Gesellschaftlich akzeptierte Lügen entlarven und bewerten – Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt. Nachfolge praktisch: dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um die Stärke in dir. Gerade läuft ein interessantes Online-Seminar von Evangelium für Kinder e.V. mit dem Titel „Glauben an die Kinder weitergeben“. Es umfasst drei Montagabende, und ich durfte zwei Vorträge beisteuern.
Letzten Montag ging es los. In meinem ersten Vortrag bin ich unter anderem darauf eingegangen, wie wichtig es für christliche Eltern ist, ihre Kinder auf die Konfrontation mit der Gesellschaft und mit dem gesellschaftlichen Denken vorzubereiten.
Die Herausforderung für christliche Eltern in einer säkularen Gesellschaft
Man könnte annehmen, dass es ausreicht, den Kindern das Evangelium zu erklären und ihnen christliche Werte vorzuleben. Doch das bewahrt Kinder leider nicht unbedingt davor, als Teenager oder junge Erwachsene in eine Glaubenskrise zu geraten.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir sollten dafür sorgen, dass unsere Kinder das Evangelium hören und verstehen. Natürlich müssen wir ihnen auch eine biblische Ethik nahebringen. Persönlich denke ich sogar, dass Kinder das Evangelium umso besser verstehen, je mehr sie Ethik gelernt haben. Das liegt daran, dass ein Wissen um Gut und Böse mir hilft, meine eigene Verlorenheit besser zu erkennen. Wer seine Verlorenheit erkennt, sucht hoffentlich nach einem Retter.
Bei alledem dürfen Eltern nicht vergessen, dass wir unsere Kinder in eine zunehmend aggressiv atheistisch geprägte Gesellschaft entlassen. Auf diese müssen wir sie vorbereiten. Deshalb ist mir persönlich das Thema Apologetik so wichtig. Apologetik ist die Kunst, den eigenen Glauben zu verteidigen.
Zur Verteidigung des Glaubens gehört es auch, gesellschaftlich akzeptierte und geförderte Lügen zu durchschauen. So können wir mit unseren Kindern darüber reden.
Inspiration durch „Mama Bear Apologetics“
Dieser Podcast ist kein Erziehungspodcast und wird es auch nicht werden. Dennoch habe ich mir gedacht, ich lese mal ein Buch und lasse mich ein wenig von Hilary Morgan Furrer inspirieren. Sie hat sich nämlich die Frage gestellt, welche Lügen so durch die Gesellschaft geistern. Dazu hat sie das Buch Mama Bear Apologetics geschrieben.
Das Buch ist auf Englisch, und wie bei vielen anderen guten Büchern leider nicht auf Deutsch erhältlich. Zu dem Buch gibt es auch ein Studienbuch, und ich kann beides empfehlen. Danke an Ingmar, dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Wirklich ein guter Tipp.
Weil ich dieses Buch diese Woche gelesen habe, möchte ich fünf gesellschaftlich akzeptierte Lügen vorstellen. So Gott will, gibt es bis Ostern noch einen Nachschlag dazu.
Lüge Nummer eins: Alle Kraft, die du brauchst, liegt in dir.
Lüge Nummer eins: Alle Kraft, die du brauchst, liegt in dir
Du musst sie nur entdecken und entfesseln. „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ ist zwar ein Sprichwort, aber keines aus der Bibel. Es ist gut, dass wir uns das immer vor Augen halten, wenn wir mit der Idee konfrontiert werden, in uns stecke die Kraft, unser ganzes Leben so umzukrempeln, dass wir das an Glück, Gesundheit und Wohlstand bekommen, was wir uns erträumen.
Diese Idee ist eng mit Autoren wie Dale Carnegie, Napoleon Hill oder im Bereich der Theologie mit Predigern wie Norman Vincent Peale oder Robert Schuller verbunden. Sie lässt sich vielleicht nicht besser zusammenfassen, als es Peale in seinem Buch „Die Kraft des positiven Denkens“ im ersten Satz macht: „Believe in yourself“ – Glaube an dich selbst.
Das ist das Motto, aber leider auch das Problem, auf drei Worte reduziert. Es ist das Motto dieses Denkens, weil alles bei mir startet. Ich beginne bei meinen Gefühlen: Wie fühle ich mich in dem Leben, das ich führe? Und was würde ich mir wünschen, um mich besser zu fühlen? Und...
Die Gefahr der Ichzentriertheit
Seien wir ehrlich: Jeder, der auf die Frage nach Glück, Wohlstand und etwas weniger Bauchfett nicht antwortet, ist womöglich nicht ganz ehrlich. Doch diese einseitige Beschäftigung mit mir selbst ist problematisch. Hier sind zwei Gründe dafür.
Eine Frage nach meinem Gefühlszustand bringt mich zwar zu mir selbst und meinen meist sehr irdischen Wünschen. Dahinter steckt jedoch die Idee, dass ich das beste und glücklichste Leben verdienen würde, das ich mir vorstellen kann. Natürlich spricht in uns etwas auf diese, übrigens völlig unbiblische und total dämonische Idee an. Dieses Etwas, das in uns anspringt, ist jedoch nicht der Heilige Geist, sondern unser Fleisch – also der Teil unseres Menschseins, der weniger Aufmerksamkeit braucht, nicht mehr.
Die Frage nach unseren Wünschen fördert leider gerade nicht, dass ich meine Berufung erkenne. Stattdessen begünstigt sie das Wachstum von Ich-Zentriertheit in meinem Herzen. Plötzlich will ich mir mein eigenes Paradies erschaffen, weil ich glaube, darauf ein Recht zu haben. Damit liegen wir falsch.
Lasst uns bitte ganz vorsichtig sein, wenn Menschen uns Dinge als unser Recht verkaufen – Dinge, die bestenfalls Geschenke sind, die Gott uns geben kann, aber nicht geben muss. Übrigens erfahren viele Christen keinen Frieden, keine Gesundheit und keinen Wohlstand. Auch ihnen werden diese Dinge nicht geschenkt.
Das wahre Ziel des Lebens
Das Ziel unseres Lebens besteht nicht in einem einfachen oder glücklichen Leben. Vielleicht sollte ich das noch einmal betonen: Das Ziel unseres Lebens ist nicht, ein einfaches oder glückliches Leben zu führen, sondern den Willen Gottes zu tun – ganz gleich, wie dieser aussieht.
Wir dürfen dem Herrn Jesus nachfolgen und wie er einer Welt vorleben, was es bedeutet, Gott mehr zu lieben als alles andere. Und ganz nebenbei sollen wir auch unseren Nächsten lieben wie uns selbst.
Weit davon entfernt, dass Gott uns rät, uns selbst zu finden und zu entwickeln, heißt es aus dem Mund des Herrn Jesus in Lukas 9,23: „Er sprach aber zu allen: Wenn jemand mir nachkommen will, verleugne er sich selbst und nehme täglich sein Kreuz auf und folge mir nach.“
Statt täglich einen Blick auf die Wunschliste unseres Lebens zu werfen, sollten wir lieber auf Gottes Wunschliste schauen und uns fragen: Wo ist in mir noch zu viel vom alten Jürgen übrig, und wo ist noch nicht Jesus entstanden?
Wisst ihr, ich brauche nicht mehr vom alten Jürgen mit seinen selbstsüchtigen Wünschen, sondern weniger davon. Selbstverleugnung ist angesagt.
„Believe in yourself“ – „Glaube an dich selbst“? Nein, das werde ich definitiv nicht tun. Das führt mich zu mir selbst und damit weg von Gott und seinen Gedanken über mich. Das Ziel ist falsch.
In diesem Leben geht es nicht darum, dass ich alles bekomme, was ich mir wünsche.
Kritik an der Selbsthilfebewegung und falscher Geistlichkeit
Das war der erste Punkt. Kommen wir nun zum zweiten Punkt, der mich stört. Nicht nur ist das Ziel falsch, sondern auch der Weg dorthin.
„Believe in yourself“ lebt von der Idee, dass ich alle Kraft für jede Veränderung, die ich mir wünsche, in mir selbst finde. Ich muss nur genau hinschauen, und dann werde ich in mir ein Potenzial entdecken, das ich mir nie hätte träumen lassen.
Und ich rede jetzt nicht vom Heiligen Geist, auch wenn dieser natürlich von den „Glaube an dich selbst“-Kreisen innerhalb der Kirche für ihre Zwecke vereinnahmt wird. Übrigens geschieht das völlig losgelöst von dem, was der Heilige Geist selbst eigentlich will. Stattdessen macht man ihn zu einer Kraft, die uns und unseren egoistischen Zwecken dienen muss – ganz gruselig.
Lasst euch da bitte niemals darauf ein. Wir können den Heiligen Geist nicht vor den Karren unserer ichsüchtigen Wünsche spannen. Welchem Geist auch immer wir bei so einer Aktion begegnen, es wird nie der Heilige Geist sein, egal wie viele Wunder passieren und egal, wie gut wir uns dabei fühlen.
Also steht die Idee im Raum, dass wir in uns das Potenzial tragen, jede Veränderung herbeizuführen. Was ich mir wünsche, ist schon da. Ich muss es nur in mir entdecken und mit ein paar einfachen Anweisungen aus dem jeweiligen Selbsthilfebuch entfesseln. So simpel und so falsch.
Und was mich total betroffen macht: Es sind diese Ideen, die mit der Wort-des-Glaubens-Bewegung schon lange im Zentrum des evangelikalen Glaubens angekommen sind.
Die Gefahr der Selbstherrlichkeit gegenüber Gott
Aber zurück zu meinem zweiten Problem. Ich werde zu dem, der alle Probleme in seinem Leben lösen kann. Das heißt, ich werde zum Helden in meiner Geschichte. Damit werde ich mehr und mehr zu dem, der auf dem Thron sitzt und sich überlegt, was er sich wünscht.
Wenn ich tatsächlich alles Potenzial in mir trage, dann werde ich ganz praktisch von Gott unabhängig. Gott ist dann nur noch der, der mich so wunderbar gemacht hat. Mein Leben nehme ich aber nach meinen eigenen Ideen selbst in die Hand.
Der Moment, in dem ich das tue, ist der Moment, in dem ich vom Knecht zum König aufsteige und Gott zum Butler degradiere.
Die Wahrheit über wahre Stärke
Lüge Nummer eins: Alle Kraft, die du brauchst, liegt in dir selbst. Du musst sie nur entdecken und entfesseln.
Nein, das ist nicht wahr. Gott hilft nicht denen, die sich selbst helfen, sondern denen, die sich ihrer Hilflosigkeit bewusst geworden sind. Als Gebrochene können wir uns nicht selbst heilen.
Wahre Stärke im geistlichen Leben erwächst nie aus mir, sondern immer aus Gott. Er ist der, der mit uns geht, uns sieht, uns ans Ziel bringt und zu uns spricht: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft kommt in Schwachheit zur Vollendung.“
Einladung zur Reflexion und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir überlegen, wo dir diese Lüge Nummer eins schon einmal begegnet ist.
War das alles für heute? Bete doch für diese Podcast-Reihe, denn sie ist etwas komplizierter als sonst.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
