Sympathie für den neuen Papst und seine Menschlichkeit
Liebe Freunde, ich weiß nicht sehr viel über den neuen Papst, aber aus zwei Gründen ist mir der Mann äußerst sympathisch.
Erstens hat er bei seiner ersten Amtshandlung den Segen vergessen. Ja, das gefällt mir. Es ist doch schön zu sehen, dass auch so ein Mann noch aufgeregt ist und Fehler macht. Er ist eben auch nur ein Mensch.
Zweitens, als er noch Bischof war, wurden er und ein anderer Bischof eingeladen, zu einer Sitzung nach Rom zu kommen. Er bekam die Ausreisepapiere, der andere Bischof jedoch nicht.
Wer hätte zu dem anderen Bischof sagen können, wie es im Struwwelpeter steht: „Konrad sprach zur Frau Mama: Ich gehe aus, und du bleibst da. Bleib hübsch, ordentlich und fromm, bis nach Hause ich wiederkomme“?
Genau das hat er aber nicht gesagt. Stattdessen hat er gesagt: Wenn mein Bruder nicht fahren darf, dann fahre ich auch nicht. Ich bleibe hier, ich gehöre zu ihm.
Das nenne ich Anstand. So etwas nenne ich Charakter. Das ist wirklich Solidarität, das ist echte Brüderlichkeit.
Die Geschichte von Benjamin und Joseph: Brüderliche Solidarität und Prüfungen
Benjamin, der Jüngste von zwölf Brüdern, befand sich einmal in einer ähnlichen Lage wie jener Bischof, dem die Ausreise verweigert wurde. Benjamin, ein harmloser, unschuldiger Junge, wurde plötzlich von höchster Stelle zum schwarzen Schaf erklärt. Zu seinem Entsetzen fand man in seinem Gepäck den goldenen Becher, den silbernen Becher dieses ägyptischen Ministerpräsidenten.
Benjamin kam zu dem Becher zurück, blind und zur Ohrfeige. Er hatte ihn wirklich nicht gestohlen. Ich habe euch das vor vier Wochen erzählt: Der Präsident selbst hatte ihm den Becher untergejubelt. Fakt war jedenfalls, dass der Becher in Benjamins Gepäck war. Deshalb sollte er in Ägypten bleiben und sterben.
Den übrigen Brüdern erlaubte dieser Ministerpräsident die Heimreise. Sie bekamen ihren Stempel und ihre Papiere – go home, goodbye. Nun stellte sich die Frage, ob sie ihren Bruder im Stich lassen würden oder nicht. Sie hatten ja schon einmal einen ihrer Brüder im Stich gelassen, und zwar Josef.
Josef passte ihnen nicht, weil ihm seine Träume nicht gefielen. Wer von einer anderen, besseren Zukunft träumt, ist offenbar mit der Gegenwart unzufrieden. Solche Menschen sind Kritiker. Wer sogar von der Veränderung der Machtverhältnisse träumt, wie Josef, der geträumt hatte, er stünde da und seine Brüder würden sich vor ihm verneigen, ist fast schon ein Umstürzler.
Menschen, die solche Träume von einer anderen Zukunft haben, haben es schwer auf dieser Erde. Sie wurden schon immer gerne mundtot gemacht, rausgeschmissen oder umgebracht. Der letzte große Träumer, der auf unserer Welt gelebt hat, war Doktor Martin Luther King. Von ihm habe ich vorhin gesagt, dass das Oratorium nächsten Sonntag aufgeführt wird.
Er war ein Mensch, der eine berühmte Rede gehalten hat, die mit den Worten begann: I have a dream – Ich habe einen Traum. Den Traum einer Gesellschaft ohne Hass, ohne Rassenhass und mit Gleichheit. Nicht lange nach dieser Rede wurde er erschossen. Man hat ihn umgebracht, ausgetrickst.
Josephs Prüfung und die Veränderung seiner Brüder
Bei Joseph war es damals so, dass seine Brüder ihn abgeschoben und verkauft hatten. Sie verkauften ihn als Sklaven nach Ägypten. Das war 22 Jahre her.
Die Brüder ahnten nicht, dass sich der Traum, den Joseph damals hatte – nämlich dass sie sich vor ihrem Bruder verneigen würden – in diesem Moment erfüllte. Sie wussten nicht, dass sie gerade vor ihrem Bruder Joseph standen. Auch war ihnen nicht bewusst, dass Joseph die ganze Geschichte mit dem silbernen Becher selbst inszeniert hatte, um sie auf eine letzte Probe zu stellen.
Joseph wollte herausfinden, ob seine Brüder immer noch so waren wie früher: brutal, ohne Bruderliebe und ohne Vaterliebe. Oder ob sie sich vielleicht verändert hatten. Nun sah er seine Brüder gespannt an. Was würden sie tun? Würden sie die angebotene Chance nutzen, um in die Freiheit zu fliehen? Oder würden sie sagen: „Nein, wir gehören zusammen, wir bleiben hier bei unserem Bruder Benjamin“?
Da trat Juda vor und sagte: „Wir sind eigentlich zwölf Brüder. Seit einer unserer Brüder – seitdem ist er ein bisschen ins Stottern geraten – seitdem ist er gestorben, ist unser alter Vater untröstlich. Er hängt mit seiner ganzen Liebe an seinem Jüngsten, Benjamin. Den wollte er schon gar nicht mitreisen lassen. Er hat gesagt: Wenn ihm auf der Reise etwas passiert, bedeutet das meinen Tod. Also können wir ohne Benjamin nicht nach Hause kommen. Das würde unseren alten Vater umbringen. Deshalb bitte ich dich“, sagte er zum Ministerpräsidenten, „lass Benjamin frei, und ich werde an seiner Stelle hierbleiben, damit mein alter Vater nicht vor Kummer stirbt.“
Das war der Beweis der Sinnesänderung, auf die Joseph gewartet hatte. Das war nicht mehr derselbe Juda, der vor 22 Jahren eiskalt gesagt hatte, Joseph zu verkaufen. Das war ein anderer, ein neuer Juda. Er gab seine Freiheit, seine Familie, sein Lebensglück und sogar sein Leben auf, um seinem Vater den Schmerz zu ersparen und seinem Bruder die Freiheit zu bringen.
Das ist der Juda, aus dessen Geschlecht später David geboren wird, der die Erlösung für alle Menschen bringt. Denn Christus stammt aus dem Stamm Juda.
Als Juda sein Leben für das Leben Benjamins anbot, war für Joseph die Sache entschieden. Jetzt konnte er sich nicht länger beherrschen. Er warf sämtliche Ägypter aus dem Saal und schickte auch den Dolmetscher hinaus.
Josephs emotionale Offenbarung und die Bedeutung von Vergebung
Und als er mit seinen Brüdern allein ist, fängt er hemmungslos an zu weinen. Die Brüder sind fassungslos und können sich nicht erklären, was das nun wieder bedeuten soll – dass dieser hohe Herr vor ihnen anfängt zu weinen.
Es ist eigentlich leicht zu verstehen. Alles, was Josef getan hatte, all seine Hoffnung, hatte sich darauf konzentriert, dass seine Brüder sich ändern, dass sie umkehren und neue Menschen werden. Und als er nun erleben darf, dass sie tatsächlich neu geworden sind, dass sie nicht mehr wie früher sind, sondern anders, löst sich die Spannung der letzten Wochen und Minuten in einem Strom von Tränen auf.
Ich finde es gut, wenn ein Mann noch weinen kann. Das gilt zwar heutzutage als unmännlich, aber ich denke, ein Mann, der nicht mehr weinen kann, ist einfach unmenschlich. Die Menschen in unserer Zeit werden nach meiner Beobachtung immer sentimentaler und gleichzeitig immer roher. Echtes, starkes Gefühl, zum Beispiel Mitleid, wird in unserer Welt immer seltener.
Wir sehen täglich im Fernsehen die schrecklichsten Grausamkeiten, doch wir sind als Augenzeugen blind geworden für das Leid unseres Mitmenschen. Wir hören immer wieder die schlimmsten Nachrichten, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, und sind darauf auch noch stolz. Was wir so stolz Selbstbeherrschung nennen, ist in Wirklichkeit nichts anderes als Gefühlskälte. Das ist ein seelisches Minus.
Mir graut vor Menschen, die keine echten Gefühle mehr haben und keine echten Gefühle mehr zeigen können. Männer, die zu keiner Träne fähig sind, sind zu allem fähig. Gott schütze uns vor solchen harten Männern.
Josef heult Rotz und Wasser. Es ist ihm völlig egal, dass man das im ganzen Haus hören kann und dass die Dienerschaft traubenweise an den Schlüssellöchern hängt, um zu sehen, wie dieser Chef weint. Es ist ihm auch egal, dass seine Brüder ihn fassungslos anstarren.
Als er endlich seine Fassung wiedergewonnen hat und sich beherrscht, sagt er zu den Brüdern ohne Dolmetscher in ihrer Muttersprache: „Ich bin Josef.“ Da verschlägt es ihnen die Sprache. Sie erstarren, kreidebleich wie die Wand, stehen an der Wand und schauen ihn an. Und sie sagen keinen Mucks mehr.
Josephs Versöhnung und Gottes Führung im Leben
Und wie sie sich so gegenüberstehen, Josef und seine Brüder, da denken diese jetzt alles aus. Jetzt schlägt er zu, jetzt kommt die Rache.
Doch stattdessen sagt Josef zu ihnen: "Kommt doch her zu mir, tretet näher!" Vorsichtig treten sie ein paar Schritte auf ihn zu.
Im 1. Mose 45,4 sagt Josef: "Ehrlich, ich bin Josef, euer Bruder, den ihr nach Ägypten verkauft habt." Die Brüder denken: Jetzt gibt es uns. Er erwähnt es, er hat es also doch nicht vergessen.
Nein, vergessen hat Josef das nicht, und er kann es auch nicht verschweigen. Sünde muss mit Namen genannt werden. Aber so fährt er fort: "Habt doch keine Angst und denkt nicht, dass ich darum zürne, dass ihr mich hierher verkauft habt. Denn um eures Lebens willen hat mich Gott vor euch hergesandt."
Die Brüder denken, sie hören nicht richtig. Sie haben ihn doch verkauft, und Josef sagt, Gott habe ihn vor ihnen hergesandt.
Dann sagt er gleich noch zum zweiten Mal: "Aber Gott hat mich vor euch hergesandt, damit er euch übriglasse auf Erden und euer Leben erhalte zu einer großen Errettung."
Und jetzt kommt es zum dritten Mal: "Und nun, ihr habt mich nicht hierher gesandt, sondern Gott, der hat mich hier eingesetzt."
Das ist die große Erkenntnis, die Josef aus seinem verworrenen Leben als Sklave, Zuchthäusler und Ministerpräsident gelernt hat: Es war Gott, der ihn geführt hat.
Seine Brüder, die ihn damals verkauft haben, und die anderen, die ihn durchs Leben geschubst haben, waren bloß Gottes Werkzeuge. Sie haben ohne ihr Wissen und gegen ihren Willen dazu helfen müssen, dass Gottes Pläne zum Ziel kommen.
Wenn Gott ein Menschenleben in die Hand nimmt, dann kann nichts und niemand es aus seiner Hand reißen. Gegen Gott kommt keiner an, auch nicht die vereinigte Bosheit einer ganzen Brüderschaft.
Es gibt Leute, die uns Böses tun wollen und es auch tun, und Gott lässt es zu. Aber Gott dreht es so, dass am Schluss für uns etwas Gutes dabei herauskommt.
Das ist die große Erkenntnis von Josef. Er formuliert es später im Kapitel 50 so: "Ihr dachtet es, Böses mit mir zu machen, aber Gott gedachte es, gut zu machen."
Persönliche Erfahrungen mit Gottes Führung und Verheißung
Vielleicht gibt es Kumpels, die dir deine Freundin nicht gönnen und versuchen, dich auszutricksen. Du hast Kollegen, die dich um deinen Posten beneiden, dir Knüppel zwischen die Beine werfen und hoffen, dass du endlich mal stolperst. Auch Geschwister oder Hausbewohner fallen dir ständig etwas Neues ein, um dich zu ärgern.
Da ist jemand, der nicht will, dass du auf die EOS kommst. Du fühlst dich verkannt, zurückgesetzt, ungerecht behandelt, diskriminiert und hilflos den Machenschaften anderer ausgeliefert.
Weißt du, wenn du ein Kind Gottes bist, gilt auch für dich dieser Satz: "Ihr dachtet, das Böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen." In meiner Klasse hatten sich drei Schüler zum Theologiestudium gemeldet. Zwei von ihnen sind beim Abitur durchgefallen – einer davon war ich.
Als ich damals das Abitur nicht bestanden hatte, fühlte ich mich, als sei alles im Eimer. Mein Plan, Theologie an der Universität zu studieren, war geplatzt. Doch zwei Jahre später begann ich mein Theologiestudium an der Universität.
Als ich später wieder einmal von der Uni verwiesen wurde, war ich erneut am Boden zerstört. Doch wo bin ich schließlich gelandet? Genau dort, wo Gott mich haben wollte: auf der Kanzel als sein Prediger.
Ich bin zwar drei Jahre später als meine Altersgenossen angekommen, aber diese drei Jahre, die wie ein Verlust aussahen, sehe ich heute als Gewinn an. In dieser Zeit habe ich zum Beispiel meine Frau kennengelernt, intensiv studiert und mein erstes Buch geschrieben. Ich muss sagen, die Bosheit meiner Feinde hat mir letztlich gutgetan.
In der Bibel, im Römerbrief 8,28, steht – ein Vers, den ich schon beim letzten Mal erwähnt habe –, dass allen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. Alle Dinge, auch die Gemeinheiten unserer Mitmenschen, die schwersten Schicksalsschläge und auch die Krankheit.
Die Krankheit kommt nicht von Gott, aber Gott kann aus der Krankheit etwas Gutes für uns machen. Als ich vor einem halben Jahr einen Herzinfarkt hatte, betrachtete ich das als eine Katastrophe – und sehe es noch heute so. Doch ich sehe auch, wie viel Gutes daraus für mich entstanden ist.
Ich sage nicht, dass ein Herzinfarkt oder Krankheit an sich etwas Gutes sind. Aber ich sage, dass für mich daraus etwas Gutes entstanden ist. Gerade das halbe Jahr, in dem ich auf der Nase lag, möchte ich nicht missen. Es ist für mich kostbar geworden, und ich bin Gott dafür dankbar.
Gott tut das Böse nicht. Er ist nicht die Ursache des Bösen, aber er verhindert das Böse auch nicht immer. Jedenfalls nicht in jedem Fall. Doch er benutzt das Böse, um für seine Kinder etwas Gutes daraus zu machen.
Herausforderungen im Glauben und die Hoffnung auf Gottes Reich
Ich behaupte nicht, dass du, wenn du den Schritt in Gottes Reich tust und Gott dein Leben gibst, nur Gutes erleben wirst. Im Gegenteil: In mancher Hinsicht wird dein Leben dann schwerer als zuvor.
Gott hat Josef in die Grube geworfen, ins Gefängnis und ins Zuchthaus gebracht. Auch du wirst den Gemeinheiten der Menschen ausgesetzt sein. Vor allem wirst du dem Leid nicht entgehen können.
Aber wenn du, wie Josef, ein Kind Gottes bist und Gott liebst, dann gilt auch für dich diese Verheißung: Dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. Gott kann aus dem Mist, den Menschen machen, noch etwas Gutes hervorbringen. Wie Martin Luther einmal sagte, kann Gott aus Scheiße Gold machen.
Das hat Josef erlebt. Als den letzten Dreck hatten sie ihn weggeschmissen und als Kettensklaven nach Ägypten verkauft. Doch als den ersten Mann Ägyptens, behängt mit einer großen Goldkette, treffen sie ihn wieder.
Josef weiß, dass er seine Position Gott verdankt. Seine Brüder, die ihm so Böses getan haben, waren nur sein Werkzeug. Deshalb kann er ihnen nicht böse sein. Er hegt keinen Gedanken an Rache.
Er kann seinen Brüdern verzeihen und fällt ihnen um den Hals. Nachdem sie sich zusammen ausgeweint und ausgesprochen haben und ausgiebig gefeiert haben, schickt er sie mit ganzen Wagenladungen voller Geschenke wieder nach Hause. Sie sollen den alten Vater holen.
Die Rückkehr zu Jakob und die Kraft des Glaubens
Das ist nun ein schwerer Weg, denn die Brüder müssen dem Vater alles beichten, und er glaubt ihnen kein Wort. Zweiundzwanzig Jahre lang haben sie ihm erzählt, Josef sei tot. Und jetzt auf einmal heißt es, er sei lebendig und Ministerpräsident von Ägypten. Da gibt es doch keinen Glauben.
Erst als der alte Jakob die Wagenladung voller Geschenke sieht, wird er munter. Solange er nur von seinen Söhnen hörte, glaubte er nicht. Er fängt erst an zu glauben, als er etwas sieht.
Dein alter Vater und deine alten Freunde glauben vielleicht auch nicht an Gott. Du agitierst sie mit frommen Sprüchen und erzählst, wie wichtig und schön es ist, Christ zu sein, wie froh das macht und wie liebevoll. Doch sie sehen jeden Morgen deine muffelige Miene und dein liebloses, egoistisches Verhalten – und sie glauben dir nicht.
Sei lieb zu deinem alten, unbekehrten Vater. Bring ihm die Kohlen hoch, sei anständig zu deinen ungläubigen Freunden und Kollegen. Gib ihnen ein Beispiel und zeig ihnen, was du von Jesus bekommen hast.
Als der alte Jakob sieht, was Josef ihm mitgeschickt hat, kommt er aus dem Tiefschlaf. Er wippt aus seinem Schaukelstuhl, und auf geht’s ab nach Ägypten. Er will seinen Sohn sehen.
Dann sieht er ihn. Josef sieht seinen Vater, und sie sinken sich in die Arme. In diesem Moment, in dem sie sich umarmen, ist alles andere vergessen. Da sind 22 Jahre Leid, Kummer, Trauer und Sehnsucht – einfach wie weggewischt.
So einen Moment, liebe Leute, so einen Moment gehen wir auch entgegen. Wir werden Jesus sehen. Wie es in der Bibel heißt: Wir werden ihn sehen, wie er ist.
Die Hoffnung auf das Wiedersehen mit Jesus und die Aufforderung zum Glauben
Wer weiß, was sich die Leute bis dahin alles noch ausdenken werden, um dich und Jesus auseinanderzubringen. Ich bitte dich: Lass dich durch nichts und niemanden von deinem Glauben abbringen, sondern denke an Joseph.
Den Joseph haben sie mit Gewalt von seinem Vater getrennt. Sie haben ihn verkauft, verleumdet und eingesperrt. Ihnen haben sie eingehämmert: Du bist ein Nichts, ein Stück Dreck, ein idealistischer Träumer, ein nutzloses Glied der Gesellschaft. Doch all das hat nichts genützt. Joseph blieb dabei: Ich bin ein Kind Gottes.
Und dem alten Jakob haben sie eingetrichtert: Dein Sohn Joseph ist doch seit zwei Jahrzehnten tot, den siehst du nie wieder. Genauso wie sie euch eintrichtern: Euer Jesus, den ihr den Sohn Gottes nennt, ist doch seit zwei Jahrtausenden tot, den seht ihr nie wieder.
Doch wir werden ihn sehen, wie er ist. Wir werden ihn sehen, wenn er kommt, um zu richten die Lebenden und die Toten. Du wirst ihn sehen, wie er zu den einen sagt: Fort von mir, ihr Verfluchten! Und zu den anderen: Kommt her zu mir, ihr Gesegneten meines Vaters, und erbt das Reich.
Auf diesen Moment läuft überhaupt alles hin. Die ganze Weltgeschichte und die Geschichte deines persönlichen Lebens und alles andere – das ist zweitrangig. Es ist nur eins wichtig: dass du dann, wenn Jesus kommt, auf seiner Seite stehst.
Ich bitte dich, entscheide dich für Jesus, wenn du dazu die Gelegenheit hast. Heute Abend hast du sie. Ob du die Gelegenheit morgen oder zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal hast, das weiß ich nicht.
Gottfried hat euch vorhin von dem Jugendwart in Meissen erzählt, diesem Reinhard Berger, ein fröhlicher, lebensstrotzender junger Mann, ein strahlender Christ, ein echter Jesusjünger. Und vor drei Tagen haben wir ihn begraben. Autounfall, Frontalzusammenstoß, Tod – Ausschluss von einer Sekunde zur anderen.
Reinhard Berger hatte keine Zeit mehr, sich zu entscheiden. Gott sei Dank, er war entschieden. Er hatte sich schon längst für Jesus entschieden. Es war sein Ziel, einmal in Gottes Reich zu kommen. Er war darauf vorbereitet, in den Himmel zu gehen. Gottes Reich war sein Lebensziel.
Als ich mich von ihm verabschiedet habe in Meissen – ich hatte gerade mit ihm eine Jugendwoche veranstaltet – da sagte Reinhard Berger zu mir: „Weißt du, als Christen brauchen wir uns ja nicht zu verabschieden wie für immer. Christen sehen sich nie zum letzten Mal, wir sehen uns ja wieder im Himmel.“
Was für eine Bedeutung bekommt so ein Satz! Ich sehe Reinhard auf dieser Erde nicht wieder. Aber wenn ich das Lied singe, wie vorhin: „Komm, geh mit mir in das Land“, wo eine Strophe heißt: „Viele Freunde sind schon dort, wohin ich gehe“, da denke ich an meinen Freund Reinhard. Er ist schon dort.
Gottes Reich ist auch mein Lebensziel, da gehe ich hin. Und wo gehst du hin? Was ist Ziel deines Lebens? Was ist mit dir, wenn es dich trifft und wenn du stirbst?
Ich weiß – und ich bin froh, dass ich das sagen kann – ich weiß, wenn ich sterbe, ob heute Abend oder erst in vielen Jahren, wenn alles vorbei ist, wenn ich das alles hinter mir habe, dann steht Jesus da und nimmt mich mit ausgebreiteten Armen in Empfang.
In diesem Moment ist alles andere vergessen: alle Ängste, alle Mühen, all das, was einem Sorgen gemacht hat, das ist vorbei. Und Gott, so heißt es in der Bibel, wird abwischen die Tränen von unseren Augen.
Wir alle – auch die Millionen Blinden, die jetzt nur Finsternis sehen – werden Gott sehen. Wir werden nichts anderes sehen als Licht, denn Jesus ist das Licht.
Durch den Tod, durch das Gericht: Führ mich her zu deinem Licht, nimm mich bei der Hand und führ mich heim.