf einer wahren Begebenheit und zeigt, wie erstaunlich Gottes Wirken über eine junge Frau in Amerika war.
Von Montag bis Freitag stand Marcy früh auf, fuhr zum Bahnhof und nahm von dort eine Dreiviertelstunde lang den Zug nach Boston. Dort stieg sie in die U-Bahn um, um zu ihrem Büro zu gelangen. So pendelte sie ein ganzes Jahr lang. Danach gab sie ihren Job auf und begann eine Ausbildung zur Arzthelferin.
Der U-Bahn-Schaffner schenkte ihr für die letzten beiden Wochen eine Freikarte. Am letzten Tag auf ihrer gewohnten Strecke organisierten die Passagiere im Zug eine Abschiedsparty für sie. Haben Sie eine Vermutung, wie es dazu kam? Ungewöhnlich, oder? Jemand, der zum letzten Mal im Zug fährt, bekommt von allen Mitfahrenden eine Abschiedsparty.
Was war vorher passiert? Das möchte ich jetzt erzählen. Was könnte eine Gruppe von Pendlern dazu motivieren, eine Party für einen anderen Pendler zu organisieren? Normalerweise verstecken sich Pendler hinter ihrer Zeitung oder betäuben sich mit Walkmans – die Geschichte ist etwas älter, Walkmans gibt es heute nicht mehr. Oder sie entfliehen in ihr virtuelles Büro, indem sie den Laptop hochfahren, sobald sie im Zug sitzen.
Wie konnte es also geschehen? Marcy ist 22 Jahre alt und beschreibt sich selbst als nicht extrovertiert. Doch als Nachfolgerin Christi hat sie sich entschlossen, seine Anweisungen ernst zu nehmen – so wie wir es in diesem Kapitel besprochen haben. Sie beschloss, jeden Tag im selben Waggon zu fahren. Da die meisten Pendler das so machen, fuhr sie täglich mit denselben Leuten.
Außerdem entschied sie sich, unter den Mitfahrenden präsent zu sein. Sie begann, sie zu begrüßen, erfragte ihre Namen und erfuhr auch etwas über ihre Familien, Sorgen und Interessen. Einige Gespräche wurden auf der nächsten Fahrt, also auf der Rückfahrt, fortgesetzt. Die Leute merkten schließlich: Marcy hat wirklich Interesse an uns.
Weil ihr Glaube ein Teil von ihr war, sprach sie auch ganz natürlich in den Unterhaltungen darüber. Die spontane Party im Pendlerzug war die Reaktion auf Marcy und ihre Art, wie sie die kleinen Gelegenheiten nutzte.
Grüßen! Wir waren gerade auf unserer Gemeinderat-Klausurtagung, und einer unserer Diakone war Besitzer eines Bioladens mitten in Köln, in Ratholmer. Der Jürgen – wisst ihr, wie er zum Glauben gekommen ist?
Da kam immer ein Bäckerbote, ein afrikanischer Bruder. Er hat ihm die Brötchen geliefert und hat am Ende immer nur gesagt: „Gott ist gut“ – und ist dann gegangen. Das war es. So einfach kann es beginnen. Einfach nur etwas sagen wie „Gott ist gut“ oder „Gottes Segen“ wünschen.
Jürgen ist jetzt Diakon in unserer Gemeinde und ein vorbildlicher Christ. Er ist mit der Zeit immer offener geworden. Er fragte sich: Warum sagt der Bäckerbote immer „Gott ist gut, Gott ist gut“? Dann stellte er fest, dass der Bäckerbote auch Pastor ist. Er hat eine Gemeinde. Jürgen ist mit seiner Frau dorthin gegangen und ist so zum Glauben gekommen. Und es begann einfach nur mit „Gott ist gut“.
Ihr Lieben, damit kann es beginnen.
Meine Frau hat letzte Woche Möbelstücke verkauft. Ich war unterwegs und habe die Anzeige bei Ebay Kleinanzeigen eingestellt. Der Käufer kam, und meine Frau hatte sofort den Eindruck, dass der Kunde vielleicht einen christlichen Hintergrund hat. Manchmal spürt man so etwas.
Sie hat ihm geholfen, die Sachen ins Auto zu bringen, und am Ende sagte meine Frau einfach nur: „Ich wünsche Ihnen Gottes Segen.“ Er schaute sie an und fragte: „Ihr seid Botschafter, oder?“ Wir haben bei uns ein Schild, auf dem steht, dass wir Botschafter sind.
Meine Frau antwortete: „Ja, sind Sie es auch?“ Er sagte: „Nein, leider nicht mehr.“ Meine Frau meinte: „Ja, aber ich nicht. Ich gehe nicht mehr in die Gemeinde.“ Dann erzählte sie ihm von unserem Glauben, motivierte ihn und gab ihm eine Karte mit den Worten: „Hier, das ist unser Livestream, du kannst einfach mal reingucken.“
Doch dieses Gespräch wäre nicht zustande gekommen, wenn sie nicht abschließend einfach „Gottes Segen“ gesagt hätte.
Das heißt: Eigentlich beginnt es mit einfachen Dingen – dass wir Menschen wahrnehmen, sie grüßen, und Gott kann mehr daraus machen.
Ganz wichtig ist das Gebet für offene Türen und die Aufmerksamkeit darauf, dass man im Dienst von Paulus ein so wichtiges Prinzip erkennt. Schaut mal: Paulus hat sich immer nach den offenen Türen gerichtet.
In Kolosser 4,2-4 heißt es: „Haltet fest am Gebet und wacht darin mit Danksagung. Betet zugleich auch für uns, dass Gott uns eine Tür des Wortes öffne, das Geheimnis Christi zu reden, dessen wegen ich auch gebunden bin, damit ich es kundmache, wie ich es reden soll.“
Paulus bittet also darum, für offene Türen zu beten. Er sagt: Betet für mich.
Später richtet Paulus seine Pläne nach den offenen Türen aus. In 1. Korinther 16,8-9 schreibt er: „Ich werde bis Pfingsten in Ephesus bleiben, denn eine große und wirksame Tür ist mir geöffnet worden, und der Widersacher sind viele.“
Paulus entscheidet sich also, in Ephesus zu bleiben, weil dort die Türen offen sind.
Wir können nicht mit allen Nichtchristen in unserem Umfeld eine enge Beziehung führen. Aber dort, wo die Türen offen sind, wo wir merken, dass Interesse besteht, sollten wir uns fokussieren. Und eben auch für diese offenen Türen beten.
Häufig spielen Lebensumstände eine wichtige Rolle. Man hat versucht, dies in einem Schema für Stressfaktoren deutlich zu machen. Verschiedene Situationen im Leben sorgen für besonders große Not.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie man so etwas genau messen kann, aber der Tod des Ehepartners ist wohl die größte Krise, die ein Mensch auf dieser Welt durchmachen kann. Scheidung wird mit einem Stressfaktor von 73 bewertet, Trennung vom Ehepartner mit 65, Gefängnisaufenthalt mit 63 und so weiter.
Auch der Tod eines nahen Familienangehörigen, eine schwere Krankheit oder eine Eheschließung bringen viel Veränderung und Stress ins Leben. Ebenso der Verlust oder Wechsel des Arbeitsplatzes oder eine anstehende Rente.
Darüber denken wir oft nicht nach, aber gerade für Männer in Deutschland, die ihr Leben lang in einer Firma gearbeitet haben und nun in den Ruhestand gehen, sind das entscheidende Punkte. Sie werden offen für Veränderungen, denn sie fragen sich: Wie geht das Leben weiter? Bin ich als Rentner jetzt auf dem Abstellgleis? Was soll ich im letzten Lebensabschnitt machen?
Wenn wir solche Gespräche mit Arbeitskollegen führen, die bald in Rente gehen, merkt man, dass dies wichtige Momente sind. Menschen in Krisensituationen oder in Nöten sind oft offener – nicht immer, das ist kein Automatismus – aber oft offener für das Evangelium.
Auch Schwangerschaft oder Familienzuwachs bringen viele Veränderungen mit sich. Häufig sind das genau die Punkte, an denen man sehr gut bei diesen Menschen ansetzen kann.
Der nächste Schritt besteht darin, eine Beziehung zu den Menschen aufzubauen. Es geht wirklich um Beziehung. Zum Beispiel können wir sie nach Hause einladen. Wir haben erkannt, dass dies eine gute Möglichkeit ist, Gelegenheiten wahrzunehmen, bei denen wir Menschen auch mal zum Essen einladen können.
Ich bin erstaunt darüber, wie viel Jesus gegessen hat. Ist euch das beim Lesen der Evangelien aufgefallen? Jesus hat oft gegessen. Warum? Ihm ging es nicht ums Essen selbst, sondern um die Gemeinschaft mit den Menschen beim Essen. Er hat mit Sündern gegessen. Bei der Hochzeit zu Kana war Jesus ebenfalls anwesend, und dort waren sicherlich nicht nur fromme Leute dabei. Jesus war dort, wo die Menschen waren, und hat mit ihnen gegessen.
Ich denke, dass wir viele Möglichkeiten haben, gerade Menschen nach Hause einzuladen. Manchmal hatten wir zum Beispiel noch keine Christen bei uns zuhause, die wir kaum kannten. Oft ist es so: Meine Frau hat Kontakt zu der Frau, aber ich kenne den Mann überhaupt nicht. Da weiß man nicht, ob ich mit ihm gute Gespräche führen kann, wenn das Ehepaar bei uns ist.
Was wir dann schon mal gemacht haben, ist, dass wir noch ein anderes christliches Ehepaar eingeladen haben. Mit ihnen sind wir ein Team aus der Gemeinde. Wir beten zusammen, wenn das nicht-christliche Paar zu uns kommt. So liegt nicht alles an mir. Falls der Mann gar nicht reden möchte, kann ich mich mit dem anderen Bruder aus der Gemeinde unterhalten. Dann wirkt es nicht so künstlich.
Vielleicht ist es auch hilfreich, bewusst Anlässe zu nutzen. Die Fußball-WM steht zum Beispiel vor der Tür. Da kann man Arbeitskollegen einladen. Auch Geburtstagsfeiern oder Abschiedsfeiern bieten Gelegenheiten, um Nichtchristen mal zu sich nach Hause einzuladen. Ebenso kann man gemeinsame Aktivitäten unternehmen oder Hilfe leisten.
Ich möchte von einem Freund erzählen, einem nichtchristlichen Freund aus unserem Dorf. Ich habe wirklich dafür gebetet: Herr, bitte schenke mir einen Nichtchristen in meinem Umfeld. Denn ich will Leben gewinnen, ich will Menschen für dich gewinnen – nicht nur von der Kanzel aus, sondern auch ganz persönlich. Und Gott hat mir tatsächlich einen Freund geschenkt.
Er ist Soldat gewesen, war schon in Afghanistan im Einsatz und etwa in meinem Alter. Jetzt arbeitet er nicht mehr als Soldat. Eines Tages hat er mich gefragt: „André, kannst du mir mit Möbeln helfen? Meine Frau hat etwas bei eBay Kleinanzeigen gekauft, unser Auto ist zu klein, und du hast ein größeres Auto.“ Ich sagte sofort: „Auf jeden Fall helfe ich dir.“
Dann passierte Folgendes: Ich war einfach da, wir fuhren los, hatten eine lange Autofahrt und unterhielten uns gut. Wir luden das Möbelstück in meinen Kofferraum und fuhren zurück. Plötzlich, wie aus heiterem Himmel, nachdem wir Zeit miteinander verbracht hatten, fragte er mich: „André, wie kann ich zum Kreuz kommen?“
Wow, das war eine echte Chance! Er sagte: „André, ich habe deine Predigt in der Gemeinde gehört. Am Ende hast du eingeladen, zum Kreuz zu kommen. Wie kann ich zum Kreuz kommen?“
Hätte ich die Einladung abgelehnt mit dem Gedanken „Ich habe immer etwas zu tun“, wäre diese Gelegenheit verloren gewesen. Aber ich wusste, wenn er mich fragt, kann ich ihm nicht nur beim Möbeltransport helfen, sondern auch geistlich für ihn da sein. So ergab sich diese Möglichkeit.
Ich wünschte, ich könnte euch jetzt sagen, dass er im Auto sein Leben Christus übergeben hat. Das ist noch nicht geschehen. Aber solche Möglichkeiten entstehen, wenn Nichtchristen uns fragen: „Kannst du mir helfen?“ Nicht immer können wir helfen, und wenn es nicht geht, geht es eben nicht. Aber wir sollten diese Gelegenheiten sehen und nutzen. Wir helfen, weil wir Liebe zeigen wollen – weil Christus uns so sehr geliebt hat.
Natürlich ist es auch wichtig, die Beziehung zu pflegen und zu intensivieren. Dabei ist es entscheidend, dass wir diese Beziehungen nicht nur als Zweckbeziehungen führen, sondern ehrlich und authentisch leben.
Was mich dieser Michael direkt am Anfang gefragt hat, war: „Andre, was ist, wenn ich mich nicht bekehre? Bin ich dann immer noch dein Freund?“ Das fragte mich ein erwachsener Mann.
Eigentlich stellte er die entscheidende Frage. Er wollte wissen: Willst du mich jetzt hier eigentlich nur bekehren, oder interessierst du dich wirklich für mich? Ich musste einen Moment schlucken und antwortete dann: „Michael, die Freundschaft wird bestehen bleiben, auch wenn du dich nicht bekehrst. Aber weil ich dein Freund bin, will ich, dass du dich bekehrst.“
Wir haben keinen Hehl daraus gemacht. Das ist mein Anliegen, aber wir werden trotzdem Freunde sein. Ganz ehrlich: Die Beziehung hat gelitten. Ich habe irgendwann gemerkt, dass er immer mehr und mehr zu macht. Er verstockte sich. Er stand vor der Entscheidung. Wenn ein Mensch dann nicht Ja sagt zu Christus, dann muss er irgendetwas machen. Oft fliehen sie dann und werden härter gegenüber dem Evangelium. Ich hatte den Eindruck, dass es in diese Richtung gerade geht. Ich muss ganz ehrlich sagen: Die Beziehung hat darunter gelitten.
Dann fragt mich Christian, ob ich diesen Vortrag halten kann beziehungsweise wir haben das abgesprochen. Und ich muss sagen: Gerade aktuell habe ich nicht so viele Beziehungen zu Nichtchristen.
Und wisst ihr was? Diese Woche hat Michael sich gemeldet, gestern oder vorgestern: „Andre, sollen wir mal wieder was machen?“ Ich sage: „Ja, danke Herr, wir können die Freundschaft weiterführen.“
Die Frage ist letztendlich: Sind wir bereit, Freundschaften zu Nichtchristen zu führen? Das muss man vorsichtig angehen, denn nicht jede Freundschaft zu einem Nichtchristen sollten wir führen.
Ich rede hier sowieso davon, dass ein Mann niemals mit einer nichtchristlichen Arbeitskollegin eine Freundschaft führen sollte – oder auch andersherum. Aber selbst als Mann gibt es Beziehungen zu Nichtchristen, die mir nicht guttun. Solche sollten wir nicht führen. Das Buch der Sprüche sagt einiges über den Umgang mit solchen Menschen.
Aber Jesus wird ein Freund von Zöllnern und Sündern genannt. Das heißt, Jesus war ein Freund von ihnen. Die Frage ist: Sind wir bereit, einfach Freundschaften zu Nichtchristen zu führen? Weil wir sie lieben, natürlich, weil wir sie gewinnen wollen. Aber auch wenn sie sich nicht entscheiden, wollen wir weiter dranbleiben und für sie beten, weil wir sie lieben.
Natürlich gibt es Gefahren, natürlich gibt es Punkte, an denen man sagen muss: „Das geht jetzt in eine falsche Richtung, ich breche den Kontakt ab.“ Aber da, wo Gott Türen öffnet, sollten wir bereit sein, auch Freundschaften mit Nichtchristen zu führen.
Paulus schreibt in 1. Korinther 10,27: „Hört mal zu: Wenn jemand von den Ungläubigen euch einlädt und ihr wollt hingehen, so esst alles, was euch vorgesetzt wird, ohne es um des Gewissens willen zu untersuchen.“
Das ist eine interessante Stelle. Paulus geht selbstverständlich davon aus, dass Ungläubige einladen. Er sagt nicht: „Aber ihr lieben Christen aus Korinth, geht auf keinen Fall hin.“ Sondern er sagt: „Wenn Ungläubige euch einladen und ihr wollt hingehen, dann geht hin und verhaltet euch so und so.“
Es geht darum, nicht aus der Welt zu fliehen, sondern bewusst diese Beziehungen zu Nichtchristen zu pflegen. Denn anders können wir sie nicht für Christus gewinnen.
Es ist sehr wichtig, dass wir für Menschen beten. Jetzt möchte ich euch eine praktische Aufgabe mitgeben – gerne bis Mai, aber auch darüber hinaus.
Vorhin haben wir darüber gesprochen, mit welchen nichtchristlichen Menschen wir in unserem Umfeld zu tun haben. Ich weiß nicht, wie viele es bei dir waren, aber nimm dir mindestens zwei Personen vor. Falls du nur eine Person kennst, dann nimm eben diese eine. Fang ab heute an, mindestens einmal in der Woche für diese Person zu beten. Besser wäre es natürlich, täglich zu beten. Bitte Gott, dass er ihr Herz öffnet und dass sie im Mai hier in diese Gemeinde kommen wird.
Es ist wichtig, jetzt mit dem Gebet für diese Person zu beginnen. Kurz vor der Evangelisation, vielleicht im April, kannst du sie dann fragen: „Willst du mitkommen?“ So hast du die Einladung im Gebet lange vorbereitet.
Natürlich ist es auch wichtig, in diesen Beziehungen über den Glauben zu sprechen. Viele Christen neigen dazu zu sagen: „Ich lebe einfach nur vor.“ Vorleben ist wichtig. Wenn unser Leben das, was wir sagen, nicht unterstützt, bringt die Botschaft nichts. Das Leben muss im Vordergrund stehen.
Aber allein durch unser Leben wird eine Person – etwa ein nichtchristlicher Arbeitskollege – nicht erkennen können, dass er ein Sünder ist und Christus braucht. Irgendwann muss das Evangelium klar kommuniziert werden. Deshalb braucht es viel Weisheit, um den richtigen Zeitpunkt zu finden.
Wenn mich zum Beispiel eine Person im Sterbebett rufen würde mit der Bitte: „André, kannst du kommen?“, und ich weiß, dass sie ihr Leben noch nicht Christus übergeben hat, würde ich sofort am Sterbebett das ganze Evangelium auspacken. Das wäre vielleicht meine letzte Chance.
Wenn mein Arbeitskollege zu mir kommt und ich eine Beziehung zu ihm aufbauen möchte, muss ich mir nicht den Druck machen, gleich beim ersten Treffen Römer 1,1-11 zu erklären. Beim ersten Treffen geht es darum, eine Beziehung aufzubauen. Ich bete dafür, dass Gott den richtigen Zeitpunkt schenkt. Nach und nach erzähle ich mehr vom Glauben. Aber irgendwann muss der Punkt kommen, an dem wir wirklich das ganze Evangelium erklären.
Abschließend möchte ich noch auf einige Hindernisse eingehen. Was kann uns daran hindern, wirklich persönliche Evangelisation zu leben?
Zunächst einmal kann Angst eine große Rolle spielen. Viele Menschen haben Angst vor Ablehnung oder davor, nicht die richtigen Worte zu finden. Diese Furcht kann uns daran hindern, offen und ehrlich über unseren Glauben zu sprechen.
Ein weiteres Hindernis ist Bequemlichkeit. Es ist oft einfacher, im gewohnten Umfeld zu bleiben und sich nicht aus der Komfortzone zu bewegen. Persönliche Evangelisation erfordert jedoch Zeit, Engagement und manchmal auch Überwindung.
Auch mangelndes Wissen über den Glauben oder über die Bibel kann eine Barriere darstellen. Wenn wir uns unsicher fühlen, fällt es schwer, anderen von unserem Glauben zu erzählen.
Schließlich kann auch ein fehlendes Vorbild oder eine Gemeinschaft, die persönliche Evangelisation lebt, hinderlich sein. Wenn wir niemanden sehen, der uns ermutigt oder begleitet, fällt es schwer, selbst aktiv zu werden.
Diese Hindernisse sind real, aber sie können überwunden werden. Es ist wichtig, sich ihrer bewusst zu sein, um gezielt daran zu arbeiten und so persönliche Evangelisation wirklich zu leben.
Einmal die Zeit. Ich habe keine Zeit. Wo soll ich das noch unterbringen? Ich bin jeden Abend in der Gemeinde. Wann soll ich Beziehungen zu Nichtchristen pflegen?
Ich denke, das ist eine Frage der Priorität. Ja, es ist uns wirklich wichtig. Wir haben immer Zeit für das, was uns wichtig ist. Die Frage ist nur, wie wir uns die Zeit einteilen.
Eine andere Ausrede ist: „Es ist nicht meine Gabe.“ Ja, ich bin eher introvertiert und nicht so der Evangelist.
„Ich bin nicht Hansi Riesen, der mit allen Leuten über den Glauben redet. So bin ich einfach nicht. Vielleicht bist du auch nicht so.“ Der Geist Gottes verteilt die Gaben in unterschiedlichem Ausmaß. Aber hier geht es nicht um Begabung, sondern um Auftrag. Jeder sollte diesen Auftrag wahrnehmen.
Deshalb sollten wir uns nicht hinter solchen Ausreden verstecken. Zum Glück gibt es in der Gemeinde Menschen wie Hansi Riesen und andere, die evangelisieren. Dann muss ich es nicht tun. Aber nein, wir alle sind gefragt.
Oder ich muss mich erst einmal um mich selbst kümmern. Mein geistlicher Zustand ist gerade nicht so gut – wie soll ich da evangelisieren?
Diese Überlegung mag berechtigt sein, und vielleicht braucht es hier und da wirklich einen eigenen Neuanfang mit Jesus.
Meine Erfahrung zeigt jedoch, dass gerade wenn wir anfangen, Zeugnis zu geben, unser Glaubensleben dadurch sehr gestärkt wird.
Wir müssen nicht erst zu Hause ständig an unserer Stärke arbeiten, bis wir ein bestimmtes Level erreicht haben, um dann evangelisieren zu können.
Vielmehr gilt: Herr, gebrauche du mich in meiner Schwachheit! Ich will es tun, und das stärkt unseren Glauben.
Im Einsatz wird unser Glaube häufig gestärkt.
Noch ein weiterer Punkt: Ich habe Angst. Das ist ein häufiger Grund, und es hat mit Menschenfurcht zu tun. Ich habe Angst, abgelehnt zu werden, vielleicht auch Angst, ausgelacht zu werden.
Aber Jesus sagt Folgendes in Lukas 12: „Ich sage euch, meine Freunde, fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten können, nach diesem aber nichts weiter zu tun vermögen. Ich will euch aber zeigen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet den, der nach dem Töten Macht hat, in die Hölle zu werfen. Ja, sage ich euch, diesen fürchtet.“
Wir sollen Gott mehr fürchten als die Menschen. Das bedeutet, es ist egal, wenn mich die Menschen ablehnen. Jesus, ich will nur dir gefallen. Deshalb werde ich weiterhin von dir erzählen, auch wenn ich auf der Arbeit der Buhmann bin, weil ich dich mehr liebe als mein eigenes Leben und als die Anerkennung in meinem Leben.
Ein weiterer und zugleich letzter Punkt, mit dem ich schließen möchte, ist die geistliche Lauheit. Wir sind oft so träge geworden, dass unsere Liebe zu Jesus erkaltet ist. Das ist ein häufiges Hindernis dafür, dass wir nicht mehr evangelisieren.
Wenn ich die Apostelgeschichte richtig lese, ist das Erfülltsein mit dem Heiligen Geist immer wieder eine Folge davon, dass Menschen für Jesus brennen. Dort, wo wir mit dem Heiligen Geist erfüllt sind, tanken wir auf in seinem Wort, verbringen Zeit mit dem Herrn, lieben ihn und gehen mit ihm durch den Tag. Das bedeutet, dass wir voll des Geistes sind.
Voll des Geistes zu sein, bedeutet in der Apostelgeschichte immer: „Wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über.“ Vielleicht ist das heute der Punkt, den du in deinem Leben erkennen musst. Du bist vielleicht lau geworden in deinem Christsein, begnügst dich mit wenig, bist sehr mit dir selbst beschäftigt und siehst die Verlorenen nicht mehr. Du hast keine Freude im Leben und im Christsein, erlebst nichts mehr mit Gott.
Vielleicht ist das der entscheidende Grund, warum du nicht evangelisierst. Deshalb möchte ich dich ermutigen, dich heute an den Herrn zu wenden und ihn zu bitten, dass er dich darauf hinweist, Buße zu tun und einen echten Neuanfang mit ihm zu machen.
Bitte lass uns uns neu von dir gebrauchen. Zeige uns Menschen in unserem Leben, die wir für dich erreichen sollen. Mach uns tätig und sende uns in dieses Erntefeld. Wir bitten dich, dass diese Bewegung in unserem Herzen nicht nur eine Aktion bleibt, sondern zutiefst unser Herzensanliegen widerspiegelt.
Amen, Amen. Bitte nehmt noch einmal kurz Platz.