Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.
Wir hatten uns vorgenommen, einige Psalmstellen zu besprechen, an denen man hängen bleibt, wenn man sie liest. Im Psalm 106 gibt es ein Wort, das mich besonders gepackt hat: „Sie warteten nicht auf seinen Rat.“
Wenn wir das besprechen wollen, müssen wir den Zusammenhang betrachten. Dort ist von Israel die Rede. Sie sangen sein Lob, doch bald vergaßen sie seine Werke. Sie warteten nicht auf seinen Rat und wurden gierig in der Wüste.
Herr, heilige uns in deiner Wahrheit. Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.
Die Herausforderung der Zeit für das Evangelium
Meine Freunde, zu den Behauptungen, die uns heutzutage immer wieder vorgetragen werden, gehört der Satz: Das Evangelium passt nicht mehr in die moderne Zeit. Wenn so etwas gesagt wird, und nicht in der Bibel, dann wird uns der Abraham gezeigt, wie er in der unendlichen Stille der Steppe nachts aus dem Zelt tritt und über sich den gestirnten Himmel sieht.
Oder der Apostel Paulus wird uns gezeigt, wie er zu Fuß – bitte, zu Fuß, heutzutage zu Fuß – durch die kleinasiatischen und europäischen Länder zieht. Und dann sagt man mit einem gewissen Recht: Das ist ja eine völlig fremde Welt für uns. Wer geht denn heute noch zu Fuß? Oder wer weiß, was ein Zelt ist, außer vielleicht ein paar Pfadfindern? Oder die stille Steppe – du liebe Zeit! Das ist eine so fremde Welt. Wir haben ganz andere Probleme, ganz andere Fragen. Wir haben einen anderen Lebensstil, ein anderes Lebensgefühl als etwa Abraham.
Man sagt, das mag ganz schön gewesen sein für die Leute der damaligen Zeit, aber es passt nun wirklich nicht in unser Zeitalter. Nehmen wir an, die Leute haben Recht, dann würden wir mit dem Evangelium gut daran tun, bald einen anderen Beruf zu suchen. Es wird Zeit für mich. Oder vielleicht wäre es auch eine Möglichkeit, statt der Bibel ein Wort aus dem Spiegel oder aus dem Stern auszulegen. Dann wären wir wahrscheinlich kolossal zeitgemäß.
Aber, meine Freunde, wenn das nun gar nicht wahr ist, dann könnte es ja sein, dass unsere Zeit sich um das Eigentliche bringt. Vielleicht ist das der Grund, warum es heute so zugeht, wie es zugeht. Das ist die Frage – eine ernste Frage: Passt das Evangelium in unsere Zeit? Nicht, dass es so schnell gesagt wird, sondern wir wollen es ernsthaft fragen: Passt das Evangelium in unsere Zeit?
Nun muss ich etwas sagen, was merkwürdig klingt. Auf diese Frage, ob das Evangelium, das im Jahr 1959 passt, gibt uns ein Psalm Antwort, der viele hundert Jahre vor Christi Geburt geschrieben worden ist. Das klingt wunderlich, aber tatsächlich gibt uns der Psalm unseren Text. Er gibt uns aber auch die Frage, ob für uns heute das Evangelium richtig ist oder nicht.
Wir überschreiben also den Text mit: Passt das Evangelium in unsere Zeit? Ich möchte den Text noch einmal lesen: Psalm 106,12. Sie sangen sein Lob – hört ihr den Text? Das Wichtigste müsst ihr nämlich heute im Kopf haben. Ich habe überlegt, ob ich ihn nicht abziehen, auf jeden Platz legen sollte. Heute müssen wir das vor uns haben. Aber dann habe ich gesagt, die Leute, die hierher kommen, sind so klug und haben so ein Gedächtnis, vielleicht geht es so:
Sie sangen sein Lob, aber sie vergaßen bald seine Werke und warteten nicht auf seinen Rat. Und sie wurden lüstern in der Wüste.
Eine verblüffende Entdeckung: Der Mensch gestern und heute
Passt das Evangelium in unsere Zeit? Ich habe drei Teile, und den ersten Teil überschreibe ich mit: Eine verblüffende Entdeckung.
Eine verblüffende Entdeckung. Meine Freunde, wenn wir von modernen Menschen sprechen, dann sollten wir sie kurz skizzieren. Wie sind wir modernen Menschen eigentlich? Darf ich ein paar Dinge hinzufügen?
Vor allem sind wir außerordentlich materialistisch gesinnt – alle. Das ist noch gar kein Vorwurf. Eine schöne Wohnung, ein Auto, wenigstens ein Moped, gutes Essen – gutes Essen ist ein Problem für unsere Lager. Wenn Käse kommt, dann Käse, Wurst nicht. Gutes Essen und dann, nicht wahr, eine Befriedigung aller unserer biologischen Triebe.
Lesen Sie moderne Romane, sehen Sie moderne Filme – es ist ja immer dasselbe. Es gibt nie mehr Gut noch Böse, sondern der Mensch hat ein Recht und eine Pflicht, seine Triebe auszuleben. Es ist richtig, Luther hatte mal ein wunderbar kluges Wort gesagt: Die irdischen Begierden sind immer furchtbar eilig.
Die irdischen Begierden sind immer furchtbar eilig. Und weil wir so von unseren Begierden getrieben sind, sind wir also eilige Leute. Habe ich recht? Ich weiß gar nicht, wie das zugeht. Die Hälfte der Menschheit arbeitet auch samstags nicht, aber ich höre immer den Satz: „Ich habe keine Zeit.“ Wenn wir noch eine Stunde arbeiten, haben wir keine Zeit. Wir sind gehetzte Leute, ist das nicht richtig? Ja, wir sind gehetzte Leute.
Und weil wir so gehetzt sind, sind wir merkwürdig vergesslich. Auch das ist ein Kennzeichen. Also, wir modernen Menschen leben ja nicht im Mond. Wir sind merkwürdig vergesslich. Wer weiß noch, wie es 1945 war, als man Hunger hatte? Wer erinnert sich noch, wie das Essen aussah? Oder wer weiß noch, wie er „Heil Hitler“ gebrüllt hat? Reden Sie doch nicht mehr davon, Pastor Busch – vergessen, völlig vergessen.
Ja, die Vergesslichkeit ist unglaublich. Heute kann kein Kind mehr ein Gedicht lernen. In meiner Jugend haben wir mal eine Wette gemacht: In 24 Stunden die Schillers Glocke auswendig lernen. Haben wir geschafft. Heute kann das kein Mensch mehr, oder? Völlig unmöglich.
Wenn am Erntedankfest die Jungen ihre Sprüche sagen, sage ich: Schreibt sie euch auf, ihr könnt sie nicht behalten, auch wenn es nur fünf Worte sind. Völlig vergessen. Also wir alle – mein Regenschirm liegt immer irgendwo, nicht?
Aber, liebe Freunde, man soll nicht bestreiten, dass der moderne Mensch auch zugänglich ist für religiöse Regungen. Nicht jede Kirchenautobahn finden wir in Ordnung, wenn man auch nicht reingeht, aber es gibt doch immer so ein kleines heiliges Gefühl, wenn man mit hundert Kilometern daran vorbeibraust. Ist das nicht richtig? Man ist nicht atheistisch. Und Weihnachten – Weihnachten doch gottlos? Nein, man nimmt seine Kinder an die Hand: „Stille Nacht, heilige Nacht.“ Ach ja, wir sind religiösen Gefühlen durchaus zugänglich.
Habe ich den modernen Menschen richtig geschildert? Ja? Und nun kommt meine verblüffende Entdeckung.
In unserem Text, der vor fast 3000 Jahren geschrieben wurde, wird ein Mensch von damals beschrieben. Und denken Sie: Dieselben, genau dieselben Kennzeichen, die ich eben von modernen Menschen genannt habe, sind hier genannt – bei Menschen von vor 3000 Jahren.
Das ist doch verblüffend. Also, ich bin in meinem Stuhl gefahren, als ich das gesehen habe. Lieber Freund, das heißt, der moderne Mensch ist gar nicht modern. Das ist Quatsch. Der Mensch ist, wie er immer war. Statt Steinball braucht er eine Atombombe, die es wirkt. Aber der Mensch ist, wie er immer war.
Ich möchte das jetzt mal am Text zeigen. Sehen Sie, da wird geschildert, wie Israel durch die mächtige Hand des Herrn aus der Sklaverei in Ägypten errettet wurde und dann in die Wüste zog, nach Kanaan, das Land, das Gott ihm geben wollte.
Und wieder einmal – wir sprachen letztes Mal davon – wird im Psalm der Durchzug durchs Rote Meer genannt, wo der Herr die Wasser zerriss, die Wände festhielt, und sie durchzogen, während die Ägypter umkamen. Es heißt: „Und der Herr ersäufte ihre Widersacher im Meer.“ Sei es hier.
Dann kommt es: Sie sangen sein Lob. Damals waren das religiöse Leute, das war eine schöne religiöse Erhebung. Die war fast so schön wie bei Westdeutschen an Heiligabend. Sie sangen sein Lob.
Aber dann ging es weiter in die Wüste hinein, nach Kanaan zu. Und da war es dann nichts mehr mit dem Lob. Da war schrecklicher Alltag und Staub. Und da heißt es dann: Sie vergaßen schnell seine Werke.
Das sehen Sie – dieselbe Vergesslichkeit wie bei uns. Sie vergaßen, was gestern war. Sie vergaßen schnell diesen Durchzug durch das Rote Meer und die Befreiung. Sie vergaßen schnell seine Werke. Genauso vergesslich wie wir.
Und dann genauso eilig wie wir. Sie warteten nicht auf seinen Rat. Die waren eilig. Wer konnte schon auf Gottes Rat warten, wenn Gott mit Mose vierzig Tage auf dem Berg da oben spricht? Darauf kann man nicht warten, man muss vorwärts machen. Da macht man sich ein goldenes Kalb an eigenen Götzen. Man muss ja schließlich weitermachen.
Nichts, man hat keine Zeit zu warten auf Gottes Rat. Und dann überhaupt – Gott, was heißt Gott? Mose kannte ihn, der Pastor des Volkes, aber genauso gut konnte man ein goldenes Kalb haben. Und viel wichtiger war es, mal zu essen und zu trinken.
Was heißt das? Sie wurden lüchtern in der Wüste. Man kann das übersetzen: Sie wurden gierig in der Wüste. Sie kamen zu Mose und sagten: „Mensch, wir haben nichts zu trinken, Mann, wir haben nichts zu essen. Wir haben doch... ach was, ewig dieses Manna, uns ekelt es ja davor, ewig Käse, also nicht Wurst, Mose, nicht so.“
Sie wurden gierig in der Wüste. Sehen Sie dieselben Kennzeichen? Was Gott? Ja, ja, ja, Mose rede mit ihm, aber jetzt geht es um handfeste Dinge, um materielle Güter. Wir wollen das haben, was zum komfortablen Leben gehört.
Sehen Sie, dass die verblüffende Entdeckung nicht von mir gemacht wurde, sondern es ist ein Psalmwort, das vor fast dreitausend Jahren geschrieben wurde. Der Mensch wird genau so in seinen eigentlichen Zügen geschildert, wie er heute ist.
Der Mensch hat sich nicht verändert. Er war damals und ist heute genau so aufs Irdische gerichtet, eilig, vergesslich, gierig und ab und zu religiösen Stimmungen zugänglich.
Der Mensch ist derselbe geblieben. Das ist natürlich eine deprimierende Beobachtung, nicht? Der Mensch ist derselbe geblieben. Und Gott ist auch derselbe geblieben.
Ah, er ist jetzt neben mir, während ich das sage. Wie du warst vor aller Zeit, so bleibst du in Ewigkeit. Gott ist auch derselbe geblieben. Und Gottes Wille ist derselbe geblieben.
Gott will, dass allen Menschen geholfen werde, dass sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Und dazu hat er seinen Sohn, den gesandten Herrn Jesus, gesandt.
Ja, liebe Freunde, der Mensch war derselbe, Gottes Rettungswille, Jesus, ist derselbe. Dann heißt das mit anderen Worten: Das Evangelium passt für uns genauso wie für Menschen vor dreitausend Jahren.
Das Evangelium ist uns genauso nötig wie für einen Menschen von vor dreitausend Jahren. Und wenn Ihnen noch einmal jemand begegnet und sagt: „Das passt nicht mehr in unsere Zeit“, dann lachen Sie darüber.
Wenn Sie gefragt werden, warum Sie lachen, sagen Sie: „Fast der Buschett ist ins Rechte gegangen.“ Ich will es verantworten: Das Evangelium gehört in unsere Zeit, so wie es vor zweitausend Jahren nötig war, im Mittelalter nötig war, vor dreitausend Jahren nötig war.
Es ist eine Einbildung, wir hätten uns verändert. Ich? Nein, gar nicht. Es ist derselbe Mensch.
Das umgekehrte Bibelwort als Weg zum Heil
Nun folgt der zweite Teil, meine verblüffende Entdeckung. Ich möchte diesen Abschnitt überschreiben mit „Das umgekehrte Bibelwort“.
Sehen Sie, meine Freunde, in unserem Text begegnet uns der Mensch. Materiell und irdisch betrachtet ist er vergesslich, gehetzt und auch religiös hungrig. Doch im Zusammenhang des Textes wird ganz klar, dass hier der Mensch gemeint ist, der unter Gottes Zorn steht – der gefallene Mensch, der natürliche Mensch. Der heillose Mensch, der gnadenlose Mensch, über dem keine Gnade ist, wird so beschrieben.
Und wie viele von ihnen sind hier, von denen man sagen muss: Armer Mensch, du tust dich wichtig, aber du bist ohne Heil, ein heilloser Mensch, ein Mensch ohne Gnade, über dem Gottes Gnade nicht leuchtet.
Wenn wir nun dieses Bibelwort, diese Beschreibung des gnadenlosen, heillosen Menschen, einmal in Spiegelschrift lesen, was sehen wir dann? Was ich meine, ist, dass wir es einmal umdrehen. Dann muss uns das Bild des Menschen entgegenleuchten, der das Heil gefunden hat, der Frieden mit Gott hat und über dem Gottes Gnade steht, ihn umhüllt.
Das wollen wir jetzt tun. Wir wollen den Text in Spiegelschrift lesen. Das heißt, wir beginnen rückwärts und drehen jedes Wort um. So müssen wir den Weg zum Heil erkennen, denn das ist der umgekehrte Weg zum Unheil.
Also fange ich hinten an. „Sie wurden lüstern in der Wüste.“ Ja, wir sind auch lüstern in der Wüste unserer Zeit. Meine Freunde, lassen Sie uns diese Gier nach Materiellem als Sünde erkennen. Die Bibel nennt es Augenlust, Fleischeslust. Das hoffärtige Wesen sinnt nicht von Gott, sondern von der Welt.
Lassen Sie uns diesem ganzen irdisch gesinnten Wesen ins Auge sehen und sagen: Es ist Sünder. Unser Wesen ist böse, es steht Gott entgegen.
Weiter heißt es: „Und sie warteten nicht auf seinen Rat.“ Der geistliche Mensch ist also einer, der auf Gottes Rat wartet.
Wie geschieht das, meine Freunde? Dass wir jeden Tag wenigstens eine Viertelstunde von den 24 Stunden ganz still werden und die Bibel zur Hand nehmen. Beginnen Sie im Johannesevangelium und lesen Sie wirklich verlangend. Alles andere muss schweigen, lesen Sie verlangend.
Es wird mit Ihrem Glaubensleben nichts, mit Ihrer Seligkeit nichts, wenn Sie nicht anfangen, selbst so auf seinen Rat zu warten und die Bibel zu lesen. Und dann beten Sie darüber.
Ich sage Ihnen: Wenn wir unsere Anliegen, unsere Probleme, unsere Nöte so gut wir können vor Gott ausbreiten, dann will er – das hat er uns versprochen – mit seinen Augen leiden. Das heißt, auf seinen Rat warten.
Nun kommt das Wichtigste. Es heißt hier: „Und sie vergaßen seine Werke schnell.“ Liebe Freunde, das Gegenteil ist richtig: Das Werk Gottes muss im Mittelpunkt unseres Lebens stehen.
Gottes größtes Werk, das wisst ihr hoffentlich, ist das Kreuz Jesu. So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Sohn gab. Und der Mensch geht daran vorbei.
Da sehen Sie Gottes Werk: Da hängt der Sohn Gottes am Kreuz, die Hände durchbohrt, das Gesicht blutüberströmt. Da ist Gottes Werk – dass er seinen Sohn gab. Da bezahlt er für uns, da versöhnt er uns, da büßt er für uns.
Herr, ich möchte, dass das Kreuz so vor Ihnen steht, dass Sie es fassen können. Da bin ich erkauft worden für Gott, da bin ich versöhnt worden mit Gott, da ist meine Schuld bezahlt worden, das Größte für mich getan worden. Ach Herr Jesus!
Und dann hat Gott ihn von den Toten erweckt. Herr Jesus, wie kann man ohne Dich leben? Der geistliche Mensch ist nicht der, der sein Werk vergisst, sondern der, bei dem Gottes Werk im Mittelpunkt steht.
Dann heißt es: „Und sie sangen sein Lob.“ Ja, meine Freunde, das weiß ich aus tausendfacher Erfahrung: Wenn ein Mensch zu Jesu Kreuz kommt, so dass ihm die Augen aufgehen und er glauben kann, dass er aus der Blindheit herauskommt, dann fängt er an, Gottes Lob zu singen.
Es gibt Leute, die können gar nicht singen, aber sie singen mit dem Herzen. Und gesungen wird.
Und das ist dann nicht mehr bloß eine flüchtige religiöse Stimmung, sondern ein Gesang des Herzens, der nicht abreißt – bis in die Ewigkeit hinein.
„Sie sangen sein Lob.“ Es gibt eine Gemeinde Jesu Christi, die geglaubt hat und sich durch Jesu Blut erlöst weiß. In ihren Reihen klingt leise ein wunderbarliches Lied: das Lied vom Lamm.
In einem anderen geistlichen Volkslied heißt es: „Ich singe merkwürdig, ich singe vom Kreuz Jesu und singe mich nicht satt.“ Ich war ein Weltmensch, der in der Kirche sitzt und gar nicht mitsingt. Ohne Christus singt man sich nicht satt. Das erfüllt das Herz mit Freude.
Ich bin angenommen, ich bin erkauft, ich bin versöhnt. „Mein Heiland starb für mich, er lebt für mich.“
Ich will Ihnen ein Beispiel sagen: Wir kennen alle die Geschichte vom Apostel Paulus. Er wurde in Philippi auf dem Marktplatz gesteinigt, mit seinem Freund Silas gegeißelt und dann ins Gefängnis geworfen – in die elende Kerkerzelle, das heißt in die unterste Gefängniszelle.
Und dann, um Mitternacht, beteten Paulus und Silas und sangen Lieder Jesu und lobten Gott.
Sie werden mir zustimmen: Da ist kein Platz für religiöse Stimmungen. Da im Gefängnis, verprügelt, wenn der Rücken blutig ist – nein, das ist anders als Weihnachten, kein „ajapobaja“, sondern da war kein Platz für religiöse Stimmungen.
Und doch sangen sie das Lob Jesu!
Ich hoffe, Sie verstehen, was ich meine: Wenn wir dieses Bibelwort umkehren, dann ist das der Weg zum Heil.
Dass ich erkenne, mein irdisch gesinntes Herz ist ein völlig falscher Weg. Ich darf seine Werke nicht vergessen, ich muss still werden, auf seinen Rat achten, und mein Herz muss fröhlich werden am Heiland.
Nun sage ich Ihnen: Das ist der heilsfähige Evangeliumsweg für die Menschen aller Zeiten.
Das war der Weg für den Sänger dieses Psalms, den wir nicht kennen. Das war der Weg für die Apostel, und das ist genauso der Heilsweg für den Menschen im Jahr 1959.
Was heißt Prassen? Ich sehe nur eine unselige Welt. Aber ich bezeuge Ihnen, dass ich auf diesem Wege ein glücklicher und seliger Mensch geworden bin.
Das ist der Evangeliumsweg auch für die Menschen unserer Zeit.
Eine tiefgreifende Veränderung durch das Evangelium
So, nur noch ein Drittes. Lassen Sie mich noch ein Drittes sagen, das ich „eine tiefgreifende Veränderung“ überschreiben möchte.
Das Dritte überschreibe ich mit „eine tiefgreifende Veränderung“. Wir haben die Frage aufgeworfen, ob das Evangelium in unsere technische Zeit passt. Nun soll uns unser Text endgültig die Antwort geben.
Wir sahen die natürlichen Menschen. Wir sahen die natürlichen Menschen als vergesslich, gierig und materiell gesinnt, die sich ab und zu religiöser Stimmung hingeben. Meine Freunde, das ist das natürliche Gefälle unseres Herzens: irdisch gesinnt, ohne Stille, einig, gehetzt, ohne Heiland. Das ist das natürliche Gefälle des Herzens zu allen Zeiten, wie es uns hier geschildert wird. Und darum ist das zu allen Zeiten der Zeitgeist.
Umgekehrt sahen wir den geistlichen Menschen. Er ist himmlisch gesinnt, er kann Stille haben, er wacht auf Gottes Rat, er lauscht in Gottes Wort und kann beten. Er vergisst nicht Gottes Werk, weil das Kreuz der Mittelpunkt seines Lebens geworden ist und sein Herz erfüllt ist mit Freude an seinem Herrn und Erlöser.
Nur werden Sie mir zustimmen, dass der Unterschied zwischen diesen natürlichen Menschen und geistlichen Menschen so groß ist, dass man nur durch eine ganz tiefgreifende Veränderung vom einen zum anderen kommen kann. Das heißt mit anderen Worten: Das Evangelium von der Wiedergeburt hat nie in unser natürliches Herz gepasst und hat nie dem Zeitgeist entsprochen. Es war immer eine aufregende Botschaft, das Evangelium.
Meine Freunde, wer sich diesem Wege anvertraut, der wird dem natürlichen Gefälle seines Herzens und dem Zeitgeist diametral entgegengesetzt.
Lassen Sie mich ein Beispiel bringen: Sehen Sie, um die Jahrhundertwende hat man Häuser gebaut – schlechte Häuser, erinnern Sie sich an die schlechten Häuser mit viel Stuck? Da sieht man heute noch Balkone mit so kreativen, nicht wahr, und so komischen Gesichtern und viel Stuck daran. Und so wollen wir das Haus unseres Christentums bauen. Wir wollen gewissermaßen zu unserem unbekehrten, natürlichen Herzen den Stuck des Christentums so ein bisschen dazuhaben.
Nun, heute klopft man den Stuck runter, wir bauen mit geraden Linien. Und so sagt man: „Ach, das ganze Christentum passt nicht mehr. Wir hauen den Stuck des Christentums vor uns herunter und machen also klar, materiell, vergesslich und so weiter.“ Nein! Und seht, das ist falsch. Christenstand ist nicht Stuck zum natürlichen Leben dazu.
Jesus sagt: „Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, kann er nicht ins Reich Gottes kommen.“ Dass aus dem materiell gesinnten Menschen und dem vergesslichen Menschen – also wie er hier geschildert wird – ein Mensch wird, der himmlisch gesinnt ist, seine Werke nicht vergisst, auf seinen Rat wartet und ihm Loblieder singt, dass da so ein Mensch wird, meine Freunde, das geschieht nur durch eine ganz gründliche Wiedergeburt unseres Lebens.
Wollen Sie Kinder Gottes werden? Wollen Sie selig werden? Wollen Sie unter der Gnade stehen? Dann brauchen Sie eine Wiedergeburt. Nicht mehr und nicht weniger. Eine völlige, grundsätzliche Umwandlung. Machen Sie es nicht zu einfach.
Kerstegen singt: „Gieb, dass mein Herze sich im Grund bekehre.“ Es gibt so viele hier, die sind so oberflächlich angestrahlt. Gib das mein herzliches Grundbegehren!
Nun lassen Sie uns beten: Herr, unser Heiland, wir danken Dir, dass Du in Deiner großen Barmherzigkeit dieses Wunder an uns tun willst, dass wir wiedergeboren werden. Du kennst die Herzen, die sich danach sehnen. Ich bitte Dich, wirke an denen das Wunder. Und erwecke auch die, die sich nicht sehnen. Amen.
